Staat und Religion - hartmut-geisler.de

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Suchet der Stadt Bestes,
dahin ich euch habe lassen wegführen,
und betet für sie zum HERRN;
denn wenn's ihr wohl geht, so geht's auch euch wohl.
Jer 29,7


Thesen

  1. Die Kirche hat grundsätzlich keine Ermächtigung, in der Welt zu herrschen - das ist die von Gott gewollte Aufgabe des jeweiligen Staates, in dem die Christen leben.
  2. Die Kirche darf unter keinen Umständen staatliche Macht ausüben wollen.
  3. Die Kirche darf vor allem ihre eigentliches Mandat, nämlich das Evangelium zu verkünden, nicht mit Gewalt durchsetzen wollen.
  4. Die Kirche hat das Recht und die Pflicht auch im politischen Raum das zu verkünden, was aus ihrer Sicht heraus Aufgabe des Staates ist und was nicht.
  5. Die Kirche hat sich für negative wie positive Religionsfreiheit einzusetzen.

Wer die Bibel aufmerksam studiert, wird klar zur Erkenntnis kommen, dass eine

Trennung von Staat und Kirche

unabdingbar ist.

Formal ist das hier in Deutschland auch der Fall. Tatsächlich ist es aber so, dass es etliches gibt, das neu und anders geregelt werden müsste.

Es ist sowohl vom Staat als auch von der Kirche her z.B. zu hinterfragen,

  • ob die Kirchen in unserem Staat mit Milliarden subventioniert werden sollen
  • ob die Gehälter von kirchlichen Würdenträgern aus dem Steuersäckel bezahlt werden sollen
  • ob die Ausbildung von Theologen ebenfalls aus diesem Säckel finanziert werden sollen
  • ob weiterhin auch noch immense Zahlungen an diakonischen Werken, Krankenhäusern etc. geleistet werden sollen und den Kirchen dennoch das Recht zugestanden werden soll, im Arbeitsrecht einen dritten Weg gehen zu dürfen.

Ich fühle ich mich mit allen Initiativen verbunden,  die aus politischen und/oder religiösen Motiven heraus eine klarere Trennung von Staat und Kirche wollen und werde in diesem Punkt auch wesentlich auf biblisch-reformatorische Einsichten hinweisen.


Die Confessio Augustana betont, dass die Staatsordnung zur guten Ordnung Gottes gehört; von daher sollen und dürfen Christen in der jeweiligen Gesellschaft Verantwortung übernehmen.

Artikel 16: Von der Polizei (Staatsordnung) und dem weltlichen Regiment

Von der Polizei (Staatsordnung) und dem weltlichen Regiment wird gelehrt, dass alle Obrigkeit in der Welt und geordnetes Regiment und Gesetze gute Ordnung sind, die von Gott geschaffen und eingesetzt sind, und dass Christen ohne Sünde in Obrigkeit, Fürsten - und Richteramt tätig sein können, nach kaiserlichen und anderen geltenden Rechten Urteile und Recht sprechen, Übeltäter mit dem Schwert bestrafen, rechtmäßig Kriege führen, in ihnen mitstreiten, kaufen und verkaufen, auferlegte Eide leisten, Eigentum haben, eine Ehe eingehen können usw.

Hiermit werden die verdammt, die lehren, dass das oben Angezeigte unchristlich sei.

Auch werden diejenigen verdammt, die lehren, dass es christliche Vollkommenheit sei, Haus und Hof, Weib und Kind leiblich zu verlassen und dies alles aufzugeben, wo doch allein das die rechte Vollkommenheit ist: rechte Furcht Gottes und rechter Glaube an Gott.

Denn das Evangelium lehrt nicht ein äußerliches, zeitliches, sondern ein innerliches, ewiges Wesen und die Gerechtigkeit des Herzens; und es stößt nicht das weltliche Regiment, die Polizei (Staatsordnung) und den Ehestand um, sondern will, dass man dies alles als wahrhaftige Gottesordnung erhalte und in diesen Ständen christliche Liebe und rechte, gute Werke, jeder in seinem Beruf, erweise.

Deshalb sind es die Christen schuldig, der Obrigkeit untertan und ihren Geboten und Gesetzen gehorsam zu sein in allem, was ohne Sünde geschehen kann. Wenn aber der Obrigkeit Gebot ohne Sünde nicht befolgt werden kann, soll man Gott mehr gehorchen als den Menschen.

Damit wendet sich dieser Artikel zwar auch gegen theokratische Tendenzen wie sie allenthalben in der römisch-katholischen Kirche immer wieder zum Tragen kamen. Aber vornehmlich wendet er sich gegen diejenigen, die die christliche Freiheit mit der bürgerlichen verwechseln und gegen jegliche bürgerliche Ordnung sind oder für eine Weltflucht plädieren. All das entspricht nicht der von Gott gewollten Ordnung.

Ähnlich dachte auch Calvin; und das Westminster Bekenntnis betont wie alle anderen Reformierten Bekenntnisse, dass die staatliche Ordnung zu Gottes guten Anordnungen gehört und dass Christen auch in einem Staat, der sich einem anderen Glauben als dem christlichen verpflichtet weiß, die angeordneten Verpflichtungen zu erfüllen hat, sofern sie nicht gegen Gottes Gebote verstoßen:

Artikel 23.1. Wozu Gott die Obrigkeit gegeben hat

Gott, der höchste Herr und König der ganzen Welt, hat die weltlichen Obrigkeiten eingesetzt, damit sie zu seiner eigenen Ehre und zum Besten der Öffentlichkeit unter ihm [aber] über dem Volk stehen sollen. Zu diesem Zweck hat er sie mit der Gewalt des Schwertes ausgerüstet, um die Guten zu verteidigen und zu ermutigen und die, die Böses tun, zu bestrafen.

Artikel 23.4. Die Pflicht des Volkes - auch bei Verschiedenheit der Religion

Es ist die Pflicht des Volkes, für die Obrigkeiten zu beten, ihre Personen zu ehren, ihr Steuern und andere Abgaben zu zahlen, ihren mit dem Gesetz in Einklang stehenden Befehlen zu gehorchen und sich ihrer Autorität um des Gewissens willen unterzuordnen. Unglaube und Verschiedenheit der Religion machen die gerechte und gesetzliche Autorität der Obrigkeiten nicht ungültig, noch befreien sie das Volk von seinem schuldigen Gehorsam gegen sie, wovon auch kirchliche Personen nicht ausgenommen sind. Noch viel weniger hat der Papst irgendwelche Gewalt oder Jurisdiktion über die Obrigkeiten in ihren jeweiligen Herrschaftsgebieten oder über irgend jemanden aus ihrem Volk, und am allerwenigsten, sie ihrer Herrschaftsgebiete zu berauben, wenn er sie für Häretiker erklärt oder unter welchem Vorwand auch immer es geschehen mag.


Biblisch-reformatorische Christen sind dem biblischen Menschenbild und ihrer Ethik verpflichtet und werden ihr privates und öffentliches Handeln mit den daraus abzuleitenden Prinzipien und Leitlinien zu gestalten versuchen. Welche das sind, das soll hier nach und nach entfaltet werden.