Hartmut Geisler
Wir fallen niemals tiefer als in Gottes gütige Hände ...

Erster Sonntag nach Pfingsten
Fest der Allerheiligsten Dreifaltigkeit

Die Kirche hat zur Feier des Festes der allerheiligsten Dreifaltigkeit den ersten Sonntag nach Pfingsten bestimmt, weil die Apostel, sobald sie durch den Heiligen Geist erleuchtet und gestärkt waren, angefangen haben, zu predigen und zu taufen, wie es ihnen Christus (Matth. 28,19) befohlen hatte mit den Worten: "Gehet hin und lehret alle Völker und taufet sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes."

Warum begeht die Kirche dieses Fest?

1. Weil die heilige Dreifaltigkeit das Grundgeheimnis der ganzen Religion ist; 2, um ihren Glauben an sie öffentlich zu bekennen, und 3. ihr feierlich zu danken für die unschätzbaren Wohltaten der Erschaffung, Erlösung und Heiligung durch Gott den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist. - Daß sie dies Fest, obschon es das Geheimnis aller Geheimnisse zum Gegenstande hat, weniger feierlich, als ander Festtage begeht, soll ausdrücken, daß sie nicht imstande sei, es nach Erfordernis zu feiern.

Zu Ehren der heiligsten Dreifaltigkeit singt die Kirche zum Eingang der Messe:
Gebenedeit sei die heiligste Dreifaltigkeit und unzerteilte Einigkeit. "Lasset uns sie loben, denn sie hat uns Barmherzigkeit erzeigt" (Tab. 12,6). "Herr, unser Gott, wie wunderbar ist dein Name auf dem ganzen Erdkreise!" (Ps. 8,1). Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. Allmächtiger, ewiger Gott, der du uns, deinen Dienern, die Gnade verliehen hast, durch die Annahme des wahren Glaubens die Herrlichkeit der ewigen Dreifaltigkeit zu erkennen, und in der Macht der Majestät die Einheit anzubeten, wir bitten dich, daß wir durch die Festigkeit eben dieses Glaubens vor allen Widerwärtigkeiten beschützt werden. Durch Jesum Christum, deinen Sohn, unsern Herrn. Amen.

Lektion aus dem Brief an die Römer IX,33-36

O Tiefe des Reichtums, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unbegreiflich sind seine Gerichte und wie unerforschlich seine Wege! Denn wer hat den Sinn des Herrn erkannt? Oder wer ist sein Ratgeber gewesen? Oder wer hat ihm zuerst etwas gegeben, daß es ihm wieder vergolten werde? Denn von ihm und durch ihn und in ihm ist alles. Ihm sei Ehre und Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Erklärung

Der Apostel redet im Briefe an die Gemeinde von Rom von den Ratschlüssen Gottes in der Berufung zum Christentum. Die Halsstarrigkeit der Juden sei das Glück der Heiden gewesen, das Evangelium sei deshalb zu den Heiden getragen. Diese dürften sich dieser unverdienten Gnade wegen nicht über die Juden erheben; aus den Juden seien die Erstlinge des Heiles gewesen, und am Ende der Weltzeit werde sich das ganze Volk noch bekehren. Daran schließt er den Lobpreis der heiligen Dreifaltigkeit.
Gott ist in seinem Wesen, in seinen Ratschlüssen viel zu groß für den Menschenverstand. Und doch können wir zu einer wahren Erkenntnis von ihm gelangen durch die natürliche und übernatürliche Offenbarung; denn der Menschengeist ist dem Gottesgeiste verwandt. Aber je mehr wir von ihm lernen, desto unergründlicher erscheint uns die Tiefe seines Reichtums, seiner Erkenntnis und Weisheit. Reich ist Gott, weil ihm alles gehört. Weit reicher ist er jedoch an Liebe als an Macht. Sein Erbarmen geht über alle seine Werke. Uns hat er das Größte gegeben, das er besaß, unbegreiflich Großes hat er uns verheißen. Das soll uns mit kindlichem Vertrauen erfüllen in die Absichten seiner Liebe, wenn wir sie auch nicht erkennen und verstehen.
Gottes Weisheit bewundern wir in allen seinen Werken; das geringste ist ein Wunderwerk der Zweckmäßigkeit; besonders in seiner Leitung der Menschenschicksale. Wie er da die menschliche Verkehrtheit zum Besten zu lenken weiß, zeigt die Heilsgeschichte.
Den Plänen seiner Weisheit und Liebe dient seine Allwissenheit. Er durchschaut sogar die tiefsten Abgründe im Menschenherzen; deshalb durfte er uns das Geschenk der Freiheit geben, ohne zu befürchten, daß deren Mißbrauch seine Absichten stären könnte.
Zu den Geheimnissen der Weltregierung gehören auch die Gerichte und Wege Gottes. Das Walten der göttlichen Gerechtigkeit läßt sich einigermaßen schon erkennen in der Weltgeschichte und jeder Menschengeschichte; doch bleibt ihr Walten noch zumeist in Dunkel gehüllt bis zum großen Weltgerichte.
Wir kennen nicht einmal die Gesinnungen und Absichten der Menschen, soweit sie uns dieselben nicht mitteilen. Um wieviel weniger vermögen wir die Absichten Gottes zu ergründen. Es muß uns genügen, durch seine Offenbarung zu wissen, daß sie heilig, weise und gerecht sind.
Tiefe Geheimnisse sind es, die der Glaube uns vom Wesen und Wirken Gottes lehrt. Kinder sind wir alle ihm gegenüber; mit kindlicher Demut müssen wir zu ihm aufschauen und sein Wort vernehmen. Doch so gering wir sind, gelten wir so viel bei ihm, daß er all seine wunderbaren Vollkommenheiten in unsern Dienst stellt; daß wir ihn ehren und verherrlichen können mehr als die glänzenden Milliarden seiner Sternenwelten. Darum fordert der Apostel zum Schlusse auf zum Lobpreise der heiligsten Dreifaltigkeit. Vom Vater durch den Sohn im Heiligen Geiste ist alles, sind wir erschaffen, erlöst, geheiligt. Ihm sei Ehre und Verherrlichung in Ewigkeit.

Gebet. O unbegreifliche, aller Ehre und Anbetung würdigste Dreieinigkeit, Abgrund der Weisheit und Güte! In dich versenke ich mich; an dich glaube ich; ich glaube, obwohl ich dich nicht begreifen kann; vermehre meinen Glauben! Auf dich hoffe ich, da du die Quelle alles Guten bist; stärke meine Hoffnung! Dich liebe ich, weil du aller Liebe würdig bist; entzünde in mir mehr und mehr deine heilige Liebe!

Evangelium Matthäus XXVIII,18-20

In derselben Zeit sagte Jesus zu seinen Jüngern: Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden. Darum gehet hin und lehret alle Völker, und taufet sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes; und lehret sie alles halten, was ich euch befohlen habe: und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt.

Was lernen wir aus den Worten: "Mir ist alle Gewalt gegeben usw."?

Daß Jesus Christus nicht nur in seiner Gottheit alle Gewalt im Himmel und auf Erden hat, sondern auch in seiner Menschheit diese Gewalt empfangen hat, weil er dem Vater gehorsam war bis zum Tode am Kreuze. Da nun Jesus Christus die Kirche gestiftet hat, damit sie seine Erlösung allen Menschen zuwende, so ist die Gewalt der Kirche keine menschliche, von Menschen unten herauf ausgegangene, sondern eine göttliche, von Gott gegebene; und deshalb muß man sich ihr so unterwerfen, wie Jesus selbst.

Was lernen wir aus den Worten: "Lehret sie alles halten usw."?

Wir lernen daraus: 1. daß nur der Glaube an alles, was Jesus gelehrt hat, und zwar nur der in guten Werken tätige Glaube selig mache; 2. daß Christus seinen Aposteln nicht befohlen habe, sein Evangelium zu schreiben, sondern zu predigen. Wenn also einige von ihnen etwas schrieben, so geschah dies nur aus bestimmten Veranlassungen. Sie schrieben daher auch nicht alles (denn alles zu schreiben hatten sie keinen Befehl, wohl aber alles zu lehren), sondern ergänzten und erklärten das Geschriebene mündlich. Daher kommt die Lehre der katholischen Kirche, daß es mündliche Erblehren gebe, die das geschriebene Wort Gottes enthalten, ergänzen und erklären.

Was hat Christus verheißen mit den Worten: "Ich bin bei euch usw."?

Seine unsichtbare Gegenwart und Leitung in der Kirche und seinen göttlichen Beistand. - Daraus geht klar hervor, daß, da Christus immer bei seiner Kirche ist, die Kirche, und zwar die von ihm gestiftete, sichtbare, die römisch-katholische Kirche nie aufhören könne, also auch nie aufgehört habe, noch aufhören werde bis ans Ende der Zeiten; daß sie ferner in ihren Entscheidungen, die den Glauben und die Sitten betreffen, unfehlbar sei! O wie sicher ruht der Katholik unter dem Schutze der unfehlbaren, weil von Christus unsichtbar regierten und beschützten Kirche!

Was ist Gott?

Er ist das allervollkommenste Wesen, das höchste und beste Gut, das von Ewigkeit her ist und den Grund seines Seins und Wesens in sich selber ist, von dem alles andere Leben und Dasein erhält, denn "von ihm und durch ihn und in ihm ist alles" (Röm. 11,36).

Was ist die heilige Dreifaltigkeit?

Eben dieser Gott, der nach Natur und Wesenheit einfach und einzig, der Person nach aber dreifach ist. Die drei Personen heißen Vater, Sohn und Heiliger Geist. Jede Person ist von der andern, der Vater vom Sohne, der Heilige Geist von den beiden unterschieden, da der Vater aus sich, der Sohn vom Vater ist und der Heilige Geist von beiden ausgeht. Jede Person ist wahrer Gott, weil jede göttliche Wesenheit und Natur hat, und es ist daher auch jede den andern an Allmacht, Herrlichkeit und Größe ganz gleich; dessenungeachtet sind alle drei nur ein Gott, weil sie nur eine und die nämliche Natur und Wesenheit haben.
Das ist in Kürze die Lehre der Offenbarung, und Jesus hat sie im heutigen Evangelium sehr bestimmt bezeichnet, indem er befiehlt, auf den einen Namen der drei besonders benannten Personen zu taufen; diese Lehre bildet ferner die Grundlage aller Lehren und Taten des Juden- und Christentums, und die Kirche bekennt sie daher in allen ihren Lehren, Gebeten, Anstalten usw., da sie alles im Namen des dreieinigen Gottes verrichtet.
Wohl ist dieses Geheimnis das unbegreiflichste, und eher würde man das Meer ausschöpfen, als mit dem Verstande es erforschen können. Aber es ist gewiß, daß Gott es geoffenbart hat, der nicht betrügen kann, weil er die ewige Wahrheit ist. Sollten wir also nicht demütig glauben und durch unser frommes, gerechtes, nüchternes, gottvertrauendes, Gottes Willen unbedingt ergebenes, alles im Namen der heiligsten Dreifaltigkeit verrichtendes Leben unsern Glauben betätigen? Dieses wird uns würdig machen, das Geheimnis selbst im jenseitigen Leben zu schauen! Denn das führt zum ewigen Leben, daß man den einigen, wahren Gott und Jesum Christum, seinen Sohn, samt den Heiligen Geiste durch den Glauben erkennt und durch ein gottseliges Leben verherrlicht (Joh. 17,3).


Vom heiligen Sakramente der Taufe

Ist die Taufe ein Sakrament?

Ja, denn in ihr empfängt der Täufling vermittels eines äußerlichen, von Christus dazu eingesetzten Zeichens die Gnade Gottes (Matth. 28,19; Mark. 16,16; Tit. 3,8)

Welches ist dieses äußere Zeichen?

Das Eintauchen oder Begießen mit Wasser und das gleichzeitige Aussprechen der Worte: "Ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen."

Was für Wasser muß man dazu gebrauchen?

Natürliches Wasser, sei es Fluß-, Brunnen- oder Regenwasser. Rosenwasser oder andere dergleichen künstlich präparierte Wasser dürfen und können nicht gebraucht werden.

Was wirkt die Taufgnade?

Sie bewirkt, daß der Mensch durch das Wasser und den Heiligen Geist von der Erbsünde und auch von allen wirklichen Sünden, wenn er solche begangen hat, gereinigt, geistigerweise neu geboren und zum Kinde Gottes und Miterben Christi angenommen wird (Joh. 3,6; Röm. 8).

Was bedeuten die vielen Zeremonien bei diesem Sakramente?

Sie sind ein Bild dessen, was in der Taufe selbst vorgeht, und stellen die Gnaden derselben gleichsam vor Augen, damit dieses Sakrament mit Ehrerbietung verwaltet und die Umstehenden zur Andacht und zur Dankbarkeit ermuntert werden.

Warum braucht man Gevatter oder Paten, die das Kind zur Taufe halten?

1. Damit sie Zeugen seien, daß das Kind getauft worden ist; 2. damit sie im Falle, daß die Eltern des Kindes sterben oder ihre Pflicht vernachlässigen, sich desselben annehmen und es in Glaubenssachen unterrichten oder doch unterrichten lassen. Hieraus ersieht man, wie sehr es gefehlt sei, wenn man für die Kinder solche Taufpaten nimmt, von denen keine eifrige Sorge für die Kinder, und namentliche keine gute christliche Erziehung für sie zu erwarten steht. Man soll auch keine Nichtkatholiken dazu nehmen, weil diese (was noch die Hauptsache ist) die Kinder im katholischen Glauben nicht unterrichten können und meistens auch wenig Sorge tragen, sie von anderen recht unterrichten zu lassen.

Was entsteht aus der Patenschaft?

Aus der Patenschaft bei der Taufe sowohl als bei der Firmung entsteht das Ehehindernis der geistlichen Verwandtschaft der Paten: 1. mit dem, der tauft oder firmt; 2. mit dem Getauften oder Gefirmten; 3. mit dessen Eltern, so daß die Paten mit diesen Personen keine Heirat eingehen können, es werde denn dieses Hindernis durch Dispensation oder besondere Erlaubnis der Kirche aufgehoben. Doch haben die Paten untereinander keine geistliche Verwandtschaft.

Warum hat die Kirche dieses Ehehindernis angeordnet?

Aus Ehrfurcht gegen diese heiligen Sakramente, und damit die Paten durch dieses geistliche Band desto enger mit ihren Tauf- oder Firmpaten verknüpft und zur Erfüllung ihrer Pflichten gegen sie angetrieben werden.

Warum wird der Täufling nicht gleich in die Kirche eingelassen?

Dadurch wird angedeutet, daß er unwürdig sei, in die Kirche Christi einzugehen, ehe er sich von dem Joche der Sünde losgesagt und der Herrschaft Christi unterworfen habe, sowie daß er ohne die Taufe nicht in das Himmelreich eingehen könne, weil die Taufe die Türe zur Gnade Gottes, zum Reich des Himmels, zur Gemeinschaft der Heiligen ist.

Warum wird dem Täufling der Name eines Heiligen gegeben?

1. Um anzuzeigen, daß er durch die heilige Taufe in die Zahl der Christen, die der hl. Petrus die Heiligen nennt, aufgenommen werde; 2. damit er einen besonderen Fürbitter und Beschützer habe; 3. damit er nach dem Vorbilde des Heiligen, dessen Namen er trägt, sein Leben einzurichten sich befleißige. Es ist daher höchst tadelnswert, Kindern in der Taufe heidnische oder andere ungeziemende Namen zu geben.

Warum haucht der Priester den Täufling an?

Dies bedeutet, daß der Seele durch die Taufe das übernatürliche Leben ebenso mitgeteilt wird, wie Gott dem ersten Menschen das natürliche Leben und Christus den Heiligen Geist (Joh. 20) durch Anhauchen erteilt hat.

Warum legt der Priester die Hand auf das Haupt des Täuflings?

Um ihn dadurch zum Eigentum Gottes und seiner Kirche zu weihen.

Was bedeuten die vielen Exorzismen oder Beschwörungen?

Durch sie wird dem höllischen Geiste im Namen Gottes befohlen, von dem Täuflinge zu weichen und ihn dem Heiligen Geiste zur Wohnung einzuräumen.

Warum wird der Täufling so oft mit dem Kreuze bezeichnet?

Dadurch wird angezeigt, 1. daß die Taufe in Kraft der Verdienste des Leidens und Todes Jesu die Süden abwasche; 2. daß der Täufling unter der Fahne des Kreuzes, unter die er jetzt aufgenommen wird, wider den Teufel, das Fleisch und die Welt ritterlich kämpfen und in nichts anderem als im Kreuze Jesu fortan sich rühmen solle.

Warum wird dem Täufling Salz in den Mund gelegt?

Dieses bedeutet, daß er durch Gottes Gnade 1. von der Fäulnis der Sünde befreit, 2. mit Weisheit, wovon das Salz ein Sinnbild ist, erfüllt, und 3. mit Geschmack an himmlischen und göttlichen Dingen ausgerüstet werde.

Warum werden Ohren und Nase mit Speichel bestrichen?

Dieses bedeutet, 1. daß, gleichwie Christus den Blindgeborenen durch Berührung mit Speichel sehend gemacht hat, so auch durch die Taufe die Blindheit der Seele gehoben und der Geist des Täuflings zur Erkenntnis der himmlischen Wahrheit eröffnet werde; und 2. daß der Getaufte das Wort Gottes allezeit gern hören und durch dessen Beobachtung Gott überall ein angenehmer Geruch sein solle. (Vergleiche auch das Evangelium am 11. Sonntag nach Pfingsten).

Warum wird bei der Taufe das Vaterunser und der Glaube gebetet?

Erwachsene Täuflinge legen dadurch ihr Glaubensbekenntnis ab; bei Kindern tun dies die Taufpaten im Namen des Täuflings und zur Erinnerung an ihre Pflicht, für den christlichen Unterricht der Kinder besorgt zu sein.

Warum fragt der Priester den Täufling: "Widersagst du dem Teufel, allen seinen Werken und aller seiner Pracht"?

Damit der Christ wisse, daß er berufen sei, der Pracht, den Eingebungen und Werken des Teufels zu widersagen und gegen sie zu streiten. Darum redet der hl. Ambrosius den Getauften mit folgenden schönen Worten an: "Als dich der Priester gefragt hat: Widersagst du dem Teufel und allen seinen Werken? - Was hast du darauf geantwortet? - Ich widersage. - Widersagst du auch der Welt, ihrer Pracht und ihren Wollüsten? - Ich widersage. - Sei also deines Versprechens eingedenk, und laß es niemals aus deinem Sinne kommen. Du hast dem Priester an Gottes Statt gleichsam deine Handschrift gegeben. Wenn du einem Menschen deine Handschrift gegeben hast, so bleibst du ihm verbunden. Nun aber wird deine Handschrift nicht auf Erden, sondern im Himmel aufbewahrt. Sage nicht, du wissest nichts von diesem Versprechen: dieses entschuldigt dich nicht besser als die Ausrede eines Soldaten, der zur Zeit des Kampfes sagen wollte, er habe nicht gewußt, daß er des Kampfes wegen Soldat geworden sei."
Die Kinder an dieses Versprechen zeitig und beständig zu erinnern, in den dadurch übernommenen Pflichten zu unterrichten und an deren Ausübung zu gewöhnen, ist nicht nur der Eltern, sondern auch der Paten heilige Pflicht, die sie bei der Taufe übernommen haben. Denn wenn Kinder, die man zu Soldaten erziehen will, frühzeitig ans Wachen, an Hitze und Kälte, an Furchtlosigkeit vor dem Feinde, an Führung der Waffen gewöhnt werden, wieviel mehr sollen die Kinder der Christen, die einen geistigen Kampf zu bestehen haben, von Jugend auf gewöhnt werden, die Lüste der Welt zu verachten und gegen den Teufel und das Fleisch zu streiten!

Warum wird der Täufling auf der Brust und auf den Schultern mit dem heiligen Öle gesalbt?

Um ihn, wie es die heiligen Ambrosius und Chrysostomus erklären, zu einem tapferen Streiter für Christus zu machen. Denn gleichwie vorzeiten die Streiter durch Salbung mit Öl zum Kampfe sich stärkten, ebenso wird der Täufling mit Öl gesalbt, und zwar 1. auf der Brust, damit sein Herz zu siegreichem Kampfe gegen die Feinde des Heiles mit Mut erfüllt werde; 2. zwischen den Schultern, damit er die Kraft erhalte, das Joch des göttlichen Gesetzes unermüdet und unverdrossen zu tragen und die mühselige Laufbahn des Lebens mit unverbrüchlicher Treue gegen Gott und seine heiligen Gebote zu durchlaufen.

Warum fragt der Priester den Täufling ausdrücklich, ob er getauft werden wolle?

Damit der Mensch ebenso aus freiem Willen den Gehorsam gegen Gott wähle, wie der erste Mensch den Ungehorsam wählte.

Warum wird das Wasser dreimal über das Haupt gegossen?

Zum Zeichen, daß der Mensch nach dieser dreimaligen Abwaschung vom Tode der Sünde auferstehe, wie Christus nach dreitägigem Begräbnisse von den Toten auferstanden ist (Röm. 6). Früher wurden die Täuflinge ins Wasser eingetaucht, wozu man eigene Taufbrunnen hatte. Triftiger Gründe wegen ward dieses später abgeschafft.

Warum wird der Getaufte mit dem heiligen Chrisam gesalbt?

Er wird damit zum Christen gesalbt, Christus, dem Gesalbten, einverleibt und seines Priestertumes und seiner königlichen Würde teilhaftig, weswegen denn auch der hl. Petrus (1 Petr. 2,9), die Christen ein auserwähltes Geschlecht, ein königliches Priestertum, ein heiliges Volk nennt. Was für ein hoher Stand ist also der Stand der Christen! Sie sind Gesalbte, sie sind in gewissem Sinne Priester und Könige: Priester, insofern sie sich Gott dem Herrn als lebendige, heilige und wohlgefällige Opfer darbringen, was jeden Augenblick geschehen soll; Könige aber, wenn sie ihre bösen Neigungen beherrschen und Gott dienen, und auch wegen des Rechtes, daß sie durch die Taufe zur Krone des Himmelreiches gelangen. Die Getauften werden ferner durch den Chrisam zu Tempeln Gottes und zu heiligen Gefäßen eingeweiht, die mit der Zeit durch die Kommunion den kostbaren Leib und das kostbare Blut Christi in sich fassen sollen. Wie sehr sollen sich daher die Christen bestreben, sich als Tempel Gottes von aller Verunreinigung durch die Sünde frei zu erhalten.

Was bedeutet das weiße Kleid oder Häubchen?

Den Glanz und die Schönheit, womit die Seele nach Abwaschung der Sündenflecken in der Taufe geschmückt wird; die Reinigkeit und Unschuld, die sie zu bewahren hat; endlich die Herrlichkeit der Auferstehung, zu der wir durch die Taufe wiedergeboren werden.

Warum wird dem Getauften eine brennende Kerze in die Hand gegeben?

Um ihm zu bedeuten, daß er den in der Taufe erhaltenen Glauben durch gute Werke nähren vermehren, lebendig erhalten und vor den Menschen leuchten lassen soll, wenn er einst zur himmlischen Hochzeit eingelassen werden will.

Wer kann gültig taufen?

Jeder Mensch; indes soll außer im Notfalle nur der Pfarrer oder sein Stellvertreter taufen. Im Notfalle dürfen selbst die Eltern ein Kind taufen; doch sollte alsbald dem Pfarrer davon Mitteilung gemacht werden. Gültig ist jede Taufe, sofern sie richtig und in der Absicht gespendet wurde, das tun zu wollen, was Christus angeordnet hat. Weil die Taufe das notwendige Sakrament ist, hat Christus ihre Spendung möglichst leicht gemacht. Eine Nottaufe darf nicht wiederholt werden, sofern sie richtig erteilt ist. Doch sollen später die Zeremonien nachgeholt werden.
Die feierliche Taufe darf nur in der Kirche gespendet werden.

Wie und mit welcher Meinung muß man taufen?

Man spricht unter Aufgießung des Wassers: "Ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes", und dies mit der Meinung, daß man tun wolle, was Christus, der Herr, eingesetzt hat, und was die christliche Kirche in diesem Falle zu tun pflegt.

Kann der Mensch nur durch die Wassertaufe selig werden?

Die Wassertaufe ist zwar das eigentliche Sakrament, durch das der Mensch ins Reich Gottes eingeführt wird. Außerdem lehrt die Kirche, daß es auch noch eine Bluttaufe gebe, wenn man nämlich für Christus dein Blut vergießt; und eine Begierdetaufe, die in vollkommener Liebe Gottes und Reue über seine Sünden und im lebendigen Verlangen besteht, alles zu erlernen und zu beobachten, was Gott zum Heile fordert; also auch sich taufen zu lassen, wann sich Gelegenheit dazu darbietet.

Wann soll man ein neugeborenes Kind zur Taufe bringen?

Sobald als möglich, denn nicht früh genug kann man ein Geschöpf Gottes aus der Erbsünde, also aus der Gewalt des Teufels, befreien und die heiligmachende Gnade, die Kindschaft Gottes, ihm mitteilen. Es ist daher ein unchristlicher Gebrauch, mit der Taufe zu lange zu warten.

Wie soll man seines Tauftages gedenken?

Der Tag, an dem der Mensch getauft wird, ist für ihn einer der wichtigsten. Denn wenn schon der Geburtstag zum irdischen Leben wichtig genannt werden muß, wieviel mehr der Geburtstag zum geistigen Leben, der Tag des Eintrittes in das Reich Gottes, an dem uns alle von Christus erworbenen Gnadenschätze eröffnet werden! - Er soll also dem Christen immer heilig bleiben. Zu dem Ende soll er, sobald er zur Vernunft kommt, den Tag seiner Taufe jährlich feiern, indem er womöglich die heiligen Sakramente empfängt, gute Werke übt, und den Taufbund erneuert. - Es wäre gewiß auch sehr nützlich, auf ähnliche Weise andere wichtigere Tage seines Lebens in Erinnerung zu halten und dadurch sich zum Guten anzueifern, z.B. den Tag der Firmung, der ersten Kommunion, den Tag der Ehe-Einsegnung, der Ablegung von Gelübden usw.

Gebet. O Jesu, mein Herr und mein Gott! ich danke dir für die unschätzbare Gnade, daß du mich zur katholischen Kirche berufen hast, die du durch deinen Beistand allezeit sicher leitest bis ans Ende, in deren Schoß ich so sicher vor jeglichem Abwege ruhen kann. Ich gelobe dir heute neuerdings, was ich dir in der Taufe schon versprochen habe, die Lehren und Anordnungen, die du selbst durch deine Kirche mir vortragen lässest, gern anzunehmen und treu bis an mein Ende zu befolgen. O sei du mit uns allen: mit deinen Dienern, den Seelsorgern, damit sie deine und deiner Kirche Lehre rein und fruchtbar verkünden; mit uns, deinen Gläubigen , auf daß wir das Vorgetragene verstehen und beobachten. Sei ohne Aufhören bei uns, weil wir ohne Aufhören deiner bedürfen! Amen.


Unterricht für den ersten Sonntag nach Pfingsten (auch Dreifaltigkeitssonntag genannt)

An diesem Sonntag mahnt uns die heilige Kirche durch Hinweisung auf die unendliche Liebe und Erbarmung Gottes, daß auch wir Gott und den Nächsten lieben, wie er uns geliebt und sich unser erbarmt hat, und daß wir seiner grenzenlosen Barmherzigkeit vertrauen sollen. Sie singt deswegen zum Eingange der heiligen Messe:
Herr, ich hoffe auf deine Barmherzigkeit; es frohlocket mein Herz in deinem Heile: ich will singen dem Herrn, der mir Gutes getan hat. Wie lange, o Herr! wirst du mein so ganz vergessen? Wie lange wendest du dein Angesicht von mir? (Ps. 12). Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. O Gott, du Stärke aller derjenigen, die auf dich hoffen, erhöre gnädig unser Flehen, und weil die menschliche Schwachheit ohne dich nichts vermag, so verleihe uns die Hilfe deiner Gnade, damit wir bei der Erfüllung deiner Gebote mit unserm Willen und unsern Werken dir gefallen mögen. Durch Jesum Christum, deinen Sohn, unsern Herrn. Amen.

Lektion aus dem ersten Briefe des hl. Johannes IV,8-21

Geliebeteste! Gott ist die Liebe. Dadurch hat sich Gottes Liebe gegen uns geoffenbaret, daß Gott seinen eingeborenen Sohn in die Welt gesandt hat, damit wir durch ihn leben. Darin besteht diese Liebe: nicht, daß wir Gott geliebt, sondern daß er uns zuvor geliebt und seinen Sohn gesandt hat zur Versöhnung für unsere Sünden. Geliebteste, da Gott uns so geliebt hat, so müssen wir uns auch einander lieben. Niemand hat Gott jemals gesehen. Wenn wir aber einander lieben, so bleibet Gott in uns, und seine Liebe ist in uns vollkommen. Daran erkennen wir, daß wir in ihm bleiben und er in uns, daß er uns von seinem Geiste gegeben hat. Und wir haben es gesehen und bezeugen es, daß der Vater seinen Sohn als Heiland der Welt gesendet hat. Wer da bekennt, daß Jesus der Sohn Gottes ist, in dem bleibet Gott und er in Gott. Und wir haben erkannt und geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat. Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibet, der bleibet in Gott und Gott in ihm. Dadurch ist Gottes Liebe vollkommen bei uns, wenn wir, wie er (liebreich) ist, ebenso in dieser Welt sind, so daß wir Vertrauen auf den Tag des Gerichtes haben können. Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibet die Furcht aus; denn die Furcht ist ein peinliches Gefühl von der verdienten Strafe: wer aber Furcht hat, der ist nicht vollkommen in der Liebe. Lasset uns also Gott lieben,weil uns Gott zuerst geliebt hat. Wenn jemand sagt: "Ich liebe Gott", und hasset seinen Bruder, der ist ein Lügner. Denn wer seinen Bruder, den er sieht, nicht liebt, wie kann er Gott lieben, den er nicht sieht? Auch haben wir dieses Gebot von Gott, daß, wer Gott liebet, auch seinen Bruder liebe.

Erklärung

Stärkere Beweggründe zur Liebe Gottes sowohl als auch zur Liebe des Nächsten als die, welche der hl. Johannes hier anführt, können nicht erdacht werden. Sie dürfen nur ein wenig erwogen werden, und es wird unmöglich sein, ihnen zu widerstehen. Die Gründe für die Gottesliebe wurden beim Evangelium des Pfingstmontags erklärt. Zur Liebe des Nächsten soll uns bewegen, daß auch Gott ihn liebt, und daß wir Gott nicht leiben können, wenn wir unsern Nächsten nicht lieben. Denn wer seinen Bruder nicht leibt, den er sieht, wie kann der Gott lieben, den er nicht sieht? Und wie können wir sagen, wir liebten Gott, wenn wir doch seinem Befehle, den Nächsten zu lieben, nicht gehorchen? Wenn wir aber uns untereinander lieben, so lieben wir auch Gott, nämlich mittelbar in seinen Ebenbildern. Lieben wir also Gott und unsern Nächsten, so werden wir einst beim Gerichte nichts zu befürchten haben; denn die Liebe hat keine (knechtische) Furcht vor der Strafe, weil sie tut, was Gott wohlgefällig sit, und also einen barmherzigen Richter erhoffen darf.

Wir wollen heute eine Gewissenserforschung darüber anstellen, wie es mit unserer Liebe zum Nächsten beschaffen sei: ob wir ihn wirklich lieben oder nur mit Worten? Ob wir keine Abneigung haben und keine Feindschaft? Ob wir gern verzeihen? nicht kränken und beleidigen? Ob wir lieben aus zeitlichen Rücksichten? oder weil Gott es befiehlt? Weil der Nächste ein Ebenbild Gottes, ein Miterbe Jesu Christi ist?

Evangelium Lukas VI,36-43

Zu derselben Zeit sagte Jesus zu seinen Jüngern: Seid barmherzig, wie euer Vater barmherzig ist. Richtet nicht, so werdet ihr nicht gerichtet werden; verdammet nicht, so werdet ihr nicht verdammet werden; vergebet, so wird euch vergeben werden. Gebet, so wird euch gegeben werden; ein gutes, ein eingedrücktes, gerütteltes Maß wird man in eueren Schoß geben; denn mit demselben Maße, womit ihr messet, wird euch wiedergemessen werden. Er sagte ihnen aber auch ein Gleichnis: Kann wohl ein Blinder einen Blinden führen? Fallen sie nicht beide in die Grube? Der Jünger ist nicht über den Meister; jeder aber wird vollkommen sein, wenn er wie sein Meister ist. Warum siehst du den Splitter in deines Bruders Auge, und den Balken, der in deinem Auge ist, bemerkest du nicht? Oder wie kannst du zu deinem Bruder sagen: Bruder, laß mich den Splitter aus deinem Auge ziehen, da du selbst den Balken in deinem Auge nicht siehst? Heuchler, ziehe zuvor den Balken aus deinem eigenen Auge; dann magst du sehen, daß du den Splitter aus deines Bruders Auge ziehest.

Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist

Wollen wir Kinder des himmlischen Vaters sein, so müssen wir ihm nachahmen, durch Nachahmung ihm ähnlich werden, also auch barmherzig sein, wie er. Wir müssen demnach, gleichwie er seine Sonne aufgehen läßt über Gute und Böse, ihm gleich nicht nur Freunde, sondern auch die Sünder und Ungerechten lieben, und ihnen nach Kräften geradeso Gutes erweisen, wie wir wünschen, daß Gott sich gegen uns erzeige (Matth. 3,42-46).

Richtet nicht, so werdet ihr nicht gerichtet werden usw.

Mit diesen Worten verbietet Christus zweierlei Urteile, das freventliche oder vermessentliche und das angemaßte. Ein freventliches Urteil fällt derjenige, der Handlungen des Nächsten ohne rechten Grund und auf bloße Mutmaßungen hin für böse und strafwürdig hält; denn niemand kann in dessen Herz sehen und die Meinung und die Absichten seines Tuns erkennen; darüber kann Gott allein urteilen, der Herz und Nieren durchforscht. Ein angemaßtes Urteil heißt dasjenige, wodurch man andere richtet, ohne als Richter oder Vorgesetzter dazu berechtigt oder verpflichtet zu sein. Beiderlei Arten von Urteilen sind sehr sündhaft, indem man dadurch in die Rechte Gottes eingreift (Röm. 14,4) und die Liebe des Nächsten verletzt. Damit zieht man sich daher auch ein strenges Gericht zu: denn, sagt der hl . Chrysostomus, indem du deinen Bruder verdammst, verdammst du dich selbst und reizest den Richter, dich strenger zu behandeln.

Vergebet, so wird euch vergeben werden

Christus setzt hier eine Bedingung. Er sagt nämlich, daß wir von Gott die Verzeihung der ihm zugefügten Unbilden nur dann erhalten werden, wenn wir unsern Feinden die von ihnen erlittenen Übel verziehen, und zwar von Herzen verziehen haben. Darum schreibt auch der hl. Chrysostomus: Es ist nicht genug, daß due den nicht verletzest, der dich beschädigt hat, während du doch immer einen heimlichen Groll und Abscheu gegen ihn hegst, ja, ihn nicht einmal ansehen willst. Durch solches Verfahren verdienst du, daß Gott sich gegen dich ebenso verhalte. Bemerken wir wohl, daß uns gar nicht vergeben wird, wenn wir nicht vergeben. Wer seinen Nächsten nicht vergibt, lügt, sooft er im Vaterunser betet: "Vergib uns unsere Schulden, wie wir vergeben unsern Schuldigern."

Gebet, so wird euch gegeben werden

Aus uns selbst sind wir arm und haben sehr nötig, daß Gott uns gebe. Darum beten wir täglich: Gib uns heute unser tägliches Brot! - Gott gibt uns aber unter der Bedingung, daß wir, seine Liebe und Güte nachahmend, ebenfalls geben. - Und wie reichlich lohnt Gott das Wohltun! Wenig nur können wir geben; er aber belohnt unsere Güte mit vielem; mit einem guten eingedrückten, gerüttelten und aufgehäuften Maße. - Dies gilt auch von allen anderen Werken, die wir Gott zuliebe verrichten; jedes auch noch so geringe gute Werk belohnt er unendlich reichlich, hier durch immer neue Gnaden und Wohltaten und dort durch die ewige Herrlichkeit des Himmels!"

Was wollte Jesus mit dem Gleichnisse vom Blinden lehren?

Er wollte seine Zuhörer ermahnen, daß sie die Handlungen der Pharisäer nicht nachahmen sollten, indem sie dadurch nur blinden Führern, d.h. solchen, die selbst keine wahre Erkenntnis haben, folgen, und daher ebensowenig als diese, zu rechter Einsicht in das Geschäft des Heiles gelangen, vielmehr mit ihnen in die Grube fallen, d.h. verloren gehen würden. Daß die Pharisäer blinde Führer seien, zeigt er durch das zweite Gleichnis, in dem er sie als solche darstellt, die den Splitter, d.h. geringe Fehler, an andern beobachten und strenge beurteilen, den Balken aber, d.h. die größern Fehler, an sich selbst nicht bemerken. - O, gleichen wir nicht ihnen, damit wir nicht in die Grube fallen: beobachten wir lieber zuerst uns selbst, und richten wir, ehe wir andere richten, uns selbst, damit wir nicht gerichtet werden!

Was will das Gleichnis von dem Splitter und Balken sagen?

Wer einen Balken im Auge, d.i. einen großen Fehler an sich hat, soll ihn zuerst ablegen und sich selbst bessern, bevor er einen andern über einen Splitter, d.i. über einen kleinen Fehler, zurechtweisen will. Leider haben es nur zu viele im Gebrauche, andern ihre Fehler vorzuwerfen, damit sie sich selbst beschönigen können; aber an ihre eigenen großen Fehler darf man sie nicht erinnern. Es ist ein ganz schlimmes Zeichen für den Zustand einer Seele, wenn man so gerne die Fehler der andern sieht.

Gebet. O daß ich jederzeit barmherzig gegen meinen Nächsten gewesen wäre, niemand freventlich und fälschlich beurteilt hätte, damit ich auch einstens Barmherzigkeit und ein gnädiges Gericht bei Gott finden möge! - Mein Gott! ich bereue diese Fehler von Herzen. Ich will auch allen denen, die mich beleidigt haben, von Herzen verzeihen und hoffe deshalb vor dir ebenfalls Vergebung zu erhalten. Erleuchte, o Herr, meine Blindheit, damit ich künftig diese Fehler vermeiden, barmherzig und liebevoll wandeln und beim Gerichte Barmherzigkeit finden möge. Amen.


Betrachtung über das Ehre sei dem Vater

1. Der kurze Lobspruch auf die heiligste Dreifaltigkeit, Ehre sei dem Vater usw., enthält kräftige Beweggründe, Gott die gebührende Ehre zu geben. Er erinnert ja vorerst an das unaussprechlich hohe und tiefe Geheimnis der heiligen Dreifaltigkeit und an alles, was wir ihr verdanken.
Unbegreiflich ist dieses Geheimnis, so weit erhaben über die Fassungskraft des Verstandes, wie Gott selbst. Wir müssen unsern Verstand beugen im Glauben an Gottes Wort. Gleichnisse, Ähnlichkeiten lassen sich wohl finden: z.B. in der Einrichtung unserer Seele, die ja Gottes Bild ist. Die Seele hat drei verschiedene Hauptkräfte, Verstand, Gedächtnis, Willen; und doch ist es jedesmal die ganze Seele, die denkt, sich erinnert und begehrt. Oder in der Natur des Feuers: es brennt, leuchtet und wärmt - drei unzertrennliche und doch ganz verschiedene Eigenschaften ein und desselben Feuers. Ähnlich sind Gott der Vater, Gott der Sohn und Gott der Heilige Geist drei wirklich verschiedene Personen, und dennoch nur ein göttliches Wesen. Wie es mit dieser Verschiedenheit und Einheit sich verhält, werden wir nie begreifen können; in Ehrfurcht müssen wir vor dem Unerforschlichen uns beugen. Je tiefer unsere Ehrfurcht, desto dankbarer schlägt unser Herz zu ihm, wenn wir die Herablassung des großen Gottes betrachten, womit jede der drei Personen uns begnadigt.
Denke dir, du wärest erblinder und es käme ungerufen ein Arzt und gäbe dir das Augenlicht wieder; oder du lägest am Sterben, er gäbe dir neue Gesundheit und Kraft: wie würdest du ihm danken! Aber hat nicht der himmlische Vater dir mehr getan? Er hat dich geschaffen, er erweckt dich jeden Morgen zu neuem Leben und zum Gebrauch einer gesunden Glieder.
Denke dir einen Menschen, in dessen Hause Feuer ausbricht, und der keinen Ausweg mehr findet, sich zu retten. Da stürzt ein anderer sich in die Flammen und entreißt ihn dem schrecklichen Feuertode; sich selbst aber hat er derart verbrannt, daß er in entsetzlichen Schmerzen daliegt und sterben muß. Würde der Gerettete wohl ein Mensch sein, wenn er keine Dankbarkeit zeigte? Nun wohl, Gott der Sohn hat mehr für dich getan, aus den Flammen der Hölle hat er dich gerissen, vom ewigen Tode dich gerettet und dabei sich bitterem Leiden und schrecklichem Tode unterziehen müssen. An deine Dankespflicht erinnert dich das Ehre sei dem Vater usw.
Denke dir ein armes Bettelkind hungernd, frierend, aussätzig, von allen gemieden und verachtet an der Straße liegen; ein Fürst kommt des Weges, nimmt es auf, reinigt, kleidet, nährt es und überhäuft es mit Güte und Wohltaten: kein Dank wäre groß genug für diese Liebe. Mehr hat der Heilige Geist an deiner armen Seele getan; er nahm dich auf in die Kirche, er reinigte dich im Bade der Wiedergeburt und Bußsakramente, beschenkte dich mit kostbarem Seelenkleide, machte dich zum Gotteskinde und gab dir das himmlische Erbe. Daran erinnert jedes Ehre sei usw. Überdenke dabei öfter, was du der unbegreiflichen Güte des dreieinigen Gottes verdankst, und bedenke, mit welcher Ehrfurcht, Liebe und Dankesglut solltest du zu ihm aufblicken, zu ihm beten, durch pünktliche Erfüllung seines Willen ihn zu ehren suchen!

2. Der Zusatz: wie es war im Anfange soll sagen: ich möchte den dreieinigen Gott ehren und ihn geehrt wissen von allen, so wie er von Anfang der Welt an von allen Geschöpfen Ehre empfing und jetzt noch von den Engeln, Heiligen, frommen Menschen - jetzt, wo ich bete und allezeit solange ich lebe, und dereinst im Himmel in alle Ewigkeit.
Im Anfange schuf Gott Himmel und Erde; zuerst die Engelwelt, dann die sichtbare Welt mit all ihren Millionen Einwohnern. Von Anfang an haben die Engel immerfort ihr dreimal Heilig gesungen, d.h. sie preisen die Heiligkeit, Macht, Herrlichkeit Gottes; auch vollziehen sie pünktlich und eifrig Gottes Willen als Boten und Werkzeuge seiner Erbarmungen, besonders gegen die Menschen; ehren ihn also durch Preis und Gehorsam. Das tun diese herrlichen Geister; und du armseliges Geschöpf wolltest deinem Herrn und Schöpfer die gebührende Ehre verweigern, das Gebet und das Lob vernachlässigen, oder schlecht, kalt und obenhin abmachen? Du wolltest es wagen, seinem heiligen Willen dich zu widersetzen?
Betrachte weiter die sichtbare Schöpfung. Sie preiset Gottes Macht, Weisheit und Güte, sie vollzieht pünktlich seinen Willen. Blicke hinauf zum prachtvollen Himmelsgewölbe mit seinen zahllosen, unberechbar großen Gestirnen, wie es sich in unendlichem Bogen wölbt über die ganze Erde - preist und verkündet es nicht Gottes Unermeßlichkeit und Majestät? Lausche dem wilden Sturmesbrausen, wenn Gottes Odem zerstörend hinfährt über die Welt und das Meer aufwühlt in seine tiefsten Tiefen; und wenn der Mensch in seiner Ohnmacht erzittert bei dem dumpfen Rollen des furchtbaren Donners, - hörst du nicht den gewaltigen Lobgesang, den die Natur da singt auf seine Allmacht und furchtbare Strafgerechtigkeit? Und wenn du anblickst all die Schönheit und Pracht, die Fülle des Segens, die der Herr ausgießt über Feld, Wald und Flur - ist das nicht ein Preis seiner Schönheit und unendlichen Vatergüte? Wenn so die stumme Natur redet, wollest du, den Gott höher erhob, durch Verstand im Buche der Natur zu lesen, ihn zu erkennen, durch die Sprache ihn zu verherrlichen, wolltest du in dem großen Konzerte der Geschöpfe stumm bleiben? Und wenn die gewaltigen Naturkräfte sich seinem Willen beugen, wolltest du, ein kleines Zähnchen im ungeheuren Räderwerke des Weltalls, anders dich drehen, als er will, seiner Ordnung dich widersetzen und den freien Willen, durch den er dich so hoch erhoben hat, mißbrauchen, ihn zu beleidigen? - - Wenn du das Ehre sei usw. sprichst, überlege manchmal, wie die Engel, die unvernünftigen Geschöpfe, das ganze Weltall wetteifert in Gottes Lob und Preis; bereue von Herzen, daß du bisher so sehr es daran fehlen ließest, ja ihn, den besten Vater, so oft entehrt und beleidigt hast, und entflamme dein Herz zum Verlangen und Vorsatz: auch ich will dem großen Gottespreis, den Himmel und Erde anstimmen, mich anschließen von ganzer Seele, jetzt und allezeit, solange ich lebe.
Jetzt, während du dich anschickst zum Gebet, wirf einen Blick um dich und sieh die Schar der Ungläubigen, Irrgläubigen, Sünder; sie wollen nichts wissen von Gottes Lob, wetteifern in Verachtung und Beleidigungen gegen ihn; du solltest für sie Gott Ersatz bieten durch größeren Eifer. Blicke ferner auf die Scharen der heiligen Seelen im Himmel und auf Erden, die mit dir am Throne Gottes erscheinen; an ihrem Eifer, ihrer Andacht kannst du deine eigene Andacht und Lobesbegierde entzünden und dich aufmuntern, mit ihnen Gott zu preisen durch Wort und Tat jetzt und allezeit nach besten Kräften. Dann darfst du hoffen, daß du dieses Lob fortsetzen wirst in Ewigkeit.
Und das ist ein neuer Grund zum Eifer. Wenn du Gott recht die Ehre gibst, dann wirst du ihn auch ehren mit dem ewigen Alleluja im Himmel; wenn du jetzt nicht beten magst, sondern Gott nur verunehrst, dann wirst du nach dem Tode dorthin verstoßen werden, wo man auch kein Lob Gottes, sondern nur Flüche und Verwünschungen hört: in die Hölle; wirst da, weil du hier Gottes Güte nicht verherrlichen wolltest, seine Gerechtigkeit verherrlichen müssen in ewigen Peinen. Im Himmel führen die Seligen ein ewiges, unendlich wonniges Konzert auf, wo jeder gleichsam mitsingt und sein Instrument spielt. Auf dieser Welt ist die Lern- und Übungszeit, jeder muß seine Stimme im Lobe Gottes üben, muß auf seinem Instrumente, d.h. in seinem Stande und Berufe, mit seinen Kräften und Fähigkeiten Gott verherrlichen. Wer das nicht tut will, wer gar mit einem schlechten Leben in das Horn des Satans stößt, den kann man beim Himmelskonzert nicht gebrauchen, der gehört zu jenem Chor, wo Heulen und Zähneknirschen sein wird.
Frage dich manchmal ernstlich: Mit welchen Chore habe ich es gehalten, bei welchem wäre mein Platz, wenn ich heute in das Haus der Ewigkeit abgerufen würde? War ich bisher eifrig im Gebet und Gottesdienst, war mein Denken, Reden, Arbeiten und Leiden ein Ehre sei dem Vater? Oder in welchen Stücken hat es gefehlt? Und dann mache deine Vorsätze. (N. Schmitt)

Gebet. Dreieiniger Gott, ich glaube an dich, ich hoffe auf dich, liebe dich; ich danke dir, Vater, für die Erschaffung, ich danke dir, Gott Sohn für die Erlösung, ich danke dir, Heiliger Geist, für die Heiligung. Zu deiner Ehre hast du mich erschaffen, darum möchte ich dich auch nach Kräften ehren, verherrlichen durch andächtiges Gebet, treue Erfüllung deines Willens; wie es war im Anfange von den Engeln und vernunftlosen Geschöpfen, die dir gehorchen; ich will dich ehren und trachten, daß andere dich ehren mit allen guten Menschen alle Zeit meines Lebens lang. Gib mir dazu deine kräftige Gnade, auf daß ich dich loben und verherrlichen darf in alle Ewigkeit in deinem Reiche, wo es in seligen Jubeltönen ohne Ende erschallt: Ehre sei dem Vater, dem Sohne und dem Heiligen Geiste. Amen.


Unterricht für das Fronleichnamsfest

Warum wird dieser Tag Fronleichnamstag genannt?

Weil die katholische Kirche an diesem Tage das Andenken an die Einsetzung des allerheiligsten Sakramentes des Altars oder Fronleichnams, d.h. des unter den Gestalten des Brotes und Weines verborgenen Leibes und Blutes Jesu Christi feierlich begeht. Fronleichnam, ein altdeutsches Wort, bedeutet, "Leib des Herrn".

Warum geschieht dies am heutigen Donnerstage?

Weil die Kirche am Donnerstage in der Karwoche, an dem dieses Sakrament eingesetzt wurde, mit der Betrachtung des Leidens und Todes Jesu sich beschäftigt, und deshalb sich nicht der Freude, sondern der Trauer hingibt; sodann, weil die Apostel, nachdem sie von Heiligen Geiste erleuchtet und belehrt worden waren, dieses hohe Geheimnis den Gläubigen sogleich verkündet und ausgespendet haben (Apostelgesch. 2,42).

Wer hat dieses Fest eingesetzt?

Paspst Urban IV. Dieses geschah in folgender Weise: Die fromme Klosterfrau Juliana hatte eine besondere, auf dieses Fest bezügliche Erscheinung, worin ihr gezeigt wurde, daß die Christenheit dieses Jubelfest feiern solle. Der Bischof Robert von Lüttich ließ darüber eine besondere Untersuchung durch gelehrte fromme Männer anstellen, und führte dann dieses Fest im Jahre 1246 im Bistum Lüttich ein. Im Jahre 1264 erließ Papst Urban IV., der jener Untersuchung als Archidiakon beigewohnt hatte, die Verordnung, daß dieses Fest in der ganzen Kirche gefeiert werde. Klemens V. bestätigte diese Verordnung auf dem Kirchenrate zu Vienne 1311 und bestimmte zur Feier des Festes den Donnerstag nach dem Dreifaltigkeits-Sonntage.

Warum werden an diesem Tage so herrliche Prozessionen gehalten?

1. Durch diese feierlichen Prozessionen will die katholische Kirche ihre hohe Freude und innige Dankbarkeit für die Einsetzung des heiligsten Altarsakramentes und für alle dadurch erhaltenen Wohltaten ihrem gemeinsamen Herrn und Erlöser beweisen. 2. Sie vereinigt an diesem Feste alle möglichen Ehrenbezeigungen, um gleichsam den Ehrentag des Heilandes zu feiern und ihm gewissermaßen einen Ersatz zu leisten für die Gleichgültigkeit, oder wenigstens für den Mangel an Andacht gegen dieses heilige Sakrament, dessen sich viele das Jahr hindurch schuldig machen. 3. Sie will ihren Glauben an die wahre, wirkliche und wesentliche Gegenwart Jesu Christi im allerheiligsten Sakramente öffentlich vor aller Welt, vor Heiden und Juden bezeugen. 4. Die Katholiken tragen den im verborgenen Gott vor ihren Häusern vorbei und auf ihren Fluren herum zur Erlangung des göttlichen Segens über Stadt, Land und Leute.

Warum werden bei dieser Prozession an den vier Stationen die Anfänge der vier Evangelien laut und feierlich abgesungen?

Dadurch wird angedeutet, 1. daß alle Menschen, vom Sonnen-Aufgange bis zum Untergange, zum Heile in Jesu Christo berufen seien; 2. daß alle vier Evangelisten darin übereinstimmen, daß der Sohn Gottes Mensch geworden ist, um uns zu erlösen, und daß er das wahre Himmelsbrot sei, das unserer Seele das ewige Leben mitteilt; 3. daß an der Erlösung Christi nicht bloß die Menschen, sondern die ganze Schöpfung, Himmel und Erde, teilnehmen.

Vor Freude über diese Wohltat singt die Kirche zum Eingang der hl. Messe:
Er speisete sie mit dem Marke des Weizens, Alleluja! und sättigte sie mit Honig aus dem Felsen, Alleluja! Alleluja! Frohlocket Gott, unserm Helfer; frohlocket dem Gott Jakobs! (Ps. 80). Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. O Gott, der du uns in dem wunderbaren Sakramente das Andenken deines Leidens und Sterbens hinerlassen hast; wir bitten dich, verleihe uns die Gnade, die hochheiligen Geheimnisse deines Leibes und Blutes so zu verehren, daß wir die Früchte deiner Erlösung allezeit in uns erfahren. Durch Jesum Christum, deinen Sohn, unsern Herrn. Amen.

Lektion aus dem ersten Briefe an die Korninter XI,23-32

Brüder! ich habe vom Herrn empfangen, was ich euch überliefert habe, daß der Herr Jesus in der Nacht, in der er verraten wurde, das Brot nahm und dankte, es brach und sprach: Nehmet hin und esset, das ist mein Leib, der für euch wird hingegeben werden; tut dieses zu meinem Andenken. Desgleichen nahm er nach dem Mahle auch den Kelch und sprach: Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blute; tut dies, sooft ihr trinket, zu meinem Andenken. Denn sooft ihr dieses Brot essen und diesen Kelch trinket werdet, sollet ihr den Tod des Herrn verkünden, bis er kommt. Wer nun unwürdig dieses Brot ißt oder den Kelch des Herrn trinkt, der versündigt sich am Leibe und Blute des Herrn. Der Mensch aber prüfe sich selbst, und so esse er von diesem Brote und trinke aus diesem Kelche. Denn wer unwürdig ißt und trinkt, der ißt und trinkt sich das Gericht, indem er den Leib des Herrn nicht unterscheidet. Darum sind unter euch viele Schwache und Kranke, und schlafen viele. Denn wenn wir uns selbst richteten, so würden wir nicht gerichtet werden. Wenn wir aber gerichtet werden, so werden wir vom Herrn gezüchtigt, damit wir nicht mit dieser Welt verdammt werden.

Was ist das allerheiligste Sakrament des Altars?

Es ist jenes Sakrament, in dem durch die vom Priester unter der heiligen Messe gesprochenen Einsetzungsworte Jesus Christus ganz und ungeteilt, mit Fleisch und Blut, mit Leib und Seele, mit Menschheit und Gottheit unter den Gestalten von Brot und Wein gegenwärtig ist, und zwar wahrhaft, also nicht etwa nur bildlich, wirklich, also nicht bloß im Glauben, wesentliche, also nicht bloß der Kraft nach und auch nicht neben Brot und Wein, indem das Brot in den Leib, der Wein in das Blut Jesu verwandelt ist, und von Brot und Wein nur noch die Gestalten übrig sind, d.h. der Geruch, die Farbe, der Geschmack, dir Form.

Warum glauben wir Katholiken, daß Christus in dem heiligen Altarsakramente wahrhaft und wesentlich zugegen ist?

Weil er dies selbst mit ausdrücklichen und deutlichen Worten gesagt hat, indem er bei der Einsetzung dieses Sakramentes sprach: "Dies ist mein Leib; dies ist mein Blut" (Matth. 26,26-28). Diese Worte können (es sei denn, daß man Christum einer Falschheit oder eines Betruges beschuldigen wollte) nichts anderes bedeuten, als daß sein Leib und Blut wahrhaft zugegen seien. Daß Jesus es so meinte, geht auch daraus hervor, da er hinzufügte: "Der für euch wird dargegeben", und: "welches für euch wird vergossen werden". Nun ist aber für unsere Erlösung weder Brot noch Wein, noch die Figur des Leibes und Blutes Christi, sondern der wahre Leib und das wahre Blut Christi dargegeben worden: daraus folgt, daß auch in dem heiligen Sakramente nicht Brot und Wein, noch die Figur des Leibes und Blutes Christi, sondern der Leib und das Blut Christi selbst wahrhaft und wesentlich zugegen seien. Die Apostel haben diese Worte Jesu auch nicht anders verstanden, und der hl. Paulus, der, wie er im Anfange der heutigen Epistel sagt, gleichfalls von Christus selbst in diesem Geheimisse unterrichtet worden ist, sagt ausdrücklich, daß, wer dieses unwürdig empfange, sich des Leibes und Blutes des Herrn schuldig mache und sich das Gericht hineinesse, weil er den Leib des Herrn von einer gemeinen Speise nicht unterscheide: wie konnte er aber dieses sagen, wenn der Leib Christi entweder gar nicht oder nur figürlich zugegen wäre, wie die Gegner des katholischen Glaubens behaupten?

Wer versichert uns Katholiken noch mehr, daß die Einsetzungsworte im besagten Sinne zu nehmen seien?

Die katholische Kirche, jene Säule und Grundfeste der Wahrheit, die nicht fehlen kann, und die von den Zeiten der Apostel an bis heute beständig so gelehrt hat, wie alle heiligen Väter einhellig bezeugen. Warum wollen also die Gegner des katholischen Glaubens dieser so alten, allgemein geglaubten und festgegründeten Lehre widersprechen, und die wirkliche und wesentliche Gegenwart Christi in diesem Sakramente leugenen? Kommt ihnen vielleicht dieses Geheimnis unmöglich vor? Aber was ist bei Gott unmöglich? Konnte er Wasser in Wein verwandeln, warum soll er nicht das Brot in seinen Leib und den Wein in sein Blut verwandeln können? Oder stoßen sie sich daran, daß wir das Fleisch Christi essen und sein Blut trinken sollen? Daran stießen sich auch die Juden und sprachen zueinander: "Wie kann uns dieser sein Fleisch zu essen geben?" Sie erhielten aber von Jesus keine Antwort darauf als diese: "Wahrlich, wahrlich, sage ich euch, wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht essen und sein Blut nicht trinken werdet, wo werdet ihr das Leben nicht in euch haben" (Joh. 6,54).

Wie soll ein Katholik die Einwürfe der Andersgläubigen wider dieses Sakrament beantworten?

Dies kann auf die eben gezeigte Weise geschehen. Er kann aber auch kurz sagen: Daß Christus in dem heiligen Altarsakramente wahrhaft zugegen sei, glaube ich darum, weil er es selbst gesagt hat. Daß er es aber gesagt habe, und daß die Worte: Dies ist mein Leib usw. von seinem wahren Leibe und Blute zu verstehen seien, weiß ich daher, weil es seine Kirche vom Anfange an also lehrt; und daß es geschehen könne, glaube ich deswegen, weil bei Gott kein Ding unmöglich ist (Luk. 1,37).

Evangelium Johannes VI, 56-59

In derselben Zeit sagte Jeus zu den Scharen der Juden: Mein Fleisch ist wahrhaft eine Speise, und mein Blut ist wahrhaft ein Trank. Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich in ihm. Gleichwie mich der lebendige Vater gesandt hat, und ich durch den Vater lebe, so wird auch der, der mich ißt, durch mich leben. Dies ist das Brot, das vom Himmel herabgekommen ist, nicht wie das Manna, das eure Väter gegessen haben und gestorben sind. Wer dieses Brot ißt, wird leben in Ewigkeit.

Welchen Sinn haben die Worte: "Mein Fleisch ist wahrhaft eine Speise usw."?

Am Tage, bevor er diese Worte sprach, hatte Jesus fünftausend Menschen mit fünf Broten gespeist. Als die Juden ihm deswegen auf die andere Seite des Sees Genesareth nachgefolgt waren, sprach er zu ihnen, sie sollten sich nicht um vergängliche Nahrung bemühen, sondern um die ewig bleibende, die der Menschensohn ihnen geben werde. Nicht zufrieden mit so vielen Zeichen, die Jesus getan hatte, forderten sie, um ihm zu glauben, noch ein Zeichen vom Himmel, dergleichen das Manna im Alten Bunde gewesen war. Jesus antwortete: Sein Vater gebe ihnen das wahre Himmelsbrot; dieses aber sei er selbst, nämlich sein Fleisch.
Als nun die Juden sich darüber stritten, selbst viele von seinen Jüngern sich ärgerten, daß sie sein Fleisch essen sollten und ihn daher verließen, wiederholte er nochmals ausdrücklich: Sein Fleisch sei wahrhaftige eine Speise, und sein Blut sei wahrhaftig ein Trank, und wer von diesem Brote esse, werde ewig leben.
Dadurch also hat Jesus deutlich erklärt, daß er ebenso sich - sein Fleisch und Blut - zur Nahrung des Menschen geben werde, wie das irdische Brot dazu dient und wie in der Wüste das Manna dazu gegeben wurde vom Himmel.

Wie sind die Worte zu verstehen: "Wer mein Fleisch isset und mein Blut trinket, der bleibt in mir und ich in ihm"?

Mit diesen Worten bezeichnet Jesus die Weise, in der er sich vermittels dieses Sakraments mit dem Menschen vereinigt. Derjenige nämlich, der Christus empfängt, wird mit ihm nicht bloß durch die heiligmachende Gnade vereinigt, sondern auf so innige Weise, wie das Brot, das wir essen, mit dem Körper vereinigt wird, so daß Jesus und der Mensch gleichsam Eins werden, daß Jesus im Menschen lebt, wirkt, ihn unmittelbar reinigt, heiligt usw. Gleichwie der Sohn durch den Vater lebt, so lebt der Mensch durch den Sohn! - Deswegen nennt der hl. Chrysostomus dieses Sakrament die Vermischung Christi mit dem Menschen, der hl. Cyrillus aber die Mitteilung nicht bloß der Liebe, sondern auch der Natur Christi; die heilige Kirche endlich nennt es communio, d.h. Gemeinschaft, weil der Mensch mit Christus und in ihm mit allen daran Teilnehmenden eine lebendige Gemeinschaft eingeht.

Warum sagte Christus: "Dies ist das Brot, das vom Himmel herabgekommen ist"?

Weil Christus als wahrer Gott vom Himmel kam, einen menschlichen Leib annahm und als Gottmensch uns sich zu genießen gibt. Er vergleicht sich daher mit dem Manna, mit jenem Brote, das die Kinder Israels in der Wüste vom Himmel empfingen, so jedoch, daß das Manna die Väter nicht vom Tode befreite, sein Himmelsbrot aber vor dem Tode der Seele bewahrt und das ewige Leben der Seele und des Leibes bringt.

Warum wird dieses heiligste Sakrament noch ferner mit dem Himmelsbrote verglichen?

Aus folgenden Ursachen: 1. Gleichwie die Kinder Israels in dem Manna oder Himmelsbrote allen Geschmack empfanden, den sie nur immer wünschen konnten (Weis. 16,20), also haben auch wir in diesem heiligsten Sakramente, in Christo, alles, was uns nötig ist, um die Seligkeit zu erlangen. 2. Wie bei der Sammlung des Manna einer, der mehr zu sammeln schien, dennoch nicht mehr hatte als ein anderer, der weniger sammelte: also bekommt derjenige, der eine oder mehrere oder eine größere Hostie empfängst als ein anderer, nicht mehr, weil jeder den Leib Christi empfängt. 3. Gleichwie die Juden durch die Kraft des Himmelsbrotes durch die Wüste in das Gelobte Land gereist sind, also gehen auch wir, durch dieses heiligste Sakrament gestärkt, durch diese Welt zum Himmel.

Was bewirkt dieses Sakrament?

Da das heiligste Altarsakrament nicht nur eine oder mehrere Gnaden verleiht, sondern den Urheber aller Gnaden und mit und in ihm alles Gute zu uns bringt, so sind auch seine Wirkungen unermeßlich. Es nährt die Seele, verleiht ihr Geschmack an göttlichen Dingen, reinigt sie von ihren täglichen Fehlern, Schwachheiten und Unvollkommenheiten, bewahrt sie vor schweren Sünden, rüstet sie mit unüberwindlicher Kraft gegen alle Versuchungen aus, vermehrt die heiligmachende Gnade und ist dem würdig Genießenden das Unterpfand des ewigen Lebens. Dem würdig Genießenden; denn der unwürdig Genießende begeht eine schwere Sünde, entfernt sich also mehr von Gott und ißt sich das Gericht hinein, das die ewige Verdammnis heißt!
Die Wirkungen dieses heiligen Sakramentes sind von den Vätern auf rührende Weise beschrieben worden. So lehrt der hl. Chrysostomus, daß die würdig Kommunizierenden von diesem göttlichen Tische gleich feurigen Löwen zurückkehren, d.h. mutig, unerschrocken und standhaft gegen alle Anfälle des Teufels und der Welt und des Fleisches. Der hl. Ambrosius spricht: "Verlangst du deine Wunden zu heilen, so ist dir dieses Sakrament eine Arznei; begehrst du Hilfe, so ist es dir Stärke; wirst du stark angefochten, so hat dir Gott in diesem Sakramente einen Tisch bereitet gegen alle, die dich quälen" (Ps. 12,5). Der hl. Thomas von Aquin lehrt, daß kein Sakrament so heilsam sei als dieses, indem es die Sünden (Zorn, Neid, Geiz, Mißgunst) vertilge, die bösen Neigungen unterdrücke, die Tugenden vermehre und die Seele mit geistigen Gaben schmücke.
Wie eifrig sollte man daher sein, dieses Sakrament recht oft zu empfangen! O wie bald würden die Familien, würde die Kirche ein ganz anderes Aussehen erhalten! Die ersten Christen empfingen es täglich, und daher kam die Reinheit ihrer Sitten, ihr Eifer im Dienste Gottes, ihre Verachtung der irdischen Güter, Ehren und Vergnügungen, ihre Stärke in Kreuz und Leiden, in den grausamsten Qualen und Martern, die Heiligkeit ihres Lebens und die Hoffnung auf die Zukunft; denn sie lebten und litten gleichsam nicht selbst, sondern Christus, durch das heilige Sakrament in ihnen wohnend, lebte und litt in ihnen. Wurden sie durch Verfolgung gehindert, sich zum Empfange der heiligen Kommunion zu versammeln, so nahmen sie das verwandelte Brot mit sich, um sich zur Zeit des Kampfes damit zu stärken. - Wenn wir nun an den Christen so viel Lauheit, Schwäche, Ruchlosigkeit usw. erblicken, woher wohl diese, als vom seltenen Empfange oder gar vom unwürdigen Genusse der heiligen Kommunion? - Lerne einsehen, wo Licht, Kraft und alle Gnaden zu schöpfen, wo diese dir im überfließenden Maße und mit grenzenloser Liebe bereitgehalten werden! Komme oft zu dieser Quelle, wenn auch nicht alle Tage, so doch alle vierzehn Tage oder wenigstens alle Monate.

Worin besteht die würdige Vorbereitung zu diesem Sakramente?

Zum würdigen Empfange ist notwendig, das Freisein von schweren Sünden. Läßliche Sünden machen die Kommunion nicht unwürdig, vermindern aber deren Gnadenwirkungen. Man soll also seine Seele möglichst von Sünden reinigen, dann auch sie ausschmücken durch eifrige Gebetsübung. Die Vorbereitung des Leibes besteht darin, daß man von Mitternacht an nicht das Geringste genossen habe. Nur gefährlich Kranke sind hiervon ausgenommen.

Unter welchen Zeremonien wird dieses Sakrament gefeiert?

Die öffentliche und ordentliche Feier findet unter der heiligen Messe statt; ja, diese selbst ist, nebstdem sie das unblutige Opfer des Neuen Bundes ist, zugleich die ordnungsmäßige Feier des heiligen Abendmahles. Die Zeremonien bei der Ausspendung des Sakramentes sind folgende: 1. Der Ministrant oder Altardiener betet im Namen des Kommunizierenden das "Confiteor" oder die offene Schuld; 2. der Geistliche spricht, während er die heilige Hostie zur Anbetung zeigt, die Worte: "Sehet das Lamm Gottes, das hinwegnimmt die Sünden der Welt,", und hierauf dreimal: "O Herr, ich bin nicht würdig, daß du eingehst unter mein Dach, sondern sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund!" 3. Der Geistliche gibt jedem Kommunikanten die heilige Hostie in den Mund, dabei unter Bildung eines Kreuzzeichens sprechend: "Der Leib unseres Herrn Jesu Christi bewahre deine Seele zum ewigen Leben. Amen." Wenn die Kommunion nicht unter der Messe geschieht, so gibt der Geistliche 4. am Schlusse mit der Hand über alle Anwesenden den Segen.
Das heilige Sakrament des Altars wird aufbewahrt in dem Tabernakel. Darum brennt fortwährend ein Licht, das "Ewige Licht" genannt, vor dem Altare, teils um anzuzeigen, daß hier Christus, das Licht der Welt, zugegen ist, teils um unsere Ehrfurcht gegen das heilige Sakrament auszudrücken, teils uns daran zu erinnern, daß jede christliche Gemeinde ein geistiges Licht sein soll, indem aus deren Herzen die Flamme reiner, heiliger Liebe zum Himmel lodert. Das heilige Altarsakrament wird ferner öfters sowohl in dem Ziborium oder Speisekelche, als in der Monstranz zur Anbetung ausgesetzt und in Prozessionen umhergetragen. Solchen Gottesdiensten wohne mit der größten Ehrfurcht und Andacht bei, und erinnere dich dabei allezeit, daß in dem heiligen Altarsakramente Jesus Christus zugegen ist. Wenn es in Prozessionen zu den Kranken getragen wird, so unterlaß ja nicht, sooft es dir möglich ist, es dahin zu begleiten; denn wenn sich der Sohn Gottes herabläßt, in die Hütten armer Menschen und Sünder zu kommen, warum solltest du dich weigern, ihn dahin zu begleiten? Durch diese Begleitung erweisest du deinem Gott die gebührende Ehre, dir selbst aber sammelst du große Verdienste, und hast überdies zu hoffen, daß der Kranke, den du besuchst und für den du gebetet hast, wenn er vor Gottes Angesicht kommen wird, auch für dich bei Gott für ein glückseliges Ende beten werde; zugleich kann jedesmal ein Ablaß gewonnen werden. Endlich sollen wir das heiligste Sakrament in der Kirche besuchen und dabei die geistliche Kommunion machen. Laß deinen Herrn nicht allein und verlassen, gehe zu ihm wie zu einem Freunde, Vater, Ratgeber, Tröster, Arzt und Helfer. Wieviel Gnade ist im stillen Gebet vor dem Tabernakel zu holen.


Betrachtung über die Verehrung des heiligen Fronleichnams

1. Warum ist der Leib des Herrn im heiligen Sakramente zu ehren? Was enthält das Sakrament des Leibes Christi? Es enthält
den Leib Christi als Wohnung der Gottheit. Mit der Menschheit Christi, also seinem Leibe und seiner Seele, ist die Gottheit unzertrennlich verbunden zu einer einzigen Person. Wegen dieser unzertrennlichen Verbindung gebührt jedem Teile Anbetung, also auch dem heiligen Leibe. Als Wohnung und Gefäß der Gottheit erkannten die Hirten und Weisen den kindlichen Leib und beteten das Kind an. Göttliche Kraft strömte von seinem Leibe aus, als er durch das Judenland wanderte und Gutes tat; die Berührung seines Gewandes schon machte gesund. Und als er mit glorreichem Leibe aus dem Grabe gestiegen war, da warf Magdalena und Thomas ich anbetend nieder zu seinen Füßen. - Wie heilig, ehrwürdig ist dieser Leib: er fasset in sich die Fülle der Gottheit, die sonst Himmel und Erde nicht fassen!
Dieses Sakrament enthält den Leib Christi als Werkzeug unserer Erlösung. Wenn Gott uns erlösen wollte, mußte er einen menschlichen Leib annehmen; ein Geist kann ja nicht büßen, leiden, sterben. Der Leib war das Werkzeug der Sünde gewesen, ein Leib sollte das Werkzeug der Sühne werden. Wie heilig, ehrwürdig ist dieser Leib! Nicht auf gewöhnlichem Wege der Natur gebildet, sondern durch ein neues Schöpfungswort des göttlichen Geistes, war er von Anfang an das Opfer für das Heil der Welt. Sein kostbares Blut war der Lösepreis, die Schuld des menschlichen Geschlechtes abzutragen und uns den Himmel wieder zu erkaufen. Es war ein Wahnglaube des Altertums, für jeden Aussatz gebe es nur ein Heilmittel, nämlich ein Bad von Menschenblut. Das ist ganz wahr, auf den Sündenaussatz angewendet. Diesen heilt nur ein Bad im Blute Christi. Wenn wir gewaschen werden im Bade der Wiedergeburt, gereinigt im Bußsakramente, so geschieht es durch das Blut Christi. Der Leib des Herrn hat die Kosten unserer Erlösung zahlen müssen. Darum wurde gerade dem Leib so große Herrlichkeit zuteil in der Auferstehung, Himmelfahrt, und gewissermaßen noch mehr im heiligen Sakramente.
Dieses enthält den Leib Christi, die Wonne des Himmels. Daß die Seligen den hochheiligen, verklärten Leib sehen dürfen, bildet eine eigene Art der Seligkeit für sie. Wie groß muß ihr Glück sein, wenn sie seine Herrlichkeit sehen und sich sagen dürfen: wir werden ihm gleich sein. Der Leib unserer Niedrigkeit, der jetzt im Staube der Erde modert, er wird gleichgestaltet werden dem Leibe seiner Herrlichkeit, und in unserm verklärten Fleische werden wir ihn schauen und mit ihm glückselig ewig leben. Wie müssen die überströmen von Dank und Pries, sooft sie seine heiligen Wunden schauen, die Male seiner Liebe und seines Triumphes. In den Räumen des Himmels ist eine beständige Fronleichnamsfeier. "Ich sah unzählige Scharen von Menschen aus allen Nationen, Stämmen, Völkern und Sprachen, die standen vor dem Throne und vor dem Lamm, angetan mit weißen Kleidern und Palmen in ihren Händen; und sie riefen mit starker Stimme und sprachen: Heil unserm Gotte, der sitzet auf dem Throne, und dem Lamme"... Dem Lamme aber folgen nur jene, die Jungfrauen waren, und sie sangen ein Lied, das die andern nicht singen können (Offenb. 7,14). - Diesen hochheiligen Leib haben auch wir in unserer Mitte, das Gefäß der Gottheit, das Werkzeug unserer Erlösung, die Wonne des Himmels.

2. Wie ist er bei uns? Vorerst ganz und vollständig, wie er vordem auf Erden wandelte und jetzt im Himmel thront. Wenn die Rede ist von seinem Fleisch und Blut, so wissen wir, wie das zu verstehen ist. Unter der Gestalt der konsekrierten Hostie ist Christus ganz, mit Fleisch und Blut, mit Leib und Seele, mit Gottheit und Menschheit. Auch unter der Gestalt des konsekrierten Weines ist er nach der Wandlung ganz und ungeteilt. Ebenso ganz und ungeteilt ist er unter jedem Teile der Gestalt; wenn die Gestalten getrennt werden, wird Christus nicht geteilt, das ist nunmehr unmöglich, da er nicht mehr leiden und sterben kann. Warum wird denn von seinem Fleisch und Blut gesprochen? Weil er seine Leiden hier vergegenwärtigt; und damit recht klar hervortrete, daß er in diesem Sakramente nicht bloß geistig gegenwärtig ist, sondern da Fleisch und Blut gleich uns hat. So sagt ja Johannes auch im Anfang seines Evangeliums: Das Wort ist Fleisch geworden.
Wenn er aber hier auch wirklich menschliches Fleisch und Blut hat gleich uns, so ist sein Leib doch nicht mehr ein grober, irdischer Leib, sondern ein verklärter, himmlischer Leib, alles Grobe, Irdische, Schwerfällige, Verwesliche und Niedrige hat er abgestreift; es ist jener Leib, der trotz Stein und Siegel aus dem verschlossenen Grabe stieg, dessen Glanz die Wächter blendete, der durch verschlossene Türen kam, der keiner Speise und keines Trankes bedurfte, keines Leidens mehr fähig war.
Er ist da unter dem Schleier der Gestalten. Wir können ihn schauen mit Leibesaugen und müssen ihn doch suchen mit den Augen des Glaubens, der die Hülle der Hostie durchschaut und unter ihr den Gottmenschen erkennt. Er verbirgt sich jetzt noch tiefer als vordem. In der Krippe sah er aus wie ein gewöhnliches Menschenkind und war doch Gott; da er auf Erden wandelte und am Kreuze starb, sah er aus wie ein gewöhnlicher Mensch, seine Gottheit war verborgen. Jetzt verbirgt er nicht nur seine Gottheit, sondern auch seine Menschheit. Wir sehen Zeichen seiner Gegenwart, aber er entzieht sich unsern Augen. Denn, sagt er, selig, die nicht sehen und doch glauben!
Welch eine erstaunliche Fülle von Wundern umgibt also den Leib des Herrn im heiligen, anbetungswürdigen Sakramente! Mehr als Bethlehem sind unsere Kirchen, mehr als die Krippe unsere Altäre. In jeder Messe steigt der Gottmensch vom Himmel herab, Brot und Wein verschwinden auf das Wort seines Dieners, er macht sich klein, verbirgt sich unter fremder Hülle und verbleibt da so lange, als die Gestalten unverändert vorhanden sind. Er macht sich zum Gefangenen durch ein Wunder seiner Allmacht und Liebe. Große Wunder gehen in der Messe vor, die Engel staunen und beten an. Warum bleiben wir so gleichgültig, so kalt? Weil unser Glaube so elend ist. Als der Herr in seinem irdischen Wandel Wunder tat, umgab ihn das Volk mit ehrfurchtsvoller Scheu und oft mit Schrecken. Der Evangelist schließt den Bericht über die Heilung des Gichtbrüchigen mit den Worten: Schrecken ergriff alle, und sie wurden voll Furcht, sprechend: Wir haben heute Wunder gesehen! - Wir haben mehr gesehen wie sie, sehen mehr, sooft wir in die Kirche treten. Herr, wir glauben, aber hilf unserm Unglauben, damit wir sagen mit Mund und Herz und durch unser ganzes Benehmen: O wie heilig ist dieser Ort, hier ist wahrhaft Gottes Haus und die Pforten des Himmels! (1 Mos. 28)

3. Warum ist der Leib Christi gegenwärtig? Weil wir der Gottesnähe bedürfen. Es liegt tief in unserer Natur das Verlangen nach der Nähe Gottes. Gott ist uns nahe vermöge seiner Allgegenwart, dieses wissen wir. Aber es genügt uns nicht; es fesselt uns nicht fest genug an ihn; wir möchten auch mit leiblichen Augen seine Nähe erkennen können. In allen Zeiten hat sich daher Gott den Menschen auch sichtbar genahet. Im Paradiese ist er den ersten Menschen erschienen, hat mit ihnen geredet von Mund zu Mund, ist mit ihnen umgegangen gleich einem Vater mit seinen Kindern. Mit den Patriarchen (den Stammvätern des auserwählten Volkes) tat er desgleiche. Und als er zur Aufrechterhaltung der wahren Gottesverehrung sich sich ein eigens Volk erwählte, da hat er diesem Volke sich oftmals gezeigt und hat auf eigene Art unter ihnen gewohnt. Die Wolken- und Feuersäule war das sichtbare Zeichen seiner Gegenwart. Später die Bundeslade. Sie stand im Allerheiligsten, und oftmals ließ sich eine Wolke auf sie herab, aus der Gott mit dem Hohenpriester redete. Gerade dieses, die besondere Nähe und Gegenwart Jehovas, machte dem Israeliten seinen Tempel so unvergleichlich ehrwürdig. Wenn er aus fernen Landen nach Jerusalem pilgerte an den großen Festen und die vergoldeten Zinnen des Tempels erblickte, dann jubelte er mit dem königlichen Sänger: Wie teuer sind mir deine Gezelte, o Herr! Kein anderes Volk hat seine Götter so nahe, wie du nahe bist deinem Volke. - Sollte das Judenvolk mehr haben als das Christenvolk? Nein, auch uns wollte Gott auf eigene Weise nahe sein, auch wir sollten unser Allerheiligste haben, auch unsere Tempel sollten Wohnungen des Allerheiligsten sein, wo wir ihn finden und in seiner Nähe weilen könnten.
Ein anderer Grund seiner leibhaftigen Gegenwart ist, daß seine Liebe sich von uns nicht trennen kann. "Meine Freude ist es, unter den Menschenkindern zu sein." Auch unsere Liebe bedarf seiner Gegenwart. Welch ein Trost für die Mutter, die ihr Kind durch den Tod verlor, wenn sie seine teure Leiche in der Nähe hat, wenn sie das Grab besuche, auf dem Grabe weinen kann! Christus hat diese Welt verlassen, aber seinen Leib haben wir noch. Gefesselt von dem geheimnisvollen Tode der Sakramentsgestalten, tröstet er unsere Liebe bis zu dem glücklichen Augenblicke, wo wir ihn sehen werden nicht unter der Form einer regungslosen Hostie, sondern von Angesicht zu Angesicht. Tuet dieses zu meinem Andenken, sprach er; vergesset mich nicht.
Endlich muß sein heiliger Leib das Mitte sein, uns beständig mit dem Vater zu versöhnen und uns zu heiligen. "Nehmet hin und esset, denn dies ist mein Leib, der für euch hingegeben wir; trinket alle daraus, denn dies ist mein Blut, das für euch vergossen wird zur Vergebung der Sünden." - Wie kommt es, daß die Bosheit und die Undankbarkeit der Menschen, die Flut von Sünden, die zum Himmel schreien, die Langmut Gottes nicht erschöpft? Den Grund sehen wir auf dem Altare. Inmitten der verderbten Welt sieht der Vater seinen Eingeborenen noch beständig sich verdemütigen, vernichten, um den Frevel seiner Brüder zu sühnen. Dort ist der Baum des Lebens für die Welt sowie für jede Christenseele. "Wer mein Fleisch isset und mein Blut trinket, der hat das ewige Leben, und ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tage." Sein Fleisch ist wahrhaft eine Speise, die Nahrung der Liebe und Gnade, alles Guten und Göttlichen in uns, Stärke im Kampf, Bewahrung vor dem Falle und Verderben. "Der Leib unseres Herrn Jesu Christi bewahre deine Seele zum ewigen Leben", heißt es bei der Ausspendung der heiligen Kommunion.
Sieh, wie vielfachen Grund wir haben, den heiligen Fronleichnam zu ehren. Insbesondere fordert das Fest deselben auf, wieder gut zu machen, was im Laufe des Jahres gesündigt wurde gegen die schuldige Liebe, Ehrfurcht und Dankbarkeit. Die gläubige Christenheit entfaltet darum die möglichste Pracht und in feierlichem Zuge, unter Jubelklängen, zieht der Herr hinaus inmitten seiner Gläubigen, die vor aller Welt das Bekenntnis ihres Glaubens, ihrer Liebe und Dankbarkeit ablegen. Die Welt verwandelt sich in ein Jerusalem, alles jubelt dem Messias in Brotsgestalt Hosanna zu, bestreut seinen Weg mit Blumen. Erneuere dabei von Herzen den Vorsatz: Ich will, Herr, deinen Fronleichnam in Ehren halten allezeit; will auch nicht vergessen, daß ich deinen Leib heilig halten muß in meinem Leibe, den du so hoch ehrst durch dieses Sakrament, damit ich würdig werde, einmal dich zu schauen ohne Schleier in deiner Herrlichkeit, wo das Hosanna tönet ohne Ende!


Unterricht für den 2. Sonntag nach Pfingsten

Weil die Liebe, die der Heilige Geist in die Herzen der Menschen ausgießt, die Wurzel und die Seele aller Tugenden ist, so fordert die Kirche auch an diesem Sonntage uns auf, in Betracht der Liebe Gottes gegen uns ihn wiederzulieben, und singt deswegen zum Eingange der Messe:
Der Herr ward mein Beschützer: Er führte mich ins Weite und rettete mich, weil er mich liebte. Ich will dich lieben, Herr, meine Stärke, meine Feste und meine Zuflucht und mein Erretter (Ps 17). Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. Verleihe uns, o Herr! daß die Furcht und die Liebe deines heiligen Namens immerdar in uns leben, weil du diejenigen niemals verlässest, die du in deiner Liebe befestigt hälst. Durch Jesum Christum, deinen Sohn, unsern Herrn. Amen.

Lektion aus dem ersten Briefe des hl. Johannes III,13-18

Geliebteste! verwundert euch nicht, wenn euch die Welt hasset. Wir wissen, daß wir vom Tode ins Leben versetzt worden sind, weil wir die Brüder lieben. Wer nicht liebt, der bleibt im Tode. Jeder, der seinen Bruder hasset, ist ein Menschenmörder; und ihr wisset, daß kein Menschenmörder das ewige Leben in sich hat. Daran haben wir die Liebe Gottes erkannt, daß er sein Leben für uns dahingab; und auch wir sollen für die Brüder das Leben lassen. Wer die Güter dieser Welt hat und doch, wenn er seinen Bruder Not leiden sieht, sein Herz vor ihm verschließt, wie bleibet die Liebe Gottes in ihm? Meine Kindlein, lasset uns nicht mit Worten und mit der Zunge lieben, sondern in der Tat und Wahrheit.

Erklärung

Nach den Worten der Schrift sagen die Gottlosen gegen den Gerechten: Schon sein Anblick fällt uns schwer; denn sein Leben ist ganz verschieden von den anderen, und seine Wege sind anders. Er hält uns für Leichtfertige und entfernt sich von unsern Wegen als von unreinen Dingen (Weish. 2.15). Weil ich euch auserwählt habe von der Welt, darum hasset euch die Welt, sagt der Heiland (Joh. 15). Wenn wir also von Weltgesinnten angefeindet werden, d.h. von solchen, die der dreifachen bösen Lust dienen, so darf uns das nicht wundern. Es liegt etwas Tröstliches darin, es ist ein Zeichen der Auserwählung; wofern wir nur uns von der Gehässigkeit nicht anstecken lassen, die Liebe und Geduld bewahren.
Wohl uns, wenn auch von uns gilt: Wir wissen, daß wir vom Tode ins Leben übersetzt worden sind, weil wir die Brüder lieben.
Mit unfehlbarer Sicherheit kann hier niemand wissen, ob er das Leben der Gnade besitzt; wir sollen immerfort in heilsamer Furcht unser Heil wirken. Aber zu einer beruhigen Sicherheit hierüber können wir gelangen durch verschiedene Zeichen der Auserwählung. Das Hauptzeichen ist die Liebe Gottes, die sich vor allem zeigen soll in wahrer Nächstenliebe.
Wer nicht liebt, ist geistig tot und des ewigen Todes schuldig. Er ist auch ein Mörder in der Gesinnung. Mag er wirkliche Mordgedanken nicht hegen, wie oft könnte er bei einiger Aufmerksamkeit auf sich selbst sich auf dem bösen Wunsche ertappen, daß dieser oder jener, der ihm im Wege steht, sterben möchte.
Der Haß schreckt unter Umständen vor dem Äußersten nicht zurück. Dahingegen wird auch die wahre Liebe zum Äußersten bereit sein. Wie Gott für uns gestorben ist, so sollen wir bereit sein, selbst das Leben für die Kinder Gottes zu opfern.
Das ist eine hohe Forderung. Wann tritt sie in Kraft? Wenn die Hirtenliebe es verlangt, oder der Beruf, oder wenn die äußerste Not anderer es erfordert, daß wir unser Leben für ihn aufs Spiel setzen.
Für gewöhnlich fordert die Liebe so Schweres nicht. Wohl aber legt sie die Pflicht des Almosens auf. - Als teilnehmend, menschenfreundlich möchte jeder gelten, bei vielen ist das nur Zungenwerk, wenn sie helfen sollen, ziehen sie sich zurück. Oder wenn sie wirklich etwas tun, haben sie dabei andere Rücksichten. Möge unsere Liebe sich nicht nur in Worten zeigen, sondern in der Tat und Wahrheit.

Gebet. O Gott, der du die Liebe bist, gib mir ein Herz voll tätiger Liebe, damit ich nicht bloß mit der Zunge, sondern durch Barmherzigkeit meinen Nächsten liebe, und dadurch beweisen möge, wie sehr ich dich liebe. Amen.

Evangelium Lukas XIV,16-24

In jener Zeit trug Jesus den Pharisäern folgendes Gleichnis vor: Ein Mensch bereitete ein großes Mahl und lud viele dazu ein. Und er sandte seinen Knecht zur Zeit des Mahles, um den Geladenen zu sagen: Kommt! Es steht schon alles bereit! Doch sie fingen alle einstimmig an, sich zu entschuldigen. Der erste sprach zu ihm: Ich habe ein Landgut gekauft und muß hingehen, es zu sehen, ich bitte dich, halte mich für entschuldigt. Und ein anderer sprach: Ich habe fünf Joch Ochsen gekauft und gehe nun hin, sie zu versuchen; ich bitte dich, halte mich für entschuldigt. Und ein anderer sprach: Ich habe ein Weib genommen, und darum kann ich nicht kommen. Und der Knecht kam zurück und berichtete dieses seinem Herrn. Da ward der Hausvater unwillig und sprach zu seinem Knechte: Gehe sogleich hinaus auf die Straßen und Gassen der Stadt, und führe die Armen, Krüppel, Blinden und Lahmen hier herein. Der Knecht sprach: Herr, es ist geschehen, wie du befohlen hast, aber es ist noch Platz da. Und der Herr sprach zu dem Knechte: Gehe hinaus auf die Landstraßen und an die Zäune und nötige sie, hereinzukommen, damit mein Haus voll werde. Ich sage euch aber, daß keiner von den Männern, die geladen waren, mein Abendmahl verkosten soll.

Wie ist das Gleichnis vom großen Mahle zu verstehen?

Bei dem Gastmahle, zu dem Jesus von einem vornehmen Pharisäer eingeladen war, hatte einer der Tischgenossen gesagt: "Selig, der im Reiche Gottes mitspeiset." Von dieser Rede nahm Jesus Anlaß, das Reich Gottes mit einem großen Mahle zu vergleichen.
Das Gastmahl ist die himmlische Seligkeit, und die Vorbereitung dazu die Kirche Jesu, in der er alle Gnadenschätze zur Heilung, Nahrung und Stärkung der Seelen hinterlegt. Es ist ein großes Mahl wegen des Veranstalters und der großen Menge der Geladenen.
Der Mensch, der das Gastmahl bereitet, ist Jesus, der Gottmensch, selbst. - Der Knecht bedeutet die Apostel und ihre Nachfolger, die er in alle Welt gesendet hat, um Juden und Heiden herbeizurufen. - Die zuerst Geladenen sind die Juden, da ihnen die Ankunft des Messias vorausgesetzt war, und sie zuerst zur Kirche berufen wurden.

Was bedeuten die Entschuldigungen, welche die Geladenen vorbrachten?

Die Ursachen, wegen welcher die Juden sich nicht zum Christentum bekehrten, nämlich Stolz, Geiz, fleischlicher Sinn. Derjenige nämlich, der sein neues Landgut besichtigen wollte, bezeichnet die hochmütigen und geizigen Menschen, die nur nach Gütern und Reichtümer trachten und die Sorge für ihr Seelenheil hintansetzen. Derjenige, der seine fünf Joch Ochsen prüfen wollte, zeigt jene allzu Geschäftigen an, die mit tausenderlei zeitlichen Sorgen und Geschäften so überladen sind, daß sie keine Zeit finden, ihre religiösen Pflichten zu erfüllen, am Sonntage die heilige Messe mit Andacht zu hören, die heiligen Sakramente zu empfangen, ihr Gebet regelmäßig zu verrichten, etwas für Gott und den Himmel zu tun. Derjenige endlich, der wegen seines Weibes nicht kommen konnte, stellt die wollüstigen, fleischlichen Menschen dar, die durch fleischlichen Sinn für geistige und himmlische Freuden unempfänglich geworden sind.
Weil nun die Juden durch dergleichen nichtige Entschuldigungen sich der Aufnahme ins Reich Gottes unwürdig gemacht hatten, so schloß Gott sie davon aus und ließ andere berufen.

Was lernen wir daraus, daß die Armen und Schwachen die Stelle der Geladenen einnahmen?

Wir lernen daraus, daß die hoffärtigen, geizigen und allzu weltlich und fleischlich Gesinnten von dem Himmelreiche ausgeschlossen werden, wogegen Gott die armen, elenden, schlichten und demütigen Leute, die bußfertigen Sünder und Sünderinnen durch seine Gnaden und Einsprechungen, durch zugeschickte Widerwärtigkeiten, durch Erkenntnis ihres aus der Sünde entsprungenen Elendes nötigt, hereinzukommen und an den Freuden seines himmlischen Mahles teilzunehmen. Siehe wohl zu, zu welcher von diesen beiden Gattungen du gehörst!

An was erinnert das Gleichnis weiter?

An das heiligste Sakrament des Altars; dieses ist ein großes Mahl, denn alle sind dazu geladen, und es bietet die Fülle der Gnaden und Gaben. Von den sinnlichen, stolzen, irdisch gesinnten Menschen wird es verschmäht; den demütigen, reuigen, liebeglühenden Herzen aber gewährt es unschätzbar Güter, unnennbare Seligkeit.

Was soll uns vor der Fleischeslust bewahren?

Als Mittel, die Keuschheit zu bewahren, führt der fromme Bischof Sailer folgende an:
1. Meidet den Müßiggang. Der Müßiggang brütet arge Gedanken, böse Begierden, wollüstige Einbildungen aus.
2. Meidet das Lesen schlüpfriger und herzverderbender Bücher. Dieses Lesen erhitzt euch Sinn und Blut, macht eure Vorstellungen vom Bösen lebhafter, eure Begierden feuriger, euer Herz weicher, die Lust zum Arbeiten schwächer, das Laster süßer und zuletzt - unentbehrlich.
3. Meidet alle Unmäßigkeit im Essen und Trinken. Denn diese bringt alle Leidenschaften in Gärung, trübt die Vernunft, begräbt alle Achtung des Menschen gegen sich selbst, raubt alle Kraft zur Tugend und macht die größten Ausschweifungen unvermeidlich. Der Unmäßige kann das Gute nicht mehr tun, das er wollte, und tut das Böse, das er nicht wollte.
4. Meidet verdorbene und verderbende Gesellschaft. Wo der Mutwille böser Buben, wo die Frechheit schamloser Dirnen zu Hause ist, da betretet um Gotteswillen die Schwelle nicht: Tod, Sünde, Satan gehen da ein und aus.
5. Bewahret eure Schamhaftigkeit. Was euch die Schamhaftigkeit raubt, raubt euch auch die Keuschheit. Die Schamhaftigkeit ist der Zaun gegen alle Unzucht. Wer den Zaun niederreißt, öffnet der Unzucht Tür und Tor.
6. Bewahret die Ehrfurcht gegen euch selbst. Ihr seid Gottes Tempel; Unzucht zerstört ihn. Ihr seid Gottes Ebenbild; Unzucht bedeckt es mit Wust.
7. Bewahret die Achtung gegen unschuldige, reine Seelen. Gewöhnet euch, in allen Handlungen daran zu denken: Würde ich das tun im Angesichte eines ehrenhaften, frommen, würdigen Mannes, der mich schätzt - eines tugendhaften Freundes, der mich liebt?
8. Bewahret die Ehrfurcht gegen Gott. Wie sollte ich wider Gott sündigen? Das ist der Wahlspruch der Gottesfurcht. Die Gottesfürchtigen können eben darum, weil sie Gott fürchten, im Angesichte Gottes allen Versuchungen zur Unkeuschheit widerstehen. Wer nie vergißt, daß Gottes Auge ihn überall sieht, wird nicht leicht etwas unternehmen, was er in Gegenwart eines frommen, weisen Freundes gewiß unterlassen würde.
9. Bewahret in euch das lebendige Andenken an das Sterben Jesu Christi, der die äußerste Todesschmerzen litt, um die Menschenseelen zu reinigen. - Er trank die Bitterkeit des Todes, um mich selig zu machen; und ich soll das Gift der Wollust trinken, um mich ewig zu verderben?
10. Bewahret in euch den glauben an die Auferstehung des Fleisches und an das Gericht. Was wir säen, das ernten wir, und der allgemeine große Erntetag ist Auferstehung und Gericht. Die Auferstehung des Sünders, der seinen Leib geschändet hat, wie schaudervoll, wie beschämend, wie greuelhaft wird sie sein! Und das Gericht: Gehet hin ihr Unzüchtigen in das ewige Feuer! Wer vermag das auszuhalten? - Wer daran glaubt, kann unmöglich sündigen.
11. Bewahret euer Herz vor der ersten Sünde, vor der ersten Begierde, die euch befleckt. Mit der ersten Sünde ist ein großer Schritt zum Verderben getan.
12. Bewahret in euch die Freude, den Geschmack am Gebet und die Zuversicht im Gebete. Sprechet mit Paulus: Alles, alles, was ich können soll, kann ich nur durch den, der mich stärkt. Wer nicht im Gebet Stärke zum Siege sucht, der wird von der Unzucht gewiß besiegt. - Füge hinzu:
13. die fleißige Verehrung und Anrufung der seligen, allzeit reinen Jungfrau Maria, die eine Liebhaberin und Beschützerin der Unschuld ist, und anderer Heiligen, die sich durch die Tugend der Keuschheit ausgezeichnet haben;
14. die Bezähmung der Augen, durch die gewöhnlich die Versuchungen und der Tod in die Seele eingehen;
15. das schnelle Ausschlagen der unreinen Gedanken; endlich
16. den öfteren Empfang der heiligen Sakramente der Buße und des Altars, um darin durch die Gnade Gottes immer wieder zur Vermeidung der Sünde der Unkeuschheit gestärkt und angefeuert zu werden, und wechsele dabei nicht leicht den Beichtvater!


Betrachtung über die Fleischeslust

1. Zu der Sünde der Fleischeslust rechnen wir vor allem die Unkeuschheit und Unmäßigkeit. Beide gehören zusammen. "Der Wein macht unkeusch und die Trunkenheit aufrührerisch; wer daran Lust hat, wird nicht reich werden" (Spr. 20). Bei der Unmäßigkeit kommt hauptsächlich die Trunksucht in Betracht. Auch Unmäßigkeit im Essen kann schwer sündhaft werden, wenn sie der Gesundheit bedeutend schadet. Die Trunksucht wird zur Todsünde aus verschiedenen Gründen, z.B. wenn sie den Menschen zum vernunftlosen Tiere herabwürdigt, oder wenn sie die Gesundheit allmählich zerstört oder zur Verschwendung, zu schwerer Vernachlässigung der Standespflichten führt und großes Ärgernis gibt. - Die Unkeuschheit tötet jedesmal das Gnadenleben in der Seele, sobald der Mensch sich der unreinen Lust freiwillig, mit Bewußtsein hingibt, sei es in Vorstellungen, Begierden, Reden oder Werken irgendwelcher Art. Solange die innere Einwilligung nicht vollständig vorhanden ist, ist die Sünde noch nicht vollendet.
Die Unkeuschheit frevelt nicht nur gegen das Glück und die Wohlfahrt des einzelnen, sondern gegen den Bestand des ganzen menschlichen Geschlechtes. Nicht umsonst bedroht Gott selbst jede freiwillige innere unreine Belustigung mit dem Feuer der Hölle. Möge die leichtfertige Welt sagen, was sie will; möge sie schelten oder spotten über die strengen Grundsätze der Religion; möge sie die schändlichsten Lüste entschuldigen als Schwachheitssünden oder natürliche Dinge: das Evangelium wird doch recht behalten, wenn es sagt: "Das sollt ihr wissen und zu Herzen nehmen, kein Unkeuscher, noch Lüstling, noch Geiziger ... hat Erbteil am Reiche Gottes" (Ephes. 5). "Täuschet euch nicht, Gott läßt seiner nicht spotten; denn was der Mensch säet, das wird er ernten; wer säet im Fleische, der wird vom Fleische Verderben ernten" (Gal. 6). Die Schrift erzählt von schrecklichen Strafgerichten über dieses Laster. Durch die Sündflut wurde das ganze Geschlecht ertränkt und die Erde rein gewaschen, warum? Weil "alles Fleisch seinen Weg verderbt hatte". Die Sünde hatte so unheilbar das ganze Menschengeschlecht, mit Ausnahme einer Familie, angefressen, daß Gott den schrecklichen Ausspruch tat: Es reuet mich, den Menschen geschaffen zu haben! Fünf blühende Städte wurden später vom Feuer zerstört und vom Erdboden verschlungen, samt einer zahlreichen Bevölkerung, und an ihrer Stelle liegt ein Pestsee zum ewigen Gedächtnis, daß nicht einmal mehr zehn Menschen sich dort rein bewahrt hatten von diesem menschenfeindlichen Laster. Unwillkürlich muß die leichtfertige Welt diese göttlichen Urteile bestätigen. Der Sprachgebrach nennt dieses Laster einfach Unsittlichkeit, Sittenlosigkeit. Wer gestohlen hat, von dem sagt man nicht, er ist sittenlos. Wenn man sagt, das ist ein sittenloser, verdorbener Mensch, eine unsittliche, verkommene Person, so weiß jeder, was das heißt.
Der Abscheu gegen dieses Laster kann nicht stark genug sein. Kein anderes macht den Menschen mehr zum Abscheu vor Gott und der Welt zugleich, kein anderes stürzt in solches Elend. Ein verdorbenes Herz, das unreinen Tieren gleich im Unrate seine Lust sucht, kennt den Frieden nicht mehr und die Freude an Gott, an der Religion, am Höheren und Edlen überhaupt. Der Mensch wird Fleisch und begreift nicht mehr, was des Geistes ist. Stumpfsinnig vernimmt er die Mahnungen der Religion und die Warnungen des Allerhöchsten. Wenn man einem Menschen begegnet, der wie das Vieh dahinlebt, dessen schmutziger Mund das Heiligste lästert, so ist er sicher ein Sklave dieses Lasters. Ein Sohn, eine Tochter, vordem der Trost und die Freude ihrer Eltern, verkehren sich gründlich ins Gegenteil, wenn der unreine Geist bei ihnen einkehrt. Dieser stört den Frieden der Familie und zerreißt selbst das unauflösliche Band der der Ehe. Die öfter wiederkehrende Aufregung der unreinen Lust ruiniert langsam aber gründlich die Gesundheit des Leibes; die schmählichsten un jammervollsten Krankheiten sind Folgen dieses Lasters, das jährlich mehr Menschen wegrafft, als der blutigste Krieg. Es liefert beständig seine Opfer auf die Schlachtbank vorzeitigen Todes. O könnten die Gräber reden! Welch schreckliche Sprache würden sie führen gegen die Verächter der Ordnung Gottes.

2. Was soll die Menschen zurückhalten, daß sie nicht von den Lüsten des Fleisches sich fortreißen lassen? Was kann die Welt retten vor diesem Verderben und dem göttlichen Zorne? Die vernünftige Überlegung der Schändlichkeit und schlimmen Folgen ist allein dazu nicht imstande. Die tägliche Erfahrung beweist das. Da kann Christus allein retten mit seiner Religion, mit seinen Gnadenmitteln. Und wie ehedem für Noe, so erscheint auch jetzt wieder das Zeichen der Versöhnung und de Friedens über einen Opferaltar. Nein, spricht der Herr, hinfort soll die Menschheit nie mehr ganz untergehen in den schmutzigen Wassern der Fleischeslüste. Das Fleisch und Blut des Erlösers soll sie bewahren. Und wie heilt insbesondere das Altarsakrament die Krankheit der Fleischeslust? Es hält dem Menschen immerfort seine hohe Würde vor Augen und die Schmach der unreinen Lüste, und gibt ihm ferner die Waffen zum siegreichen Kampfe.
Worin besteht denn unsere Menschen- und Christenwürde? Wir sind von Gott erhoben zu seinen Ebenbildern, zu Gliedern Jesu Christi und Tempeln des Heiligen Geistes. Das Altarsakrament zeigt uns die Würde und Auszeichnung in ihrer ganzen Herrlichkeit. Siehe, spricht hier Christus zu uns, ich bin geworden wie einer von euch, um in euch das göttliche Ebenbild wiederherzustellen, habe euer Fleisch angenommen, um euch zu erfüllen mit meinem Geiste. - Was tut nun aber ein Christ, der sich den Lüsten des Fleisches hingibt? Er reißt die von Gott verliehene Krone vom Haupte und wirft sie in den Kot. Er entsagt der Vernunft, die ihn über das Tier erheben sollte. Wie wenn ein Tier einen Menschen am Seile führen und schleppen würde nach Belieben, so reißen die Lüste ihre Sklaven fort, und die Vernunft schweigt. Alle Gnadengaben des Schöpfers müssen dienen, seine Ordnung umzukehren und mit Füßen zu treten. Das Gewand der heiligmachenden Gnade zerreißt der Sünder und beschmutzt es. Die Engel verhüllen trauernd ihr Antlitz; denn "der Mensch, da er in Ehren war, hat es nicht erkannt, sondern ist dem Tiere gleich geworden" (Ps. 48) - "wie ein Roß und Maultier, die keinen Verstand haben", sagt der Herr (Ps. 31), wenn er von der Schmach dieses Lasters spricht.
Nicht nur zur Ähnlichkeit mit Gott sind wir erhoben, sondern auch zu Gliedern Jesu Christi. Der Apostel nennt die gesamte Menge der Gläubigen den großen Leib Christi, der beseelt ist von seinem Geiste und lebt durch ihn. Christi Fleisch und Blut ist es ja, das die Glieder dieses Leibes nährt zum ewigen Leben. Durch die heilige Kommunion sollen wir ein Leib mit ihm werden und eine Seele. - Welche Schmach tut demnach der Sklave der Fleischeslust seinem Heiland an! Er macht aus einem Gliede Christi ein unvernünftiges Tier. Seinen Körper und dessen Glieder, die durch die Kommunion in die innigste Verbindung mit dem reinsten Gotteslamme gekommen sind, so daß Christi Leben und Blut in seinen Adern strömt, nimmt er und dient damit dem Laster, das ein Greuel ist nicht nur vor den Augen Gottes, sondern sogar vor der Welt. "Wisset ihr nicht, daß eure Leiber Glieder Christi sind? Darf ich nun die Glieder Christi nehmen und daraus Glieder einer Buhlerin machen? Ferne sei es! Oder wisset ihr nicht, daß, wer der Buhlerin anhängt, ein Leib mit ihr wird? Wer aber anhängt dem Herrn, ist mit ihm ein Geist. Fliehet die Unzucht!" (1 Kor. 6). Ja, wir würden freveln gegen Christi Fleisch und Blut durch die Sünden der Fleischeslust. Unsere Augen haben den Heiland gesehen, sie sollen nicht der Lüsternheit dienen. Unsere Zunge hat den Heiland empfangen, sie soll sich nie mit schmutzigen Reden beflecken. Unser Leib ist ganz geheiligt und hochgeweiht durch die Vereinigung mit dem glorreichen Leibe des göttlichen Lammes. Das Ziborium, in dem die heiligen Hostien ruhen, den Meßkelch, in dem das heilige Blut fließt, betrachtet und behandelt jeder Christ mit ehrfurchtsvoller Scheu. Mit großer Ehrfurcht auch müssen wir unsern Leib betrachten und behandeln; er wird das lebendige Ziborium, der lebendige Kelch des Fronleichnams. "Wisset ihr nicht, daß ihr Tempel Gottes seid und der Heilige Geist in euch wohnt?" (1 Kor. 3). Wie schändlich ist das Laster, das diesen lebendigen Tempel des Allerhöchsten schändet! Ein Frevel, schlimmer, als wenn er die heiligen Gefäße des Altares schänden und mißbrauchen würde. "Wenn jemand den Tempel Gottes verdirbt, den wird Gott verderben; denn der Tempel Gottes ist heilig, und der seid ihr!" (1 Kor. 3). Gott bewahre uns vor solchem Frevel. Und wenn die Versuchungen anstürmen, dann wollen wir an Jesus denken in der makellosen Hostie. Wie könnte ich mich vergessen, wenn ich seiner gedenke, der mich so hoch erhoben hat zum Gotteskinde, zum Gliede seines Leibes, zum Tempel seines Geistes; wie könnte ich dieses Böse tun und wider meinen Heiland sündigen?

3. Das Altarsakrament gibt uns starke Waffen zum Kampfe wider dieses Laster. Unterdrückung des Fleisches und seiner Begierden verlangen alle Gebote, die der Herr uns gegeben hat. Das Christentum soll den Geist frei machen von der Sklaverei des Fleisches. Dessen Überwindung ist daher sein Hauptgesetz. Wie mächtig hilft uns dazu dieses heilige Sakrament!
Die Gestalten, unter denen der Erlöser hier erscheint, sind die feinsten Erzeugnisse der Erde, Weizenbrot und Wein. So edel und rein wie diese Gestalten sollte auch das Herz werden, um seiner würdig zu sein. - Das Weizenkorn wird gereift in Sonnenglut, zermalmt zwischen harten Steinen, gebacken in Feuersglut. Die Weintraube kommt in die Kelter, wird gepreßt und zerstoßen und ganz zerstört, damit sie Wein gebe. Auch die Menschennatur Christi war ein, die edelste Schöpfung des Heiligen Geistes. Sein jungfräuliches Fleisch ward zerrissen und zermalmt in den Mühen des Lebens, in bitteren Leiden. Die Feuersglut schrecklicher Schmerzen durchtobte sein Gebein, seine Adern wurden gewaltsam zerrissen, sein Blut verspritzt. So war sein Leib zubereitet, damit er eine Speise werde, das Brot, das unsere Seele nährt und uns stark macht zum Kampfe wider die Gelüste des Fleisches.
Das Sakrament des Altares stellt uns immer das Leiden und den Tod des Heilandes vor Augen, jenes Leiden, in dem er auch die Sünden der Fleischeslust so furchtbar schwer gebüßt hat an seinem Leibe. Wie kannst du Glauben haben, der Messe beiwohnen, die Kommunion empfangen, ohne mit Abscheu erfüllt zu werden gegen dieses Laster! Christus im Tabernakel, gebunden durch die regungslosen Gestalten, so oft verachtet, ja, mit Füßen getreten, stellt er uns nicht Christum an der Geißelsäule vor, wie er leidet für dieses Laster? - In der Messe wird der Heiland unter zwei getrennten Gestalten gegenwärtig, zur lebendigen Erinnerung an seinen Tod. Dasselbe Fleisch und Blut, das am Kreuzaltar das Werkzeug unserer Erlösung ward, wird wieder dargestellt Gott und der Welt. Am Kreuze hing er seiner Kleider beraubt zur Sühne für die Sünden der Schamlosigkeit. Wer kann gläubig und andächtig diesem Schauspiel wieder beiwohnen in der heiligen Messe, ohne von Schmerz und Abscheu ergriffen zu werden gegen die Sünden des Fleisches?
Die Kommunion verlangt nach dem Kirchengebote eine leibliche Vorbereitung durch strenges Fasten; man darf von Mitternacht an nichts essen und trinken. An diese Engelbrote hat niemand teil, der nicht die Begierden des Fleisches überwinden kann. Das predigt auch beständig das katholische Priestertum durch das Gesetz der Jungfräulichkeit. Was der Unglaube nicht begreifen kann, das wird hier geübt, lebenslängliche ehelose Keuschheit, weil der Priester täglich das unbefleckte Lamm Gottes zu opfern hat; und er kann dieses Gesetz halten mit Hilfe der täglichen Kommunion.
Wenn ich euch nicht wasche, so könnt ihr keinen Teil an mir haben, sprach der Herr beim letzten Abendmahle. Bevor wir teilnehmen am Altarsakramente, waschen wir die Seele durch die Beichte. Am großen Gerichtstage werden wir es erfahren, wie Tausende und Tausende schwacher Menschen ihre Herzensreinheit gerettet haben durch die öftere Beichte und Kommunion; wie Tausende, die angesteckt waren von jenem Laster, gerettet worden sind von zeitlichem und ewigem Unglück durch die öftere Beichte und Kommunion. Die heilige Menschheit Christi ist die tiefste Quelle der Herzensreinheit. In der Kommunion kommt der Herr selbst in uns und dämpft das verderbliche Feuer der bösen Begierlichkeit. Dann stehen wir dem Andrang der Versuchungen nicht mehr mit unserer natürlichen Schwachheit gegenüber, Christus selbst hilft uns kämpfen den guten Kampf, und wenn er für uns ist, wer wird dann wider uns sein? "Ich vermag alles in dem, er mich stärkt." "Der Herr der Heerscharen beschirmt sie, und der Herr ihr Gott wird sie retten an jenem Tage. Und wodurch zeigt er seine Güte und Herrlichkeit? Dadurch, daß er wird zum Weizen der Auserwählten und zum Wein, aus dem Jungfrauen sprossen" (Zach. 9). [N. Ehrler.]

Kirchengebet um Enthaltsamkeit. Herr! durchglühe uns mit dem Feuer des Heiligen Geistes, Herz und Nieren, damit wir in keuschem Leibe dir dienen und in reinem Gemüte dir gefallen mögen. Durch Jesum Christum, deinen Sohn, unsern Herrn. Amen.


Unterricht für das Herz-Jesu-Fest

Ursprung des Herz-Jesu-Festes

Das heiligste Herz Jesu ist, wie sich von selbst versteht, in allen Zeiten andächtig verehrt und als das göttliche Herz angebetet worden. Nun aber hat Christus gewollt, daß die unermeßliche Liebe seines Herzens in den weitesten Kreisen erkannt und dadurch das Feuer der Liebe in den erkalteten Menschenherzen neu und kräftig entflammt werde.
Zu Pary in Burgund lebte eine Klosterfrau aus dem Orden Mariä Heimsuchung, die selige Margareta Maria Alacoque, geboren am 22. Juli 1647, gestorben am 17. Oktober 1690; sie wurde von Christus zur Stiftung des Herz-Jesu-Festes auserwählt. Als sie nämlich einst während der Fronleichnamsoktav vor dem allerheiligsten Sakramente betete, ward sie verzückt; da erschien ihr Christus und zeigte auf sein liebeentflammtes Herz, sprechend: "Siehe an dieses Herz, das die Menschen so sehr geliebt hat, daß es nichts geschont, ja, daß es sich sogar erschöpft und verzehrt hat, ihnen seine Liebe zu bezeugen. Statt der Dankbarkeit empfange ich von den Menschen nur Undank durch ihre Verachtung, ihre Unehrbietigkeit, ihre Sakrilegien und ihre Gleichgültigkeit gegen mich in diesem Sakramente der Liebe. Noch schmerzlicher aber ist es mir, daß sogar jene Herzen, die mir geweiht sind, so gegen mich verfahren. Darum verlange ich von dir, daß der erste Freitag nach der Fronleichnams-Oktav zu einem besonderen Fest bestimmt werde, an dem mein Herz durch deine feierliche Abbitte verehrt werden soll, und daß man an diesem Tage die heilige Kommunion in der Absicht verrichte, die unwürdigen Mißhandlungen zu ersetzen, die, während es im Sakramente auf den Altären ausgesetzt war, ihm angetan wurden. Ich verheiße dir, daß mein Herz sich erweitern wird, den Einfluß seiner göttlichen Liebe in reichlicher Fülle über denjenigen auszugießen, die diese Ehre ihm erzeigen und dahin mitwirken werden, daß sie ihm auch von andern erzeigt werden."
Margareta gehorchte; da aber selbstverständlich der Teufel dem großen heilsamen Werke sich widersetzte, so fand sie die schmerzlichsten Widersprüche, ja, Spott und Verfolgung sogar von seiten ihrer Mitschwestern. Da trat endlich Jesus selbst ins Mittel, wandelte die Herzen der Klosterfrauen um und entflammte alle zu gleicher Liebe seines heiligsten Herzens. Bald verbreitete sich nun die Andacht aus den stillen Klosterräumen über viele Gemeinden in Frankreich; es entstanden Bruderschaften zu Ehren des heiligsten Herzens Jesu, und nachdem Papst Klemens XIII. die genaueste Untersuchung über die ganze Sache hatte anstellen lassen, befahl er, daß das Fest des heiligsten Herzens Jesu jährlich am Freitage nach der Fronleichnams-Oktav feierlich in der ganze Kirche begangen werde.
Einen großen Aufschwung hat die Herz-Jesu-Andacht in unsern Zeiten genommen, und Gott sei Dank, die Herzen werden immer gewaltiger von der heiligen Liebe zum heiligsten Herzen Jesu entzündet.

Zum Eingag der heiligen Messe singt die Kirche:
Der Herr wird sich erbarmen nach der Menge seiner Erbarmungen; denn er hat die Menschen nicht vom Herzen verstoßen und verworfen; der Herr ist gütig gegen die, die auf ihn hoffen, gütig gegen die Seele, die seiner verlangt. Ewig will ich die Güte des Herrn besingen, von Geschlecht zu Geschlecht. Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. Wir bitten dich, allmächtiger Gott, verleihe uns, daß wir, die wir uns in dem heiligsten Herzen deines geliebten Sohnes rühmen und der vorzüglichsten Wohltaten seiner Liebe gegen uns in Andacht gedenken, zugleich durch die Früchte und Wirkungen derselben erquicket werden. Durch denselben Herrn Jesus Christus, deinen Sohn. Amen.

Lektion aus dem Propheten Isaias XII,1-6

Ich danke dir, Herr, daß, nachdem du zornig über mich gewesen, dein Zorn sich gewendet hat, und du mich getröstet hast. Siehe, Gott ist mein Heiland, ich bin getrost und fürchte mich nicht; denn meine Stärke und mein Lob ist der Herr, und er ward mir zum Heile. Ihr werdet Wasser schöpfen mit Freuden aus den Quellen des Heilandes und an jenem Tage sagen: Preiset den Herrn und rufet an seinen Namen: machet kund unter den Völkern seine Ratschlüsse; gedenket, daß erhaben ist sein Name. Singet dem Herrn, denn er hat herrlich getan; verkündigt das auf der ganzen Erde; frohlocket und jauchzet, die ihr auf Sion wohnt; denn groß ist in deiner Mitte der Heilige Israels.

Erklärung

In diesen Worten dankt der Prophet für die Befreiung Israels aus den Händen seiner Feinde und kündigt zugleich die künftige Erlösung der ganzen Menschheit durch Christus an. Mit Freuden, sagt er, werden dann die Menschen aus den Quellen des Heilandes schöpfen. Diese Quellen sind im heiligsten Herzen Jesu eröffnet; daraus strömen die Gnaden, die er uns am Kreuze erworben hat. O, wie sollen wir uns freuen, daß der Gnadenspender, der göttliche Heiland, mit dem Herzen seiner Liebe mitten in Sion, das ist in der Kirche Gottes, im heiligsten Altarsakramente wohnt und dort bleibt immerdar bis ans Ende der Welt. O wie müssen wir uns freuen, der immer überfließenden Quelle aller Gnaden, seinem heiligsten Herzen, nahe zu sein! Gehen wir mit Liebe, mit Verlangen, mit Vertrauen zum Tabernakel: Kraft, Hilfe, Trost werden wir da schöpfen.

Evangelium Johannes XIX,51-55

Die Juden aber, damit die Körper nicht am Sabbate am Kreuze blieben, weil es der Rüsttag war (denn jener Sabbat war ein großes Fest), baten den Pilatus, daß ihre Beine gebrochen und sie abgenommen werden möchten. Da kamen die Soldaten und zerbrachen die Beine des ersten und des andern, der mit ihm gekreuzigt worden war; als sie aber zu Jesus kamen und sahen, daß er schon gestorben sei, zerbrachen sie seine Beine nicht; sondern einer von den Soldaten öffnete seine Seite mit einem Speere, und sogleich kam Blut und Wasser heraus. Und der dies gesehen hat, legt Zeugnis davon ab, und sein Zeugnis ist wahrhaftig.

Erklärung

Bei den Römern war es Gebrauch, die Verurteilten so lange am Kreuze hangen zu lassen, bis die Leiber verweset oder von Raubvögeln verzehrt waren. Gemäß dem Gesetze der Juden aber durfte am Sabbate weder ein Verbrecher hingerichtet werden, noch der Körper eines Hingerichteten auf der Richtstätte bleiben: deshalb baten sie den Landpfleger Pilatus, er möchte die Leichname Jesu und der beiden Schächer abnehmen lassen. Bevor jedoch dies geschah, mußten nach dem Gesetze der Römer die Gebeine der Gekreuzigten, wenn diese noch lebten, mit eisernen Keulen zerbrochen werden. Dies taten denn auch die Soldaten an den beiden Schächern, als sie diese noch am Leben fanden; als sie aber zu Jesus kamen und sahen, daß er tot war, öffnete ein Soldat, die Legende nennt ihn Longinus, mit einem Speere die Seite Jesu, wie dies von den Propheten vorausgesagt war.
Es ließ aber Jesus sein heiligstes Herz öffnen: 1. um dadurch jene Sünden der Menschheit abzubüßen, die dem Herzen entspringen: "aus dem Herzen", sagt er, "kommen die bösen Gedanken, Totschläge, Ehebrüche, Hurereien, Diebstähle, falsche Zeugnisse, Gotteslästerungen"; 2. um uns seine unermeßliche Liebe zu zeigen, mit der er uns zuerst geliebt hat, und auf die uns die Lanze gleichsam hinweisen sollte; 3. um uns sehen zu lassen, wie ihm nichts zu teuer gewesen ist, was er nicht für uns hingegeben hätte, da er selbst seinen letzten Tropfen Herzblut für unser Heil vergoß; 4. um uns in seinem geöffneten Herzen gleichsam eine Zufluchtsstätte zu hinterlassen, gemäß den Worten des hl. Augustinus: "Der Evangelist ist behutsam in seinen Worten, denn er sagt nicht: der Soldat durchbohrt oder verwundet seine Seite, sondern er öffnete sie, damit dort gleichsam die Türe des Lebens geöffnet würde, woraus der Kirche die Sakramente zufließen, ohne die zu jenem Leben, welches das wahre Leben ist, nicht eingegangen werden kann." Sooft daher eine Versuchung sich erhebt oder ein Leiden uns niederdrückt, wollen wir zu jener Stätte fliehen und dort wohnen, bis der Sturm vorüberzieht, gemäß dem Ausspruche des Propheten: "Verkrieche dich in den Felsen und verberge dich in der Erdhöhle!" Welches ist der Felsen, wenn nicht Christus? Und welches die Erdhöhle, wenn nicht seine Herzenswunde?


Betrachtung über die Verehrung des göttlichen Herzens Jesu

1. Was verehren wir in der Andacht zum göttlichen Herzen Jesu? Gegenstand derselben ist das Herz unsers Erlösers. Nicht im figürlichen Sinne als Seele oder Liebe; sondern im eigentlichen Sinne, das leibliche Herz als besonderer Teil seines Leibes; nicht losgelöst vom lebendigen Leibe, sondern verbunden mit dem Leibe, belebt von der Seele, vereinigt auch unzertrennlich mit der Gottheit der zweiten göttlichen Person. Unsere Verehrung geht also hierbei auf die Person Jesu, und als unmittelbarer Gegenstand wird sein Herz nur darum gewählt, weil es ein besonders bedeutungsvoller Teil derselben ist. So küßt z.B. jemand seinem Bischof die Hand zum Zeichen dankbarer Verehrung; dieser Ausdruck der Verehrung geht zunächst auf die Hand, die Segen und Wohltaten spendet, eigentlich aber, wird damit der Bischof selbst verehrt.
Es gebührt dem Herzen Jesu nicht bloß jene Verehrung, die allen heiligen Personen und Gegenständen zukommt, sondern jene, die Gott allein zukommt, die Anbetung. Die einzelnen Teile seines Wesens sind ja beim Heiland unzertrennlich verbunden mit seiner göttlichen Person; darum können und müssen wir ihn anbeten in allen Bestandteilen seiner menschlichen Natur.
Warum aber richtet sich diese Verehrung gerade auf diesen Bestandteil seiner Menschheit? Aus ähnlichem Grunde, weshalb man z.B. der Hand des Bischofs den Kuß der Verehrung aufdrückt. Diese Hand ist das Werkzeug und Sinnbild seiner Wohltaten. So richten wir die anbetende Verehrung gegen den Heiland besonders auf sein Herz, zunächst weil es der Sitz und das Sinnbild der Liebe ist. - Unaussprechlich Großes hat der Sohn Gottes für uns getan; hat so tief sich erniedrigt, so Schweres gelitten, alles uns geopfert und opfert und gibt sich für uns hin noch alle Tage, trotz unsers Stumpfsinnes, unsers Kaltsinnes, unserer beständigen Sünden. Wer könnte je eine solche Liebe begreifen? Als Sitz und Sennbild der Liebe galt von jeher das Herz. Deshalb erehren wir im Herzen Jesu den Brunnquell all seiner Liebesbeweise, seiner unschätzbaren Gnadengeschenke. Wir bewundern, verehren und beten an diese unerschöpfliche Quelle einer göttlichen, unbegreiflichen Liebe. Für alle Liebe, die er uns selbst bewiesen hat, wollen wir uns dankbar zeigen durch die Verehrung.
Das Herz Jesu ist auch ein Sinnbild seiner Leiden, vornehmlich seiner inneren Seelenleiden. Diese peinigten ihn ärger als die körperlichen Leiden. Wie oft erbebte sein zartes Herz und drohte stille zu stehen, wenn ihm während seines leidensfähigen Lebens die Sünde vor die Augen und die Seele trat in ihrer ganzen Bosheit und Verderblichkeit. Wie oft wollte ihm das Herz zerspringen vor innerem Weh, wenn ihm der greuliche Undank der Menschen entgegentrat. oder wenn er an die Zahllosen dachte, an denen alle Liebe und Opfer verschwendet sein würden. Im Garten Gethsemani steigerten sich diese inneren Schmerzen bis zur Todesangst, der den Blutschweiß auspreßte. Voll Liebe, Dankbarkeit, Reue verehren wir das Herz Jesu, das so viel für die Menschheit und uns selbst gelitten hat.
Das Herz Jesu ist auch ein Sinnbild seiner Leiden, vornehmlich seiner inneren Seelenleiden. Diese peinigten ihn ärger als die körperlichen Leiden. Wie oft erbete sein zartes Herz und drohte stille zu stehen, wenn ihm während seines leidensfähigen Lebens die Sünde vor die Augen und die Seele trat in ihrer ganzen Bosheit und Verderblichkeit. Wie oft wollte ihm das Herz zerspringen vor innerem Weh, wenn ihm der greuliche Undank der Menschen entgegentrat, oder wenn er an die Zahllosen dachte, an denen alle Liebe und Opfer verschwendet sein würden. Im Garten Gethsemani steigerten sich diese inneren Schmerzen bis zur Todesangst, der den Blutschweiß auspreßte. Voll Liebe, Dankbarkeit, Reue verehren wir das Herz Jesu, das so viel für die Menschheit und uns selbst gelitten hat.
Das Herz Jesu ist ein Sinnbild seiner Tugenden. Wir sprechen ja von einem reinen, großmütigen, sanftmütigen, edlen Herzen. Der Herr sagt selbst: Lernet von mir, ich bin sanftmütig und demütig von Herzen, und ihr werdet Ruhe finden für eure Seele. Durch die erhabenen Tugenden, die er übte während seines irdischen Wandels, wurde er unser Weg, unser Muster; die Verehrung seines Herzens erinnert uns daran und fordert kräftig dazu auf, ihm nachzuahmen. Die unbegreifliche Reinheit und Heiligkeit seiner Absichten war es ja, die seinem ganzen Wirken den Erlösungswert verlieh; die Gesinnung der Ehrfurcht, Liebe und des Gehorsams gegen den himmlischen Vater, der Eifer für dessen Ehre, die zarte, mitleidige Liebe zu den armen, verlornen Menschenkindern bilden den Kern des inneren Lebens Jesu während seines Erdenwandels und jetzt noch bei seiner Tätigkeit im Himmel und auf den Altären im heiligen Sakramente. Dieses innere Leben Jesu sollten wir besonders beherzigen, verehren und nachahmen; und dazu leitet die Herz-Jesu-Andacht an.

2. Zweck dieser Andacht ist, dem göttlichen Herzen die ihm gebührende Verehrung zu erweisen, in uns seine Liebe zu entzünden, auf uns seine Gnade herabzuziehen. Die Tugenden aller Heiligen sind nur ein matter Abglanz des unaussprechlich herrlichen Tugendbildes, das im göttlichen Herzen unsers Erlösers uns entgegenstrahlt; denn es ist insbesondere der Sitz der Liebe und der Brunnquell all seiner Liebeserweise und Wohltaten. Es ist aber zugleich Sitz und Quelle der grausamsten Leiden, die unsere Sünden ihm zugefügt haben. Wie muß uns alles dieses drängen zur Verehrung, Sühne und Gegenliebe. Weil die Liebe so gar erstorben ist in unserer Zeit, darum gab der Herr uns als Heilmittel die Verehrung seines göttlichen Herzens. Die Abbildung desselben erinnert daran, wie unsere Liebe beschaffen sein sollte.
Das göttliche Herz wird abgebildet umgeben von leuchtenden Strahlen. Unsere Liebe soll nicht bloß in innigen Gebeten sich äußern. "Mein Sohn, gib mir dein Herz" (Spr. 23), sagt uns der Herr durch dieses Bild. Unser Herz muß ihm gehören, wir müssen trachten, ihm wohlzugefallen, ihm Freude zu machen, zu wandeln in seinem Lichte und sprechen zu können mit dem Apostel: "Ich lebe, doch nicht ich, sonder Christus lebt in mir" (Gal.2). - Das göttliche Herz trägt ein Kreuz; dieses sagt uns: "Wenn jemand mir nachkommen will, er verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach" (Matth. 16). Mühe und Kampf kostet seine Nachfolge, allein die Liebe macht auch das Schwerste leicht; darum nennt der Herr sein Joch süß, seine Bürde leicht. - Die Wunde im göttlichen Herzen erinnert an die Opfer, zu denen die wahre Liebe uns antreiben und stärken wird. Er hat ja alles für uns geopfert, bis auf den letzten Blutstropfen; wie könnten wir uns weigern, wenn wir Beschwerliches für ihn tun oder leiden sollen! - Der Dornenkranz um das heiligste Herz erinnert an die Pflicht der Buße. Diese Dornen sind ja aus unsern Sünden gewachsen; die Dornen unsers Undanks haben das Herz Jesu so überaus schmerzlich verwundet. Das muß in uns vor der Sünde Abscheu erregen und Bußeifer einflößen. - Die Flammen endlich, die aus dem Herzen Jesu hervorbrechen, bedeuten den Seeleneifer. Ich habe Feuer auf die Erde gebracht, spricht der Herr, und was will ich anders, als daß es brenne. Wahre Liebe zu Jesus wird auch in unsern Herzen Eifer entzünden für seine Ehre, Schmerz über seine Verunehrung, Verlangen nach dem Heile der unsterblichen Seelen; sie wird uns antreiben, Sünden zu hindern, wieder gut zu machen, Gutes zu befördern wie wir können, jedenfalls durch Fürbitte und Sühne.

3. "Kommet alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken," ladet der Herr uns ein (Matth. 11). Sein Herz steht uns offen mit all seinen Gnadenschätzen. Es ist ein menschliches Herz, es kennt aus eigener Erfahrung unsere Schwachheit und Nöten, und es kann darum Mitleid mit uns tragen; es ist zugleich ein göttliches Herz, alle Reichtümer der göttliche Allmacht stehen ihm zu Gebote, es schließt in sich den unerschöpflichen Schatz der Verdienste Jesu. Hier können wir alles finden, was wir nötig haben: Verzeihung der Sünden, Beistand in den Versuchungen, Trost im Leiden, Hilfe in jeder Not, Herzensfrieden und Zuversicht ewiger Glückseligkeit. Mögen wir uns nur bemühen, das göttliche Herz zu verehren im Geiste und in der Wahrheit. Nach den Offenbarungen der seligen Margareta hat der Herr verheißen: Erstens, daß sein Herz über alle, die am Herz-Jesu-Feste kommunizieren und für die im heiligsten Altarsakramente ihm zugefügten Unbilden Abbitte tun, die Fülle seines göttlichen Segens ausgießen werde. Zweitens verhieß er allen, die an neun ersten Freitagen im Monat kommunizieren, daß sie die Gnade der Beharrlichkeit erlangen, nicht im Stande der Ungnade und ohne Sakramente sterben und in diesem Augenblicke in seinem Herzen eine sichere Zufluchtstätte finden sollen. Drittes verhieß er für die Verehrung seines Bildes, daß er, als die Quelle aller Segnungen, über die Orte, an denen das Bild dieses leibenswürdigsten Herzens ausgesetzt würde, die Fülle seines Segens ausgießen; daß er dadurch die Uneinigkeit in den Familien heben und sie wieder vereinigen; daß er alle, die in irgend einer Not sich befinden, beschützen will; daß er die süße Salbung seiner brennenden Liebe über alle Genossenschaften, in denen dieses heilige Bild verehrt werde, ausbreiten; daß er die Züchtigungen des gerechten Zornes Gottes von ihnen abwenden und sie wieder in den Zustand der Gnade zurückführen werde, wenn sie dieselbe durch Sünde verloren hätten.


Unterricht für den dritten Sonntag nach Pfingsten

An diesem Sonntage ermuntert die Kirche zu Bekehrung und standhafter Ertragung der Leiden. Zu dem Ende leitet sie im Eingang der heiligen Messe den Sünder an, mit Vertrauen und Reue zum Herrn zu rufen:
Schaue auf mich und erbarme dich meiner, denn ich bin einsam und arm. Siehe, wie bedrängt und elend ich bin, und vergib mit alle meine Sünden. Zu dir, o Herr! erhebe ich meine Seele; mein Gott auf dich vertraue ich, laß mich nicht zuschanden werden (Ps 24). Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. O Gott, du Beschützer derer, die auf dich hoffen, ohne den nichts beständig, nichts heilig ist, vermehre deine Barmherzigkeit gegen uns, damit wir unter deiner Leitung und unter deinem Schutze so durch die zeitlichen Güter hindurchgehen, daß wir die ewigen nicht verlieren. Durch Jesum Christum, deinen Sohn, unsern Herrn. Amen.

Lektion aus dem ersten Briefe des heiligen Apostels Petrus V,6-11

Geliebteste! demütiget euch unter die gewaltige Hand Gottes, daß er euch erhöhe zur Zeit der Heimsuchung. Alle eure Sorgen werfet auf ihn, denn er sorgt für euch. Seid nüchtern und wachet, denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und suchet, wen er verschlingen könne: dem widerstehet standhaft im Glauben und wisset, daß eure Brüder, wo sie auch auf der Welt sein mögen, dasselbe zu leiden haben. Gott, der Urheber aller Gnaden aber, der uns durch Jesum Christum berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit, wird uns, die wir eine kurze Zeit leiden, immer mehr vervollkommnen, stärken und befestigen. Ihm sei die Ehre und Herrlichkeit immer und ewig. Amen.

Erklärung

Die Unchristen verachten die christliche Demutslehre, als ob diese niederträchtig gesinnt mache und die Menschenwürde schände. Indessen macht die wahre Demut gerade hochherzig gesinnt und adelt den Menschen. Denn wenn sie sich willig andern unterordnet, so beugt sie sich im letzten Grunde doch vor nichts als vor der allgewaltigen Hand Gottes, die Gaben und Rang unter den Menschen verteilt nach seinem Wohlgefallen und zum Besten aller. Kriecher, Schmeichler, entehrenden Knechtssinn findet man nicht bei den Demütigen, sondern bei den Dünkelhaften. Der Demütige, der von sich gering denkt, daher gern anderen ihren Vorzug läßt, Zurücksetzung mit freudiger Geduld erträgt und alle Ehre Gott zuwendet, wird von ihm erhöht zur Zeit der Heimsuchung und Prüfung. Prüfungen und Leiden fehlen auch ihm nicht. Aber anstatt ihn niederzuschlagen erhöhen sie ihn. Denn da bewärt sich seine Tugend, die er so gern verbirgt. In der Stunde der Finsternis erglänzt sie wie ein heller Stern. Und da er sich Gott in Demut unterwirft, so darf er unerschütterlich unter allen Umständen auf ihn vertrauen, alle Sorge auf ihn werfen. Er tut in Einfalt das Seinige und läßt Gott für das übrige sorgen.
Was dem Christen am schwersten auf dem Herzen liegt, das ist der Kampf gegen das Böse; Seele und Seligkeit steht da auf dem Spiel. Der Demütige tut da das Seinige, wacht und betet und vertraut dann auf Gott, der uns nicht über unsere Kräfte versucht werden läßt.
Der böse Feind, der Haupturheber aller Versuchung, ist mächtig und beutegierig wie ein Löwe. Durch sein Brüllen muß dieser seine Beute warnen; so darf auch der Teufel uns nicht unversehens überfallen. Mit Nüchternheit und Wachsamkeit können wir ihm entgehen. Das eine betrifft das Leibliche, das andere das Geistige.
Die unabgetötete Sinnlichkeit macht schwach gegen den Bösen. Üppiges und fleischliches Leben ist der beste Bundesgenosse des Teufels. Hütet euch, so mahnt der Heiland, daß eure Herzen nicht belastet werden mit Völlerei, Trunkenheit und den Sorgen des Lebens (Luk 21,34). - Dazu muß die Wachsamkeit kommen, die acht gibt auf sich selbst, ob alles in Ordnung ist, und auf andere, damit man nicht zu Schaden komme.
Nüchternheit und Wachsamkeit als bloß natürliche Wohlfahrtsregeln halten gefährlichen Versuchungen nicht stand; sie müssen hervorgehen, geleitet und gestützt werden aus dem Glauben. Die Waffen des Glaubens müssen uns vertraut sein; deshalb ist ein Gebetsleben notwendig.
Möge doch niemand wähnen, andere hätten nicht dieselben Kämpfe zu bestehen. Mancher wird noch weit mehr uns schlimmer angefochten wie wir und muß aushalten. Wir sollen uns damit gleich dem hl. Augustinus ermunter: Diese haben es gekonnt, jene haben es gekonnt, warum solltest du es nicht können?
Mit innigen Danke mögen wir den Herrn preisen für die Siege, die er in seiner Gnade uns schon verliehen hat, mit festem Vertrauen auf die Vollendung derselben. Wir dürfen nicht zagen, wir stehen im Kampfe auf einem festen Grunde; das ist Jesus Christus. Und es handelt sich nur um eine kurze Zeit. Jeder Tag geht rasch vorüber mit all seiner Plage. Diese kurze Zeit ist der Preis der Ewigkeit. Welch ein herrlicher Kampfpreis ist uns da in Aussicht gestellt. Die Leiden dieser Zeit sind nicht zu vergleichen mit der Herrlichkeit, die an uns soll offenbar werden. Im festen Vertrauen auf den Herrn beginnen wir schon jetzt mit dem Lobpreis der Ewigkeit: Gott sei Dank, der uns den Sieg verliehen hat durch Jesus Christus, unsern Herrn!


Warnung vor der Unmäßigkeit

Nüchternehit und Wachsamkeit schreibt der hl. Petrus als notwendige Mittel vor, um sich vor den Anfällen des höllischen Versuchers sicherzustellen. Wehe also denjenigen, die er in wehrlosem Zustande antrifft. Ein betrunkener und schläfriger Soldat ist eine gewisse Beute seiner Feinde; ebenso wird jeder Christ unfehlbar allen Versuchungen unterliegen und in Fallstricke geraten, der durch die Trunkenheit das Licht seiner Vernunft trübt und gleichsam in einer ständigen Schlafsucht und Sinnlosigkeit dahinlebt. Daher ermahnt uns auch der Heiland, daß wir wachen und uns hüten sollen, unsere Herzen mit übermäßigen Essen und Trinken zu beschweren (Matth. 24; Luk 21), damit uns der Tod nicht wie ein Dieb (Offenb. 3,3) in der Nacht, d.i. ganz unvermutet und unvorbereitet überfalle.
Wie wird und muß es also jenen ergehen, die wegen ihrer Trunksucht gleichsam in einer beständigen Nacht leben und in fortdauerndem Sündenschlafe liegen? Wie wird es ihnen sein, wenn sie von diesem Schlafe durch den Tod plötzlich aufgeweckt werden und sich, mit unzähligen, unerkannten Sünden beschwert, vor dem Richterstuhle Gottes befinden werden? Und wer will die Sünden zählen, die in und wegen der Trunksucht begangen werden, die die Trunkenbolde gewöhnlich für leichtverzeihliche Kleinigkeiten nehmen oder gar für keine Sünde halten?
Wird der göttliche Richter einst auch so urteilen wie sie? Wird auch er keine Sünden an ihnen finden? Wird er ihre im Rausche begangenen Schandtaten und gegebenen Ärgernisse unbestraft lassen? Er, der von jedem müßigen Worte strenge Rechenschaft fordert, - wird er wohl von so vielen schändlichen, ehrenrührigen, gotteslästerlichen usw. Reden, von so vieler unnütz hingebrachter Zeit, von so vielem verschwendeten Gelde, von so vielen Vernachlässigungen des Gottesdienstes, der Kinderzucht, des Hauswesens und von unzähligen andern Sünden keine Rechenschaft fordern? Werden sie sich vor diesem Richter damit entschuldigen können, daß sie sagen, sie haben nicht gewußt, was sie im Rausche getan haben, es sei alles unüberlegterwiese oder aus Spaß geschehen; sie hätten eine schwache Natur gehabt, die nicht viel habe vertragen können usw.? Werden nicht vielmehr diese Entschuldigungen wider sie selbst zeugen, indem sie gerade deswegen strafbar sind, weil sie mehr, als ihre Natur ertragen konnte, zu sich genommen und sich dadurch des Gebrauches ihrer Vernunft beraubt, dem Viehe gleich gemacht und Ursache zu allen Sünden, die sie im Rausche begangen, mit deren Voraussicht freiwillig gegeben haben?
Was wartet also auf sie? Was anders, als was dem reichen Prasser begegnete, der wegen seiner Schwelgerei in die Hölle begraben wurde! (Lukas 10,22). Ja, dieses ist der Ort und der Teil der Unmäßigen. Hier werden sie sich vergeblich nach einem Tröpfchen Wasser sehnen: hier wird ihnen so viel Pein und Qual eingeschenkt werden, als sie auf der Welt Wollust und Vergnügen genossen haben (Offenb. 18,7); hier werden sie den Kelch des Zornes Gottes bis auf die Hefe austrinken müssen; gleichwie sie ehedem andere zur Trunksucht genötigt haben. Dieses ist´s, was sie zu hoffen haben; denn der hl. Paulus sagt ausdrücklich, daß die Trunkenbolde das Reich Gottes nicht besitzen werden (1Kor. 6,10). Was bleibt ihnen also übrig, als entweder dem Himmel oder ihrer Schwelgerei zu entsagen?
Allein wie schwer und wie selten ist die wahre Bekehrung der Unmäßigen! Sie wollen gewöhnlich ihre Laster nicht einmal eingestehen, beichten also nicht aufrichtig. Trunkenbolde wollen sie nicht sein, weil sie sich an die berauschenden Getränke vielleicht so gewöhnt haben, daß sie viel davon vertragen können, ohne völlig betrunken zu werden. Noch öfter fehlt es ihnen an erster Reue und tatkräftigem Vorsatz, wie der Erfolg nur zu klar beweist. Wer aber in der Sünde verharrt, wird verdammt werden.
Dieses schon sollte jedermann von dem Laster der Trunkenheit abschrecken; wer sich aber hierdurch noch nicht abschrecken läßt, der betrachte die Schändlichkeit und die Schädlichkeit dieses Lasters!
Wie schändlich es es nicht, daß ein mit Vernunft begabter und zu den Freuden des Himmels erschaffener Mensch seine Vernunft, die ihn zum Ebenbilde Gottes macht, durch seine Unmäßigkeit im Trinken gleichsam ersäufe und sich dem unvernünftigen Tiere gleich mache, ja, noch unter dieses herabwürdige; denn welches Tier läßt sich zwingen, noch mehr zu sich zu nehmen, wenn es einmal seinen Durst gelöscht hat? Sind also, ruft deswegen der hl. Chrysostomus aus, die Säufer nicht weit unvernünftiger und boshafter als die Tiere?!... Ja, sie sind es, nicht nur wegen ihrer Unmäßigkeit, sondern auch wegen ihrer schändlichen Gebärden, Reden und Handlungen, die sie im Rausche begehen. Wie schändlich entblößt lag nicht Noe (der freilich ohne Schuld berauscht war) in seinem Gezelte, zum Gespötte des schamlosen Cham (1 Mos. 9,21). Die alten Römer pflegten, um ihren Kindern das Laster der Trunkenheit verhaßt zu machen, einen Sklaven zu berauschen, um ihnen an diesem das Unwesen und die schändlichen Handlungen eines Berauschten zu zeigen und einen Abscheu vor der Trunkenheit einzuprägen. - Zudem ist die Trunkenheit die Mutter der Ausschweifung (Eph. 5,18); sie öffnet allen Sünden der Unkeuschheit Tür und Tor. Möchten sich dieses besonders gottesfürchtige Jungfrauen, die ihre Keuschheit bewahren wollen, merken und daher alle Gelegenheiten, wo sie mit Trunkenen zusammenkommen könnten, sorgfältig meiden. Die Trunksucht des Mannes untergräbt den Frieden der Familie, der Wirtshaussitzer vernachlässigt sein Geschäft, bringt seinen Hausstand herunter. Siehe also, wie schändlich die Trunksucht ist! Sie richtet Leib und Seele zugrunde. Viele, unzählig viele hat der Rausch getötet (Sirach 87,34) und noch mehrere um ihre Gesundheit gebracht. Wer hat Wehe? Wessen Vater hat Wehe? Wer hat Zank? Wer fällt in Gruben? Wer hat Wunden ohne Ursache? Wer trübe Augen? Nur die, die beim Getränke weilen und sich darauf legen, Becher zu leeren (Sprichw. 23, 28, 30). Diese Wahrheit wird durch tägliche Beispiele bestätigt, und das elende, mit unzähligen Schwachheiten und Gebrechlichkeiten behaftete Alter der dem Trunke Ergebenen zeigt deutlich, wie schändlich dieses Laster wirkt.

Evangelium Lukas XV,1-10

In jener Zeit kamen die Zöllner und Sünder zu Jesus, um ihn zu hören, Da murrten die Pharisäer und Schriftgelehrten und sprachen: Dieser nimmt Sünder an und isset mit ihnen. Er aber sagte zu ihnen dieses Gleichnis und sprach: Welcher Mann von euch, der hundert Schafe hat und eines davon verliert, läßt nicht die neunundneunzig in der Wüste und geht den verlorenen nach, bis er es findet? Und hat er es gefunden, so legt er es mit Freuden auf seine Schultern, und wenn er nach Hause kommt, so ruft er seine Freunde und Nachbarn zusammen und spricht zu ihnen: Freuet euch mit mit, denn ich habe mein Schaft gefunden, das verloren war. Ich sage euch: Ebenso wird auch im Himmel Freude sein über einen Sünder, der Buße tut, mehr als über neunundneunzig Gerechte, die der Buße nicht bedürfen. Oder welches Weib, die zehn Groschen hat, zündet nicht, wenn sie eine Groschen verliert, ein Licht an und kehrt das Haus aus, und sucht genau nach, bis sie denselben findet? Und wenn sie denselben gefunden hat, ruft sie ihre Freundinnen und Nachbarinnen zusammen und spricht: Freuet euch mit mir, denn ich habe den Groschen gefunden, den ich verloren hatte. Ebenso, sage ich euch, wird Freude bei den Engeln Gottes sein über einen einzigen Sünder, der Buße tut.

Was bewog die Sünder, sich Jesus zu nähern?

Die Freundlichkeit und liebreiche Güte, womit er den bußfertigen Sündern begegnete. - Nähere auch du dich demütig dem Herrn, und sie versichert, daß er auch dich, selbst wenn du der größte Sünder wärest, freundlich annehmen und dir Gnade und Verzeihung geben werde, wenn du nur aufrichtig dich bekehren willst.

Warum murrten die Pharisäer?

Weil sie sich viel besser als andere Menschen hielten, daher den Umgang mit öffentlichen Sündern mieden und dieses auch von andern verlangten. Die wahre Gerechtigkeit, sagt der hl. Gregor, hat Mitleid mit den Sündern, die falsche, gleißnerische dagegen zürnt über sie. Das Zürnen ist nur Äußerung der Natur; die Gnade such die Besserung. - Hasse und verabscheue also die Sünde, liebe aber die Sünder, wie Jesus; sei freundlich und mitleidig gegen sie, und wenn du nichts anderes zu ihrer Bekehrung beitragen kannst so bete wenigsten mit Eifer für sie.

Was will Jesus mit dem Gleichnisse von dem verlorenen Schafe und dem verlorenen Groschen sagen?

Er will damit sagen, daß er sich so angelegen sein lasse, die Sünder zu suchen, d.h. zu bekehren, wie der, der hundert Schafte hat und eines davon verliert, dem verlorenen nachgeht, bis er wiederfindet, und auch das Weib, das einen Groschen verliert, nicht ruht, bis es denselben wiedergefunden hat.

Was lernen wir daraus, daß es heißt, der Hirt nehme das gefundene Schaf auf seine Schulter usw?

Daraus, daß der Hirt das wiedergefundene Schaf nicht mißhandelt, nicht zur Herde zurückjagt, sondern mitleidig auf seine Schultern nimmt und ihm so die Mühseligkeit der Rückkehrt erspart, erkennen wird die Größe der Liebe unseres Heilandes, der nicht nur Mensch geworden ist, um zu suchen, was verloren war, nicht bloß dem Wiedergefundenen, d.i. dem reuigen Sünder, keinen Vorwurf macht, sondern ihn sogar volle Freude auf seine Schultern nimmt und zum Schafstalle seines himmlischen Vaters zurückträgt, d.h. ihm durch seine Gnade den Weg der Buße erleichtert und versüßt.

Warum ist im Himmel mehr Freude über eine Sünder, der Buße tut, als über neunundneunzig Gerechte?

Das will nicht sagen, daß die bekehrten Sünder Gott überhaupt lieber seien, als die unschuldigen Seelen; es ist vielmehr menschlich gesprochen. Der Mensch freut sich nämlich über ein verlorenes und lange gesuchtes Gut, wenn er es wiederfindet, für den Augenblick mehr, als über ein anderes, das er immer ruhig und ohne Gefahr besessen hat. So soll in der Anwendung auf Gott dessen großes Wohlgefallen an der Bekehrung der Sünder recht stark hervorgehoben werden. Auch zeigen die Büßer gewöhnlich größeren Eifer, und bereiten so Gott und seinen Engeln besondere Freude.


Betrachtung über den Neid

1. Was ist der Neid? Er ist eine Traurigkeit über des Nächsten Glück und Freude über sein Unglück. - Ich kann bei des Nächsten Glück traurig sein, weil es mir abgeht; oder weil ich dadurch zu Schaden komme; das ist kein Neid. Auch kann ich darob traurig sein, weil er es zum Bösen anwendet, ihm Unglück wünschen oder gönnen, damit er sich bessere oder das Böse unterbleibe; auch dieses ist kein Neid und nicht sündhaft, wenn man sich nur nicht herausnimmt, die Fügungen Gottes zu tadeln.
Der eigentliche Neid, die lieblose Mißgunst, ist ein großes Unrecht. Alle übrigen Laster geben dem Menschen irgend ein wenn auch eingebildetes Gut; der Hochmut will ihm Ehre verschaffen, der Geiz Geld, die Fleischeslust Vergnügungen, die Trägheit Ruhe, der Haß Befriedigung der Rachgier - es ist irgend eine Unannehmlichkeit wodurch sie den Menschen verlocken. Der Neid dagegen hat keinen solchen Reiz; er ist ein Laster, das bloß peinigt und keinerlei Vergnügungen gewährt. Es ist eine unmenschliche Bosheit, die Leidenschaft, die den Satan quält. "Durch den Neid des Teufels ist der Tod in die Welt gekommen, und die ihm angehören, folgen ihm nach" (Weish. 2).
Der Neid versündigt sich gegen Gott. Er ist unzufrieden mit seinen Schickungen, undankbar gegen den Geber alles Guten. Er murrt und klagt gegen ihn, gegen seine Weisheit und Güte, welche die Gaben verschieden austeilt. Der König Assuerus hatte den Aman über alle Fürsten des Reiches erhoben. Dabei war dieser überreich, hatte alles in Überfluß. Und doch sprach er einst zu seinem Weibe: "Obwohl ich alles habe, so dünkt mich doch, ich hätte nichts, solange ich den Juden Mardochäus im Palaste des Königs sehe." - So vergällt der Neid dem Menschen alle Lebensfreude. Er lebt in Ehren und grämt sich, als drücke ihn Schande. Er lebt in häuslichem Wohlstande und trauert, als verfolge ihn das Elend. Sein eigenes Glück wird ihm verbittert und fremdes Glück quält ihn - eine doppelte Marter. Der Neidische versündigt sich also zugleich gegen sich selbst. Seine Leidenschaft vergällt ihm die schönsten Gaben Gottes und vergiftet ihn an Leib und Seele. Welch trauriges Bild bot Kain. Giftiger Neid verzehrte in gegen den einzigen Bruder. Seine Wangen hatten die Farbe der Gesundheit verloren und waren von innerem Gram eingefallen. Düster und schweigend schleicht er einher und sinnt rastlos auf Mord und Totschlag. Gott warnt ihn, jedoch umsonst. Der Neid hat ihn verstockt und reißt ihn fort zum schauerlichen Brudermord.
Vielfältig sündigt dieses Laster gegen die Nächstenliebe. Es verwandelt wohl die Liebe zwischen Blutsverwandten in glühendes, mörderischen Haß. Ein Beispiel gibt auch die Geschichte Josephs. Die Vorliebe des Vaters für ihn entzündet den Neid der Brüder, und nur Gottes besondere Fügung bewahrte sie vor Brudermord. - Saul haßte und verfolgte David, weil dieser beim Volke beliebt und berühmt war. Und was verbitterte das Herz der Pharisäer gegen den Erlöser der Welt, so daß sie sein Evangelium von sich stießen, ihn überall mit tadelsüchtigen Augen verfolgten und ihn, der nur Gutes tat, ans Kreuz brachten? Sie redeten in ihrer Verblendung sich ein, es sei Eifer für die Religion. Aber selbst der Heide Pilatus erkannte, daß sie ihn aus Neid überlieferten.
Solche Gewalt hat der Neid über des Menschen Herz. In der Tat, die Bosheit des Neides ist ohne Grenzen, wenn er nicht durch äußere Gewalt oder andere Leidenschaften zurückgehalten wird. Wenn er sich auch nicht immer an Leib und Leben des Nächsten vergreift, so vergreift er sich doch in der Regel an dessen Ehre und zeitlichem Gut. Wer könnte die Verleumdung und üblen Nachreden zählen, die boshafter Neid gegen arglose Opfer schleudert. Wie oft wird jemand von seiner Stelle verdrängt und so um Brot und Ehre gebracht bloß durch den Neid. Welche Rolle spielt der Geschäftsneid und Brotneid in der Welt. Wie vielerlei Ränke werden nicht ersonnen, um bald so, bald anders zu schaden. Wo ist, so ruft ein Kirchenlehrer aus, das Ende des Bösen, wenn es einmal mit dem Menschen dahin gekommen ist, daß des Nächsten Gut ein Übel, fremdes Glück eine Marter ist? Der Neid, sagt St. Chrysostomus, ist der Vater alles Bösen; bringt er es nicht in der Tat hervor, so tut er doch immer so viel, als an ihm liegt; sein ganzes Streben, sein Sinnen und Trachten zielt auf nichts als Böses. - Eindringlich warnt die Schrift vor diesem Laster. "Lasset uns nicht eitler Ehre nachtrachten, so daß wir einander reizen und einander beneiden" (Gal 5). "Legt ab alle Bosheit und allen Trug, Heuchelei und Neid und alle Verleumdungssucht" (1. Petr. 2). "Des Körpers Leben ist ein gesundes Herz, Knochenfäulnis der Neid" (Spr. 14). Paulus rechnet den Neid unter die Werke, die vom Reiche Gottes ausschließen.

2. Was soll uns bewahren vor der Pest dieses finsteren Lasters? Nur die christliche Nächstenliebe ist dazu imstande. Wie aber vermögen wir unser selbsüchtiges Herz zu erwärmen für diese allgemeine, herzliche Liebe? Am besten hilft dazu das heiligste Altarsakrament.
Gleichwie ein Kind, von Natur selbstsüchtig und liebeleer, sein Herz erwärmt, und wie sein Herz auftauet an der aufopfernden Liebe der Mutter: so soll das Eis des Eigennutzes zuerschmelzen am Feuer des göttlichen Herzens, das im heiligen Sakramente für uns schlägt. Er hat uns zuerst geliebt und sich selbst für uns dahingegeben. als der Abend des Gründonnerstages nahte, konnte er seine Sehnsucht nicht länger verbergen. Sehnlichst, sprach er, hat mich verlangt, dieses Osterlamm mit euch zu essen (Luk. 22). Warum konnte er die Stunde kaum erwarten? Die Liebe drängte ihn, sich ihnen hinzugeben als das wahre Osterlamm. Bei dem Mahle entstand ein Streit unter den Aposteln über den Vorrang, über die ersten Plätze im Reiche Christi. Da gab er selbst ihnen ein Beispiel von großer Demut. Er warf sich zu ihren Füßen nieder, um jedem Knechtsdienste zu tun. Seht, sprach er dann, auch ihr sollt einander tun, wie ich euch getan habe; wer der Erste ist, soll der Letzte, aller Diener sein. Darin bestand die Vorbereitung auf die Feier des hehren Geheimnisses, in dem der große Gott sich so tief demütigt und den Brennpunkt seiner grenzenlosen Liebe bietet. Wie er damals tat, so tut er noch heute. Er ladet alle ein und versammelt alle, die seiner Einladung folgen, bei der Feier seiner Geheimnisse und an seinem Tische. Groß sind die Unterschiede zwischen den Menschen, tief ist die Kluft zwischen arm und reich, gelehrt und ungelehrt, Vorgesetzten und Untergebenen. Ein schlechter Rock verschließt manche Tür. Der Neid ergrimmt gegen jene, die einen Vorzug haben; und doch wird er es niemals ändern können, auch nicht mit Gewalt. Wenn er heute alles umstürzen und die Menschen gleichmachen wollte, morgen würde die alte Ungleichheit schon wieder beginnen. Die Menschen sind einmal für irdische Gleichförmigkeit nicht geschaffen. Aber einen Ort gibt es, wo sich alle Unterschiede ausgleichen, und wo der reiche, vornehme Herr kein größeres Recht und Ansehen genießt als das verstoßene Bettelweib; dieser Ort ist die Kirche, der Altar. Da begrüßen sich alle als Kinder eines Hauses, werfen sich alle vor dem heiligen Fronleichnam in den Staub, und knien ohne Unterschied des Ranges und der Person an demselben heiligen Tische. Welch ein tödlicher Schlag gegen den bitteren Neid! Was ist es, was ihn empört? Es sind einige Stücke Geld, die der andere mehr besitzt, ein Titel, ein Stück Brot, ein Lappen Eitelkeit, eine Kinderei, eine Einbildung. Aber was sind denn alle äußeren Güter und Unterschiede gegen die Würde und Güter des Christentums? Siehe, spricht der Herr im heiligen Sakramente, vor mir bist du den anderen gleich, und willst du dich erheben über sie, so mußt du sie an Tugend übertreffen. "Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch gebiete. Dieses ist mein Gebot, daß ihr euch einander liebet, wie ich euch geliebt habe." - "Heiliger Vater, erhalte sie in deinem Namen, die du mir gegeben hast, damit sie eins seien, wie auch wir" (Joh. 15,17).

Das Konzil von Trient nennt daher das Altarsakrament das Band der Liebe, das Zeichen der Einigkeit und des Friedens. Hier gleicht sich alles aus, was die Menschen trennt, hier findet die gegenseitige Liebe ihre beste Nahrung. Daher befiehlt der Herr: "Wenn du zum Altare treten willst und erinnerst dich, daß dein Bruder etwas gegen dich habe, so gehe zuvor hin und versöhne dich mit deinem Bruder, dann komme und opfere deine Gabe."

Auch die Gestalten, unter denen der Herr seinen Tod unter uns feiert, fordern gegenseitige Liebe. Das Brot besteht aus vielen Körner, die auf verschiedenen Halmen gewachsen, zermahlen und vermischt wurden zu einem Brot, niemand kann sie mehr trennen. Ebenso wird der Wein aus vielen Trauben gepreßt; ihr Saft wird untrennbar eins. So sollten alle ein Herz und eine Seele sein, die sich diesem Mahle nahen wollen. Einer muß sich eins fühlen mit dem andern, sich freuen mit den Fröhlichen und trauern mit den Trauernden. Wie dürfte sich giftiger Neid eindrängen? "Die Räuber, die mit einem ihr Salz geteilt haben, sind als Räuber für diejenigen nicht mehr zu fürchten, mit denen sie es geteilt haben; das gemeinsame Mahl ändert ihre Sitten und bewirkt, daß jene, die wilder als Tiere sind, sanfter werden als Lämmer. Wir aber, obschon wir an demselben Mahl teilnehmen und dieselbe Speise genießen, bewaffnen uns dennoch gegeneinader" (St. Chrysostomus).

Der Apostel beweist die Pflicht der Liebe mit den Worten: Ihr seid nur ein Leib Jesu Christi, untereinander aber Glieder. - Wo tritt diese Wahrheit klarer vor Augen als bei der Kommunion? - Der Apostel zieht daraus den Schluß, daß die innigste Teilnahme, Liebe und Wohlwollen alle Glieder dieses einen Leibes beseelen müssen. Er sagt: Wenn ein Glied leidet, so leiden alle anderen mit, oder wenn einem Gliede wohl ist, so freuen sich alle Glieder. Gott hat den Leib ebenmäßig gebildet, dem bedürftigeren Teile mehr zur Zierde anweisend, auf daß keine Spaltung sei, sondern die Glieder eines für das andere einträchtig sorgen. Das Auge kann nicht sagen zur Hand, ich bedarf deiner nicht, noch das Haupt zu den Füßen, ich bedarf euer nicht, sondern die Glieder des Leibes, welche die schwächeren scheinen, sind die notwendigsten (1 Kor 12).

3. So möge das Sakrament der Liebe uns stark machen gegen die Regungen des Neides und mit Abscheu erfüllen gegen dieses teuflische Laster. Sobald wir die geringste Regung jenes Lasters verspüren, wenn etwa jemand gelobt wird, oder wenn seine Unternehmungen glücklichen Fortgang haben, so wollen wir sofort dieser tückischen Schlange den Kopf zertreten; wir wollen womöglich gerade diesen Menschen Liebe beweisen, wo es sich schickt, wir wollen reden zu ihrem Lobe, sie freundlich grüßen, mit Liebe ihnen zuvorkommen, für sie beten, damit Gott sie fürder segnen möge. "Die Liebe ist gütig, die Liebe beneidet nicht, sucht nicht das ihrige, denkt nichts Arges." - Denke daran beim Eintritt in die Kirche. Das Weihwasser erinnert ja an das rührende Geheimnis der Fußwaschung und das große Gebot der Liebe. Denke daran, wenn du mit der christlichen Gemeinde dich niederwirfst vor dem gegenwärtigen Gott. Hat er die Gaben und Glücksgüter verschieden verteilt in seiner großen Familie, wie dürfen wir da murren? Seine Weisheit und Liebe ordnet die Verteilung. Wer mehr empfangen hat, hat auch mehr zu verantworten. In der Hauptsache machte er uns alle gleich. Die Ehren seiner Liebe und Freundschaft, die Schätze seiner Gnaden und Verdienste bietet er jedem von uns freigebig an, der nur danach verlangt. Der ehrwürdige Balthasar Alvarez kniete einst vor dem hochwürdigsten Gute, in Anbetung und Betrachtung versunken. Da zeigte sich plötzlich seinem Geiste in der heiligen Hostie das Jesuskind, das die Arme gegen ihn ausstreckte; seine Hände waren angefüllt mit vielen kostbaren Perlen und Edelsteinen, so daß sie diese kaum zu fassen vermochten. Und zugleich hörte er die Worte aus dem Munde Jesu: Wenn nur jemand wäre, der sie mir abnähme! - So ruft der Heiland vom Tabernakel uns allen zu. er hat übergenug köstliche Schätze für alle; wenn wir ihn nur hören, verstehen und nach seinen Schätzen die Hand ausstrecken wollten!
Denke daran angesichts der Kommunionbank. Wir essen von einem Tische, sind alle Glieder an dem einen Leibe Jesu Christi, müssen uns auch eins fühlen und Freud´und Leid mit jedem unserer Mitchristen aufrichtig teilen.
Denke endlich daran, wenn du in Andacht dem hochheiligen Opfer der Messe beiwohnst. Über dem Altare erhabt sich das Kreuz, der Priester macht so oft das Kreuzzeichen und betet mit ausgespannten Armen, gleichwie unser Hoherpriester am Kreuzaltar gebetet und geopfert hat. Er schwebt uns da beständig vor Augen. Sein heiliger Leib ist zerrissen und durchstochen, sein Blut strömt aus zahlreichen Wunden; der grimmige Neid hat sie ihm geschlagen, und frohlockend umringt ihn die hohnlachende Rotte der Todfeinde, die aus Neid ihn ans Kreuz gebracht haben. Siehe, ruft er dir zu von seinem Kreuzaltare: auch deinen Neid büße ich hier, auch du bist der Kain, der mein Blut vergoß, ein wildes Tier hat das Kleid meines Leibes zerrissen, und dieses wilde Tier ist dein Neid. - Mit Glauben und Reueschmerz wollen wir hinschauen auf den Fronleichnam, und hier an der Quelle göttlicher, uneigennütziger Liebe, die keinen Neid kennt, wollen wir das Eis unseres Eigennutzes auftauen und uns erfüllen lassen mit Liebe gegen den Nebenmenschen.
(N. Ehler)

Gebet. O mein Jesu, du ewige Liebe, der du von dem Neide der Pharisäer so viel zu erdulden hattest, mache doch, daß ich dieses Laster verabscheue, meinen Nächsten jederzeit liebe, und so dir nachahme, der du aus Liebe zu uns armen Sündern dein Blut vergossen hast.


Unterricht für den vierten Sonntag nach Pfingsten

Mit großem Vertrauen auf Gott sprich mit dem Priester zum Eingang der heiligen Messe:
Der Herr ist mein Licht und mein Heil, wen sollte ich fürchten? Der Herr ist der Beschirmer meines Lebens, vor wem soll ich zittern? Meine Feinde, die mich quälen, sind geschwächt und fallen zu Boden. Wenn selbst ein Heerlager wider mich stehet, so soll sich mein Herz nicht fürchten (Psalm 26). Ehre sei usw.

Gebet der Kirche. Wir bitten dich, o Herr! verleihe uns, daß der Wettlauf unter deiner Anordnung zu unserem Heile und Frieden gelenkt werde und deine Kirche sich einer ungestörten Andacht erfreuen möge. Durch Jesum Christum, deinen Sohn, unsern Herrn. Amen.

Lektion aus dem Briefe an die Römer VIII,18-23

Brüder! ich halte dafür, daß die Leiden dieser Zeit nicht zu vergleichen sind mit der zukünftigen Herrlichkeit, die an uns offenbar werden wird. Diese Herrlichkeit muß groß werden, da die ganze Natur auf die (herrliche) Offenbarung der Kinder Gottes wartet. Denn die Geschöpfe sind (jetzt) der Hinfälligkeit unterworfen; nicht freiwillig, sondern um dessentwillen, der sie (der Sünde des Menschen wegen) diesem hinfälligen wesen unterworfen hat, wiewohl auf (eine bessere) Hoffnung hin, indem auch selbst die Geschöpfe von der Dienstbarkeit der Verderbtheit befreit werden und zur herrlichen Freiheit der Kinder Gottes gelangen. Denn wir wissen, daß alle Geschöpfe seufzen und in den Geburtswehen liegen immer noch. Und nicht allein sie, sondern auch wir selbst, die wir die Gnaden des Heiligen Geistes, als den Anfang dieses herrlichen Zustandes, besitzen; ja, wir selbst seufzen in unserem Inneren und warten auf die (vollendete) Annahme zu Kindern Gottes und auf die Verherrlichung unseres Leibes in Christo Jesu, unserem Herrn.

Erklärung

Daß wir als Glieder Christi teilhaben müssen an seinem Leiden, darf uns nicht niederdrücken; denn was wir dafür erkaufen, übersteigt den Kaufpreis unendlich. Mögen uns die Leiden auch manchmal schwer vorkommen, es sind doch nur Leiden dieser Zeit, die im Vergleich mit der Ewigkeit immerhin kurz ist. Das Schwerste wird leicht, wenn man weiß, es dauert nicht lange. Alle Mühen und Leiden sind ferner gering im Vergleich mit dem, was uns in der Ewigkeit dafür in Aussicht gestellt ist. Betrübt man sich über die Hingabe einer kleinen Summe Geldes, wenn man dafür ein großes Gut erkauft? Beschwert sich ein Arbeiter über die Last und Hitze des Tages, wenn er ein Vermögen damit verdient? Alles Irdische kann ohnehin nicht befriedigen, weil es eitel, d.h. nichtig, vergänglich ist.
Die Natur, zum Dienste der Menschen bestimmt, teilt sein Los. Denn sie ist mit hineingezogen in die Sünde und deshalb in unsere Mühen und Kämpfe. Die Verheißung der Erlösung mußte deshalb auch ihr gelten. Der Fluch, die Dienstbarkeit der Verderbtheit, soll von ihr genommen werden, wenn beim Abschluß der Menschengeschichte die Erlösung vollendet wird. Dann wird ein neuer Himmel und eine neue Erde sein.
Einigermaßen kommt die Erlösungsgnade auch jetzt schon der Körperwelt zugute. Bei manchen Heiligen findet sich eine ähnliche Beherrschung über die Natur wie im Paradiese. Diesen Zustand will die Kirche fördern durch ihre Beschwörungen, Weihungen, Segnungen.
Das Angesicht der Erde soll erneuert werden durch den Heiligen Geist, der Erlösungsgnade austeilt. Durch seine heiligmachende Gnade gelangen wir zur Kindschaft Gottes, jedoch noch nicht zu deren Herrlichkeit. Es ist nur ein Anfang; der Leib seufzt noch immer unter dem schweren Fluche der Sünde, wie die ganze Körperwelt. Auch der Geist seufzt noch unter den Regungen der verkehrten Begierlichkeit. Deshalb sehen wir uns nach der vollkommenen Erlösung gleich dem Apostel, da er ausruft: Ich unglückseliger Mensch, wer wird mich erlösen vom Leibe dieses Todes?

Gebet. Ach, Herr! wann werden wir doch von den Banden unseres sündhaften Leibes erlöst werden, um an jener unaussprechlichen Herrlichkeit teilnehmen zu können, die du deinen Kindern bereitest hast, und die sich über alle übrigen Geschöpfe ergießen wird! Wer kann begierig genug nach dieser glorreichen Freiheit trachten, die uns von so großen Elend und von so vielen Versuchungen befreien wird? Aber wir tun es nicht, weil wir noch zu irdisch gesinnt sind und unsern Leib zu sehr lieben. Mache doch du, o Gott! daß wir die Bürde unseres Elendes empfinden und dadurch angetrieben werden, nach der Befreiung von derselben zu seufzen.

Evangelium Lukas V,1-11

In jener Zeit stand Jesus am See Genesareth, und das Volk drängte sich an ihn heran, um das Wort Gottes zu hören. Da sah er zwei Schiffe am Ufer des Sees liegen; die Fischer aber waren ausgestiegen und wuschen ihre Netze. Da trat er in das eine der Schiffe, das dem Simon gehörte, und bat ihn, von dem Lande etwas abzufahren. Und er setzte sich und lehrte das Volk aus dem Schiffe. Als er aber zu reden aufgehört hatte, sprach er zu Simon: Fahre auf die hohe See und werfet eure Netze zum Fange aus. Da antwortete Simon und sprach zu ihm: Meister, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen, aber auf dein Wort will ich das Netz auswerfen. Als sie dieses getan hatten, fingen sie eine große Menge Fische, so daß ihr Netz zerreißen wollte. Sie winken ihren Genossen,die im andern Schiffe waren, daß sie kommen und ihnen helfen möchten. Und sie kamen und füllten beide Schifflein, so daß sie beinahe versunken wären. Als Simon Petrus das sah, fiel er Jesus zu Füßen und sprach: Herr, gehe weg von mit, denn ich bin ein sündiger Mensch! Denn Staunen hatte ihn ergriffen und alle, die bei ihm waren, über den Fischfang, den sie gemacht hatten: desgleichen auch den Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus, welche Simons Genossen waren. Und Jesus sprach zu Simon: Fürchte dich nicht, von nun an wirst du Menschenfischer sein! Da brachten sie ihre Schiffe ans Land, verließen alles und folgten ihm nach.

Warum hat Jesus von dem Schiffe des Petrus aus gelehrt?

Zunächst, um vom ganzen Volke desto leichter verstanden zu werden. Dann aber hatte dieses auch eine höhere geistige Bedeutung. Das Schiff des Petrus war das Vorbild der Kirche, zu deren Oberhaupt Christus eben diesen Petrus bestimmt hat (Joh. 21,15), und deutete demnach darauf hin, daß man nur von ihr die wahre und reine Lehre empfangen könne. - Unter allen Stürmen hat Jesus dieses Schiff, die römisch-katholische Kirche, erhalten. Noch steht Petrus in der ununterbrochenen Reihe seiner Nachfolger an ihrem Ruder, noch lehrt Jesus aus ihr die nämliche Lehre wie damals durch den Mund der Bischöfe und Priester, dieser Genossen des Nachfolgers des hl. Petrus, weil, wer sie hört, ihn hört (Luk. 15,16). Höre auch du sie also willig und gelehrig an!

Was bedeutet der große Fischfang, den die Jünger auf Jesu Befehl machten, nachdem sie die ganze Nacht vergebens gearbeitet hatten?

Er sollte in bezug auf die Zuhörer eine Bekräftigung der eben vorgetragenen Lehre sein. In bezug auf die Jünger aber enthielt er wichtige Wahrheiten. Er war ihnen ein Vorbild ihres Berufes, Bürgschaft ihrer segensreichen Wirksamkeit und zugleich Belehrung über die Art, zu arbeiten, wenn ihre Arbeit Früchte bringen sollte. - Wie sie nämliche die Netze zum Fischzuge ausgeworfen hatten, ebenso sollten sie fortan die evangelische Lehre verkünden, um die Seelen der Menschen für das Reich Gottes zu gewinnen. - Der überaus reiche, wunderbare Fischfang sollte ihnen dafür bürgen, daß ihre Bemühungen, Seelen zu retten, ebenso reichlich würden gekrönt werden. In der Tat, bestätigt dieses nicht die ganze Geschichte? Bei der ersten Predigt des Petrus bekehrten sich bei Dreitausend, und so fort ward das Evangelium von den Aposteln und ihren Nachfolgern in aller Welt verkündet, und Millionen und abermals Millionen sind in den Schoß der allbeseligenden Kirche aufgenommen worden! - Daß die Jünger, nachdem sie die ganze Nacht bergeblich gearbeitet hatten, nun mit einem Male so viele Fische fingen, weil sie das Netz im Namen Jesu auswarfen, sollte ihnen eine unvergeßliche Belehrung sein, daß sie nur dann mit Segen und Erfolg wirken würden, wenn sie nicht auf eigene Kraft und Bemühung vertrauten, sondern einzig auf die Macht und den Segen des Herrn.

Warum hat Jeus ungelehrte Fischer zu Aposteln gewählt?

Um zu zeigen, daß seine Lehre und Kirche nicht Menschen- sondern Gotteswerk sei, und daß alle, auch Arme und Unwissende, zu seinem Reiche berufen seien.

Welche Lehren können wir noch aus diesem Evangelium ziehen?

1. Solange die Jünger nur nach ihrem eigenen Willen, auf die eigene Kraft und Geschicklichkeit vertrauend, arbeiteten, war alle Anstrengung vergebens. Ohne die Gnade vermögen wir nichts; wie wichtig ist es daher, daß wir im Stande der heiligmachen Gnade sind, und daß wir bei jeder Arbeit die gute Meinung machen. 2. Sobald die Jünger in Namen Jesu, d.h. auf sein Geheiß, ihm mit ihrem Willen ergeben, die Netze auswarfen, war der Fischfang sehr reich. Keine Arbeit, die im Namen Jesu geschieht, ist vergeblich. 3. Aus der Folgsamkeit der Jünger lernen wir, daß wir, wenn wir den Erfolg unserer Arbeiten nicht gleich sehen, nicht mutlos werden, sondern mit neuem Vertrauen auf Gott unsere Bemühungen erneuern sollen. Besonders sollen sich dieses Seelsorger, Erzieher, Eltern usw. merken, auf daß sie nicht müde werden, mit Liebe und festem Vertrauen auf Gott die Ihrigen zu ermahnen, zu belehren usw. Sie werden gewiß einen glücklichen Fang tun. 4. Daß die Apostel ihre Genossen zu Hilfe riefen, lehrt uns, wie auch wir durch Beten, Fasten, Almosen, Beispiel usw. die Seelsorger in Bekehrung der Sünder unterstützen sollen. 5. Endlich lerne jeder auf den Erfolg seiner Arbeiten nicht stolz sein, sondern, wie Petrus, Gott die Ehre geben und dem, der so Großes tut, mit Verlassung alles Irdischen freudig nachfolgen.

Worin besteht die gute Meinung?

Darin, daß man alles, was man tut oder unterläßt oder leidet, im Namen Gottes und wegen Gott und Für Gott tut, läßt oder leidet.

Warum ist die gute Meinung so wichtig?

Weil durch sie auch das kleinste Werk verdienstlich gemacht werden kann. Nicht jeder ist zu großen Dingen berufen, deshalb müssen wir in den Kleinen um so eifriger sein. Besonder sie Armen, die hart arbeiten müssen, können sich durch die gute Meinung unermeßliche Verdienste erwerben.
Es gibt viele Menschen, die aus besonderer Anordnung Gottes gleichsam zur Armseligkeit geboren scheinen, indem sie ihr Leben in saurer Handarbeit, in steten Krankheiten oder in großer Armut dahinbringen müssen, und doch mit all ihrer Anstrengung ihren zeitlichen Zustand nicht verbessern können. Was haben nun solche zu tun, damit sie doch in der andern Welt etwas Besseres erlangen? Sie müssen nach dem Beispiele Jesu und der Heiligen ihr Netz im Namen des Herrn auswerfen, d.h. sie müssen alles, was sie tun oder leiden, für sich wegen Gott, aus Gehorsam und Ergebenheit gegen seinen heiligsten Willen, in der Hoffnung seines Segens und seiner ewigen Vergeltung tun und leiden. Dadurch werden sie reichlich für alles Gute belohnt werden, weil Gott einen jeden Schritt und Tritt, der seinetwegen geschieht, ebenso wie einen Trunk Wasser, den man einem Armen ihm zuliebe reicht, im Himmel vergilt: die gute Meinung macht uns Gott zum Schuldner, gleichwie ein Knecht durch seine Arbeiten sich seinen Herrn zum Schuldner macht. Die gute Meinung verwandelt Blei in Gold, indem sie aus den täglichen geringen Werken goldene Schätze der Verdienste macht, die man nach diesem Leben im Himmel ewig besitzen und genießen wird.

Wann und wie soll man die gute Meinung machen?

Man soll gleich in der Frühe alle Gedanken, Worte und Werke, Kreuz und Leiden, Schritte und Tritte des ganzen Tages 1. Gott aufopfern als ein Opfer schuldiger Anbetung, Ehre und Liebe, als ein Dankopfer für die empfangenen Wohltaten, als ein Versöhnungsopfer zur Genugtuung für eigene und fremde Sünden, endlich als ein Bittopfer um neue Gnaden und Gaben für sich und andere; und zwar 2. durch die Verdienste Jesu und in Vereinigung mit seinen Werken, weil unsere Werke nur von diesen Wert und Verdienst erhalten. Diese Meinung erneuere man oft im Laufe des Tages, z.B. beim Stundengebete, beim Anfange einer neuen Arbeit, wenn die Ungeduld uns überfallen will usw., etwa mit den Worten: "Herr, dir zuliebe"; "alles Gott zu Ehren"; "mein gekreuzigter Heiland, alles zu deiner Ehre und zur Buße für meine Sünden". Man hüte sich, die gute Meinung durch Ungeduld oder sündhafte Werke zu vereiteln. Wäre es dennoch geschehen, so fasse man sich schnell, bitte Gott um Verzeihung und erwecke sie neuerdings. - Triffst du solche an, die, weil sie nicht lesen können. oder aus anderen Ursachen die gute Meinung zu machen nicht verstehen, so unterrichte sie; dadurch wirst du dich ihrer guten Werke teilhaftig machen.


Betrachtung über die Trägheit

1. Die Trägheit ist ein Widerwille gegen alle Mühe und Anstrengung, welche die Erfüllung unserer Pflichten uns auferlegt.
Die leibliche Trägheit richtet viel Unheil unter den Menschen an. Wie mancher Arbeiter ist ein Tagedieb, sein Lohn ist gleich gestohlenem Gut. Wie viel Armut und Elend hat die Arbeitsscheu im Gefolge!
Die geistige Trägheit, die Scheu vor der Arbeit auf dem Acker der Seele, nennt man gewöhnlich Lauheit. Gar manche plagen sich Tag und Nacht und sind ungemein rührig für Geldverdienst; hingegen für ihre Seele tun sie nichts, diese gleicht einem verwilderten Garten voll Dornen und Disteln. - Diese geistige Trägheit, die Lauheit, ist eine Krankheit, an der die meisten Menschen mehr oder minder leiden, und an der zahllose Seelen zugrunde gehen; denn sie führt zur Vernachlässigung der wichtigsten Pflichten der Religion. Die erste Religionspflicht ist das Gebet, im ersten der zehn Gebote wird es anbefohlen. Das Gebet ist für die Seele so notwendig, wie das Atmen für den Leib. Von wie vielen gilt aber der Vorwurf: Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, aber sein Herz ist weit von mir! Warum? Weil die Andacht Mühe, Anstrengung kostet, und weil sie diese Mühe scheuern. Eine notwendige Religionspflicht ist das Beichten. Jeden Morgen waschen wir uns, sollte es minder nötig sein, die Seele zu reinigen? Woher denn die Scheu vor dem Bußgerichte? Ist nicht die Beichtanstalt eine der tröstlichsten Erfindungen der göttlichen Barmherzigkeit? Es gibt doch nichts, was so drückt und peinigt wie das Gefühl der Schuld. Wie tröstlich also ist es, die Worte zu hören: Deine Sünden sind dir vergeben. Warum schiebt man das Beichten denn so gern auf? Die geistige Trägheit ist schuld daran. Die Vorbereitung fordert Anstrengung, die freilich um so schwerer fällt, je seltener man sie übt. Jede Beichte fordert aufrichtige Bekehrung, wozu eine große Gewalttätigkeit gehört; "das Himmelreich leidet ja Gewalt, und nur die Gewalt brauchen, reißen es an sich". Der Träge mag sich keine Gewalt antun.
Die Lauheit führt den Menschen bald zu einem geistigen Schlafe, der ihn gefühllos macht gegen das Heil seiner Seele, gegen alles Religiöse und Übernatürliche. Gott vermag ihn nicht aufzurütteln, weder durch Liebe, noch durch Furcht, weder durch Wohltaten, noch durch Züchtigungen. Was er an religiösen Übungen beibehalten hat, übt nicht den geringsten Einfluß auf sein Verhalten. Er betet noch, weil er es in der Jugend gelernt hat; er geht zur Kirche, zu den Sakramenten, weil es so Sitte ist. Er fühlt nicht den geringsten Hunger nach Gottes Wort. Die Festzeiten gehen an ihm vorüber und lassen ihn kalt. Es kommen freudige Ereignisse in seinem Leben, es kommen schwere Stunden der Trübsal, Tage der Krankheit, Todesfälle; es fällt ihm nicht ein, Gottes Hand darin zu erkennen, Mahnungen der göttlichen Barmherzigkeit und Gerechtigkeit. Jede innere Regung der Gnade unterdrückt er als einen lästigen Skrupel. Bei seiner irdischen Tätigkeit in seinem Stande und Berufe spielen bloß irdische Triebfedern eine Rolle, die Not des Lebens, die Liebe zum Geld, zum Genuß, zur Weltehre. So lebt er, so stirbt er auch. Denn wenn ihm auch mal die Erkenntnis aufdämmert: es muß anders mit mir werden, so verschiebt er die Bekehrung stets auf später. Morgen, morgen, nur nicht heute, so lautet ja der Wahlspruch der Trägheit. Es kommt die letzte Krankheit. Die Angehörigen sprechen von Versehen. Er schiebt es wahrscheinlich auf, bis die Schmerzen, die Schwäche überhand nehmen; und dann, wenn er keine Minute seine Gedanken sammeln kann, will er seine Rechnung mit Gott abschließen und sich vorbereiten auf den entscheidenden Schritt in die Ewigkeit. Vielleicht rafft ihn der Tod hinweg, ehe er noch dazu kommt. Sein ganzes Leben hat er im Schlafe der Lauheit gelegen, wie entsetzlich wird sein Erwachen sein.
In der Tat, solcher Geistesschlaf ist weit gefährlicher als grobe Laster. Warum? Weil grobe Laster den Menschen eher zur Erkenntnis seiner Schuld und Gefahr bringen. Wenn der Rausch der Leidenschaft verflogen ist, gibt der der Gnade Gehör. Der Laue scheut aus Menschenfurcht oder Bequemlichkeit vor groben Ausschreitungen zurück. Dagegen weniger auffallende Sünden gegen die Liebe und Verehrung Gottes, gegen die Liebe und Ehre des Nächsten "trinkt er hinunter wie Wasser". Er merkt es kaum, macht sich nichts darausund tröstet sich damit, daß er nicht ist wie die Diebe, Räuber und ehebrecher oder wie jener Zöllner, auf den die Welt mit Fingern zeigt. Wie soll er zur Bekehrung kommen, solange ihm die Erkenntnis fehlt? Der Geist Gottes beschreibt in der Geheimen Offenbarung den Zustand einer lauen und trägen Seele mit folgenden Worten: "Du bist weder kalt noch warm. Wärest du doch entweder kalt oder warm! Aber weil du lau bist, will ich beginnen, dich auszuspeien aus meinem Munde. Du sagst: Ich bin reich und habe in Fülle und bedarf nichts, und du weiß nicht, daß du elend bist und bedauernswert und arm und blind und nackt" (Offenb. 3).

2. Was soll uns bewahren vor der Gefahr der Trägheit, was kann uns von diesem Verderben retten? Vor jedem Tabernakel brennt das Ewige Licht und sagt uns: der Heiland ist hier, das Licht der Welt, der gekommen ist, um Feuer auf die Erde zu bringen, und will, daß es brenne. Christus im Altarsakramente vor allem will uns erleuchten und zum Eifer entflammen.
Das Altarsakrament erleuchtet uns über die Schuldbarkeit und Schmach der Trägheit, und zeigt uns die Notwendigkeit der Arbeit; es bietet uns auch die Mittel zu ihrer Heilung. - Die Arbeit war ein Gesetz Gottes von Anfang an. Selbst das Leben im Paradiese war kein Leben träger Ruhe, sondern der Arbeit. Freilich war dieselbe keine drückende Last, sondern eine freude, da kein Hang zur Trägheit sich dagegen sträubte. Leben heißt ja nicht schlafen, sondern tätige sein. Ohne Tätigkeit keine Entwicklung der Kräfte; jede Kraft muß sich übern, wenn sie nicht verkümmern soll. Infolge des Sündenfalles bekam die Arbeit eine neue Notwendigkeit. Nicht bloß zur Entwicklung und Übung der leiblichen und geistigen Kräfte sollte sie dienen, sondern auch zur Buße und Arznei. Nicht mehr ein freudiger Dienst des Herrn ist seitdem die Arbeit unsers Lebens, sondern ein freudiger Dienst des Herrn ist seitdem die Arbeit unsers Lebens, sondern ein mühevollen Werk. Die Arbeit liegt als harte aber heilsame Strafe auf den Schultern der Menschen. Anstrengung, Mühe, Soge und Plage begleiten den Menschen bis zum Grabe. Wer die Arbeit, die ihm durch seinen Beruf zugewiesen ist, vernachlässigt, hat seinem Gott und Herrn sich zu verantworten. Auch derjenige, der nicht um das tägliche Brot zu ringen hat, ist zur Arbeit verpflichtet: er muß seine Kräfte und Talente ausbilden und nützlich gebrauchen, darf nicht bloß sich vergnügen wollen, sonst trifft ihn das Urteil des reichen Prassers.
Wie hält nun das Altarsakrament uns das Gesetz der Arbeit vor Augen? Das Leben Jesu im heiligsten Sakramente ist kein Leben der Untätigkeit, sondern eine beständige Arbeit zum Heile der Welt. Auf unsern Altären wird Christus wiederum geboren und erneuert seinen Opfertod; er setzt auch jene Tätigkeit fort, die er in den dreiunddreißig Jahren seines Erdenwandels geübt hat. Damals "ging er vorüber und tat Gutes"; jetzt bleibt er in unserer Mitte uns spendet göttlichen Segen für Zeit und Ewigkeit. Bis zum dreißigsten Jahre verbarg er sich in der Einsamkeit zu Nazareth und führte das Leben eines Handwerkers, der durch seiner Hände Arbeit sein Brot verdienen muß. Er büßte auch für die Trägheit die körperliche Anstrengung scheut und flieht; er lehrte durch sein Beispiel, daß die gewöhnlichste Beschäftigung groß und edel ist in Gottes Augen, wenn sie geheiligt wird, durch die rechte Absicht. Drei Jahre übte der Herr die geistige Arbeit in seiner Lehrtätigkeit. Ohne Ruhe und Rast zog er im Lande umher, streute den Samen des göttlichen Wortes aus, linderte das menschliche Elend, und wenn er den Tag über sich müde gearbeitet hat, brachte er die Nacht in Wachen und Beten zu. "Tuet dies zu meinem Andenken!" Alles dieses übt er gewissermaßen noch beständig vom Tabernakel aus. Er lehrt, erzieht, heilt, tröstet, betet. Er vervielfältigt seine Tätigkeit. Kein Ort auf der weiten Welt soll gefunden werden, wo er nicht inmitten der Menschenkinder erscheinen will, um ihr Lehrer, Helfer und Tröster zu sein. Wenn nun selbst er, unser Gott und Herr, jeder Art von Arbeit sich unterzogen hat und noch rastlos tätig ist für uns, wer dürfte dann sich beklagen, wenn auch ihn das Joch der Arbeit drückt?

3. Im Schweiße deines Angesichtes sollst du dein Brot essen - das hat noch eine andere Bedeutung. Christus selbst ist unser Brot gewesen. "Ich bin das Brot des Lebens, das vom Himmel gekommen ist." Wie viel Mühe und Schweiß hat es ihn gekostet, bis er dieses Brot uns verdient und zubereitet hat! m Ölberge vergoß er deshalb blutigen Schweiß, und am Kreuze perlte der Todesschweiß von seiner Stirne. Dadurch hat er das Brot des Lebens uns erworben - und wir wollten es mühelos genießen? Nein, wer nicht arbeitet, der soll auch nicht essen. Der heilige Fronleichnam, der größte Schatz der Religion, muß auch von uns verdient werden. Vor allem durch die Vorbereitung zum würdigen, gnadenvollen Empfange der Kommunion. Warum erfahren wir so wenig die Kraft der heiligen Kommunion? Sie sollte uns mit Christus ein Herz und eine Seele machen. Warum bleiben wir trotz der Nähe des Herrn und der innigen Verbindung mit ihm so kalt gegen ihn? Es fehlt an der rechten Vorbereitung, an der Bewahrung und Benutzung der Gnaden, die er bringt. Wir sind zu arbeitsscheu, die Mühe ist uns zu viel, unsere Trägheit ist schuld.
O möchten wir jedesmal, wenn wir vor ihm erscheinen, die Mühe und den Schweiß betrachten, die das Geheimnis des Altarsakramentes ihn gekostet hat im Leben und Sterben. Das Feuer der göttlichen Liebe, das Herz verzehrt, möge unsere Trägheit überwinden und uns entflammen zum Eifer. Die Glieder unseres Leiben, von ihm in Besitz genommen, sollen auch zu seinem Dienste tätig sein. In dem Stande und Beruf, in den seine Vorsehung uns geführt hat, wollen wir tätig sein nach seinem Willen, um seinetwillen. Die Ruhe soll nach seiner Bestimmung dienen zur Erneuerung unserer Kräfte, unsern Leib wollen wir in eifrigem Schaffen dem Herrn aufopfern als ein ihm wohlgefälliges Opfer. So wird durch die rechte Absicht selbst unsere Arbeit zum gottesdienste. Arbeitsamkeit wird uns vor Verführung und Sünde bewahren, wird uns Buße wirken helfen. Ausruhen können wir noch lange genug im Grabe. Jetzt müssen wir wirken, solange es Tag ist, rasch genug kommt die Nacht, wo niemand mehr wirken kann. Je mehr wir unsere Glieder aufgerieben haben um seinetwillen, desto herrlicher werden sie glänzen in seinem Reiche.
Vor allem wollen wir arbeiten im Weinberge unserer Seele; jeden Tag das Unkraut der Sünde ausrotten und die Früchte der guten Werke zur Reife bringen, die wir allen mitnehmen können in die Ewigkeit. Das sei Hauptangelegenheit unseres Lebens.

Die hl. Mechthildis erblickte einst in deiner Vision den göttlichen Heiland auf einem Throne sitzend, unter seinen Füßen einen Schemel, und hörte ihn sagen: Hier neige dich zu meinen Füßen, so daß ihr Ohr auf der Wunde seines Fußes lag. Da hörte sie diese Wunde gleich dem Sieden eines Topfes wallen. Und er Herr sprach: Der siedende Topf klingt gleich als ob er spräche: laufe, laufe! So hat auch die heiße Liebe meines Herzens mich allezeit angetrieben zu sprechen: laufe von Arbeit zu Arbeit, von Stadt zu Stadt, von Predigt zu Predigt, und sie hat mich nie ruhen lassen, bis ich alle Dinge, die zu deinem Heile nötig waren, bis zum Ende erfüllt habe.

Mehr als die Furcht vor ewigen Höllenqualen sollte die Liebe unsers guten Hirten und seine Arbeit für uns uns anspornen zur Tätigkeit in seinem Dienste. Die Liebe Christi drängt uns, sprach der Apostel, wenn er von seiner Mühe und Arbeit redete. Die Liebe Christi drängt mich, wollen auch wir sagen; sie drängt mich, daß ich bete, faste, meinen Leib streng halte, dieses Werkzeug so vieler Sünden, die Ursache so schändlicher Trägheit; sie drängt mich, daß ich endlich einmal anfange, Buße zu wirken und eine gute Aussaat für die Ewigkeit zu machen. Wenn ich jetzt reichlich aussäe, dann werde ich dereinst reichlich ernten.

Gebet. Stehe mir bei, o Herr, damit ich nicht in der Nacht der Sünde, sondern zu deiner Ehre und zu meinem Heile arbeite. Stehe aber auch allen Seelsorgern, Vorgesetzten und Eltern bei, damit sie die ihrer Sorge Anvertrauten für dein Reich gewinnen mögen. Amen.


Unterricht für den fünften Sonntag nach Pfingsten

Beim Eingag der heiligen Messe bete zu Gott mit dem Priester um Hilfe:
Erhöre, o Herr, meine Stimme, womit ich zu dir gerufen haben: erbarme dich meiner und erhöre mich. Sei du mein Helfe, verlasse mich nicht und verachte mich nicht, o Gott, mein Heiland! - Der Herr ist mein Licht und mein Heil, wen soll ich fürchten? (Ps 26). Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. O Gott, der du denen, die dich lieben, unsichtbare Güter bereitet hast, entzünde in unsern Herzen das Feuer deiner Liebe, damit wir, indem wir dich in allem und über alles lieben, deiner Verheißungen, die alle Wünsche übersteigen, teilhaftig werden. Durch Jesum Christum, deinen Sohn, unsern Herrn. Amen.

Lektion aus dem ersten Briefe des hl. Petrus III,8-15

Geliebte! Seid alle einmütig im Gebete, mitleidig, brüderlich, barmherzig, bescheiden, demütig; vergeltet nicht Böses mit Bösem, nicht Schmähworte mit Schmähworten; im Gegenteile segnet einander, weil ihr dazu berufen seid, Segen zu erwerben. Denn wer des Lebens sich freuen und gute Tage sehen will, der bewahre seine Zunge vor dem Bösen und seine Lippen, daß sie nichts Trügerisches reden. Er wende sich vom Bösen ab und tue Gutes, er suche Frieden und strebe ihm nach; denn die Augen des Herrn sehen auf die Gerechten, und seine Ohren merken auf ihr Gebet: aber das Angesicht des Herrn ist wider die, die Böses tun. Und wer kann euch schaden, wenn ihr dem Guten nachtrachtet? Wenn ihr aber etwas leidet um der Gerechtigkeit willen, selig seid ihr. Ihre Drohungen fürchtet nicht und beunruhiget euch nicht: haltet nur den Herrn Jesus Christus heilig in euren Herzen.

Erklärung

Das beste Band der Eintracht ist die Religion. Die Religionsspaltung bewirkt die schlimmste Zerrissenheit. Um das kostbare Gut des Friedens zu pflegen, ist Mitleid nötig mit den Schwächen und Gebrechen des Nächsten. Sich den Ansichten und Forderungen anderer fügen, soweit es erlaubt ist, selbst wenn sie unberechtigt sind, ist ein großes Werk der Liebe, die mit fremder Schwäche Mitleid übt. Brüderliche Gesinnung, nicht nur mitleidige Liebe, sollen wir gegen die Glaubensgenossen üben; Anfeindung, Zurücksetzung, Verfolgung um der Religion willen soll ein festes Band schmieden zwischen den Glaubensgenossen; das Zusammenhalten wehrt auch am besten dem Unrecht. Leider lassen die Katholiken es daran so oft fehlen.

Wer viele Werke der Barmherzigkeit übt, der Nöte und Gebrechen anderer sich annimmt, kann leicht versucht sein, selbstgefällig und geringschätzig auf dieselben herabzusehen, auch schleichen sich gern herrschsüchtige Gelüste ein. Das wäre Anmaßung, vor der uns die Erkenntnis bewahren soll, daß wir nur Werkzeuge des allein Guten sind.

Wenn wir auch fremdes Unrecht abwehren dürfen, so soll es uns doch nie erbittern und rachsüchtig machen; sonst setzen wir uns selbst ins Unrecht. - Der Unfriede, der das Leben verbittert, kommt zumeist vom Gebrauche der Zunge. Wer mit seiner Zunge nicht fehlt, ist vollkommen. Ein solcher wird auch sonst sich beherrschen können. Alle Anstrengung und Opfer, die das kostet, werden hienieden schon reichlich aufgewogen durch das Segenserbe des Friedens.

Ein gutes Gewissen verleiht nicht nur diesen Frieden, der allen Begriff übersteigt, sondern auch große Zuversicht, insbesondere den Anschlägen der Bosheit gegenüber. Was liegt daran, wenn wir Unrecht leiden; Gott ist reich genug, den Schaden zu ersetzen, wird es tun, wenn wir nur Christi Wort und Gebot heilig halten; besonders das Gebot der Liebe.

Was der Mensch säet, das wird er ernten; wir sind berufen, Segen zu ernten, deshalb müssen wir Segen säen; d.h. nach dem Vorbilde Christi Gutes tuend durchs Leben gehen.

Gebet. O gütigster Heiland, Jesu Christe, verleihe mir, daß ich dir in deinen Tugenden, namentlich in dem Eifer im Gebete, im Mitleiden gegen die Brüder, in der Barmherzigkeit, Bescheidenheit, Demut, in der Geduld und Liebe gegen die Feinde eifrig nachfolge, dadurch dich ehre und mich heilige und eines gnädigen Schutzes würdig werde.

Evangelium Matthäus V,20-24

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Wenn eure Gerechtigkeit nicht vollkommener sein wird als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, so werdet ihr nicht in das Himmelreich eingehen. Ihr habt gehört, daß zu den Alten gesagt worden ist: Du sollst nicht töten; wer aber tötet der soll dem Gerichte verfallen. Ich aber sage euch, ein jeder, der über seinen Bruder zürnet, wird dem Gerichte verfallen. Wer aber zu seinem Bruder sagt: Raka! wird dem Hohen Rate verfallen; und wer sagt: du Gottloser! verfällt dem höllischen Feuer. Wenn du aber deine Opfergabe zu dem Altare bringest und dich daselbst erinnerst, daß dein Bruder etwas wider dich habe, so laß deine Gabe allda vor dem Altare und gehe zuvor hin, versöhne dich mit deinem Bruder und dann komm und opfere deine Gabe.

Welches war die Gerechtigkeit der Pharisäer?

Die Pharisäer waren nur dem äußerlichen Scheine nach fromm und vermieden nur jene Laster, die entweder zeitliche Schande oder Beschädigung nach sich zogen oder keine Selbstüberwindung kosteten; dagegen waren sie voll Bosheit in ihrem Herzen, wie Christus ihnen öfters vorwarf und sie deswegen nur Gleißner und Heuchler nannte.
Was nützt es wohl, wenn man ganze Stunden betet, fastet, öfters beichtet, kommuniziert, Almosen gibt aus Eitelkeit oder Heuchelei, oder wenn man Neid, Haß, Falschheit und Ehrabschneidung nicht vermeidet, heimlich Unzucht treibt, die Armen aussaugt und seine Standespflichten nicht erfüllt?

Worin besteht also die wahre Gerechtigkeit?

Darin, daß man jedwede Sünde meidet und alle Gebote Gottes und der Kirche erfüllt. Die Sünde kann ebensowohl in Gedanken und Begierden begangen werden wie durch äußerliche Handlung. Christus zeigt dieses an einem Beispiele. Die Pharisäer bezogen das fünfte Gebot: Du sollst nicht töten, nur auf den Totschlag, und nahmen es mit Zorn, Haß, Rachbegierde, Scheltworten nicht so genau. Da zeigt nun Jesus, daß auch die Schimpfreden Sünde sind, und er verfolgt die Sünde bis in ihre ersten Anfänge, bis zur lieblosen Gesinnung, bis zu dem Zorne, der sich nur im Herzen und noch gar nicht in Worten oder Handlungen äußert.

Wie ist das zu verstehen, was Christus hier vom Zorne und von den Schimpfworten sagt?

Die Juden hatten seit den ältesten Zeiten zwei Gerichtsorte: das Gericht, das in jeder Stadt bestand und aus Priestern und Familienhäuptern zusammengesetzt war, und das hohe Gericht (der hohe Rat), das aus 71 Mitgliedern bestand, zu Jerusalem war und die größten Händel und Angelegenheiten schlichtete und die schwersten Strafen zuerkannte. Der Sinn der Worte Christi ist also dieser: Ihr habt gehört, daß der Totschlag durch das Gesetz verboten und daß ein Totschläger vor dem menschlichen Gerichte strafbar ist. Ich aber sage euch, daß schon, wer sich nur über seinen Nächsten erzürnt, von dem göttlichen Gerichte bestraft wird, und aß die schwere Beschimpfung des Nächsten vor dem göttlichen Gerichte so schwer bestraft wird, wie der wirkliche Totschlag vor dem menschlichen.

Warum soll man zuvor hingehen, sich mit seinem Nächsten zu versöhnen, wenn man ein Opfer bringen oder sonst ein gutes Werk verrichten will?

Weil kein Opfer oder gutes Werk Gott angenehm und verdienstlich ist, wenn man mit seinem Nächsten in Feindschaft, Haß und Zwietracht lebt; denn wer sich durch seine Schuld den Nächsten zum Feinde gemacht hat, der hat auch Gott zum Feinde, der sich durch kein Opfer oder andere guten Werke eher versöhnen läßt, bis man sich mit seinem Feinde versöhnt hat. - Dieses mögen jene Christen sich wohl merken, die sich unterstehen, zur Beicht und Kommunion zu gehen ohne daß sie jene, die sie schwer beleidigt haben, um Verzeihung bitten wollen oder selbst ihren Beleidigern von Herzen verziehen haben: denn sie sollen wissen, daß Unversöhnliche, anstatt in der Beichte von ihren Sünden losgesprochen zu werden, sich eine neue Todsünde durch eine ungültige Beichte aufladen und in der heiligen Kommunion sich die Verdammung hineinessen.
Zur Erinnerung an die Pflicht der Versöhnlichkeit umarmen die Leviten einander bei der heiligen Messe vor der Kommunion.

Wie sollen wir uns mit unsern Feinden versöhnen?

Dies lehrt der hl. Augustinus, da er sagt: Wenn derjenige, den du beleidigt hast, abwesend ist, und du so leicht nicht zu ihm kommen kannst, so demütige dich vor Gott und bitte ihn um Verzeihung, ehe du ihm dein Opfer bringest, mit dem festen Vorsatze, sich sobald als möglich mit deinem Feinde auszusöhnen. Ist er aber gegenwärtig, so gehe hin und bitte ihn wirklich um Verzeihung, oder wenn er dich beleidigt hat, so lasse den Zorn im Herzen fahren. Die Versöhnung muß also stattfinden 1. von Herzen, 2. schnell, 3. aus wirklicher Liebe zu Gott und muß 4. dauernd sein.


Betrachtung über den Zorn

1. Zorn ist ein unordentliches Aufbrausen des Gemütes, verbunden mit der Begierde, Rache zu nehmen. Nicht jede zornige Aufregung des Gemütes ist sündhaft. "Zürnet, aber sündigt nicht" (Psalm 4). Stets kalt und unempfindlich zu sein und allen Ereignissen des Lebens eine träge Ruhe entgegenzusetzen, wäre ja unvernünftig und unmenschlich. Unser Herz muß warm schlagen für Wahrheit, Tugend und Recht. und muß sich empören gegen das Unrecht. Moses entrüstete sich über den Wankelmut des Volkes. Christus über die Tempelschänder. Diese Leidenschaft, gut geleitet, wird auch uns mit Eifer erfüllen, damit wir aus dem Tempel unseres Herzens alles Schändliche hinauswerfen und auch bei unsern Mitmenschen das Schlechte nach Kräften bekämpfen. Eltern und Vorgesetzte insbesondere dürfen nicht gleichgültig sein gegen die Fehler der Untergebenen, sonst trifft sie das Urteil des Heli.
Ein Laster wird der Zorn dann, wenn er ungebührlich aufbraust. Dies geschieht 1. wenn man sich über etwas erzürnt, worüber kein vernünftiger guter Mensch sich erzürnen kann und darf; z.B. über das Wetter, über ein Mißgeschick; ein Kind wird aufgebracht über die Eltern, weil sie es tadeln, strafen. Der Zorn ist ungebührlich 2. wenn die Ursache zwar rechtmäßig und erlaubt, aber die Art und Weise eine verkehrte ist wegen übermäßiger Heftigkeit, so daß man die Selbstbeherrschung verliert oder sich gegen die pflichtschuldige Nächstenliebe verfehlt. So sündigt ein Vater, der sich über die Fehler eines Kindes derart heftig erzürnt, daß er tobt, flucht, das Kind übermäßig mißhandelt. Schwer sündhaft ist der Zorn, wenn er dem Menschen die Besinnung raubt, so daß er nicht mehr weiß, was er sagt und tut; ferner, wenn er der Gesundheit ernstlich schadet, schweres Ärgernis gibt oder dem Nächsten schweres Unrecht zufügt, sei es durch grobe Beschimpfung oder Mißhandlung und dergleichen.
Dieses Laster entehrt den Menschen. Die Väter vergleichen den Jähzornigen mit einem Betrunkenen oder Wahnsinnigen, weil er die Herrschaft über sich verliert. "Auch der Jähzornige ist ein Betrunkener, auch ihm schwillt das Gesicht auf, auch seine Stimme wird heftig, seine Augen sind mit Blut unterlaufen, sein Verstand wird verdunkelt, seine Einsicht getrübt, seine Zunge zittert, seine Augen verdrehen sich, seine Ohren hören nicht recht, indem der Zorn noch heftiger als die Trunkenheit auf sein Gehirn drückt und einen Sturm, ein Gewitter in seiner Seele aufregt, das sich nicht mehr stillen lassen will" (Chrysostomus). Der heidnische Arzt und Weltweise Galenus erzählt, daß er in seiner Jugend einmal zusah, wie ein Mensch eine Haustür aufschließen wollte und es in seiner Hast nicht zustande brachte. Darüber wurde derselbe so zornig, daß er mit den Zähnen den Schlüssel biß, mit den Füßen gegen die Türe trat, schäumte und wütete, Flüche und Verwünschungen ausstieß. Dieser häßliche Anblick machte selbst auf diesen Heiden einen solchen abschreckenden Eindruck, daß er von da an niemals mehr dem Zorne Raum gab.
Die Schrift sagt: "Der Zorn stürzt ins Verderben." Wie viel Schaden und Kummer zieht er seinen Sklaven zu, und zwar warum? Meist wegen Kleinigkeiten, wegen eines unvorsichtigen Wortes, eines kleinen Schadens, eines Widerspruchs. Der Zornige gleicht einer Biene, die, wenn sie erzürnt wird, sticht, aber dadurch ihren Stachel verliert und zugrunde geht. Mit Recht wird diese Leidenschaft zu den Hauptsünden gerechnet; denn wie viel Haß und Feindschaft entspringen aus dem Zorn; wie viel greuliche Flüche und Gotteslästerungen, Beschimpfungen und Mißhandlungen, Beschädigungen, Grausamkeiten, selbst Mordtaten. Wie manches Lebensglück hat dieses Laster in wenigen Augenblicken zerstört! Die Zuchthäuser sind angefüllt mit Opfern des Zornes. Die größten Verbrechen, welche die Geschichte kennt, kommen auf die Rechnung dieses Lasters. Ludwig der Strenge, Herzog von Bayern, geriet durch einen falschen Verdacht gegen seine Gemahlin so in Wut, daß er in rasender Eile zu seinem Schlosse ritt, den Torwächter niederstieß, eine Hofdame von der Burgzinne herabstürzen, die Herzogin enthaupten ließ. Als bald darauf ihre Unschuld an den Tag kam, erwachte sein Gewissen mit Macht und peinigte ihn derart, daß über Nacht sein Haar schneeweiß wurde. - "Darum sei jeder Mensch schnell zum Hören, langsam aber zum Reden und langsam zum Zorne. Denn der Zorn tut nicht, was vor Gott gerecht ist" (Jak. 1). "Wenn es möglich ist, so habet, soviel an euch liegt, Frieden mit allen Menschen; rächet euch selbst nicht, Geliebteste, sondern gebet dem Zorne Gottes Raum, denn es steht geschrieben: mein ist die Rache, ich will´s vergelten, spricht der Herr" (Röm. 12). "Nehmet mein Joch auf euch und lernet von mir," ruft Christus uns zu. Und was sollen wir von ihm lernen? "Denn ich bin sanftmütig und demütig von Herzen; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seele (Matth. 11). "Selig sind die Sanftmütigen, sie werden das Erdreich besitzen" (Luk. 21).
Das ist eine der wichtigsten Elternpflichten, die Kinder an die Sanftmut und Geduld von kleinauf zu gewöhnen, sie anzuhalten, daß sie Zorn und Eigensinn unterdrücken, Beleidigungen verzeihen, Beschwerden und Widerwärtigkeiten in Geduld ertragen lernen. Wird das in der Jugend nicht gelernt, in späteren Jahren kostet es schwere Kämpfe und teures Lehrgeld. Möglich ist es jedoch immer und für jeden, mit dem Beistande der göttlichen Gnade den Zornteufel zu überwinden. Diese Gnade müssen wir suchen in beharrlichem Gebet und in dem öfteren Empfange der Sakramente. Insbesondere ist das heiligste Altarsakrament eine heilkräftige Arznei wider dieses Laster. Dieses hochheilige Geheimnis verstopft nämlich die drei Quellen, aus denen der Zorn gewöhnlich hervorgeht: den Mangel an Selbstbeherrschung, den Mangel an Demut und den Mangel an Liebe.

2. Der Zorn hat zum ersten Grunde eine Schwäche des Geistes. Das Altarsakrament hält uns unsere Würde vor Augen und die Pflicht der Selbstbeherrschung. Es ist das Brot der Starken. Alle Kämpfe, die wir in dieser Prüfungszeit auszufechten haben, können wir mit seiner Hilfe siegreich bestehen und brauchen unsere natürliche Schwachheit nicht zu fürchten. "Wie Löwen" kamen die ersten Christen von diesem Mahle. Die Märtyrer stärkten sich zu ihren schweren Kämpfen mit diesem Brote. Auch alle übrigen christlichen Helden, die heiligen Muster eines christlichen Lebens, haben möglichst oft kommuniziert und damit sich stark gemacht, die Neigungen der Natur zu bezwingen. Der hl. Franz von Sales war von Natur sehr jähzornig; durch lange Übung brachte er es mit Gottes Hilfe dahin, daß er bei den gröbsten Beleidigungen nicht den geringsten Unwillen zeigte.
Eine zweite Quelle des Zornes ist der Stolz. Der hochmütige Mensch will stets recht haben, seine Willen durchsetzen, kann keinen Widerspruch vertragen, er empört sich selbst gegen Gott, wenn ihn widrige Schicksale treffen und Gott ihn demütigen will. Demut mußt du lernen und Geduld, wenn du den Zorn überwinden willst. Und die beste Schule dafür ist bei Jesus im Altarsakrament. Er demütigt sich da in einer Art noch tiefer als vordem in Bethlehem., in Nazareth und auf Golgatha. Er will unsern Hochmut sühnen, uns Demut üben und lieben lehren. Man kann unmöglich öfter mit dem Geheimnis seiner Demut umgehen, ihn im Altarsakramente herzlich verehren und hochmütig bleiben. - Und wie übt Christus hier die kostbare Tugend der Geduld! Die Schrift sagt: Ein Geduldiger ist besser als ein Starker. Nicht durch seine Allmacht hat Christus das Menschengeschlecht aus den Ketten Satans erlöst, sondern durch himmlische Geduld. Die Hölle ließ ihre ganze Bosheit gegen ihn spielen, alles menschliche Elend stürmte auf ihn ein; aber wie ein feindlicher Anprall an einem festen Turme zerschellt, so triumphierte seine Geduld über alles. Dieses Bild unüberwindlicher Geduld bietet er uns noch stets im Tabernakel. Zwar ist er hier Leiden und Mühsalen nicht mehr unterworfen, aber desto härter wird seine Geduld auf die Probe gestellt durch das Benehmen der Menschen, um derentwillen er sich in Brotsgestalt einschließt. Unsertwegen bleibt er hier beständig gegenwärtig; uns will er an sich ziehen, uns bessern, umwandeln zu andern Menschen, uns trösten und helfen. Wer aber bekümmert sich um ihn? Wie viele suchen ihn hier auf höchstens ein einziges Mal in der Woche; wie viele empfangen ihn hier auf seine dringende Einladung nur ein einziges Mal im Jahre; und wie wenigen unter diesen ist es wahrhaft ernst mit der Liebe zu ihm, dem Gehorsam gegen ihn! Sollte er da nicht endlich müde werden? Wehe uns, wenn er die Geduld verlöre, wenn seine Langmut nicht unüberwindlich wäre, größer, als es sich scheinbar mit seiner Würde und Ehre verträgt! Was Christus Gutes wirkt im Altarsakramente, das wirkt er nicht durch Allmacht, sondern durch Geduld. Welch eine Lehre für uns, die wir so leicht die Geduld verlieren, wenn wir nicht erreichen, was wir wollen, wenn Gott uns prüft, wenn er Leiden schickt oder unsere Gebete nicht erhört. Christus ruft uns vom Tabernakel aus zu: ein Geduldiger ist besser als ein Starker! Demütige dich unter der Hand Gottes. demütige dich wegen deiner Armseligkeit, wenn dir etwas nicht gelingen will, demütige dich und lasse nicht nach in geduldigem Vertrauen. Lerne von mir, in Geduld habe ich den Teufel überwunden, in Geduld überwinde ich den Unglauben und die Gleichgültigkeit der Menschen, in Geduld wirst auch du deine Seele retten.

Geduld gegen die Beleidiger fordert die Feindesliebe. Auch diese will Christus im heiligsten Sakramente uns lehren, uns üben helfen. - Er spricht hier wiederum: Ein Beispiel habe ich euch gegeben, auf daß, wie ich euch getan habe, auch ihr einander tuet (Joh. 13). Und was hatte er getan? Er hatte zu den Füßen der Apostel gekniet und ihnen die Füße gewaschen. Auch dem Judas, seinem Verräter. Ein Beispiel hat er uns gegeben, als er vor dem Hohenpriester sich verantwortete und ein Scherge ihn ins Gesicht schlug. Gelassen und voll himmlischer Sanftmut sprach er: Habe ich unrecht geredet, so beweise es mir, habe ich recht geredet, warum schlägst du mich? Ein Beispiel gab er am Kreuze, wo er sich von Todfeinden umringt sah, wie von reißenden Tieren. Voll Mitleid blickte er auf sie herab, voll Liebe für ihre arme Seele. Er klagt sie nicht an, sondern entschuldigt sie und betet für sie. So übte er zuvor selbst, was er uns befahl: Liebet eure Feinde! - Dasselbe übt und lehrt er im Sakramente des Altares. Welche Beleidigungen erträgt er das stillschweigend von Gläubigen und Ungläubigen; welche Verachtung und welche Sakrilegien. Da fleht er und opfert sich beständig für seine Feinde. Ein Abscheu sind wir vor ihm, wenn wir zu ihm kommen mit Groll im Herzen. Dem Sakramente der Liebe und Versöhnung dürfen wir uns nicht nahen, wenn wir in Feindschaft leben. "Wenn ihr den Menschen ihre Sünden nicht vergebet (und in Geduld ertraget), so wird auch euer himmlischer Vater eure Sünden euch nicht vergeben" (Matth. 6).

Die hl. Gertrud redete an Kommuniontagen, wenn es nicht dringend notwendig war, auch nicht ein Wort. Denn sie überlegte, wie schmählich es sei, den Mund, durch den Christus einging, und die Zunge, die ihn getragen hatte, zu unnützen Gesprächen oder sündhaften Reden zu mißbrauchen. Christus selbst gab ihr einst zu verstehen: wer seine Zunge nicht im Zaume hält, sondern nach der heiligen Kommunion sich eitle, falsche, schändliche oder ehrenrührige Reden erlaubt, der behandelt mich, seinen Gott und Herrn, ebenso, wie ein Mensch seinen Gast behandeln würde, gegen der er Steine wirft, wenn dieser sein Haus betritt.

So soll die Liebe zum Heiland im Altarsakramente, das Andenken an ihn den Aufruhr der Leidenschaft besänftigen, wenn der Zorn aufbrausen will. Unser Christentum wollen wir nicht in Redensarten suchen, nicht in äußeren Schein, sondern darin, daß Christi Geist und Gesinnung in uns regiert, der Geist der Sanftmut, Demut und Geduld, die Gesinnung christlicher Liebe!
(N. Ehrler.)

Gebet. Bewahre mich, o Gott. vor pharisäischer Blindheit, daß ich nicht den Menschen zu gefallen suche und de ewigen Belohnung beraubt werde. Verbanne aus meinem Herzen allen sündhaften Zorn, und flöße mir einen heiligen Liebeseifer ein, kraft dessen ich nur für deine Ehre und für meines Nächsten Heil eifere, niemand beleidige, meinen Beleidigern gern verzeihe und dadurch die wahre christliche Gerechtigkeit erlange. Amen.


Unterricht für den sechsten Sonntag nach Pfingsten

Die Kirche ermuntert an diesem Sonntage die Christen zur Ausdauer im Guten durch Hinweisung auf den Allerbarmer. Der Eingang der heiligen Messe ist deswegen ein Gebet einer auf den mächtigen und gütigen Schutz Gottes vertrauenden Seele:
Zu dir, Herr, will ich rufen, mein Gott! schweige nicht vor mir, damit nicht, wenn du schweigst vor mir, ich gleich werde denen, die in die Grube hinabfahren. - Der Herr ist die Stärke seines Volkes und der Beschirmer des Heiles seines Gesalbten. Hilf, Herr, deinem Volke und segne dein Erbe, und regiere sie und erhöhe sie ewiglich (Ps 27). Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. Gott der Stärke, von dem alles Gute kommt! pflanze in unsere Herzen die Liebe deines Namens und gib, daß wir in der Frömmigkeit zunehmen, damit das Gute in uns von dir genährt und mittels unseres Eifers in der Gottseligkeit durch dich auch erhalten werde. Durch Jesum Christus, deinen Sohn, unsern Herrn. Amen.

Lektion aus dem Brief an die Römer VI,3-11

Brüder! Wir alle, die wir in Christo Jesu getauft sind, wir sind auf seinen Tod getauft worden. Denn wir sind mit ihm durch die Taufe (der Sünde) abgestorben und begraben, damit, gleichwie Christus auferstanden ist von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, also auch wir in einem neuen Leben wandeln. Wenn wir nämlich (mit ihm) verbunden sind zur Ähnlichkeit seines Todes, so werden wir es auch in bezug auf die Auferstehung sein. Denn dies wissen wir, daß unser alter Mensch mitgekreuzigt worden, auf daß zuerstört werde der Leib der Sünde und wir nicht mehr der Sünde dienen. Denn wer (der Sünde) gestorben ist, der ist gerechtfertigt von der Sünde. Wenn wir aber mit Christo gestorben sind, so glauben wir, daß wir auch zugleich mit Christo leben werden, da wir wissen, daß Christus, nachdem er von den Toten auferstanden ist, nicht mehr stirbt; der Tod hat keine Gewalt mehr über ihn. Denn da er wegen der Sünde gestorben, ist er einmal gestorben: und da er lebt, lebt er für Gott. Also sollet auch ihr dafür halten, daß ihr zwar der Sünde abgestorben seid, für Gott aber lebet in Christo Jesu, unserm Herrn.

Erklärung

Die Taufe, die vordem zumeist mit Untertauchen geschah, ist ein Sinnbild des Sterbens, Begräbnisses und Auferstehens Christi. Mit ihm, unserem Haupte, sind wir mitgestorben; mit ihm sollen wir in einem neuen Leben wandeln für immer.

Das Sterben ist bitter, doch muß es sein, es ist ja der Durchgang zum neuen Leben. Der Welt, d.h. der dreifachen bösen Lust, muß der Christ bestimmt absterben; er muß sich beständig abtöten, überwinden und in einem neuen Leben wandeln. Ein christliches Leben darf kein weltliches, sondern muß ein abgetötetes Leben sein.

Dem weltlichen, unerlösten Menschen ist das Kreuz eine Torheit, dem wahren Christen ist es eine Kraft Christi. Das Kreuz Christi ist der neue Lebensbaum. Er ist daran der Sünde gestorben, sofern er unsere Sünde auf sich lud und unsern Schuldbrief ans Kreuz heftete, uns Sündenvergebung erwarb. Neues, ewiges Leben erwarb er für sich und für uns. Für uns aber nur insofern, als wir ebenfalls der Sünde sterben und für Gott leben wollen. Das ist nicht anders möglich, als indem wir teilnehmen am Kreuze Christi, uns überwinden und bußfertig leben, im Bußgeiste die täglichen Widerwärtigkeiten ertragen. Wir segnen uns oft mit dem Kreuz. Aller Segen kommt von ihm. Unser ganzes zeitliches und ewiges Heil beruht auf dem Kreuze Christi und unserm eigenen. Das soll immer mehr unsere Lebensüberzeugungen werden. Dann wird Christus leben in uns, und auf dem Sterbebette werden wir mit großer Zuversicht das Kreuz umfassen als Verheißung eines neuen, ewigen glückseligen Lebens.

Gebet. O Jesu! verleihe mir, daß ich mich immerdar an die Gnade der heiligen Taufe erinnere, der Sünde täglich absterbe und nur noch in dir und für dich leben!

Evangelium Markus VIII,1-9

Als in denselben Tagen viel Volk bei Jesus war und es nichts zu essen hatte, rief er seine Jünger zu sich und sprach zu ihnen: Mich erbarmet das Volk; denn sehet, schon drei Tage harren sie bei mir aus und haben nichts zu essen. Und wenn ich sie ungespeiset nach Hause gehen lasse, so werden sie auf dem Wege verschmachten; denn einige sind weit hergekommen. Da antworteten ihm seine Jünger: Woher wird jemand hier in der Wüste Brot bekommen können, um sie zu sättigen? Und er fragte sie: Wie viele Brote habet ihr? Sie sprachen: Sieben. Und er befahl dem Volke, sich auf die Erde niederzulassen. Dann nahm er die sieben Brote, dankte, brach sie und gab sie seinen Jüngern, daß sie vorlegten: und sie legten dem Volke vor. Sie hatten auch einige Fischlein, und er segnete auch diese und ließ sie vorlegen. Und sie aßen und wurden satt; von den Stücklein, die übriggeblieben waren, hob man noch sieben Körbe voll auf. Es waren aber deren, die gegessen hatten, bei viertausend; und er entließ sie.


Von den Segnungen und Weihungen der Kirche

Was sind die Segnungen und Weihungen?

Die Segnungen sind Gebete, durch welche die Kirche Gott um der Verdienste Jesu Christi und der Heiligen willen bittet, entweder einer Person eine Gnade für Seele und Leib zu erteilen, oder aber seinen Segen auf eine Sache zu legen, damit sie denjenigen, die sie in demütigem Glauben und frommen Sinne gebrauchen, für Seele und Leib heilsam werde. Auf solche Weise werden Menschen, Früchte, Brot Wein, Salz, Häuser, Schiffe, Felder, Wasser, Kerzen usw. gesegnet.
Die Weihungen sind ebenfalls Gebete der Kirche, durch die gewisse, zum Gottesdienst erforderliche Gegenstände von andern Dingen ausgeschieden und geheiligt werden, z.B. Kirche, Altäre, Glocken, Meßgewänder usw.

Wann und wie sind die Segnungen entstanden?

Die Segnungen sind uralte, durch Gottes Beispiel selbst im Alten und Neuen Bunde geheiligte Handlungen. So segnete Gott selbst die Geschöpfe, besonders die Menschen (1. Mos. 1,22,28; 9,1), befahl den Priestern des Alten Bundes, das Volk Israel zu segnen, verheißend, ihren Segen durch den seinigen zu bekräftigen (4 Mos. 6,23), und gebot, alles zum Gottesdienste Erforderliche feierlich zu weihen (3 Mos 8). Ebenso segnete Christus die Brote und Fische (Joh 6,11; Mark 8,6), womit er das hungrige Volk speiste; beim letzten Abendmahle das Brot und den Wein, als er es in sein Fleisch und Blut verwandelte (Matth 26,26), und endlich seine Jünger, ehe er gen Himmel fuhr (Luk 24,51). Diesem Beispiele und dem Befehle Gottes folgend, hat auch die Kirche, die in der Synagoge vorgebildet war, Weihungen und Segnungen eingeführt. Man darf sie also nicht gering achten, ohne Gott zu verachten, der das Beispiel gegeben und die Kirche mit aller Gewalt ausgerüstet hat. - Zudem kommt noch folgendes in Betracht. Durch die Sünde des Menschen geriet die ganze, mit dem Menschen als Haupt zusammenhängende Natur ins Verderben. Durch die Segnung wird nun aber der Teufel mit seinem Einflusse davon vertrieben, und wird die Natur für den Dienst des Menschen zu seiner Heiligung geweiht.

Was haben die Segnungen für eine Kraft?

Zwischen den Segnungen von Personen und Sachen ist wohl zu unterscheiden. Die hauptsächlichsten Wirkungen der Segnungen von Personen sind 1. die Vergebung der läßlichen Sünden; 2. die Mitteilung der erweckenden oder zuvorkommenden Gnade; 3. die Nachlassung der Strafen; 4. die Vertreibung oder Überwindung des Satans, endlich 5. die Mitteilung der Gesundheit und ähnlicher zeitlicher Gaben. - Die Segnungen von Sachen haben zum Zwecke, sie dem Einflusse des Teufels zu entziehen, damit dieser sie nicht mehr als Mittel, uns zur Sünde zu verführen, gebrauchen könne, damit uns vielmehr dadurch der Segen Gottes zur Wohlfahrt des Leibes und der Seele zuteil werde.

Wie müssen wir uns verhalten, damit die Wirkungen der Segnungen uns zuteil werde?

Wir dürfen ihr durch Sünden kein Hindernis setzen, sondern müssen vielmehr durch Andacht, Reue, Glauben, Hoffnung und Vertrauen auf Gott uns würdig machen; ebenso wird uns der Nutzen der geweihten und gesegneten Sachen nur dann zuteil, wenn wir sie nach der Absicht der Kirche gebrauchen, uns also dadurch namentlich zum Danke gegen Gott, zum Eifer im Guten und zum tapfern Streite wider den Satan erinnern und ermuntern lassen. Aus dem Gesagten geht auch hervor, mit welch heiliger Ehrfurcht geweihte und gesegnete Sachen zu behandeln sind.

Welches sind die hauptsächlichsten Segnungen und Weihungen?

Die Krönung des Papstes; die Krönung der Kaiser und Könige; die Segnung der Wöchnerinnen; die Weihung der heiligen Öle; die Weihe des Taufwassers; die Weihe der Kerzen an Mariä Lichtmeß; der Kräuter an Maria Himmelfahrt; die Weihe des Salzes und Wassers an den Sonntagen; die Weihe der Kirchen; die Weihe der Altäre; die Weihe der Glocken; die Segnung der Begräbnisplätze oder Kirchhöfe; die Segnung des Johannis-Weines; die Aschenweihe am Aschermittwoch; die Palmweihe am Palmsonntage; die Weihe des neuen Feuers am Karsamstage; die Weihe des Taufwassers am Oster- und Pfingstsamstage usw.

Warum wird Salz und Wasser gesegnet?

Der Gebrauch des gesegneten Salzes und Wassers ist sehr alt. Schon im Alten Testamente findet sich Ähnliches (4 Mos 19 und 4 Kön 2). Im zweiten Jahrhundert schreibt davon der heilige Papst Alexander, im vierten der hl. Basilius. Aus der Bedeutung des Salzes und Wassers geht auch der Zweck ihrer Segnung hervor. Das Salz bewahrt vor Fäulnis; das Wasser aber reinigt. Die äußere Besprengung mit gesegnetem Wasser versinnbildet nicht nur etwas, sondern wirkt auch bei dem, der es mit Andacht gebraucht, zur Wohlfahrt des Leibes und der Seele, und kraft der ihr innewohnenden Segnungen zur Abwendung der Versuchungen und Anfechtungen des bösen Feindes an Menschen, Wohnungen usw. Die Wirkung des Weihwassers kann aus den Gebeten, unter denen die Kirche das Weihwasser weiht, ersehen werden. Der Priester betet nämlich, daß Gott dem Wasser göttliche Kraft zur Vertreibung des Satans und Heilung der Krankheiten verleihen wollte, damit, wo immer davon Gebrauch gemacht wird, der Schaden entfernt, Pest und verderblichen Lüste vertrieben, die Nachstellungen des lauernden Feindes vernichtet, was immer die Sicherheit und Ruhe des Menschen gefährden möchte, vertrieben werde, und dadurch die erwünschte Gesundheit vor allen widrigen Einflüssen gesichert, und der Heilige Geist allen, die seine Erbarmung anrufen, gegenwärtig sei.

Warum wird an den Sonntagen vor der heiligen Messe und am Ende des Gottesdienstes das Volk mit Weihwasser besprengt?

1. Zur Erinnerung, daß wir rein und heilig vor dem Angesichte Gottes in dem Gebete und Gottesdienste erscheinen sollen. Aus demselben Grunde, und damit uns mittels einer wahren Reue und der Fürbitte der Kirche unsere Sünden nachgelassen werden, besprengen wir uns auch selbst damit, wenn wir in die Kirche eintreten.
2. Zur Erinnerung an die heilige Taufe, in der wir durch das Wasser geheiligt worden sind, und als eine Aufforderung, daß wir jene Reinigkeit, die wir damals erlangten, sorgfältig bewahren und durch Buße wieder erwerben.
3. Zur Erinnerung, daß wir mit dem heiligen Blute Christi besprengt und abgewaschen worden sind (1 Petr 1,2; Offenb 1,5). Deshalb wird auch der Altar vorher dreimal mit Weihwasser besprengt, ehe sich der Priester zur Austeilung desselben nach dem Volke umwendet; teils zur Bezeugung der Ehrfurcht gegen die heiligen Geheimnisse, die darauf verrichtet werden, und zur Aufforderung, daß man ihnen rein und würdig beiwohnen; teils auch, um anzudeuten, daß alle Kraft der Reinigung von Christus, der durch den Altar versinnbildet wird, ihren Ursprung habe.
4. Damit die Anfechtungen des bösen Geistes, womit er diejenigen, die beten und das Wort Gottes anhören wollen, zu beunruhigen und zu stören pflegt, vernichtet werden.
Beim Schlusse des Gottesdienstes aber besprengt der Priester das Volk mit Weihwasser, oder die einzelnen besprengen sich beim Weggehen selbst damit, teils zur Ermahnung, daß alle nun auch außer der Kirche in ihren Berufsgeschäften sich der Reinigkeit und Heiligkeit befleißigen sollen, teils auch, um alle mit dem Segen Gottes zu ihrem täglichen Leben auszustatten und sie vor allem Übel des Leibes und der Seele zu beschützen. - Das ist denn auch die Ursache, warum wir zu Hause das Weihwasser aufbewahren und gebrauchen.

Welche Bewandtnis hat es mit der Glockenweihe?

Die Glocke selbst hat eine höchst wichtige Bedeutung. Auf der Höhe des Turmes aufgerichtet, sendet sie ihren Schall oft stundenweit in die Wohnungen der Menschen, bald zum Besuche des Gottesdienste einladend, bald zum Gebete ermunternd, bald hohe Feiher oder tiefe Trauer verkündend. Darum wird auch jede Glocke, ehe sie auf den Kirchturm gezogen wird, eingeweiht, und dabei Gott angerufen, daß er alle, die den Schall der Glocke hören, von der Sünde zurückschrecken, zur Andacht und zu seinem Lobe stimmen und in ihnen christliche Gesinnungen erwecken möge.

Die vorzüglichen Gebräuche bei der Glockenweihe sind 1. das Abwaschen der Glocke mit geweihtem Wasser, was uns an die Reinheit erinnern soll, mit der wir vor Gott zu erscheinen haben. 2. Die Salbung der Glocke mit dem heiligen Öle und mit Chrisam, wodurch die Gnadensalbung und die Kraft des Heiligen Geistes bedeutet werden, die wir in uns wirken lassen sollen. Dabei betet die Kirche, Gott wolle, sooft diese Glocke geläutet wird, um der Verdienste Jesu Christi willen, die Macht des Teufels hemmen, die schädlichen Wetterwolken zerteilen, den Geist der Trägheit aus den Gläubigen verbammen und die Qualen der Armen Seelen lindern. 3. Die Glocke wird siebenmal auswendig mit heiligem Öle gesalbt, weil sie das Zeichen zu den sieben priesterlichen Tagzeiten geben und die Christen an das unablässige Gebet erinnern soll; und viermal inwendig mit heiligem Chrisam, weil sie das Lob Gottes nach allen vier Weltgegenden ertönen lassen soll. 4. Die Beräucherung mit Weihrauch und Myrrhen, zum Zeichen, daß der gute Geruch eines heiligen Lebens und unsere Gebete gleich einem wohlriechenden Rauchwerke zum Throne Gottes sich hinaufschwingen sollen. 5. Das Verlesen des Evangeliums von der Einkehr Jesu bei den Geschwistern Martha und Maria, wodurch wir ermahnt werden, uns ebenso eifrig wie diese Schwestern zur Anhörung des göttlichen Wortes und zur geistlichen Mahlzeit am Tische des Herrn in der Kirche zu versammeln. 6. Das Abbeten mehrerer Psalmen und anderer Gebete, worin nebst andern auch angedeutet wird, daß wir gleichsam lebendige Glocken sein und das Lob Gottes in Wort und Tat verkünden sollen.

Die Glockenweihe wird hier und da auch Glockentaufe genannt, weil sie, wie die Taufe, unter Abwaschung und Salbung geschieht; auch wird der Glocke der Name eines Heiligen beigelegt und sind Zeugen zugegen. An eine eigentliche Taufe ist natürlich hier nicht zu denken, da irdischen und leblosen Dingen keine innerliche Gnade und Heiligung mitgeteilt werden kann. Der Name eines Heiligen wird der Glocke beigelegt, teils um sie von anderen zu unterscheiden, teils weil ihr Mahnung zum Gebet der Aufforderung aus dem Munde eines Heiligem im Himmel ähnlich ist.


Betrachtung über den Geiz

1. Der Geiz ist eine unordentliche Anhänglichkeit an Geld und Gut. Diese Leidenschaft schlägt leicht so tiefe Wurzeln im menschlichen Herzen, daß sie es allmählich vollständig in Besitz nimmt, gleich dem wuchernden Unkraut, das alle übrigen Gewächse verdrängt. Es verfallen Menschen diesem Laster, die in allen anderen Stücken untadelhaft sind. Im hohen Alter, wenn alle übrigen Laster ihren Reiz verlieren, behauptet dieses allein seinen Platz und wächst mit den Jahren. Und was das schlimmste ist, es schlägt meist seine Opfer mit Verblendung. Ein Geiziger wird es fast niemals eingestehen, daß er an dieser Krankheit leidet. Er entschuldigt sich mit der notwendigen Sorge für sein Auskommen, für seine Angehörigen. Ein gefährliches Laster ist der Geiz. Kein Stand, kein Alter ist vor ihm sicher; schwer und selten kommt es zur Bekehrung. Er zerstört das Glück seiner Opfer und richtet viel Unheil an. Der Geiz zermartert das Herz durch die leidenschaftliche Sorge um irdisches Gut. Er zerreißt das Band der Liebe und Freundschaft zwischen den Menschen und macht ihr Herz gefühllos wie Metall. Eltern ließen ihre Kinder langsam zu Tode hungern und verkommen aus Geiz; noch öfter erstickte dieses Laster im Herzen der Kinder die Elternliebe. Der Geiz treibt seinen Sklaven zum Mord am eigenen und fremden Leben, zu Diebstahl, Betrug, Wucher, Meineid; er macht ihn völlig gewissenlos. Für Geld ist einem solchen alles feil, auch das Heiligste. Es gibt Menschen, die ihren Glauben, ihren Anteil an der wahren Kirche Christi verkaufen für irdische Vorteile, Eltern, die ihre Kinder einer falschen Religion überliefern oder doch in Gefahr des Abfalles bringen um eines beseren Fortkommens, eines Amtes, einer Versorgung willen. Der Apostel nennt den Geizigen einen Götzendiener; er hat sich von Gott abgewandt und umfaßt mit ganzer Seele, mit ganzem Gemüte und aus allen Kräften das Geld, diesem bringt er alles zum Opfer, Ehre und Gewissen, Gesundheit und Familienglück und Frieden, Himmel und Seligkeit.
Diese Leidenschaft ist heutzutage so allgemein und mächtig in der Welt; darum "regiert Geld die Welt". Alles tanzt um das goldene Kalb, und man begreift kaum noch die Sprache der Religion, die sagt: Suchet zuerst das Reich Gottes! - Was soll die Welt retten, von dieser Krankheit heilen? Vernünftige Überlegung ihrer Bösartigkeit und schlimmen Folgen reicht allein nicht aus; die Vernunft ist ohnmächtig gegen die Leidenschaft. Christus allein kann auch hiervon erlösen; der christliche Glaube, seine Wahrheiten und seine Gnadenmittel. Und das Christentum bietet uns besonders ein kräftiges Mittel im Sakramente des Altars, um unser Herz zu bewahren vor dem Götzendienste des Mammons. Auf welche Weise bekämpft und besiegt das Altarsakrament den Geiz? Es ermutigt kräftig zum Gottvertrauen, es leitet an zur Nächstenliebe und weckt endlich den Hunger nach den geistigen, himmlischen Gütern.

2. Woher stammt der Geiz? Aus der übermäßigen Sorge für die Notdurft des Lebens. Nun weiß doch der Christ: ich habe einen Vater im Himmel, der für mich sorgt, wenn ich meine Schuldigkeit tue. Christus verurteilte nicht jede Sorge um das Zeitliche; wohl aber die leidenschaftliche Sorge, die den Frieden des Gemütes stört, die Gier nach Erwerb und Besitz entzündet und das Vertrauen auf die väterliche Vorsehung Gottes vernichtet. Er verspricht keineswegs, daß die Vorsehung schützen werde vor jeder Not; wohl aber vor solcher Not, die unser Seelenheil und ewiges Glück gefährdet. Denen, die Gott lieben, gereicht alles zum Besten. Werft darum all eure Sorgen auf den Herrn, mahnt die Schrift; er lenkt die Schicksale eures Lebens, und kein Haar fällt von eurem Haupte ohne sein Wissen; was euch begegnet, ist von ihm geschickt oder zugelassen zu eurem Besten. Wozu denn Angst und Furcht? Bist du nicht in Gottes Hand? Vergiß nur seiner nicht, und er wird dich nie vergessen. "Könnte auch eine Mutter ihres einzigen Kindes vergessen, so werde ich doch deiner nicht vergessen, denn siehe, in meine Hände habe ich dich geschrieben." So ruft er uns auch zu vom Tabernakel.
Als die Kinder Israels vor 3000 Jahren auf ihrer Wanderschaft durch die Wüste kein Brot zu essen hatten, murrten sie wider Gott, der sie ins Elend geführt habe. Da fanden sie eines Morgens den ganzen Boden des Lagers mit weißen Körnern bedeckt. Manhu - riefen sie einander zu, was ist das? Moses antwortete: Das ist Brot, das der Herr euch zu essen gegeben hat. - Tausend Jahre später sprach Christus zum jüdischen Volke: "Eure Väter haben Manna gegessen in der Wüste und sind gestorben. Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel gekommen ist; wenn jemand von diesem Brote isset, der wird leben in Ewigkeit. Und das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch für das Leben der Welt."
Wer kann noch an der Liebe und Fürsorge Gottes zweifeln, wenn er Christus im Altarsakrament betrachtet? So sehr hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingeborenen Sohn dahingab! Wenn aber, so folgert der Apostel, wenn Gott uns seinen Sohn gab, sollte er in ihm uns nicht alles gegeben haben? - Ja, wir brauchen nicht den Hinweis auf die Lilien des Feldes und Vögel des Himmels. Wir richten unsern Blick auf den Altar und die Hostie, die größte Gabe der göttlichen Lieben, das Brot, das unsere Seele nährt, damit wir nicht ermatten auf unserer Pilgerfahrt. Der Vater gab uns sein Teuerstes, und Christus gab sich selbst uns hin in der Weihnacht, am Karfreitag, und er gibt sich uns stets wieder hin bei jeder heiligen Messe und Kommunion; da gibt er hin sein Fleisch und Blut, nährt uns wunderbarerweise, besucht in Person die Kranken und tröstet sie, bekleidet die Nackten und schmückt sie mit Gnade und Verdienst, besucht uns im Kerker des Lebens und macht uns zu freien Gotteskindern, nimmt uns auf wie Fremdlinge an seinem Tische und will uns nie verlassen. Wer könnte wanken im Vertrauen auf Gottes Vorsehung, wenn er diese Wunder der göttlichen Liebe betrachtet? oder gar, wenn er seinen Heiland empfangen hat? Wenn Gott solches tut, wenn er derart sich selbst uns hingibt, wer kann da fürchten, daß Gott in den Nöten und Bedrängnissen des kurzen, wechselvollen Lebens uns verlassen werde? Und wenn wir Gott in uns tragen, dann sind wir reicher als der Fürst auf seinem Throne, wir besitzen den Herrn der Welt. Fliehe daher in allen Nöten zum Tabernakel, lege dem Heiland deine Sorgen zu Füßen, schöpfe bei ihm Mut und Vertrauen; dann wird der Geizteufel nicht über dich herrschen.

3. Das Altarsakrament weckt den Hunger nach den wahren Gütern, die allein unser Herz ersättigen können.
Der Schöpfer hat uns eine aufrechte Stellung gegeben, damit wir unser Auge nach oben richten lernen und nicht an der Erde haften bleiben; denn für die Erde sind wir nicht geschaffen. Daher können auch alle Güter und Genüsse der Erde unser Herz nicht befriedigen. Von gemalten Speisen ist noch niemand satt geworden, und Geld und Gut hat noch niemand glücklich gemacht. - Wenn die Wanderer in den endlosen Wüsten Afrikas verschmachten vor Hitze und Durst, dann erscheint ihren matten Blicken wohl in der Ferne eine Fata Morgana: eine grüne Insel mitten im Sandmeer, eine Baumgruppe, ein blitzender Bach oder ein weiter See. Jetzt, meinen sie, sei alle Not zu Ende. Sie stürzen darauf zu mit dem letzten Reste ihrer Kraft. Aber o weh! am Platze angekommen, sehen sie sich betrogen - das Gebilde ist verschwunden, und ihr Elend ist größer als vorher; sie sind einem Schatten nachgelaufen und haben sich verirrt. Siehe da ein Bild der Habgier. Die Erdengüter sind zu vielem nütze, gewiß, man kann damit vielen Leiden entgegen, die den Armen treffen. Aber wer sein Glück darin sucht, jagt einem Truggebilde in der Wüste nach, wenn er es erreicht, wird er ausrufen mit Salomon: "O Eitelkeit der Eitelkeiten, alles ist eitel und Geistesplage!" "Denn für dich, o Gott, ist mein Herz geschaffen, und es kann nur Ruhe finden in dir" (St. Augustinus). Dieses predigt beständig das Sakrament des Altares. Ihr Menschenkinder, ruft uns da Christus zu, lasset euch vom Glanze des Weltglückes nicht betören, es kann euch nicht ersättigen; kommt zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken; und bei mir werdet ihr Ruhe finden für eure Seele. Warum lauft ihr den Träbern der Erde nach und suchet darin eure Zufriedenheit? Ihr kommt ja nicht von der Erde, sondern von Gott, ihr bleibt nicht auf der Erde, sondern geht zu Gott; ihn sollt ihr dereinst besitzen, und das wird eure Glückseligkeit ausmachen für ewig. Auch jetzt schon sollt ihr euren Gott besitzen, sollt Anteil an ihm haben, ihn empfangen, ihn genießen und darin einen Vorgeschmack finden der himmlischen Glückseligkeit. Suchet zuerst Gottes Reich und seine Gerechtigkeit, das übrige wird euch zugegeben werden. "Du Geiziger, warum blickst du auf die Erde? Vollkommener ist derjenige, der die Erde gemacht hat. Ihn sollst du besitzen, ihn kannst du empfangen, wenn du willst." (St. Augustinus)
In der Tat, wie oft hat der Glaube an Christus im Altarsakramente den Geiz überwunden! "Das ist der Sieg, der die Welt überwindet, euer Glaube" (1 Joh 5). In einer der prachtvollsten Kirchen Roms strahlt uns aus der Kuppel eine reiche Vergoldung entgegen. Es ist das erste Gold, das die Spanier aus dem neuentdeckten Amerika brachten. - In Konstantinopel ließ die Kaiserin Eudoxia einen Altar herstellen aus purem Golde, mit zahllosen eingelegten Edelsteinen. Die kostbarsten Bauwerke sind in aller Welt die Gotteshäuser. Und warum haben die Menschen stets dafür ihre besten Schätze geopfert? Warum anders, als wegen des heiligen Opfers und der leibhaftigen Gegenwart Christi im heiligen Sakramente!

4. Das heilige Sakrament nötigt endlich auch zur Übung der Nächstenliebe. - Der Geiz verhärtet das Herz gegen fremde Not und verschließt die Hände, indem er die Liebe erstickt. Der lebendige Glaube an Christus im Altarsakramente nötigt den Menschen, seinem Nebenmenschen in Liebe das Herz zu öffnen. Denn, sagt Christus, wollt ihr teil an mir haben, so müßt ihr einander leiben. Hier, wo sein göttliches Herz sich verzehrt in den Flammen der Liebe zu uns armen, undankbaren Menschen, sollte unser Herz kalt bleiben können? Müssen wir uns nicht nach seinem Beispiel richten, wenn wir ihn lieben? Seine Freude ist es, Gutes zu tun allen; für alle ist er da, für Dankbare und Undankbare. Auch uns will er lehren, daß geben seliger ist als nehmen. Er opfert sich in der Messe für uns, damit auch wir einander tun, wie er uns tut. Beweiset,sagt er, eure Liebe ebenfalls durch Opfer; tuet Gutes allen, besonders den Armen, die mir so ähnlich sind. Da beweiset eure Dankbarkeit gegen mich: Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.
So nötigt das Altarsakrament zur Nächstenliebe und zu den Werken der Barmherzigkeit. Wer sich retten will vor dem Laster des Geizes, der muß geben, der muß oft geben, um Christi willen geben. Mit einem Geldstück, das man hier und da hinwirft, ist es nicht gut. Das Geben muß eine Gewohnheit werden und ein Opfer sein. Eine Gewohnheit: suche dir Hausarme, die du beständig unterstützest; ein Opfer: ziehe dir etwas ab an Speise und Trank, an Luxus und unnötigen Ausgaben, und erquicke damit die armen Glieder Christi. Überlege das, wenn du dem Opfer der Messe beiwohnst, und versprich es Christus um seiner Liebe willen. Und wenn die Sorge dich verwirren will um dein und der Deinigen Auskommen, dann erwecke vor dem Tabernakel dein Vertrauen auf die Vorsehung deines himmlischen Vaters. Er lenkt die Schicksale, an seinem Segen ist alles gelegen und in seinem Namen hat der Heiland verheißen: Gebet, und es wird euch wiedergegeben werden! Fliehe zu ihm wenn zeitliche Not dich bedrängt; er kann helfen, und er wird es tun. Er wird das kindliche, vertrauensvolle Gebet jedesmal erhören; vielleicht hilft er nicht sogleich oder nicht auf die Art, wie du es wünschest, aber helfen wird er immer, dafür bürgt seine Liebe, womit er sich im heiligen Sakramente uns hingibt. Und wenn er uns eine Zeitlang mit zeitlicher Not kämpfen läßt, so will er unser Herz loslösen von den trügerischen, verführerischen Gütern dieser Erde, damit wir nicht vergessen, daß höhere Güter uns verheißen sind, daß jedem von uns sein Wort an Abraham gilt: Ich selbst will dein überaus reicher Lohn sein.
(N. Ehrler)


Unterricht für den siebenten Sonntag nach Pfingsten

Im Eingang der heiligen Messe ladet uns die Kirche zum Lobe Gottes ein mit den Worten des 46. Psalms:
Klatschet mit Händen, alle völker; jauchzet mit Jubelschall! Der Herr, der Höchste, ist schrecklich, ein großer König über die Erde. Ehre sei usw.

Gebet der Kirche. O Gott, dessen Vorsehung in ihren Anordnungen nicht irret, wir bitten dich demütig, du wollest alles Schädliche von und abwenden und alles, was uns nützlich ist, gnädig verleihen. Durch Jesum Christum, deinen Sohn, unsern Herrn. Amen.

Lektion aus dem Briefe an die Römer VI,19-23

Brüder! ich rede nach menschlicher Weise um euerer schwachen Fassungskraft willen. Gleichwie ihr eure Glieder in den Dienst der Unreinigkeit und Gottlosigkeit hingabet zur Übertretung des Gesetzes, so gebet nun eure Glieder dem Dienste der Gerechtigkeit hin zur Heiligung. Denn als ihr Knechte der Sünde waret, waret ihr frei gegenüber der Gerechtigkeit. Welche Frucht aber hattet ihr damals von dem, dessen ihr euch nun schämet? Denn das Ende davon ist der Tod. Nun aber, da ihr, befreit von der Sklaverei der Sünde, Diener Gottes geworden seid, habt ihr als Frucht die Heiligung und am Ende das ewige Leben. Denn der Sünde Sold ist der Tod, die Gnadengabe Gottes aber ist das ewige Leben.

Erklärung

Ist es möglich, die Anforderungen des Christentums in allen Stücken zu erfüllen? Der menschlichen Schwachheit möchten manchmal die Gebote zu schwer vorkommen. So hätten die neuen Christen in Rom denken können, die in der grundverdorbenen heidnischen Weltstadt lebten und selbst im Heidentum aufgewachsen waren. Indessen hatten sie doch nur den Herrn gewechselt, Gott, dem sie sich mit der Taufe verschrieben hatten, ist ein viel gelinderer Herr als der Teufel, dessen Sklaven sie vordem waren. Was sie für diesen willig getan hatten, so viel sollten sie für ersteren gleichfalls tun.

Die Entwickelung des Bösen im Menschen ist eine stufenweise, weil der Geist dazu die Werkzeuge der Glieder nötig hat; zur völligen Ruchlosigkeit wie die gefallenen Engel kommt er nicht sofort. Je mehr er sich aber der Sünde zuwendet, sein Lebenselement in ihr findet, desto mehr gerät er in ihre Sklaverei; und er bildet sich dabei ein, das sei die rechte Freiheit, weil er sich um Gott und Gewissen nicht kümmert; er rühmt sich wohl gar dessen und sieht mit Verachtung auf die Frommen und Gewissenhaften herab.

Wendet er sich in aufrichtiger Bekehrung wieder ab von der Sünde, so gehen ihm die Augen auf, und tiefe Scham befällt ihn ob der Dinge, in denen er bisher sein Glück, seine Freude suchte.

Die Sünde drückt dem Menschen das Brandmal der Schande auf, da er zum ehrenvollen Dienste Gottes berufen ist; sie schändet den Adel seiner Natur und Bestimmung. Das tritt am deutlichsten hervor im Tode, diesem schrecklichen Lohne der Sünde. Der Leibestod ist das Bild des Seelentodes und des ewigen Todes. Welch ein Grauen sollte den Bekehrten erfassen, sooft er sich erinnert, wie verblendet er diesem Abgrunde des Verderbens zueilte, von dem die Hand der göttlichen Barmherzigkeit ihn zurückzog. Je mehr wir uns übern in dieser Reumütigkeit, desto tiefer wird die Überzeugung dringen: Im Dienste Gottes muß ich wenigstens ebensoviel tun, muß opfern, dulden wollen, wie vordem im Dienste des Bösen.

Die vollendeten Heiligen sind umflossen vom Heiligenschein, sie glänzen wie die Sterne im Reiche Gotte. Der Dienst Gottes bringt allein wahre und dauernde Ehre, der Dienst des Bösen schändet den Menschen. Und wie der Tod das Ende der Sünde ist, so bringt der Dienst Gottes am Ende ewiges Leben. Dies ist aber Gnade von Gott; er könnte alles verlangen ohne Lohn. Christus hat uns diese Gnade verdient; und so erflehen und erhoffen wir sie durch Christus, unsern Herrn.

Evangelium Matthäus VII,15-21

In jener Zeit sagte Jesus zu seinen Jüngern: Hütet euch vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber reißende Wölfe sind. An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen. Sammelt man denn Trauben von den Dornen oder Feigen von Disteln? So bringet jeglicher gute Baum gute Früchte; der schlechte Baum aber bringt schlechte Früchte. Ein guter Baum kann nicht schlechte Früchte bringen, und ein schlechter Baum kann nicht gute Früchte bringen. Jeder Baum, der nicht gute Früchte bringt, wird ausgehauen und ins Feuer geworfen werden. Darum sollet ihr sie an ihren Früchten erkennen. Nicht ein jeder, der zu mir sagt: Herr, Herr! wird in das Himmelreich eingehen, sondern wer den Willen meines Vaters tut, der im Himmel ist, wird in das Himmelreich eingehen.

Wer ist unter den falschen Propheten zu verstehen?

Zunächst sind die Pharisäer und Schriftgelehrten darunter zu verstehen, dann aber auch alle falschen Lehrer, die schön und anscheinend gelehrt zu reden wissen, nicht selten mit Werken der Wohltätigkeit, Menschenliebe und mit dem Anstriche duldsamer Gesinnungen sich ankündigen, im Herzen aber die Gottheit Jesu leugnen, über die Geheimnisse der Religion spotten, die Gebräuche und Diener der katholischen Kirche verlachen; die Bildung und Aufklärung, Befreiung von Vorurteilen und Aberglauben verheißen, dabei auch das Joch ihrer falschen Lehren auflegen, die Menschen gegen Gottes Gerechtigkeit und die göttliche Strafe gleichgültig machen und dadurch viele arglose Seelen töten. Besonders muß man in unserer Zeit darauf aufmerksam sein, daß in Bücher, Zeitungen, durch Bilder, im Theater die falschen Propheten eine schauerliche Regsamkeit entfalten.

Was kann unter den falschen Propheten noch mehr verstanden werden?

1. Die Welt, die Ehren und Reichtümer verspricht, am Ende aber alle Mühe und Arbeit nur mit Schande und Spott belohnt; 2. das Fleisch, das Lust und Freude verspricht und zuletzt dem Menschen nichts zurückläßt als die bitteren Vorwürfe eines unruhigen und nagenden Gewissens; 3. der Teufel, der ein langes Leben und am Ende noch Zeit zur Buße verheißt, während doch die verstockten Sünder oft in der Mitte ihrer Tage plötzlich und ohne Buße dahinsterben; 4. alle Verführer, die ihr Schalkheit so lange mit der Larve der Tugend und Ehrbarkeit bedecken, bis sie unvorsichtige Seelen in ihr Netz gelockt und nachher zu allerlei Schandtaten verführt haben. Solche falsche Propheten richten unter der Herde Christi den größten Schaden an; denn indem sie das Gift der Sünde mit dem Honig der Wollüste versüßen, ihren Ausschweifungen den Namen erlaubter Freuden geben, töten sie unendlich viele Seelen.

Woran kann man die falschen Propheten erkennen?

An ihren Früchten, d.h. an ihren Werken. Denn gleichwie Dornstauden keine Trauben hervorbringen können, der schlechte Baum, solange er schlecht bleibt, keine gute Frucht tragen kann, der gute Baum aber notwendig Früchte, und zwar gute Früchte bringt, eben weil er gut ist, ebenso kann der böse Mensch keine wahrhaft guten Früchte bringen, solange er böse bleibt, und auch der gute keine bösen, solange er gut ist; uns finge er an, böse Früchte zu zeigen, so hätte er auch aufgehört, gut zu sein. Schlechte Früchte sind nun Handlungen, die den Forderungen des Evangeliums und den Lehren der Kirche zuwider sind, als: Unreinigkeit aller Art, Feindschaft, Hader, Uneinigkeit, Spaltung, Trennung, Ungehorsam und Kaltsinn gegen die Kirche und ihre Vorschriften, Ketzerei, Mißgunst, Schwelgerei und dergleichen.

Warum sagt Christus: "Jeder Baum, der nicht gute Früchte bringt, wird ausgehauen und ins Feuer geworfen werden"?

Er gibt hierdurch zu verstehen, daß es, um verdammt zu werden, schon genug sei, nichts Gutes zu tun. Darum setzt er hinzu: Nicht ein jeder, der zu mir sagt: Herr, Herr! (sich also bloß äußerlich und mit dem Munde nicht in der Tat als meinen Diener bekennt) wird in das Himmelreich eingehen, sondern nur derjenige, der durch Erfüllung seiner Standespflichten und durch Ausübung guter Werke den Willen meines Vaters tut und sich so den Himmel verdient. Befleißige dich daher, mein Christ, in allem den Willen Gottes zu erfüllen, und namentlich auch deine täglichen Werke mit einer guten Meinung zu verrichten, so wirst du gewiß in das Himmelreich kommen.

Welches sind die vorzüglichsten guten Werke?

Beten, Fasten und Almosengeben. Unter Beten werden alle gottesdienstlichen Handlungen, unter Fasten alle Werke der Barmherzigkeit verstanden.

Welches sind die geistliche Werke der Barmherzigkeit?

Folgende sieben:
1. die Sünder zurechtweisen,
2. die Unwissenden lehren,
3. den Zweifelhaften recht raten,
4. für die Lebendigen und Toten Gott bitten;
5. die Betrübten trösten,
6. das Unrecht geduldig leiden,
7. denen, die uns beleidigen, gern verzeihen.

Welches sind die leiblichen?

Folgende sieben:
1. die Hungrigen speisen,
2. die Durstigen tränken,
3. die Nackten bekleiden,
4. die Gefangenen erlösen,
5. die Kranken besuchen,
6. die Fremden beherbergen,
7. die Toten begraben (Matth. 25).

Was gehört dazu, daß das Werk verdienstlich ist?

Es muß 1. an und für sich gut sein, 2. durch die Hilfe der Gnade Gottes, 3. im Stande der heiligmachenden Gnade, 4. mit freiem Willen, 5. aus guter Absicht, Gott zu gefallen, verrichtet werden.

Kann man auch ohne gute Werke selig werden?

Nein; denn Christus sagt ausdrücklich: Jeder Baum, der keine guten Früchte bringt, wird ausgehauen und ins Feuer geworfen werden. Und jener Knecht im Evangelium, der sein empfangenes Talent zwar nicht verschwendet, sondern in die Erde eingegraben hat, ist schon deswegen in die äußerste Finsternis verstoßen worden. Wie sehr irren daher diejenigen, die in den Himmel zu kommen hoffen, wenn sie nur nichts Böses tun! Über diesen gefährlichen Irrtum spricht der hl. Chrysostomus gar schön: "Wenn du einen Knecht hättest, der zwar kein Räuber, kein Fresser, kein Säufer wäre, aber beständig zu Hause müßig ginge und alles, wozu du ihn gedungen hast, vernachlässigte, würdest du ihn nicht mit Streichen bezahlen und von dir jagen? Ist denn das nicht böse genug, dasjenige nicht verrichten, was die Schuldigkeit erheischt? Ebenso handelt ein Christ, der zwar nichts Böses, aber auch nichts Gutes tut, böse genug und macht sich dadurch des Himmels verlustig; denn der Himmel ist ein Lohn für vorhergegangene Arbeit. Hat man also nicht gearbeitet, so hat man sich auch keinen Lohn zu versprechen."

Gebet. Bewahre mich, o Herr, vor allen falschen Propheten, besonders vor Verführern in Schafspelzen! Gib mir ferner die Gnade, gute Werke ohne Unterlaß zu verrichten, alle meine Pflichten und dadurch den Willen deines himmlischen Vaters zu erfüllen und mich des Himmels würdig zu machen.


Betrachtung über den Hochmut

1. Der Hochmut besteht in der unordentlichen Überhebung seiner selbst, indem man sich Vorzüge beilegt, die man gar nicht hat, oder seine wirklichen Vorzüge sich selbst zuschreibt, also Gott die gebührende Ehre verweigert und den Nächsten verachtet. Dieses unordentliche Verlangen nach Auszeichnung kann auftreten als Ehrgeiz, der sich stets über andere emporschwingen will; oder als Eitelkeit, die das Auge und das Lob der Menschen sucht; oder als Vermessenheit, die sich an Dinge wagt, wozu man nicht fähig ist; oder als Ungehorsam, der sich fremdem Willen nicht unterwerfen will; gar als Unglaube und Ketzerei, die sich der Kirche und dem Geiste Gottes widersetzt. - Die Hoffart ist eine giftige Quelle vielfältigen Sündenelends. "Die Wurzel aller Sünde ist die Hoffart." Es ist die Sünde Luzifers, der sich Gott nicht unterwerfen wollte. Die Schrift sagt vom Stolzen: "Mit erhobenem Haupte ist er wider Gott gelaufen und hat sich mit großer Halsstarrigkeit gegen ihn gewaffnet" (Job 15). Darum "widersteht Gott den Stolzen, den Demütigen gibt er seine Gnade" (1 Petr. 5).
Die meisten Menschen leiden an dieser Krankheit, und die wenigsten wollen es eingestehen. Der Hochmutsteufel lügt ihnen vor: du erhebst dich mich Recht. Würde der Mensch sich erkennen, wie er wirklich ist, dann bekäme sein Hochmut einen gewaltigen Stoß. Dieses ist nun eine besondere Gabe des Altarsakramentes; es wirft ein helles Licht auf unsere Armseligkeit und zeigt uns, wie wir in Wahrheit sind.
Durch die Sünde ist die Menschennatur tief gesunken. Gott mußte vom Himmel kommen, selbst Menschennatur annehmen, um sie wieder zu erheben. Der Hochmut hatte das Band der Gottheit und Menschheit zerrissen; Gott mußte es wieder anknüpfen, indem er sich herabließ zur ganzen menschlichen Armseligkeit. Nicht genug, auch zu jedem einzelnen Menschen mußte Gott herabsteigen. Und zwar wie? Im Geheimnisse des Altares. Unser aller Bruder ist er geworden und eines jeden Speise. Kann ein Mensch bestehen ohne Speise? Ebensowenig kannst du bestehen ohne Gott. Und du willst etwas sein aus dir, du Stolzer? Was hast du, was du nicht empfangen hättest? Hast du es aber empfangen, was rühmst du dich, als hättest du es nicht empfangen? Du bist eine gefallene Größe, ruft dir das Altarsakrament zu. Prahlt sich wohl ein Bettler, daß er aus königlichem Geblüte stamme? - Du bist ein Sünder, ein todewürdiger Sünder; nur um den Preis schwerer Leiden und Demütigungen konnte Christus dir Begnadigung erwerben. Wird sich ein begnadigter Verbrecher etwas einbilden?

2. So demütigt dieses heilige Geheimnis unsern Stolz, indem es uns daran erinnert, was wir in Wahrheit sind. Es mahnt uns eindringlich zur Übung der Demut.
Lernet von mir, so spricht der Herr durch jeden Zug seines Lebens zu uns, lernet von mir, denn ich bin sanftmütig und demütig von Herzen. Aber weder im dunklen Stalle noch auf Golgatha, wo er zwischen Mördern am Kreuzesgalgen starb, war seine Verdemütigung so tief, als wenn er unter Brotsgestalt auf unsern Altären liegt und sich zur Nahrung anbietet. Bei seinem irdischen Wandel leuchtet doch hier und da ein Strahl seiner verborgenen Gottheit durch die demütige Hülle durch die Weisheit seiner Lehre, die anziehenden Worte seines Mundes, durch die Wunder seiner Liebe und Macht. Noch niemals, rief das Volk, hat jemand so gelehrt wie dieser. O selig der Leib, der dich getragen hat, rief ein Weib voll Bewunderung. Selbst die Schönheit seiner Gestalt, die Majestät seines Antlitzes, die Anmut seiner ganzen Erscheinung verriet ihn. Der Apostel schreibt: Wir haben seine Herrlichkeit gesehen, die Herrlichkeit als des Eingeborenen vom Vater, voll der Gnade und Wahrheit (Joh. 1,14). Manchmal öffnete sich der Himmel und gab Zeugnis von ihm. Engel kamen und dienten ihm; und da er des schmachvollsten Todes stirbt, entsetzt sich die Natur und verkündet seine Würde.
Alles dieses fehlt beim Altarsakramente. In der Hostie ist er stumm und still. Die Engel, die da anbetend vor ihm liegen, lassen sich nicht sehen. Er wirkt auch Wunder, aber Wunder der Gnade, die nicht ins Auge fallen. Auf das Wort des unwürdigsten seiner Diener erscheint er auf dem Altare und überläßt sich ganz der Willkür der Menschen. Er läßt sich einschließen in einer engen Zelle, deren Schmucklosigkeit nur zu oft ein trauriger Beweis von Kälte und Unglauben ist. Und welche Beschimpfungen duldet er stillschweigen! Er ist beständig der für uns duldende Heiland, der auch hier die Buße für unsern Hochmut trägt. Die ganze Erniedrigung seines Erdenlebens wiederholt sich hier an seinem Fleisch und Blut.
Was sagt uns nun diese Erniedrigung? Der Jünger ist nicht mehr als der Meister. Du nennst dich Christ und wagst es, in Hochmut dien Haupt zu erheben? Du beschwerst dich gleich, wenn du vergessen und zurückgesetzt wirst? Kränkungen und Beleidigungen kannst du weder ertragen noch vergessen; du willst deinen Sinn nicht beugen, willst immer recht haben, willst immer deinen Kopf durchsetzen? Du willst stets gesehen und gepriesen werden, willst niemals Tadel dulden? Dann kannst du unmöglich dich einen Christen nennen. Christus ist doch ganz anders. Du kannst unmöglich ihn von Herzen lieben und dich in seiner Nähe nicht wohl fühlen, ihr seid gar zu verschiedener Sinnesart. Und doch ist kein Heil für dich im Leben und Sterben als bei ihm, deinem Heiland; kein anderer Rat ist, als daß du kämpfest wider deine hochmütigen Gelüste alle Tage den guten Kampf. Er, dein Gott und Herr, demütigt sich beständig im Altarsakramente und ruft dir zu: Lernet von mit! Der Dornenkranz der Schmach wird noch täglich mir ums Haupt geflochten vom Laster des Hochmuts, auch um deines Hochmuts willen trage ich den Spottmantel. Willst du das Spottzepter mir in die gebundenen Hände drücken, indem du mich deinen König nennst und doch den Christennamen schändest durch das Laster der Hoffart? Willst du mir die Augen verbinden durch Verblendung gegen deine Armseligkeit; willst du mir ins Gesicht schlagen durch Beschimpfungen meiner Brüder? Kommt und lernet von mir, die ihr den scharfen Stachel der Hoffart schmerzlich fühlt und demütig werden möchtet von Herzen gleichwie ich. Ich will euch lehren, euch helfen. Und wie hilft er? Sieh, hier vor dem Geheimnisse seiner tiefsten Erniedrigung werfen wir uns in den Staub, auch derjenige, der sonst mit stolzem Nacken der Welt Trotz bieten möchte, hier beugt er sich. Diese Geheimnis führt uns die Hand an die Brust und lehrt uns sprechen: Gott sei mir Sündig gnädig!

3. Ein Durst nach Auszeichnung schlummert in jedes Menschen Brust; der Schöpfer hat ihn hineingelegt. Der Hochmut führt in die Irre, daß wir Auszeichnung suchen in Dingen, die verächtlich sind, oder daß wir verkehrte Mittel gebrauchen. Das Altarsakrament belehrt uns, wo und wie wir unsere wahre Größe zu suchen haben.
Trotz all unserer Armseligkeit hat Gott uns einen hohen Adel verliehen und einen Weg zu großen Ehren eröffnet. Das ist unsere Menschenwürde, unsere Christenwürde, es sind die Ehren der himmlischen Glorie. Diese zeigt uns das Altarsakrament. In ihm liegt ja der Inbegriff aller göttlichen Liebe und Fürsorge. Der majestätische, unbegreifliche Gott, vor dem die ganze Welt mit ihrer Pracht nur Auskehricht ist, er hat sich so erstaunlich tief herabgelassen; er bringt noch täglich so große Opfer um deiner Seele willen. Deine Seele ist die kostbare Perle, die er im Staube der Erde und selbst im Schmutze deiner Sünden sucht; wofür er alles verkauft und geopfert hat - was muß deine Seele wert sein in seinen Augen!
Unsere Christenwürde zeigt uns dieses Sakrament durch die innige Verbindung und Verwandtschaft, in die es uns mit dem Herrn des Himmels und der Erde bringt. Als Gott die ersten Menschen im Paradiese vor sich stehen sah im ersten Schmucke aller Gaben und Gnaden, die er ihnen verliehen hatte, da staunte er gleichsam über sein eigenes Werk; siehe, sprach der Dreifaltige, Adam ist geworden wie einer von uns! Dasselbe Wort der Verwunderung spricht Gott, sooft er eine Seele im Gnadenschmuck den Leib des Herrn empfangen sieht: siehe, der Mensch ist wieder geworden wie einer von uns. Der Fronleichnam bringt ihn in Verwandtschaft mit seinem Gott. Sein Leib sogar, der schlechteste Teil an ihm, die Ursache beständiger Demütigungen, wird geadelt durch die Verschmelzung mit dem glorreichen Leibe Jesu Christi. Nicht mehr Knechte will ich euch heißen, sondern Freunde; ja, innige Freunde meines Herzens, das in überströmender Liebe an eurem Herzen schlägt. Und in meiner Liebe gebe ich euch das Unterpfand einer Glorie, einer Ehre und Herrlichkeit, die euch berauschen wird in ewiger Glückseligkeit, wofern ihr nur das Verlangen eures Herzens zügelt diese paar Lebenstage, den Hochmut unter die Füße tretet und euch begnüget mit eurer Menschenwürde, mit eurer Christenwürde, mit der Ehre und Freundschaft, die Gott euch erweist trotz eurer Unwürdigkeit und euch erweisen will für immer und ewig, wenn ihr euch seiner würdig macht.
"Wenn ihr Glauben hättet, würdet ihr Berge versetzen können." Berge hochmütiger Gelüste könnten wir überwinden,wenn wir lebendigen Glauben hätten an Christus im heiligen Sakramente des Altares. Hier lehrt er uns den wahren Grund der Demut kennen: unsere Sündhaftigkeit und Abhängigkeit von Gott, unserm Schöpfer, Erlöser und Richter. Hier zeigt er uns an seinem eigenen Beispiel die Übung der Demut, und lehrt demütigen Sinnes uns immer mehr lieben, je mehr wir ihn selbst lieben in diesem Sakramente seiner Liebe. Hier zeigt er uns unsere wahre Würde und löscht schon im voraus unsern Durst nach Ehre und Auszeichnung.


Unterricht für den achten Sonntag nach Pfingsten

Zum Eingang der heiligen Messe preise mit der Kirche Gott, dessen Barmherzigkeit und Gerechtigkeit bis an die Grenzen der Erde sich erstreckt:
Wir haben empfangen, o Gott! deine Barmherzigkeit inmitten deines Tempels. Wie dein Namen, o Gott! also reichet dein Lob bis an die Grenzen der Erde: von Gerechtigkeit voll ist deine Rechte. - Groß ist der Herr und sehr preiswürdig, in der Stadt unseres Gottes auf seinem heiligen Berge (Ps 45). Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. Wir bitten dich, o Herr! verleihe uns gnädig den Geist, allezeit nur, was recht ist, zu denken und zu tun, damit wir, die wir ohne dich nicht bestehen können, beständig nach deinem Willen leben mögen. Durch Jesum Christum, deinen Sohn, unsern Herrn. Amen.

Lektion aus dem Briefe an die Römer VIII,12-17

Brüder! wir sind nicht dem Fleische verpflichtet, nach dem Fleische zu leben; denn wenn ihr nach dem Fleische lebet, werdet ihr sterben. Wenn ihr aber durch den Geist die fleischlichen Lüste ertötet, werdet ihr leben; denn alle, die vom Geiste Gottes sich leiten lassen, sind Kinder Gottes. Ihr habt ja nicht den Geist der Knechtschaft empfangen, daß ihr euch wieder fürchten solltet, sondern ihr habt als angenommene Kinder den Geist der Kindschaft empfangen, in dem wir (zu Gott) rufen: Abba (Vater)! Denn der Geist selbst gibt Zeugnis unserem Geist, daß wir Kinder Gottes sind. Wenn wir aber Kinder sind, so sind wir auch Erben, nämlich Erben Gottes und Miterben Christi.

Erklärung

Die Unchristen fordern Befreiung des Fleisches von den Fesseln des christlichen Sittengesetzes; die natürlichen Triebe, meinen sie, solle man nicht unterdrücken, das sei Selbstquälerei; jeder Mensch dürfe sich ausleben, nur so komme er zur rechten Harmonie und Befriedigung. Nein, sagt der Apostel, wir sind nicht schuldig, nach dem Fleisch zu leben, ebensoweinig wie der Herr sich nach den Launen des Dieners richten muß. Der Leib ist doch der Diener, das Werkzeug der Seele. Zudem sind die niederen Triebe durch die Sünde in Unordnung geraten, wer ihnen nachgibt, gelangt nicht zu einem menschenwürdigen Leben, vielweniger zum ewigen Leben, er zieht sich den zeitlichen und ewigen Tod zu. Lehrt das nicht die tägliche Erfahrung? Was ist das für ein Leben, das die religionslosen Genußmenschen führen! Die Lebensgenüsse haben sich erstaunlich vermehrt. Ist die Menschheit dadurch glücklich, d.h. zufriedener geworden und besser? Im Gegenteil. Die Genußsucht ist ein wilder Strudel, der sein Opfer rastlos umhertreibt und zuletzt verschlingt.

Wahres Leben ist nur das christliche, das auf Selbstverleugnung beruht; welches das Fleischliche, Irdische, Niedrige unter die Herrschaft des Geistes bringt. Dieses ist zudem Vorbedingung für das übernatürlichen Gnadenleben.

Die Menschenkinder sind Fleisch vom Fleische der Eltern, die Gotteskinder sind Geist vom Geiste Gottes. Durch diesen haben sie ein höheres Leben, sind neugeboren; von ihm lassen sie sich treiben.

Ein Geist der Liebe ist der Geist Gottes. Wohl ist die Furcht des Herrn der Anfang der Weisheit; doch soll das nicht die knechtische, sondern die kindliche Gottesfurcht sein, die nicht so sehr die Strafe fürchtet wie den Verlust der göttlichen Liebe und Gnade. Die unvollkommene Reue, die zur Sündenvergebung in der Beichte hinreicht, muß wenigstens einen Anfang der Liebe haben. Doch sollen wir uns um eine vollkommene Liebe und Reue bemühen, welche die Furcht austreibt. Deshalb müssen wir viel beten um Vermehrung der Liebe, wir müssen zu Herzen nehmen die Beweggründe der Liebe und sie durch Treue gegen Gott und durch die gute Meinung.

Wo kindliche Gesinnung gegen Gott ist, da ist auch kindliches Vertrauen und Zuversicht. Das tritt vor allem in unserm Beten zutage. Im Gebete zeigt sich, wie wir zu Gott stehen.

Wenn wir gut beten und gottesfürchtig leben, so dürfen wir unserer Gottgefälligkeit versichert sein. Dieses Geisteserzeugnis wird uns in allen Anfechtungen, Zweifeln und Schwächen mit einem inneren Troste salben, der allein das Erbteil des wahren Christen und in dieser Welt der Vorgeschmack, gleichsam die Anzahlung des verheißenen Himmelserbes ist.

Gebet. Gib mir, o Gott! deinen Geist, damit ich mich jederzeit an die Seligkeiten deines Reiches erinnere, die Begierden des Fleisches abtöte und als dein Kind in heiliger Zucht wandle!

Evangelium Lukas XVI,1-9

In jener Zeit trug Jesus seinen Jüngern folgendes Gleichnis vor: Es war ein reicher Mann, der hatte einen Verwalter, und dieser kam in übeln Ruf bei ihm, als verschwende er seine Güter. Er berief ihn also und sprach zu ihm: Warum höre ich das von dir? Gib Rechenschaft von deiner Verwaltung; denn du kannst nicht mehr Verwalter sein. Der Verwalter aber sprach bei sich: Was soll ich tun, da mein Herr die Verwaltung mir abnimmt? Graben kann ich nicht, und zu betteln schäme ich mich. Ich weiß, was ich tue, damit, wenn ich von der Verwaltung entfernt sein werde, sie mich in ihre Häuser aufnehmen. Er rief nun alle Schuldner seines Herrn zusammen und sagte zu dem ersten: Wieviel bist du meinem Herrn schuldig? Dieser aber sprach: Hundert Tonnen Öl. Und er sprach: Nimm deinen Schuldschein, setze dich geschwind und schreibe fünfzig. Dann sprach er zu dem andern: Wieviel aber bist du schuldig?. Er sprach: Hundert Malter Weizen. Und er sagte zu ihm: Nimm deine Handschrift und schreibe achtzig. Und es lobte der Herr den ungerechten Verwalter wegen seiner Klugheit: denn die Kinder dieser Welt sind für ihre Sache klüger, als die Kinder des Lichtes. Auch sage ich euch: Machet euch Freunde mit dem ungerechten Mammon, damit, wenn es mit euch zu Ende geht, sie euch in die ewigen Wohnungen aufnehmen.

Was bedeutet dieses Gleichnis?

Bei den Juden hatten die großen Grundbesitzer Oberverwalter denen das Recht zustand, unter Umständen den Pächtern und anderen Schuldnern des Herrn Zahlfristen und Nachlaß an der Schuld zu gestatten. Indem nun der Verwalter dieses Verhältnis so benutzte, daß die Schuldner ihm dankbar sein mußten, und doch der Herr ihn nicht vor Gericht verklagen konnte, mußte dieser seine Handlungsweise, so ungerecht sie war, doch klug finden. - Christus macht nun davon die Anwendung, daß wir die Güter dieser Erde dazu verwenden sollen, uns Freunde für den Erwerb des Himmelreiches damit zu machen. Die Güter der Erde gehören nicht uns zu eigen, sondern Gott, der uns zu Verwaltern derselben gemacht hat.

Warum lobt der reiche Mann den Verwalter?

Er lobte nicht den Betrug des Verwalter; denn dieser war eine unverantwortliche Ungerechtigkeit vor Gott, wie es auch jetzt noch so viele Verfälschungen der Schriften oder Rechnungen gibt. Er lobte nur dessen Verstand und Vorsicht, worin leider die Kinder der Welt, die Bösen, den Kindern des Lichtes, den Frommen, oft weit überlegen sind. Die Lehre aber, die daraus hervorgeht, ist: Wenn Gottlose ihren zeitlichen Vorteil so klug zu besorgen wissen, um wie viel klüger und eifriger sollen sich Christen hinsichtlich ihrer künftigen Seligkeit benehmen!

Wie ist das zu verstehen, daß man sich mittels des ungerechten Reichtums Freunde machen soll?

Das ist nicht so zu verstehen, als ob man stehlen oder betrügen dürfte, um vom gestohlenen Gute Almosen zu geben, oder gefundenes Gut, wenn man den Eigentümer weiß oder wissen kann, den Armen geben dürfte; auch nicht so, als ob der Besitz der Reichtümer an und für sich sündhaft wäre. Christus nennt vielmehr den Reichtum deshalb ungerecht: 1. weil sein Besitz gar leicht zu Ungerechtigkeiten verführt, z.B. zur Härte gegen die Armen, zum Luxus im Essen und Trinken, in der Haushaltung und Kleidung; 2. weil an seinem Erwerbe eine Ungerechtigkeit haften kann ohne daß wir besonders daran denken, z.B. dadurch, daß wir allzu begierig, mit Vernachlässigung religiöser Pflichten nach ihm trachten; 3. weil unsere Voreltern, von denen wir unser Gut ererbt haben, eine Ungerechtigkeit begangen haben könnten. Der Besitz des Reichtums muß uns daher sehr vorsichtig machen und auffordern, daß wir ihn ja doch gut verwenden.

Wer sind die Freunde, die wir mit dem Reichtum erwerben können?

1. Gott selbst, der uns wegen des guten Gebrauches, den wir von unsern zeitlichen Gütern machen, wenn es bei uns zur Absetzung der Verwaltung, das ist zum Sterben kommt, in die Wohnungen der Seligen aufnehmen wird. 2. Die Armen und Christus in den Armen; denn was wir den Armen aus Liebe zu Christus geben, das sieht Christus der Herr so an, als ob es ihm selbst gegeben worden wäre. "Wer sich des Armen erbarmet, der leihet auf Wucher dem Herrn: er wird es ihm hinwiederum vergelten" (Sprichw. 19,17). Die Hände des Armen, spricht Petrus Chrysologus, sind die Hände Christi; durch sie senden wir unsere Reichtümer in den Himmel voraus, wo wir dafür belohnt werden. Das ist gewiß besser, als wenn wir unsere Güter durch Pracht und Wohlleben verschwenden, oder geizig in die Kasten verschließen. 3. Die armen Seelen, die ja unter allen Armen die allerärmsten sind.

Gebet. Verleihe mir, o gerechter Gott und Richter! die Gnade, die mir hienieden anvertrauten Güter so zu gebrauchen, daß ich mir damit Freunde mache, die mich einst bei meinem Lebensende in die ewig seligen Wohnungen aufnehmen.


Betrachtung über die Pflicht der Wiedererstattung

1. Man muß das fremde Gut wiedererstatten und den angerichteten Schaden nach Kräften ersetzen, sonst erhält man keine Verzeihung von Gott. Mag man auch noch so oft beichten und sonst tun was man will, man bleibt in seinen Sünden, bis man diese Pflicht erfüllt hat. Das ist ganz selbstverständlich und die einfachste Folgerung aus dem siebenten Gebot. Von dieser Pflicht kann nichts entbinden als die wirkliche Unmöglichkeit und die freiwillige Erlassung. Mancher bildet sich ein, es sei im unmöglich, seine Ungerechtigkeiten wieder gut zu machen; allein wenn er fleißig arbeiten, sparen, alle unnützen Ausgaben vermeiden wollte, wäre er wohl dazu imstande, wenigstens nach und nach die Wiedererstattung zu leisten. Durch Erlassung hört die Ersatzpflicht auf, wenn der Benachteiligte schenkt, was er zu fordern hätte. Man darf das aber nicht bloß vermuten, sondern muß es bestimmt wissen, daß derselbe Nachlaß gewähren will.

2. Wer muß Wiedererstattung leisten? Vor allem der, der das ungerechte Gut besitzt oder den Schaden wirklich angerichtet hat. Wenn dieser es nicht tu, so geht die Ersatzpflicht auf seine Erben über. Ferner gilt der Grundsatz: Wenn der, der das Unrecht verübt hat, keinen Ersatz leistet, so müssen es diejenigen tun, die zu dem Unrecht irgendwie mitgewirkt haben; also zunächst der es etwa befohlen hat, dann, der die Tat ausgeführt hat, dann, der dazu tatsächlich mitgeholfen hat, zuletzt, der es nicht gehindert hat, obwohl er von Rechts wegen dazu verpflichtet war. Von Rechts wegen verpflichtet wären z.B. Eltern, Beamte, Aufseher, Dienstboten, welche die schuldige Obsorge versäumen. Waren mehrere beteiligt, so muß jeder von ihnen so viel erstatten, als er den Nächsten geschädigt hat. Können oder wollen aber einige ihren Teil nicht ersetzen, so müssen ihn die übrigen mitübernehmen, weil alle gemeinschaftlich haftbar sind.

3. Wem muß zurückerstattet werden? Dem Eigentümer, oder, falls dieser schon gestorben wäre, seinen Erben. "Hast du einen einzigen Heller gestohlen und gibst einen Zentner Gold als almosen, so hast du damit noch nicht jenen Heller zurückerstattet" (St. Chrysostomus). Nur in zwei Fällen darf und soll die Wiedererstattung an die Armen oder zu frommen Zwecken geschehen. Und zwar einmal, wenn es sich um eine ganz unbedeutende Sache handelt und die Erstattung an den Eigentümer große Schwierigkeiten oder Kosten machen würde, alsdann, wenn der Eigentümer unbekannt und nicht aufzufinden ist. In diesen Fällen läßt sich mit Grund annehmen, daß der Eigentümer mit der Verwendung zu guten Zwecken einverstanden ist. Hat ein Geschäftsmann mehrere betrogen, ohne angeben zu können, wie viel der Schaden der einzelnen beträgt, so kann er in der Weise Ersatz leisten, daß er seinen Kunden überhaupt im Preise so viel nachläßt, bis das ungerechte Gut zurückerstattet ist.

4. Wie viel muß wiedererstattet werden? Wer mit Wissen und Willen fremdes Gut an sich bringt oder besitzt, oder fremdes Eigentum ungerechterweise beschädigt, der muß den Beschädigten vollkommen schadlos halten. Er muß also das fremde Gut zurückgeben, oder, wenn er es nicht mehr besitz, dessen Wert; ferner allen Gewinn, um den er den Eigentümer gebracht hat, vergüten; endlich ihm allen erlittenen Schaden ersetzen. Nur jene Kosten darf er abziehen, die auch der Eigentümer hätte aufwenden müssen. Es stiehlt z.B. jemand einem Fuhrmann sein Pferd. Er muß vor allem das Pferd zurückgeben. oder, wenn es zugrunde gegangen ist, dessen Wert; ferner muß er den Schaden ersetzen, den der Fuhrmann durch den Verlust des Pferdes etwa an seinem Erwerb gehabt hat; endlich muß er den Nutzen herausgeben, der er selbst durch den Gebrauch des Pferdes hatte; doch darf er die Unterhaltungskosten abziehen. - Anders steht es mit demjenigen, der ohne seine Schuld fremdes Gut besitzt oder Schaden anrichtet. Ist er redlicherweise, z.B. durch Kauf, Schenkung, Erbschaft zu fremdem Gute gekommen, so muß er, sobald er es erfährt, daß es ungerechtes Gut ist, zurückerstatten, was er noch davon besitzt und was er dadurch sich bereichert hat; z.B. jemand findet, daß er hundert Mark unrechtmäßig geerbt hat; er muß sie alsbald zurückgeben, und zwar mit Zinsen, wenn er solche davon genossen hat; wären sie ihm aber mittlerweile gestohlen, so brauchte er sie nicht zurückgeben. Hat jemand Schaden angerichtet ohne Schuld, so ist er zu nichts verpflichtet; wohl aber, wenn er durch grobe Nachlässigkeit oder Unachtsamkeit den Schaden verschuldete.

5. Wann hat man Wiedererstattung zu leisten? Ohne Aufschub. Wer es unnötig aufschiebt, erneuert immer wieder seine Sünde und macht es sich immer schwerer, weil einerseits die Anhänglichkeit an das ungerechte Gut beständig wächst, und andererseits ebenso der zu vergütende Schaden immer größer wird; er setzt sich der Gefahr aus, in der Sünde zu sterben. Ist es nicht sofort möglich, so muß man wenigstens alles tun, um sich dazu in den Stand zu setzen, und vorerst so viel tilgen, wie man kann. Nicht nötig ist, daß man seinen guten Namen dabei preisgebe; man darf die Rückerstattung heimlich und durch andere leisten.

6. Zur Gewissenhaftigkeit in diesem Punkte möge antreiben der Gedanke, daß das ungerechte Gut uns doch der Tod entreißen wird, und wohl früher als wir erwarten; ferner, daß fremdes Gut nicht Glück und Segen bringt, sondern Unheil, Fluch, Angst und ein unseliges Ende; endlich, daß nichts unsinniger ist, als um eines vergänglichen Gutes willen den Himmel verscherzen und seine Seele ins unauslöschliche Feuer zu stürzen.
"Wer Unrecht säet, wird Unglück ernten" (Spr. 22). Wie manchem geht´s gleich dem ungerechten Achab, der auf Anraten seines gottlosen Weibes den Weinberg des Naboth mit Gewalt an sich riß. Es traf ihn schweres Unglück; er kam im Kriege um, sein Weib Jezabel wurde ermordet und einige Zeit später seine ganze Nachkommenschaft ausgerottet. Gottes Fluch drang in Achabs Haus und blieb darin, bis es ganz und gar vertilgt war. - Wie oft lehrt es immer wieder die Erfahrung, daß "der ungerechte Heller den gerechten Taler verzehrt". Und dieser Unsegen geht auch auf die Nachkommen über. "Die Täter haben saure Trauben gegessen, und den Kindern sind davon die Zähne stumpf geworden" (Jerem. 31). Gewissenlose Spekulanten, betrügerische Geschäftsleute werden oft reich, aber ihre Kinder oder Kindeskinder kommen ganz unerwartet an den Bettelstab. Überdies stört das ungerechte Gut beständig den Frieden des Herzens. Ein Dieb stahl dem hl. Medardus eine Kuh, an deren Halse eine Glocke hing. Die Glocke läutete immerfort. Er nahm sie und schloß sie in einen Kasten; auch da hörte er sie läuten; er vergrub sie in die Erde, aber das Läuten hörte nicht auf. Voll Schrecken hierüber stellte er die Kuh ihrem Eigentümer zurück. - Ähnlich ergeht es allen Ungerechten; die Mahnglocke ihres Gewissens kommt nicht zur Ruhe, bis das Unrecht wieder gutgemacht ist.
Ein reicher Mann, der einen großen Teil seines Vermögens ungerecht erworben hatte, wurde gefährlich krank. Er wußte, daß sein Übel tödlich sei, und doch konnte man ihn nicht zur Wiedererstattung bewegen. Seine Antwort war immer: "Was soll aus meinen Kindern werden?" Der herbeigerufene Priester nahm endlich seine Zuflucht zu einer List, er sprach zu ihm: "Es gibt noch ein Mittel, um dich zu retten. Dieses besteht darin, daß die entzündeten Stellen mit etwas Fett von einem gesunden Menschen bestrichen werden. Man braucht nicht viel. Findet sich jemand, der einige Minuten die Hand will brennen lassen, so wird so viel Fett abträufeln, daß es hinreicht." Ach, entgegnete der Kranke, ich besorge sehr, daß sich hierzu niemand verstehen werde. Darauf antwortete der Geistliche: "Fasse Mut, du weißt nicht, wie ergeben Kinder einem Vater sind, der ihnen ein so großes Vermögen hinterläßt. Rufe deinen ältesten Sohn; er solle dein Erbe sein, sage ihm: du kannst deinem Vater das Leben retten, wenn du dir eine Hand willst brennen lassen. Sollte dieser sich weigern, so laß den zweiten Sohn kommen, versprich ihm die Erbschaft; weigert auch dieser sich, so tut es ohne Zweifel der dritte, um die Erbschaft zu erhalten." Die drei Söhne wurden gerufen; allein keiner wollte von so etwas hören. Da wandte sich der Priester zum Kranken und sprach im heiligen Ernste: "Ich begreife nicht, wie du für solche Kinder, die sich für dich nicht einmal einige Minuten wollen brennen lassen, Leib und Seele verlieren willst, um ewig im Feuer der Hölle zu brennen." Das schlug durch. Der Kranke ordnete sofort die Rückerstattung alles ungerechten Gutes an und sah dann mit Ruhe dem Tode entgegen. - Möchten alle, die in gleicher Lage sind, den gleichen Entschluß fassen und ausführen, ehe zu spät ist!


Unterricht für den neunten Sonntag nach Pfingsten

Rufe Gott um Hilfe und Beistand wider alle Anfechtungen der sichtbaren und unsichtbaren Feinde an uns sprich mit dem Priester zum Eingang der heiligen Messe:
Siehe, Gott steht mir bei, und der Herr nimmt auf meine Seele. Wende ab das Böse auf meine Feinde, und in deiner Wahrheit zerstöre sie, o Herr, mein Beschirmer. - In deinem Namen, o Gott, errette mich, und in deiner Kraft schaffe mir Recht (Ps 53). Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. Laß, o Herr, das demütige Flehen deiner Diener bei deiner Barmherzigkeit geneigtes Gehör finden, und damit du den Bittenden gewähren könntest, was sie verlangen, so gib, daß sie jederzeit nur um das bitten, was dir wohlgefällig ist. Durch Jesum Christum, deinen Sohn, unsern Herrn. Amen.

Lektion aus dem ersten Briefe an die Korinther X,6-13

Brüder! Lasset uns nicht des Bösen gelüsten, wie jene (in der Wüste) sich gelüsten ließen. Werdet auch nicht Götzendiener, gleichwie einige von ihnen, wie geschrieben steht: Das Volk setzte sich zu essen und zu trinken, und sie standen auf zu spielen. Lasset uns nicht Unzucht treiben, wie einige von ihnen, und an einem Tage kamen dreiundzwanzigtausend um. Lasset uns Christum nicht versuchen, gleichwie einige von ihnen versuchten und durch die Schlangen umkamen. Alles dies widerfuhr ihnen vorbildlich: es ist nämlich zur Warnung geschrieben für uns, an die das Ende der Zeiten herangekommen ist. Wer dennoch meint, er stehe, der sehe zu, daß er nicht falle. Keine Versuchung soll über euch kommen, außer eine menschliche. Gott aber ist getreu, er wird euch nicht über eure Kräfte versuchen lassen, sondern bei der Versuchung auch den (siegreichen) Ausgang geben, daß ihr ausharren könnet.

Erklärung

Wider alles Erwarten und unter erstaunlichen Wundern war das Judenvolk vom Untergange und aus der Knechtschaft Ägyptens befreit worden. Es vergaß jedoch schon bald wieder die Wohltat Gottes und sündigte durch Lüsternheit, Götzendienst, Unlauterkeit, Trotz.

Mit der Berufung zum Christentume waren in den ersten Zeiten schwere Opfer verbunden. Die Christen waren meist geringe Leute, und die Wohlhabenden mußten deren Los teilen. Von öffentlichen Vergnügungen und Lustbarkeiten der Heiden waren sie ausgeschlossen. Wenn dann der erste Eifer erkaltete, so konnten auch sie leicht zurückverlangen nach den Fleischtöpfen Ägyptens und über den Gelüsten nach behaglichem Lebensgenuß die großen Gnaden und die geistigen Genüsse vergessen, die ihnen das Christentum bot.

Ähnliche Versuchungen können uns heutzutage ebenfalls kommen. Die gottentfremdete Welt lockt uns mit leichtfertigen Grundsätzen, sinnlichen Reizen und Lüsten, und so manche schauen mit Lüsternheit hinüber und empfinden die Anforderungen der Religion wie ein drückendes, ja unerträgliches Joch; und die Nahrung des Himmelsbrotes wird ihnen zuwider. Man muß sich etwas gefallen lassen und auf mancherlei verzichten, wenn man ein gerechtes, keusches, frommes Leben führen und teilhaben will an den Freuden und Verheißungen der Religion. Die sich dem Zeitgeiste und Weltbrauche anbequemen, vergessen, daß der Welt Freundschaft Gottes Feindschaft ist.

Auch Götzendienst wird unter Christen auf mancherlei Art getrieben. Götzendiener sind die Lasterknechte; der eine macht den Bauch, der andere das Geld oder seinen Hochmut zum Abgott, dem er alles opfert.

Das unzüchtige Wesen ist für uns um so schändlicher und strafwürdiger, als wir Glieder Christi und Tempel des Heiligen Geistes sind. Keuscher Sinn und Wandel wird vom Christen noch strenger verlangt als vordem vom Juden; wir haben ja auch mehr Gnadenhilfe zur Beherrschung der Natur.

Christus offenbarte sich und wirkte schon im Alten Bunde; deshalb war das Murren des auserwählten Volkes Auflehnung gegen ihn. Die Empörer gegen sein Vorbild, die Hohenpriester, fuhren lebendig zur Hölle. Das möge uns warnen vor hochmütigen Trotz gegen die Kirche. In demütigem Vertrauen auf Gottes Gnadenbeistand vermögen wir in jeder Versuchung widerstehen.

Gebet. Ich bitte dich, o Herr! reinige mein Herz von allen bösen Gedanken und Begierden. - Laß mir niemals in den Sinn kommen, dich zu versuchen, oder mit deinen väterlichen Anordnungen unzufrieden zu sein. - Gestatte auch nicht, daß ich über meine Kräfte versucht werde, sondern verleihe mir so viele Stärke, daß ich alle Versuchungen überwinden und sie so für mein Seelenheil benützen möge.

Evangelium Lukas XIX,41-47

In jener Zeit, als Jesus sich Jerusalem näherte, und die Stadt sah, weinte er über sie und sprach: Wenn doch auch du es erkenntest, und zwar an diesem deinem Tage, was dir zum Frieden dient; nun aber ist es vor deinen Augen verborgen! Denn es werden Tage über dich kommen, wo deine Feinde mit einem Walle dich umgeben, dich ringsum einschließen und von allen Seiten dich beängstigen werden. Sie werden dich und deine Kinder, die in dir sind, zu Boden schmettern und in dir keinen Stein auf dem andern lassen, weil du die Zeit deiner Heimsuchung nicht erkannt hast. Und als er in den Tempel kam, fing er an, die Käufer und Verkäufer, die darin waren, hinauszutreiben, und er sprach zu ihnen: Es steht geschrieben: Mein Haus ist ein Bethaus; ihr aber habt es zu einer Räuberhöhle gemacht. Und er lehrte täglich im Tempel.

Warum hat der Heiland über die Stadt Jerusalem geweint?

Weil die die Zeit der Heimsuchung nicht hatte erkennen und benutzen wollen, und durch ihre Unbußfertigkeit ihrem unwiderruflichen Untergange entgegenging.

Welches war die Zeit der Heimsuchung?

Jene Zeit, da Gott einen Propheten nach dem andern zu den Juden sandte, diese Propheten aber von den Juden verlacht und verspottet, gesteinigt und getötet wurden (Matth. 23,34). Besonders war es die Zeit de Predigtamtes Christi, der während drei Jahren seine heilbringende Lehre so oft verkündigt, mit den größten Wundern bestätigt, und dadurch gezeigt hatte, daß er der Messias und Weltheiland sei, aber dennoch von dieser verstockten und unbußfertigen Stadt verachtet, ja, ans Kreuz geschlagen wurde.

Wer wird durch das verstockte und unbußfertige Jerusalem bezeichnet?

Ein jeder von uns ist dieses Jerusalem, über das Jesus Tränen vergießt. In der heiligen Taufe sind wir zur heiligen Stadt Gottes, zu seinem lebendigen Tempel gemacht worden. Wir sind noch härter als die Juden: denn wir sehen Jesum weinen und bleiben dabei gefühllos. Wir sind strafwürdiger als die Juden, weil wir reichlichere Gnaden empfangen haben. Wir wurden abgewaschen durch sein Blut; wir werden genährt mit seinem Fleische. Die zum Heile notwendigen Wahrheiten werden uns nicht, wie den Juden, in Bilder gehüllt, sonder ganz klar und deutlich vorgetragen; wir sehen sie durch zahlreiche Wunder bestätigt und durch die Heiligen ausgeübt usf. Wie sündhaft und wie töricht ist es also, wenn wir dem Zuge der Gnade Gottes nicht folgen und die Zeit, in der uns Gott heimsucht und zur Buße einladet, unbenützt vorübergehen lassen! Alles kann wieder ersetzt werden, nur die verlorene Zeit nicht. Beeilen wir uns darum doch, die Tage, die uns noch gegeben sind, fleißig zu unserm Heile anzuwenden.

Was lernen wir daraus, daß Jesus die Verkäufer zum Tempel hinaustrieb?

Daraus, daß Jesus sogar die Käufer und Verkäufer derjenigen Sachen, die zum Gottesdienste nötig waren, zum Tempel hinaustrieb, lernen wir, wie sehr er diejenigen bestrafen werde, die in der Kirche vergessen, wo sie sind, und daß im Tabernakel Jesus Christus zugegen ist, und die deshalb ohne Scheu lachen, schwätzen, drängen, von ihren Geschäften und Unternehmungen reden, allerlei Mutwillen treiben, allerlei schlechte Gedanken hegen, mit ihrer schamlosen Kleidung und ihren frechen Gebärden das größte Ärgernis geben. Ach, wie wird er sie bestrafen! Sie mögen es bedenken: Hinaustreiben wird er sie auf ewig aus seinem Reiche.


Betrachtung über die sechs Sünden wider den Heiligen Geist

1. Vermessentlich sündigen auf Gottes Barmherzigkeit. - Manche häufen ohne Scheu Sünden auf Sünden und denken: Gott ist unendlich barmherzig, er wird mir ebenso hundert und tausend Sünden vergeben wie eine, wenn ich beichte, so geht alles in einem hin. Andere schieben Buße und Besserung stets auf spätere Zeit, Jetzt, meinen sie, will ich das Leben genießen; wenn mir die Sünde zum Ekel geworden ist, werde ich ihr den Abschied geben, noch bin ich jung, gesund und kräftig, noch bin ich zu sehr in meine Geschäfte und Pläne verwickelt- später! So stellen sie Gottes Langmut auf die Probe und treiben mit seiner Barmherzigkeit Spott. Es ist ja wahr, Gottes Erbarmen kennt kein Maß und keine Grenzen für den Sünder, der aufrichtig sich bekehrt. Aber die Möglichkeit der Bekehrung hat ihr Maß und ihre Grenzen. "Der den Büßern Verzeihung versprochen hat, hat ihnen den morgigen Tag nicht versprochen; vielleicht wird er ihn geben, vielleicht auch nicht" (St. Augustinus). Und gesetzt, die Zeit der Buße wäre ihm sicher, so wäre ihm die notwendige Gnade noch nicht sicher. Einige Sünder bekommen freilich noch ganz außerordentliche Gnaden, andere aber nicht. Zwei Mörder wurden an der Seite des Herrn gekreuzigt, einer wurde begnadigt, der andere aber nicht. "Einen Schächer hat Gott aufgenommen, damit du nicht verzweifelst, den andern aber hat er verlassen, damit niemand auf seine Barmherzigkeit sündige" (St. Augustinus). Gott läßt seiner nicht spotten. "Darum, weil ich rief und ihr nicht wolltet, weil ich meine Hand ausstreckte und keiner darauf achtete, weil ihr verachtetet all meinen Rat und meine Strafreden in den Wind schluget, so will ich bei eurem Untergange lachen und spotten, wenn euch begegnet, was ihr fürchtet" (Sprüchw. 1,24.26).
Wenn auch Gott solchen Sündern seine Gnade niemals völlig entzieht, so steht zu befürchten, daß sie die Gnade immer mißbrauchen. Ein veraltetes Geschwür ist schwer zu heilen. Je länger sie in ihrem Sündenleben verharren, desto mehr erstarken ihre Leidenschaften und bösen Gewohnheiten, desto schwächer wir ihr Wille zum Widerstande gegen die Versuchung, desto mehr fallen sie der Verblendung und Verhärtung anheim, desto größer wird die Gefahr, daß sie unbußfertig bleiben und zugrunde gehen. Tausende von solchen, die sich haben bekehren wollen, haben sich nicht bekehrt. Sie sind als verstockte Sünder gestorben oder als Scheinbüßer. Wie verdächtig sind die Bekehrungen auf dem Todesbette! Es ist ja wahrlich nicht genug, daß man vor dem Ende noch beichtet. Was könnte selbst die vollständigste Beichte helfen ohne wahre Reue und ohne festen Vorsatz, wenn man nicht aufrichtig dem Feinde die Hand zur Versöhnung reicht, das ungerechte Gut zurückgibt, den angerichteten Schaden gutmacht, die Verleumdung widerruft! Das wird derjenige schwerlich erfüllen wollen und können in der letzten Stunde des Lebens, der sein ganzes Leben nichts davon wissen wollte. "Heute, wenn ihr die Stimme des Herrn höret, verhärtet eure Herzen nicht" (Ps 24).

2. An Gottes Gnade verzweifeln; wie Kain tat, der sprach: Meine Sünde ist zu groß, als daß sie Vergebung finden könnte; wie Judas tat, der mit Selbstmord endete. Wer verzweifelt, tut Gott einen großen Schimpf an; denn nichts hat Gott so oft und so feierlich versichert, nichts so vielfältig bewiesen als seine Barmherzigkeit. Die rührendsten Bilder und Gleichnisse, die er finden konnte, gebrauchte der Heiland, um den Sündern Mut zu machen, um ihnen zu zeigen, daß Gott das geknickte Rohr nicht zerbricht, den glimmenden Docht nicht auslöscht. Die ganze Lebensgeschichte Jesu ruft uns zu: sehet, wie Gott die Sünder liebt. "Wer darum an der Barmherzigkeit Gottes zweifelt, glaubend, daß Gott ihm nicht verzeihe, der beschimpft ihn ebenso sehr wie einer, der sagen würde, es gibt keinen Gott" (St. Augustinus). Man muß sich vor allem hüten vor frevelhaftem Leichtsinn; dieser schlägt zu leicht ins Gegenteil um. Man soll Gott fürchten zur Zeit der Versuchung; ist man aber gefallen, dann soll man eilen, wieder aufzustehen durch Beichte und Besserung. Wenn dann später der Böse kommt mit dem Gedanken der Verzweiflung, so kann man ihm entgegenhalten: ich habe zwar gesündigt, aber ich habe mich auch rechtzeitig und gründlich gebessert; ich vertraue also, der barmherzige Gott habe mir vergeben und werde mich nicht verstoßen.

3. Der erkannten Wahrheit widerstehen. Der Geist Gottes ist beständig tätig, die Menschen in den Wahrheiten, die sie zur Seligkeit notwendig haben, zu unterrichten. Teil bedient er sich anderer Menschen, wie der Diener seiner Kirche, teils wendet er sich unmittelbar an das Herz durch seine Erleuchtung. Die religiösen Wahrheiten aber anzunehmen, dazu gehört guter Wille, ein böser Wille kann sich ihrem Lichte verschließen. So taten die Juden zur Zeit Christi, zur Zeit der Apostel. "Ihr Unbeschnittenen an Herz und Ohren; ihr widersteht allezeit dem Heiligen Geist, wie eure Väter, so auch ihr!" Dieser Sünde machen sich auch jetzt noch schuldig Ungläubige und Irrgläubige, die aus Menschenfurcht oder zeitlichem Interesse oder bösem Willen sich nicht bekehren. Selbst manche Katholiken gibt es, die der erkannten Wahrheit widerstreben. Sie widerstreiten den Lehren der Kirche und sagen: es ist nicht alles so, wie die Geistlichen predigen, und sie suchen die kirchlichen Lehren lächerlich zu machen. Andere lesen und verbreiten glaubenswidrige Bücher und Zeitungen, suchen dagegen die Verbreitung guter Schriften und Übungen zu verhindern, in der Absicht, den Geist des Glaubens und der Religiosität zu unterdrücken, der Leichtfertigkeit und Irreligiosität Eingang zu verschaffen. Das sind wahre Apostel des Antichristen, Helfershelfer des Satans und erklärte Feinde Gottes, der ihr schrecklicher Richter sein wird. Die christliche Wahrheit, woher sie auch kommen mag, muß man willig annehmen, und man muß trachten, sein Leben danach einzurichten.

4. Seinen Nächsten um der göttlichen Gnade willen beneiden; also traurig, ärgerlich und mißgünstig sein, weil ein anderer Gottes Gnade hat und bekommt, indem er sich bekehrt, Gutes übt und sich durch Tugend auszeichnet. Dieser Sünde machte sich der Teufel schuldig. Er beneidete unsere Stammeltern, weil er sie im Stande der Unschuld so glücklich sah und wußte, daß sie einst jenen Platz im Himmel einnehmen sollten, den er durch seinen Stolz verloren hatte. Darum versuchte er sie und brachte über sie und alle ihre Nachkommen unsägliches Verderben. Dieses war auch die Sünde des Kain. Ferner waren von diesem Neide die Hohenpriester und Schriftgelehrten angesteckt. Weil Jesus beim Volke großen Anhang hatte, beneideten sie ihn und sprachen: "Was tun wir? Dieser Mensch wirkt viele Wunde. Wenn wir ihn so lassen, werden alle an ihn glauben." Dieser Neid kommt auch bei Christen häufig vor. Wie viele gibt es, denen die Frömmigkeit des Nächsten ein Dorn im Auge ist, die es nicht leiden können, daß andere gern beten, daß sie die Sakramente öfter empfangen, daß sie zurückgezogen leben; die deshalb über sie spotten, ihnen Heuchelei vorwerfen, ihnen nach Möglichkeit die Ausübung des Guten erschweren, die eine teuflische Freude zeigen, wenn einer von den sogenannten Frommen sich etwas zuschulden kommen läßt. Der Hochmütige haßt den Demütigen, der Geizhals den Freigebigen, der Unkeusche den Keuschen, der Spieler und Trinker den Mäßigen. Um sich vor dieser schändlichen Sünde zu bewahren, muß man sich der Demut befleißigen, da meist der Hochmut den geistlichen Neid erzeugt; man muß eine aufrichtige Liebe zum Nächsten hegen, die ihm alles Gute von Herzen gönnt.

5. Gegen heilsame Ermahnungen ein verstocktes Herz haben. Gott sucht den Menschen auf dreifache Weise; durch innerliche Erleuchtungen, durch äußere Ermahnungen und Zurechtweisungen von Seelsorgern und Vorgesetzten, endlich durch Belohnungen und Bestrafungen. Wer diesen Einwirkungen der Gnade beständig widersteht und sein Herz verstockt, begeht eine Sünde wider den Heiligen Geist. So hat Gott selbst den Kain liebevoll ermahnt, der Heiland den unglückseligen Judas, aber beide hatten gegen diese heilsamen Ermahnungen ein verstocktes Herz und gingen drum zugrunde. Ähnlich gibt es Gewohnheitssünder, Trinker, Flucher, Gotteslästerer, Unkeusche, die seit vielen Jahren in ihren Sünden leben. Viele Gnaden haben sie schon empfangen, oft hat Gott sie zur Buße gemahnt, aber alles umsonst; sie verachten alle Mahnungen und verhärten sich in ihren Lastern. Es kommen heilige Zeiten und Feste, Missionen und Jubiläen, es wiederholden sich freudige und traurige Ereignisse in ihrem Leben, alles ist umsonst, alles geht spurlos an ihnen vorüber. Was soll aus ihnen werden? Sie kommen wahrscheinlich von der fünften zur sechsten Sünde wider den Heiligen Geist:

6. in der Unbußfertigkeit verharren bis zum Ende. Einige leben viehisch dahin und wollen so dahinsterben, indem sie sich einreden, mit dem Tode sei alles aus. Andere kommen zur vollendeten Ruchlosigkeit, sie verlieren zwar den Glauben nicht, aber ihr Herz wird so verkehrt, so mit Bosheit erfüllt, so entflammt von Haß gegen Gott und alles Gute, daß sie von Bekehrung nichts wissen und lieber beim Satan und bei den Verdammten in der Hölle als bei Gott und seinen Heiligen im Himmel sein wollen. Es gibt heutzutage in Belgien und anderswo förmliche Vereine von Menschen, die sich verschwören, ohne die Sakramente sterben zu wollen. An solchen zeigt Gott manchmal auffallend, wie er die Sünde straft. Es ist wohl vorgekommen, daß Mitglieder dieser Gesellschaften aufs Todesbett kamen und nun sehnsüchtig nach einem Priester verlangten, aber ihre Genossen umringten das Todesbett, bewachten sie Tag und Nacht, daß kein Priester zu ihnen kommen konnte, und die Unglücklichen starben in gräßlicher Verzweiflung, gleichsam in schon beginnender Höllenqual.

Christus sagt von den Sünden wider den Heiligen Geist, sie können keine Vergebung finden, weder in dieser Welt, noch in jener Welt; nicht als ob Gott sich weigerte, sondern weil der Mensch sich weigert, seine rettende Hand zu ergreifen. Die Gnade des Heiligen Geistes ist eine rettende Arznei, wer sie verwirft, muß zugrunde gehen. Hüte dich darum, selbst in geringen Dingen dem göttlichen Geiste zu widerstreben, ihn je durch Widerspenstigkeit zu betrüben, bete oft um sein Licht und seine Kraft, und wirke stets treu mit seiner Gnade mit.

Gebet. O Jesu! der du über die Stadt Jerusalem, weil sie die Zeit ihrer Heimsuchung nicht erkannt hat, geweint hast, ich bitte dich, erleuchte mein Herz, damit ich die Zeit der Gnade erkenne und mir recht zunute mache, und verleihe, daß ich mich in den Kirchen allezeit ehrerbietig verhalte und sie nicht zu Mördergruben böser Gedanken, Begierden und zeitlicher Sorgen mache!


Unterricht für den zehnten Sonntag nach Pfingsten

Zum Eingang der heiligen Messe preise mit der Kirche die Hilfe Gottes, womit er uns gegen unsere Feinde schützt:
Als ich den Herrn anrief, hat er meine Stimme erhört und mich von denen errettet, die mir feindlich nahten. Er hat sie gedemütigt, der vor allen Zeiten ist und in Ewigkeit sein wird. - Wirf deine Sorge auf den Herrn, und er wird dich erhalten (Psalm 54). O Gott, erhöre mein Gebet und verschmähe mein Flehen nicht. Merke auf mich und erhöre mich. Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. O Gott, der du deine Allmacht vorzüglich durch Verschonen und Erbarmen offenbarst, vermehre deine Barmherzigkeit über uns, damit du uns, die wir deinen Verheißungen nachtrachten, auch der himmlischen Güter teilhaftig machest. Durch Jesum Christum, deinen Sohn, unsern Herrn. Amen.

Lektion aus dem ersten Briefe an die Korinther XII,2-11

Brüder! Ihr wisset, als ihr noch Heiden waret, ginget ihr zu den stummen Götzen, wie ihr geführt wurdet. Darum mache ich euch kund, daß (weil man im Christentume vom Heiligen Geiste geleitet wird) niemand, der im Geiste Gottes redet, Lästerungen wider Jesus ausstößt; und niemand kann sagen "Herr Jesus" außer im Heiligen Geiste. Es sind verschiedene Gnadengaben, aber es ist derselbe Geist. Und es sind verschiedene Ämter, aber es ist derselbe Herr. Und es sind verschiedene Wirkungen, aber es ist derselbe Gott, der alles in allem wirket. Jeder aber erhält die Gnadengaben des Geistes, damit er Nutzen schaffe. Dem einen wird durch den Geist verliehen das Wort der Weisheit, dem andern das Wort der Wissenschaft durch denselben Geist; einem andern der (wunderwirkende) Glaube in demselben Geiste; einem andern die Gabe der Heilungen durch denselben Geist; einem andern Wunder zu wirken, einem andern Weissagung, einem andern die Gabe der Geisterprüfung, einem andern mancherlei Sprachen, einem andern Sprachen-Auslegung. Dieses alles aber bewirkt ein und derselbe Geist, der einem jeden zuteilt, wie er will.

Erklärung

Wie erniedrigend der Götzendienst war, wußten die Heidenchristen am besten, die sich mit Gottes Hilfe davon losgemacht hatten. Sie hatten den Götzen gedient und vertraut; sie waren wie bezaubert gewesen, so daß sie sich blind leiten ließen von den finsteren Mächten. Geister des Abgrundes nennt der Apostel die Götzen, die verworfenen Geister sind voll Ingrimm gegen Jesus, ihren Überwinder und Richter, und treiben ihre Sklaven deshalb zur Lästerung Jesu.

Lästerung, d.h. Beschimpfung Gottes irgendwelcher Art, ist eine recht teuflische Sünde, die man am wenigsten bei Christen erwarten sollte. Es ist der Höllengeist, der durch den Mund der Flucher und Lästerer redet. Es ist der Geist Gottes, der aus uns redet, wenn wir Gott preisen. Bekennen wir Jesum als unsern Herrn, so redet nicht Fleisch und Blut aus uns, sondern der Heilige Geist. Von diesem kommt ja die Glaubensgnade, und um diese müssen wir eifrig beten. Ohne Gebetsleben kein Glaubensleben. In Glaubensgefahren können wir nicht bestehen ohne eifriges Gebet.

Was der Apostel weiter von verschiedenen Wirkungen des göttlichen Geistes sagt, betrifft jene außerordentlichen Gaben, die den Gläubigen der ersten Zeiten mit der Taufe und Firmung zuteil wurden. Sie sind auch später wohl im Leben und Wirken mancher Heiligen zutage getreten. Sonst haben sie aufgehört, seitdem der Ausbau der kirchlichen Ordnung vollendet ist.

Die Gnadengaben sind vielfältig verschieden; man empfängt solche nicht für sich, sondern zum allgemeinen Besten; man wird dadurch nicht besser oder mehr als andere, sondern man hat nur mehr zu verantworten. Das soll jeder bedenken, dem besondere Gaben verliehen sind.

Evangelium Lukas XVIII,9-14

In jener Zeit trug Jesus einigen, die sich selbst für gerecht hielten und die übrigen verachteten, dieses Geheimnis vor: Zwei Menschen gingen hinauf in den Tempel, um zu beten; der eine war ein Pharisäer, der andere ein Zöllner. Der Pharisäer stellte sich hin und betete bei sich selbst also: Gott, ich danke dir, daß ich nicht bin wie die übrigen Menschen, wie die Räuber, Ungerechten, Ehebrecher, oder auch wie dieser Zöllner. Ich faste zweimal in der Woche und gebe den Zehnten von allem, was ich besitze. Der Zöllner aber stand von ferne und wollte nicht einmal die Augen gen Himmel erheben, sonder schlug an seine Brust und sprach: Gott sei mir Sünder gnädig! Ich sage: dieser ging gerechtfertigt nach Hause, jener nicht; denn ein jeder, der sich selbst erhöht, der wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht werden.

Warum hat Christus dieses Gleichnis vom Pharisäer und von dem Zöllner vorgetragen?

Christus hatte hier die Absicht, uns zu belehren, daß unser Gebet, wenn es erhört werden soll, aus einem demütigen, bußfertigen Herzen kommen müsse. Der Pharisäer kennzeichnet Menschen, die, auf ihre äußerlich guten Werke und auf ihren äußerlich ehrbaren Lebenswandel stolz, glauben, deshalb schon vor Gott angenehm zu sein und andere verachten zu dürfen. Der Zöllner kennzeichnet solche, die ihre Sündhaftigkeit erkennen, die auf ihre guten Werke nicht stolz sind, sondern Gott reumütig um Gnade anflehen.

Was soll man tun, ehe man in die Kirche geht?

Man soll bedenken, daß Gott es ist, mit dem man sich in der Kirche unterreden will; man überlege also vorerst, was man ihm vortragen, um was man ihn bitten will; und weil er nach dem heutigen Evangelium nur das Gebet der Demütigen erhört, so demütige man sich und denke mit Abraham (1 Mos. 18,27) daran, daß man Staub und Asche ist, und daß man seiner Sünden wegen es nicht verdient, vor Gottes Angesicht zu erschien, viel weniger mit ihm zu reden; denn schon der Psalmist sagt (Ps. 101,18): Gott sieht nur auf das Gebet der Demütigen und erteilt ihnen seine Gnade. Den Hoffärtigen widersteht er (Jak. 4,6). Nimm beim Eingange reumütig Weihwasser und bitte Gott um wahre Reue und Verzeihung deiner Sünden.

Warum war das Gebet des Pharisäers Gott nicht angenehm?

Weil es kein Gebet, sondern eine prahlerische Großsprecherei war. War er darum ein Heiliger, weil er kein Räuber, kein Ungerechter, kein Ehebrecher war? - Und waren dergleichen Menschen das Vorbild, nach dem er sich messen sollte?- Betrachten wir das Leben der Heiligen und so vieler frommen Seelen, die unter uns leben: wie tief würde ein solcher Vergleich uns beschämen, wie vieles würden wir nachzuahmen finden, wie schnell würde uns die Lust vergehen, uns auch nur einem Menschen vorzuziehen! Prüften wir unsere Gesinnungen und Handlungen nach den Gesetzen des Christentums und nach den verschiedenen Vorschriften unseres Standes, wollten wir die begründeten Vorwürfe unserer Freunde und Feinde benutzen: wie deutlich würden wir Sünden, Fehler und Unvollkommenheiten erkennen, die ein Gegenstand der Beschämung und Reue und ein Antrieb für uns sein würden, mehr nach Weisheit und Tugend zu streben. Der heilige Märtyrer Ignatius sagte: Die mich rühmen, die geißeln mich; und der hl. Hilarius merkte, daß ihn das Volk seiner großen Taten wegen lobte, fürchtete er sich und weinte; denn er glaubte, er habe hierdurch seinen Lohn schon auf der Erde empfangen. Erforsche in der heiligen Gegenwart Gottes aufrichtig dein Gewissen!

Warum war dagegen das Gebet des Zöllners Gott angenehm?

Obgleich es sehr kurz war, so war es doch demütig und bußfertig. Der Zöllner stellte sich nicht, wie der stolze Pharisäer, vorne hin, sondern in der Ferne, und erklärte sich dadurch für unwürdig, sich Gott, dem Heiligen, zu nähern. Er stand da mit niedergeschlagenen Augen, indem er sich für unwert hielt, den Himmel anzuschauen; das versinnbildet sein tiefes Schamgefühl. Er blickt auf keine vermeinte Tugend, um sich den Anblick der Sünde zu mildern. Er schlägt an seine Brust; dieses versinnbildet seine Reue. Wie die Hand auf die Brust, so schlägt im Innern das Bewußtsein der Sünde auf die Seele, bis sie wie zerschlagen ist. In diesem Gefühle seiner Unwürdigkeit, der Scham, der Reue weiß er vor sich selber und vor dem Abgrunde der Sünde sich nicht ander zu retten, als daß er sich in die Arme der Gnade wirft: "Herr, sei mir armen Sünder gnädig."
Wenn wir nach dem Beispiele dieses Zöllners unter der heiligen Messe unsere Brust schlagen, so wollen wir damit öffentlich bekennen, daß wir Sünder sind. Unsere Reumütigkeit muß aber nicht bloß Reue und Scham, sondern auch Schmerz und Haß gegen die Sünde in sich fassen sowie ein lebendiges Sehnen, ihrer los zu werden, und den ernsten Entschluß, sie in allen ihren Regungen zu verfolgen und gänzlich davon abzulassen.

Gebet. O Gott! der du auf das Gebet der Demütigen gnädig herabsiehst, die Hoffärtigen dagegen verachtest und erniedrigst, ich bitte dich flehentlich, gib mir ein demütiges Herz, damit ich der Demut deines eingeborenen Sohnes, unseres Herrn Jesu Christi, nachfolge und dadurch verdiene, mit ihm im Himmel erhört zu werden.


Betrachtung über die Selbsterkenntnis

1. Schon die Heiden im alten Griechenland hatten über den Toren ihres größten Heiligtums den Spruch stehen: Erkenne dich selbst! Selbst den Heiden galt dieses also als eine Hauptforderung der Religion, eine Hauptbedingung, um zu Gott zu kommen. Einer ihrer Weisen pflegte zu sagen: die wichtigste und zugleich schwierigste Wissenschaft sei die Selbsterkenntnis. - Allerdings, wenn der Landmann die Äcker seiner Nachbarn durch und durch kennen würde, seine eigenen aber nicht, was nütze ihm das? Ähnlich macht es ein Mensch, der vieles lernt und auf alles Mögliche acht gibt, über andere und ihre Verhältnisse genau unterrichtet ist, dabei aber sich selbst nicht erkennt.
Wozu bist du auf Erden? Du sollst durch treuen Dienst Gottes ewiges Glück verdienen. Ohne Selbsterkenntnis ist das unmöglich. Lebst du in schweren Sünden, so kannst du nicht selig werden ohne wahre Buße. Wie aber kannst du deine Sünden wahrhaft bereuen und verabscheuen, wenn du sie gar nicht einsiehst, ihre Bosheit und Schändlichkeit nicht erkennst? Wie kannst du feste Vorsätze fassen, wenn du deine bösen Neigungen, Begierden und Gewohnheiten nicht erkennst? Daher ist das erste Erfordernis zum würdigen Empfange des Bußsakramentes die Gewissenserforschung.
Wer sich selbst und seine Fehler erkennt, der hat schon den ersten Schritt zur Besserung getan; es wird ihm keine Ruhe gelassen, die Fehler zu bekämpfen, das häßliche Unkraut auszurotten. Wer aber sich selbst nicht erkennt, der lebt selbstzufrieden in schlechten Gewohnheiten dahin, er verhärtet und verstockt sich allmählich darin, fällt in Selbstverblendung, und dereinst werden ihm schrecklich die Augen aufgehen, wenn es zu spät ist.

2. Die Selbsterkenntnis ist nichts Leichtes. Denn wir täuschen uns gar zu gern selbst, und Welt und Satan helfen dazu. Ein häßlicher Mensch mit mißgestaltetem Antlitz wird nicht gern in den Spiegel schauen, weil er nichts Angenehmes darin sieht. So mag auch der arme sündhafte Mensch nicht gern seine durch Sünde und Schande verunstaltete Seele im Spiegel der Wahrheit betrachten; er weiß, daß er sich schämen müßte. Und zudem müßte er dann entweder Gewissensbisse ausstehen, oder er müßte sich anstrengen, ernstlich an seiner Besserung zu arbeiten; beides ist ihm zuwider.
So taxieren sich denn manche falsch. Sie halten sich also für mustergültige Christen, wenn sie frei sind von groben Lastern. Ich habe nicht gestohlen, meinen sie, ich bin kein Verbrecher und Mörder. - Angenommen, dieses sei richtig, dann wüßtest du damit erst, was du nicht bist, aber noch nicht, wer du bist. Von solch groben Lastern kannst du frei sein, dabei aber andere ebenso schlimme haben. Ja, du kannst vor den Menschen als Ehrenmann gelten und dabei doch ein schlechter Christ sein. Denn wenn du dich z.B. von Werken der Unzucht freihälst, innerlich aber böser Lust frönst in Gedanken und Begierden, so bist du vor Gott ein Unzüchtiger und Ehebrecher, mag die Welt von dir halten, was sie will. Und wenn du keinen gesetzlich strafbaren Betrug verübst, niemand mordest oder beschädigst, so kannst du dabei doch ein habsüchtiger, dem Geizteufel verfallener Mensch, oder durch durch Feindseligkeit vor Gott ein Mörder sein der Gesinnung nach. Ferner verlangt Gott, daß du ihn über alles liebst; er wird nicht mit dir zufrieden sein, wenn du zwar äußerlich grobe Sünden meidest, aber ihn nicht über alles in der Welt liebst, nicht Gottes Ehre und Wohlgefallen in allem suchst, sondern nur deinen Vorteil und dein Vergnügen. - Auch mit angeblichen Tugenden täuschst sich macher. Da hält sich einer für recht sanftmütig, mag keinen Streit und keinen Verdruß; aber es ist bei ihm eine rein natürliche Eigenschaft, wie etwa auch ein Schaf von Natur friedfertig ist; es geschieht nicht um Gottes willen, aus übernatürlichen Beweggründen, und gilt daher vor Gott nicht als Tugend. Ja, diese rein natürliche Gutmütigkeit kann sogar sündhaft werden, z.B. bei Eltern, die zu weichherzig sind gegen die Fehler ihrer Kinder und Untergebenen.
Die Verblendung geht oft so weit, daß man Fehler an andern rügt und tadelt, die man an sich selbst viel schlimmer hat, aber nicht erkennt. Den Splitter im Auge des Nächsten sieht man, den argen Balken im Auge dagegen nicht. In eine große Irrenanstalt kam einst ein Fremder, um sie zu besehen. Er begegnete einem jungen Mann, der sich mit großer Freundlichkeit erbot, ihm die Anstalt zu zeigen. Er führte ihn herum, und wenn sie einem Geisteskranken begegneten, erklärte er jedesmal, was der Irre für eine fixe Idee oder Einbildung habe. Dieser Mann z.B., sagte er, bildet sich ein, er sei der Kaiser von Rußland, jener dort meint, er sei schon gestorben; der närrischeste von allen aber ist jener junge Mensch, er bildet sich nämlich ein, er sei Gott der Sohn; und da müßte ich doch auch etwas davon wissen, denn ich bin Gott der Vater. - Da merkte der Fremde erst, daß sein Führer auch ein Narr war gleich den übrigen. Derselbe erkannte den Zustand seiner Genossen ganz richtig; daß er aber auch in diesem Spitale krank lag, sah er durchaus nicht ein. Wie viele gleichen ihm, weil sie sich selbst nicht kennen!

3. Wie kann man zu der notwendigen Selbsterkenntnis kommen? Als Mittel ist vor allem das Gebet anzuwenden. Gottes Gnade muß uns erleuchten, und Gottes Gnade will erbeten sein. Darum sollte man oft besonders zum Heiligen Geiste beten.
Ferner die Gewissenserforschung. Und wenn das öftere Beichten keinen andern Nutzen hätte als die öftere Gewissenserforschung, so wäre der Segen schon unbeschreiblich groß. Man sollte sich jeden Abend, mindestens aber jeden Sonntag das Gewissen erforschen.
Dann die Beobachtung, wie es andere Menschen machen. Das Beispiel guter, gewissenhafter Christen ruft uns ins Gewissen; die Verkehrtheiten des Nächsten sollen uns fragen: liegst du etwa im selben Spitale krank? - Dann die Ermahnungen aufrichtiger Freunde und die üble Nachrede der Feinde. Wohl dem, er einen Freund hat, der ihn aufmerksam macht auf seine Fehler. Wie kommt es, daß so wenige Menschen aufrichtig mit uns umgehen? Die Schuld trägt unser Stolz, weil wir keinen Tadel vertragen können und die Wahrheit nicht hören wollen; darum wagt niemand, uns aufmerksam zu machen, und wir geraten immer tiefer in Verblendung.
Endlich das Anhören des göttlichen Wortes in der Predigt und das Lesen guter, religiöser Bücher und Schriften.
Wer die Predigt mit frommen Sinne hört, empfängt ohne Zweifel die besondere Gnade der Erleuchtung. Man muß nur damit mitwirken und das Gehörte auf sich selbst anwenden. Wer Gottes Wort nicht hört und befolgt, so schreibt St. Jakobus, der gleicht einem Menschen, der sein Angesicht in einem Spiegel beschaut und hinweggeht, und sofort wieder vergißt, wie er ausgesehen hat. Auch beim Lesen guter Schriften redet Gott zu uns. Zahllos vielen ist schon dabei ein inneres Licht aufgegangen, sie sind zur Erkenntnis ihres Zustandes gekommen, ja, für manche wurde ein gutes Buch der erste Anstoß zur Heiligkeit. Zum guten, christlichen Leben ist das Lesen nicht nötig, allein es ist ein wichtiges Hilfsmittel, und wenn man überhaupt etwas lesen will, so soll man nur Gutes, Nützliches und manchmal auch etwas Religiöses lesen.
Gott bewahre uns vor Verblendung und Verstockung. Damit dieses größte Unheil uns nicht treffe, müssen wir die Mittel gebrauchen, um zur Erkenntnis zu kommen: Gebet, Nachdenken, Anhören des göttlichen Wortes, erbauliche Lektüre, öftere Gewissenserforschung und Beichte. Mühsam ist das und oft schmerzlich, aber der einzige Weg zu wahrer Demut, der notwendigsten Grundlage aller Tugend.
(N. Schmitt)


Unterricht für den elften Sonntag nach Pfingsten

Beim Eingange der heiligen Messe bitte Gott mit dem Priester um brüderliche Eintracht und um Schutz wider die innerlichen und äußerlichen Feinde:
O Gott, der du an deiner heiligen Stätte wohnest; der du machest, daß die Menschen in Eintracht beisammen wohnen, gib deinem Volk die Kraft und Stärke wider alle seine Feinde (Ps 67). O Gott! mache dich auf, auf daß deine Feinde zerstreut werden, und die dich hassen, vor deinem Angesicht fliehen. Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. Allmächtiger, ewiger Gott! der du in deiner überschwenglichen Güte alle Verdienste und Wünsche der Bittenden übersteigest, gieße deine Barmherzigkeit über uns aus; vergib uns gnädig, was unser Gewissen fürchtet, und gewähre uns, um was wir nicht zu flehen wagen. Durch Jesum Christum, deinen Sohn, unsern Herrn. Amen.

Lektion aus dem ersten Briefe des hl. Paulus an die Korinther XV,1-10

Brüder! ich erinnere euch and das Evangelium, das ich euch gepredigt habe, das ihr auch angenommen habet, worin ihr auch beharret, wodurch ihr auch selig werdet, wenn ihr euch so daran haltet, wie ich es euch gepredigt habe; es müßte denn sein, daß ihr nur einen toten Glauben gehabt hättet. Denn vor allem habe ich euch mitgeteilt, was ich auch empfangen habe, daß Christus für unsere Sünden gestorben ist, wie geschrieben steht, daß er begraben worden und am dritten Tage wieder auferstanden ist, wie geschrieben steht; daß er dem Petrus erschienen ist und danach den Elfen. Nachher ist er mehr als fünfhundert Brüdern zugleich erschienen, von denen noch viele bis auf den heutigen Tag leben, einige aber entschlafen sind. Hierauf ist er dem Jakobus erschienen, dann allen Aposteln; zuletzt aber, nach allen, sit er auch mir erschienen, wie einer Spätgeburt; denn ich bin der Geringste unter den Aposteln, der ich nicht würdig bin, Apostel zu heißen, weil ich die Kirche Gottes verfolgt habe. Aber durch die Gnade Gottes bin ich, was ich bin, seine Gnade ist in mir nicht ohne Frucht gewesen.

Erklärung

Eine gewaltige Zuversicht gibt sich hier kund. So redet einer, der weiß, daß sein Evangelium Gottes Wort ist, das Macht hat, selig zu machen. Der wahre Glaube, den Paulus den Korinthern gebracht hat, ist der alleinseligmachende. Er hat ihn gepredigt mit solcher Überzeugung, daß er sagen konnte: Und wenn ein Engel vom Himmel käme und eine andere Lehre verkündete, der sei verflucht. Die Apostel hatten durch Mitteilung des Heiligen Geistes jeder für sich die Gabe der Unfehlbarkeit, die jetzt neben ihrem Oberhaupte nur der Gesamtheit der lehrenden Kirche zukommt.

Die ersten Glaubensboten hatten nicht mit ungebildeten, wilden Menschen zu tun. Juden, Griechen, Römer waren die gebildetsten Nationen der damaligen Welt. Und doch fand das Evangelium zuerst in den größeren Städten eine solche willige Aufnahme, daß sich überall blühende Christengemeinden bildeten. Es müssen also nebst der Gnade Gottes sehr überzeugende Gründe gewesen sein, auf die sich die Predigt der Apostel stützte. Ihre Beweise bestanden vor allem in den Wundern, die so offenkundig waren, daß kein Vernünftiger sie leugnen konnte. Das größte aller Wunder, die Auferstehung Christi, konnten die Apostel selbst bezeugen, da Christus vor ihren Augen gestorben und begraben war und sich dann in vielen Erscheinungen ihnen lebend gezeigt hatte. Die fünfhundert weiteren Zeugen lebten meistens noch. Und viele derselben bekräftigten ihr Zeugnis durch Wunder und besiegelten es auch mit dem Märtyrertode.

So hatten also die Korinther das Evangelium auf gute Gründe hin angenommen und war ihr Glaube ein vernünftiger und fester, wie er sein mußte, wenn sie allen Anfrechtungen standhalten und ihr Leben danach einrichten wollten. Denn der Glaube ist nicht nur eine Ansicht, er ist ein Gesetz. Jede seiner Lehren stellt unabweisliche Forderungen. Streng katholisch muß jeder sein, indem er es mit allen Lehren und Anforderungen der Religion ernst nimmt. Die Halben gelten vor Gott ebensowenig wie die, die nichts sind. Wer nicht treu im rechten Glauben beharrt, hat vergebens geglaubt.

Das Zeugnis des hl. Paulus für Christus gründete auf der Erscheinung bei Damaskus. Seine Berufung zum Apostel war so wunderbar und einzig, daß er sich ihrer wegen hätte erheben können. Anderseits erinnert sie ihn stets an die Zeit seiner Verirrung. Zwar hätte er sich damit entschuldigen können, daß er in gutem Glauben gewesen sei bei der Verfolgung der Kirche, aber wahre Bußfertigkeit sucht nicht nach Entschuldigungen; sie schwächt sich mit der Zeit auch nicht ab, sondern wird mit dem Wachstum in der Gnade größer. Glückliche Schuld, die den Apostel antrieb, mehr für den Herrn zu arbeiten als alle anderen.

Gebet. O demütigster Heiland! vertreibe aus mir den Geist der Hoffart und erteile mir die so notwendige Demut. Gib mir die Gnade, recht zu erkennen, daß ich aus mir selbst nichts dir Wohlgefälliges zu tun vermag, und daß all mein Vermögen zum Guten von dir herkommt, der du das Wollen und Vollbringen in mir wirkest (2 Kor 3,5; Phil 2,13).

Evangelium Markus VII,31-37

In jener Zeit ging Jesus wieder weg von den Grenzen von Tyrus und kam durch Sidon an das Galiläische Meer, mitten in die Landschaft der zehn Städte. Da brachten sie einen Taubstummen zu ihm und baten ihn, daß er ihm die Hand auflegen möchte. Und er nahm ihn von dem Volke beiseits, legte seine Finger in seine Ohren und berührte seine Zunge mit Speichel, sah gen Himmel auf, seufzte und sprach zu ihm: Epheta, das ist: Öffne dich! Und sogleich öffneten sich seine Ohren und das Band seiner Zunge ward gelöst, und er konnte richtig sprechen. Da gebot er ihnen, sie sollen es niemand sagen. Aber je mehr er es ihnen gebot, desto mehr breiteten sie es aus und desto mehr verwunderten sie sich und sprachen: Er macht alles wohl, den Tauben gibt er das Gehör und den Stummen die Sprache.

Wer kann unter diesen Taubstummen verstanden werden?

Diejenigen, die von dem Worte Gottes, von himmlischen und das Seelenheil betreffenden Dingen nichts hören, noch auch davon reden oder das Lob Gottes verkündigen wollen.

Warum nahm Christus den Taubstummen beiseite?

1. Um uns zu lehren, daß derjenige, der sich bekehren und fromm leben will, soviel als möglich das Weltgetümmel und die gefährlichen Gesellschaften meiden und die Einsamkeit lieben müssen: denn da redet Gott zu dem Herzen (Os 2,14). 2. Um uns zu lehren, daß wir bei unsern guten Werken nicht nach Menschenlob trachten sollen. Werden unsere guten Werke gesehen, so sei es; wir suchen es nicht. 3. Auch lehrt Christus hier, daß wir den Haß unserer Feinde nicht unnötig herausfordern, andere nicht ohne Ursache gegen uns erbittern sollen.

Warum hat Christus seine Finger in die Ohren des Taubstummen gelegt und die Zunge desselben mit Speichel berührt?

Um zu zeigen, daß der den Kranken helfen könne, auf welche Weise er wolle, bloß durch sein Wort oder durch Berührung mit einem Finger und dergleichen, und um es über allen Zweigel zu erheben, daß die Heilung von ihm ausgegangen und mit seinem Willen geschehen sei. Auch wollte er damit die heiligen Sakramente versinnbilden, in denen unter einem sichtbaren Zeichen die unsichtbare Gnade des Heiligen Geistes mitgeteilt wird und die Seele Freude und Geschmack an göttlichen Dingen bekommt, so daß die Ohren gerne Gottes Wort hören und die Zunge nur redet,W as gut und zu Erbauung ist.

Warum hat Christus zum Himmel gesehen?

Um uns zu unterrichten, daß alle Güter von oben kommen. Er hat überdies geseufzt, um uns zu lehren, daß wir mit den Sündern Mitleid tragen sollen, und zu zeigen, wie schwer es sei, diejenigen, die von Gott nichts wissen noch hören wollen, zu bekehren. Aus dem Verfahren Christi lernen wir auch, wie kräftig die Gnade Gottes sei; denn auf das einzige Wort Christi: Ephata, d.i. öffne dich, öffneten sich sogleich die Ohren des Taubstummen, und das Band seiner Zunge war gelöst, so daß er recht reden und Gott preisen konnte.

Was sind Zeremonien?

Zeromonien sind heilige, zum Dienste und zur Verehrung Gottes verordnete Gebräuche.

Warum bedienen wir uns bei unserem Gottesdienste solcher Zeremonien?

1. Damit wir durch die äußerlichen Zeichen erinnert werden an das, was durch die Gnade in uns vorgeht; 2. damit wir, die wir Gott mit Leib und Seele angehören, ihm nicht allein mit der Seele durch innerliche, sondern auch mit dem Leibe durch äußerliche Andacht dienen; 3. damit die Andacht in uns vermehrt und die Aufmerksamkeit gesteigert werde, wozu sinnliche Zeichen viel beitragen; 4. damit wir durch die äußerlichen Dinge zur Betrachtung der innerlichen und göttlichen erhoben werden; 5. damit wir unsere Nebenmenschen erbauen und zur gleichen Andacht, wie wir haben, erwecken. Daraus ist also klar, daß die Zeremonien höchst löblich und nützlich sind, weil der Mensch nicht nur ein Geist, sondern ein sinnlich vernünftiges Wesen ist, daß aus Seele und Leib besteht.

Sind die Zeremonien auch in der Schrift begründet?

Ja; denn neben dem, was Christus im heutigen Evangelium getan hat, hat er auch sonst verschiedene Zeremonien gebraucht, indem er die Brote und Fische segnete (Matth 15,36), die Augen des Blindgeborenen mit Erde bestrich (Joh 9,6), mit gebogenen Knien betete (Lukas 22,41), auf sein Angesicht fiel, um zu beten (Matth 26,29), seine Jünger anhauchte und ihnen damit den Heiligen Geist mitteilte (Joh 20,22), und sie endlich bei seiner Himmelfahrt mit aufgehobenen Händen segnete (Lukas 24,50). So waren auch den Juden im Alten Bunde von Gott mancherlei Zeremonien vorgeschrieben. Von diesen sind zwar im Neuen Bunde die meisten abgeschafft, einige aber auch beibehalten und diese von der Kirche mit neuen passenden vermehrt worden. Daß die Kirche hierzu das Recht hat, wer dürfte daran zweifeln? Daß sie einen hohen Sinn haben und Ehrfurcht einflößen, wird jeder einsehen, der sich die Mühe geben will sie kennen zu lernen. Daß es endlich vernünftig sei, sie anzuwenden, kann niemand in Abrede stellen, da im menschlichen Leben selbst im gewöhnlichen Verkehr der Menschen untereinander, so viel Zeremonielles, z.B. Ehrenbezugungen, Erinnerungszeichen, angewandt wird. - Lerne also die Bedeutung der Zeremonien, übe sie mit Andacht und schäme dich nicht, dadurch Gott öffentlich zu bekennen. Die große hl. Theresia hatte eine solche Verehrung für die Zeremonien, daß sie beteuerte, sie sei bereit, für die unscheinbarste zu sterben.

Was ist vom Mißbrauch der Zunge zu halten?

Es gibt wohl kein gefährlicheres Glied an unserem ganzen Leibe, als die Zunge. "Die Zunge", sagt der hl. Jakobus (3. Kap.), "ist zwar ein kleines Glied, richtet aber große Dinge an, wie ein kleines Feuer einen großen Wald anzündet. Sie befleckt unsern Leib und füllt unsern Lebenslauf mit wilden Leidenschaften (wenn sie unter der Herrschaft der Hölle steht, vom Satan regiert wird). Durch die Zunge loben wir Gott, den Vater, und durch sie verfluchen wir die Menschen, die nach dem Ebenbilde Gottes geschaffen sind. Aus einem Munde geht Lob und Fluch hervor." Es gibt wohl kein Land, keine Stadt, kein Haus, das nicht von bösen Zungen mit Hader, Zank, Schmach, Uneinigkeit, Eifersucht, Unzucht, Ehrabschneidung usw. angefüllt würde. Eine gottlose Zunge schmäht Gott und seine Heiligen, verfälscht das Wort Gottes, stiftet Ketzerei und Spaltung, macht unmäßig, unkeusch, neidisch, feindselig, mißgünstig usf. Sie ist mit einem Worte eine Welt voll Ungerechtigkeit und unsäglicher Übel. Die Zunge der Schlange hat unsere ersten Eltern verführt, und damit den Tod und alle Übel in die Welt gebracht (1 Mos 3). Die Zunge Jeroboams hat Israel vom Tempel und von Gott selbst abgekehrt (3 Kön 13,27). Die Zunge des Judas hat Christus verraten (Matth 26). Und was verursacht meistens den Krieg, die Geißel der Menschheit, als die unruhige Zunge neidischer, geld- und ehrgeiziger Menschen, die im Kriege ihr Glück suchen und die daraus entstandenen Übel für Gewinn halten. Wie viele endlich sind durch ihre unbehutsamen Zungen in das größte Unglück und Leidwesen geraten.
Was ist aber zu tun, um sich vor diesem so gefährlichen Feinde sicherzustellen? 1. Der hl. Jakobus lehrt (1,19), man solle langsam zum Reden sein, d.i. nur wohlüberlegte Worte im Munde führen; also überlege man wohl, bevor man etwas sagt. Auf solche Weise wird man in keinem Worte fehlen und ein vollkommener Mensch werden (3,2). 2. Man hüte sich wohl vor dem Fluchen und Schwören und vor aller Lüge, auch den sogenannten Not- und Scherzlügen. 3. Man hüte sich, ohne Not von den Fehlern des Nächsten zu sprechen, seien sie wahr oder nicht nicht, verborgen oder bekannt. Niemals werde ich einen Menschen für fromm halten, der über die Fehler der Nächsten spricht. 4. Man lege sich sogleich eine Buße auf, wenn man bemerkt, daß man durch Reden einen Fehler begangen hat; 5. man bete oft:

Gebet. O Herr! setze eine Wache vor meinen Mund und eine Türe an meine Lippen, damit ich dadurch nicht zum Falle kommen und meine Zunge mich nicht zugrunde richte (Ps 140,3).


Betrachtung über die Abtötung

Was ist unter Abtötung zu verstehen? Es ist die Überwindung der unordentlichen Begierlichkeit des eigenen Herzens. Gott hat den Menschen gut erschaffen. Alle Triebe und Neigungen des Leibes und der Seele gehorchten willig der Vernunft und dem Gewissen. Durch die Sünde kam Verwirrung und Unordnung in den Menschen, besonders die Neigung zu allem Bösen. Das ist die unordentliche Begierlichkeit, die wir als schlimmes Erbteil unserer Stammeltern mit auf die Welt bringen. Sie wird bei der Taufe, wenn die Erbsünde getilgt wird, nicht mitgetilgt, sondern bleibt bestehen und nötigt uns zu beständigem Kampfe wider uns selbst. Diese unordentliche Begierlichkeit regt sich bei jeder Gelegenheit und verlangt nach Dingen, die durch Gottes heiliges Gesetz verboten sind; reizt also zur Sünde. Wenn du z.B. beleidigt wirst, deinen Willen nicht bekommst usw., regt sich alsbald die Neigung zum Zorn, zum Haß; wenn du Unlauteres siehst oder hörst, regt sich die unreine Lust in dir durch solche Vorstellungen, durch Begierde, solches zu sehen, zu hören oder zu tun; beim Anblick von Speisen und Getränken regt sich leicht die Gaumenlust zu unmäßigem Verlangen danach, obwohl du schon satt bist oder der Genuß sonst unerlaubt wäre; wenn du beten oder arbeiten sollst, regt sich dagegen die Trägheit, will dich verleiten, es zu unterlassen, es aufzuschieben oder schlecht zu verrichten.

Solche Triebe, Begierden und Leidenschaften, die zum Bösen anreizen und vom Guten abhalten wollen, sind und regen sich in jedem Menschen; obwohl der eine mehr zu diesem, der andere mehr zu jenem geneigt ist. An sich sind sie noch nicht Sünde aber sie bringen leicht dazu. Es ist nicht möglich, Gott treu zu dienen, ohne daß man diese unordentlichen Begierlichkeit bekämpft und überwindet. Wer dieses nun tut, wer beharrlich strebt, seine bösen Begierden zu bekämpfen und zu unterdrücken, der übt die Abtötung. Er bezähmt seine Leidenschaften, indem er beständig auf der Hut ist, daß sie nicht ausbrechen, sich vor den Gelegenheiten in acht nimmt, die sie anreizen und nähren könnten, und wenn sie sich dennoch regen wollen, ihnen sofort entgegenhandelt und sie dadurch immer mehr schwächt. So zähmt man auch ein wildes, bissiges Pferd. Es bekommt schmaleres Futter, einen knappen Zaum, und so oft es sich mutwillig oder störrig zeigt, Schläge.

Nicht anders kann die unordentliche Begierlichkeit gebändigt und unschädlich gemacht werden. Vor allem muß man nicht gedankenlos in den Tag hineinleben, sondern recht achthaben auf sich selbst, und sobald die unordentliche Begierlichkeit sich regt, sie rasch und kräftig zurückweisen und unterdrücken. Im ersten Anfange ist das leicht. Ein Funken läßt sich leicht löschen, eine Feuersbrunst aber schwer. Du darfst z.B. deiner Eßbegierde nicht nachgeben, wenn sich die Lust zum Naschen regt; du darfst dem Vorwitz nicht im mindesten nachgeben, um nach Unehrbarem zu sehen oder zu hören; du darfst der Schwatzhaftigkeit nicht nachgeben, wenn sie sich an fremder Ehre vergreifen möchte.

Aber damit ist es noch nicht genug. Wir müssen die unordentliche Begierlichkeit auch in der Art bezähmen, daß wir ihr manches versagen, was nicht gerade sündhaft ist. Denn wer in erlaubten Dingen seine Neigungen beherrscht, der wird sie um so leichter bändigen, wenn sie nach sündhaften Dingen gelüsten. Wer z.B. gewöhnt ist, seine Augen überhaupt im Zaume zu halten, wo das Hinsehen keine Sünde wäre, der wird um so leichter die Versuchung zu sündhaften Blicken überwinden. Wer seine Zunge beherrscht und sie nicht jedesmal in Bewegung setzt, wenn es ihm einfällt, wird leicht sündhafte Reden meiden können. Wer öfter im Essen und Trinken sich Abbruch tut, wird so leicht nicht zu Unmäßigkeit kommen.

Wie man endlich das wilde Roß straft durch Fasten und Schläge, so ist es auch nötig zur Bändigung der bösen Lüste, daß man sie abtötet durch Bußwerke, sooft sie uns fortgerissen haben. Hat die Gaumenlust dich verführt, so faste, entziehe dir Essen und Trinken an bestimmten Tagen und bei gewissen Gelegenheiten. Hat die Schwatzhaftigkeit dich verleitet, so übe dich zu bestimmten Zeiten im Stillschweigen; hat die Trägheit dich überwältigt, so stehe des andern Tages eine halbe Stunde früher auf. Ertappst du dich auf übermäßiger Anhänglichkeit an Geld und Gut, so lege sogleich ein Almosen beiseite für Arme oder für einen guten Zweck. Zur Strafe für Versündigungen gegen die Keuschheit lege dir Fasten, beschwerliche Arbeit oder Abbruch an Bequemlichkeit auf.

Die Abtötung, wie sie alle treuen Diener Gottes stets geübt haben, besteht darin: sich alles Unerlaubte ganz entschieden versagen, sich zur Übung auch Erlaubtes freiwillig versagen, und endlich für Übertretungen sich eine angemessene Strafe auflegen. Das gilt nicht bloß für Klosteleute, sondern für jeden Christen ohne Ausnahme. Die unordentliche Begierlichkeit ist ein heimtückischer Feind im eigenen Innern. Vollständig austreiben können wir sie nicht, solange wir leben; aber wir können und sollen sie schwächen und ungefährlich machen. Dieses fordert der Heiland ganz ausdrücklich von jedem. "Wenn jemand mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst, nehme täglich sein Kreuz auf sich und folge mir nach" (Luk 9,23). "Wachet und betet, damit ihr nicht in Versuchung fallet; der Geist ist zwar willig, aber das Fleisch ist schwach." Es ist auch leicht einzusehen, daß wir weder die Gebote im allgemeinen halten, noch unsere besonderen Standespflichten erfüllen können, wenn wir unsere Neigungen nicht in vielen Dingen beständig verleugnen und uns abtöten.

Ein Einsiedler, der mit anderen Dienern Gottes in der Wüste lebte, fühlte sich oft zum Zorne gereizt und verfehlte sich wohl durch Ungeduld und Heftigkeit. Er meinte nun, seine Mitbrüder seien schuld daran, und wenn er allein lebe, werde dergleichen nicht vorkommen. Er ließ sich also an einem vollkommen einsamen Orte in einer Felsenhöhle nieder. Am ersten Abend ging er zu einer nahen Quelle, um sich einen Krug voll Wasser zu holen, und in seiner Höhle angekommen, stellte er den Krug in die Ecke. Doch dieser fiel um, und das Wasser floß umher. Seufzend machte er sich wieder auf den Weg, um neues Wasser zu holen. Aber der Krug fiel wieder um. Nun war er schon unwillig, doch bezwang er sich und holte zum dritten Male Wasser. Als aber auch jetzt der Krug wieder umfiel, war er so zornig, daß er ihn an den Felsen schlug und in tausen Stücke zerschmetterte. Bald legte sich sein Zorn, und nun sah er ganz beschämt ein, was er bisher nicht erkannt hatte, daß nämlich nicht in anderen, sondern in ihm selbst die Ursache seines sündhaften Zornes liege, und daß er auch in die Einsamkeit seinen Hauptfeind mitgenommen habe, nämlich die ungeordneten bösen Neigungen, die ihn zum Zorne und zu anderen Sünden reizten. Er machte sich auf, kehrte zu seinen Mitbrüdern zurück und gab sich nun ernstlich Mühe, den Feind im eigenen Herzen zu bekämpfen.


Unterricht für den zwölften Sonntag nach Pfingsten

Der Eingang der heiligen Messe ist das Gebet einer bedrängten Seele, die Gott um Beistand wider die Feinde anfleht:
O Gott! habe acht auf meine Hilfe! Herr, eile, mir zu helfen! Es sollen sich schämen und zuschanden werden, die mir nach dem Leben streben; es sollen zurückweichen und beschämt werden, die mir Übles wollen (Psalm 69). Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. Allmächtiger und barmherziger Gott! dessen Gabe es ist, daß deine Gläubigen dir würdig und löblich dienen; wir bitten dich, du wollest und verleihen, daß wir den Gütern, die du uns verheißen hast, ohne Hindernis nachstreben mögen. Durch denselben Jesum Christum, deinen Sohn, unsern Herrn. Amen.

Lektion aus dem zweiten Briefe an die Korinther III,4-9

Brüder! ein solches Vertrauen haben wir zu Gott durch Christum, nicht weil wir tüchtig sind durch uns selbst, aus eigener Kraft etwas (Gutes) zu denken, sondern unsere Tüchtigkeit ist aus Gott, der uns auch tüchtig gemacht hat, Diener des Neuen Bundes zu sein, nicht dem Buchstaben, sondern dem Geiste nach; denn der Buchstabe tötet, der Geist aber macht lebendig. Wenn nun der Dienst des Todes, mit Buchstaben auf steinerne Tafeln geschrieben, voll Herrlichkeit war, so daß die Kinder Israels das Angesicht Moses nicht schauen konnten wegen des Glanzes seines Antlitzes, der doch vergänglich war: wie sollte nicht vielmehr der Dienst des Geistes (im Neuen Bunde) Herrlichkeit haben? Denn wenn der Dienst der Verdammnis voll Herrlichkeit war, um wieviel mehr ist der Dienst der Gerechtigkeit überreich an Herrlichkeit!

Erklärung

Paulus hatte viele für das Evangelium gewonnen, und bei vielen zeigten sich die schönsten früchte christlichen Geistes. Das bewies die Echtheit seiner Sendung. Die Verbreitung des Evangeliums widerstreitet den menschlichen Leidenschaften, sie kann nur im Kampfe mit ihnen erfolgen und mit besonderem Beistand von oben. Solche Erfolge sind nicht Menschenwerk, die Tüchtigkeit des Apostels ist aus Gott.

Diesen Beweis ihrer Wahrheit und göttlichen Sendung hat die katholische Kirche zu allen Zeiten für sich in Anspruch nehmen können. Die Geschichte ihrer Missionstätigkeit ist eine Geschichte ihres Ruhmes. Die Bekehrung ganzer Völker erfolgt nicht durch rein menschliche Mittel; oft genug flossen dabei Ströme von Märtyrerblut. Die Religion Mohammeds dagegen verbreitete sich durch beständige Kriege. Auch die rasche Ausbreitung des Luthertums ist durch günstige Umstände, Fürstengunst, Verführung und Gewalt leicht zu erklären. Die Früchte waren zudem keine erfreulichen.

Den Eifer für die Ausbreitung des Glaubens verdächtigen manche als Proselytenmacherei. Doch bedeutet dieses Herüberziehen Andersgläubiger durch ungerechte Mittel, mit Lug und Trug, mit Bestechung und Zwang. Solches hat die Kirche stets verurteilt, und wo es bei uns vorkam, geschah es gegen ihren Geist und Willen.

Das Apostelwort: Der Buchstabe tötet, der Geist macht lebendig, hat ähnlichen Sinn wie das Wort des Herrn: Das Fleisch nutzt nichts, der Geist ist es, der lebendig macht. Es ist von Unverständigen oft mißbraucht worden, um sich über Gottes und der Kirche Gebot hinwegzusetzen. Auch der Buchstabe hat seine Bedeutung, und an anderer Stelle warnt der Heiland davor, auch nur einen Buchstaben vom Gesetz hinwegzunehmen. Der Buchstabe ist der Leib; das Leben muß ihm durch das rechte Verständnis und durch die rechte Gesinnung gegeben werden. So ist das Christentum die Religion des Geistes. In seine Lehren und Vorschriften sollen wir immer tiefer einzudringen suchen, um ihren Sinn, ihren Zweck und ihre Bedeutung besser zu verstehen; damit wird unsere Unterwerfung freudiger und vollkommener.

Das alte Gesetz war ein todbringender Buchstabe, weil es in sich keine Kraft zu geistiger Umwandlung hatte und deshalb das Sündenverderben nicht aufhalten konnte; es bestand hauptsächlich in äußeren Übungen, Hüllen und Vorbildern. Wenn nun das Amt des Moses schon solche Herrlichkeit in sich hatte, d.h. so ausgezeichnet war, während es doch nur im Dienste des Buchstabens bestand: um wieviel erhabener und herrlicher ist dann die Würde des priesterlichen Amtes im Neuen Bunde, das im Dienste der Gnade besteht!

Gebet. O Herr! gib deinem Evangelium solche Prediger und deinem Volke solche Hirten, die, wie der hl. Paulus, ihrem Amte Ehre, ihre Arbeiten fruchtbar zu machen sich bemühen! Gib aber auch uns, daß wir deine Diener hochschätzen, sie in Wort und Tat ehren und ihren Lehren williges Gehör geben.

Evangelium Lukas X,23-37

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Selig sind die Augen, die sehen, was ihr sehet! Denn ich sage euch, viele Propheten und Könige wünschten zu sehen, was ihr sehet, und haben es nicht gesehen, und wollten hören, was ihr höret, und haben es nicht gehört. Und siehe, ein Gesetzeslehrer trat auf, ihn zu versuchen, und sprach: Meister, was muß ich tun, um das ewige Leben zu erwerben? Er aber sprach zu ihm: Was steht geschrieben im Gesetze? Wie liesest du? Jener antwortete und sprach: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von deinem ganzen Herzen, von deiner ganzen Seele, aus allen deinen Kräften und von deinem ganzen Gemüte, und deinen Nächsten wie dich selbst. Da sprach er zu ihm: Du hast recht geantwortet; tue das, so wirst du leben! Jener aber wollte sich rechtfertigen und sprach zu Jesus: Wer ist denn mein Nächster? Da nahm Jesus das Wort und sprach: Es ging ein Mensch von Jerusalem nach Jericho und fiel Räubern in die Hände. Diese plünderten ihn aus, schlugen ihn wund und hingen hinweg, indem sie ihn halbtot liegen ließen. Da fügte es sich, daß ein Priester denselben Weg hinabzog; er sah ihn und ging vorüber. Desgleichen auch ein Levit; er kam an den Ort, sah ihn und ging vorüber. Ein reisender Samaritan aber kam in die Nähe, sah ihn und ward von Mitleid gerührt. Er trat zu ihm hin, goß Öl und Wein in seine Wunden und verband sie; dann hob er ihn auf sein Lasttier, führte ihn in die Herberge und pflegte ihn. Des andern Tages zog er zwei Zehner heraus, gab sie dem Wirte und sprach: Trage Sorge für ihn, und was du noch darüber aufwendest, will ich dir bezahlen, wenn ich zurückkomme. Was meinst du: welcher nun von diesen dreien war der Nächste von dem, der unter die Räuber gefallen war? Jener aber sprach: Der, welcher Barmherzigkeit an ihm getan hat. Und Jesus sprach zu ihm: Gehe hin und tue desgleichen!

Warum preist Jesus seine Jünger selig?

Weil sie das, was so viele Könige, Patriarchen und Propheten vergeblich gewünscht hatten, nun zu sehen und zu hören das Glück hatten, nämlich den Weltheiland und seine lehre. Wir sehen und hören Jesus nicht mehr in Person; erblicken wir ihn aber nicht mit den Augen des Glaubens unter der Gestalt des Brotes wirklich, wesentlich und wahrhaft gegenwärtig? Hören wir ihn nicht immerfort durch den Mund seiner Kirche und ihrer Diener, indem, wer sie hört, ihn hört? Glaube also, wie wenn du ihn persönlich sähest, und du hast ebenso die Verheißung der Seligkeit. Wir sind wahrhaft nicht weniger selig zu preisen als die Jünger.

Was ist das für ein Glaube, den Jesus preist?

Ein solcher, der in der Liebe tätig ist, nämlich: in der Liebe Gottes und des Nächsten, da in diesen zwei Geboten das ganze Gesetz besteht (Matth 22,40).

Wer ist unser Nächster?

Die Juden sahen als Nächsten nur den Volksgenossen an, nicht aber den Fremden. Nach der Lehre Jesu Christi aber ist unser Nächster jeder Mensch, er sei ein Fremder oder Einheimischer, ein Armer oder Reicher, ein Glaubensgenosse oder von einer andern Religion, ein Freund oder Feind. Das lehrt uns das Gleichnis vom Samaritan, der den unter die Mörder Gefallenen nicht fragte, wer und woher er sei, sondern sich ihm, weil er seiner Hilfe bedurfte, sogleich durch tätige Hilfeleistung als sein Nächster bewies.

Wie soll man den Nächsten lieben?

Wie sich selbst, d.h. man soll ihm all dasjenige Gute wünschen, gönnen und im Falle der Not erweisen, was man sich selbst wünscht, gönnt und tut (Matth 7,12), dagegen ihm nichts tun, wünschen und gönnen, was man selbst nicht gern hätte. Auf solche Art hat der Samaritan seinen Nächsten geliebt und dadurch den Priester und Leviten weit übertroffen.

Wodurch soll man die Nächstenliebe besonders üben?

Dadurch 1. daß man sich nach dem Beispiele des hl. Paulus (1 Kor 1,4) über die Gaben und Gnaden, die der Nächste von Gott empfangen hat, herzlich freut, über sein Unglück aber sich betrübt und Mitleid trägt. 2. Durch die geistigen und leiblichen Werke der Barmherzigkeit, wie sie oben am siebenten Sonntage nach Pfingsten angegeben worden sind.

Warum soll man den Nächsten lieben?

1. Weil Jesus es befohlen und durch sein Beispiel gelehrt hat. Er liebte uns, da wir noch seine Feinde waren, gab sich für uns in den schmählichsten Tod dahin (Röm 5,10), und bestimmte ausdrücklich die Liebe als Kennzeichen seiner wahren Jünger (Joh 13,15). 2. Weil wir alle ohne Unterschied nicht nur der Natur nach in Adam, sondern auch der Gnade nach in Christo Brüder und Schwestern sind; wir müßten uns folglich sogar vor den Tieren schämen, wenn wir uns von ihnen in der Liebe, die sie gegen ihresgleichen tragen (Weis 13,19), übertreffen ließen. 3. Weil alle unsere Nebenmenschen ebensogut als wir Ebenbilder Gottes, durch das teure Blut Jesu Christi erlöst, seines kostbaren Leibes und Blutes teilhaftig und als Kinder Gottes zum Besitze des Himmelreiches bestimmt sind. 4. Weil wir ohne die Liebe des Nächsten unmöglich selig werden können. "Wer den Nächsten nicht liebt," sagt der hl. Johannes (1 Joh 3,13), "der bleibt im Tode, indem er eines der größten Gebote übertritt und das Gesetz nicht erfüllt" (Röm 13,3).

Was wird erfordert, damit die Liebe des Nächsten zum Himmel verdienstlich sei?

Daß sie sich auf Gott beziehe, d.i. daß man den Nächsten in Gott und wegen Gott liebe. Wer nämlich diese Pflicht recht erfüllen will, der muß seine Mitmenschen zuerst aus dem Grunde lieben, weil es der Wille Gottes ist. Nur aus einer natürlichen Neigung, aus Eigennutz oder aus einer andern noch schändlicheren Ursache den Nächsten lieben und ihm Gutes tun, ist weiter nichts als eine natürliche Liebe, die von der Liebe des Heiden keineswegs verschieden ist: denn auch die Heiden lieben und grüßen die, von denen sie geliebt und gegrüßt werden (Matth 5,46).

Was wird in einem höheren und geistigen Sinne unter dem Gleichnis im heutigen Evangelium verstanden?

Nach Auslegung der heiligen Väter wird unter dem unter die Mörder gefallenen Menschen unser erster Vater Adam, und folglich das ganze Menschengeschlecht verstanden, das durch den Ungehorsam Adams in die Gewalt des Satans und seiner Engel geraten, der ursprünglichen Gerechtigkeit und der Gnade Gottes beraubt, und überdies vermittels der bösen Begierlichkeit an allen Seelenkräften verwundet und geschwächt worden ist. Der Priester und Levit, durch die das Gesetz vorgestellt wird, wollte und konnte diesem Unglücke nicht abhelfen: Christus aber, der wahre Samaritan oder Helfer, nahm sich des Verwundeten an, indem er das Öl seiner Gnade und den Wein seines Blutes in dessen Wunden goß und diese dadurch heilte, indem er ihn ferner durch die Taufe und die anderen Sakramente mit sich vereinigte, gleichsam zu sich auf sein Lasttier hob, in die Herberge, d.i. seine Kirche zurückbrachte und daselbst dem Seelsorger zur ferneren Pflege und Wartung anvertraute. - Danke Christo, dem barmherzigen Samaritan, für diese so große Liebe und Sorge für dich, und befleißige dich, sie dir durch deine Mitwirkung zunutze zu machen.


Vom heiligen Sakramente der letzten Ölung

Er goß Öl und Wein in seine Wunden (Luk,34)
Dieses Verfahren des Samaritans mit dem tödlich verwundeten Menschen kann als ein Vorbild des heiligen Sakramentes der letzten Ölung angesehen werden, in dem Christus, der wahre Samaritan, mittels des heiligen Öles seine Gnade dem Kranken angedeihen läßt und ihn, wenn nicht dem Leibe, doch der Seele nach heilt und stärkt, wenn der Kranke kein Hindernis entgegensetzt.

Ist die letzte Ölung ein Sakrament?

Ja, denn dadurch wird dem Kranken vermittels einer äußerlichen, von Christus eingesetzten Zeichens die Gnade mitgeteilt.

Wann ist dieses Sakrament eingesetzt worden?

Der Kirchenrat von Trient sagt: Es sei dadurch, daß die Jünger die Kranken mit Öl salbten und heilten (Markus 6,13), vorbedeutet worden; später habe es der hl. Jakobus den Christen als ein von Christus eingesetztes Sakrament verkündet, wo er sagt (Jak 5,1-15): "Ist jemand krank unter euch, so rufe er die Priester der Kirche zu sich, und die sollen über ihn beten und ihn mit Öl salben im Namen des Herrn, und das Gebet des Glaubens wird dem Kranken zum Heile sein, und der Herr wird ihn aufrichten, und wenn er Sünden auf sich hat, so werden sie ihm vergeben werden." Dieses hätte der hl. Jakobus nicht sagen können, wenn es Christus nicht so eingesetzt und befohlen hätte.

Welches ist das äußerliche Zeichen bei diesem Sakramente?

Die Salbung mit dem heiligen Öle, das am Gründonnerstage von dem Bischofe geweiht wird, und das Gebet des Priesters.

Welches sind die Gnaden, die dieses Sakrament bei dem Kranken bewirkt?

Nach den oben angeführten Worten des hl. Jakobus bewirkt dieses Sakrament 1. daß der Kranke, wenn es ihm ersprießlich ist, die vorige Gesundheit wiedererlangt, oder doch die Schmerzen der Krankheit vermittels des göttlichen Beistandes geduldig und verdienstlich ertragen kann. Es bewirkt 2. Erleichterung der Seele, indem es diese von der Lauigkeit und Schwäche zum Guten befreit, und wider die Unruhen des Gemütes und die Anfechtungen des Teufels waffnet und stärkt. Es bewirkt 3. Nachlassung nicht nur der läßlichen Sünden samt den rückständigen Strafen, sondern auch der Todsünden, die der Kranke zu beichten nicht imstande ist, wofern er es nur mit würdiger Vorbereitung empfängt, also vor allem mit reumütigen Herzen. Aus diesen Gründen soll man die heilige Ölung auch den kranken Kindern erteilen, sobald sie die Unterscheidungsjahre erreicht, und nicht erst dann, wenn sie das heilige Sakrament des Altares empfangen haben.

Wie muß der Kranke gesinnt sein, um sich dieser Gnade teilhaftig zu machen?

Da die heiligen Sakramente um so größeren Nutzen bringen, je besser diejenigen, die sie empfangen, dazu vorbereitet sind: so soll sich ein Kranker zum Empfange dieses Sakramentes durch den Empfang der heiligen Sakramente der Buße und des Altares und durch innerlich gute Anmutungen möglichst gut vorbereiten. Er soll deshalb diesen Empfang nicht verschieben, bis ihn die Heftigkeit der Krankheit um den Gebrauch der Vernunft und der Sinne gebracht hat, so daß er kaum weiß oder fühlt, was mit ihm geschieht. Er soll vielmehr, sobald er die Gefahr der Krankheit merkt und noch bei guter Vernunft ist, dieses heilige Sakrament selbst verlangen, damit er es andächtig und mit Nutzen empfangen könne. Er wird darum nicht eher sterben; im Gegenteil wird er, wie schon bei vielen der Fall war, desto eher genesen wenn, es zu seinem Heile ist, oder doch den Nutzen haben, daß ihm seine Krankheit verdienstlicher und sein Tod leichter und glückseliger sein wird. Ebenso ist es von seiten der Angehörigen eine große Torheit, ein unheilvoller Fehler, und kann recht leicht eine schwere Sünde werden, wenn sie nicht zeitig dafür sorgen, daß der Kranke versehen wird.

Ist dieses Sakrament zur Seligkeit notwendig?

Es ist nicht notwendig, daß man ohne dasselbe gar nicht selig werden könnte. Aber es wäre gewiß töricht, sich aus eigener Schuld der Gnaden zu berauben, die man so nötig hat, um den Weg in die Ewigkeit mit kindlichen Vertrauen auf Gott antreten zu können.

Kann man dieses Sakrament öfters empfangen?

Ja, und zwar so oft, als man durch eine neue Krankheit in eine wahrscheinliche Todesgefahr versetzt wird. In einer und der nämlichen Krankheit aber kann man es nur einmal empfangen.

Was spricht der Priester, wenn er in das Krankenzimmer getreten ist?

Er wünscht dem Hause den Frieden und alles Heil, besprengt den Kranken mit Weihwasser und betet: "Herr, besprenge mich mit Ysop, und ich werde rein; wasche mich, und ich werde weißer als der Schnee. Gott, erbarme dich meiner nach deiner großen Barmherzigkeit." Hierauf bittet er, Gott wolle seinen heiligen Engel senden, der die Bewohner des Hauses bewahre; er wolle auch alle Nachstellungen des Satans daraus vertreiben und den Kranken trösten, ihn stärken und ihm die Gesundheit wiedergeben.

Was spricht der Priester bei der Salbung mit dem heiligen Öle?

Er salbt beide Augen des Kranken, indem er sie mit dem Kreuze bezeichnet und spricht: "Durch diese heilige Salbung und seine huldreiche Barmherzigkeit verzeihe dir der Herr, was du durch Sehen gesündigt hast. Amen." - Desgleichen salbt der Priester auch die Ohren, die Nase, die Lippen, die Hände und Füße, indem er dasselbe Gebet mit Bezug auf die übrigen Glieder anwendet, und darum sagt: "Was du durch das Gehör, durch den Geruch, durch Geschmack, die Rede, durch den Gebrauch der Hände und Füße gesündigt hast." Hierbei soll der Kranke über alle mit seinen fünf Sinnen begangenen Sünden eine herzliche Reue erwecken und die Barmherzigkeit Gottes um Verzeihung derselben und Nachlassung der dadurch verdienten Strafen demütig und vertrauensvoll anflehen.

Worauf zielen die übrigen Gebete?

Daß Gott den Kranken stärken und ihm innerlich und äußerlich die Gesundheit erteilen wolle.

Was soll der Kranke nach dem Empfange des heiligen Sakramentes tun?

Er soll 1. Gott nach Kräften inbrünstig danken für die Gnade, daß er ihn des Empfanges der heiligen Sakramente und dadurch der Teilnahme an seinem Leiden und Sterben gewürdigt hat. Er soll 2. Gott bitten, daß er die Gnade des heiligen Sakramentes in ihm wirken lasse, ihn der Verdienste Jesu teilhaftig mache, und ihn stärke, auf dem Wege des Kreuzes und der Schmerzen ihm in seiner Herrlichkeit nachzufolgen.


Betrachtung über die Werke der Barmherzigkeit

1. "Wirket, solange es Tag ist, es kommt die Nacht, wo niemand mehr wirken kann." Auf diese Mahnung sagt zwar mancher: Was soll ich Gutes tun? Zum Beten habe ich keine Zeit, zum Fasten keine Kräfte, zum Almosengeben kein Geld. Ich muß mich plagen von früh bis spät und komme kaum zur Besinnung. - Aber überlege doch, könntest du nicht etwas doch mehr tun? Ein sorgfältiges Morgen-, Abend- und Tischgebet fordert doch nicht so viel Zeit. Vielleicht könntest du hier und da auch in der Woche der heiligen Messe beiwohnen, an der Arbeit würde wenig versäumt, und es ruhte mehr Segen darauf. Wahrscheinlich ließe sich Sonntag mehr tun an Andachtübungen. Ähnliches ließe sich vom Fasten sagen. Selbst wenn du wegen schwerer Arbeit oder Krankheit wirklich die Fasttage nicht halten kannst, welche die Kirche vorschreibt, wie oft könntest du dir sonst etwas abziehen und dich abtöten in diesem oder jenem Stücke Gott zuliebe und deiner armen Seele zum Trost, wenn es dir darum wäre; wie oft die Mühseligkeit und Entbehrungen des täglichen Lebens in christlicher Geduld Gott aufopfern durch die gute Meinung uns so zu einem Bußwerke machen!
Allein auch zugegeben, die meisten können wenig Werke der Abtötung und Andacht über; für eins haben sie sicher keine Entschuldigung, wenn sie nämlich wenig Werke der Liebe üben.
Nun erhebt sich hiergegen der meiste Widerspruch: ich kann niemand etwas geben; habe selbst nichts, habe Frau und Kinder und Schulden, muß mich wehren, um mich ehrlich durchzubringen. Aber wer weiß, wenn man deine Habseligkeiten durchsehen würde, fände sich doch wohl dies oder jenes, was du abgegen könntest, ohne es zu fühlen; wenn man die sonstigen Ausgaben prüfen würde, fände sich mancher Groschen für Unnötiges in Essen und Trinken, Putz und sonstiger Hoffart, der sich leicht sparen und zum Guten verwenden ließe. Das Almosen ist ja nicht nur Pflicht für solche, die ihr Geld sonst für nicht zu lassen wissen; sondern für jeden ohne Ausnahme, der irgend mehr hat, als er selbst braucht. Der reiche Prasser hat viele Brüder im feurigen Höllenbett, die keineswegs reich und dennoch Prasser gewesen sind, weil sie sich an den Grundsatz heilten: Selbstessen macht fett. - Wir sind nicht unbeschränkte Eigentümer unserer Habe, sondern Verwalter und Haushalter Gottes; haben wir Überfluß, so hat er damit auch für unsere Mitmenschen in unsere Hand gelegt, die nicht haben, was sie brauchen. Was sagst du dazu, wenn du deinem Kinde ein Stück Geld in die Hand gibst, es soll damit den Kaufmann bezahlen, und es vernascht das Geld? Was wird aber dein himmlischer Vater einmal sagen, der dir so manches in die Hand gegeben hat, was du deinem bedürftigen Mitbruder mitteilen sollst, wenn du es nicht abgeliefert, sondern alles für dich behalten hast?

2. Aber gesetzt, du könntest wirklich nichts geben. Man kann dir nicht zumuten, daß du es machst wie der selige Joseph Labre, der für die Armen bettelte; auch nicht wie jene Heiden in einer Griechenstadt, wo ein Fasten angeordnet wurde, um mit dem Ersparten einer Nachbarstadt, in der Hungersnot war, zu helfen. Es ist nicht gerade nötig, Geld oder Kleidungsstücke zu geben; du könntest etwas geben, was dir keinen Pfennig kostet und doch vom Vater der Barmherzigkeit als Almosen angerechnet wird. Es gibt sieben leibliche und sieben geistige Werke der Barmherzigkeit; also Auswahl genug. Irgend eins wirst du sicher üben können.
Es ist etwa in der Nachbarschaft jemand krank. Wie angenehm ist es vor Gott, wenn man Kranken beisteht, ihnen Trost und Hilfe bringt für Leib und Seele, ihnen Sorge und Kummer lindert.
Ein kostbares Gut sind Ehre und guter Name. Es tut gar weh, wenn man einen an der Ehre angreift. Ein Werk der Liebe ist es, fremde Ehre schonen und mit der Zunge, diesem gefährlichen Gliede, schonend umgehen, damit niemand wehetun ohne wirkliche Not. Ein Werk der Barmherzigkeit ist es, sich der Angegriffenen annehmen, die abwesend sind und sich nicht verteidigen können, wenn ihre Ehre gelästert wird. Eine alte Legende erzählt: Es standen einmal mehrere Leute bei einem toten Hund, der auf der Straße lag. Jeder wußte etwas über den Hund zu schelten. Der eine sagte: wie er so arg riecht, und hielt sich die Nase zu. Der andere sagte: wie er voll Kot ist, und spie ihn an. Der dritte sagte: wie er so räudig ist, und gab ihm einen Tritt. Da kam auch Jesus hinzu und sprach nach seiner Herzensmilde: die Zähne des Hundes sind schön und glänzen wie Perlen. - Nun schämten sich die Tadler, daß sie nur das Häßliche betrachtet hatten, wurden rot und schwiegen.
Mag man auch die Lästermäuler nicht widerlegen können, man kann sich der Angegriffenen dennoch annehmen, sie entschuldigen, ihre guten Eigenschaften hervorheben. Das ist ein Almosen von großem Wert und macht die eigene Seele liebwert vor Gott. Was wird das für einen Unterschied machen an deinem letzten Ende, ob du lange Jahre gewöhnt warst, an anderer Ehre herumzunagen durch Lästern, Tadeln, üble Nachreden, oder anderer guten Namen zu verteidigen, ihre Fehler mit dem Mantel der Liebe zu bedecken, gut von ihnen zu reden. Der Heiland versichert uns, daß dies ein vorzügliches Mittel sei gegen ein schlimmes Gericht: Richtet nicht, damit auch ihr nicht gerichtet werdet.
Ferner heißt es in der Schrift: Selig die Friedensstifter, denn sie werden Kinder Gottes genannt werden. Gott ist ja ein Gott des Friedens und der Liebe. Das letzte Wort des Heilandes vor seinem Leiden war: Meinen Frieden gebe ich euch, meinen Frieden hinterlasse ich euch. Und sein erstes Wort nach der Auferstehung: Der Friede sei mit euch! - Welch ein christliches Werk, dem Teufel des Hasses entgegenzuarbeiten, andere, die nicht gut miteinander sind, zur Aussöhnung bringen, daß sie sich wieder offen ansehen und grüßen. Streithändel beschwichtigen ist oft so viel wert, wie ein brennendes Haus zu löschen. Am besten ists, dem Streite vorzubeugen, dafür gern ein Opfer bringen, ein Unrecht geduldig leiden, eine Kränkung unter den Fuß drücken. Nachgeben ist eine schöne Sache, wenn es aus christlicher Absicht geschieht; und was du um des Friedens willen fahren lässest, wird dir von Gott einmal so bezahlt und vergolten, als hättest due es den Armen gegeben.
Das kostbarste Werk der Barmherzigkeit aber ist es, wenn du eine Seele, die am Versinken ist, herausziehen und zur Umkehr bringen kannst. In gewisser Weise kann und soll jeder ein Seelsorger sein, nicht nur Eltern und Vorgesetzte. Nur ein Kain kann sprechen: Bin ich der Hüter meines Bruders? Wenn Warnung und guter Rat und herzliche Bitte nichts fruchten wollen, dann bleibt immer noch ein kräftiges Mittel, wovon man nie weiß, was und wie viel es wirkt, das aber nie umsonst ist: das ist das Gebet. Das letzte Werk der geistigen Barmherzigkeit heißt ja: für Lebendige und Tote bitten. Das Almosen des Gebetes kann jeder spenden, mag er auch noch so arm und so krank und elend sein; und somit hat niemand eine Entschuldigung, er könne keine guten Werke der Barmherzigkeit üben.

3. Es ist dies der beste Trost für die Sterbestunde. Unser künftiger Richter hat gesagt: Selig die Barmherzigkeit üben, sie werden Barmherzigkeit erlangen. Und er versichert ausdrücklich, er werde das Gericht halten hauptsächlich nach den Werken der Barmherzigkeit, der Übung christlicher Nächstenliebe. Wenn der bittere Tod anrückt, steigen die längst vergessenen Übeltaten vor den Augen des sterbenden als unheimliche Gespenster auf, die ihn ängstigen; aber es steigen andererseits auch die Werke der Barmherzigkeit auf als Engel des Trostes. "Ich erinnere mich nicht," sagt St. Hieronymus, "je gelesen zu haben, daß der eines unglückseligen Todes gestorben sei, der gern Werke der Barmherzigkeit ausgeübt hat; denn er hat viele Fürsprecher, und es ist unmöglich, daß die Bitten vieler unerhört bleiben."
Vieles drückt unser Gewissen; wenn der Herr mit uns rechne wollte nach seiner strengen Gerechtigkeit, so müßten wir verzweifeln. Allein noch ist die Zeit der Gnade. Alles, was wir für einen Nebenmenschen aus christlicher Liebe tun und leiden, davon will unser künftiger Richter sagen: du hast es mir getan; damit machen wir uns ihn zum Freunde, der unser Schicksal in seiner Hand trägt. So möge denn kein Tag vorübergehen, wo wir nicht ein oder anderes Werk der Barmherzigkeit üben; kein Sonntag soll vorübergehen, wo wir nicht daheim oder in einem stillen Winkel der Kirche das Gewissen erforschen, die Werke der Bamherzigkeit durchgehen und selbst Gericht darüber halten, wie wir die kostbare Zeit und Gelegenheit benutzen, um Gutes zu wirken, solange es noch Tag ist.

Gebet. O mein Gott! gib mir ein wahrhaft liebreiches und mitleidiges Herz, das mich beständig antreibt, meinem Nächsten deinetwegen Liebe und Wohltaten zu erweisen, den Dürftigen beizustehen, die Traurigen zu trösten, die Irrenden zurechtzuweisen, den Unterdrückten aufzuhelfen, die Armen zu erquicken, die Sünder zu bekehren, den Armen Seelen zu helfen, damit ich von deiner Barmherzigkeit ein Gleiches erlangen möge. Amen.


Unterricht für den dreizehnten Sonntag nach Pfingsten

Beim Eingage der heiligen Messe bete mit der Kirche um Beistand wider ihre Feinde:
Siehe, o Herr, auf deinen Bund, und die Seelen deiner Armen vergiß nicht vollends. Siehe auf, o Gott, und richte deinen Handel: vergiß nicht die Stimme derer, die dich suchen (Ps 73). Warum, o Gott, verwirfst du uns ganz und gar? Warum ergrimmet dein Zorn über die Schafe deiner Weide? Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. Allmächtiger, ewiger Gott! vermehre in uns den Glauben, die Hoffnung und die Liebe, und damit wir verdienen, das zu erlangen, was du verheißest, so mache, daß wir das lieben, was du gebietest. Durch Jesus Christus, deinen Sohn, unsern Herrn Amen.

Lektion aus dem Briefe an die Galater III,16-22

Brüder! dem Abraham sind die Verheißungen gemacht worden und seinem Nachkommen. Gott sagt nicht: und den Nachkömmlingen, als spräche er von vielen; sondern er spricht wie von einem: Und deinem Nachkommen, welcher ist Christus. Da sage ich nun dieses: Das von Gott bestätigte Bündnis wird durch das Gesetz, das vierhundertunddreißig Jahre danach gegeben ward, nicht aufgelöst, so daß die Verheißung aufgehoben werden sollte; denn wenn das Erbe aus dem Gesetz käme, so käme es nicht auf Grund der Verheißung: dem Abraham aber hat es Gott durch die Verheißung in Gnaden geschenkt. Wozu nun das Gesetz? Der Übertretungen wegen ist es gegeben worden, bis der Nachkomme gekommen wäre, auf den die Verheißung sich bezogen hat. Es ist angeordnet worden von Engeln durch einen Mittler (Moses), der, weil er Mittler war, es nicht mit einem (sondern mit zweit Teilen, mit Gott und dem Volke) zu tun hatte: Gott aber ist einer (und auch bei der Erteilung der Verheißung der allein Handelnde). Ist darum aber das Gesetz der Verheißung Gottes entgegen? Keineswegs! Denn wenn ein Gesetz gegeben wäre, das lebendig machen könnte, so käme wirklich aus dem Gesetze die Gerechtigkeit. Aber die Schrift hat unter die Sünde alles einbegriffen, damit die Verheißung durch den Glauben an Jesum Christum den Gläubigen zuteil werde.

Erklärung

Das alte Gesetz war von Gott gegeben vierhundert Jahre nachdem er den Bund mit Abraham geschlossen und ihm die Verheißung des Erlösers erneuert hatte. Der Bund mit den Juden sollte die Verheißung nicht ändern, sonder vorbereiten. Die jüdische Religion war eine unvollkommene. Sie war durch mancherlei Mittler begründet, durch Mosei und Engel. Die vollkommene religion sollte durch Gott selbst begründet werden. Die strengen Gesetzesvorschriften konnten die gefallenen Menschheit nicht erheben und befreien; sie verschärften nur deren Sündhaftigkeit durch neue Vorschriften, die das Naturgesetz nicht kannte; sie schärften auch die Gewissen, so daß zunächst die Sünden häufiger und strafwürdiger wurden. Wie in einem Sündenhaftigkeit und Erlösungsbedürftigkeit recht inne würde. Die Zeit der Patriarchen war gleich der Kindheit, die ihren natürlichen Neigungen mehr überlassen, wenig mit ernsten Vorschriften behelligt wird. Das Judentum wurde behandelt wie das Jugendalter, das ungestüm und unbesonnen des Zuchtmeisters und Zwanges bedarf, mag dieser auch manche Übertretungen veranlassen. Das Christentum soll dem reifen Alter gleichen, das, erlöst von den Fesseln der Jugend, in freier Selbstbestimmung den rechten Weg zu finden weiß.

Die Güter der großen Verheißung werden nunmehr durch den Glauben an Jesus Christus gewonnen. Anteil daran hatte auch Abraham durch den Glauben an den Verheißenen.

Dieser Glaube, die Grundlage des Heiles damals wie jetzt, muß sich erproben im Gehorsam. Deshalb wurde er bei Abraham alsbald auf die Probe gestellt durch den Befehl, fortzuziehen in ein fremdes Land. Solches verlangt er auch von uns, sofern wir alle fleischliche Anhänglichkeit überwinden und alles fliehen müssen, was den Gütern des Glaubens Gefahr bringt. Ein fremdes Land soll diese Welt für uns sein, unser Wandel muß im Himmel sein, zu dem wir pilgern. Die schwerste Glaubensprobe bestand Abraham auf Moria, da er sich bereit zeigte, seinen einzigen Sohn zu opfern. Je schwerer die Opfer sind, die Gott und die Religion von uns verlangen, desto herrlicher soll sich die Kraft des Glaubens in uns erweisen.

Evangelium Lukas XIII,11-19

In jener Zeit, als Jesus nach Jerusalem reiste, ging er mitten durch Samaria und Galiläa. Und als er zu einem Flecken kam, begegneten ihm zehn aussätzige Männer, die von ferne stehen blieben. Und sie erhoben ihre Stimmen uns sprachen: Jesus, Meister, erbarme dich unser! Und da er sie sah, sprach er: Gehet hin, zeiget euch den Priestern. Und es geschah, indem sie hingingen, wurden sie rein. Als aber einer von ihnen sah, daß er rein sei, kehrte er um, lobte Gott mit lauter Stimme, fiel auf sein Angesicht zu seinen Füßen und dankte ihm. Dieser war ein Samaritan. Da antwortete Jesus und sprach: Sind nicht zehn gereinigt worden? Wo sind denn die Neun? Keiner findet sich, der zurückkäme und Gott die Ehre gäbe, als dieser Ausländer? Und er sprach zu ihm: Stehe auf, gehe hin, dein Glaube hat dir geholfen!

Was kann geistigerweise unter dem Aussatze verstanden werden?

Geistigerweise sind mit dem Aussatz des Fleisches die Unzüchtigen behaftet, die auch andere gar leicht mit diesem Aussatze anstecken und deswegen sorgfältig zu fliehen sind. Der Aussatz der Kleider besteht in der Kleiderpracht und den ärgerlichen Kleidertrachten, wodurch nicht nur einzelne, sondern ganze Gemeinden in Armut geraten und viele Seelen um ihre Unschuld gebracht werden. Der häusliche Aussatz endlich findet sich in jenen Häusern, in denen ärgerliche Dienstboten, nächtliche Zusammenkünfte von Personen beiderlei Geschlechts usw. geduldet; wo ärgerliche Zoten und Possen gerissen, unehrbare Tänze und Spiele gehalten und unerlaubte Taten verübt werden; wo die Eheleute selbst ihren Kindern Ärgernis geben, kleine, aber schon vernünftige Kinder mit sich zu Bette nehmen; Kinder beiderlei Geschlechts beisammen schlafen lassen usw. Gefährliche Häuser sind weit mehr zu fliehen als die Pest: und wehe denen, die sich freiwillig darin aufhalten!

Warum blieben die Aussätzigen von ferne stehen?

Weil es im Gesetze des Mosis befohlen war, damit kein anderer durch sie angesteckt würde. Daraus lernen wir auch, daß man schlechte Personen, Gesellschaften und Häuser sorgfältig meiden müsse; denn wer Pech berührt, der wird davon besudelt, und wer mit eiteln, hoffärtigen und unkeuschen Personen umgeht, wird bald ihresgleichen werden (Sir 13,1).

Warum schickte Jesus die Aussätzigen zu den Priestern?

Dieses tat er 1., um der priesterlichen Würde und dem Gesetze Gottes die gebührende Ehre zu erweisen: denn es war geboten, daß sich die Aussätzigen den Priestern zeigen sollten, um davon für rein oder unrein erklärt zu werden. Es geschah 2., um den Glauben, das Vertrauen und den Gehorsam der Aussätzigen auf die Probe zu stellen. Christus wollte sie nämlich nicht auf ihr bloßes Bitten heilen, sondern sie sollten sich ihre Heilung durch ihre eigene Mitwirkung, durch ihren Glauben an sein Wort, durch ihr Vertrauen auf seine Macht und ihren Gehorsam gegen seinen Befehl verdienen. Und in der Tat: als sie hingingen, sich den Priestern zu zeigen, wurden sie rein. Dieses war die Belohnung ihres tätigen Glaubens und Vertrauens.
So verhält sich Gott gegen die Sünder. Er ist zwar bereit, sie von dem Aussatze der Sünde zu reinigen, doch sollen sie sich vorher dem Priester zeigen, ihm durch eine aufrichtige Beichte den gefährlichen Zustand ihrer Seele entdecken, und die Mittel, die er ihnen zu ihrer Genesung an die Hand geben wird, gehorsam und getreu gebrauchen: nur so werden sie die vollkommene Gesundheit ihrer Seele erlangen.

Warum fragte Jesus nach den neun anderen, die auch gereinigt worden waren?

Um anzudeuten, wie sehr ihm die Undankbarkeit mißfalle. Alle ihm zugefügten Unbilden hat er mit Stillschweigen ertragen; diese Undankbarkeit wollte er aber nicht ungeahndet lassen: ein so großes Laster ist die Undankbarkeit. "Die Undankbarkeit", sagt deshalb der hl. Bernhard, "ist eine Feindin der Seele, indem sie die Verdienste vernichtet, die Tugenden verdirbt und die Gnade hemmt. Sie ist ein versengender Wind, der den Quell der Güte, Barmherzigkeit und der uns so wohlwollenden Bestrebungen Gottes austrocknet." Die Dankbarkeit dagegen ist, wie Chrysostomus sagt, die beste Bewahrerin der Wohltaten, und wer Gottes Wohltaten mit Dank annimmt, ermunter, wie Kassian bemerkt, den Geber zu noch größerem. Darum seid dankbar! (Kol 3,15).

Gebet. O dankbarster Herr Jesus Christus, der du deinem himmlischen Vater, solange du auf Erden wandeltest, uns zum Beispiele und zur Ermunterung allezeit für alles gedankt hast, ich bitte dich durch deine große Dankbarkeit um die Gnade, daß ich dem himmlischen Vater allezeit durch dich für alles danken möge (Kol. 4,17).


Betrachtung über die Gefahren des Tanzes und der Bekanntschaften

1. Das Tanzen ist an sich noch nichts Unrechtes. Im Alten Bunde gab es sogar religiöse Tänze. Erlaubt ist dieses Vergnügen dann, wenn dabei alles ehrbar hergeht, alles Unsittliche, Übermaß und Ausgelassenheit ausgeschlossen, alles der Zeit, dem Orte, den Personen angemessen ist. Nur zu oft aber fehlen diese Bedingungen, indem nur die Befriedigung der Sinnlichkeit zugrunde liegt, die Geschlechter ohne Aufsicht sich vermischen; an Orten, wo kein Anständiger erscheint, die Lust zur Sünde gelernt, die böse Begierlichkeit erregt, die Unschuld verkauft, die Seele verkehrt wird, indem keine schöne, freie Bewegung zu erblicken ist, sondern ein ewiges Drehen gleich einer senkrechten Walze, die Tanzenden gleich Fieberkranken in ein förmliches Delirium geraten, wobei alles aussieht wie eine stumme Sünde, zu der Musik gemacht wird. Der hl. Karl Borromäus nennt solches Tanzen einen Kreis, dessen Mittelpunkt der Teufel, dessen Umkreis seine Sklaven seien. Der Kirchenschriftsteller Tertullian erzählt als Augenzeuge folgende Begebenheit. Ein Weib, das zwar Christin, aber vergnügungssüchtig, vorwitzig, frech und ausgelassen war, pflegte öfters den Tanzboden und die Schauspiele zu besuchen, die damals von Christen sorgfältig gemieden wurden. Bei einem Tanze nun wurde dieses Weib vom Teufel besessen. Die Priester, die den Teufel beschwören und austreiben wollten, stellten ihn zur Rede, wie er es wagen könne, von einer Christin Besitz zu nehmen? Und er antwortete: Ich habe das Recht dazu; ich habe dieses Weib auf meinem Grund und Boden und innerhalb der Grenzen meines Eigentums gefunden. - In der Tat, beim Tanze, wie er gewöhnlich getrieben wird, ist der Satan ganz in seinem Bereiche, die guten Geister aber müssen weichen. Er führt meist zu Versündigungen gegen alle zehn Gebote: falsche Götzen werden von seinen Sklaven angebetet, der Eitelkeit wird gedient, es wird falsch und leichtfertig geschworen, der Sonntag wird entheiligt, die Ermahnungen und Befehle der Eltern werden verachtet, die Gesundheit wird oftmals ruiniert und so manche Seele ins Verderben gestürzt, Unzucht und Ehebruch begangen, gelogen und betrogen, fremdes Gut begehrt. Der Tanz führt oftmals zu allen sieben Todsünden: die Hoffart zeigt sich im Verlangen, andere an Schönheit und Kleiderpracht zu übertreffen; der Geiz in dem Verlangen nach dem Prunk und Reichtum, der dort entfaltet wird; die Unkeuschheit in vielen unreinen Gedanken und Begierden; der Neid in der Traurigkeit darüber, daß andere jünger, schöner, angesehener sind; die Völlerei in Essen und Trinken; der Zorn in Streitigkeiten, Eifersucht, Feindseligkeiten; die Trägheit im Überdruß, der dort gegen alle Übung wahrer Frömmigkeit entsteht.
Besonders ist es die Keuschheit, die beim Tanzen Gefahr läuft und nur zu oft Schaden leidet. Fast unvermeidlich sind dabei freie, ausschweifende, lüsterne Blicke: die ungewöhnliche Nähe und Berührung mit Personen anderen Geschlechtes, deren üppiger Anzug, vielleicht von vornherein die lüsterne Absicht, muß durch durch das Auge verderblich auf die Seele wirken. Dazu kommt die vertraute Unterhaltung, oft mit Personen, die durch Schmeicheleien, Zärtlichkeiten, zweideutige, vielleicht geradezu schamlose Reden das Feuer der Sinnlichkeit anzufachen suchen. Ferner der Leichtsinn, der für gewöhnlich schon so verräterisch ist, welche Gefahr muß er bringen bei diesen Berührungen, dieser Kleidung, die im gewöhnlichen Leben für höchst unanständig gelten würde, dieser Erregung durch weichliche Musik und aufregende Getränke! Ein Mädchen, das sich schämen würde, auf der Straße bei hellem Tage allein mit einer Mannsperson zu gehen oder sich zu unterhalten, läßt sich hier bei Nachtzeit, bei Lampenschein von Männern umarmen, umherziehen! Wie mancher Händedruck wird da gewechselt, der hinreicht, einer Person den Kopf zu verdrehen und sie zeitlebens an Verhältnisse zu knüpfen, die verderblich sind für ihr zeitliches und ewiges Glück. Wie wichtig ist das Ehr- und Schamgefühl! Wozu ist ein schamloser Mensch fähig! Auf dem Tanzboden geht dieses kostbare Kleinod am ehesten verloren; hier wird ja für erlaubt und wohlanständig gehalten, was man sich im gewöhnlichen Leben nie erlauben würde.

2. Muß also nicht der Tanz die schwersten Gefahren für die Keuschheit bringen? Sind unsere jungen Leute etwa stärker wie ein Job, dein David oder Salomon? Job bekennt von sich, daß er immerfort gebetet habe um Bewahrung der Keuschheit, weil er gewußt habe, daß er nicht enthaltsam sein könne, wenn der Herr es ihm nicht verleihe. Mit dem Gebete verband er die äußerste Wachsamkeit. Ich habe, sagt er, einen Bund geschlossen mit meinen Augen, damit ich eine Jungfrau nicht einmal anschaute. Und wie ging es dem heiligen Propheten und König David, als er einige Augenblicke diese Vorsicht vergaß? Ein unbewachter Blick riß ihn derart fort, daß er ein Ehebrecher und Mörder wurde. Der weise Salomon aber wurde im hohen Alter ein Tor, weil er sich dem Umgang mit heidnischen Weibern hingab. Weiter noch könnte man erinnern an den König Herodes, der durch den üppigen Tanz der Tochter der Herodias so berückt wurde, daß er sich sogar zur Ermordung des hl. Johannes bewegen ließ. "Was denkt ihr euch bei diesem Schauspiel, christliche Weiber? Ihr seht hier ein Mädchen, das tanzt; aber welch ein Mädchen? Die Tochter einer ehebrecherischen Mutter. Nur für Leute von diesem Schlage schickt sich der Tanz. Diejenigen aber, die Scham und Religion besitzen, müssen ihren Töchtern Eingezogenheit und Gottesfurcht, nicht aber Liebe zum Tanze einflößen (St. Ambrosius)." "Wo Zitherspiel und Tanz", sagt St. Ephräm, "da ist Finsternis für die Männer, Verderben für die Weiber, Trauer für die Engel, Frohlocken für die Teufel."

3. Jedem, der zum Tanze geht, möchte man die gute Lehre mitgeben, die Franz von Sales einer vornehmen Dame gab, die ihn fragte, ob sie nicht aus Gefälligkeit gegen ihren Gemahl zuweilen den Ball besuchen dürfe. Ich will es Ihnen erlauben, entgegnete der heilige und so milde Bischof, aber nur unter der Bedingung, daß sie während des ganzen Balles beständig an eins denken - an den Tod. Und weiter schreibt dieser Heilige als Schutzmittel gegen die gefährlichen Eindrücke solcher Belustigungen vor: Nach meinem Rate mögest du alsbald (beim Nachtgebete) folgende Betrachtungspunkte erwägen: 1. Zu derselben Zeit, wo du auf dem Balle warest, brannten viele Seelen in der Hölle um der Sünden willen, die sie während und infolge des Tanzes begangen haben; 2. viele Ordensleute und andere fromme Personen waren in derselben Stunde vor Gott versammelt, sangen sein Lob und hatten sich in die Betrachtung seiner Güte versenkt. O, wieviel seliger war ihre Zeit angewendet als die deinige! 3. Während du tanztest, starben viele Personen in großer Todesangst; viele tausend Menschen lagen in ihren eigenen Wohnungen oder in Spitälern krank danieder und erlitten die heftigsten Schmerzen. Auch du wirst einmal auf deinem Lager seufzen, während andere tanzen werden. 4. Unser Herr, die seligste Jungfrau, die Engel und Heilgen sahen dich auf dem Balle. O wie sehr wird es ihnen mißfallen haben, daß du dich einer so albernen und lächerlichen Unterhaltung hingegeben hast! 5. Ach, während du dort auf dem Balle warst, verfloß die Zeit; der Tod kam näher. Erwäge, wie er dich auffordert zum Übergange aus der Zeit in die Ewigkeit, in die Ewigkeit der Freuden oder Peinen!

4. Bekanntschaften sind der erste Schritt zu einem Eheverlöbnis; sie sind folgenschwer für das ganze Leben. Daher wäre es unklug und unrecht, leichtfertig, unüberlegt, auf einen flüchtigen Eindruck hin eine Bekanntschaft anzufangen. Niemals kann solches erlaubt sein zwischen unreifen Personen, die an Heirat noch lange nicht denken dürfen, oder zwischen Personen, deren Verbindung unübersteigbare Hindernisse entgegenstehen. Feste Regel muß sein: niemals eine Bekanntschaft anzufangen ohne bestimmte und baldige Aussicht auf Schließung der Ehe. Dann wird kein gewissenloses Spielen mit der Tugend, dem guten Rufe, der Zukunft und dem ganzen Lebensglücke zweier Menschen, dem Frieden und der Ruhe ihrer Angehörigen zu befürchten sein.
Unerlaubt sind aber auch solche Bekanntschaften und müssen sofort abgebrochen werden, bei denen zwar die Absicht und Aussicht gut ist, die aber durch die Umstände oder die Schwachheit der Beteiligten nächste Gelegenheit zu Todsünden sind. Der Heiland sagt: "Ärgert dich dein Auge, so reiß es aus und wirf es von dir!" St. Alfons von Liguori sagt: "Die Erfahrung lehrt, daß wenige, sie solche Bekanntschaft haben, von schweren Sünden frei bleiben, wenigsten im Laufe der Zeit. Zuerst redet man von Zuneigung, nachher wird aus der Neigung eine Leidenschaft, und hat diese einmal Fuß gefaßt, so verblendet sie alsbald den Verstand und bewirkt, daß man in tausend Sünden, in unreine Gedanken, Worte und Werke fällt." - Die Verblendung tröstet sich mit Ausreden: es ist nichts Böses dabei, andere machen es auch so, er wird mich heiraten usw. Endlich wird alle Scheu und Scham abgeworfen, und das Gewissen stumpft sich derart ab, daß man sich auch aus den gröbsten Sünden gegen die Eltern, gegen das Eigentum, selbst gegen das Leben nichts mehr macht. Kommt es dann später wirklich noch zur Heirat, so muß in der Ehe bitter gebüßt werden, was vor der Ehe gesündigt wurde. Was nützt eine noch so vorteilhafte Heirat, wenn man dabei Schaden leidet an der Seele? Eine Magd hatte sich von einem Hoferben verführen lassen, und dieser heiratete sie dann. Bei der Hochzeit war ihre Mutter ganz niedergeschlagen. Man forderte sie zur Freude auf, weil ihre Tochter so gut angekommen sei. Ach, sagte sie, ich wollte sie lieber mit dem Kranze der Unschuld im Sarge vor mir sehen, als auf dem Wege der Sünde in solchem Glücke! - Ja, die Gottesfurcht ist der Anfang aller wahren Weisheit, zumal in diesem entscheidenden Schritte für das ganze Leben.


Unterricht vom heiligen Sakramente der Priesterweihe

Zeiget euch den Priestern (Luk 17,14)

Eine solche Ehre erwies der Heiland den Priestern des alten Gesetzes, daß er den Aussätzigen befahl, sich ihnen zu zeigen, obwohl sie zur Tilgung des Aussatzes gar nichts beitragen konnten; was für eine Ehre und Hochachtung verdienen also erst die Priester des Neuen Bundes, die durch die Priesterweihe die Macht, sogar den Aussatz der Seele zu heilen, und noch weit höhere Vorrechte empfangen haben?!

Was ist die Priesterweihe?

Sie ist ein von Christus eingesetztes Sakrament, in dem die geistliche Gewalt und die Gnade erteilt wird, die Kirchenämter wirksam gottselig auszuüben und fromm zu leben.

Welches ist das äußerliche Zeichen, wodurch den Priestern die Gnade mitgeteilt wird?

Die Auflegung der bischöflichen Hände und die Überreichung des Kelches mit Brot und Wein, samt der mündlichen Übertragung der Gewalt, beides in den wahren Leib und das wahre Blut Christi zu verwandeln sowie die Sünden zu erlassen oder zu behalten.

Wann hat Christus dieses Sakrament eingesetzt?

Beim letzten Abendmahle, als er nach geschehener Verwandlung des Brotes in seinen wahren Leib und des Weines in sein wahres Blut zu den Aposteln sagte: "Dies tut zu meinem Andenken" (Luk 22,19), und da er nach seiner Auferstehung zu ihnen sprach: "Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch", d.h. wie ich ein ewiger Hohepriester bin nach der Ordnung Melchisedechs, so sollet auch ihr Priester sein, "was ihr immer auf Erden bindet werdet, soll auch im Himmel gebunden sein, und was ihr auf Erden lösen werdet, soll auch im Himmel gelöset sein" (Joh 20,23).

Haben die Apostel die Priesterweihe auch für ein Sakrament gehalten?

Ja, denn der heilige Apostel Paulus ermahnt seinen Jünger Timotheus (2 Br. 1,6), daß er die Gnade Gottes, die er durch die Auflegung seiner Hände empfangen habe, ja nicht vernachlässigen, sondern wieder erwecken und erneuern solle. Damit lehrt der heilige Paulus deutlich, daß den Priestern durch die Auflegung der Hände der Apostel oder der Bischöfe, welche die Nachfolger der Apostel sind, die Gnade Gottes mitgeteilt werde, worin ja die Wesenheit des Sakramentes besteht.

Unter welchen Zeremonien wird die Priesterweihe erteilt?

Wenn einer mit guten Gaben des Geistes und des Herzens ausgerüstet und in der Glaubenslehre reif geworden ist, und nun die Priesterweihe empfangen will, so muß er zuvor verschiedene Weihen erhalten, er muß durch die Tonsur in den geistlichen Stand aufgenommen und dann Ostiarier, Lektor, Exorzist, Akolyth, Subdiakon und Diakon werden. Die ersten vier Weihen nennt man die niederen, die zwei anderen mit der Priesterweihe die höheren Weihen.
Durch den Haarschnitt des Hauptes (die Tonsur) wird man in die Zahl der Geistlichen aufgenommen. Die Tonsur erinnert an die Dornenkrone Jesu; durch sie wird man ausgesondert von der Welt. Der weiße Chorrock aber bedeutet, daß Christus seinen Diener mit himmlischem Erbe bedenken wird. Den Ostiariern (Kirchenpförtnern) wird aufgetragen, daß sie die Kirche zur gehörigen Zeit öffnen und zuschließen. Die Lektoren (Vorleser) bekommen die Erlaubnis, in der Kirche der christlichen Gemeinde vorzulesen. Den Exorzisten (Beschwörern) wird die Gewalt gegeben, den bösen Geistern im Namen Jesu zu gebieten. Die Akolythen (Meßdiener) erhalten das Amt, bei der feierlichen Messe das Rauchfaß zu tragen, die Lichter anzuzünden und Wasser und Wein zum Opfer darzureichen.
Der Subdiakon, angetan mir der Dalmatik (dem Freudenkleide), singt die Epistel. Den Diakonen wird das Amt aufgetragen, bei der feierlichen Messe das Evangelium zu singen, zu taufen und zu predigen.
Vor der Weihe des Subdiakons ermahnt der Bischof und kündigt es laut an, daß die Gesetze der Kirche denjenigen, der das Subdiakonat empfangen will, zu einem beständig ehelosen Leben verbinden, daß also niemand sich zum Empfange dieser Weihe darstellen soll, der sich nicht entschlossen hat, dieses Gesetz freiwillig anzunehmen. Die Kirche gab dieses Gesetz, damit die Geistlichen sich dem Dienst Gottes und des Nächsten um so freier widmen können. Wer aber nur die Tonsur und die vier niederen Wehen erhalten hat, kann wieder in die Welt zurücktreten. -
Beschreiben wir jetzt die Priesterweihe. Am bestimmten Tage setzt sich der Bischof nach der Epistel auf einen Sessel nieder. Alle, die zu Priestern zu weihen sind, werden herbeigerufen und der Name eines jeden abgelesen. - Hierauf redet der Erzdiakon den Bischof an: "Hochwürdiger Vater! Es erfordert der Dienst der heiligen katholischen Kirche, daß die gegenwärtigen Diakonen zu Priestern geweiht werden." - Der Bischof fragt: "Weißt du auch, daß sie es würdig sind?" - Auf die Antwort des Subdiakons: "Soviel es mir die menschliche Schwachheit erlaubt, weiß und bezeuge ich es", sagt der Bischof: "Gott sei Dank!" - Nun fragt der Bischof auch die übrigen Geistlichen und das anwesende Volk, ob sie gegen keinen dieser Diakonen etwas einzuwenden haben, und nach einem kleinen Abwarten, ob sich niemand melde, wendet er sich an die Diakonen und stellt ihnen vor, wie hochwürdig das Priestertum und wie heilig die Pflichten seien, die sie übenehmen. Hierauf werfen sich die die Diakonen auf ihr Angesicht nieder, um ihre Unwürdigkeit zu einem so heiligen Amte zu erkennen zu geben. Der Bischof kniet am Altare nieder und ruft in der Litanei die Heiligen an, daß sie für die, welche Priester werden wollen, fürsprechen. Dann erteilt er den noch Daliegenden den dreifachen Segen mit den Worten: "Gott wolle sie segnen, heiligen und zu seinem Dienste einweihen." - Hierauf legt der Bischof samt allen anwesenden Priestern ihnen die Hände auf und bittet Gott, daß er sie durch den Heiligen Geist mit der Fülle der Kraft von oben erfüllen wolle. - Alsdann hängt er ihnen die Stola über die Schultern und legt sie ihnen auf der Brust kreuzweise zusammen mit den Worten: "Nimm auf das Joch des Herrn, denn sein Joch ist süß und leicht seine Bürde." Dadurch wird angezeigt, daß der Priester mit Kraft von oben ausgerüstet werde, um das Kreuz Christi und das Joch des göttlichen Gesetzes zu tragen, und teils durch Worte, teils durch fromme, heilige Beispiele auch andere darin zu unterrichten. Ferner bekleidet er jeden mit dem Meßgewande, sprechen: "Nimm hin das Priestergewand, das die Liebe bedeutet; denn Gott vermag es, die Liebe zu vermehren und im Werke zu vollenden." - Dann salbt er einem jeden die flachen Hände, indem er mit seinem in das heilige Öl getauchten Daumen kreuzweise von dem Daumen der einen bis zum Zeigefinger der andern Hand fährt unter dem Gebete: "Der Herr wolle durch die Salbung diese Hände weihen und heiligen, damit das, was sie segnen werden, gesegnet, und was sie weihen und heiligen werden, geweiht und geheiligt sei." - Gleich darauf reicht er ihnen den Kelch mit Wein und Wasser samt der Patene und Hostie und spricht: "Nimm hin und besitze die Gewalt, Gott zu opfern, und sowohl für die Lebendigen, als für die Toten feierliche Meßopfer zu verrichten." - Vor der Aufopferung kommen die Neugeweihten paarweise mit einer brennenden Wachskerze in der Hand, knien vor vor dem Bischofe nieder, küssen im die Hand, überreichen die Kerze als ein Zeichen der Erleuchtung ihres Verstandes durch den Glauben und der Erwärmung ihres Herzens durch die Liebe, deren sie als Priester sich vorzüglich befleißigen sollen. - Die nunmehr geweihten Priester lesen sofort die Messe mit dem Bischof gemeinschaftlich. - Kurz nach dem Agnus Dei geht einer hin und erhält vom Bischofe die Umarmung zum Zeichen des Friedens, der Liebe und der Einigkeit, die alle Christen miteinander haben sollen. Zurückgekehrt, umarmt er auf die gleiche Weise den nächsten Neugeweihten mit den Worten: "Der Friede sei mit dir." und so geht die Umarmung der Reihe nach durch alle Neugeweihten fort. - Alle empfangen aus der Hand des Bischofs die Kommunion. Endlich beten die Priester das Kredo, zum Zeichen, daß sie von nun an gesandt sind, den Glauben zu predigen. - Nun legt der Bischof einem nach dem andern noch einmal die Hände auf das Haupt und spricht: "Nimm hin den Heiligen Geist; denen du die Sünden nachlassen wirst, denen sollen sie nachgelassen sein, und denen du sie vorbehalten wirst, denen sind sie vorbehalten." Gleich darauf läßt er dem Neugeweihten das Meßgewand, das bisher auf der Rückseite bis zur Hälfte aufgerollt war, ganz nieder zum Zeichen, daß er nun ein vollkommener Priester sei. - Dann nimmt er die beiden Hände mit der Frage: "Versprichst du mir und meinen Nachfolgern die schuldige Ehrfurcht und den Gehorsam?" Auf die Antwort: "Ich verspreche es" umarmt ihn der Bischof mit den Worten: "Der Friede sei allezeit mit dir!" - Schließlich ermahnt der Bischof die neugeweihten Priester, bei der Lesung der heiligen Messe und allen geistlichen Amtsverrichtungen mit derjenigen Ehrerbietung, Sorgfalt und Genauigkeit zu Werke zu gehen, die sich für die Heiligkeit solcher Handlungen und für die Würde gottgeweihter Priester geziemt. Hierzu fleht der Bischof für sie um den Beistand Gottes und erteilt ihnen am Ende seinen dreifachen Segen.
Lerne aus diesem Unterrichte die Priester ehren, sowohl wegen ihrer hohen Würde, vermöge der sie die Stelle Gottes auf Erden vertreten, als auch wegen ihrer großen Gewalt, durch die sie den Himmel öffnen und schließen können. Danke Gott, der zum Vorteil der Gerechten sowohl als der Sünder den Priestern eine solche Gewalt erteilt hat: mache sie dir durch würdige Teilnahme an den ihnen anvertrauten Heilsanstalten zunutze und bete für die Priester. Bitte Gott besonders in den Quatember-Zeiten inständig, daß er seiner Kirche fromme Priester, wahre Seelenhirten schenken wolle. Dieses befiehlt Jesus mit den Worten: "Die Ernte ist groß; der Arbeiter sind wenige. Bittet also den Herrn der Ernte, daß er Arbeiter in seine Ernte sende." Endlich ärgere dich nicht, wenn du auch gottlose Priester siehst, und verachte dewegen das Priestertum nicht, sondern gedenke vielmehr, daß die Priester bei all ihrer Würde dennoch gebrechliche Menschen bleiben. Erinnere dich an das, was Christus von den Schriftgelehrten und Pharisäern sagt: "Haltet und tut, was sie euch Gutes vorsagen; aber ihren bösen Werken folget nicht nach" (Mathh 23,2).


Unterricht für den vierzehnten Sonntag nach Pfingsten

Beim Eingange der heiligen Messe erwecke mit dem Priester ein inbrünstiges Verlangen nach dem Himmel mit den Worten aus Psalm 33:
Gott, unser Beschirmer! schaue doch und siehe an das Angesicht deines Gesalbten; denn besser ist ein Tag in deinen Vorhöfen, als tausend andere. - Wie lieblich sind deine Wohnungen, du Herr der Heerscharen. Es sehnt sich und schmachtet meine Seele nach den Vorhöfen des Herrn. Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. Wir bitten dich, o Herr! du wollest deine Kirche ohne Unterlaß mit deiner Gnade beschirmen, und weil wir aus menschlicher Gebrechlichkeit ohne dich dem Galle allezeit nahe sind, so gib, daß wir durch deine Hilfe von schädlichen Dingen abgehalten und zu heilsamen hingeleitet werden. Durch Jesum Christum, deinen Sohn, unsern Herrn. Amen.

Lektion aus dem Briefe an die Galater V,16-24

Brüder! wandelt im Geiste und vollbringet nicht die Gelüste des Fleisches. Denn das Fleisch gelüstet wider den Geist, der Geist aber wider das Fleisch; denn diese sind einander entgegen, so daß ihr nicht alles tun dürfet, was ihr wollet. Wenn ihr aber durch den Geist geleitet werdet, so seid ihr nicht unter dem Gesetze. Offenkundig sind die Werke des Fleisches, als da sind: Unreinigkeit, Unzucht, Geilheit, Abgötterei, Zauberei, Feindschaft, Zank, Neid, Zorn, Hader, Uneinigkeit, Ketzerei, Mißgunst, Totschlag, Völlerei, Schwelgerei und was dergleichen ist: wovon ich ich verkündige, wie ich es schon ehedem gesagt habe, daß die, die solches tun, das Reich Gottes nicht erlangen werden. Die Früchte des Geistes aber sind: Liebe, Freude, Friede, Geduld, Milde, Güte, Langmut, Sanftmut, Treue, Mäßigkeit, Enthaltsamkeit, Keuschheit. Wider dergleichen ist das Gesetz nicht. Die aber, die Christo angehören, haben ihr Fleisch gekreuzigt, samt seinen Leidenschaften und Gelüsten.

Erklärung

Der Geist, der unser Leben regieren soll, ist nicht der Menschengeist, sondern der Gottesgeist, der vom Himmel kommt, der das Licht des Glaubens bringt, mit der Hoffnung ewiger Güter tröstet, die Liebe in die Herzen ausgießt. Wer im Geiste wandelt, d.h. wer sich von ihm leiten läßt, der dient Gott. Sein Leben ist kein irdisches, sondern ein höheres, himmlisches; sein Wandel ist im Himmel. Er wird die Gelüste des Fleisches, der verkehrten Sinnlichkeit, nicht vollbringen.

Der Geist zieht den Menschen empor, das Fleisch zieht ihn herab. Der Geist erwärmt das Herz für Gott und das Ewige, Unvergängliche; das Fleisch entzündet es in Liebe des Irdischen, Vergänglichen. Durch den Geist will Gott die Herrschaft in uns gewinnen und zu unserm Heile; durch das Fleisch will der Böse uns unterjochen zum zeitlichen und ewigen Verderben.

Deshalb ist das Leben des Menschen, solange er im Fleische wandelt, ein beständiger Streit. Den schlimmsten Feind tragen wir in uns, und beständig müssen wir vor ihm auf der Hut sein, gegen ihn kämpfen. Ein bitterer Kampf, der erst mit dem Todeskampf endet.

Doch ist der Lohn des treuen Kampfes überaus herrlich und jeder Mühe wert. Wir ringen uns so hindurch zur Freiheit der Kinder Gottes. Wenn wir aus freien Stücken das Gesetz erfüllen, so hört sein Zwang auf. Ein harter Zuchtmeister ist das Gesetz nur für den, der ihm widerstrebt.

Diejenigen dagegen, die sich den Gelüsten des Geistes hingeben, geraten in die schändlichsten Laster. Die Werke des Fleisches sind offenbar. Sie zerstören die Würde und das Glück des Menschen. Die Tugenden, die wir durch Abtötung des Fleisches gewinnen, sind ebenso schön und beglückend, wie jene schändlich und verderblich sind.

Der wahre Christ kreuzigt die fleischlichen Lüste; er führt ein Leben der Selbstverleugnung. Welches Glück, in Wahrheit sagen zu können: Jesus, dir lebe ich, Jesus, dir sterbe ich, Jesus, dein bin ich tot und lebendig!

Was der Mensch säet, das wird er ernten. Wer im Fleische säet, wird im Fleische Verderben ernten; wer im Geiste säet, wird im Geiste ewiges Leben ernten.

Gebet. Bitte für mir, o heiliger Paulus, daß mir Gott die Gnade schenke, mein Fleisch samt seinen Lüsten und Begierden zu kreuzigen, damit der Geist des Herrn in mir wohnen und regieren möge.

Evangelium Matthäus VI,24-33

In jener Zeit sagte Jesus zu seinen Jüngern: Niemand kann zwei Herren dienen; denn entweder wird er den einen hassen und den andern lieben, oder er wird dem einen anhangen und den andern verachten. Ihr könnet nicht Gott dienen und dem Mammon (den Reichtümern). Darum sage ich euch: Sorget nicht ängstlich für euer Leben, was ihr essen werdet, noch für euern Leib, was ihr anziehen werdet. Ist nicht das Leben mehr als die Speise und der Leib mehr als die Kleidung? Betrachtet die Vögel des Himmels; sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen: und doch ernährt sie euer himmlischer Vater. Seid ihr nicht viel mehr als sie? Wer unter euch kann mit all seiner Sorge seinen Leib um einen Zoll länger machen? Und warum sorget ihr ängstlich für die Kleidung? Betrachtet die Lilien auf dem Felde, wie sie wachsen: sie arbeiten nicht, sie spinnen nicht: und doch sage ich euch, daß selbst Salomon in all seiner Herrlichkeit nicht bekleidet gewesen ist, wie eine von ihnen! Wenn nun Gott das Gras auf dem Felde, das heute steht und morgen in den Ofen geworfen wird, also kleidet, wieviel mehr euch, ihr Kleingläubigen? Sorget also nicht ängstlich und saget nicht: Was werden wir essen, was werden wir trinken, oder womit werden wir uns bekleiden? Denn nach all dem trachten die Heiden. Euer Vater weiß ja, daß ihr alles dessen bedürfet. Suchet also zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit, so wird euch dieses alles zugegeben werden.

Was heißt Gott dienen?

Es heißt, den Willen Gottes tun oder alles das, was Gott in unserem Stande oder Amte von uns fordert, ihm zuliebe treu und eifrig verrichten.

Welche Menschen dienen dem Mammon oder den Reichtümern?

Die Geizigen, die, von der Begierlichkeit nach Geld und Gut angetrieben, Gott durch allerlei Übertretungen seiner Gebote beleidigen, gegen ihre Nebenmenschen allerlei Ungerechtigkeiten ausüben, sich selbst weder Rast noch Ruhe gönnen und sich nie mit Gott und göttlichen Dingen beschäftigen. Geizig kann aber auch der Arme sein, wenn er zu sehr sein Herz an die vergänglichen Güter der Welt hängt und unerlaubte Mittel anwendet, um sie zu erlangen.

Soll man also gar nicht sorgen und arbeiten?

Dies folgt aus dem Gesagten nicht; der Heiland verbietet nur jene kleingläubige Sorge, die beim Erringen des Lebensunterhaltes Gott und seinen Segen außer acht läßt; im übrigen hat ja Gott selbst dem Menschen befohlen, daß er arbeiten solle (1 Mos 2,15), und der hl. Paulus sagt: "Wer nicht arbeiten will, der soll auch nicht essen" (Thess 3,10).
Und indem der Heiland diese kleingläubige, übermäßige Sorge verbietet, verbietet er ja nur etwas, das so wenig nützen würde, als sich einer durch Sorgen größer machen kann. All unser Sorgen ist ohne den göttlichen Segen unnütz; diesen zu erlangen sollen wir also am meisten besorgt sein.

Was heißt ängstlich sorgen?

Ängstlich sorgen heißt, der göttlichen Vorsehung und dem Christentume zuwider wegen Befriedigung der irdischen Bedürfnisse in steter Furcht und Bangigkeit leben, und unter Zweifel und Angst immer und immer danach trachten und streben. Die so ängstlich sorgen, greifen auf sündhafte Weise der Fürsorge des himmlischen Vaters, die für alle bedacht ist, vor. Sie glauben in ihren Sorgen und Mühen für das Zeitliche nie genug tun zu können und darin nie ruhen zu dürfen. Sie fürchten bald diesen, bald jenen Unfall, dieses oder jenes Unglück, das sie um ihren Unterhalt und um ihre Habe bringen kann. Gegen jedes Mißgeschick sich zu sichern, das ist fortwährend ihr Trachten und Sinnen!

Was kann uns die überflüssige Sorge benehmen?

Ein fester und lebhafter Glaube, daß Gott uns helfen könne und wolle. Er kann uns helfen, weil er allmächtig ist; er will uns helfen, weil er es versprochen hat und in seinem Versprechen getreu, gütig und freigebig ist. Hat Gott dir seinen eingeborenen Sohn geschenkt, hat dieser sich für dich geopfert, und erhält der Heilige Geist die Kirche fort und fort, damit deine Seele gerettet werde: warum sollte der gütige Gott nicht auch für deine zeitlichen Bedürfnisse sorgen? Man vertraut oft sein Hab und Gut, seine Ehre und sein Leben der Treue eines Menschen; warum wollest du nicht auf den allmächtigen, gütigen und getreuen Gott vertrauen?

Was kann in Armut trösten?

Wenn du in der Armut geboren bist oder in Armut gerätst, so tröste dich damit, daß Gott dir die Armut zu deinem Besten zugeschickt habe; denn Glück und Unglück, Leben und Tod, Armut und Reichtum kommen von Gott (Sir. 11,14). Darum nimm sie ohne Ungeduld oder Murren von der Hand des Herrn als eine Arznei der Seele an, die dir vielleicht notwendig ist, damit du nicht durch die zeitliche Wohlfahrt verleitet werdest, Gott zu vergessen und dein Herz zu sehr an das Zeitliche zu hängen, da der Reichtum, wie du wohl weißt, vielen zum ewigen Untergange gereicht. Hast du etwa in Schwelgerei, Unzucht, Kleiderpracht gelebt, so denke, daß die Armut, in die dich Gott hat fallen lassen, die gerechte Strafe dafür sei, und danke ihm, daß er mit dir so gnädig verfuhr; oder ist es für dich nicht besser, auf der Welt eine kurze Zeit zu darben, als wenn du dafür in der Hölle ewigen Hunger und Durst leiden müßtest? Bist du aber unschuldig, so tröste dich mit den Heiligen, von denen der hl. Paulus sagt, daß sie die ungerechte Beraubung ihrer Güter mit Freuden ertrugen, weil sie wußten, daß im Himmel ein besserer und unvergänglicher Schatz auf sie warte (Hebr. 10,34). Besonders aber soll das Beispiel Christi dich ermuntern, der, da er reich war, für uns arm geworden ist (2 Kor 8,9), und auf Erden nichts hatte, wohin er sein Haupt hätte legen können (Matth. 8,21).
In deinem Elende und in deiner Armut sprich oft mit Job (1,21): "Der Herr hat es gegeben, der Herr hat es genommen. Wie es dem Herrn gefallen hat, also ist es geschehen! Der Name des Herrn sei gebenedeit!" "Ich bin nackt von meiner Mutter Schoß gekommen, und nackt werde ich in den Schoß der Erde zurückkehren." "Fürchte dich nicht, mein Kind!" sagte Tobias zu seinem Sohne (Tob. 4,13), "wir führen zwar ein armes Leben, aber wir werden viel Gutes erhalten, wenn wir Gott fürchten und alle Sünde meiden und Gutes tun." Gott dienen und mit wenigem zufrieden sein, bringt uns also reichlichen Gewinn, während diejenigen, die dem Reichtum gedient haben und dem Geize, der Habsucht, dem Wucher usw. ergeben gewesen sind, wie sie nichts in die Welt gebracht haben, auch nichts daraus mitnehmen werden, außer ihren bösen Werken und der Frucht der Strafe für dieselben (1 Tim. 6,6.7).

Gebet. O Herr Jesu! flöße meinem Herzen ein festes Vertrauen auf deine göttliche Vorsehung ein, damit ich nicht ängstlich um meinen zeitlichen Unterhalt besorgt sei, sondern mich vor allem um das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit bewerbe und im übrigen mein irdischen Fortkommen deiner weisen und gütigen Fürsorge anheimstelle.


Betrachtung über die Elternpflichten - 1

1. Das natürliche Gefühl treibt schon das vernunftlose Tier zur Sorge für seine Jungen. Die Eltern sollen sich die Sorge für ihre Kinder angelegen sein lassen nicht bloß aus natürlicher, fleischlicher Zuneigung, sondern aus Gewissenhaftigkeit, aus Beweggründen des Glaubens.
Gott hat das Schicksal der Kinder für Zeit und Ewigkeit zum größten Teil in die Hand der Eltern gelegt; was sie aus dem Kinde machen, das wird es. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamme. Wie der Baum, so die Frucht. "Sammelt man wohl Trauben von den Dornen oder Feigen von den Disteln?" (Matth. 7).
Schon das leibliche und sittliche Verhalten der Eltern, bevor Gott ihnen Kinder schenkt, ist wichtig für die Zukunft der Kinder. Von ausschweifenden, verdorbenen Personen, von jenen, die "so in die Ehe trete, daß sie Gott von sich und ihrem Herzen ausschließen und ihrer Lust frönen, wie Pferd und Maultier, die keinen Verstand haben, über die der böse Geist Gewalt hat" (Tob 6) - vonsolchen ist keine körperlich und geistig gesunde Nachkommenschaft zu erwarten. Die bösen Leidenschaften der Eltern pflanzen sich fort als eine Art Erbsünden durch das Geblüt als natürliche Anlagen.
Zu beachten ist ferner der Ausspruch Tertullians: "Es macht keinen Unterschied, ob man das geborene Leben raubt, oder das entstehende zerstört." Die Mutter besonders muß alles sorgfältig vermeiden, was das aufkeimende Leben in Gefahr bringen kann, sie muß auch sorgfältig über sich wachen, damit nicht durch Ausbrüche schlimmer Leidenschaften die junge Seele schon schlimme Eindrücke empfängt. Manches wird "mit der Muttermilch eingesogen". Alle heiligen Frauen haben ihre Kinder selbst gestillt: Sara, Anna, die Mutter Samuels, die Machabäische Mutter, Maria, Perpetua. Für das körperliche Gedeihen muß Sorge getragen werden: alles Unnötige und Überflüssige ist zu vermeiden. Viel wird gesündigt durch Übermaß und Üppigkeit in Nahrung, Kleidung und Behandlung der Kinder. Manchen wird so der Keim zu Krankheiten gelegt, viele werden so geistig geschwächt, indem sie an keine Entbehrungen und an keine Mäßigung ihrer Begierden gewöhnt werden.
Die Eltern sollen auch gewiß streben, daß die Kinder einmal ihr irdischen Fortkommen finden. "Nicht sollen die Kinder Schätze sammeln, sondern die Eltern den Kindern" (2 Kor. 12). Sie müssen hierbei ebensowohl den Geiz wie die Verschwendung vermeiden. "Wehe dem, der schlimmen Erwerb zusammenrafft für sein Haus, damit sein (Raubvogel-) Nest in der Höhe sei und des Unglücks Hand von ihm fern bleibe; schmählich hat er beraten sein Haus" (Hab. 2). Eltern, die ihre Kinder mit Geld ohne Tugend glücklich zu machen suchen, täuschen sich gewaltig; denn ihre Kinder werden sich auf den Reichtum verlassen, ihn benutzen, um ihre schlechten Leidenschaften zu befriedigen und ihre Laster mit Geld zudecken. Sie halten bei Lebzeiten dieselben vielleicht von den schlimmsten Ausschreitungen zurück; nach ihrem Tode werden sie, sich selbst überlassen, alle Schranken durchbrechen und sich in den Abgrund zeitlichen und ewigen Verderbens stürzen. "Deshalb sollen Eltern nie einen Schatz von Geld hinterlassen ohne einen Schatz von Tugend durch gute Erziehung" (St. Chrysostomus).

2. Die Sorge für die junge Seele beginnt mit möglichst baldiger Zuwendung der Taufe. Die Erziehung hat ebenfalls sofort zu beginnen.
Was beim Kinde zuerst sich äußert und einer sorgsamen, festen Leitung bedarf, ist der niedere Teil, sind die sinnlichen Triebe und Neigungen, die schon zutage treten, bevor das Kind zum Vernunftgebrauch kommt. Es zeigen sich gar bald Ausbrüche des Eigensinnes, des Zornes, des Neides u.a. Wenn die Eltern diese nicht unterdrücken oder ihnen nachgeben, so werden die bösen Triebe mit dem Kinde großgezogen und werden ihm später viel zu schaffen machen. Durch die Sinne, Augen, Ohren, Gefühl werden dem heranwachsenden Kinde die ersten Eindrücke und Vorstellungen von schön und häßlich, von gut und böse, von erlaubt und unerlaubt beigebracht. Es ist das nun eine Sache von der höchsten Wichtigkeit für das ganze Leben, von welchem Geiste diese ersten Eindrücke beseelt sind.
Da jeder Mensch für Gott geschaffen ist, so hat der Schöpfer auch dafür gesorgt, daß dem Kinde schon eine besondere Empfänglichkeit für religiöse Eindrücke angeboren ist. Christliche Eltern werden daher ihr Kind nicht bloß vom ersten Augenblicke seines Daseines an alle Tage dem Herrn empfehlen und aufopfern, gleich Job, von dem es heißt, daß er alle Tage für seine Kinder Opfer dargebracht habe; sie werden auch sorgfältig alles fernzuhalten suchen, was auf Einbildungskraft, Gemüt und Herz schädliche Eindrücke machen könnte, dagegen fromme, religiöse, heilige Gegenstände in seine Nähe bringen. Die ersten Eindrücke haften am tiefsten, sind unauslöschlich. Die ersten, frischesten und zartesten Regungen, Gefühle und Vorstellungen sollen darauf gerichtet und damit geheiligt werden, was später das Kind gut und glücklich machen kann.
"Die Freude einer christlichen Mutter muß es sein, ihr Kind, wenn seine Stimme noch schwach ist und seine Zunge noch stammelt, den süßen Namen Jesus aussprechen zu lehren" (St. Hieronymus). "Als ich noch ein ganz kleiner Knabe war, erzählt meine Mutter mir vom ewigen Leben, das uns unser Herr und Gott durch seine Menschwerdung erworben hat" (St. Augustinus). Die religiösen Übungen müssen durch früheste Gewöhnung mit dem Kinde verwachsen. Ebenso gute, christliche Sitte und Anschauung in allen übrigen Dingen, z.B. in Übung der Nächstenliebe, der Barmherzigkeit u.a. Wenn das Kind auch noch nicht begreift und versteht, die früheste Angewöhnung und gute Richtung machen ihm das Gute und Rechte leicht, wenn es zum Verstande kommt. Geistliche und Lehrer würden später umsonst arbeiten, wenn die ersten Eindrücke und Angewöhnungen verkehrt waren. Zudem haben sie bei weitem nicht den Einfluß auf die junge Seele, wie die Eltern.

3. "Ihr seid das Licht der Welt." Die Eltern müssen das Licht des Hauses sein durch Belehrung, Gebet und Beispiel. "Ihr seid das Salz der Erde." Die Eltern müssen ebenfalls ein Salz sein durch Überwachung und Bestrafung.
Die Belehrung muß sein wie ein Tropfen, der einen Stein aushöhlen soll, sie muß baldigst beginnen, nie nachlassen und in aller Liebe und großer Geduld einwirken. "Hast du Söhne, so unterweise und beuge sie von Kindheit an" (Ekkli. 7). "Gut ist´s dem Menschen, das Joch zu tragen von Jugend an" (Thren. 3). Solange das Wachs noch weich, das Unkraut noch klein ist, läßt sich auf Erfolg hoffen. Blinde, törichte Eltern meinen, es sei immer noch Zeit, und finden gar Vergnügen an den Unarten der Kinder; bringen ihnen selbst weltliche, verkehrte Grundsätze bei. "Mancher Vater sagt dem Sohne: Siehst du jenen Mann da? Er war von niedriger Herkunft, aber klug und pfiffig, wußte den Mantel nach dem Winde zu drehen, und jetzt hat er´s zu hohen Stellen gebracht. Siehst du jenen da? Er war rührig, benutzte die Zeit und Gelegenheit, und hat sich ein Vermögen erworben, so daß er gemächlich leben kann. Jener verstand sich einzuschmeicheln und den Launen anderer nachzugeben, jetzt hat er einen einträglichen Posten. Ähnlich sagt wohl eine Mutter: Siehst du jene Frau? Sie hat von Haus aus nichts gehabt, aber sie war heiter und lustig, keine Betschwester, verstand es, mit den Männern umzugehen, jetzt hat sie eine glänzende Partie gemacht usw. - Wenn ihr eueren Kindern solche Lehre gebt, sie an Gefallsucht, Ehrsucht, Geldgier, Gewissenlosigkeit gewöhnt, was bezweckt ihr damit? Entspringen nicht aus solchen Wurzeln alle Laster? Wollt ihr also eure Kinder nicht eher verderben, zeitlich und ewig zugrunde richten? Seid ihr christliche Eltern? Das Christentum ruft den Reichen ein Wehe zu, ihr fordert zur Habsucht auf, es verdammt die Augenlust usw., ihr haltet dazu an. Damit nicht zufrieden, nennt ihr das Laster Tugend; Spiel und Genußsucht nennt ihr anständige Erholung, Stolz Menschenwürde, Anmaßung Selbstvertrauen, Unverschämtheit Mut. Ja, die Tugend wird bei euch zum Laster: Zucht und Ehrbarkeit Blödsinn, Bescheidenheit Beschränktheit, Verachtung des Irdischen knechtischer Sinn, Geduld Schwäche, Wachsamkeit Furcht. Seid ihr nicht Antichristen, Verführer?" (St. Chrysostomus). Früher maß man ein Kind im dritten Lebensjahre, um seine spätere Größe zu erfahren. "Der Jüngling bleibt bei seinem Wege, auch wenn er altert, wird er nicht davon abgehen" (Spr. 22).
Wie unverantwortlich handeln also Eltern, welche die Kinder nicht regieren, sondern sich von ihren Launen regieren lassen; ihnen alles gewähren, nichts versagen wagen; welche die ersten Gedanken ihrer Kleinen, statt auf Gott und die Schönheit der Tugend, nur auf die Sinnlichkeit, auf Äußerlichkeit und Schein, auf Eitelkeit und Hoffart hinlenken, die ihre Kinder zu Gecken und eitlen Puppen machen und nicht wissen, wie weit sie ihre Torheit mit ihnen treiben sollen; die nur darauf sehen, daß die Kinder äußerlich in Haltung, Kleidung, Manieren ja recht den Weltgeist, d.h. recht viel hohlen, leeren Schein zur Schau tragen. Gute Manieren, anständiges Benehmen, Reinlichkeit, Ordnungsliebe, Höflichkeit sind schön und wünschenswert, können nicht zu früh dem Kinde angewöhnt werden. Allein es darf dieses nicht bloß eine äußerliche Schale sein, man muß auch den richtigen Kern hineinlegen, den Edelstein wahrer, kindlicher Frömmigkeit.


Unterricht für den fünfzehnten Sonntag nach Pfingsten

Der Eingang der heiligen Messe ist ein inbrünstiges Gebet aus dem 85. Psalm, das in aller Not und Widerwärtigkeit gesprochen werden kann:
Neige, o Herr, dein Ohr und erhöre mich. Hilf, mein Gott, deinem Knechte, der auf dich hoffet, erbarme dich meiner, o Herr, denn zu dir rufe ich den ganzen Tag. Erfreue die Seele deines Knechtes, denn zu dir, Herr, erhebe ich meine Stimme. Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. Reinige und befestige, o Herr, deine Kirche durch deine fortwährende Erbarmung, und weil sie ohne dich nicht bestehen kann, so regiere du sie allezeit durch deine Gnade. Durch Jesum Christum, deinen Sohn, unsern Herrn.

Lektion aus dem Briefe an die Galater V,25-26 und VI,1-10

Brüder! wenn wir im Geiste leben, lasset uns auch im Geiste wandeln. Lasset uns nicht eitler Ehre nachtrachten, so daß wir einander beneiden. brüder! Wenn auch ein Mensch von einer Sünde übereilt worden wäre, so unterweiset einen solchen, ihr, die ihr weiter im geistlichen Leben seid, im Geiste der Sanftmut. Habe acht auf dich selbst, damit auch du nicht versucht werdest! Einer trage des anderen Bürde, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen. Denn wenn jemand sich etwas dünket, da er doch nichts ist, der betrügt sich selbst. Ein jeder aber prüfe sein eigenes Tun; so wird er (nach seiner eigenen Besserung) bei sich selbst Ruhm (in Gott) haben; und nicht bei einem andern (durch die Erhebung über ihn) ihn zu suchen haben; denn ein jeder hat mit sich selbst zu tun. Wer aber Unterricht im Worte (Gottes) erhält, der teile von allem Guten dem mit, der ihn unterrichtet. Täuschet euch nicht! Gott läßt seiner nicht spotten. Denn was der Mensch säet, das wird er auch ernten. Wer in seinem Fleische säet, der wird vom Fleische auch Verderben ernten; wer aber im Geiste säet, der wird vom Geiste ewiges Leben ernten. Lasset uns also Gutes tun und nicht ermüden; denn zu seiner Zeit werden wir ernten, wenn wir nicht ermüden. Darum lasset uns, da wir Zeit haben, Gutes tun allen, vorzüglich aber den Glaubensgenossen.

Erklärung

Wieder warnt der Apostel vor dem fleischlichen Sinn und Leben, dadurch werde der christliche Gemeinsinn zerstört.

Das inner Leben, das der göttliche Geist uns mitteilen will, muß sich vor allem offenbaren durch demütigen Sinn. Die Ehrsucht heißt eitel, weil sie nach nichtigen Dingen trachtet. Es ist eitler Tand, womit sie sich brüsten, es sind Einbildungen, denen sie nachjagt. Die fleischliche, irdische Gesinnung trübt und verwirrt das Urteil, so daß man Ruhm sucht in Dingen, die nicht rühmlich sind. - Die Ehrsucht heißt weiter eitel, weil sie mehr oder minder das Gute, das allein rühmlich ist, vereitelt. Der hl. Bernhard nennt den Ehrgeiz ein geheimes Gift, eine verborgene Pest, die Mutter der Heuchelei, den Vater des Neides, die Quelle des Lasters, den Rost aller Tugend, den Wurm aller Heiligkeit.

Die fleischliche Ehrsucht zerstört besonders die Liebe. Deshalb beneidet und reizt man sich. Der eingebildete Tor will jeden seine Überlegenheit fühlen lassen, dadurch fordert er Widerspruch und Haß heraus; sieht er einen, der ihm vorgeht, so regt sich der Neid, während er durch seine Prahlerei andere zum Neide reizt. Das ist aber der Tod der Bruderliebe und des Gemeinsinnes, die das Christentum verlangt.

Nur wenn wir nicht fleischlich, sondern geistig gesinnt sind, können wir die Pflicht der brüderlichen Zurechtweisung mit Erfolg üben. Sie muß ja mit Sanftmut geschehen, welche die Schwester der Demut ist. Wer seine eigene Gebrechlichkeit anerkennt, wird nicht mit blindem, hartem Eifer gegen andere ausfahren.

Andere zurechtweisen, ist nicht jedermanns Sache. Von jedem wird aber das weitere Liebewerk verlangt, daß er die Fehler anderer, die er nicht ändern kann, in Geduld ertrage. Grobe Fehler sind eine schwere Last für den Fehlenden selbst; er ist eher zu bedauern als zu verurteilen. Geringere Fehler können recht lästig werden. Doch wird das Ertragen erleichtert durch die Erwägung, daß andere auch mit unseren Schwächen Geduld haben müssen, wohl mehr als wir denken.

Sind wir wirklich besser als andere, so verdanken wir das hauptsächlich der Gnade Gottes; uns selbst überlassen, sind wir armselig genug. Wollten wir lieber uns selbst richten als andere, so würden wir unsern einzigen Ruhm in der Barmherzigkeit Gottes suchen, womit er uns arme Sünder erträgt.

Schließlich mahnt der Apostel zur Wohltätigkeit und zum Gutestun überhaupt. Zunächst sind wir denen verpflichtet, die uns im Worte Gottes unterweisen. Wendet man das Irdische dazu an, um dem sinnlichen Genusse zu frönen, so säet man auf das Fleisch; dieses verdirbt, und all solcher Aussaat Ende ist Verderben. Wendet man es nach dem Willen Gottes an nicht in Selbstsucht, sondern in Liebe, um Gutes zu Wirken, so sproßt aus dieser Aussaat eine herrliche Ernte, die bleibt zum ewigen Leben. Wie wichtig ist die kurze, ungewisse Zeit der Aussaat. Und wieviel Not und Leid gäbe es weniger auf der Welt,wenn mehr Christensinn herrschte!

Gebet. Heiliger Paulus, erbitte mir von Gott die Gnade, beständig in Demut zu wandeln, den Nächsten allezeit zu lieben, und namentlich seine Fehler und Gebrechen geduldig zu ertragen, damit ich das Gesetz Christi erfüllen und eine reiche Ernte einsammeln möge.

Evangelium Lukas VII,11-16

In jener Zeit kam Jesus in eine Stadt, die Naim hieß; und es gingen mit ihm seine Jünger und viel Volk. Als er aber nahe an das Stadttor kam, siehe, da trug man einen Toten heraus, den einzigen Sohn seiner Mutter, die Witwe war, und viel Volk ging mit ihr. Da nun der Herr sie sah, war er von Mitleid über sie gerührt und sprach zu ihr: Weine nicht! Und er trat hinzu und rührte die Bahre an (die Träger aber standen still), und er sprach: Jüngling, ich sage dir, stehe auf! Da richtete sich der Tote auf und fing an zu reden. Und er gab ihn seiner Mutter. Es ergriff sie aber alle eine Furcht, und sie lobten Gott und sprachen: Ein großer Prophet ist unter uns aufgestanden, und Gott hat sein Volk heimgesucht.

Warum bezeugt Christus Mitleid mit dieser Witwe?

Um uns zu beweisen, daß Gott sich der verlassenen und betrübten Witwen annehme und ihr Tröster und Helfer sei, und um uns zu lehren, daß wir ein Gleiches tun sollen. Wehe also denjenigen, welche die Witwen, anstatt sie zu trösten und ihnen zu helfen, vielmehr unterdrücken und ihnen Tränen auspressen. Denn die Tränen der Witwen und ihr Geschrei wird zu Gott hinaufsteigen, und er wird das ihnen zugefügte Unrecht bestrafen (2 Mos 22,22).
Christus hatte aber auch noch andere Ursachen des Mitleides; denn er sah an diesem verstorbenen Jüngling den Tod der Sünder, und an der betrübten Mutter den Schmerz voraus, den die Kirche über den geistlichen Verlust so vieler ihrer Kinder empfinden würde. Sollte dieses nicht auch unser Mitleid rege machen? Können wir Kinder der Kirche sein, wenn uns der Tod ihrer Kinder, unserer brüder und Schwestern, nicht zu Herzen geht? Sind wir nicht geistig tot, wenn wir uns darüber nicht betrüben? Und dennoch, was tun wir? Wir sehen, wie täglich viele Seelen den Tod der Sünde sterben, und daß die Kirche diejenigen, die sie davor nicht bewahren kann, mit Seufzern und Tränen zu Grabe begleitet; aber weit entfernt, mit ihr zu weinen, sind wir vielmehr lustig und guter Dinge und lassen uns den Untergang so vieler Seelen nicht im geringsten kümmern. Wir beweinen den leiblichen Tod unserer Eltern und Verwandten und würden es uns alles kosten lassen, wenn wir ihn hindern könnten; wegen des geistigen Todes unserer Mitbrüder aber weinen wir nicht und beten auch nicht für sie, obschon wir dadurch so viele und uns selbst beim Leben der Seele erhalten oder doch den barmherzigen Gott bewegen könnten, es so manchem wiederzuschenken. Ist dieses nicht ein augenscheinliches Zeichen, daß wir weder Gott noch unsern Nächsten wahrhaft lieben? Bedenken wir das? Trauern wir über die Sünder, lassen wir uns ihr Elend zu Herzen gehen, und retten wir sie mit Bitten und Seufzern, die wir täglich zu Gott emporsenden!

Warum sagte Christus zu dieser Witwe: "Weine nicht!"?

Er wollte damit andeuten, daß er ihr ihren Sohn wieder zurückgeben werde; zugleich aber wollte er uns lehren, daß man um die Toten nicht so unmäßig trauern und weinen müsse. Darum ermahnt uns der hl. Paulus, uns über unsere Entschlafenen nicht zu betrüben, wie die Heiden, die keine Hoffnung der Auferstehung und der ewigen Seligkeit haben (Thess 4,12). Eine geduldige Ertragung der Fügung Gottes, ein stilles und andauerndes Gebet und andere gute Werke nützen uns und den Toten mehr als ein ganzes Meer vergossener Tränen.

Was ist oft Ursache an dem frühzeitigen Tode junger Leute?

1. Unmäßigkeit, denn es kommen mehr Menschen durch Fraß und Trunkenheit als durchs Schwert um (Sir 37,34).
2. Unzucht, wovon am zweiten Sonntage nach Pfingsten gehandelt worden ist.
3. Zorn. Einen Narren bringt der Zorn um (Job 5,2) Zorn und Eifersucht verringern die Tage, und unmäßiges Sorgen macht beizeiten alt (Sir 30,26). "Wenn ihr euch untereinander beißt und zernaget," sagt der hl. Paulus (Gal 5,15), "so sehet zu, daß ihr einander nicht aufzehret". Von verdrießlichen und kränkenden Reden kommen junge Leute gewöhnlich zu Streitigkeiten, zu gefährlichen Schlägereien, oder wohl gar zum Morde.
4. Ungehorsam. Man hat viele erschreckliche Beispiele, daß Gott ungehorsame Kinder frühzeitig und plötzlich von der Welt genommen hat, z.B. Absalom. Gott sagt nicht umsonst zu den Kindern: "Ehre Vater und Mutter, auf daß du lange lebest und es dir wohlergehe auf Erden" (5 Mos 5,16).

Wie sollen wir den Tod betrachten?

Wenn in einem Kerker einige hundert Menschen eingesperrt wären, über die das Todesurteil ergangen ist, von denen jedoch keinem der Tag oder die Stunde seines Todes bekannt wäre, und wenn dann einer nach dem andern, und oft gerade der, von dem man es am wenigsten vermutete, zum Tode herausgeholt würde: würde da nicht einem jeden das Herz zittern, sooft sich die Türe des Kerkers öffnete?... Nun ist über uns alle das unabänderliche Todesurteil gefällt; wir alle sind in unsere Leiber wie in Kerker eingeschlossen (Ps 141,8); es wir einer nach dem andern zum Tode hinausgeführt. Und wer kehrt sich daran? Man lebt so fort, als hätte man ewig zu leben; man ist bloß auf den Leib bedacht; bloß für diesen häuft man Güter auf: für die Seele aber geschieht nichts, als daß man sie mit Sünden und Lastern beladet.
Ist das wohl vernünftig gehandelt?... Der Leib wird einst Speise der Würmer werden; die Seele wird, ohne zu wissen wann, in die Ewigkeit wandern, wo sie bloß von den auf der Welt erworbenen Verdiensten wird leben müssen. Wer möchte so töricht und vermessen sein, daß er zeitlebens nur für seinen Leib sorgte, seine Seele aber außer acht ließe?...
O Mensch, sagte der hl. Franz von Sales (Phil. 13), bedenke doch, daß bei deinem Tode die Welt für dich untergehen wird. Die Ehren, Lüste und Reichtümer, die du ihn ihr genossen hast, werden alsdann wie Schattenbilder, wie Rauch verschwinden und dir nichts zurücklassen als die späte Reue, daß du ihnen so begierig nachgetrachtet und darüber deine Seelengeschäfte, dein ewiges Heil vernachlässigt hast. Alsdann wirst du die Andacht, die Buße und die guten Werken, die zu zeitlebens vernachlässigt hast, schätzen lernen und danach verlangen; alsdann werden dir die Sünden, die du sonst gar nicht geachtet hast, wie große Berge vorkommen.
Wie wird dann deiner Seele zumute sein, wenn sie von ihrem so töricht geliebten Leibe scheiden, alle eitlen Ergötzlichkeiten, Gesellschaften, Freunde usw. verlassen und ganz allein und ohne Gefährten in das unbekannte, schreckliche und fürchterliche Land der der Ewigkeit reisen muß, wo sie keine Freunde antreffen wird, weil sie sich auf Erden keine gemacht hat, dagegen an Gott, den sie sich für immer zum Feinde gemacht hat, einen unerbittlich strengen Richter, an den Engeln und Heiligen, ja sogar an den Teufeln furchtbare Ankläger finden wird.? Schaudert dich nicht bei solchen Gedanken?... Damit dir aber jener Augenblick und das künftige Gericht nicht so schrecklich sein möge, so halte dich bereit; lebe jetzt so, daß du dich vor dem Sterben nicht zu fürchten brauchst. Tue das bei Lebzeiten, was du im Tode wünschen wirst getan zu haben; stirb mit dem hl. Paulus täglich, indem du dein Fleisch samt seinen Lüsten und Begierden kreuzigest und dein Herz von der Welt, ihren Gütern und Eitelkeiten freiwillig losreißest, ehe der Tod dieses gewaltsamerweise tun wird: so wird dir einst das Sterben nicht schwer ankommen.

Gebet. O Welt! weil ich die Stunde nicht wissen kann, in der ich dich verlassen muß, so will ich dir auch nicht anhangen. Auch euch, ihr lieben Freunde und Angehörige! will ich künftig nicht anders als mit einer heiligen, auf Gott gerichteten Liebe und Zuneigung lieben, die durch den Tod nicht aufhören, sondern, wie Gott selbst, ewig dauern soll. Ich will mich vorbereiten und alle Sorge anwenden, um glücklich in die Ewigkeit hinüberzugehen. Du aber, o Herr! nimm du mich in deinen Schutz an jenem furchtbaren Tage. Laß mir doch die Todesstunde sanft und selig, und lieber alle anderen Stunden meines Lebens traurig und leidvoll sein!


Von den Zeremonien, deren sich die katholische Kirche bei den Leichenbegängnissen bedient

Von den Leuten, welche die Leiche des Jünglings von Naim begleiteten, sollen wir lernen, den Verstorbenen die letzte Ehre zu erweisen und ihre Leiche zum Grabe zu begleiten. Es ist das ein gottgefälliges und verdienstliches Werk, wenn es nicht aus Eitelkeit oder Eigennutz, sondern zur Ehre Gottes und aus Liebe zu den Verstorbenen geschieht, um nämlich diesen durch das Gebet behilflich zu sein. Darum fehlen diejenigen sehr, die unterwegs nur eitles Geschwätz usw. führen, der Armen Seelen aber gar nicht gedenken.

Warum wird vor der Leiche ein Kreuz hergetragen?

Dadurch wird angedeutet, daß der Tote Christum, den Gekreuzigten, bekannt habe, im Glauben an ihn verschieden sei und durch ihn die Auferstehung hoffe.

Warum trägt man brennende Lichter um die Totenbahre?

Hierdurch geben wir die Anwesenden und die Kirche zu verstehen, daß sie dem Verstorbenen das Ewige Licht wünschen. Dieser Gebrauch ist uralt; denn schon der hl. Cyprian, der ungefähr vor 1600 Jahren um Christi willen ist enthauptet worden, wurde mit Lichtern und Chorgesang zu Grabe getragen.

Warum werden der Totensarg und das Grab mit Weihwasser besprengt?

Dadurch wünscht die Kirche den Toten die Erquickung der Gnade Gottes, wenn er vielleicht seine Sünden nicht genug abgebüßt und deshalb im Fegefeuer noch zu leiden hätte. Es liegt darin auch eine Zuwendung des trostreichen Gebetes der Kirche, das durch die Weihe mit diesem Wasser verbunden ist.

Warum werden der Tote und das Grab mit Weihrauch beräuchert?

Dadurch zeigt die Kirche an, daß der Verstorbene vermöge seines christlichen Berufes ein Wohlgeruch Christi gewesen sei (2 Kor 2,14.17), und ermahnt die Gläubigen, daß sie, wie der Weihrauch emporsteigt, also auch ihr Gebet und ihre guten Werke für den Verstorbenen zum Himmel schicken sollen.

Warum werden Psalmen und heilige Lieder gesungen?

Dies geschieht, um uns an die Lehre des hl. Paulus (1 Thess 4,12) zu erinnern, daß wir uns der Verstorbenen wegen nicht unmäßig betrüben sollen, wie die Heiden, die keine Hoffnung des ewigen Lebens haben. Wir deuten dadurch an, daß wir den Verstorbenen wegen der Ruhe, die sie nunmehr genießen, Glück wünschen (Offenb 14,13). Dieser Gebrauch kommt ebenfalls von den Aposteln her, die den hl. Stephanus mit Psalmen und Lobgesängen zur Erde bestattet haben.

Warum werden bei Begräbnissen die Glocken geläutet?

Bei Leichenbegängnissen sollen dadurch die Gläubigen zum Gebete für die Verstorbenen ermahnt werden. Bei Leichenbegängnissen von unschuldigen Kindern aber, welche die Taufgnade noch nicht verloren hatten, will die Kirche zum Danke gegen Gott auffordern, daß er sie den Gefahren der Versuchung entrissen und in sein himmlisches Reich aufgenommen hat.

Warum wird der Leichnam in die Erde begraben?

Da unsere Leiber Glieder Christi und Tempel des Heiligen Geistes sind, so ziemt es sich, daß sie auch nach dem Tode noch heilig gehalten und vor jeder Entehrung durch Menschen oder Tiere geschützt werden, was durch das Begräbnis geschieht. Zugleich ist der Schoß der Erde der schicklichste Ort, in dem der Leib wie ein Samenkorn seiner Auferstehung entgegenharren kann. Das Verbrennen der Leichen, welches das Antichristentum wieder aufbringen will, ist ein Rückfall ins Heidentum.

Warum wird mit der Schaufel dreimal Erde auf den Sarg geworfen?

Die Erklärung liegt in den Worten, die der Priester dabei spricht: "Gedenke, o Mensch, daß du Staub bist und wieder zu Staub werden wirst." Von der Erde stammt der Leib, und zur Erde kehrt er wieder zurück. Wie gern erhebt sich dieses gebrechliche Gefäß; wie stolziert es einher in gesunden Tagen, und wie plötzlich, wie jämmerlich sinkt es zusammen, wie wird ihm die Welt zu klein, wenn er etwas Glück damit hat; und was bleibt im von der ganzen Welt übrig, wenn sie ihn hinaustragen? Eine Grube, sechs Fuß tief, drei Fuß breit und einige Schollen Erde. Mögen sie ihm leicht sein, möge das Irdische sein Gewissen nicht mehr beschweren, möge er nur nicht für das flüchtige Irdische den Himmel preisgeben haben. Wie schauerlich rollen die Schollen auf seinen Sarg, wenn er für einige Schollen seine Seelen verkaufte; wie müssen sie dann seine arme Seele drücken.

Warum wird über dem Grabe ein Kreuz oder ein Stein mit einem Kreuze aufgerichtet?

Dieses geschieht gleichfalls, um anzuzeigen, daß der Verstorbene ein Christ gewesen sei und um uns an unsere lieben Freunde zu erinnern, damit wir ihrer im Gebete eingedenk sein mögen. Sehr zu tadeln sind übermäßig prunkvolle Denkmäler und solche, die kein christliches Erinnerungszeichen aufweisen.

Warum wird nach dem Leichenbegängnisse eine heilige Messe für den Verstorbenen gelesen?

Das Los der Verstorbenen ist verschieden; die einen gehen beim Austritte aus dieser Welt zur Seligkeit, die andern zur Verdammnis ein, und wieder andere werden zwar selig, aber erst, nachdem sie wie durch Feuer geläutert sind (1 Kor 3,12). Da wir nun nicht wissen, welches Los unsere Verstorbenen haben, so beten wir für alle und schenken ihnen unsere guten Werke, in der sicheren Hoffnung, daß Gott in den beiden ersten Fällen, wenn die Verstorbenen der Unterstützung unseres Gebetes und unserer Werke nicht bedürfen oder nicht würdig sind, den Nutzen beider uns selbst zuwenden, sonst aber auf unsere Fürbitte die Leiden der Armen Seelen erleichtern werde. Er selbst hat uns ja belehrt, daß es ein heiliger und heilsamer Gedanke sei, für die Verstorbenen zu beten, damit sie von ihren Sünden erlöst werden (2 Mach 12,46). Wann aber wären unsere Gebete und Opfer Gott angenehmer und wirksamer, als wenn wir sie mit dem Gebete und Opfer Jesu Christi vereinigen, der sich in der heiligen Messe jeden Tag aufs neue seinem himmlischen Vater für die Sünden der ganzen Welt aufopfert? Daher kommt auch der uralte Gebrauch in der katholischen Kirche, nicht nur am Todes- und Begräbnistage, sondern auch am dritten, siebenten und dreißigsten und am Jahrestage für die Verstorbenen das heilige Meßopfer darzubringen.


Betrachtung über die Elternpflichten - 2

Ein Licht für die Kinder müssen die Eltern vor allem sein durch ihr Beispiel. Manche fragen nach Anleitungen, Winken und Maßregeln, wonach die Erziehung vorzunehmen und einzurichten sei. Freilich ist die Erziehung eine große Kunst. Allein christliche Eltern haben dafür eine eigene Standesgnade empfangen im Ehesakrament, und mit Hilfe der göttlichen Gnade, unter Nachdenken und Gebet werden sie diese Kunst lernen. Sie werden finden, daß sie in den jungen Herzen einen mächtigen Bundesgenossen besitzen, das ist der natürliche Nachahmungstrieb.

Es ist eine bekannte Sache: die Macht des Beispiels wirkt weit mehr als das bloße Wort. Beim Kinde, das wenig denkt und meistens nur dem Nachahmungstriebe folgt, wirkt das Beispiel alles. Und das Beispiel der Eltern, die es liebt und beständig in Augen hat, ist unwiderstehlich. Die Kinder sind Fleisch von ihrem Fleisch, Bein von ihrem Beine, das Leben derselben ist auch ein Teil, ein Abbild ihres Lebens, ihr zweites Leben. Wollen also die Eltern gute Kinder haben, wollen sie Freude an ihren Kindern erleben, so müssen sie vor allem selbst gut sein. Wohl kommt es vor, daß gute Eltern ein ausgeartetes Kind haben, weil sie vielleicht aus Unverstand oder wegen widriger Umstände keine gute Erziehung zustande bringen; allein das Kinder schlechter gut geraten, d.h. daß sie gute, eifrige Christen, treue Bürger und einst gute Hausväter und Hausmütter werden, das ist fast unerhört.

Pflicht der Eltern ist es also, daß sie vor allem gegen Gott und göttliche Dinge die tiefste Ehrfurcht bezeigen; daß sie mit Achtung von der Kirche, von Kirchlichen Andachten und Einrichtungen sprechen; daß sie Kreuz und Leiden aus Gottes Hand annehmen und mit Ergebung tragen; daß sie täglich ihre Gebete mit Erbauung verrichten, eifrig sind im Kirchenbesuch, dem Anhören des göttlichen Wortes, Lesen guter Bücher, Empfang der Sakramente. - Geistlichen und weltlichen Obrigkeiten müssen sie Gehorsam und Ehrerbietung in Wort und Tat erweisen, und gegen die Armen voll Liebe und Barmherzigkeit sein. Höflichkeit, Milde, Teilnahme, Billigkeit und Gerechtigkeit gegen jedermann müssen die Kinder an ihren Eltern überall bemerken und von ihnen lernen. Ebenso christliche Selbstverleugnung durch Bescheidenheit in der Haushaltung, Fleiß und Arbeitsamkeit, und indem sie die verderbliche Vergnügungssucht nicht aufkommen lassen.

Wenn das Beispiel der Eltern mit ihren Worten nicht übereinstimmt, so helfen die schönsten Lehren und Ermahnungen nichts. Wohl können sie auf einige Jahre Sklaven und Augendiener erziehen; allein sobald die Kinder das Joch abschütteln können, werden sie es schlimmer treiben, wie sie es die Eltern treiben sahen.

Wenn man machmal sieht, wie Eltern ihre Kleinen liebkosen und ans Herz drücken, und nicht wissen, wie sie ihre Zärtlichkeit äußern sollen, so könnte man meinen, da könne es an Liebe und sorgfältiger Erziehung nicht fehlen. Allein es ist nur zu oft rein natürliches Gefühl, im Grunde Selbstsucht, indem es dem Elternherzen wohltut. Die Liebesbeweise haben ein Ende, sobald Opfer der Selbstverleugnung verlangt werden. Da müssen die Kinder dann verwildern.

Wie das Beispiel der Eltern, die ihre eigenen Leidenschaften nicht zügeln können, verderblich wirkt, zeigt folgende Geschichte. Ein Priester ging eines Tages übers Feld. Unterwegs begegnete er einem Knaben und fragte ihn, wie er heiße. Er antwortete: "Teufelsbub". Der Priester fragte weiter, wie sein Vater, seine Mutter sich nennten. "Mein Vater", entgegnete der Knabe, "heißt der Teufelsmann, meine Mutter das Teufelsweib." Wie sein Dorf heiße? "Teufelsdorf". Verwundert ging der Priester mit dem Knaben in das Dorf. Kaum näherten sie sich dem Hause der Eltern, da schrie die Mutter schon von weitem: "Teufelsbub, wo bist du so lange gewesen?" Der Priester wollte nicht mehr wissen, er wußte jetzt, woher der Knabe diese Sprache gelernt habe.


Unterricht für den sechzehnten Sonntag nach Pfingsten

Im Eingang der heiligen Messe rufe mit großem Vertrauen die Barmherzigkeit Gottes an:
Erbarme dich meiner, o Herr! denn zu dir rufe ich den ganzen Tag. Denn du, Herr! bist gütig und milde und von großer Erbarmung gegen alle, die dich anrufen (Ps 83). - Neige dein Ohr, o Herr! zu mir und erhöre mich, denn ich bin elend und arm. Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. Wir bitten dich, o Herr! laß uns deine Gnade allezeit zuvorkommen und nachfolgen damit wir vermittels derselben zu guten Werken stets bereit seien. Durch Jesum Christum, deinen Sohn, unsern Herrn. Amen.

Lektion aus dem Briefe an die Epheser III,13-21

Brüder! Ich bitte, daß ihr nicht mutlos werdet wegen der Drangsale, die ich für euch leide: es ist eine Ehre für euch! Deshalb beuge ich meine Knie vor dem Vater unseres Herrn Jesus Christi, von dem alle Vaterschaft im Himmel und auf Erden herkommt; daß er nach dem Reichtume seiner Herrlichkeit euch verleihe, mit Kraft gestärkt zu werden durch seinen Geist am innern Menschen, daß Christus durch den Glauben in euern Herzen wohne und ihr in der Liebe Wurzel und Grund fasset, damit ihr mit allen Heiligen begreifen möget, welches die Breite und Länge, die Höhe und Tiefe (der göttlichen Liebe) sei, und erkennen die Liebe Christi, die alles Erkennen übersteigt, damit ihr dadurch aller göttlichen Gaben in Fülle teilhaftig werdet. Dem aber, der überschwenglich alles mehr tun kann, als wir bitten oder verstehen, durch jene Kraft, die jetzt schon in uns wirksam ist, ihm sei Ehre in der Kirche und in Jesu Christo immer und ewig. Amen.

Erklärung

Der Apostel klagt nicht über seine Leiden oder über die Ungerechtigkeit der Verfolger; er seufzt nicht nach Befreiung; was ihn drückt, ist die Besorgnis für seine Gemeinde. Die junge und schwache Christengemeinde hätte irre werden können an seiner göttlichen Berufung oder in Schrecken geraten vor ähnlichem Schicksal; diese Sorge drückt ihn schwerer als seine Ketten. Es drängt ihn, sie zu stärken im Glauben, daß es keine Schande, sondern eine Ehre, kein Verlust, sondern Gewinn sei, für Christus zu leiden.

Das Mahnen des Apostel ist zugleich ein Flehen für die geliebte Gemeinde, deshalb beugt er seine Knie vor dem Vater unsers Herrn Jesu Christi, der durch Jesus zugleich unser Vater ist. Das vertrauensvolle Gebet ist der Schlüssel zu all seinen Gnadenschätzen. Und wir empfangen um so reichlicher, je reicher wir uns selbst an Liebe zeigen. Er will, daß wir für andere beten, und viele Gnaden spendet er nur dann, wenn sie durch Fürbitte erfleht werden. Indem er uns so aufeinander anwies, wollte er das Band der Liebe recht fest um alle schlingen. Darum ermahnt der Apostel "vor allen Dingen", daß Gebete, Fürbitten, Danksagungen geschähen für alle Menschen.

Unermeßlich ist der Segen der Fürbitte für andere und für uns selbst. Sie ist das vornehmste Werk der Barmherzigkeit, das reiche Gnade erwirbt.

Und welches soll der hauptsächlichste Gegenstand der Fürbitte sein? Das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit. Das Reich der Gnade muß begründet und gestärkt werden in uns durch die Kraft von oben, in der Gott den Reichtum seiner Herrlichkeit offenbart und mitteilt. Aller Reichtum der Welt ist Gassenkot gegen die Schätze der Gnade, und alle Drangsal der Welt vermag nichts über den, der durch den Geist Gottes gestärkt wird mit übernatürlicher Kraft. Deshalb betet der Apostel weiter, daß Christus durch den Glauben in ihren Herzen wohne und in der Liebe Wurzel fasse. Der Glaube ist die Wurzel des Gnadenlebens. Christus wohnt und wirkt im gläubigen Herzen; und er läßt die Liebe immer tiefer Wurzel fassen durch Eifer in guten Werken.

Eine Hauptfrucht des lebendigen Glaubens ist das Wachstum in der Erkenntnis. Christum erkennen, heißt seine Liebe erkennen. Diese ist so unermeßlich groß, daß die Höhe und Breite, Tiefe und Länge des Kreuzes ihr Maßstab und ihr Bild ist; sie ist so groß, daß sie uns die Fülle der göttlichen Gnaden mitteilen will.

All unser Beten ist nur wie das Stammeln eines Kindes; wir können es nicht einmal fassen, noch viel weniger aussprechen, was Gott uns geben und vollbringen will. Er tut überschwenglich mehr, als wir bitten und verstehen. Unermeßlich ist seine Macht und Liebe. Diese Überzeugung soll uns mit freudiger Zuversicht, Dankbarkeit und Lobpreis gegen Gott erfüllen.

Gebet. Himmlischer Vater! ich bitte dich kniefällig, du wollest uns allen die Gnade verleihen, daß wir, am innern Menschen erleuchtet und gestärkt, dich und die Größe der allumfassenden Liebe Jesu Christi zu uns recht erkennen, damit wir von der Liebe und Dankbarkeit gegen dich durch nichts uns abwendig machen, sondern durch Leiden vielmehr gestärkt, darin immer mehr zunehmen und einst in deiner Anschauung ewig selig sein mögen.

Evangelium Lukas XIV,1-11

In jener Zeit trat Jesus in das Haus eines Obersten von den Pharisäern am Sabbate, um da zu speisen, und sie gaben auf ihn acht. Und siehe, ein wassersüchtiger Mensch war vor ihm. Und Jesus nahm das Wort und sprach zu den Gesetzeslehrern und Pharisäern: Ist er erlaubt, am Sabbate zu heilen? Sie aber schwiegen. Da faßte er ihn an, heilte ihn und ließ ihn gehen. Und er redete sie an und sprach zu ihnen: Wer von euch, dessen Esel oder Ochs in eine Grube gefallen ist, würde ihn nicht sogleich herausziehen am Tage des Sabbats? Und sie konnten ihm darauf nicht antworten. Er sagte aber zu den Geladenen ein Gleichnis, als er bemerkte, wie sie sich die ersten Plätze auswählten, und sprach zu ihnen: Wenn du zu einem gastmahle geladen bist, so gehe hin und setze dich auf den letzten Platz, damit, wenn etwa ein Vornehmerer als du von ihm geladen wäre, derjenige, der dich und ihn geladen hat, nicht komme und zu dir sage: Mache diesem Platz! und du alsdann mit Schande untenan sitzen müßtest; sondern wenn du geladen bist, so gehe hin und setze dich auf den letzten Platz, damit der, der dich geladen hat, kommt und spreche: Freund, rücke weiter hinauf. Dann wirst du Ehre haben vor denen, die mit zu Tische sitzen. Denn ein jeder, der sich selbst erhöht, wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden.

Warum hat Jesus mit den Pharisäern gespeiset?

Damit er Gelegenheit hatte, sie zu unterrichten und zu bekehren. So sollen auch wir jeden Anlaß, Gutes zu tun, eifrig ergreifen, und den Umgang, den wir unseren fehlenden Mitmenschen zu haben in der Lage sind, dazu benutzen, sie auf den rechten Weg zu bringen.

Warum beobachten die Pharisäer Jesus so genau?

Um etwas an ihm zu entdecken, was ihnen Grund geben könnte, ihn zu tadeln und anzuklagen. Ähnliches geschieht auch noch von vielen Christen, die auf alle Schritte und Tritte ihres Nächsten genau achtgeben, nur um etwas zu finden, diese vor der Welt anklagen und schlecht darstellen zu können. Wie erfüllen solche das Gebot: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst?

Wer ist geistigerweise einem Wassersüchtigen besonders ähnlich?

Ein Geiziger; denn wie die Wassersucht, so ist auch der Geiz schwer zu heilen, da er mit dem Alter zunimmt und den Menschen gewöhnlich bis ans Grab nicht verläßt.

Gebet. O mein Jesu! wie groß war deine Liebe und Sanftmut gegen deine erbittersten Feinde, die dich überall beobachteten, um eine Ursache zu finden, dich anzuklagen, ja, zu töten; denn du hast ihnen nichts Böses mit Bösem vergolten, sondern Gutes dafür erwiesen, indem du ihre Kranken gesund machtest und keine Gelegenheit unbenutzt ließest, sie in dem göttlichen Worte zu unterrichten und zur Buße einzuladen, wie du auch in dem heutigen Evangelium getan hast. Ach, liebreichster Jesu! nimm dich unser auf gleiche Weise an, gib uns einen rechten Seeleneifer, daß wir für unsere und des Nächsten so teuer erkauften Seelen mehr als bisher sorgen. Namentlich aber verleihe uns, daß wir die Sonn- und Feiertage recht heiligen und von allem Neide, von Geiz und Hoffart uns frei erhalten, damit wir nach deinem Beispiele und deiner Lehre beständig in der Demut und Liebe bleiben, niemand beneiden oder verachten, sondern in der Erkenntnis unserer Nichtigkeit hier uns erniedrigen, um dort ewig von dir erhöht zu werden.


Betrachtung über die Elternplichten - 3

Das Salz der Zurechtweisung und Strafe ist für die gute Erziehung ebenso nötig wie das Licht der Belehrung, des guten Beispiels und Gebetes.

Der Keim des Bösen gehet im Kinderherzen von selbst auf. Je rascher nun die Eltern zur Hand sind, und je entschiedener sie gleich den ersten Regungen der Leidenschaften entgegentreten, desto leichter wird ihre Arbeit, und desto gelinder können die Mittel sein. Wenn das Böse noch schwach, im Entstehen ist, genügt oft ein Wort, eine ernste Miene, ein leiser Wink, um dem erwachenden Keime die Spitze und triebkraft abzubrechen. Läßt man dagegen das Böse heranwachwachsen, so muß später Gewalt gebraucht und Strenge angewendet werden. Das Kind muß dann wissen, daß es gestraft wird, wenn es Unrecht tut. Eine blinde Liebe, die das Böse nicht strafte, wäre ja Haß. "Wer die Rute spart, hasset seinen Sohn; wer ihn liebt hat, hält ihn beständig in Zucht" (Spr 13). "Der Knabe, dem sein Wille gelassen wird, macht seiner Mutter Schande" (Spr 29). Ist das Kind rechthaberisch und zänkisch, unverträglich, nützen ernste Ermahnungen nicht, so spare die Rute nicht; du leistest dem Kinde einen großen Dienst. Ist es träge zur Arbeit und zum Lernen, will es nicht rechtzeitig aus dem Bette; ist es vorlaut im Sprechen, gebraucht es grobe Ausdrücke, will es sündhafte Gewohnheiten annehmen, so tritt mit Entschiedenheit und Strenge dagegen auf. Solange das Übel noch nicht festgewurzelt ist, muß es ausgerottet werden. Es ist freilich besser, und wachsame Eltern bringen das leicht zustande, daß Schläge gar nicht erforderlich sind, indem das Böse im Keime unterdrückt wird. Ist das aber nicht geschehen, so darf man auch vor der strengen Strafe nicht zurückscheuen. Sonst geht es immer wieder wie bei Heli, der durch seine mattherzige Gutmütigkeit sich und seine Kinder zugrunde richtete. Bei körperlicher Züchtigung hüte man sich vor blinder Heftigkeit und Leidenschaft. Was aus Leidenschaft kommt, erzeugt Leidenschaft; es ist nicht der Same des Guten, der Gottes Segen für sich hat; statt das Übel zu heilen, wird es verschlimmert, wenn man im Zorne straft. Das Kind muß merken, daß Vernunft und Liebe die Rute führen.

Ängstlich muß man sich hüten, beim Strafen nach Willkür oder Laune zu verfahren. Strenge Gerechtigkeit im Austeilen der Strafen ist von der allergrößten Wichtigkeit. Dadurch, daß du Ansehen und Macht über die Kleinen hast, besitzt du keineswegs das Recht, nach Laune mit ihnen zu verfahren. Scheint dir vielleicht auch ein Tadel oder eine Strafe eine Kleinigkeit, in den Augen des Kindes, zumal wenn es ein weiches Herz hat, ist es keine Kleinigkeit wegen der Verdemütigung und Beschämung, die damit verbunden ist. Und eine Ungerechtigkeit hierin wird es bis in späte Alter nicht vergessen.

Ungerechtes, willkürliches Verfahren im Strafen benimmt der Strafe ihre ganze Wirkung, macht sie und den verächtlich, der sie austeilt. Es gibt launische, mürrische Eltern, die mit nichts zufrieden sind, immer nur zu zanken und zu schelten wissen, und jähzornig bald mit Recht, bald mit Unrecht für geringfügige Dinge Schläge austeilen. Wegen einer Kleinigkeit aufbrausen, für eine leichte Unaufmerksamkeit und Unachtsamkeit sofort strafen, ist nicht vernünftig. Dadurch macht man selbst die gerechten und wohlverdienten Strafen wirkungslos. Das Kind gerät unter den Druck sklavischer Furcht, wird kleinmütig, mißgestimmt und so erst recht zur Widerspenstigkeit gereizt.

Soll die Strafe besser, so muß das Kind merken, daß sie nur zu seinem Besten angewandt wird, und nicht böse Laune, Zorn, Rachsucht, sondern Liebe zum Grunde hat.

Es darf aber auch die Belohnung nicht fehlen. Es gibt Eltern, die niemals ein Wort der Zufriedenheit haben, wenn das Kind seine Pflicht treu tut, ihm nie ein Zeichen der Anerkennung geben. Freundlichkeit und Güte im Reden und Benehmen soll die Regel sein, Strenge nur Ausnahmen. Durch gütiges, freundliches, heiteres Wesen der Eltern wird das Herz des Kindes wunderbar ergriffen und unvergleichlich mehr für Tugend und alles Gute empfänglich gemacht, als durch beständigen Ernst. Im Sonnenschein der Liebe gedeiht alles Gute.

Jedes Gute bringt eine natürliche Belohnung, jedes Böse eine natürliche Strafe mit sich. Darauf mache das Kind aufmerksam. Mache es aufmerksam auf das frohe Bewußtsein, Gutes getan zu haben, auf das Wohlgefallen Gottes, deine Zufriedenheit und Freude; oder wenn es Böses getan hat, auf die Unzufriedenheit mit sich selbst, die Unruhe des Gewissens, die Mißbilligung Gottes und aller guten Menschen. Erst wenn diese sich von selbst ergebenden Belohnungen und Strafen nicht genügen, muß man zu anderweitigen greifen. Alles, worauf die Kinder nie Wert legen sollen, wähle auch nicht zur Belohnung (als Naschereien, eitle Kleidung, Müßiggang usw.); und alles, was ihnen lieb und wert bleiben soll, wähle nicht zur Strafe (als Beten, Lernen, Arbeiten, Diensterweisungen).


Unterricht für den siebenzehnten Sonntag nach Pfingsten

Im Eingange der heiligen Messe preisen wir die Gerechtigkeit und Barmherzigkeit Gottes:
Du bist gerecht, o Herr, und gerecht ist dein Gericht. Handle mit deinem Knechte nach deiner Barmherzigkeit (Psalm 118). Glückselig, die in Unschuld dahingehen und wandeln im Gesetze des Herrn. Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. Verleihe, o Herr! deinem Volke, daß es sich vor allen Ansteckungen des Teufels bewahre, und dir, dem allmächtigen Gott, mit reinem Herzen diene. Durch Jesum Christum, deinen Sohn, unsern Herrn. Amen.

Lektion aus dem Briefe an die Epheser IV,1-6

Brüder! Ich, der ich um des Herrn willen ein Gefangener bin, bitte euch, wandelt würdig des Berufes, wozu ihr berufen seid, mit aller Demut und Sanftmut, mit Geduld; ertraget einander mit Liebe, und bemühet euch, die Einigkeit des Geistes zu erhalten durch das Band des Friedens. Denn ihr seid ein Leib und ein Geist, sowie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung eures Berufes. Und es ist nur ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller, der da ist über alle, alles durchdringend und in uns allen. Er sei gepriesen in Ewigkeit. Amen.

Erklärung

Daß der Apostel um seines Berufes willen Marter und Banden erduldete, gab ihm ein besonderes Recht zu der Mahnung: Wandelt würdig eueres Berufes. Je höher ein Beruf ist, desto ernster nimmt man es mit seinen Pflichten. Das vornehmste ist aber der Christenberuf. Die Märtyrer der ersten Zeiten schlugen alle Schrecknisse und Verlockungen der Feinde ab mit dem einen Worte: Ich bin ein Christ! Was das Christentum damals galt, das gilt es noch heute. Christlich wandeln heißt voranschreiten auf einem unsicheren, mühsamen Pfade; nicht vorwärts streben heißt rückwärts gehen. Das Christentum verlangt den ganzen Menschen, das Aufgebot aller Kräfte. Es verlangt ja, daß wir Gott lieben aus allen Kräften und dieses erproben durch Nächstenliebe.

Als Christen sind wir berufen zur Nachfolge Christi. Worin wir vor allem ihm nachzufolgen haben, sagt er selbst: Lernet von mir, denn ich bin sanftmütig und demütig von Herzen!

Der demütige Sinn, der gering von sich denkt und alle Ehre Gott zuwendet, ist die Grundlage jeder wahren Tugend. Sie offenbart sich im Verkehr mit andern als Sanftmut und Geduld. Diese sind eine Hauptbedingung selbst für das irdische Gedeihen. Diese Christentugenden allein können die verschiedenen Interessen ausgleichen, die verschiedenen Stände und Berufe dahin bringen, daß sie sich in Liebe ertragen.

Die besten Gesetze und Einrichtungen helfen wenig, wenn es an jener Verträglichkeit unter den Menschen fehlt, die allein die christliche Liebe bewirken kann. Je mehr das Christentum abnimmt, desto mehr regieren Mißgunst und Habgier; desto elender wird die Welt, mögen die Reichtümer und Genüsse auch noch so sehr wachsen. Nur Friede ernährt, Unfriede verzehrt. Daher sollen wir einerlei Gesinnung bewahren; wir sollen uns eins wissen in der Hauptsache, in der christlichen Gesinnung; das ist die sicherste Grundlage des Friedens, bei allen sonstigen Differenzen. Wie schön wäre es auf der Welt, wenn alle sprechen könnten wie der hl. Bernhard: Brüder, was ihr immer tun möget, ich habe mit vorgenommen, euch zu lieben, wenn ich auch nicht von euch geliebt werde. Ich werde euch anhangen, solltet auch ihr oder sollte ich selbst es nicht wollen. Unter Feindseligkeiten werde ich Friedensvermittler sein. Werde ich mit Vorwürfen angegriffen, so werde ich sie mit Geduld ertragen. Die nicht wollen, denen will ich geben; Undankbaren will ich doppelt reichen; die mich verachten will ich ehren. Traurig ist meine Seele nur, wenn ich wie immer jemand gekränkt haben würde, und traurig wird sie sein, bis sie durch Verzeihung erleichtert wird.

Evangelium Matthäus XXII,35-46

In jener Zeit kamen die Pharisäer zu Jesus, und einer von ihnen, ein Lehrer des Gesetzes, fragte ihn, um ihn zu versuchen: Meister! welches ist das größte Gebot im Gesetze? Jesus sprach zu ihm: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben aus deinem ganzen Herzen, aus deiner ganzen Seele und aus deinem ganzen Gemüte. Dieses ist das größte und das erste Gebot. Das andere aber ist diesem gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Diese zwei Gebote umfassen das ganze Gesetz und die Propheten. Da nun die Pharisäer versammelt waren, fragte sie Jesus und sprach: Was glaubet ihr von Christo? Wessen Sohn ist er? Sie sprachen zu ihm: Davids. Da sprach er zu ihnen: Wie nennet ihn aber David aus Eingebung des Heiligen Geistes einen Herrn, da er spricht: Der Herr hat gesagt zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße gelegt habe? Wenn nun David ihn einen Herrn nennt, wie ist er denn sein Sohn? Und niemand konnte ihm ein Wort antworten, und niemand wagte es von diesem Tage an, ihn noch etwas zu fragen.

Was heißt Gott lieben?

Gott als seinen Herrn, als das höchste und vollkommenste Gut erkennen, seine Freude an ihm haben, deswegen ihn auch von allen Menschen erkannt und geehrt wünschen, alle Gedanken, Begierden und Handlungen auf ihn richten und seine Gebote so eifrig beobachten, daß man lieber alle Güter des Lebens, Reichtum, Ehre, Freundschaft und das Leben selbst verlieren, als dieselben übertreten und Gott verlieren will.

Was heißt das: "Gott von ganzem Herzen usw. lieben"?

Diese Ausrücke bedeuten in der Hauptsache dasselbe. Die Heilige Schrift will damit sagen, daß wir alle Gedanken unseres Geistes, alle Bewegungen unseres Herzens, alle Entschließungen unseres Willens, alle Kräfte der Seele und des Leibes, sonach alle Handlungen und Bewegungen unserer Hände und Füße, unserer Zunge, all unserer Sinne usw. auf Gott, als auf das letzte Ziel und Ende richten sollen.

Wie kann das geschehen?

Dadurch, daß man alles, was man tut, sei es Kopf- oder Handarbeit, Essen, Trinken, Schlafen oder sich Ergötzen, mit der guten Meinung verrichte, weil es so Gottes Wille und ihm wohlgefällig sit. Es versteht sich jedoch von selbst, das müßiges Reden, überflüssiges Essen und Trinken, überhaupt alle sündhaften Werke Gott nicht aufgeopfert werden können, weil dieses alles gegen seinen Willen ist.

Ist das auch eine rechte Liebe, wenn wir Gott nur darum lieben, weil er uns Gutes tut?

Dieses ist zwar auch eine gute und löbliche Liebe, aber noch keine vollkommene, wofern sich dabei Eigenliebe oder Eigennutz mit einschleichen.

Welches ist denn die vollkommene Gottesliebe?

Wenn man Gott deshalb liebt, weil er in sich selbst das allerhöchste und liebenswürdigste Gut ist, d.h. alle guten Eigenschaften im höchsten Maße in sich vereinigt. Und auf eine solche Weise müssen wir uns bestreben, Gott zu gefallen; nicht aus Eigennutz, nicht bloß in der Hoffnung auf Belohnung, nicht aus Furcht vor Bestrafung, sondern weil er wegen seiner selbst verdient, von uns über alles geliebt zu werden. Diese vollkommene Liebe müssen wir notwendig üben, wenn wir zu einer vollkommenen Reue über unsere Sünden gelangen wollen, die notwendig sein kann zu unserm Heile.

Kann denn die Furcht mit der Liebe nicht bestehen?

Die knechtische nicht, wohl aber die kindliche. Denn die knechtische Furcht ist mehr eine Furcht der Strafe als eine Furcht, Gott zu beleidigen. Diese Furcht kann mit der Liebe nicht bestehen; denn wo solche Furcht ist, da ist noch keine Liebe zu Hause, und umgekehrt, wo die Liebe ist, da ist keine solche Furcht, weil der, der Gott wahrhaftig liebt, Verzeihung seiner Sünden und Nachlassung der Strafen zu hoffen hat (Joh 4,18). Die kindliche Furcht aber ist eine Furcht, Gott zu beleidigen. Diese Furcht führt zur Liebe und ist auch eine Wirkung der Liebe, ja sie ist der Anfang der Weisheit (Ps 110,11). Dieser Furcht wollen wir uns befleißigen; denn sie wird die Sünde von uns vertreiben, wie die Wächter den Dieb verjagen (Sir 1,27), sie wird uns mit Freude und Fröhlichkeit beglücken, und wird uns endliche an unserem Sterbetage den göttlichen Segen und ein glückseliges Ende verschaffen (Sir 1,11-13).

Was nützt es uns, wenn wir Gott lieben?

Sehr viel, ja, alles für Zeit und Ewigkeit. Denn wenn wir Gott lieben, werden wir 1. von Gott wiedergeliebt (Sprichw. 8.17); 2. wird er selbst zu uns kommen und Wohnung in uns nehmen (Joh 14,23); 3. wird er uns alle unsere Sünden nachlassen, denn die Liebe bedecket alle Vergehungen (Luk 7,47.48; Sprichw. 10,12); 4. wird er uns antreiben, uns mit allen Tugenden zu schmücken (1 Kor 13,14); 5. wird er uns mit unendlichen Schätzen bereichern (Sprichw. 8,21) und uns wider alle sichtbaren und unsichtbaren Feinde beschützen, und endlich 6. nach einem glückseligen Tode uns in das Reich der Liebe, in den Himmel aufnehmen, wo er uns mit dem Überflusse seines Hauses erfüllen und mit Strömen seiner Wonne tränken wird (Ps 35,9); denn denen, die ihn lieben, hat er bereitet, was kein Auge gesehen, kein Ohr gehört hat, und was in keines Menschen Herz gekommen ist (1 Kor 2,9).

Wie kann man zur vollkommenen Liebe Gottes erlangen?

1. Durch Betrachtung seiner unendlichen göttlichen Vollkommenheiten, nämlich seiner Güte, Allmacht, Heiligkeit, Gerechtigkeit, Ewigkeit, Allwissenheit, Größe, Erhabenheit usw., auf die uns jedes Geschöpf aufmerksam macht; 2. durch Betrachtung dessen, was der grundgütige Gott für uns getan hat; namentlich der unendlichen Güte Gottes, die sich im Leiden und Sterben Christi für die Sünder offenbart; 3. durch öftere Übung dieser Tugend; 4. durch eifriges Gebet um diese Tugend.

Wann soll man sich in der Liebe Gottes üben?

1. Sobald man die Unterscheidungsjahre erreicht hat; man kann nicht früh genug damit anfangen; das sollen sich besonders die Mütter für ihre Kinder merken; 2. alle Tage am Morgen und Abend; 3. wenn uns der Teufel, die Welt und das Fleisch durch ihre Scheingüter und Freuden von dem alleinigen wahren Gut, von Gott, abbringen wollen; 4. wenn man das Unglück gehabt hat, durch eine Todsünde von Gott sich abzuwenden; 5. bei dem Gebrauche der heiligen Sakramente, besonders der heiligen Kommunion; 6. wenn man eine besondere Wohltat von Gott empfängt; 7. beim Genusse der Speise, des Trankes und anderer erlaubter Ergötzungen; 8. beim Anblicke der Geschöpfe Gottes, namentlich aber 9. in der Stunde des Todes.

Können denn auch alle Gott in dieser Weise lieben?

Ja; denn es gibt keinen Stand, in dem man nicht alles auf Gott beziehen könnte. Die Liebe fordert nicht große Taten, sondern Meidung des Bösen und die Beziehung von allem auf Gott; und das können alle tun.

Warum wird das Gebot der Liebe Gottes und des Nächsten das größte Gebot genannt?

Weil in diesen zwei Geboten alle anderen enthalten sind, oder wie Christus selber sagt, weil darin das ganze Gesetz besteht: denn wer diese zwei Gebote recht erfüllt, der meidet alles, was Gott mißfällt, und tut alles, was Gott wohlgefällig ist.

Gebet. O liebreichster Jesu, der du uns so herzlich zur Liebe Gottes und des Nächsten ermahnt hast, wir bitten dich, du wollest dieses Gesetz der Liebe tief in unsere Herzen einprägen, auf daß all unser Tun und Lassen, alle unsere Gedanken, Worte und Werke in deiner Liebe angefangen und vollendet werden, und keine Trübsal, Versuchung und Gefahr, ja, der Tod selbst uns nicht mehr von dir zu scheiden vermöge. Verleihe auch, daß wir um deinetwillen unsere Nächsten, sowohl Freunde als Feinde wie uns selbst lieben und durch diese Liebe verdienen, dich als unseren Heiland und gnädigen Richter zu finden.


Betrachtung über die Elternpflichten - 4

Wenn die Eltern sich beim Strafen vom Christentum leiten lassen, so wird es nicht so sehr der Schaden oder die Schande sein, was sie empört, sondern die Sünde, die innere Verkehrtheit, die sich in den Fehlern des Kindes offenbart. Sie werden also keineswegs über ein zerbrochenes Geschirr wüten, dagegen Lügen, Bosheit usw. durchgehen lassen.

Sie dürfen beim Strafen nicht viele Worte und Lärm machen. Viel Toben und Schelten macht taub. Schmähen und fluchen macht verstockt. In wenigen herzlichen Worten mögen sie ihren Abscheu zeigen gegen das Böse und ihr Mitleid mit dem Kinde, welches das Böse begangen hat; ihm klarmachen, wie verkehrt es gehandelt und warum es Strafe verdient hat. Solange das Kind dieses nicht einsieht, vielleicht sich noch für unschuldig hält, nützt die Strafe nicht.

Vorsichtige Überlegung erfordert die rechte Wahl der Strafe, damit das Ehrgefühl nicht erstickt oder Haß und Erbitterung erregt werden. Man dar keine närrischen, lächerlichen oder allzu schimpflichen Strafen anwenden und das Kind nicht noch dazu verspotten. Nach der Art und Größe der Strafe wird das Kind die Größe seines Fehlers bemessen. Wie verkehrt also, über ein zerbrochenes Geschirr zu wüten; dagegen Lügen und Bosheiten gleichgültig durchgehen zu lassen!

Man strafe das Böse nicht allein, sondern lasse es auch wieder gutmachen: Beleidigungen abbitten, Lügen widerrufen, Schaden ersetzen, Versäumtes nachholen. Das wirkt oft mehr, als die Strafe selbst, und ist notwendig, wenn die Kinder den richtigen Begriff von der schuldigen Buße bekommen sollen.

Parteilichkeit ist strengstens zu vermeiden. Der Liebling darf nicht geschont werden. Es muß ganz gleich sein, gegen wen das Kind sich verfehlt hat, ob gegen Freunde oder Feinde, Vornehme oder Geringe. Dann müssen die Eltern hierin einig sein, unter sich und mit der Schule. Niemand im Hause darf das Kind in Schutz nehmen; sonst wird jeder Erfolg gründlich verdorben.

Ist das Kind bei der Strafe trotzig und frech, so setze man ihm die größte Ruhe und Festigkeit entgegen; bleibt es kalt und gefühllos, so sei man betrübt; ist es zerknirscht, so habe man Mitleid mit ihm; legt es sich aufs Bitten, so weise man es hin auf die Rechenschaft vor Gott und die Elternpflicht; will es die Strafe willig annehmen, so kann sie ihm in eine mildere umgewandelt werden. Will sich das Kind durchaus nicht strafen lassen, will es entlaufen oder sich wehren, so muß es damit auch nicht ein einziges Mal durchkommen; es muß wissen, daß ihm das nichts nützt. Man darf ihm nicht nachlaufen, nicht nachgeben; es darf von den Eltern nichts bekommen, ihnen nicht wieder unter die Augen kommen, bis es sich beugt und die Strafe annehmen will. Ist gar nichts mehr mit ihm anzufangen, dann bleibt den Eltern nichts übrig als zu weinen - über das unglückliche Kind und über sich selbst; denn ihre verkehrte Erziehung wird die meiste Schuld an diesem Unglück sein.

Nach der Strafe behandle man das Kind mit Ernst und Vorsicht; man versöhne den beleidigte Liebling nicht, als wäre ihm Unrecht geschehen. Es soll wissen, daß es das Wohlwollen der Eltern nur wiedererwerben kann durch Beweise von Besserung. Wenn es dieses tut und freundliche wider entgegenkommt, dann soll man zeigen, daß man ihm nichts nachträgt.

Die Eltern müssen auch behufs gedeihlicher Erziehung darauf bedacht sein, sich die Liebe und Achtung ihrer Kinder zu erwerben und zu bewahren. Liebe erweckt Gegenliebe. An dem Herzen der Mutter, unter dem freundlichen Blick des Mutterauges taut die Eisrinde der Selbstsucht und entzündet sich die kindliche Liebe. Verkehrt ist die Meinung, die Kinder dürften es nicht wissen, wie lieb man sie hat. Sie sollen wissen und merken, daß man an all ihren kleinen Angelegenheiten herzlichen Anteil nimmt. Übertreiben darf man die Liebeserweise nicht, sonst verweichlichen sie und verlieren an Wert. Liebeserweise der Kinder darf man nicht in übler Laune zurückstoßen, sonst verwundet man ihr Herz leicht für immer.

Eltern müssen sich gegenseitig die Kinder zuführen; das ist eine bessere Art, sich ihre Liebe zu erwerben, als wenn ein jeder sie an sich ziehen und gar dem andern abwendig machen will. Die Mutter muß sie anleiten, dem Vater entgegenzueilen, im Gefälligkeiten und Liebeserweise, Freude und Dankbarkeit zu bezeigen, ihn am Namenstage zu beglückwünschen, für ihn zu beten usw. Umgekehrt soll auch der Vater die Kinder aufmerksam machen, wie viel sie der Mutterliebe verdanken. Ganz verkehrt wäre es, wenn die Eltern ihre gegenseitigen Fehler und Klagen den Kindern erzählten oder sich in deren Gegenwart Vorwürfe machten.

Ein roher, unverständiger Vater fand einst seine Kinder in der Kammer beschäftigt, einen Kranz für seine Namenstag zu winden. Das schien ihm unnütze Tändelei, er schlug unbarmherzig auf sie los, zerriß den Kranz, warf ihn auf die Düngerstätte und sagte, sie sollten an die Arbeit gehen. Er zerriß in seinem Unverstand all ihre Liebe und Achtung gegen ihn, vielleicht für immer. Vielleicht flochten sie ihm später einen Dornenkranz!

Die Sprache im Umgange mit den Kindern sei stets gleichmäßig, freundlich und ernst. Es soll kein roher Ton im Hause herrschen. Die Kinder sollen sich auch keine Gemeinheiten und Späße mit den Eltern erlauben dürfen; das erstickt die notwendige Achtung und Liebe. Man darf die Kinder nicht mit bösem Argwohn quälen - z.B. als ob sie nur darauf ausgingen, die Eltern zu ärgern, zu belügen und zu betrügen. Vertrauen hebt und erweckt wieder Vertrauen.

Haben die Eltern selbst noch alte Eltern, so müssen sie durch ihr eigenes Betragen die Kinder die Kindespflichten üben lehren. Überhaupt aber wäre alle Mühe umsonst, wenn sie nicht durch ihr ganzes Verhalten sich der Achtung und Liebe wert zeigen.


Unterricht für den achtzehnten Sonntag nach Pfingsten

Die Kirche betet im Eingange der heiligen Messe um den Frieden, den Gott durch die Propheten versprochen hat:
Gib, o Herr, den Frieden denen, die auf dich hoffen, damit deine Propheten wahrhaft erfunden werden. Erhöre das Gebet deines Volkes Israel (Sir 36,18). Ich freue mich, wenn man mir sagt: Lasset uns gehen zum Hause des Herrn (Ps 121,1). Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. Wir bitten dich, o Herr, demütig, du wollest unsere Herzen durch die Mitwirkung deiner Gnade leiten und regieren, da wir dir ohne dich nicht gefallen können. Durch Jesum Christum, deinen Sohn, unsern Herr. Amen.

Lektion aus dem ersten Briefe des hl. Paulus an die Korinther 1,4-8

Brüder! Ich danke meinem Gott allezeit euretwegen für die Gnade Gottes, die euch in Jesu Christo gegeben ist, daß ihr in allem durch ihn reich geworden seid in aller Lehre und in aller Erkenntnis; wie denn das Zeugnis Christi befestigt worden ist in euch, so daß es euch an keiner Gnade mangelt, euch, die ihr wartet auf die Offenbarung unseres Herrn Jesu Christi, der euch auch standhaft machen wird bis ans Ende, so daß ihr unsträfliche seid am Tage der Ankunft unseres Herrn Jesu Christi.

Erklärung

Paul ist voll Freude über den Erfolg seiner Predigt in Korinth. Er weiß jedoch, daß nicht der etwas ist, der pflanzt und begießt, sondern der das Gedeihen gibt, Gott. Daher strömt seine Freude aus in Dank gegen Gott. Es ist sein Gott, dem er diesen schönen Erfolg zu verdanken hat; der Gott, der ihn zu seinem besonderen Dienste berufren hat, dessen treues Werkzeug er ist, der sein ein und alles ist. Er dankt seinem Gott allzeit; die innige Dankbarkeit ist der Grundzug seines Herzens und erfüllt ihn mit Trost in aller Trübsal. Er dankt nicht seinetwegen, weil ihm die apostolische Arbeit so wohl gelungen ist. Dieses natürliche Gefühl der Befriedigung tritt zurück vor der Freude über alles, was seinen Neubekehrten durch seine Bemühung zuteil geworden ist. Der apostolische Geist, der ihn beseelt, erfüllt ihn mit selbstloser Liebe und Teilnahme, so daß er die Begnadigung der Korinther wie seine eigene ansieht. Und indem er ihretwegen Gott dankt, möchte er auch sie zur Dankbarkeit ermuntern. Denn die Gnade Gottes, die sie in Jesu Christo, d.h. im Christentum empfangen haben, ist die allergrößte, die sie überhaupt empfangen konnten. Ein unermeßlicher Reichtum liegt im Christentum. Alle Erdenschätze sind nichts dagegen.

Möchten wir uns dieses Reichtums immer mehr bewußt werden, den wir in unserm Glauben besitzen, all seiner Schätze der Erkenntnis, des Lichtes und Trostes, damit wir derselben immer mehr froh würden und es daher immer weniger achteten, was wir am Weltglück entbehren müssen.

Beseelt uns wahre Nächstenliebe, so interessieren wir uns für die Wirksamkeit und Ausbreitung des Reiches Gottes auf Erden und tun auch das Unsrige dafür, unterstützen die Verbreitung des Glaubens, die Arbeit der Kirche.

Eine mächtige Ermunterung zu allem Guten liegt in dem gerechten Lobe. Daher erkennt der Apostel den guten Zustand jener Gemeinde an; er fordert aber zum Lobe gegen Gott auf, damit sie nicht hochmütig werde.

Es ist eine gar wichtige Übung der christlichen Tugend, daß wir uns üben in der Freude der Dankbarkeit für das Gute, das wir bei andern bemerken. Dann kann die gefährliche Sünde gegen den Heiligen Geist nicht aufkommen, die sich unter Christen so häufig findet: seinen Nächsten um der Gnade Gottes willen beneiden.

Der mächtigste Ansporn zu allem Guten und zur Bewahrung des Eifers ist die Erwartung der Offenbarung, unsers Herrn Jesus Christus. Der Hinweis auf den großen Gerichtstag ist vorzüglich geeignet, die Trugbilder des flüchtigen Erdenlebens zu zerstreuen und den Ewigkeitsgedanken wirksam zu machen. Ein christliches Leben ist die beste Versicherung eines guten Todes und gnädigen Gerichtes.

Evangelium Matthäus IX,1-8

In jener Zeit stieg Jesus in ein Schifflein, fuhr über das Meer zurück und kam in seine Stadt. Und siehe, sie brachten zu ihm einen Gichtbrüchigen, der auf einem Bette lag. Da nun Jeus ihren Glauben sah, sprach er zu dem Gichtbrüchigen: Sei getrost, mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben. Und siehe, einige von den Schriftgelehrten sprachen bei sich selbst: Dieser lästert Gott! Und da Jesus ihre Gedanken sah, sprach er: Warum denket ihr Böses in euren Herzen? Was ist leichter zu sagen: Deine Sünden sind dir vergeben, oder zu sagen: Stehe auf und wandle herum? Damit ihr aber wisset, daß des Menschen Sohn Macht habe, die Sünden zu vergeben auf Erden: - da sprach er zu dem Gichtbrüchigen: Stehe auf, nimm dein Bett und gehe in dein Haus. Da aber das Volk dieses sah, staunte es und pries Gott, der solche Macht den Menschen gegeben hat.

Wann und wo hat der Herr dieses gewirkt?

Es war im ersten Jahre, da Jesus als Weltheiland aufgetreten war, nicht lange nachdem er die Bergpredigt gehalten hatte. Als er nach dieser über den See Genezareth gefahren war und auf ihm den großen Sturm gestillt hatte, fuhr er wieder zurück und kam in seine Stadt, nämlich Kapharnaum, die deswegen so genannt wurde, weil er sich gewöhnlich da aufhielt. In das Haus des Petrus brachten man einen Gichtbrüchigen zu ihm, einen Kranken, der an allen Gliedern lahm war.

Was bedeutet der Gichtbrüchige?

Er zeigt uns das schreckliche Elend des Sünders. Er ist ein wahres Sinnbild jenes Unglücklichen, der sich sein Leiden durch Ausschweifungen zugezogen hat. Schon das Gefühl der Krankheit an sich ist peinlich; aber es wird doppelt herb, wenn man sich selbst als deren Ursache ansehen muß. Möge uns das Beispiel des Gichtbrüchigen zu dem Vorsatz bewegen, Maß und Ziel zu halten in allem, die Gesundheit des Leibes zu achten und zu erhalten, und was noch mehr ist, den kranken Zustand der Seele zu fürchten.

Was lehren uns die Träger, die den Kranken zu Jesus brachten?

Sie lehren uns, wie wir uns gegen Kranke betragen sollen. Der Kranke bedarf der Hilfe anderer Menschen am meisten; er bedarf derer, die seiner pflegen, die ihn legen und heben, die beständig um ihn sind, weil er sich selbst keine Hilfe leisten kann. Wie übel wäre er daran, gäbe es keine mitleidigen Herzen, die sich seiner erbarmten! Da aber der Kranke der menschlichen Hilfe so sehr bedarf, so müssen wir auch bereit sein, ihm diese Hilfe gern zu leisten. Dieses verlangt die Nächstenliebe. Vor allem sollen wir, wenn wir oder andere krank sind, die Ursache der Krankheit zu entdecken und zur rechten Zeit bei einem Arzte Hilfe suchen. Beim Gebrauche der Arzneimittel aber sollen wir unser ganzes Vertrauen auf Gott setzten. Wie oft verfehlen wir uns gegen diese Pflichten in Beziehung auf uns und andere. Man ist oft so geschäftig, dem leidenden Haustiere Hilfe zu leisten; wie nachlässig sind wir aber, wo es gilt, die Gesundheit eines Menschen wiederherzustellen! Da ist uns oft jeder Schritt, jede Mühe, jeder geringste Aufwand zu viel, und wir lassen es oft auf das Äußerste ankommen, ehe wir dem Übel abzuhelfen suchen! Das sind sprechende Zeugnisse von unserer Herzenshärte, von unserm Eigennutze, von unserer Gleichgültigkeit! Aber auch auf die geistliche Hilfe deuten die Krankenträger, und wir werden ermahnt, die armen Sünder, besonders aber auch die Armen Seelen, durch unser Gebet zum helfenden Christus zu bringen.

Wie soll sich der Christ auf dem Krakenbette verhalten?

Der Christ soll die Krankheit als ein von Gott geschicktes Leiden mit bereitwilligem, bußfertigem, kindlichem und dankbarem Gemüte annehmen und deshalb sich vornehmen, seinem höchsten Willen nachzukommen und sich zur Besserung, Übung und Befestigung der Tugend zu erwecken. "Oft sind die Krankheiten zur Geißel für die Sünder und haben kein anderes Ziel, als unser Leben zu bessern," wie der hl. Basilius schreibt. "Und besser ist es, durch die Krankheit die Seligkeit zu erlangen, als gesund zu sein und ewig verdammt zu werden," wie der hl. Bernhard sagt.
Der kranke Christ soll auf Gott vertrauen, im Gebete seinen Mut stärken und mit Gott vereinigt bleiben, und ihm den Ausgang der Krankheit willig überlassen. Geht die Krankheit vorüber, so soll er dem Allgütigen Dank sagen und sich bestreben, seine frommen Vorsätze ins Werk zu setzten. Der Kranke soll für die Gesundheit seines Leibes auf eine vernünftige Art besorgt, aber niemals zu ängstlich sein, denn anstatt zu nützen, verschlimmert dieses den Zustand nur noch mehr. Besonders und vor allem muß er aber das Geschäft seiner Seele eifrig, ernstlich, mit aller Sorgfalt betreiben. Denn was ist mehr, der Leib oder die Seele? In der Geduld soll er er sich beständig übern und sich hierin das Beispiel des am Kreuze hängenden Heilandes vor Augen stellen! Vor Ungeduld, Ängstlichkeit und Kleinmut hüte er sich sorgfältig; dagegen suche er sich einen heiteren und starkmütigen Sinn zu erhalten und durch Betrachtungen, fromme Unterredungen und Gebete ihn zu unterstützen. Auch soll er sich befleißigen, seiner Umgebung so wenig als möglich Beschwerden zu machen.

Was sagen uns die Worte: "Deine Sünden sind dir vergeben?"

Sie sagen uns, daß der Kranke sich sein Übel durch Ausschweifungen zugezogen habe, und daß bei uns ebenfalls die leiblichen Leiden sehr oft Folgen der Sünde seien, daß sie aber auch von Gott würden gehoben werden, wenn wir Reue fühlten und den Glauben hätten. Denn nur dann haben wir Hoffnung, von zeitlichen und ewigen Übeln befreit zu werden, wenn ein fester Glaube uns ganz durchdringt.

Was ist eine Gotteslästerung?

Einige von den Schriftgelehrten dachten bei sich: "Dieser lästert Gott," weil er sich eine göttliche Gewalt anmaßt: doch durch ihre bösartige Gesinnung, durch ihre neidischen Gedanken lästerten sie selbst Gott, da Jesus seine göttliche Macht wirklich bewies.
Die Gotteslästerung ist eine Gesinnung, Rede oder Tat, die auf die Entehrung, Verachtung und Beschimpfung Gottes hinzielt. Man lästert Gott, wenn man etwas denkt, redet oder tut, was für ihn schimpflich ist. Wenn du fragst, welcher Art diese Sünde sei, so wisse, daß nichts lasterhafter ist, als sie, wie der hl. Chrysostomus sagt und der hl. Hieronymus schreibt: Alle Sünden sind geringer als die Gotteslästerung. Wenn wir den Nächsten beleidigen, geschieht die Schmähung wider ein Geschöpf. Hier aber lästert man unmittelbar den Schöpfer selbst. Soweit also der Schöpfer die Geschöpfe übertrifft, so weit übersteigt die Gotteslästerung alles andere Böse, das wir tun. Und diese Sünde ist desto schwerer und größer, je weniger sie Beweggründe hat. Jedes Laster, dieses ausgenommen, hat einen Reiz, der den Menschen dazu verleitet. Hier aber ist kein Gewinn, keine Ergötzung. Denn was soll uns anlocken, von Gott und göttlichen Dingen schmählich zu reden? Gewiß nichts! Vielmehr lockt uns die Güte, die Barmherzigkeit und alles, was an dem Allgütigen ist, ihn zu loben und zu preisen. Da also die Gotteslästerung bloß von der Bosheit herrührt, so ist sie unbestreitbar auch schwerer als alle anderen Sünden. Ein Gotteslästerer greift den Allerhöchsten selbst an, entzieht ihm die schuldige Ehre und beschimpft aus gottlosem Herzen mit frechem Sinne den Allerheiligsten. Gegen diesen Frevel sind überall, wo Christen sind, die strengsten Strafen verordnet; aber eine weit schrecklichere wird ihnen erst jenseits zugemessen werden.
Die Verfluchung und Verwünschung der Nebenmenschen ist nur dann eine Art von Gotteslästerung, wenn sie in Beziehung auf Gott geschieht. Es kann auch eine Art von Gotteslästerung sein, wenn man den Namen gewisser heiliger Gegenstände mißbraucht, um seinen Zorn und Verdruß dadurch auszudrücken, oder wenn man diese Gegenstände verächtlich behandelt, lächerlich macht und zum Scherze mißbraucht. Indes ist offenbar die bloße Unehrerbietigkeit gegen Gott und göttliche Dinge bei weitem nicht so schlimm, wie die Beschimpfung Gottes, und daher in vielen Fällen auch keine Todsünde.

Was heißt freventlich urteilen?

Jesus sah die boshaften Gedanken der Schriftgelehrten, darum richtete er die Frage an sie: Warum denkt ihr Böses in eurem Herzen?
"Freventlich urteilen heißt", wie der hl. Thomas schreibt, "so viel, als verborgene und geheime Dinge richten, und zwar aus schlechten und geringen Ursachen, aus Mutmaßungen, ohne daß man Beruf oder Gewalt dazu hat." Das Richten steht nur Gott zu; er allein prüft Herz und Nieren. Der Mensch frevelt, wenn er dieses tut. Wie boshaft und schändlich es ist, über andere zu urteilen, sehen wir klar in diesem Evangelium. Niemand pflegt über den andern ein Urteil zu fällen als nach eigenem Maßstabe. Darum ist auch diese sündhafte Anmaßung so allgemein, weil jeder nach seiner eigenen Sündhaftigkeit, nach seinem eigenen verderbten Wesen andere beurteilt. "Daher kommt es auch", wie der hl. Franz von Sales sich sehr richtig ausdrückt, " daß manche bejahrte Leute, die der Sünden gewohnt sind und alle ihre Anreizungen erfahren haben, um so boshafter sind im freventlichen Urteile, daß sie um so mehr Argwohn in ihrem schalkhaften Busen tragen und alles böse auslegen, was nur einen Schein des Bösen mit sich bringen mag, weil sie zuvor lange Zeit die schlimme Straße gewandert sind."
Möchten wir uns doch vor allem freventlichen Urteile hüten, damit wir nicht auch einst strenge gerichtet werden mögen. Mögen sich besonders jene, die mit grauem Haupte am Grabe stehen, nicht noch die große Bürde der Verleumdungen, des lieblosen, boshaften Richtens aufladen, sondern bedenken, daß sie genug mit sich selbst zu schaffen und daher keine Ursache haben, sich um andere zu bekümmern. Keiner ist zum Richter seiner Mitbrüder bestimmt; daher laßt uns alles Urteil meiden. Nur einer ist, der richtet, Gott! Durch freventliches Beurteilen versündigt man sich oft schwer.

Wie müssen wir uns betragen bei Verleumdungen, und wenn wir freventlich beurteilt werden?

Wir müssen handeln wie Jesus, schweigen wie er, sanftmütig sein wie er, unsere Ehre durch unsträflichen Wandel verteidigen wie er. Das richtigste ist, zu schweigen. Wo dieses nicht geschehen kann, da laßt uns, wie der Heiland, so stark, so nachdrücklich reden, daß die Bosheit verstummt. "Kommt es auf die Ehre Gottes und auf die Verteidigung der Wahrheit an, dann ist es Pflicht, zu reden," sagt der hl. Antonius von Padua.
Folgen wir dem schönen Beispiele Jesu. Ein jeder hat Mitmenschen, die ihn loben, und solche, die ihn tadeln; daß Lästerer gegen uns auftreten, uns und unsere besten Absichten und Handlungen herabsetzen, darf uns nicht verwundern, da selbst der Heiland solches erfahren mußte. Sollen wir darum wiederlästern? Nein, denn gewöhnlich richten und verleumden jene am meisten, welche die schlimmsten sind und zuerst schweigen sollten. Schweigen und nicht wiederlästern ist ein des Christen würdiges Betragen!

Was lehrt uns der geheilte Gichtbrüchige?

Daß wir uns mehr um den Zustande der Seele als um den Zustand des Leibes bekümmern sollen. Der Kranke wäre ohne Zweifel zufrieden gewesen, wenn er sein ganzes Leben lang krank bleiben mußte, nachdem er aus dem Munde Jesu das Heil und den Frieden der Seele empfangen hatte. Ohne ein ruhiges Gewissen gibt es keine wahre Freude; die Aussöhnung mit Gott ist aber der beste Trost im Leiden.
Geistigerweise sind wir an der Seele gichtkrank, wenn das Gift der Sünde unsere Kräfte lähmt, so daß wir untüchtig sind, aus uns selbst das Gute zu wollen und zu üben. In diesem hilflosen, traurigen Zustande ruft uns der Herr zu sich, um uns geistig wieder zu erneuern. Sobald er die Last der Sünden von uns genommen hat, erlangen wir durch seine Gnade wieder Kraft und Lust zur Tugend und zur Heiligung unseres Sinnes und Wandels. Erkennen wir also die große Pflicht, daß wir uns durch Jesum Christum aus dem Sündentode erwecken lassen zu einem neuen Leben in Gott, und daß wir die Kraft, die er uns schenkt, auch treu zu einem gerechten Wandel benutzen.

Was lehren uns die Worte: "Da aber das Volk dieses sah, fürchtete es sich und pries Gott, der solche Macht den Menschen gegeben hat"?

Sie lehren uns die Würde des Priesters kennen. Größere Macht konnte Gott wohl den Menschen nicht mitteilen, als daß er ihnen die ihm allein eigene Macht, Sünden zu vergeben, mitteilte und ihnen seine Geheimnisse zur Verwaltung übergab. Sie sind daher Gesandte und Stellvertreter des Allerhöchsten. Und der große Kirchenlehrer Chrysostomus sagt: "Wisset ihr nicht, daß die Ehre, die einem Priester erwiesen wird, auf Gott selbst sich bezieht? Siehe also nicht den an, dem du die Ehre erweisest; denn du mußt ihm diese Ehrenbezeugung nicht seiner Person wegen, sondern Christi wegen erweisen, dessen Priester er ist, damit du von ihm Lohn empfangest."
Sie lehren uns ferner, daß wir Gottes Macht fürchten und uns vor dem Mißbrauche dieses heiligen Sakramentes hüten sollen.

Gebet. Wie groß, o Jesu! ist nicht deine Liebe und Barmherzigkeit gegen die armen Sünder, da du dem elenden, gichtbrüchigen Menschen im heutigen Evangelium nicht nur seine Sünden vergeben, sondern ihn Sohn genannt, getröstet und gesund gemacht hast. Durch diese Liebe aufgemuntert, bitten wir dich, gib uns die Gnade, von dem Krankenbette unserer Sünden durch eine wahre Buße aufzustehen und unser Leben zu bessern, damit wir auf dem Wege deiner Gebote in das Land der ewigen Seligkeit eingehen mögen, wo du als wahrer Gott lebest und regierest in alle Ewigkeit. Amen.


Unterricht vom Ablaß

Das nämliche, was Christus zu dem Gichtbrüchigen gesagt hat, spricht auch der Priester in der Beichte zu jedem reumütigen Sünder und erläßt ihm dadurch, kraft der ihm von Gott erteilten Macht, die Schuld seiner Sünden und die ewige Strafe. Da aber mit der Schuld und den ewigen Straffen in der Regel nicht auch alle zeitlichen Strafen nachgelassen werden, so soll man sich befleißigen, sich durch den Ablaß von ihnen zu befreien.

Was ist der Ablaß?

Er ist die von der Kirche im Namen Gottes, um der Verdienste Jesu und der Heiligen willen erteilte Nachlassung zeitlicher Strafen, die der Mensch entweder in diesem oder in jenem Leben für seine schon nachgelassenen Sünden noch erdulden müßte.

Woher wissen wir, daß nach erlassener Sünde noch eine zeitliche Strafe übrig bleibe?

Aus der Schrift; denn nachdem Adam und Eva gesündigt hatten, hat ihnen Gott zwar die Schuld erlassen, aber dennoch beiden sehr große zeitliche Strafen auferlegt (1 Mos 3). Ebenso hat Gott auch den Kindern Israels , als sie wider ihn in der Wüste gemurrt hatten, auf die Fürbitte des Moses ihre Sündenschuld nachgelassen, nicht aber die Strafe, indem er sie alle von dem Gelobten Lande ausgeschlossen und in der Wüste aufgerieben hat (4 Mos 14). Die nämlichen Strafen haben auch Moses und Aaron wegen eines geringen Mißtrauens auf Gott erfahren. David hat zwar durch den Propheten Nathan Verzeihung seiner Sünden von Gott erhalten (2 Kön 12), aber doch noch große zeitliche Strafen leiden müssen. Endlich lehrt uns der Glaube, daß man nach dem Tode in dem Fegefeuer wegen seiner Sünden so lange gepeinigt werde, bis man den letzten Heller bezahlt hat (Matt 5,26).

Woher hat die Kirche die Gewalt, zeitliche Strafen für die Sünden aufzulegen oder sie nachzulassen?

Die katholische Kirche hat diese Gewalt von Christus dem Herrn. Denn gleichwie Christus seiner Kirche die Gewalt hinterlassen hat, die Schuld der Sünde zu vergeben, also hat er ihr auch die Macht erteilt, die zeitlichen Strafen nachzulassen, die in dieser oder jener Welt dem Büßer noch etwa bevorstehen. "Dir will ich die Schlüssel des Himmelreiches geben," sagt er zu Petrus, "was immer du binden wirst auf Erden, das soll auch im Himmel gebunden sein, und was immer du lösen wirst auf Erden, das soll auch im Himmel gelöset sein" (Matth 18,18); und diese göttliche Gewalt haben die Apostel und ihre Nachfolger stets ausgeübt. Daher sagt der heilige Kirchenrat von Trient: "Da die Gewalt, Ablässe zu verleihen, von Christus der Kirche erteilt worden ist, und da die Kirche sich dieser ihr göttliche übergebenen Gewalt seit den ältesten Zeiten bedient hat: so lehrt und befiehlt der hochheilige Kirchenrat, daß der Gebrauch der Ablässe, weil für das christliche Volk sehr heilsam und durch das Ansehen der heiligen Konzilien bestätigt, in der Kirche beibehalten werden muß, und schließt jene von der Gemeinschaft der Kirche aus, die entweder behaupten, die Ablässe seien unnütz, oder die sagen, die Kirche habe keine Gewalt, sie zu verleihen."

Woraus werden die Ablässe erteilt?

Aus dem Kirchenschatze, der aus den unendlichen Verdiensten Jesu Christi, aus den Verdiensten der seligsten Jungfrau Maria und der übrigen Heiligen besteht.

Wie vielerlei Art sind die Ablässe?

Zweierlei, einen vollkommen Ablaß und einen unvollkommenen. Der unvollkommene besteht darin, daß alle zeitlichen Strafen nachgelassen werden, der unvollkommene darin, daß ein Teil derselben nachgelassen wird. Wenn es z.B. heißt: Ablaß von 100 Tagen, 7 Jahren und 7 Quadragenen, so will damit gesagt sein, daß man durch diesen Ablaß so viel von der zeitlichen Sündenstrafen nachgelassenen erhalte, als man nach der alten Kirchenzucht in 100 Tagen, in 7 Jahren und 7 vierzigtägigen Fasten abverdienen würde.

Was wird erfordert, um einen Ablaß recht zu gewinnen?

Daß man im Stande der gnade sei, und daß man die vorgeschriebenen Werke genau nach der Vorschrift andächtig verrichte. Um einen vollkommen Ablaß zu gewinnen, genügt Freisein von schweren Sünden jedoch nicht, sonder ist notwendig, daß man auch frei sei von jeder läßlichen Sünde und von jeder freiwillen Anhänglichkeit an irgend eine Sünde oder gefährliche Sündenangelegenheit. Es ist dabei gewöhnlich auch vorgeschrieben das Gebet für die Anliegen der Kirche, nämlich um Erhöhung der Kirche, um Frieden und Einigkeit der christlichen Fürsten und Ausrottung der Ketzereien. Es genügen schon etliche Vaterunser in dieser Meinung.

Befreien uns die Ablässe von jeder Bußübung?

Keineswegs: denn 1. ist die Verfassung, in der die Seele sich befinden muß, wenn sie einen Ablaß gewinnen will, nicht herzustellen, als durch Bußübung: denn den Stand der heiligmachenden Gnade kann man weder bewahren noch erhalten, wenn man nicht wahrhaft bußfertig ist; 2. ist es schwer, einen Ablaß vollkommen zu erlangen; denn es wird dazu erfordert, daß man auch die Neigung der Sünde in sich austilge, und dieses ist wieder nur durch fortwährende Bußübung möglich; 3. sind die Werke, die für die Gewinnung des Ablasses vorgeschrieben werden, selbst Bußwerke. Es ist also törichtes Geschwätz der Kirchenfeinde, daß die vielen Ablässe den Ernst wahrer Buße verdrängen. Die Kirche will vielmehr durch die Genugtuung Christi und durch die Buße der Heiligen, die uns durch die Ablässe zugeeignet werden, uns in unserer Schwachheit aufhelfen und das, was unserer Buße abgeht, ersetzen; sie erteilt Ablässe, um den Bußeifer in den Gläubigen zu erwecken und zu beleben, um die reumütigen Büßer zu beruhigen, um die ängstlichen Christen zu trösten.

Nützen auch die Ablässe den Verstorbenen?

Ja, fürbittweise; indem man nämlich vermittels des Ablasses Gott die Verdienste Christi und seiner Heiligen zur Bezahlung für die Verstorbenen darbringt und aufopfert. Die Ablässe kann man nur dann dem Verstorbenen zueignen, wenn es in der Erteilung des Ablasses ausdrücklich erlaubt wird. Und alsdann muß man auch die ausdrückliche Meinung haben, den Ablaß den Verstorbenen zu schenken. - Übrigen sollen wir uns nicht auf die Ablässe und andere gute Werke, die etwa nach dem Tode für uns möchten verrichtet werden, verlassen, weil es ungewiß ist, ob uns einige zukommen werden; vielmehr sollen wir bei Lebzeiten durch Ablässe und eigene gute Werke unsere zeitlichen Strafen zu tilgen suchen. Das ganze Leben des Christen muß eine ununterbrochene Buße sein, sagt der heilige Kirchenrat von Trient.

Was versteht man unter dem Jubiläums-Ablasse?

Der römische Papst pflegt alle 25 Jahre einen vollkommenen Ablaß für alle Gläubigen zu erteilen. Man nennt ein solches Jahr ein Jubel-Jahr, und den darin erteilten Ablaß einen Jubel-Ablaß. Anfangs ward verordnet, daß nur alle 100 Jahre ein Jubel-Jahr sein sollte; nachher war eines alle 50, dann alle 33, zuletzt alle 25 Jahre. Papst Sixtus IV. war der erste, der diesen Ablaß ein Jubiläum nannte, weil er Ähnlichkeit mit dem Jubel-Jahre der Juden hat. Alle 50 Jahre nämlich kamen die Juden, die ihre Erbgüter verkauft oder verpfändet hatten, wieder in deren Besitz. Diejenigen unter ihnen, die aus Not oder sonst sich als Knechte verkauft hatten, wurden in diesem Jahre freigelassen. Das war das Jubel-Jahr. Dieses befahl Gott den Juden, damit sie sich mit Dankbarkeit erinnerten, sie seien nur durch seine Gnade von der ägyptischen Dienstbarkeit befreit worden. Dieses Jubel-Jahr war nach der Lehre der heiligen Väter ein Bild von dem, was Jesus den Menschen zuliebe tun würde, daß er uns nämlich von den Sünden, die in der Heiligen Schrift Schulden genannt werden, und von der Sklaverei des Teufels befreien würde. Er sagt ja selbst, an ihm werde die Vorhersage des Propheten Isaias erfüllt: "Er sei gesandt, das angenehme Jahr des Herrn zu verkünden." - Unter welchen Bedingungen der Jubiläums-Ablaß gewonnen werden kann, wird jedesmal bekannt gemacht.

Einige kurze Ablaßgebete zum öfteren Gebrauch
Mein Jesus, Barmherzigkeit!
Heiligstes Herz Jesu, erbarme dich unser.
Jesus, mein Gott, ich liebe dich über alles.
Süßester Jesus, sei nicht mein Richter, sondern Erlöser.
Ewiger Vater, ich opfere dir das kostbare Blut Jesu Christi auf zur Genugtuung für meine Sünden und für die Bedürfnisse der ganzen Kirche.
Jesus, Maria, Joseph, euch schenke ich mein Herz und meine Seele.
Jesus, Maria, Joseph, stehet mit bei im letzten Streite.
Jesus, Maria, Joseph, mit euch möge meine Seele in Frieden scheiden.
Süßes Herz Mariä, sei meine Rettung.
Gebenedeit sei die heilige unbefleckte Empfängnis Mariä.
Engel Gottes, mein Beschützer, dem des Höchsten Vaterliebe mich empfohlen hat, erleuchte, bewahre, leite und regiere mich.
(100 Tage Ablaß jedesmal, sooft man eines dieses Gebete verrichtet.)
Ungemein zahlreich sind die Ablässe, die man durch die Andachten des Rosenkranzes und des Kreuzweges erwerben kann.


Betrachtungen über die Elternpflichten - 5

Eine Hauptsorge gewissenhafter Eltern ist darauf gerichtet, ihre Kinder in der Unschuld zu erhalten.

Als natürliche Schutzwehr der Unschuld hat der Schöpfer die Schamhaftigkeit ins Herz gepflanzt. Diese muß gepflegt und von Anfang an alles ferngehalten werden, was sie zerstören könnte. Die Eltern dürfen weder selbst etwas tun, noch bei den Kindern leiden, was schamlos ist und macht. Auch die kleinsten Kinder dürfen nicht Zeuge sein von schamlosem Betragen und Spielen, von unverschämten Reden und zweideutigen Scherzen. Geheime Spiele, Verstecken der Hände unter den Kleidern, Spiele im Bett sind nicht zu dulden. Bei allen Verrichtungen, beim Liegen im Bette usw. muß man sie beobachten, damit sich nichts Unehrbares einschleicht. Möglichst ist dafür zu sorgen, daß sie allein schlafen, nicht mit Erwachsenen, fremden Personen, auch nicht mit Geschwistern zusammen. Welches Unheil wird an den unschuldigen Seelen so oft angerichtet durch die Sorglosigkeit oder schmutzigen Geiz derer, die ihre sichtbaren Schutzengel sein sollten! Man beruhig sich nicht mit der Ausrede: Es sind Kinder, und sie verstehen noch nichts davon. Mögen sie augenblicklich noch nichts Arges bei sich denken, es prägt sich doch tief in ihre Seele ein und setzt sich fest, als ein Giftsame, der später sich entwickelt und Anlaß wird zu schlimmen Versuchungen und vielleicht vielen Sünden. Entsetzlich schwer und viel wird heutzutage gesündigt gegen die kindliche Unschuld. Durch schamlose Kleidung, schamlose Bilder, durch schamloses Reden und Betragen werden die jungen Seelen eher mit unlauteren Vorstellungen und Neigungen erfüllt, als die sinnlichen Regungen sich im Körper entwickel. Wie soll da der Geist die Herrschaft behaupten über das Fleisch.

Früh und oft möge dem Kinde die Allgegenwart Gottes, die Gegenwart des heiligen Schutzengels vorgehalten werden. Mit warmer Begeisterung soll man ihm Beispiele der Unschuld erzählen und die Lobsprüche auf die Herzensreinheit eingeprägt werden. "O wie schön ist ein keusches Geschlecht; unsterblich ist sein Andenken; bei Gott und den Menschen ist es in Ehren!" Schamlosigkeiten anderer dürfen nicht mit Gleichgültigkeit oder gar unter Lachen, sondern nur mit Abscheu erwähnt werden. Sie sollen wissen, daß die Eltern die Unschuld höher schätzen als Geld und Gut. Die heilige Königin Blanka sagte oft zu ihrem Sohn Ludwig, als er noch ein Kind war: "Mein Kind! ich habe dich gewiß sehr lieb, aber doch wollte ich dich lieber tot zu meinen Füßen liegen sehen, als erleben, daß du in eine Todsünde fielest und deine Unschuld verlörest."

Sollen die Kinder später die Versuchungen, Mühen und Kämpfe des Lebens gut bestehen können zu ihrem zeitlichen und ewigen Glücke, so müssen sie früh an Entbehrungen, Abtötung und Geduld gewöhnt werden.

Ein erfahrener Erzieher sagt: "Es ist auffallend, um wie viele Freuden und leerer und elender die Welt geworden ist, seit sie so lustig wurde. Eine Kunst ist auf dem Gebiete der Erziehung verloren gegangen. Es ist die Kunst der Selbstüberwindung. Und doch hängt das Lebensglück weniger von dem ab, was man genießt, als was man tun und entbehren kann."

Man stelle dem Kinde nie Reichtum, Genuß, Nichtstun und alles, was es nicht wünschen soll oder nicht haben kann, als etwas Herrliches und Angenehmes vor. Die Zufriedenheit mit dem, was es hat, würde bald entfliehen. Man darf vor den Kindern nicht murren und klagen, Verzagtheit und Mutlosigkeit zeigen; bei Mißgeschick muß man sie vielmehr aufmuntern, Beschwerden zu ertragen und Mühen zu überwinden. Redensarten wie: "Wer´s doch auch so gut haben könnte wie die oder jene; die können sich frohe Tage machen und ein bequemes Leben; unsereins muß sich quälen und behelfen" - dürfen die Kinder nie hören, sie würden dadurch mißvergnügt, neidisch und unzufrieden fürs ganze Leben. Zeigen sie Unzufriedenheit über geringe Nahrung, Kleidung, über Arbeit und Entbehrung, so weise man sie hin auf die Leiden anderer, die es schlimmer haben, der Armen, Kranken, Krüppel, Verlassenen; muntere sie auf, für alles Gute Gott Dank zu sagen.

Von Jugend auf sollen die Kinder an Entbehrungen gewöhnt werden. In der Jugend ist es noch leicht, im Alter ist es sehr schwer. Wer weiß, wie es ihnen später geht. Sie dürfen nicht verwöhnt werden. Man schlage ihnen manchen Wunsch ab, gewöhne sie, ohne Mutten nicht von allem zu haben, zu essen, nicht alle Spiele und Vergnügungen mitzumachen. Man hält heutzutage sogar Kinderbälle! Man bringt die Kinder durch überreizende Genüsse um ihren kindlichen Sinn, um den Geschmack an den einfachen, natürlichen Freuden des Lebens, und zieht in ihnen schon die Genußsucht groß, die so viele Menschen unserer Zeit unglücklich macht.

Die Kinder sollen gewöhnt werden, auf hartem Lager zu schlafen, schnell aufzustehen, sich kalt zu waschen, rasch anzukleiden, nicht Wind und Wetter zu scheuen, ohne Furcht im Dunkel allein zu sein. Wenn sie angeleitet werden, freiwillig Beschwerden auf sich zu nehmen, werden sie ihnen zur Lust. Auch die religiösen Beweggründe sind zu passender Zeit hervorzuheben: das harte, leidensvolle Leben Jesu und seiner Heiligen; der Lohn gottergebener Geduld und freiwilliger Abtötung; das Wort des Apostels: "Die Leiden dieser Zeit sind für nichts zu achten gegen die Herrlichkeit, die an uns soll offenbar werden."


Unterricht für den neunzehnten Sonntag nach Pfingsten

Im Eingange der heiligen Messe verspricht Gott einem Volke, das seine Gesetze befolgen werde, in allen Anliegen zu helfen.
Ich bin das Heil des Volkes; in was immer für einer Drangsal sie zu mir rufen werden, will ich sie erhören: ich werde ewiglich ihr Gott sein. Habe acht, mein Volk, auf mein Gesetz; neiget euer Ohr zu den Worten meines Mundes (Ps 77,1). Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. Allmächtiger und barmherziger Gott, wende gnädig von uns ab, was unserer Seligkeit entgegen ist, damit wir, von allem Druck des Leibes und der Seele befreit, mit freudigem Gemüte vollbringen, was dir wohlgefällig ist. Durch denselben Jesum Christum, deinen Sohn, unsern Herrn. Amen.

Lektion aus dem Briefe an die Epheser IV,23-28

Brüder! Erneuert euch innerlich im Geiste und ziehet den neuen Menschen an, der nach Gott geschaffen ist, in Gerechtigkeit und wahrhafter Heiligkeit. Darum leget ab die Lüge und redet Wahrheit ein jeder mit seinem Nächsten; denn wir sind glieder untereinander. Zürnet, aber sündigt nicht; lasset die Sonne nicht untergehen über eurem Zorne. Gebet dem Teufel keinen Platz (in eurem Herzen). Wer gestohlen hat, stehe nicht mehr, sondern arbeite vielmehr, und wirke mit seinen Händen Gutes, damit er habe, um dem, der Mangel leidet, mitzuteilen.

Erklärung

Wie notwendig die Erneuerung des inneren Menschen ist, erfahren wir alle Tage durch die Neigung zum Bösen, die so tief in uns Wurzel geschlagen hat; da gilt es stets aufs neue kämpfen.

Der neue Mensch soll nach Gott geschaffen sein, auf Gottes Stimme hören, sein Gesetz sich tief ins Herz schreiben, es zur Richtschnur des Lebens nehmen, d.h. gerecht wandeln. Nach Gott geschaffen in Heiligkeit und Gerechtigkeit werden wir schon in der Taufe. Jedes weitere Sakrament soll diese Neuschöpfung erneuern und vervollkommnen. Alle sonstigen Gnadenwirkungen Gottes haben nur diesen Zweck. Ob sie das erreichen, hängt von unserer Mitwirkung ab.

Das Hauptgebot von der Liebe Gottes soll seine Probe bestehen an der Nächstenliebe. Wir sind Glieder unereinander, unter dem gemeinsamen Haupte Christus. Glieder müssen treu und redlich zusammenhalten, damit das Ganze gedeihe; sie dürfen sich einander nicht täuschen und schaden. Daraus ergibt sich die Pflicht der Aufrichtigkeit und Wahrhaftigkeit. Jede Lüge ist ein Vergehen gegen das Wohl der Gesamtheit.

Wahre Liebe ist ferner geduldig; sie ist unverträglich mit jenem Zorn, der das Gemüt verbittert und dem Teufel der Rachsucht Raum gibt. Vergib uns unsere Schuld, so wie auch wir vergeben unsern Schuldigern; diese Bitte soll uns versöhnlich stimmen, wenn wir bei der abendlichen Gewissenserforschung noch Groll im Herzen entdecken. Wer weiß, wie bald die Sonne des Lebens uns untergeht, ein Gericht ohne Erbarmen würde uns erwarten, sofern wir in unversöhnlicher Gesinnung sterben würden.

Die Nächstenliebe verlangt ferner, daß wir jedem geben und lassen, was ihm gehört. Die sich an fremdem Eigentum vergreifen, wollen gewöhnlich selbst nicht arbeiten. Deshalb sollen wir den Müßiggang fliehen. Arbeit ist das Gesetz des Lebens, darauf beruht für jeden Glück und Zufriedenheit. Wir müssen unsere Zeit, diese kostbare Zeit ausnutzen; nicht um selbstsüchtig Schätze aufzuhäufen, sondern um Gutes zu wirken. Übt man die Werke der Barmherzigkeit, so kann der Geiz, der sich an fremdem Gut vergreift und den Mammon zum Götzen macht, nicht aufkommen.

Das ist die Gerechtigkeit, die der Apostel verlangt. Sie besteht in nichts anderem als in der vollkommenen Übung der Liebe. Darin soll durch tägliche Übung das innere Leben sich erneuer.

Evangelium Matthäus XXII,1-14

In jener Zeit trug Jesus den Hohenpriestern und Pharisäern dieses Gleichnis vor und sprach: Mit dem Himmelreiche ist es wie mit einem Könige, der seinem Sohne Hochzeit hielt. Er sandte seine Knechte aus, um die Geladenen zur Hochzeit zu berufen; aber sie wollten nicht kommen. Abermals sandte er andere Knechte aus und sprach: Saget den Geladenen: Siehe, mein Mahl habe ich bereitet, meine Ochsen und das Mastvieh sind geschlachtet, und alles ist bereitet: kommet zur Hochzeit. Sie aber achteten es nicht und gingen ihrer Wege: einer auf einen Meierhof, der andere zu seinem Gewerbe. Die übrigen aber ergriffen seine Knechte, taten ihnen Schmach an und ermorderten sie. Als dieses der König hörte, ward er zornig, sandte seine Kriegsvölker aus und ließ die Mörder umbringen und ihre Stadt in Brand stecken. Dann sprach er zu seinen Knechten: Das Hochzeitsmahl ist zwar bereitet, allein die Geladenen waren dessen nicht wert. Gehet also auf die offenen Straßen und ladet zur Hochzeit, wen ihr immer findet. Und seine Knechte gingen aus auf die Straßen und brachten alle zusammen, die sie fanden, Gute und Böse: und die Hochzeit war mit Gästen ganz besetzt. Der König aber ging hinein, um die Gäste zu beschauen, und er sah daselbst einen Menschen, der kein hochzeitliches Kleid an hatte. Und er sprach zu ihm. Freund, wie bist du da hereingekommen, da du kein hochzeitliches Kleid an hast? Er aber verstummte. Da sprach der König zu den Dienern: Bindet ihm Hände und Füße und werfet ihn hinaus in die äußerste Finsternis, da wird Heulen und Zähneknirschen sein. Denn viele sind berufen, aber wenig auserwählt.

Bemerkung. Dieses Gleichnis kommt mit jenem vom zweiten Sonntage nach Pfingsten in vielem überein und hat die nämliche Bedeutung. Man sehe deshalb die Auslegung jenes Evangeliums. Link dorthin.

Gebet. Ich danke dir, o Jesu! daß du mir durch deine Menschwerdung, dein Leiden und Sterben die ewigen Freuden verdient hast; gib mir aber das hochzeitliche Kleid der Liebe, damit ich zur himmlischen Hochzeit zugelassen und nicht in die äußerste Finsternis verstoßen werde!


Betrachtung über die Elternpflichten - 6

Die Gewöhnung zum pünktlichen, willigen Gehorsam muß frühestens beginnen. Je früher, desto leichter. Das junge Bäumchen läßt sich noch beugen, der große Baum nicht mehr. Das Kind muß gehorchen lernen aufs Wort. Kein Widerspruch gegen den Befehl werde geduldet. Ist einmal etwas befohlen, so halte man darauf und sehe nach, daß es auch ausgeführt wird. Die Anordnungen des Lehrers müssen ebenso unverbrüchlich sein wie die elterlichen. Selten nur darf es vorkommen, daß man auf Bitten des Kindes einen Befehl zurücknimmt; auf Trotzen, Weinen, Schreien niemals. Besser ist gar nicht befehlen, als sich schwach dabei ziegen. Jeder Ungehorsam werde früh gestraft; das wird die Strafe bald überflüssig machen. Gestraft darf jedoch nur der böse Wille werden, nicht Vergeßlichkeit.

Man kann das Gehorchen erleichtern. Gutes gebiete man freundlich, Böses verbiete man ernstlich. Harter Tor, Schimpfen, Drohen macht die Befehle schwer und verhaßt. Die Befehle seien kurz: Tue das - laß das. Ist das Kind willig, so genügt ein Wunsch: willst du das nicht tun? - Ich sähe es gern, wenn due es tätest. Das erweckt Gefälligkeit und Gehorsam aus Liebe. Nichts ist verderblicher, als dabei viele Worte zu machen. Zu viele Befehle auf einmal machen mißmutig und verwirrt. Der Eltern Wille sei dem Kinde gesetz, aber ihr Wille sei auch heilig! Sie dürfen sich nicht von Launen und Einfällen leiten lassen. Sündhaftes Befehlen hieße eine Teufelsrolle spielen. Es werde immer erst wohl überlegt, ob der Befehl auch gerecht und vernünftig ist. Ohne Erlaubnis dürfen die Kinder nicht auslaufen, noch über die bestimmte Zeit ausbleiben. Jedoch soll ihnen Spiel und Bewegung zur rechten Zeit gern gestattet werden; sie haben es notwendig und es bewahrt vor Trägheit. Beim Spiel kann man am besten den Charakter, die guten und schlimmen Anlagen des Kindes studieren. Äußern sich dabei Haß, Neid, Feindschaft, Lügenhaftigkeit, Betrug, Herrschsucht und Schamlosigkeit, so ist sofort einzuschreiten.

Das Brechen des Eigensinnes und Eigenwillens ist das schwerste bei der Erziehung. Nur in frühester Jugend wird es gelingen.

Was das Kind nötig hat, muß ihm bald gegeben werden; es darf nicht merken, daß es durch Weinen, Schreien, Trotzen zu etwas kommen kann. Will es eigensinnig, launisch, böse sein, so weise man es von sich, bis es wieder freundlich und willig ist; trotzt es stärker, so fühle es die Rute. Da gilt es, fest und standhaft zu sein, ohne viele Worte zu machen. Allenfalls können andere dem Kinde freundlich zureden, wie es die Eltern versöhnen, seinen Fehler gutmachen solle. Es bestärken in seiner Verkehrtheit durch Zuhalten der Verwandten oder Bediensteten darf um keinen Preis geduldet werden.

Liebe und Friedfertigkeit sollen die Kinder hauptsächlich durch das gute Beispiel der Eltern lernen. Beständig sind sie dazu anzuleiten, daß eines dem ander diene, gefällig sei, für jeden Dienst und für jede Gabe danke.

Grobheiten, ungefälliges Wesen werde nicht geduldet. Friedenstörer sind allein zu stellen. Kein Kind darf alles oder den besten Teil für sich haben wollen. Man leite sie zum Geben an; ebenso zum Nachdenken. Angeberei aus Rache oder Neid darf nicht gelitten werden. Auch kein die Schuld auf andere schieben; keine Selbstrache. Sie sollen als christliche Kinder lernen, Böses mit Gutem zu vergelten. "Mutter", sagte die kleine Anna, "Johann hat mich geschimpft!" "So gehe hin und sag ihm, er sein ein lieber Johann!" sprach die Mutter. Anna tat das, und Johann schimpfte nicht wieder. -

Könnten Eltern so gewissenlos sein, die eigenen Kinder zum Lügen zu verleiten? Ein unverdorbenes Kind sieht zu den Eltern hinauf wie zur göttlichen Unfehlbarkeit; es kann sich gar nicht denken, daß aus Elternmund etwas Falsches oder Unrechtes komme. Unverantwortlich ist es, dieses Glauben zu zerstören. Ertappt man das Kind zum ersten Male auf einer Lüge, so ist ihm ein Denkzettel zu geben, den es sein Leben lang nicht vergißt. Man komme ihm übrigens mit Vertrauen entgegen, doch überzeuge man sich im stillen von seiner Aufrichtigkeit. Man dulde keine Zuträgerei, Erzählen von Neuigkeiten oder gar ehrabschneiderische Reden. Es soll fühlen, daß die Lüge ein Schandfleck am Menschen und ein Greuel vor dem Herrn ist. Begangene Lügen sind alsbald wieder gut zu machen durch Widerruf.

Wenn Eltern mit Gottes Hilfe für eine gute Erziehung ihrer Kinder sorgen, dann wartet ihrer Trost und Hilfe selbst auf dieser Welt. Wohl ihnen, wenn sie sagen können: Wir haben zwar viele Widerwärtigkeiten, doch wir haben gute Kinder; sie sind alle wohl geraten. Dann darf ihnen nicht bangen für ihre Zukunft auf Erden; ihre Kinder stehen ihnen bei in der Not, trösten sie in der Krankheit, im Alter, auf dem Sterbebette und beten für ihre Seelenruhe nach dem Tode. Und welch ein Glück im Himmel für ewig, wenn ihre Kinder sie dort umarmen und ihnen zurufen: Vater, Mutter, wäret ihr nicht so fromm gewesen, so hättet ihr uns nicht so gut erzogen, so wären wir jetzt nicht hier. Euch danken wir nicht nur unser zeitliches Wohl, sondern auch den Himmel. Und mit solchen auf ewig geretteten Kindern danken ihnen dann an Gottes Thron auch ihre Kindeskinder und alle jene, die durch das gute Leben und Wirken ihrer Kinder auf den guten Weg gelenkt und geleitet wurden. Eine gute, christliche Erziehung kostet viele Mühe und schwere Opfer; aber sie bringt auch herrliche und trostvolle Früchte für Zeit und Ewigkeit. (N. Familienglück)

Gebet. O Gott, wie viel hast du es dich kosten lassen für die Seelen meiner Kinder; und ich habe bisher so wenig gesorgt, so wenig getan für ihr wahres, dauerndes Glück! Schamröte sollte mein Angesicht bedecken, wenn ich meine überaus große Nachlässigkeit in dieser wichtigen Angelegenheit meines Lebens beherzige. Alles übrige ließ ich mir angelegen sein, nur um die Erziehung meiner Kinder war ich wenig besorgt. Um ihnen Tugend und Rechtschaffenheit, Liebe und Furcht Gottes, wahre Nächstenliebe, Abtötung und Verleugnung ihrer unordentlichen Neigungen beizubringen, gab ich mir so wenig Mühe. Mit deiner Hilfe soll es aber in Zukunft anders werden. Nichts soll mir mehr am Herzen liegen, als die gute Erziehung derer, die du mir gegeben hast.
O Gott, sende deinen göttlichen Geist aus, erleuchte den Verstand der Eltern und regiere ihre Herzen, auf daß sie verstehen, wie sie ihre Kinder erziehen sollen, und das, was sie erkennen, in der Tat ausführen, und so mit Wort und Beispiel sie zu allem Guten anleiten. Durch Christum unsern Herrn. Amen.


Unterricht für den zwanzigsten Sonntag nach Pfingsten

Der Eingang der heiligen Messe ist ein demütiges Gebet aus Daniel (3,31), wodurch wir bekennen, daß wir wegen unseres Ungehorsams bestraft werden:
Alles, was du über uns gebracht, o Herr! und alles, was du uns getan hast, hast du nach wahrhaftem Urteile getan, weil wir gesündigt haben und nicht gehorchten deinen Geboten. Aber gib deinem Namen die Ehre und verfahre uns nach deiner großen Barmherzigkeit. Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. Wir bitten dich, o Herr! du wollest deinen Gläubigen Verzeihung ihrer Sünden und Frieden verleihen, damit sie, gereinigt von allen Sünden mit ruhigem Gemüte dir dienen mögen. Durch Jesum Christum, deinen Sohn, unsern Herrn. Amen.

Lektion aus dem Briefe des hl. Paulus an die Epheser V,15-21

Brüder! sehet zu, wie ihr vorsichtig wandelt: nicht wie Toren, sondern wie Weise. Erkaufet die Zeit, denn die Tage sind böse. So seid denn nicht unverständig, sondern suchet zu erkennen, was der Wille Gottes ist. Berauschet euch nicht mit Wein, worin Ausschweifung liegt, sondern seid voll des Heiligen Geistes; redet miteinander in Psalmen und Lobgesängen und geistlichen Liedern, singet und jubelt dem Herrn in euern Herzen; danket allezeit für alles Gott dem Vater im Namen unseres Herrn Jesus Christi. Seid einander unterworfen aus Ehrfurcht gegen Christum.

Erklärung

Wer weise ist, hält Wesentliches und Unwesentliches, Mittel und Zweck auseinander. Wir haben ein wichtiges Ziel vor Augen, das Glück der Ewigkeit; wie vorsichtig müssen wir also wandeln, damit wir vom richtigen Wege nicht abkommen; welche Weisheit gehört dazu, um überall das Zeitliche und Vergängliche dem Ewigen und Unvergänglichen unterzordnen als Mittel zum Zweck. Der Vorsichtige und Weise hat nicht zuerst oder vorzüglich im Auge, was dem Leibe schmeichelt, er sit vor allem bedacht auf das Wohl der Seele.

Klug Zeit und Umstände zu seinem Vorteil benutzen kann auch ein gottvergessener Mensch; wahrhaft weise ist nur der Gottesfürchtige. Die rechte Weisheit ist eine Tugend, in Nachahmung der göttlichen Weisheit mit Hilfe der gnade erlangt und geübt; sie allein führt zum zeitlichen und ewigen Glücke.

Alles irdische Wirken hängt ab von der Zeit. Die wahre Weisheit sucht daher mit der kurzen Spanne der Lebenszeit haushälterisch umzugehen, zumal wenn allgemeine Verderbnis große Versuchung bringt, das wahre Lebensziel aus dem Auge zu verlieren und sich verbotenen Genüssen hinzugeben. Böse waren die Tage in diesem Sinne unter der Herrschaft des verkommenen Heidentums; sie sind es auch zu unserer Zeit, wo man so allgemein sich den fleischlichen Lüsten hingibt auf Kosten der Seele und Seligkeit, wo die Vergnügungssucht hoch und niedrig beherrscht.

Wer es ernst nimmt mit dem Christentum, sucht die Hauptlebensfreude nicht im Fleischlichen, sondern im Geistigen. Der gottentfremdete Mensch begreift nicht, was des Geistes ist; aufrichtige Hingabe an Gott hält er für Heuchelei; die Frommen, meint er wohl, entschädigten sich heimlich für ihre Entbehrungen. Er versteht nicht, wie schon das gute Gewissen ein beständiges Freudenmahl ist.

Die Bezähmung der fleischlichen Gelüste durch freiwillige Enthaltsamkeit macht das Herz nicht schwermütig, das Leben nicht traurig; im Gegenteil, es werden dadurch die Quellen zahlloser Leiden verstopft, Quellen wahrer Freude eröffnet. Eine unerschöpfliche Quelle wahren Glückes ist das Lob Gottes, womit wir ihm danken allezeit und für alles. Diese freudige Stimmung und christliche Gesinnung erleichtert auch die Pflicht des Gehorsams, der Unterordnung, die oft so schwer fällt und doch so wichtig ist.


Eine Lehre für die Wirte

Ein christlicher Wirt kann viel Gutes stiften, wenn er gewissenhaft seine Pflicht ausübt. Diese Standespflicht besteht darin, daß er Menschen, die schon genug getrunken haben, keine weiteren Getränke mehr verabreicht, daß er die Wirtshaussitzer, die ihre Familien ruinieren, nicht duldet, daß er keine ehrabschneiderischen, unkeuschen, gotteslästerlichen Reden zuläßt, keine gefährlichen Tänze und Spiele gestattet, keine unkirchlichen, schlechten Blätter auflegt, sich an die Verordnungen der Obrigkeit hält.

Der Wirt hat den Beruf, durch Erfüllung seiner Standesplicht sein Heil zu wirken. Wenn aber durch seine Ungerechtigkeit, Nachlässigkeit Gelegenheit zur Sünde gegeben wird, so lastet eine schwere Verantwortung auf ihm. er sage nicht, ich kann nicht alles verhindern. Was er wirklich nicht verhindern kann, dafür wird er von Gott auch nicht zur Verantwortung gezogen. Wenn es nur bekannt ist, daß er ein wachsames Auge hat und keine Ausschreitung duldet, so wird hierdurch schon vieles verhindert werden. Er sage auch nicht, durch Strenge werden meine Gäste vertrieben, die Wirtschaft wird leer stehen, und ich werde in meinem Vermögen geschädigt werden. Wenn die liederlichen Subjekte ausbleiben, so ist das kein Schaden für ihn; die besseren Leute werden um so lieber bei ihm ihre Erquickung suchen. Und wollte einer durch die Sünde anderer sich bereichern, so triebe er ja ein ehrloses Gewerbe. Übrigens wird Gott einem rechtschaffenen Wirte einen besonderen Segen ins Geschäft legen, denn wer nur immer treu gegen Gott ist, um den nimmt sich der getreue Gott auch an.

Evangelium Johannes IV,46-53

Zu jener Zeit war zu Kapharnaum ein königlicher Beamter, dessen Sohn krank lag. Als dieser hörte, daß Jesus nach Judäa nach Galiläa gekommen sei, begab er sich zu ihm und bat ihn, daß er hinabkomme und seinen Sohn heile, denn er war dem Tode nahe. Jesus sprach zu ihm: Wenn ihr nicht Zeichen und Wunder sehet, so glaubet ihr nicht. Der königliche Beamte sprach zu ihm: Herr, komm doch hinab, ehe mein Sohn stirbt. Jesus sprach zu ihm: Gehe hin, dein Sohn lebt. Und der Mann glaubte dem Worte, das ihm Jesus sagte, und ging hin. Unterwegs begegneten ihm seine Knechte, verkündeten ihm und sagten, daß sein Sohn lebe. Da erforschte er von ihnen die Stunde, in der es mit ihm besser geworden war. Und sie sprachen zu ihm: Gestern um die siebente Stunde verließ ihn das Fieber. Da erkannte der Vater, daß es um dieselbe Stunde war, in der Jesus zu ihm gesagt hatte: dein Sohn lebt. Und er und sein ganzes Haus glaubten an ihn.

Lehrstücke

1. Gott ließ den Sohn des königlichen Beamten erkranken, damit er dadurch veranlaßt würde, bei Christus Hilfe zu suchen, und somit zum Glauben und zur Seligkeit gelangte. So läßt er, um die Sünder zu bekehren, häufig allerlei Übel und Unglück entweder über ihre eigene Person oder über ihre Kinder, ihr Vieh, ihre Güter usw. kommen. Darum sagt David (Ps 118): "Gut ist´s mir, daß ich gedemütigt ward, damit ich lernte dein Gesetz." Aus demselben Grunde bat er Gott, er möchte die Sünder mit Schmach erfüllen, damit sie seinen Namen suchten (Ps 82). Dieses ist denn auch bei jenen eingetroffen, von denen David (Ps 15) sagt: "Nachdem sie mit Elend überhäuft worden waren, eilten sie zu Gott." Möchten wir das nämliche tun! Denn wenn Gott uns Mißwachs, Überschwemmung, Hagel, Teuerung, Krieg usw. zuschickt, so will er damit nichts anderes, als uns bewegen, endlich von unseren Sünden abzustehen und uns zu ihm zu wenden. Aber was tun wir? Statt zu Gott zu eilen, nehmen wir unsere Zuflucht zum Aberglauben, zu bösen Leuten, zum Teufel; statt unsere Sünden durch eine wahre Buße wegzuräumen, begehen wir durch unsere Ungeduld und unserer Murren, durch unsere freventlichen Urteile, als wäre die Ungerechtigkeit und Bosheit anderer Menschen an unserm Unglücke schuld, durch unsern Haß und unsere Feindschaft usw. immer neue Sünden. Wohin werden wir kommen, wenn wir uns weder durch die Wohltaten noch durch die Strafen Gottes bessern lassen?... In der Regel schickt jedoch Gott auch den Frommen und Unschuldigen Trübsale zu oder läßt sie von bösen Menschen kränken und quälen. Er tut dieses, um ihre Geduld und ihre Liebe gegen ihn zu prüfen, sie von der Welt loszureißen, sie vor Sünden zu bewahren und ihnen Gelegenheit zu großen Verdiensten zu geben; denn den Frommen gereicht alles zum Besten (Röm 8,28), und sie nehmen auch alles in Geduld und Liebe an, wie Job, Tobias usw. Können wir uns aber mit diesen Frommen vergleiche, wenn wir uns diese Trübsale nicht durch die Geduld zunutze machen, sondern vielmehr jene, deren sich Gott als Werkzeuge bedient, um uns zu heiligen, als unsere Feinde ansehen, sie hassen?

2. Christus sagte zu diesem königlichen Beamten: "Wenn ihr nicht Zeichen und Wunder sehet, so glaubet ihr nicht." Durch diese Antwort bestrafte Christus den Unglauben der anwesenden Juden, die ungeachtet seiner Wunder doch nicht an ihn glaubten. Auch wollte er dadurch den Glauben des königlichen Beamten prüfen. Dieser aber wiederholte voll des Vertrauens seine Bitte, und so wurde er erhört. Manche Christen verdienen den nämlichen Verweis von Christus, indem sie, wenn ihnen Gott in ihren Nöten nicht auf der Stelle nach ihrem Verlangen durch ein augenscheinliches Wunder hilft, beinahe allen Glauben und alles Vertrauen auf Gott verlieren. Das Vertrauen belohnt er, wie diese Heilung beweist.

3. Wie viel vermag nicht das gute Beispiel der Hausväter! Dieser königliche Beamte hatte kaum den Glauben angenommen, so ward auch sein ganzes Haus bekehrt und glaubte an den Herrn. So können Hausväter und Hausmütter durch ihr gutes Beispiel, ihre Frömmigkeit, ihren Eifer im Gebete, durch den öfteren Empfang der heiligen Sakramente, durch ihre Sanftmut, Mäßigkeit, Schamhaftigkeit usw. bei ihren Untergebenen und Hausgenossen unberechbares Gute Wirken. Mögen sie es bedenken. Denn wenn sie für die Ihrigen keine Sorge tragen, so verleugnen sie den Glauben und sind ärger als diese Ungläubigen! (1 Tim 8,8).

Gebet. O Jeu! du wahrer Arzt der Seelen, der du verwundest, um zu heilen, und die Menschen mit zeitlichen Leiden und Widerwärtigkeiten heimsuchest, um sie an der Seele gesund zu machen, verleihe mir die Gnade, die leiblichen Schmerzen mit Ergebenheit und Geduld zu tragen und nie unwillig zu werden. Denn sind sie nicht zu meinem Heile? Ist es nicht auch mit gut und nützlich, daß ich gedemütigt werde, um deine Satzungen zu lernen und zu dir zu eilen? Strafe mich also hienieden, o Herr! nach deinem Wohlgefallen, nur in der Ewigkeit verschone mich, und gib mir die Gnade, von deiner Hand alles willig anzunehmen und es mit Geduld zu ertragen. Amen.


Betrachtung über die Kindespflichten

1. Dreierlei bekommt das Kind von den Eltern: Dasein, Unterricht, Erziehung. Dafür schuldet es ihnen Ehrfurcht, Liebe und Gehorsam.
Die Pflicht der Ehrerweisung gegen die Eltern ist so natürlich, selbstverständlich, daß sogar ein Heide früherer Zeiten schrieb: Nach Gott gebührt die meiste Ehre den Eltern. Eph 6 schreibt der Apostel: "Kinder, gehorchet euren Eltern im Herrn, denn das ist gerecht." "Im Herrn" müssen sie auch geehrt werden, "von dem alle Vaterschaft im Himmel und auf Erden herkommt" (Eph 3). Die beiden guten Söhne Noes wahrten die Ehre des Vaters und wurden dafür gesegnet. Joseph schämte sich seines Vaters nicht, sondern beugte sich vor ihm zur Erde. Der König Salomon stand auf, als seine Mutter eintrat, verehrte sie und setzte sie zu seiner Rechten. - Die schuldige Ehre muß innerlich und äußerlich sein, in Gesinnung, Reden, Gebärden, Handlungen. Man muß die Eltern innerlich und äußerlich hochachten um Gottes willen, ihnen in Worten und Benehmen ehrerbietig begegnen, darf sich ihrer nicht schämen, wegen etwaiger Fehler die schuldige Rücksicht gegen sie nicht verletzen, weil sie auch mit Schwachheit behaftet sind, doch immer die Eltern bleiben.

2. Joseph bewies tatkräftige Liebe in der Hungersnot, indem seine erste Frage war: Lebt mein Vater noch? David brachte seine Eltern nach Moab und sprach: Ich weiß, daß mein Vater und meine Mutter schon die Tage zählen, und daß sich ihre Seele härmt in ihnen. Mit zartester Sorgfalt pflegte er seine Mutter bis zum Tode. "Ehre Vater und Mutter und bedenke, daß du ohne sie nicht geboren wärest, und vergilt ihnen Gutes mit Gutem" (Ekkl 7,29).
Welchen Rang hat die schuldige Liebe? Den ersten, weil man zuerst ihnen verpflichtet war. Sie geht der Liebe zu Gatten und Kindern vor. Sie erstreckt sich bis über den Tod hinaus und fordert treue Erfüllung des letzten Willens und Gebet. Die hl. Monika bat sterbend ihren Sohn Augustinus, er möge doch ihrer am Altare gedenken.

3. Die Pflicht des Gehorsams erhellt aus der Notwendigkeit der Erziehung, die ohne Folgsamkeit unmöglich wäre; aus der Abhängigkeit, durch die das Kind vollständig auf die Eltern angewiesen ist. Gehorsam haben Kinder zu übern in allen erlaubten Dingen, willig, pünktlich und um Gottes willen. "Kinder, gehorchet den Eltern, denn das ist wohlgefällig vor dem Herrn" (Eph 6). Gehorsam der Weisung des Vaters, suchte Joseph die Brüder auf, obwohl er nichts Gutes zu erwarten hatte; gehorsam brachte David seinen Brüdern Nahrung mit Lebensgefahr; und beide wurden herrlich belohnt.
Nicht gehorchen darf das Kind einem sündhaften Befehl. "Wer Vater und Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert" (Matth 10).
Die Eltern können in der Standeswahl keinen unbedingten Gehorsam verlangen. Diese entscheidet ja auch für die Zeit der Unabhängigkeit über das zeitlichen und ewige Wohl der Kinder, und die Eltern sündigen hierin schwer durch Zwang. Unsere heilige Kirche belegt z.B. alle mit dem Banne, die zum Klosterstande zwingen oder gewaltsam davon abhalten. Freilich können Eltern auch gerechte Gründe haben, z.B. wenn sie durch einen solchen Schritt ihres Kindes in äußerste Not gerieten. Eheschließung gegen den Willen der Eltern ist sündhaft - wofern diese nicht ihre Einwilligung etwa offenbar ungerecht verweigern; denn davon hängt oft der Friede, die Ehre ganzer Familien ab.
"Lernet von mir, ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit, wie ich getan habe, so auch ihr tuet," spricht der Herr. Und welches Beispiel hat er gegeben? Bis zum dreißigsten Jahre kein anderes, als daß er ihnen "untertan war" (Luk 2). Gottes Sohn, die ewige Weisheit, der Lehrmeister aller Menschen, unterwarf sich freiwillig sterblichen Menschen, der Schöpfer den Geschöpfen, der himmlische König einem Zimmermann. Auch später und bis zu seinem letzten Augenblicke war er liebevoll für seine Mutter besorgt. "Schäme dich. stolzer Erdenstaub; Gott erniedrigt sich, und du wolltest dich erheben; er unterwirft sich geschaffenen Menschen, du wolltest dich gegen die Urheber deines Lebens auflehnen?" (Sankt Bernhard). "Wer den Vater verachtet, verachtet Gott, der im Vater ist" (Sankt Augustinus). "Das Auge, das spottet des Vaters, und verachtet, von seiner Mutter geboren zu sein, das sollen die Raben am Bache aushacken, und des Adlers Junge sollen es verhehren" (Sprichw 30). "Wer Vater oder Mutter flucht, soll des Todes sterben" (Ekkl 21). "Verflucht ist vor Gott, wer Vater oder Mutter arg betrübt" (Ekkl 3). "Wer Vater und Mutter etwas entzieht und sagt, das ist keine Sünde, ist ein Genosse des Mörders" (Sprichw 28). "Wenn jemand einen widerspenstigen Sohn hat, so führe er ihn hinaus und das ganze Volk soll ihn steinigen" (Deut 21). Der aufrührerische Absalom starb zur Strafe für die grobe Verletzung seiner Kindespflichten eines vorzeitigen, gewaltsamen Todes. Drei Lanzen wurden in das undankbare Herz gebohrt für die Verweigerung der schuldigen Ehre, Liebe und des kindlichen Gehorsams. Wohlergehen und langes Leben verheißt ihnen hingegen Gott den guten Kindern.

Gebet. O Gott, der du das Ansehen der Eltern geheiligt hast und die wohlgeordnete Familie zur Grundlage des zeitlichen und ewigen Glückes für das ganze menschliche Geschlecht hast machen wollen, verleihe allen Kindern deine hilfreiche Gnade, auf daß sie ihre Kindespflichten treu erfüllen und so deines Sieges sich teilhaftig machen. Amen.


Unterricht für den einundzwanzigsten Sonntag nach Pfingsten

Im Eingange der heiligen Messe wird das Gebet des Mordochäus (Esth 13,9) gesprochen, das in allen Ängsten und Nöten gebraucht werden kann:
In deine Gewalt, o Herr! ist alles gelegen, und niemand ist, der deinem Willen widerstehen kann. Du hast Himmel und Erde und alles gemacht, was in des Himmels Umkreis enthalten ist. Du bist der Herr von allem. Glückselig, die in Unschuld dahingehen, die da wandeln im Gesetze des Herrn (Ps 118). Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. Wir bitten dich, o Herr! du wollest deine Gemeinde durch einen immerwährenden Beistand bewahren, damit sie durch deinen Schutz von allen Widerwärtigkeiten befreit werde und deinen Namen durch gute Werke verherrliche. Durch Jesum Christum, deinen Sohn, unsern Herrn. Amen.

Lektion aus dem Briefe des hl. Paulus an die Epheser VI,10-17

Brüder! seid stark im Herrn und in der Kraft seiner Macht. Ziehet an die Rüstung Gottes, damit ihr bestehen könnet gegen die Nachstellungen des Teufels: denn wir haben nicht bloß zu kämpfen wider Fleisch und Blut, sondern wider die Mächte, die Gewalten, wider die Beherrscher der Finsternis dieser Welt, wider die bösen Geister in der Luft. Darum ergreifet die Rüstung Gottes, damit ihr am bösen Tage (der Versuchung) widerstehen und in allem unerschütterlich aushalten könntet. Stehet also bereit, eure Lenden umgürtet mit der Wahrheit, angezogen mit dem Panzer der Gerechtigkeit, beschuhet die Füße mit der Bereitwilligkeit für das Evangelium des Friedens; vor allem ergreifet den Schild des Glaubens, mit dem ihr alle feurigen Pfeile des Bösen unschädlich machen könnet, und nehmet den Helm (der Hoffnung) des Heiles und das Schwert des Geistes, welches das Wort Gottes ist.

Erklärung

Es ist ein gewaltiger und erbitterter Kampf, den wir zu bestehen haben. Es handelt sich nicht um einen Feind von Fleisch und Blut, sondern um die Macht der Hölle, die Versuche der bösen Geister, uns in ihr Verderben zu ziehen. Trotz ihres tiefen Falles haben sie ihre Engelnatur nicht verloren, sind uns überlegen an Einsicht und Macht und daher gefährliche Widersacher. Ihren Anführer nennt der Heiland selbst den "Fürsten dieser Finsternis, den Fürsten und Gott dieser Welt"; und der Apostel nennt seinen Anhang "Beherrscher der Welt in dieser Finsternis". Diese Welt, soweit sie eine Welt der Finsternis, d.h. der Sünde ist, steht unter ihrer Botmäßigkeit. Böse Geister beherrschen die sündhafte Menschenwelt. Haben sie große Gewalt über die Seelen, so haben sie auch über die Leiber und alles Körperliche große Gewalt zu schaden und zu zerstören. Die Geister der Bosheit in der Luft sind jene, die Macht erhalten haben über die Elemente zur Bestrafung und Prüfung der Menschen, gegen welche die Kirche ihre Beschwörungen und Segnungen richtet.

Darum sollen wir anziehen die Waffenrüstung Gottes, damit wir bestehen können gegen die Nachstellungen des Teufels am bösen Tage, d.h. am Tage großer Versuchungen, der so oft entscheidet für lange Zeit, gar für die Ewigkeit. Der ganze Christ soll stets gewaffnet sein: die Lenden umgürtet mit dem Gürtel der Wahrheit, die Brust bewehrt mit dem Panzer der Gerechtigkeit gegen den Geist der Lüge und Ungerechtigkeit; die Füße beschuhet mit der Bereitschaft für das Evangelium des Friedens. Wohin wir gehen mögen, sollen wir die frohe Botschaft des Friedens bringen in Nächstenliebe, Sanftmut, Geduld im Gegensatze zum Geiste des Neides und Zornes. Zur Deckung des ganzen Menschen diente vordem der Schild, an dem bei Belagerungen die gefährlichen Brandpfeile auslöschten. So sollen wir gegen die Pfeile der Bosheit, die unser Inneres in den Brand der Leidenschaften setzen wollen, uns decken durch den Schild des Glaubens, besonders in Erinnerung an Gottes Allgegenwart. Das Haupt bewehren wir mit dem Helme des Heiles, wenn wir gegen die Täuschungen der Welt unsern Blick, Verlangen und Vertrauen nach oben richten. Das Schwert des Geistes endlich ist das Wort Gottes, das wir dem Versucher entgegenhalten nach dem Vorbilde unsers göttlichen Meisters in Erinnerung an die ewigen Wahrheiten und inbrünstigem Gebet.

Evangelium Matthäus XVIII,23-35

In jener Zeit trug Jesus seinen Jüngern dieses Gleichnis vor: Das Himmelreich ist zu vergleichen einem Könige, der mit seinen Knechten Rechenschaft halten wollte. Als er zu rechnen anfing, brachte man ihm einen, der ihm zehntausend Talente schuldig war. Da er aber nichts hatte, wovon er bezahlen konnte, befahl sein Herr, ihn mit seinem Weibe und seinen Kindern und allem, was er hatte, zu verkaufen und (davon) zu bezahlen. Da fiel der Knecht vor ihm nieder, bat ihn und sprach: Habe Geduld mit mir, ich will dir alles bezahlen. Und es erbarmte sich der Herr über diesen Knecht, gab ihn los und schenkte ihm die Schuld. Als aber dieser Knecht hinausgegangen war, fand er einen seiner Mitknechte, der ihm hundert Zehner schuldig war; und er ergriff ihn, würgte ihn und sprach: Bezahle, was du schuldig bist! Da fiel ihm sein Mitknecht zu Füßen, bat ihn und sprach: Habe Geduld mit mir, ich will dir alles bezahlen. Er aber wollte nicht, sondern ging hin und ließ ihn ins Gefängnis werfen, bis er die Schuld bezahlt hätte. Da nun seine Mitknechte sahen, was geschehen war, wurden sie sehr betrübt, und sie gingen hin und erzählten dem Herrn alles, was sich zugetragen hatte. Da rief ihn sein Herr zu sich und sprach zu ihm: Du böser Knecht, die ganze Schuld habe ich dir nachgelassen, weil du mich gebeten hast; hättest denn nicht auch du deines Mitknechtes dich erbarmen sollen, wie auch ich mich deiner erbarmt habe? Und sein Herr ward zornig und übergab ihn den Kerkermeistern, bis er die ganze Schuld bezahlt haben würde. So wird auch mein himmlischer Vater mit euch verfahren, wenn nicht ein jeder von euch seinem Bruder von Herzen verzeiht.

Wer wird unter dem Könige verstande, der mit seinen Knechte Rechenschaft haben wollte?

Unter diesem Könige wird Gott, und unter den Knechten jeder Mensch verstanden.

Was bedeuten die zehntausen Talente, die der Knecht nicht bezahlen konnte?

Die unzählig vielen und unendlich schweren Sünden, die der Mensch gegen Gott begangen hat. Zehntausend Talente, nach unserm Gelde fünfundvierzig Millionen Mark, sind eine ungemein große Summe, und Jesus setzt sie für eine unermeßlich große, um damit anzuzeigen, daß die Schuld jedes Menschen gegen Gott unendlich und für den Menschen wahrhaft unerschwinglich sei. Man kann unter den zehntausend Talenten auch jede schwere oder Todersünde verstehen, weil dadurch Gott so beleidigt wird, daß es dem Menschen unmöglich ist, dafür genugzutun, auch wenn er dafür sterben wollte. Aber gleichwohl vergibt Gott vermöge seiner großen Barmherzigkeit und um der Verdienste Christi willen gern so große Schulden, wenn der Sünder sie aufrichtig beichtet und ihn demütig um Nachlassung bittet.

Welches sind die Hauptsünden, und warum werden sie so genannt?

Es sind folgende Sieben:
1. Hoffart, 2. Geiz, 3. Unkeuschheit, 4. Neid, 5. Fraß und Völlerei, 6. Zorn, 7. Trägheit.
Sie werden Hauptsünden genannt, weil alle anderen Sünden, ja, die größten Verbrechen, davon abstammen und gleichsam nur Zweige davon sind. Todsünden sind sie dann, wenn man durch sie eine wichtige Pflicht freiwillig verletzt.

Was wird unter den hundert Denaren verstanden?

Unter den hundert Denaren, d.i. 65 Mark, also einer ganz geringen Summe im Vergleiche zu 10 000 Talenten, d.i. 45 Millionen Mark, werden die Beleidigungen verstanden, die uns andere zugefügt haben, und die im Vergleiche mit unsern Versündigungen gegen Gott etwas Weniges und Unbedeutendes sind.

Was will also Jesus mit diesem Gleichnisse sagen?

Er will sagen: Gott ist gegen euch barmherzig und erläßt euch euere ungeheuer große Schuld. Darum sollt auch ihr barmherzig sein und euern Mitmenschen die kleine Schuld gegen euch erlassen. Wer aber dieses nicht tut, wer seinem Nebenmenschen nicht verzeiht, sondern ihn im Gegenteil drückt und verfolgt, der wird auch von meinem himmlischen Vater keine Verzeihung erhalten und der ewigen Strafe der Hölle sich schuldig machen.

Warum heißt es, der Herr habe befohlen, nicht bloß dem Schuldner, sondern auch sein Weib und seine Kinder zu verkaufen?

Damit wird wieder die Größe der Schuld und der dadurch verdienten Strafe angedeutet.

Wer sind die, die ihre Schuldner würgen und schlagen usw.?

Es sind, wie eben angedeutet worden ist, die Unbarmherzigen überhaupt; namentlich aber können diejenigen darunter verstanden werden, die mit ihren Schuldnern, die nicht sogleich bezahlen können, keine Geduld zu haben wissen, sondern im Ungestüm Bezahlung verlangen, wenn jene auch Haus und Hof verkaufen müßten; ferner die, die Witwen und Waisen unterdrücken, sowie die Obrigkeiten, die ihre Untergebenen mit übermäßigen Abgaben beschweren. Auch die Unversöhnlichen gehören hierher, welche die erlittene Unbill nicht vergeben wollen, sondern immer Groll im Herzen bewahren, oder an den Beleidigern Rache suchen.

Wer sind die, die diese feindseligen Menschen bei Gott anklagen?

Es sind die Schutzengel und das eigene Gewissen; ja, die feindselige Tat selbst schreit zu Gott um Rache.

Warum wurde der grausame Knecht den Kerkermeistern übergeben?

Das geschah nicht wegen der ihm wirklich schon geschenkten Schuld (denn Gott läßt sich seine Gaben nicht gereuen, und die einmal nachgelassenen Sünden leben nicht wieder auf), sondern wegen seiner Hartherzigkeit, wegen der er seinem Mitknechte nicht verzeihen wollte, vielmehr ihn schlug und mißhandelte, was eine um so größere Sünde für ihn war, als er schon aus Dankbarkeit für die soeben von seinem Herrn erhaltene Verzeihung auch seinem Mitknechte hätte seine Schuld nachlassen sollen.

Gebet. O liebreicher Gott! gib uns doch die Gnade, gegen unsere Mitmenschen barmherzig zu sein. Verhüte auch, daß wir uns fremder Sünden teilhaftig machen oder eine Todsünde begehen; ist dieses aber schon geschehen, so verleihe, daß wir wahre Buße dafür wirken, damit wir nicht ewig verloren gehen. Lehre uns Geduld tragen in allen Prüfungen, besonders in jenen, die uns von unsern Mitmenschen bereitet werden, damit wir auch bei dir Barmherzigkeit erlangen.


Betrachtung über die Pflichten der Herrschaften gegen ihre Dienstboten

1. Die erste Pflicht der Vorgesetzten besteht in der gewissenhaften Übung der Gerechtigkeit.
Es ist eine Anordnung Gottes, daß ein Teil der Menschen dem andern unterworfen sei. Christus selbst erschien in "Knechtsgestalt", nicht um sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen.
Ein Dienstvertrag legt beiden Teilen wichtige Pflichten auf. Der Dienstbote (oder Arbeiter) ist im Gewissen verpflichtet, die bedungene Arbeit bestens zu verrichten, treu und redlich zu dienen, in allem, was recht und erlaubt ist, zu gehorchen, überall auf das Wohl der Herrschaft bedacht zu sein.
Dafür kann er seinen gerechten Lohn ganz und pünktlich verlangen. Es gibt ungerechte, hartherzige Herrschaften, welche die Hilflosigkeit eines Dienstboten, die Not eines Arbeitsmannes zu ihrem Vorteile ausbeuten und ihnen den gebührenden Lohn möglichst herunterdrücken. Die Not und Verlegenheit eines andern ausbeuten, ist fluchwürdiger Wucher. Andere suchen allerlei Vorwände, um von dem Lohne etwas zurückzubehalten und abzuzwacken. Andere endlich schieben die Bezahlung ungebührlich auf. - "Siehe, der Lohn der Arbeiter, der von euch vorenthalten worden ist, schreiet, und ihr Geschrei ist zu den Ohren des Herrn gekommen" (Jak 5). "Der Lohn des Tagelöhners soll bei dir nicht bleiben bis an den Morgen" (3 Mos 19). Die Unsitte, die Bezahlung für geleistete Arbeiten aufzuschieben aus Bequemlichkeit oder Eigennutz, wird leicht zur himmelschreienden Sünde.
Dienstboten, Arbeiter dürfen wegen der Beköstigung keine unbilligen Anforderungen stellen. Dagegen sind jedoch die Herrschaften verpflichtet, ihnen gesunde und hinreiche Nahrung, eine anständige und gesunde Wohn- und Schlaftstätte zu gewähren. Mit welchem Maße man ausmisset, damit wird einem wieder eingemessen. Kargheit und Geiz rächt sich. Auch mit Arbeit dürfen sie dieselben nicht überhäufen, wie Pharao tat. Die Nachtruhe, die Sonntagsruhe darf ihnen nicht geraubt werden. "Ihr Herren, was recht und billig ist, erweiset den Knechten, da ihr wisset, daß auch ihr einen Herrn im Himmel habet" (Eph 6).

2. Die zweite Pflicht der Herrschaften gegen ihre Dienstboten besteht in einer vollkommenen Übung der Nächstenliebe.
Wenn ein Mensch in den Dienst eines anderen tritt, vergibt er sich nichts von seiner Menschen- und Christenwürde, seinen natürlichen Rechten und Pflichten.
Das Dienstverhältnis soll ein neues Band der Achtung und Liebe knüpfen. Die Herrschaft verlangt außer Arbeit und Treue noch manches andere, was nur die Liebe geben kann: Respekt, Bescheidenheit, Zuvorkommenheit; daß sie ihnen das Leben nicht verbittern, sondern versüßen. "Die Knechte, die unter dem Joche sind, sollen ihre Herren alle Ehre wert halten, damit der Name des Herrn und die Lehre nicht gelästert werde" (1 Tim 6). Wenn nun die Herrschaften mehr Liebe und Rücksicht von den Dienstboten erwarten, wie von anderen Menschen,s o müssen auch sie gegen dieselben Liebe, Geduld, Gutherzigkeit zeigen, ihnen ihren Dienst und ihr ohnehin schweres Joch möglichst erleichtern. Wie sündhaft also sind grobe, entehrende Behandlung, Schmähreden, beständige Unzufriedenheit und Kränkungen. "Falle nicht in deinem Hause wie ein Löwe über deine Hausgenossen her, und drücke deine Untergebenen nicht" (Sir 4).
"Gott hat befohlen, daß ein jeglicher sich um seinen Nächsten annehme" (Sir 17). Noch weit wichtiger als die Sorge für das Zeitliche ist die Sorge für das geistige und ewige Wohl der Dienstboten. "Vertretet unsere Stelle in euern Häusern (mahnt der hl. Augustinus die Hausväter); ein jeder, der das Haupt des Hauses ist, muß das Amt des Bischofs, des Seelsorgers in seinem Hause verwalten." Ja, sie sind schuldig, ihren Untergebenen die Übung der Religion und die Sorge für ihr Seelenheil nicht bloß zu gestatten, sondern sie durch Wort und Beispiel dazu anzuhalten, daß sie beten, den Gottesdienst, Predigt und Christenlehre besuchen, die Sakramente öfter empfangen, einen christlichen Lebenswandel führen. Sie sollen wissen und nachsehen, wo ihre Untergebenen sich aufhalten, was sie treiben. Unsittlichkeiten, nächtliches Herumziehen, gefährliche Bekanntschaften, schmutzige Reden dürfen sie nicht dulden. "Wenn jemand für die Seinigen, besonders für die Hausgenossen nicht Sorge trägt, der hat den Glauben verleugnet und ist ärger als ein Ungläubiger" (1Tim 5). Wie erst, wenn Herrschaften ihre Macht gebrauen, um Dienstboten zu verderben, zu verführen; die ihre Häuser zu Räuberhöhlen machen! Dreifaches Wehe über solche Seelenmörder!

Gebet. O Gott, der du den Dienstboten und Hausgenossen Treue, Ehrerbietung und Gehorsam gegen die Herrschaften zur Pflicht gemacht hast: verleihe uns deine kräftige Gnade, daß auch wir ihre zeitlichen und geistige Wohlfahrt befördern und nach diesem vergänglichen Leben uns mit ihnen ewig erfreuen mögen. Durch Christum, unsern Herrn. Amen.


Unterricht für den zweiundzwangsten Sonntag nach Pfingsten

Beim Eingang der heiligen Messe bete mit dem Priester um Vergebung deiner Sünden:
Wenn du achthaben wolltest auf Missetaten, Herr, wer könnte dann bestehen, o Herr! Aber bei dir ist Versöhnung, o Herr, Gott Israels! - Aus den Tiefen rufe ich zu dir, o Herr! Herr, erhöre meine Stimme! (Ps 129). Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. O Gott, unsere Zuflucht und Stärke! der du die Quelle aller Gottseligkeit bist, erhöre gnädig das innige Flehen deiner Kirche, und verleihe, daß wir erlangen mögen, was wir in vertrauensvollem Glauben von dir begehren. Durch Jesum Christum, deinen Sohn, unsern Herrn. Amen.

Lektion aus dem Briefe an die Philipper I,6.11

Brüder! Wir vertauen auf den Herrn Jesus, daß er, der in euch das gute Werk angefangen hat, es vollenden werde, bis auf den Tag Jesu Christi. Es ist billig, daß ich von euch allen so denke, weil ich euch im Herzen trage, da ihr alle sowohl in meinen Banden, als auch in der Verteidigung und Bekräftigung des Evangeliums Mitgenossen meiner Freude seid. Ja, Gott ist ist mein Zeuge, wie ich euch allen zugetan bin mit der zärtlichsten Liebe, wie Jesus Christus geliebt hat. Und um das bete ich, damit ihr prüfet, was besser ist, so daß ihr rein und ohne Tadel seid auf den Tag Christi, erfüllet mit den Früchten der Gerechtigkeit durch Jesum Christum zur Ehre und zum Lobe Gottes.

Erklärung

Paulus befindet sich im Kerker zu Rom, sein Trost sind die Christengemeinden, die er begründet hat, und die ihm zu Hilfe kommen mit Almosen und Gebet. Auch die Philipper haben ihre Missionsgaben gesandt, er lobt ihren Eifer und betet für sie, daß sie im Guten ausharren mögen bis ans Ende.

Damit wir am Ende, am Tage des Gerichtes bestehen können, bedürfen wir der Beharrlichkeit im Guten bis zum Ende. Das ist eine besondere Gnade Gottes, um die wir beständig zu beten haben.

Der Tag Jesu Christi wird uns wahrscheinlich so finden, wie wir gelebt haben; für gewöhnlich ist die Todesstunde das Spiegelbild des Lebens. Welch ernste Mahnung, durch ein gottesfürchtiges Leben sich der Gnade der Beharrlichkeit würdig zu machen.

Der Apostel deutet an, daß er gute Hoffnung habe auf diese Gnade für die gesamte Gemeinde von Philippi. Wohl will es der rechte Glaube allein nicht tun, es muß hinzukommen die beharrliche Übung der Werke des Glaubens. Daran fehlte es dort jedenfalls bei manchen immerhin; wenn der Apostel für die Gemeinde gute Hoffnung hat, so meint er die Mehrzahl. Trotzdem, daß jene Zeiten des ersten Glaubenseifers so weit hinter uns liegen, so mag dieses doch auch heutzutage gelten.

Das ernste Wort des Herrn: viele sind berufen, wenige auserwählt, gilt wohl für die ganze Menschheit, nicht für die Bekenner des wahren Glaubens. Dieser ist die Grundlage des Heiles. Die daran festhalten, werden trotz aller menschlichen Schwachheit und Verkehrtheit wohl der Mehrzahl nach gerettet. Die meisten sterben versehen mit den Sakramenten; oder sie können das Rettungsmittel benutzen, die vollkommene Reue. Denen, die ohne schwere Schuld im Irrglauben leben und sterben, ist ja der Weg zur Seligkeit überaus erschwert: allein auch ihnen fehlt es an hinreichender Gnade zur Heilswirkung nicht.

Als einst die Jünger, beunruhigt durch die Warnung des Herrn, genauere Auskunft darüber begehrten, wies er sie zurecht mit der Mahnung: Sehet ihr nur zu, daß ihr einziehet durch die enge Pforte. Das gilt für jeden. Möge das herannahende Ende des Kirchenjahres uns ein ernstlicher Antrieb sein, daß wir nachsehen, ob wir uns auf dem schmalen Wege befinden, der zum Leben führt.

Gebet. O mein Gott! ich vertraue auf dich, daß du das Gute, das du in mir angefangen hast, auch vollenden, und mir Beharrlichkeit bis in den Tod verleihen werdest.

Evangelium Matthäus XXII,15-21

In jener Zeit gingen die Pharisäer hin und hielten Rat, wie sie ihn in der Rede fangen könnten. Und sie schickten ihre Schüler mit einigen von der Partei des Herodes zu ihm und ließen ihm sagen: Meister! wir wissen, daß du wahrhaft bist und den Weg Gottes nach der Wahrheit lehrest und dich um niemand kümmerst; denn du siehst nicht auf die Person des Menschen. Sage uns nun, was meinst du: Ist es erlaubt, dem Kaiser Zins zu geben oder nicht? Jesus merkte ihre Bosheit und sprach: Ihr Heuchler, was versuchet ihr mich? Zeiget mir die Steuermünze. Und sie reichten ihm einen Zehner hin. Da sprach Jesus zu ihnen: Wessen ist dieses Bild und die Umschrift? Sie antworteten ihm: Des Kaisers. Da sprach er zu ihnen: Gebet also dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist.

Warum wollten die Pharisäer Jesum in der Rede fangen?

Um Ursache zu bekommen, ihn bei dem Kaiser anzuklagen oder bei dem jüdischen Volke verhaßt zu machen. Denn hätte er dem Kaiser den Zins abgesprochen, so würden sie ihn als des Verbrechens der Majestätsbeleidigung schuldig angegeben haben: hätte er aber die Bezahlung des Zinses geradezu zur Pflicht gemacht, so würden sie ihn bei den Juden, sie sich für ein freies und Gott allein untertäniges Volk ansahen, als einen Vernichter ihrer Freiheit angeklagt haben. Diesen Pharisäern sind alle diejenigen gleich, die unter dem Scheine der Freundschaft ihrem Nächsten Verdruß und Unglück zu bereiten suchen. Haben sie aber nicht das nämliche Wort zu befürchten, das Christus den gleißnerischen Pharisäern so oft angedroht hat?

Welche sind Gleißner?

Diejenigen, die um ihren Nächsten zu betrügen, sich äußerlich fromm und redlich stellen, während sie innerlich voll Bosheit sind, die auf der Zunge Honig, im Herzen aber Gift haben und gleich Skorpionen stechen, wenn man sich´s am wenigsten versieht. Solche Gleißner sind Brüder Kains, Joabs und Judas´, von denen der erste seinen Bruder Abel, der zweite seinen Vetter Amaso listig hintergangen und getötet, und der dritte seinen göttlichen Meister mit einem Kusse verraten hat. Solche trügerische Menschen aber sind von Gott verflucht (Mal 1,14). Ein zweizüngiger Mund, spricht der weise Mann (Sir 2,10), ist vor Gott ein Greuel, und eine heuchlerische Heiligkeit ist, wie der hl. Hieronymus sagt, eine doppelte Bosheit.

Welche Hauptlehre gibt uns dieses Evangelium?

Daß man gerecht sein und jedem geben soll, was ihm gebührt; und zwar: 1. der weltlichen Obrigkeit Steuer, Zoll, Abgaben usw.; 2 der geistlichen Obrigkeit die ihr gebührenden Einkünfte und Abgaben, denn auch dieses hat Gott zu tun befohlen (Luk 10,7; Röm 13,6.7; 1 Kor 9,14); man soll daher auch diese gewissenhaft entrichten und sich namentlich hüten, die Güter der Kirche ungerechterweise an sich zu reißen; denn Gott hat die, die dieses getan haben, oft schrecklich bestraft, und die tägliche Erfahrung lehrt, daß solche Güter denen, die sie ungerecht besitzen, nicht gedeihe; 3. endlich Gott, was ihm gebührt; Glaube, Hoffnung, Liebe, Treu und Gehorsam üben, alles bis in den Tod!

Gebet. Hilf, o Herr! denn die Heiligen nahmen ab, die Wahrheit mindert sich unter den Menschen. Eitles redet ein jeglicher zu seinem Nächsten: ihre Lippen sind trügerisch, mit doppeltem Herzen reden sie. O Herr! erlöse meine Seele von ungerechten Lippen und von trügerischen Zungen; gib mir die Gnade, durch Frömmigkeit und Tugend dein Ebenbild in mir zu bewahren. Richte mein Herz zur Gerichtigkeit und halte es ab vom Geize, damit ich jedem das Seinige gebe und lasse.


Betrachtung von den Pflichten gegen die weltliche Obrigkeit

1. Die erste Pflicht ist gebührende Unterwürfigkeit und Treue.

Aus dem Familienverhältnisse entwickelte sich von selbst Gemeinde und Staat. Auch diese sind von Gott gewollt, weil er dem Menschen die Anlagen eines geselligen Wesens verliehen hat. Die obrigkeitliche Gewalt ist daher von Gott. Wie die Glieder eines Leibes ihre Schönheit, Zweckmäßigkeit und Lebenskraft nur von der Seele haben, so kann die Menschheit nicht bestehen und gedeihen ohne Obrigkeit.

Wie wunderbar ergreifend wirkt eine gute Musik. Jeder Musiker hat sein eigenes Instrument, seine eigenen Noten, und doch geht alles zusammen in schönster Harmonie. Warum? Weil alles nach dem Takte geht. Zwischen den Musikern steht ein Mann, der nicht geigt und nicht bläst, sondern jedem seine Partie, seine Rolle angibt, die er spielen soll und dann den Takt schlägt, nach dem sich alle richten. Das bringt Harmonie in das Ganze. Wollte jeder nach eigenem Belieben spielen, so gäbe es statt entzückender Musik nur greulichen Lärm. - Der Taktschläger in der menschlichen Gesellschaft ist die rechtmäßige Obrigkeit. So schön und heimisch es in einer Gemeinde, einem Lande ist, wo alles in schönster Ordnung ist und jeder an seinem Platze seine Schuldigkeit tut, so groß und verderblich muß die Verwirrung werden, wo jeder tun will, was ihm beliebt, wo alle frei und unabhängig sein und niemand sich unterordnen will. Wo keine Obrigkeit, oder die Obrigkeit ohne Macht und Ansehen ist, da leidet alle Ordnung, Vertrauen, Handel und Verkehr, Kunst und Wissenschaft, Sicherheit und Rechtspflege, selbst das ruhige, friedliche Familienleben. Alles trauert, alles liegt danieder, die schönsten Hoffnungen, die süßesten gesellschaftlichen Verbindungen: alles geht wie im Sturme dem Schrecken der greulichsten Verwirrung und Zerstörung entgegen.

Was Vernunft und tausendfältige traurige Erfahrung so eindringlich lehren, das bestätigt das ausdrückliche Wort und Gebot Gottes. "Jedermann unterwerfe sich der obrigkeitlichen Gewalt; denn es gibt keine Gewalt außer von Gott. Wer demnach sich der obrigkeitlichen Gewalt widersetzt, der widersetzt sich der Ordnung Gottes und zieht sich selbst die Verdammnis zu" (Röm 13,1). " Gehorchet euern Vorstehern und seid ihnen untertänig, denn sie wache für eure Seele als solche, die Rechenschaft geben werden" (Hebr 13). "Seid daher untertan jeder menschliche Kreatur um Gottes willen, sei es dem Könige, der das Höchste ist, oder den Statthaltern als solche, die von ihm abgeordnet sind" (1 Petr 2). Schon im Alten Bunde rügte und strafte Gott das Murren, Schmähen, Lästern gegen die Obrigkeiten, so als geschehe solches gegen seine höchste Majestät selbst. "Sie haben nicht dich", sprach er zu Samuel, als dieser sich über die aufrührerischen Israeliten beklagte, "sondern mich verworfen" (1 Kön).

Keine andere Tugend hat der Heiland durch sein eigenes Beispiel so nachdrücklich gelehrt wie den Gehorsam. Vor der Geburt übte er diesen schon gegen den Befehl des Heidenkaisers, als Kind gegen die Eltern, so daß der Evangelist von den dreißig ersten Jahren seines Lebens nichts anderes zu berichten weiß, als "er war ihnen untertan". Da hat er nicht Kriegsheere angeführt, Städte und Länder erobert, an den Höfen der Fürsten, in den Schulen der Gelehrten seine Weisheit gezeigt, sondern in der Verborgenheit in niedriger Handarbeit Gehorsam geübt. Dadurch wurde er (seiner Menschheit nach) dem himmlischen Vater so wohlgefällig, daß er "zunahm, wie an Alter, so an Weisheit und gnade vor Gott und den Menschen" (Luk 2). Und als er öffentlich auftrat, befahl er, "dem Kaiser zu geben (nicht alles, was er begehrt, sonder was ihm gebührt) was des Kaisers ist" (Matth 22), und fügte sich selbst den Anordnungen der Obrigkeit und zahlte die Abgaben. "Er wurde gehorsam bis zum Tode", und sühnt dadurch den aufrührerischen Sinn der Sünder.

Freilich hat die weltliche Obrigkeit nicht über Religionssachen zu befehlen, sondern nur über Weltliches, was die irdische Ordnung und Wohlfahrt betrifft. Auch darf sie keine ungerechten Gesetze und Anordnungen erlassen und nicht in Tyrannei ausarten. Allein selbst in solchem Falle kann es nie erlaubt werden, sich gewaltsam zu widersetzen. Wenn man auch das Recht und manchmal die Pflicht hat, den Gehorsam ungerechten Befehlen gegenüber zu verweigern, so darf man doch niemals offenbaren Aufruhr und Empörung stiften. Böses darf man nicht mit dem Bösem vertreiben. Gewaltsame Empörung gegen eine tyrannische Obrigkeit ist immer noch ein größeres Übel, als wenn einzelne ungerecht leiden müssen an ihrem Vermögen und selbst an ihrem Leben. Der göttliche Heiland ließ sich von dem ungerechten Gerichte geduldig zum Tode verurteilen. "Er wurde gehorsam bis zum Tode am Kreuze; darum hat ihn Gott auch erhöhet und ihm einen Namen gegeben, der über alle Namen sit" (Phil 2). So erwirbt sich der Christ, wenn er aus Liebe zur Obrigkeit etwas leidet oder opfert, Gottes Lohn und hundertfältige Vergeltung.

2. Weitere Pflichten ergeben sich aus dem Gesetze der Liebe.

Der Untergebene soll gegen die Vorgesetzten wahre Gesinnung der Liebe im Herzen nähren, also mit Wohlgefallen, Geduld und Nachsicht ihnen zugetan sein.

Das Amt der Vorgesetzten ist kein angenehmes und leichtes. Schwere Gewissenspflichten legt es auf und strenge Rechenschaft. In der Bemühung um das allgemeine Wohl haben sie Sorgen zu tragen, von denen die Untergebenen oft nichts ahnen. Es ist höchst undankbar und ungerecht, wenn man ihre Mühen und Sorgen und das Gute, das sie tun, nicht anerkennt, und keine Nachsicht hat für ihre etwaigen Fehler. Unmöglich können sie es allen recht machen. Sie müssen es tief empfinden, wenn man ihre besten Absichten übel deutet, gar verdreht und mit nichts zufrieden ist.

Nichts ist leichter als kritisieren, nichts schwerer, als besser machen. Billigkeit und Bescheidenheit fordern Zurückhaltung in Beurteilung von Dingen, deren Grund, Zweck und Umstände man nicht oder nur teilweise kennen kann. Schwer kann man sich gegen die schuldige Liebe versündigen durch unbilliges Klagen und Murren wider die Obrigkeit. Groß und bedauerlich sind oft die Folgen. Ein kleiner Funken entzündet leicht einen unermeßlichen Brand, mag er nun aus böser Absicht hingeworfen sein oder aus Leichtsinn.

Die Obrigkeit ist beim besten Willen oftmals gar nicht imstande, Übelständen abzuhelfen, weil ihr die tatkräftige Unterstützung der Untergebene fehlt. Das kann man z.B. regelmäßig bei den öffentlichen Wahlen sehen. Wie viele sogenannte Gutgesinnte üben da ihr Wahlrecht lediglich nach ihren persönlichen Interessen aus, ohne Rücksicht auf das öffentliche Wohl; oder sie bleiben einfach zu Hause und lassen es gehen, wie es geht, aus Trägheit, Gleichgültigkeit oder elender Feigheit, weil sie für sich einen Nachteil fürchten, wenn sie nach ihrem Gewissen stimmen würden. Solche charakterlose Menschen haben dann doch wieder das größte Wort im Tadel der Zustände, die sie mitverschulden.

Endlich fordert die schuldige Liebe Gebet für die Obrigkeit. Ohne Gottes Segen bauen die Bauleute vergebens und wachen die Wächter umsonst. Von Gott kommen die guten, aber auch die schlimmen Obrigkeiten, die er oft zur Strafe der Völker senden muß. Seinen Segen soll man erflehen für ihr wichtiges und schweres Amt, seines Segens sich aber auch würdig machen.

Gebet. Allmächtiger, ewiger Gott, der du hohe und niedere Obrigkeiten auf Erden gesetzt und ihnen die schuldige Ehrerbietung, Gehorsam und Unterstützung zu erweisen befohlen hast; verleihe uns deine kräftige Gnade, daß wir durch schuldige Pflichterfüllung gegen unsere Vorgesetzten deiner göttlichen Majestät wohlgefällig und deines Segensteilhaftig werden mögen. Amen.


Unterricht für den dreiundzwanzigsten Sonntag nach Pfingsten

Wenn von Pfingsten bis zum Advent nur dreiundzwanzig Sonntage sind, so bleibt der gegenwärtige dreiundzwanzigste weg, und ist dann der vierundzwanzigste der letzte. Sind es aber mehr Sonntag, so werden dafür die nach dem Feste der Erscheinung ausgefallenen hier eingeschaltet.

Der Eingang der heiligen Messe tröstet und ermuntert uns zum Vertrauen auf Gott, der gegen uns so gütig ist und uns nicht allezeit in der Trübsal schmachten lassen will.
Ich sinne Ratschläge zum Frieden und nicht zur Trübsal, spricht der Herr. Ihr werdet mich anrufen, und ich werde euch erhören und zurückführen eure Gefangenen aus allen Völkern (Jer 29). Du hast gesegnet, o Herr, dein Land, hast weggenommen die Gefangenschaft Jakobs (Ps 84). Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. Wir bitten dich, o Herr! du wollest dein Volk von seinen Missetaten lossprechen, damit wir von den Banden der Sünde, in die wir durch unsere Gebrechlichkeit verfallen sind, durch deine Barmherzigkeit befreit werden. Durch Jesum Christum, deinen Sohn, unsern Herrn. Amen.

Lektion aus dem Briefe an die Philipper III,17-21

Brüder! Seid meine Nachfolger und schauet auf die, welche so wandeln, wie ihr an meinem Beispiele sehet. Denn viele wandeln, wie ich euch oft gesagt habe und jetzt unter Tränen sage, als Feinde des Kreuzes Christi. Ihr Ende ist Verderben. Ihr Gott ist der Bauch. Sie rühmen sich dessen, wessen sie sich schämen sollen; ihr Trachten ist auf das Irdische gerichtet. Unser Wandel aber ist im Himmel, von woher wir auch den Heiland erwarten, unsern Herrn Jesum Christum, der den Leib unserer Niedrigkeit umgestalten wird, daß er dem Leibe seiner Herrlichkeit ähnlich werde, mittels der Kraft, durch die er sich auch alles unterwerfen kann. Demnach, meine geliebtesten und ersehntesten Brüder, meine Freude und meine Krone! so stehet denn fest im Herrn, Geliebteste! Die Evodia ersuche ich und Syntyche bitte ich, eines Sinnes zu sein im Herrn. Auch bitte ich, treuer Mitgehilfe, nimm dich ihrer an, da sie mit mir für das Evangelium gearbeitet haben, sowie auch mit Klemens und mit meinen übrigen Mitarbeitern, deren Namen im Buche des Lebens stehen.

Erklärung

Damit konnte sich Paulus als getreuen Jünger ausweisen, daß er gleich ihm sagen durfte: Lernet von mir! Bei denen, die Irrung und Spaltung stiften, war es niemals so. Mögen sie auch andere beschuldigen und sich brüsten mit sittlicher Strenge, so werden sie doch auf die Dauer ihre innere Verdorbenheit nicht verbergen können.

Der Eifer des Apostel gegen die Unruhestifter ist nicht prahlerisch und bitter. Wohl muß er ihre verkehrten Grundsätze, ihr verderbliches Treiben aufs äußerste bekämpfen; dabei ist aber sein Herz zerrissen wegen des Verderbens, das sie sich und anderen bereiten. Es schmerzt ihn, daß er Christen Feinde des Kreuzes nennen muß. Sie sind es wegen ihres Dünkels und wegen ihres fleischlichen Sinnes. Der fleischlich und irdisch Gesinnte wird immer mehr verblendet, so daß er sogar dessen sich rühmt, wessen er sich schämen sollte.

Solche Feinde des Kreuzes, des demütigen, abgetöteten Christensinnes und Lebens finden sich überall unter den Christen nur allzuviel. Wenn und soweit sie sich überwinden, tun sie es nur aus irdischen Rücksichten. Mögen sie den äußeren Anstand wahren, so ist ihr Wandel doch fleischlich und irdisch. Obwohl ein Genuß- und Fleischesleben für den Christen schändlich ist, rühmen sie sich noch wegen ihrer angeblichen Gescheitheit und schauen spöttisch herab auf die Bessergesinnten.

Alles, was wir in der Welt haben, erstreben, genießen, leiden, hat seinen wahren Zweck für die Ewigkeit. Das Leibliche, Vergängliche an uns hat auch seine Rechte; wir dürfen, ja wir sollen sie ihm gewähren, jedoch immer im Hinblick auf das eine Notwendige, das Heil der Seele. Abtötung ist notwendig, damit die niederen, irdische, fleischlichen Triebe nicht die Oberhand gewinnen. Die Hauptfrage darf nicht sein: Was habe ich vom Leben, wie mache ich mir das Leben angenehm? sondern: Was muß ich tun, um ins ewige Leben einzugehen? Der Leib kommt dabei nicht zu kurz. Was wir ihm aus höheren Gründen versagen, dafür soll er dereinst hundertfältig entschädigt werden durch Himmelsfreuden, die wir im gegenwärtigen unvollkommenen Zustande noch nicht begreifen können.

Wie die Schlußmahnung zeigt, waren schon damals fromme Frauen unter Leitung der kirchlichen Oberen im Dienste der Kirche tätig; nicht, wie bei den Sektierern unserer Tage im Predigtdienste, sondern in opferwilliger Übung er Werke der Barmherzigkeit.

Gebet. Mein Gott! erhalte mich in der Liebe zu deinem Kreuze, damit ich einst auf meinem Todesbette sagen kann: die Welt war mir gekreuzigt und ich der Welt (Gal 6,14).

Evangelium Matthäus IX,18-26

In jener Zeit, da Jesus zum Volke redete, siehe, da trat ein Synagogenvorsteher herzu, fiel vor ihm nieder und sprach: Herr, meine Tochter ist soeben gestorben, aber komm und lege deine Hand auf sie, so wird sie leben. Und Jesus stand auf und folgte ihm samt seinen Jüngern. Und siehe, ein Weib, das seit zwölf Jahren am Blutflusse gelitten hatte, trat von hinten hinzu und berührte den Saum seines Kleides; denn sie sprach bei sich selbst: Wenn ich nur sein Kleid berühre, so werde ich gesund. Jesus aber wandte sich um, sah sie an und sprach: Tochter! sei getrost, dein Glaube hat dir geholfen. Und das Weib ward gesund von derselben Stunde an. Und als Jesus in des Vorstehers Haus kam und die Flötenspieler und das lärmende Volk sah, sprach er: Weichet; denn das Mägdlein ist nicht tot, sondern es schläft. Da verlachten sie ihn. Nachdem aber das Volk hinausgeschafft war, ging er hinein und nahm es bei der Hand. Und das Mädchen stand auf. Und der Ruf davon verbreitete sich in der ganzen Gegend.

Lehrstücke

1. Die kranke Frau sagte zu sich selbst: Wenn ich nur den Saum seines Kleides berühre, so werde ich gesund werden. Und wie sie glaubte, so geschah ihr. Lerne hieraus, mit Andacht die Reliquien zu verehren, und verurteile den Glauben derer nicht, die auf eine Reliquie vertrauen. Sie erhoffen ja darum doch nicht von der Reliquie Hilfe, sondern allein von dem Urheber alles Heiles und Lebens, von Gott, und Gott sieht mit Wohlgefallen auf ihr gläubiges, kindliches Herz und erhört sie.

2. Die Berührung des Saumes des Kleides Christi machte die blutflüssige Frau gesund: um wieviel mehr könntest du die Gesundheit deiner Seele erlangen, wenn Jesus selbst mit Leib un Seele in dem allerheiligsten Altarsakramente zu dir käme und sich mit dir vereinigte? Warum verfügst du dich also nicht allemal, sooft du gesündigt hast, nach einer aufrichtigen Beichte zu diesem Lebensarzte, daß er dich von deiner Seelenkrankheit befreie, ehe sie schwerer oder gar unheilbar wird?!

3. Das vom Tode auferweckte Mädchen ist das Bild einer durch die Sünde gestorbenen Seele, die Christi allmächtige Gnade ebenso leicht erweckt, wie man einen Schlafenden aufweckt. Dieses Mädchen hat Christus mit ein paar Worten und im geheimen, nur von einigen Auserwählten begleitet, auferweckt, während er beim Jünglinge von Naim mehr äußerliche Umstände, und zwar vor allem Volke, das die Leiche zu Grabe geleitete, gebrauchte, den Lazarus aber, ebenfalls vor vielen Leuten, nur unter Seufzen, Weinen und Beten erweckte (Luk 7; Joh 11). Es haben darum einige Ausleger gesagt, unter diesen drei Toten könnten auch drei Klassen von Sündern verstanden werden: unter dem Mädchen nämlich die, die das erstemal, aus menschlicher Schwachheit, nur in Gedanken oder im geheimen gesündigt hätten, und durch die Gnade Gottes das Leben der Seele leicht und ohne öffentliche Buße wieder erlangen; unter dem Jünglinge von Naim aber die, die öfter, aus Bosheit, in der Tat und öffentlich gesündigt hätten; unter dem Lazarus endlich die öffentlichen und verstockten Gewohnheitssünder, die nur durch außergewöhnliche Gnade und strenge, öffentliche Buße wieder zum geistigen Leben erweckt werden könnten.

4. Davon, daß Jesus die Flötenspieler hinausgehen ließ, bevor er das Mädchen auferweckte, läßt sich die sittliche Anwendung machen, daß die Erweckung oder Bekehrung einer Seele unter dem Lärmen und Getöse der irdischen Sorgen, der weltlichen Freuden und Gesellschaften nicht stattfinden könne. - Willst du also von der Sünde auferstehen, so schaffe das Lärmen der irdischen Sorgen und der sinnlichen Lüste aus deinem Herzen, meide jene Gesellschaften, die dir vorschwätzen, daß die Sünde nichts so Arges sei, daß die Jugend austoben müsse usw., und eile zu Christus, damit er dich mit solchem Worte und seiner Gnade aus dem Schlafe der Sünde auferwecke.


Betrachtung über das besondere Gericht

1. Jeder Mensch wird schon endgültig gerichtet sogleich nach seinem Absterben. "Es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben, und nach dem Tode kommt das Gericht" (Hebr 9,27). Das ist die stete Lehre der Kirche. Sobald der Mensch seinen letzten Atemzug getan hat, sobald sein Herz zu schlagen aufhört und seine Seele sich vom Leibe trennt, folgt das Gericht. Oft mögen die Umstehenden dem Sterbenden noch vorbeten und für ihn beten um eine selige Sterbestunde, und schon steht die arme Seele vor Gottes Gericht, schon ist sein Los für die Ewigkeit entschieden.
Wo findet das besondere Gericht statt? Sicheres wissen wir nicht darüber. Wahrscheinlich wird jeder da gerichtet, wo der Tod ihn überrascht. Die Seele braucht keinen weiten Weg zurückzulegen, der Richter ist überall gegenwärtig; wo eine Seele abscheidet, fällst sie in seine Hände. Es kommt vor, daß ein Priester im Richterstuhle der Buße stirbt und selbst gerichtet wird, ein trunkenbold im Wirtshause. Für die meisten wird ihr Bett der Ort sein, wo sie gerichtet werden, weil die meisten im Bette sterben. Daher besteigen viele gottesfürchtige Menschen ihr Bett nicht anders als mit Furcht und zittern; denn sie denken: da, wo ich mich jetzt hinlege, um zu ruhen, ist höchstwahrscheinlich der Ort, wo mich der Herr richten und entweder zum Himmel berufen oder zur Hölle verdammen wird. Wie heilsam ist dieser Gedanke! Er erfüllt mit Gottesfurcht, die wahre Weisheit lehrt. An jedem Orte kann der Tod uns überraschen. Möge es kein Plätzchen geben auf der weiten Erde, von dem du sagen müßtest: da habe ich gesündigt, da möchte ich nicht sterben, nicht gerichtet werden!

2. Bei dem besonderen Gerichte wird die Seele ganz allein vor Jesus, ihrem göttlichen Richter, erscheinen; dieser wird ihr ganzes Leben aufs genaueste untersuchen und ihr dann das Urteil sprechen.
Die Seele wird ganz allein, getrennt und verlassen vom Leibe und allem, was sie auf Erden hatte, vor dem Richter erscheinen. Wie schrecklich, ohne den Leib, mit dem sie so viele Jahre in innigster Gemeinschaft stand! Welch ein Schauder muß sie befallen, wenn dieser Leib, den sie so geliebt und gepflegt hat, in Fäulnis übergeht und allen ein Gegenstand des Abscheues wird. - Getrennt wird die Seele von Hab und Gut, von allen Menschen. Die Angehörigen beten und weinen am Sterbebette, die Seele muß ganz allein den schweren Gang in die Ewigkeit machen. Diese Verlassenheit preßte den König Ezechisas beim Herannahen des Todes den Seufzer aus: So werde ich niemals mehr Menschen sehen! (Is 38). Wie töricht, um der Welt und der Menschen willen, die man doch früher oder später wird verlassen müssen, seine Seele aufs Spiel zu setzen!
Die Seele muß erscheinen vor Jesus Christus. Ihm hat der Vater alles Gericht übergeben (Joh 8). Jesus war der Seele im Leben ein Gott der Liebe und des Erbarmens, der gute Hirt, der ihr nachging, sie zu sich lockte, und selbst, wenn er schlug, voll Mitleid und Liebe war. Ganz anders steht er jetzt vor ihr. Die Zeit der Gnade ist abgelaufen, die Stunde der unerbittlichen Gerechtigkeit ist angebrochen. Als Joseph in Ägypten sich seinen Brüdern zu erkennen gab und sprach: Ich bin Joseph, den ihr verkauft habt: da fuhr ihnen solcher Schrecken in die Glieder, daß sie wie versteinert dastanden und keinen Laut hervorbringen konnten. Welche Angst muß erst den Sünder ergreifen, wenn er plötzlich vor seinem göttlichen Richter steht, um den er sich so wenig gekümmert, den er so oft schwer beleidigt, dessen Langmut er verachtet, den er vielleicht frech geleugnet hat. "Dieser Augenblick wird der schuldbeladenen Seele qualvoller sein als die Peinen der Hölle (St. Basilius)." Wie sollte man besorgt sein, die Liebe und Gnade Jesu sich jetzt zu erwerben und zu bewahren, damit man ihn nicht zu fürchten hätte als Richter!

3. Alsbald folgt die Untersuchung. Diese geht auf einzelnen Gedanken, Worte, Werke des ganzen Lebens; auch auf die träge und feige Unterlassung des Guten; auch auf alle empfangenen Gnaden, alle Religions- und Standespflichten, auf die Umstände und Absichten unsers Tun und Lassens. Ein göttliches Licht wird in das Gewissen fallen, und im selben Augenblicke gehen der Seele die Augen auf über ihr ganzes Leben und ihren gegenwärtigen Zustand. Jede Selbsttäuschung hört auf einmal auf. In entsetzlicher Klarheit werden sie vor den Augen der Seele stehen, jene abscheulichen Gedanken, wüsten Begierden, Werke der Finsternis, die sie im geheimen getan, die sie ohne Scheu begangen, gottesräuberisch bei der Beichte verschwiegen, längst vergessen hat. Klar werden vor ihr stehen die fremden Sünden, wodurch sie schuld war am Verderben der Seelen. Ein alter Prediger erzählt: Ich habe einen Mann gekannt, den Gott in seiner Jugend auf wunderbare Art zur Frömmigkeit bekehrte. Gott zeigte ihm durch himmlische Erleuchtung seine Sünden und den gegenwärtigen Zustand seiner Seele. Dieser Anblick wirkte so furchtbar, daß der junge Mann drei Monate zu Bett liegen mußte in einem Zustande, als wenn er in den letzten Zügen läge, und später äußerte: Wenn man mir angeboten hätte, ich solle ins Feuer springen und jahrelang darin bleiben, so wäre mir das lieber gewesen als diese Qual. Und doch war er kein Lasterknecht. Welche Qual wird es für den Sünder sein, der mit tausend ungebüßten Todsünden in die Ewigkeit geht, wenn ihm da die Augen aufgehen!
Geprüft und gerichtet werden nicht nur die Sünden, sondern auch die guten Werke. Wie viele Werke der Andacht, Buße und Nächstenliebe werden da als faul, wurmstichig und ungültig erscheinen und verworfen werden. Zuerst alle, die im Stande der Todsünde verrichtet werden. Dann alles, was nicht aus Liebe zu Gott getan wurde, sondern aus Zwang, Eigenliebe, Gefallsucht, Gewinnsucht und menschlichen Rücksichten. Welch furchtbare Beschämung für den Menschen, der als fromm gilt, und dem dann die Worte der Schrift gelten: "Du sagst, ich bin reich und bedarf nichts, und siehst nicht, daß du elend bist, blind, arm und nackt" (Offb 3).
Womit will die schuldbeladene Seele in ihrer Angst sich entschuldigen? Was antworten? Sie habe alles nicht so gewußt oder bedacht? Aber warum nicht? War ihre Unwissenheit und Heilsvergessenheit nicht ihre eigene Schuld? Hat sie nicht Gottes Wort verschmäht, seine zahllosen Gnaden beharrlich verachtet und mit Füßen getreten? Kann sie sich berufen auf ihre Beichten? Ja, diese werden ihr vielleicht einen ganz besonderen Schrecken einjagen, wenn sie dieselben um wahren Licht sieht. Denn wie oft sind die Beichten nur ein Deckmantel der Unbußfertigkeit. Wenn sie keine Früchte entschiedener Besserung hervorbrachten, haben sie sicher nichts getaugt. Oder will die Seele Gottes Barmherzigkeit anrufen? Ach, dafür ist es zu spät. Die Zeit des Erbarmens ist vorüber, jetzt gilt nur die strenge Gerechtigkeit.
Diese fällt das Urteil: entweder - oder. Ist die Seele aus dem Leben geschieden in Gottes Gnade, also ohne Todsünden, so fällt ihr das Erbteil des Himmels zu. Es kann sein, daß sie noch geringere Sünden oder Strafen abzubüßen hat vor der vollkommenen Vereinigung mit Gott; diese letzte Abbüßung und Reinigung geschieht durch das Fegfeuer, das die Vorhalle des Himmels ist. Auch die Seele, die in das Fegfeuer gewiesen wird, ist ihrer Rettung gewiß. Welches Glück, zu wissen: ich bin gerettet für immer, meiner Seligkeit gewiß! Mit welchen Jubel wird die Seele in die Arme Jesu sinken, an sein heiligstes Herz! - ist sie aber in der Todsünde geschieden, dann ist ihre Verwerfung sicher. Wie der Baum fällt, so bleibt er liegen. Sie fällt in die Hände des Teufels, dem sie gedient hat. Es öffnen sich ihr die Tore der Hölle, über deren Eingang steht: Wer hier eingeht, der lasse jede Hoffnung fahren!

Wie wird es uns ergehen in Gottes Gericht? Wird Jesus, unser liebevoller Erlöser, über unsere arme Seele das Urteil des Heilses sprechen oder das Urteil der Verdammung? Eins wird sicher geschehen, und bald! - -

Damit wir im Gerichte bestehen, müssen wir uns selber richten, solange noch Zeit ist (1 Kor 11). Die öftere, ernstliche Gewissenserforschung ist sehr wichtig für unser Heil.

Ein Einsiedler, der lange Zeit sein Heil vernachlässigt hatte, fiel in eine gefährliche Krankheit. Er wurde im Verlaufe derselben im Geiste entrückt, so daß man ihn für tot hielt. Als er wieder zu sich kam, war er ganz verändert. Er entschloß sich zu einem strengeren Leben; ließ seine Zelle zumauern und hielt sich zwölf Jahre verschlossen, ohne mit jemand zu reden, genoß nur Wasser und Brot. Als er zum Sterben kam, drangen die anderen Einsiedler in seine Zelle und baten um ein erbauendes Wort. Der Sterbende sprach nur dieses: In Wahrheit, wenn die Menschen wüßten, wie furchtbar Gottes Gericht ist, sie würden ihn nie beleidigen. - Nach diesen Worten starb er und ließ die Anwesenden in heilsamen Schrecken zurück.

Gebet. O Gott, erfülle mich mit heilsamer Furcht vor deinem Gerichte und stehe mir bei, daß ich, solange es noch Zeit ist, die Mahnung des Apostels befolge: Richtet euch selbst, damit ihr nicht gerichtet werdet. Amen.


Unterricht für den vierundzwangsten Sonntag nach Pfingsten
(Dieser Sonntag ist immer der letzte)

Der Eingang der heiligen Messe ist wie am dreiundzwanzigsten Sonntage. Also:
Der Eingang der heiligen Messe tröstet und ermuntert uns zum Vertrauen auf Gott, der gegen uns so gütig ist und uns nicht allezeit in der Trübsal schmachten lassen will.
Ich sinne Ratschläge zum Frieden und nicht zur Trübsal, spricht der Herr. Ihr werdet mich anrufen, und ich werde euch erhören und zurückführen eure Gefangenen aus allen Völkern (Jer 29). Du hast gesegnet, o Herr, dein Land, hast weggenommen die Gefangenschaft Jakobs (Ps 84). Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. Wir bitten dich, o Herr! entzünde den Willen deiner Gläubigen, damit sie mit größerem Eifer die Früchte guter Werke bringen und sich dadurch einer immer kräftigeren Wirkung deiner Gnadenmittel würdig machen mögen. Durch Jesum Christum, deine Sohn, unsern Herrn. Amen.

Lektion aus dem Briefe an die Kolosser I,9-14

Brüder! Wir hören nicht auf, für euch zu beten und zu bitten, daß ihr erfüllt werdet mit der Erkenntnis des göttlichen Willens, mit aller Weisheit und geistlichen Einsicht; daß ihr Gottes würdig wandelt, in allem wohlgefällig, an allen guten Werken fruchtbar seid und zunehmet in der Erkenntnis Gottes; daß ihr mit aller Kraft gestärkt werdet vermöge der Macht seiner Herrlichkeit zu aller freudigen Geduld und Langmut: indem ihr Dank saget Gott dem Vater, der uns tüchtig gemacht hat aus der Gewalt der Finsternis und versetzt hat in das Reich des Sohnes seiner Liebe, in dem wir die Erlösung haben durch sein Blut, die Vergebung der Sünden.

Erklärung

Nach dieser Lektion des hl. Paulus sollen wir, seinem Beispiele folgend, Gott unaufhörlich für uns und unsere Mitmenschen bitten, daß wir vor allem mit der Erkenntnis des Willens Gottes erfüllt werden. Diese Erkenntnis tut uns vor allem not. Was nützte uns alle Wissenschaft der Welt, wenn wir nicht wüßten, was Gott von uns will? Die Gnade muß uns erleuchten und antreiben, stärken. Und je treuer wir ihrer Anregung folgen, desto heller wird ihr Licht in unsere Seele scheinen; desto kräftiger und entschiedener werden wir nicht nur zum Preise Gottes unsere Pflicht tun, sondern desto geduldiger werden wir auch unser Kreuz tragen und werden von den Anfechtungen uns nicht ermüden lassen. Ferner sollen wir Gott bitten, daß er uns verleihe, ihm voll Freude für die große Wohltat unserer Erlösung zu danken, durch die wir aus dem Reiche der Finsternis, d.i. des Teufels, und das Reich des Lichtes und der Leibe, d.i. Gottes, übersetzt sind, Vergebung der Sünden empfangen und an dem Erbe der Heiligen teilhaben. Befleißigen wir uns denn, diese Ermahnungen des Apostels zu befolgen und ihm in seiner Liebe und seinem Eifer für die Ehre Gottes und das Seelenheil der Menschen nachzufolgen, so werden wir einst auch an seiner herrlichen Belohnung im Himmel teilnehmen.

Evangelium Matthäus XXIV,15-35

In jener Zeit sagte Jesus zu seinen Jüngern: Wenn ihr den Greuel der Verwüstung, der von dem Propheten Daniel vorhergesagt worden ist, am heiligen Orte stehen sehet: - wer das liest, der merke sichs wohl! - dann fliehe, wer in Judäa ist, auf die Berge; und wer auf dem Dache ist, der steige nicht herab, um etwas aus seinem Hause zu holen; und wer auf dem Felde ist, kehre nicht zurück, um seinen Rock zu holen. Und wehe den Müttern, welche die Geburt erwarten, und denen, die nähren in jenen Tagen! Betet aber, daß eure Flucht nicht in den Winter oder auf den Sabbat falle. Denn es wird alsdann eine große Drangsal sein, dergleichen von Anfang der Welt bis jetzt nicht gewesen ist, noch fernerhin sein wir. Und wenn jene Tage nicht abgekürzt würden, so würde kein Mensch gerettet werden: aber um der Auswerwählten willen werden jene Tage abgekürzt werden. Wenn alsdann jemand zu euch sagt: Siehe, hier ist Christus, oder dort! so glaubet es nicht. Denn es werden falsche Christi und falsche Propheten aufstehen, und sie werden große Zeichen und Wunder tun, so daß auch die Auserwählten (wenn es möglich wäre) in Irrtum geführt würden. Siehe, ich habe es euch vorhergesagt! Wenn sie euch also sagen: Siehe, er ist in der Wüste, so gehet nicht hinaus; siehe, er ist im Innern des Hauses, so glaubet es nicht. Denn gleichwie der Blitz vom Aufgange ausgehet und bis zum Untergange leuchtet, ebenso wird es auch mit der Ankunft des Menschensohnes sein. Wo immer ein Aas ist, da versammeln sich die Adler. Sogleich aber nach der Drangsal jener Tage wird die Sonne verfinstert werden, und der Mond wird seinen Schein nicht mehr geben, und die Sterne werden vom Himmel fallen, und die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden. Und dann wird das Zeichen des Menschensohnes am Himmel erscheinen, und dann werden alle Geschlechter der Erde wehklagen, und sie werden den Menschensohn kommen sehen in den Wolken des Himmels mit großer Kraft und Herrlichkeit. Und er wird seine Engel aussenden mit mächtigem Posaunenschalle: und sie werden seine Auserwählten von vier Winden, von einem Ende des Himmels bis zum andern zusammenbringen. Vom Feigenbaume aber lernet das Gleichnis: Wenn sein Zweig schon saftig wird und die Blätter hervorgesproßt sind, so wisset ihr, daß der Sommer nahe ist. So auch, wenn ich dieses alles sehet, so wisset, daß es nahe vor der Türe ist. Wahrlich, sage ich euch, dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis dieses alles geschieht. Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.

Erklärung

Der Greuel der Verwüstung, von dem Daniel (9,27) und Christus hier redet, ist die Entheiligung des Tempels und der Stadt Jerusalem, die von gottlosen und aufrührerischen Juden durch die abscheulichsten Laster, Ungerechtigkeiten und Räubereien usw., namentlich aber zur Zeit der Zerstörung Jerusalems von den heidnischen Römern durch durch die Aufrichtung ihrer Götzenbilder usw. verübt worden. Diese Zerstörung, die etwas weniger als vierzig Jahre nach dem Tode Jesu, im Jahr 70, auf die erschrecklichste Art vor sich ging, sagt Jesus nach dem Zeugnisse des hl. Lukas (21,20) hier voraus. Er redet aber zugleich von dem Ende der Welt, wovon die Zerstörung Jeusalems ein Vorbild war, und von seiner Ankunft zum Gericht. Die Kirche läßt sowohl zum Anfang als am Ende des Kirchenjahres ein Evangelium vom letzten Gerichte vorlesen, damit sich die Christen beständig daran erinnern und dadurch von allen Sünden abgeschreckt werden.

Bittet, daß eure Flucht nicht im Winter oder Sabbate geschehe

Die Christengemeinde zu Jerusalem flüchtete, durch die Prophezeiung Christi gewarnt, beim Nahen der Gefahr in die Berge. Das wäre nicht möglich gewesen zur Winterzeit wegen der rauhen Witterung, auch nicht am Sabbat, an dem man nach dem jüdischen Gesetze, das auch die Juden-Christen noch beobachteten, nicht reisen durfte.

Es werden falsche Christi und falsche Propheten aufstehen

Solche waren nach dem damals lebenden jüdischen Schriftsteller Josephus zur Zeit des jüdischen Krieges: Eleazar, Joannes, Simon usw., die unter dem Vorwande, den Juden zu helfen, sie in noch größeres Unglück stürzten. Vor dem Ende der Welt aber wird es der Antichrist, d.i. Widerchrist, mit seinen Anhängern sein, den Paulus (2 Thess 2,3) wegen seiner teuflischen Bosheit und Grausamkeit den Menschen der Sünde und den Sohn des Verderbens nennt, und von dem er sagt, daß er sich aus teuflischer Hoffart über alles, was Gott heißt oder göttlich verehrt wird, erheben, sich in den Tempel Gottes setzen und für Gott ausgeben, alle aber, die ihn nicht dafür anerkennen wollen, töten lassen werde. Der Antichrist wird es auch durch seine Pracht, seine prahlenden Reden, Versprechen und Geschenke, seine falschen Wunderzeichen und allerlei Verführung dahin bringen, daß nicht nur viele Juden, denen der arme und demütige Jesus zu gering war, ihn als ihren Messias anerkennen, sondern auch viele Chisten Christum verleugnen und ihm anhängen werden. Ja, die Frommen selbst würden, wenn es möglich wäre, von ihm verführt werden; allein diesen zuliebe wird Gott diese Zeit abkürzen, gleichwie er die Tage der Trübsal zur Zeit der Zerstörung Jerusalems abgekürzt hat (Offenb 11,3).

Wo immer ein Aas ist, da versammeln sich auch die Adler

Dieses ist eine sprichwörtliche Redensart und bedeutet: Wo die Gottlosen sind, dahin eilt die Strafe. Jesus will also damit sagen, wenn ich zum Gerichte (über Jerusalem und am Ende der Zeiten über die ganze Menschheit) kommen werde, so wird dieses leicht erkennbar sein; denn dann wird die Gottlosen die Strafe ihrer Missetaten ereilen.
Von den Worten an: Wahrlich, sage ich euch usw., bestimmt Jesu die Zeit der Zerstörung Jerusalems und sagt, daß viele von seinen Zuhörern sie noch erleben würden, wie denn auch wirklich geschehen ist. Den Tag und die Stunde aber, wann das Ende der Welt kommen werde, das, sagt er (Matth 44,36), wüßten nicht einmal die Engel im Himmel. Daher sollen wir auf Prophezeiungen, daß in diesem oder jenem Jahre die Welt untergehen werde, nichts halten, dagegen immer und jeden Augenblick bereit sein, vor dem Angesichte Gottes zu erscheinen. Weil der jüngste Tag den Triumph Jesu Christi über alle seine Feinde und die Vollendung des Reiches Gottes auf Erden bringen wird, so müssen wir uns nicht vor ihm entsetzen, sondern im Gegenteil durch unsere innige und volle Hingabe an Jesus das Unserige dazu beitragen, daß sein Tag bald komme.

Warum fragt der Heiland: "Wahrlich, wahrlich usw."?

Der Sohn Gottes bekräftigt hier und sonst öfters im Evangelium seine Worte gleichsam mit einem Schwure; denn Schwören heißt nichts anderes, als Gott zum Zeugen anrufen, daß man die Wahrheit sage oder sein Versprechen halten wolle. Eine bestimmte Formel oder Feierlichkeit ist hierzu nicht erforderlich. Es genügt, daß man die Absicht ausdrückt, man wolle Gott zum Zeugen anrufen oder einen Eid schwören.

Ist also das Schwören erlaubt und wann?

Ja, und zwar dann, wenn wahre Not es erfordern und die Sache wahr und gerecht ist; denn indem der Mensch so schwört, ahmt er Gott nach, ehrt ihn als den Allwissenden, Allheiligen und Allgerechten, und trägt zum Siege der Gerechtigkeit und Unschuld bei (Jerem 4,2). Dagegen versündigen sich schwer 1. diejenigen, die in einer falschen oder ungerechten Sache, wenn diese auch von geringem Belange ist, schwören oder die etwas als sicher und gewiß beschwören, was sie doch nicht gewiß wissen; denn sie rufen Gott zum Zeugen der Unwahrheit auf und entheiligen dadurch seine Wahrhaftigkeit und Gerechtigkeit sehr. Der Herr droht solchen: "Es soll kommen der Fluch in das Haus des in meinem Namen falsch Schwörenden, und er soll bleiben mitten in seinem Hause und es verzehren, sein Holz samt seinen Steinen" (Zach 5). Ein Sprichwort sagt: Dem Meineidigen verdorrt das Gras unter den Füßen; d.h. es ist bei ihm kein Glück und kein Segen mehr. Oft treffen ihn auffallende Strafgerichte. Lasse dich doch niemals und um keinen Preis zu einem so furchtbaren Verbrechen verleiten. Sooft du schwören sollst, überlege dir stets vorerst, ob du es mit gutem Gewissen darfst und kannst. - Leichter versündigen sich 2. die, die auch in einer gerechten Sache ohne Not und hinlängliche Ursache schwören, weil Gott nicht bei jeder Kleinigkeit zum Zeugen angerufen werden will und darf. Endlich sündigen 3. diejenigen gröblich und leben zudem in einer beständigen Sünde, die sich das Schwören so angewöhnt haben, daß sie, ohne zu wissen oder zu bedenken, ob die Sache wahr sei oder nicht, ob sie ihr Wort halten wollen oder nicht usw., sogleich mit Schwüren ausbrechen. Solche sündigen nämlich doppelt: einmal, weil sie sich der Gefahr aussetzen, falsch zu schwören; sodann, weil sie den Namen Gottes oder seiner Heiligen, oder seiner Werke leichtsinnig mißbrauchen.
Jeder, der oft schwört, sagt St. Chrysostomus, schwört auch zuweilen falsch, gleichwie derjenige, der viel redet, manchmal auch ungeziemende und falsche Dinge vorbringt. Deswegen hat der Heiland, nach der Meinung des hl. Augustinus, die Christen überhaupt ermahnt, nicht zu schwören (Matth 5,4), damit sie nicht durch vieles Schwören zur Gewohnheit im Schwören und von dieser zum Falschschwören kommen möchten. Wer die Gewohnheit zu schwören hat, soll sich daher die größte Mühe geben, diese Gewohnheit abzulegen. Hierzu wird ihm sehr nützlich sein, wenn er 1. recht oft beherzigt, daß, wenn man schon von jedem unnützen Worte wird Rechenschaft geben müssen (Matth 12,36), man wegen der unnötigen, vergeblichen und falschen Schwüre noch viel strenger wird gerichtet werden: "Gedenke der letzten Dinge, und du wirst nicht mehr sündigen"; 2. wenn er bedenkt, daß man denen, die so leichthin schwören, insgemein weniger Glauben als andern beimißt; wenn er 3. so oft er schwört, es gleich bereut und durch ein gewisses Bußwerk sich selbst dafür bestraft.

Gebet. O Jesus, mein Heiland und Richter! gib mir die Gnade, mein Herz durch Buße von allem, was es entheiligt, zu reinigen, in unverbrüchlicher Treue dir zu dienen, nach der Herrlichkeit, die du uns bereitet hast, zu trachten, durch Freude am Kreuze dir immer ähnlicher zu werden, und so vorbereitet mit Vertrauen deine Ankunft erwarten. Amen.


Betrachtung über die Hölle

1. Es muß eine Hölle geben, d.h. einen ewigen Strafort.

Gott ist ja gerecht, er belohnt und bestraft nach Verdienst. Vollkommene Vergeltung findet in diesem Leben nicht statt. Es muß daher einen andern Ort im Leben geben, wo die Sünder die verdiente Strafe empfangen. Jede schwere Sünde ist eine Empörung gegen die unendliche Majestät Gottes, und verdient darum eine unendliche, ewige Strafe.
Aber könnte der barmherzige Gott den Sündern nicht auch im Jenseits noch Gelegenheit geben, sich zu bekehren? Nein, das ist nicht denkbar. "Wie der Baum fällt, so bleibt er liegen." Einmal muß die Prüfung doch abgeschlossen werden, muß der Mensch sich endgültig entscheiden. Könnte der Sünder immer wieder zur Erlösung kommen, so könnte er ja immerfort Gott trotzen. Zudem fiele das unentbehrliche Abschreckunsmittel gegen die Sünde fort. Eine Strafe, die einmal ein Ende hat, ist nicht imstande, unsern Leichtsinn und unsere Leidenschaften zu bändigen. Die Erfahrung zeigt alle Tage, wie wenig man sich aus geringeren Sünden macht, weil deren Strafen vorübergehend sind. Wäre auch die Hölle nur eine Art Fegfeuer, nur eine zeitweilige Strafe, so würde sie ebensowenig Eindruck machen. Wie mache Sünde, wie manches Verbrechen ist schon verhindert, wie manche Bekehrung ist schon bewirkt worden durch den Gedanken an die Hölle: du kannst in der Sünde dahinsterben, und dann bist du ewig verdammt! Es war nicht bloß Gottes Gerechtigkeit, sondern auch seine Weisheit, welche die Hölle schuf, das erkennt schon die Vernunft. Daher konnte die Erinnerung an diese Wahrheit nie ganz auslöschen; bei allen Völkern finden wir sie, und selbst in der ärgsten Verkommenheit des Heidentums.
Zudem hat Gott es klar und deutlich offenbart. Der Heiland redet von der Hölle an vielen Stellen des Evangeliums; so in der Parabel vom reichen Prasser, in der Schilderung des jüngsten Gerichtes usw. Er wiederholt immer wieder, daß der Verdammten Feuer ein ewiges ist, das nie erlischt, daß ihr Wurm nie stirbt; daß die Gottlosen eingehen werden in eine ewige Pein, wie die Gerechten in ein ewiges Leben. Wenige Wahrheiten der Religion werden so oft und klar vom Evangelium und von der Kirche Gottes verkündigt wie diese: es gibt eine Hölle, und sie dauert ewig.

2. Worin besteht die Höllenstrafe?

Der Herr wird zu den Verdammten sagen: Weichet von mir, ihr Verfluchten; sie werden hinausgestoßen in die äußerste Finsternis. Die Verdammten sind also von Gott verstoßen und verflucht. Nie und nimmer werden sie Gottes Schönheit sehen, nie seiner Seligkeit im Himmel sich erfreuen, nie mehr einen Teil haben an Gott und seiner Liebe. Gott ist aber das höchste Gut, der Inbegriff von allem, was gut, schön, lieblich, beseligend ist. Sie sind also ausgeschlossen und verstoßen von allem, was Licht, Schönheit, Trost und Freude heißt. Wie unglücklich ist ein Blinder daran, der die herrliche Welt, die strahlende Sonne, die teuren Menschen nicht sehen kann; welche schreckliche Strafe ist es, eingesperrt zu sein in einem dunklen Kerker, in den nie ein Sonnenstrahl fällt; welche Verzweiflung muß einen Lebendigbegrabenen erfassen, wenn er in dem engen Sarge erwacht! Alles dieses ist nur ein schwaches Bild davon, was es heißt, verstoßen zu werden von Gott.
Von Gott verstoßen! Was das heißt, werden wir auf Erden niemals begreifen. Hienieden macht sich der Sünder wenig aus Gott, weil die Welt und die Sündenlust ihn berauscht und betäubt. Mit dem Tode kommt das Erwachen. Da erkennt die Seele plötzlich die unendliche Schönheit und Liebenswürdigkeit Gottes, und wie er allein den Hunger und Durst nach Glück stillen kann. Mit aller Glut der Begierde, mit dem Ungestüm heftiger Sehnsucht drängt es die Seele zu Gott, ihrem letzten Ziele, ihrem einzigen Glücke; aber sie wird zurückgeschleudert in die Höllenpein, und immer wieder schallt ihr das furchtbare Wort entgegen: Weiche von mir, Verfluchter!
Die zweite Strafe ist die Feuerqual. Wie jenes Feuer beschaffen ist, wissen wir nicht; jedenfalls wird es qualvoller brennen als alles irdische Feuer. Wie schrecklich ist schon dieses. Niemand würde für alles Geld der Welt seine Hand nur zehn Minuten ins Feuer halten. Was muß es nun erst für eine Qual sein, wenn der ganze Leib und die Seele gequält wird vom höllischen Feuer nicht für eine kurze Zeit, sondern für alle Ewigkeit. Manche Märtyrer wurden von den grausamen Heiden mit Feuer gepeinigt: man band sie wohl an Pfähle, legte glühende Kohlen unter ihre Füße, zündete ringsumher Feuer an, das zwar quälte, aber nicht verzehrte, bald steckte man harzige Holzsplitter in ihre Haut, und unter die Nägel und zündete sie an, so daß die Haut verkohlt und zerfetzt an ihrem Leibe hing. Muß das nicht eine Qual gewesen sein, so furchtbar, daß es uns schaudert, nur davon zu hören? Was muß erst die Qual der Verdammten sein, die nicht nur ringsum vom höllischen Feuer umgeben sind, sondern deren Adern das Feuer in glühendem Strome durchfließt, und deren Seele selbst von diesem Feuer in geheimnisvoller Weise gemartert und gequält wird!
Ihre dritte Strafe ist der Wurm, der nicht stirbt. Das ist die Marter der grimmigsten Gewissensbisse. Einen Vorgeschmack davon hat der Sünder manchmal schon auf dieser Welt. Man denke sich nur einen Familienvater, der sich dem Trunke ergeben, sein Vermögen durchgebracht, Weib und Kinder in bittere Not gestürzt hat. Endlich hat er halbberauscht Streithändel bekommen und einen Menschen erschlagen. Nun sitzt er im Zuchthaus. In stiller Nacht, während andere schlafen, wirft er sich ruhelos auf seinem harten Lager hin und her. Mit furchtbarer Klarheit sieht er all das Elend vor sich, das er angerichtet hat. Er sieht seine armen Kinder, die jetzt als Kinder eines Trunkenboldes und Mörders verachtet, elend und unglücklich sind fürs ganze Leben, ja, die vielleicht durch ihn auch auf die Lasterbahn gekommen sind. Er sieht sein Opfer wieder vor sich liegen mit blutender Wunde, mit brechendem Auge ihm zurufend: Mörder, du hast mich in die Hölle geschickt! Er meint, die Flüche und Verwünschungen zu hören, welche die Kinder seines Opfers und vielleicht seine eigenen ihm nachrufen. Er denkt daran, wie er früher so rechtschaffen, glücklich und zufrieden war, und wie er trotz aller Warunungen sein und der Seinigen Glück freventlich selbst zustört hat. Und es bohrt ihm dann im Herzen ein Schmerz, so grimmig, so marternd, wie wenn eine Giftschlange mit scharfen Zähen es zernagte. Das ist der Wurm der Gewissensbisse, der schon in dieser Welt sein Nagen beginnt. Diese Qual kann so arg werden, daß schon macher in Verzweiflung sich selbst ums Leben brachte, und, wie ein Sprichwort sagt, von der Pfanne in die Kohlen sprang.
Wie muß es erst martern in der andern Welt, wo die Seele, von allem losgerisse, was hier sie ergötzte und zerstreute, klar die greuliche Bosheit und Abscheulichkeit ihrer Sünden durchsaut, wo sie einsieht das Elend, das sie angestiftet, die Glückseligkeit, die sie verscherzt hat, die wohlverdiente Strafe, der sie anheimgefallen ist, und wo es nichts gibt, was die Gewissensbisse betäuben oder vergessen machen kann, wo der Wurm nagt, ohne Unterbrechung, ohne Aufhören, ohne Ende! "Da wird Heulen und Zähneknirschen sein." Das ist der Ausdruck rasender Qual.
Mag das Elend hienieden auch noch so unerträglich sein, es bleibt immer noch der letzte Trost: es hat einmal ein Ende. Das ist aber das Furchtbarste der Höllenpein: sie hat niemals ein Ende. Der Verdammte weiß: für mich ist keine Hilfe, keine Rettung, keine Linderung zu hoffen, ich bin unglückselig, ich bin verdammt, ich bleibe in diesen unerträglichen Qualen immer und ewig. Wenn Gott ihm sagen würde: du darfst alle hundert Jahre eine Träne weine, und wenn du so viele Tränen geweint hast, daß sie hinreichen, die Erde gleich einer Sündflut zu überschwemmen, dann wird die Stunde der Erlösung schlagen: es wäre ein Hoffnungsstrahl in der schauerlichen Finsternis, ein Tropfen Labung in seiner Qual. Aber nein, der Pendel der Höllenuhr tönt: "immer - immer, immer - immer". Immer Schmerz, nie Linderung; immer Pein, nimmer Ruhe; immer Verzweiflung, nimmer Erlösung.
Der berühmte Missionar Bridaine hielt einst eine gewaltige Predigt über die Hölle. Als er aus der Kirche nach Hause ging, kam ein Offizier ihm nach, trat in das Zimmer und verriegelte die Tür mit den Worten: Herr Pater, Sie verlassen dieses Zimmer nicht eher, bis Sie meine Beichte gehört haben. - Aber, sagte erstaunt der Missionar, eilt das so sehr? Könnten Sie nicht morgen kommen? - Nein, entgegnete jener, es muß sogleich sein. Ich habe Ihre Predigt über die Hölle gehört und von vor Furcht ganz erschüttert; denn ich bin in schweren Sünden. Können Sie mir garantieren, daß ich morgen noch leben werde? Ich weiche nicht von der Stelle, bis ich gebeichtet habe. - Der Missionar half ihm wirklich, sein Gewissen zu reinigen, und der Büßer fühlte sich seit langer Zeit wieder zum erstenmal glücklich, so glücklich, daß er mit keinem Könige getauscht hätte.

Möge die öftere Betrachtung der Höllenqualen auch unser Herz erfüllen mit heilsamer Reue und Furcht. Nein, nichts auf der Welt ist so schlimm wie die Todsünde; nichts dürfen wir so beklagen und scheuen; denn nichts führt uns zu solchem Elend wie sie.

Laß dir die schreckensvolle Pein der Hölle stets vor Augen sein, und flieh den Reiz der Lüste;
O denk´, was nützte mir die Welt, wenn ich zwar tät´, was mir gefällt, doch ewig leiden müßte?

Gebet. O Gott, ich glaube ja, daß es schrecklich ist, in deine gerechten Hände zu fallen. Wie oft hätte ich es schon verdient, dieses schreckliche Schicksal, durch meine vielen Sünden, durch meine Unbußfertigkeit. Aber jetzt soll es ander werden. Ich will nach besten Kräften mich reinigen von meinen Missetaten, will ernstlich Buße wirken, und wenn hinfort die Lust zur Sünde mich anwandelt, will ich mir alsbald vorhalten: wie soll ich jenes verzehrende Feuer aushalten können? Nein, nur keine Todsünde!

HARTMUT GEISLER
www.hartmut-geisler.de