emanuel hirsch gesetz und evangelium

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Luther über Gesetz und Evangelium

Emanuel Hirsch, der ja einer der Wortführer der "Deutschen Christen" war und von daher inbezug auf seine Ideologie zu hinterfragen ist, hat zumindest das Verdienst, dass er ein hervorragendes "Hilfsbuch zum Studium der Dogmatik" verfasst hat.

In diesem Hilfsbuch erweist er bei seiner Auswahl von Texten immer wieder ein glückliches Händchen. So wird z.B. durch das Kapitel 24 recht deutlich, was Luther über Gesetz und Evangelium lehrte. Da das eine der Grundlehren der evangelischen Theologie überhaupt ist, sei dieses Kapitel hier veröffentlicht.


a) Kleiner Galaterkommentar, 1519, zu Gal. 1,11f.13f.

Evangelium und Gesetz sind wesentlich (proprie) darin unterschieden, daß das Gesetz predigt, was zu tun und zu lassen sei, nein, was schon begangen und unterlassen ist, und was unmöglich getan und gelassen werden kann (darum verschafft es allein die Erkenntnis der Sünden), das Evangelium aber, daß die Sünden vergeben und alles schon erfüllt und getan sei. Denn das Gesetz sagt: "Bezahle, was du schuldig bist" (Mt 18,28) aber das Evangelium: "Dir sind deine Sünden vergeben" (Mt 9,2). <Folgen mit Zwischenbemerkungen Röm 3,25; 4,15; Lk 24,45f.>
.... Siehe, die Predigt der Vergebung der Sünden durch den Namen Christi, das ist Evangelium...

Aber warum gebietet und lehrt Christus so vieles im Evangelium, wenn das das Amt des Gesetzes ist, und gebieten desgleichen auch die Apostel so vieles, wo sie doch Prediger des Evangeliums sind? Antwort ich: Solche Lehren, welche über den Glauben hinaus vorgetragen werden (denn denen, die glauben, wird im Evangelium das Heil und die Vergebung der Sünde verkündigt <folgt Joh 1,12>...), sind entweder Auslegungen des Gesetzes, durch die die Sünde klärlicher erkannt werden soll, auf daß die Gnade desto heißer gesucht werde, je gewisser die Sünde gefühlt würde, oder sie sind Heilmittel und Verhaltungsregeln (observationes), durch die die Gnade, die schon empfangen ist, der Glaube, der schon geschenkt ist, bewahrt, genährt, vollendet werden soll, gleich als geschieht, wenn ein Kranker beginnt, gesund zu werden. Daher ist die Stimme des Evangelium süße... Denn das Evangelium ist eine gute Rede, eine Botschaft des Friedens von dem Sohn Gottes, der Mensch worden ist, gelitten hat, auferweckt ist durch den heiligen Geist, auf daß wir selig würden (in salutem nostram)...

Das Gesezt und nicht allein das Zeremonialgesetz, sondern auch das Moralgesetz, und sogar der allerheiligste Dekalog, der ewigen Gebote Gottes, ist Buchstabe und Buchstabenlehre, und macht weder lebendig noch gerecht (neque vivificans neque iustificans), wie überreichlich der selige Augustinus in de spiritu et litera beweist, sondern tötet und läßt die Sünde mächtig werden, soviel es nur will: das Herz selber wird dadurch nicht rein. Wo aber das Herz nicht rein worden ist, was sind da alle guten Werke, die zeremonialischen wie die moralischen, außer ein bloßer Schein von Frömmigkeit, d.i. die Heuchelei? Gleich wie Christus (Mt 23,27) die Pharisäer "auswendig hübsch" heißt, aber "inwendig voll Unflats" ... Denn die Liebe zum Lohn und die Furcht vor Strafe (amor commodi et timor poenae) sind Laster und eine Art Götzendienst, denn Gotte allein gebührt Liebe und Furcht...

b) Kleiner Galaterkommentar, 1519, zu Gal 2,3ff.

Denn Christus hat, nachdem er gekommen ist, des Gesetzes Werke (opera legis) also abgeschafft, daß es gleich (indifferenter) ist, ob man sie hält, und sie nicht mehr zwingen...

... Derhalben sind des Gesetzes Werke nach Christus ebenso wie Reichtum, Ehre, Gewalt, bürgerliche Gerechtigkeit (iustitia civilis) und jeglich ander zeitlich Ding: hast du sie, so bist du darum vor Gott nicht besser, hast du sie nicht, so bist du nicht schlechter; du wärest aber der allerschlechteste, so du sagen wolltest, sie seien nötig und du gefielest dadurch Gott...

Denn das ist die Freiheit, von der er <Paulus> rühmet, wir hätten sie in Christus: daß wir überhaupt an kein äußeres Werk gebunden sind, sondern frei sind zu einem jeglichen, gegen jedermann, zu jeglicher Zeit und auf jegliche Weis, ohne wo die brüderliche Liebe und Friede gekränkt wird. <Folgt Röm 13,8>

... daher ist ein rechter Christ, wie er nachher (Gal 3,28) saget, "kein Freier noch Knecht, kein Jude noch Heide, kein Mann noch Weib", kein Pfaff noch Laie, kein Mönch noch Weltlicher, bittest nicht und liest nicht, tut nichts und läßt nichts, sondern ist ganz gleich und frei (indifferens) zu allen Dingen, im Tun und Lassen, also wie die Sache ihm unter die Hand kommt oder nicht unter die Hand kommen mag. Gleich als Samuel zu Saul gesagt hat: "Du wirst ein andrer Mann werden", und: "Tu was dir unter Händen kommt, denn Gott ist mit dir" (1. Sam 10,6f.) ... Daß aber einer ein Weib nimmt, ein andrer ins Kloster geht, der dem und der jenem Werke sich gibt, solches tut er ohne Zwingen des Gesetzes, sondern aus freien Stücken macht er sich dienstbar. So er es aus Liebe tut, tut er ganz recht, aber tut ers von Not wegen oder weil die Furcht ihn treibt, so tut ers nicht als ein Christ, sondern als ein Mensch (non christianiter, sed humaniter) ... Denn das ist die "Wahrheit des Evangeliums", daß man wisse, es sei alles erlaubt, und dem Reinen ist alles rein, und sei kein Werk des Gesetzes nötig zur Seligkeit und Gerechtigkeit, da das Gesetz tot sei und nicht fürder mehr zwinge, es sei aber erlaubt, um der Liebe willen das Gesetz zu tun, doch nicht als ein Gesetz.

c) Kleiner Galterkommentar, 1519, zu Gal. 2,16.17

Desgleichen sollst du auch darauf achten, daß er <Paulus> ganz allgemein von des Gesetzes Werken spricht, nicht bloß von den zeremonialischen, sondern auch von allen Werken des Dekalogs, weil auch sie, so sie außerhalb des Glaubens und der wahren Gerechtigkeit Gottes geschehen, sowohl nicht genug sind wie auch den Heuchlern mit ihrem Schein ein falsches Vertrauen machen. Also wer da will selig werden, der soll verzweifeln an allen Kräften, Werken und Gesetzen.

Desgleichen sollst du auch den Tropus merken, den der Apostel gerne braucht, daß er nicht wie andre tun, das "des Gesetzes Werke" heißt, dadurch das Gesetz selber erfüllet wird ... Der Apostel leugnet beharrlich, daß das Gesetz erfüllt werde durch Werke, sondern es werde erfüllt allein durch den Glauben (per solam fidem). Denn die Erfüllung des Gesetzes ist die Gerechtigkeit, aber die ist nicht Gerechtigkeit der Werke, nein, sondern des Glaubens. Darum kann er unter "des Gesetzes Werke" nicht das verstehen, damit man dem Gesetze genug tut. Was also? Die Regel des Apostels ist die: nicht die Werke erfüllen das Gesetz, sondern die Erfüllung des Gesetzes tut Werke. Keiner wird gerecht dadurch, daß er tut, was recht ist, sondern wer gerecht worden ist, der tut, was recht ist (non iusta faciendo iustus fit, sed factus iustus facit iusta). Zuerst kommt die Gerechtigkeit und Erfüllung des Gesetzes, ehedenn Werke geschehen, denn sie fließen aus jener. Darum nennt er sie "des Gesetzes Werke", aufdaß er sie unterscheide von der Gnade Werken oder Gottes Werken. Denn des Gesetzes Werke sind in Wahrheit des Gesetzes, nicht unser. Denn sie geschehen nicht, weil unser Wille sie wirkt, sondern weil das Gesetz sie durch Drohungen abpreßt oder durch Verheißungen ablockt. Was aber nicht frei aus unserm Willen geschieht, sondern weil ein andrer es fordert, das ist nicht unser Werk, sondern eher des, der da fordert. Denn die Werke sind es, auf dessen Geheiß sie geschehen, aber sie geschehen, weil das Gesetz es heißt, nicht weil der Wille dazu Lust hat. Das ist genugsam am Tage: so es einem frei stünde, ohne Gesetz zu leben, würde er nimmer freiwillig des Gesetzes Werke tun ... Durch das Kind, das uns gegeben ist (Jes 9,6), an das wir glauben, werden wir frei und willig zum Gesetz, und sind nun nicht mehr des Gesetzes, sondern das Gesetz ist unser, und die Werke sind nicht des Gesetzes, sondern der Gnade, aus der frei und süß quillet, was das Gesetz zuvor rauh und streng auspreßte ...

Denn das ist ein Tropus des Paulus, daß er das Gesetz eine "Ursache" (occasio) und Kraft der Sünde (Röm 7,11) nennt, und darum wagt ers, das Amt des Gesetzes einen Dienst des Todes und der Sünde zu nennen ...

Dazu: Kleiner Galaterkommentar, 1519, zu Gal 3,25

Also ist das Gesetz unser "Zuchtmeister auf Christus" ... Denn das Gesetz ... bereitet auf die Gnade dadurch, daß es die Sünde offenbart und mehrt, indem es die Hochmütigen demütigt zum sehnlichen Verlangen nach der Hilfe Christi.

d) Kleiner Galaterkommentar, 1519, zu Gal 5,14

Mit nicht minderer Vorsicht muß man die allgemein bekannte Unterscheidung verstehen, es sei ein Gesetz der Natur, ein geschriebenes Gesetz und das evangelische Gesetz (lex naturae, l. scripta, l. euangelica). Denn da der Apostel hier sagt, alle Gesetze kämen in einem und in der Summa überein, so ist gewiß die Liebe Ziel und Ende des Gesetzes, wie er 1 Tim 1,5 sagt. Aber auch Christus macht Mt 7,12 aus jenem Gesetz, das sie Gesetz der Natur heißen: "Alles was ihr wollt, daß euch die Leute tun wollen, das tut ihr ihnen auch", ausdrücklich eines und das gleiche mit Gesetz und Propheten, indem er sagt: "Das ist das Gesetz und die Propheten" ... Daher ist ein einziges Gesetz, das gehet durch alle Zeiten, ist allen Menschen bekannt, ist in aller Herzen geschrieben, und läßt keinen über, der sich entschuldigen könne, vom Anfang bis zum Ende, wiewohl den Juden Zeremonien und dann andern Völkern ihre eignen Gesetze hinzugekommen sind, welche nicht die ganze Welt verbanden, sondern solches tut dies Gesetz allein, das der Geist in den Herzen aller Menschen ohn Unterlaß diktiert.

e) Großer Galaterkommentar, 1531, zu Gal 3,19

Was ist also das Amt des Gesetzes (officium legis)? Es ist "hinzugekommen um der Übertretung willen". Ein schön Amt! Das ist zweideutig: "hinzugekommen" ... Man kanns moralisch auslegen, denn Gott hat auch die bürgerlichen (civiles) Gesetze, ja hat alle Gesetze auch in einem bürgerlichen Sinn (in civili senso) verordnet. Dann sind sie da, den Übertretungen zu wehren (ad coercendas transgressiones). So ist alles Gesetz gesetzt, die Sünde zu hindern: macht es somit gerecht? ... Der Bär, daß er nicht alles frißt, wer hinderts? Der Zwinger, die Ketten. Von Sünden abhalten, das gibt noch keine Gerechtigkeit, sondern ist ein Zeichen, daß der ungerecht ist, den man so abhält, denn ein wildes Tier, das legt man in Ketten. Somit wehrt das Gesetz den Sünder, daß er nicht wolle über das hinaus, was gesetzt ist. Das sind die bürgerlichen Gesetze. Der Teufel regieret auf Erden und treibt zu allem Schändlichen. Darum hat Gott die Obrigkeit, die Eltern, die Lehrer verordnet, daß sie dem Satan wenigstens die Hand wehren ... Und diese Zucht (coercitio) hat er eingesetzt um des öffentlichen Friedens willen, um der Erziehung der Kinder willen, und allermeist, daß die Predigt des Evangeliums nicht gehindert werde. Von diesem bürgerlichen Sinn des Gesetzes handelt Paulus hier nicht, sondern von einem höheren. Dieser bürgerliche Brauch rechtfertigt nicht ...

Der andere Brauch des Gesetzes. Auf daß ihr nicht denket, das Gesetz sei unnütz, man könne es verachten! Das Gesetz ist dazu nütze, daß es die Übertretungen mehrt. Das ist der heilige Brauch (usus sanctus), der am meisten im Gesetze Mose´s gesucht wird: daß durch es die Sünde wachse und viel werde, sonderlich intensive oder im Gewissen <folgt Röm 7,7> ... Das Gesetz offenbart dem Menschen seine Sünden, Schwachheit, Blindheit, Tod, Hölle, Gericht bei Gott, daß er Gottes Zorn verdienet hat. Das ist das wahre Amt des Gesetzes und sein eigentlicher Brauch. Das ist den Sophisten auf den Universitäten alles verborgen. Die gehen daher in der Meinung, sie seien fromm (in opinione religionis) ... Die menschliche Vernunft richtet das auf und meint, sie gefalle Gott. Aber Gott schickt seinen Herkules, der das Ungeheuer recht zurichte: d.i. den Moses. Und vom Gesetz wird kein ander Tier angegriffen denn dieses: die Meinung, man sei gerecht vor Gott (opinionem iustitiae) ... Es ist ein groß Ding, die opinio iustitiae. Darum hat unser Herr Gott einen großen Hammer dawider gestellt: das Gesetz. Darum ist das Gesetz die Hölle, der Donner und Blitz des göttlichen Zorns. Warum? Es ist ein halsstarrig störrisch Tier, die Eigengerechtigkeit. ...

Darum merkets genau und unterscheidets, was das Amt des Gesetzes oder sein Brauch sei. Wir verwerfen nicht die Werke des Gesetzes und das Gesetz, nein, wir fordern sie, aber in ihrem Brauch. D.i. erstlich, den bürgerlichen Übertretungen zu wehren, und dann, die geistlichen Übertretungen zu offenbaren und kund zu machen. Es soll ein Licht sein, das nicht Leben und Gerechtigkeit lehrt, sondern Tod und Sünde. Das Gesetz ist ein Licht, das zeigt dir deine Sünde, den Tod, deine Hölle, den Zorn Gottes, das Gericht bei Gott. Da hört das Gesetz auf ... Das Evangelium ist ein Licht, das dem Sünder ein solches Leben zeigt, das da sei die Gerechtigkeit des ewigen Lebens: die Vergebung der Sünden, und wie sie zu erlangen sei ... Von diesem Unterschied zwischen Gesetz und Evangelium findest du nichts auf den Universitäten, bei den Doktoren, den Theologen, auch nicht bei den Vätern. Augustinus kennt sein wenig, Hieronymus gar nicht. Wo er nicht behalten wird, kann die christliche Lehre nicht behalten werden ...

f) Tischrede von 1531

Kein Mensch lebt auf Erden, der da zu unterscheiden wüßte zwischen Gesetz und Evangelium. Wir lassens uns wohl gedünken, wenn wir hören predigen, wir verstehens, aber es fehlet weit. Allein der heilige Geist versteht diese Kunst. Dem Manne Christus hats auch gefehlt am Ölberge, also daß ihn ein Engel mußte trösten. Der war doch ein Doktor vom Himmel, dennoch ward er durch den Engel gestärkt (konfirmiert). Ich hätt gemeint, ich künnt es, weil ich so lang und viel davon geschrieben, aber wenn es an das Treffen geht, so seh ich wohl, daß es mir weit, weit fehlet. Also soll und muß allein Gott der heiligste Meister sein.

g) Dritte Disputation gegen die Antinomer, Sept. 1538, über die fünfte Thesenreihe

1. Das Gesetz herrscht im Menschen, solange er lebt...

33. Es sind in dieser Welt immer wie Gerechte, die im Fleische leben, so auch böse, mehr an der Zahl, die jenen beigemischt sind.

34. Gleichwie daher das Gesetz gesetzt ist als eins, das ohn Zweifel gelehrt und nicht aufgehoben werden soll, dadurch sie die Sünde und den Tod oder Zorn erkennen,

35. Also ist eben dasselbige Gesetz auch für die Frommen gesetzt, soweit sie noch nicht gestorben sind und noch im Fleische leben.

36. In Christus, der auferwecket ist, ist gewißlich keine Sünde, kein Tod, kein Gesetz, denen er unterworfen war, so lange er lebte.

37. Aber ebenderselbige Christus ist noch nicht vollkommen auferweckt in seinen Gläibigen, vielmehr er hat nur angefangen in ihnen, als ein Erstling, auferweckt zu werden vom Tode.

38. In den Gottlosen aber, die als der größere Teil in der Kirche beigemischt sind, ist er noch ganz und gar gestorben, vielmehr ist er überhaupt nichts.

39. Und solche sind schlechthin (simpliciter) unter dem Gesetze, und müssen mit dem Gesetze, auch, wo es geschehen könnte, mit leiblichem Donnerschlag, erschreckt werden.

40. Sofern Christus in uns auferweckt ist, sofern sind wir ohne Gesetz, Sünde und Tod.

42. Darum soll das Gesetz ohn Unterschied (promiscue) gelehrt werden, desgleichen auch das Evangelium, bei den Frommen und bei den Gottlosen.

Z e h n t e r  Einwand. Gegen These 1. "Christen sind frei. Also herrscht das Gesetz nicht über sie. Der Einwand hat seine Kraft aus der Natur der Gegensätze".
A n t w o r t  Luthers: "Frei sein und Knecht sein sind Gegensätze, die nicht zugleich und auf einmal in dem gleichen Subjekte sein können". Ist ein guter Einwand. Darum: wie ist ein Christ, der gerecht ist und frei, unter der Herrschaft des Gesetzes? Antwort ich: ein Christ ist nicht unter der Herrschaft des Gesetzes, d.i. soweit er ein solcher und der Art ist, sondern: die Sünde ist unter ihm, und er ist ein Herr der Sünde. Denn der Christ ist eine Person, die schon begraben ist mit Christus in seinen Tod, ist gestorben der Sünde, dem Gesetz, dem Tode, und was sonst noch solcher Tyrannen sind. Aber dasselbige siehet man nicht, sondern es ist vor der Welt verborgen, es scheinet nicht, es sticht uns nicht in die Augen. <Folgt 1 Petr 3,4; Joh 3,8> ... Denn der Christ ist nicht in dieser Welt, er lebt nicht, er ist gestorben, er stehet in einem anderen Leben, das weit über diesem hier ist, dem himmlischen. Doch ach, was für Mühe und Arbeit und Plage müssen wir schmecken, ehe wir dahin gelangen. Denn hier will weder der Teufel, noch die Welt, noch unser Fleisch müßig sein, und was sie uns nachstellen können, das wollen sie tun, bis sie uns endlich, es sei denn, daß wir recht wachen und beten, stürzen... Doch das ist die Hilfe, daß wir Herz und Sinn auf Christus selbt lassen gerichtet sein und sein Wort durch den Glauben festhalten, denn durch ihn haben die heiligen Menschen "Königreiche bezwungen". <Folgen mit Zwischenbemerkungen 1 Joh 5,4; Röm 8,37; Gal 3,28> ... So ist es denn also: Der Christ lebt hier als der, der durch göttliches zurechnen gerecht und heilig ist unter den Flügeln seiner Henne. Doch wiederum, soweit der Christ ein Kämpfer ist und im Heerdienst stehet, ist er hier auch noch unter dem Gesetze und unter der Sünde, denn er ist noch in diesem Leben, fühlet und erfährt täglich den Kampf mit seinem Fleische und lebt allzusehr diesem nach. <Folgt Röm 7,23.25> ... Also ist ein Christ gestorben und lebt doch in unterschiedlicher Rücksicht... Ein Mensch, der an Christus glaubt, ist durch göttliche Zurechnung gerecht und heilig, er lebt und ist schon im Himmel, ist umgeben vom Himmel der Barmherzigkeit. Aber dieweil wir hiert getragen werden in des Vaters Schoß, mit dem allerbesten Kleide gekleidet, kommen mir unsre Füße unten aus dem Mantel hervor, und die sucht Saten, wie er nur kann, zu beißen. da zappelt das Kindlein und schreiet und fühlt, es habe noch Fleisch und blut, und der Teufel sei noch da... Also sind wir denn heilig und frei, doch im Geiste, nicht im Fleische... Doch die Füße bleiben noch zu waschen, denn sie sind unrein, und darum darf sie Satan beißen und üben, bis sei rein werden. Denn du mußt das Füßlein mit unter den Mantel ziehen, sonst hastu kein Fried.


Eine gründliche Einführung in diese Thematik finden wir in dem Buch von C.F.W. Walther (1811-1887) "Die rechte Unterscheidung von Gesetz und Evangelium", das nicht nur zeigt, daß ohne diese Unterscheidung die Bibel ein verschlossenes Buch bleibt (so die 4. These seines Buches), sondern uns auch schön darin unterweist, welche falsche Zuordnungen von Gesetz und Evangelium als Gefahren lauern.
Tolle lege - Nimm und lies!

Walther

C.F. Walther
Bei Gott ist viel mehr Gnade
Über den Unterschied zwischen Gesetz und Evangelium
Concordia-Verlag Zwickau