Hartmut Geisler
Wir fallen niemals tiefer als in Gottes gütige Hände ...

Vorläufiger Unterricht von der Verehrung und Anrufung der Heiligen

Was heißt die Heiligen verehren?

Unter den Heiligen verstehen wir jene Diener und Dienerinnen Gottes, die nach dem Urteile der Kirche Christo und der Liebe zu Gott und den Menschen vollkommen nachgefolgt und deshalb mit der himmlischen Krone geschmückt, also von Gott selbst verherrlicht sind. Sie verehren heißt 1. ihnen wegen ihrer Würde und ihrer Verdienste Ehrfurcht, Liebe, Dankbarkeit und Vertrauen erweisen;2. sie um ihre Fürbitte bei Gott anrufen und 3. sie in ihren Tugenden nachahmen.

Worauf stützt sich unser Glaube, dass die Heiligen für uns bitten?

1. Auf die Lehre von der Gemeinschaft der Heiligen. Ihr zufolge findet unter allen Gliedern der Kirche als Glieder des einen Leibes Christi die innigste geistige Vereinigung statt, vermöge der an den geistlichen Gütern des einen Gliedes auch die andern teilnehmen, und auch jedes von Herzen wünscht, dass die andern an dem, was es besitzt, teilhaben, weshalb sie Gott unaufhörlich füreinander bitten (Jak. 5,16; Offenb 5,8).

2. Auf die große Nächstenliebe der Heiligen, die sie schon auf Erden hatten und die sie vermochte, alles, oft auch ihr Blut Leben für ihre Nebenmenschen aufzuopfern. Diese Liebe hat aber mit  ihrem Tode nicht aufgehört, denn die Liebe stirbt nicht (1 Kor 13,8). Sie haben sie also mit in den Himmel genommen, wo sie uns jetzt nur noch um so mehr lieben und diese Liebe gewiß dadurch an den Tag legen, dass sie Gott für uns bitten; denn sie wissen aus eigener Erfahrung, welche Gefahren unser Heil ausgesetzt ist, und wie sehr wir der Hilfe Gottes bedürfen.

Dürfen wir die Heiligen auch um diese ihre Fürbitte anrufen?

Wenn man noch lebende, fromme Menschen um ihr Gebet ansprechen darf, wie Gott den Freunden des Job geraten hat (Job 52,8), wie der hl. Paulus getan hat (1 Thess 5,25) und selbst die Nichtkatholiken tun: warum sollte man dann die im Himmel vor dem Angesichte Gottes sich befindenden Heiligen nicht um ihre Fürbitte anrufen dürfen?

Wissen aber die Heiligen auch um unser Gebet?

Gott offenbart den Seelen im Himmel, was auf Erden vorgeht; in ihm sehen sie unsern Zustand, unsere Bedürfnisse, Anliegen und Gebete. Christus hat uns gelehrt, dass die heiligen Engel um die Bekehrung eines Sünders wissen und sich darüber freuen (Luk 15,10), sie bringen das Gebet der Frommen wie ein angenehmes Rauchwerk vor das Angesicht Gottes (Offenb 8,3). Wird nicht ein Gleiches den Heiligen zugestanden sein, da sie doch Freunde Gottes und Jesu Christi genannt werden? (Jak 2,23; Joh 15,14.15). Haben nicht Onias und Jeremias nach ihrem Tode Kenntnis von dem betrübten Zustande des jüdischen Volkes gehabt und dafür eifrig bei Gott gebetet? ( 2 Mach 15,12).

Was ist von dem Unterschiede zu halten, der in der Verehrung der Heiligen gemacht wird?

Gott selbst hat unter den Heiligen einen Unterschied gemacht, indem er ihnen verschiedene Gnaden und eine höhere oder niedere Stufe der Herrlichkeit angewiesen hat. Deshalb macht auch die Kirche einen Unterschied und verehrt vor und über alle Heiligen Maria, die unbefleckte Jungfrau, die Mutter Gottes, die Helferin der Christen und Königin der Engel und Menschen. Nach ihr erweist die Kirche besonders große Ehre dem heiligen Joseph, ihrem Patron.

Folgendes sind die Stände oder Chöre der Heiligen:

1. die Engel, die obwohl sie die edelsten Geister und Diener Gottes sind und sich unaufhörlich mit dem Lobe und Dienste desselben beschäftigen, dennoch auch für die Menschen als dienstbare Geister sorgen (Hebr 1,14);

2. die Patriarchen, die dem Fleische nach die Voreltern, zugleich aber durch ihre Tugenden die Vorbilder Jesu Christi waren;

3. die Propheten, die als Werkzeuge des Heiligen Geistes die Menschen von dem Willen Gottes unterrichteten, sie in der wahren Religion befestigten und zur Ankunft des Weltheilandes, den sie vorhersagten, vorbereiteten;

4. die Apostel und

5. die Evangelisten, die als Zeugen der Gottheit Jesu Christi, als Boten des Friedens, als Väter und Hirten aller Gläubigen, als Grundsteine und Säulen der Kirche angesehen sind;

6. die Märtyrer, die wegen des Glaubens und der Tugend alles, auch ihr Leben, aufgeopfert und mit ihrem Blute den Acker der Kirche so befruchtet haben, dass er eine unzählige Menge der Gläubigen hervorbrachte;

7. die Bischöfe und Priester, die als gute Hirten ihre Herden mit den heiligen Sakramenten, mit ihrer heiligen Lehre und ihrem Beispiele getreulich geweidet, vor den Wölfen beschützt und durch Opferung des göttlichen Lammes sich als Mittler zwischen Gott und dem Volke dargestellt haben;

8. die Mönche und Einsiedler, die mit Verachtung aller weltlichen Ehren, Güter und aller menschlichen Bequemlichkeit Christo, dem Herrn, nachgefolgt sind;

9. die Beichtiger oder Bekenner, die keine Priester sind und sich durch alle Widersprüche und ärgerlichen Beispiele der bösen Welt von der genauen Beobachtung der evangelischen Gesetze nicht haben abwendig machen lassen;

10. die Jungfrauen, männlichen und weiblichen Geschlechtes, die ihre Reinheit allen Wollüsten, Gütern und Ehren der Welt vorgezogen und sie niemals befleckt haben, weshalb sie nun im Himmel dem Lamme allenthalben folgen, wo es hingeht, und einen neuen Gesang singen, den außer ihnen niemand singen kann (Offenb 14);

11. die Witwen, die ihren beschwerlichen Stand durch Demut, Geduld, Arbeitsamkeit, gute Kinderzucht und Ergebenheit in den Willen Gottes geheiligt haben;

12. die Büßer, die nach erlittenen Schiffbruche ihrer Unschuld das Brett der Buße ergriffen, ihren Fall durch die härtesten Abtötungen wieder gutgemacht haben, und so auf dem schmalen Wege durch die enge Himmelstür gegangen sind.

Welche Heiligen werden Nothelfer genannt?

Folgende vierzehn: 1. der hl. Blasius (dessen Gedächtnistag am 3. Februar ist): 2. der hl. Georg (23. April); 3. der hl. Erasmus (2. Juni); 4. der hl, Vitus (15. Juni); 5. die hl. Margareta (13. Juli); 6. der hl. Christophorus (25. Juli); 7. der hl. Pantaleon (28. Juli); 8. der hl. Cyriakus (8. August); 9. der hl. Ägidius (1. September); 10. der hl. Eustachius (20. September); 11. der hl. Dionysius (9. Oktober); 12. die hl. Katharina (25. November); 14. die hl. Barbara (4. Dezember). – Alle heiligen vierzehn Nothelfer sind Märtyrer, der hl. Ägidius ausgenommen.

Darf man auch die Reliquien, d.h. ihre Gebeine und andere Sachen von ihnen verehren?

Ohne allen Zweifel; denn dieses war schon im alten Gesetze, noch viel mehr aber im neuen, und war gleich in den ersten Zeiten der Kirche im Gebrauche, und Gott selbst hat diese Verehrung zu allen Zeiten durch die größten Wunderwerke gutgeheißen. So hat er durch die Gebeine des Eliseus einen Toten erweckt (4 Kön 13,21); die blutflüssige Frau ist durch die Berührung des Kleides Christi gesund geworden (Matth 9,22); sogar durch den Schatten des hl. Petrus (Apostelgesch 5,15.16) und die Schweißtücher des hl. Paulus (Apostelgesch 19,12) wurden allerlei Krankheiten geheilt und Teufel ausgetrieben, anderer Wunder zu geschweigen, die bei den Gräbern der Märtyrer und anderer Heiligen geschehen sind und noch geschehen.

Warum soll man die Reliquien der Heiligen verehren?

Die Ursache davon gibt der Kirchenrat von Trient sehr schön an, weil sie nämlich die köstlichsten Überreste von ihren Leibern sind, die zu ihren Lebzeiten Glieder Christi und Tempel des Heiligen Geistes waren, und einstens wieder auferweckt und verherrlicht werden. Sie sind die Werkzeuge ihrer Tugend und Heiligkeit gewesen, und Gott erzeigt uns dadurch so viel Wohltaten; darum verdienen sie gewiss von uns in Ehren gehalten zu werden.

Dar man auch die Bilder der Heiligen, das heilige Kreuz usw. verehren?

Wenn es keine Sünde ist, die Bildnisse der Fürsten und anderer Personen in Ehren zu halten, warum sollte es dann nicht erlaubt sind, die Bildnisse Christi und der Heiligen zu ehren? … Es hält ja auch jedermann dafür, dass die Ehre oder Schande, die man einem Bilde antut, auf denjenigen zurückfällt, den es vorstellt, sich also auf diesen, und nicht auf das Bild an und für sich bezieht.

Was ist von den sogenannten Gnadenbildern zu halten?

Das sind solche Bilder Christi oder seiner Heiligen, deren Verehrung Gott mit außerordentlichen Gnaden belohnt hat. An sich sind sie nicht heiliger und verehrungswürdiger wie andere. Gott bedient sich aber nach seinen unerforschlichen Ratschlüssen ihrer, um den Gebetseifer und das Vertrauen der Gläubigen zu wecken und zu belohnen.

Ist aber die Bilderverehrung nicht untersagt durch das Verbot, geschnitzte Bilder zu machen?

Keineswegs; sonst hätte Gott selbst wider dieses Verbot gehandelt, da er dem Moses befohlen hat, die Arche mit zwei goldenen Cherubim zu zieren (2 Mos 25,18), eine eherne Schlange aufzurichten (4 Mos 21,9) und in dem Tempel zu Jerusalem allerlei Bildnisse aufzustellen (3 Kön 6,26). Dieses Verbot will nur sagen, dass man den Bildern nicht göttliches Wesen oder göttliche Kraft zuschreiben, sie nicht anbeten und nicht ein solches Vertrauen auf sie setzen soll, als könnten sie durch sich selbst uns helfen, wie einst die Heiden taten, die alle ihre Hoffnung auf ihre Götzenbilder setzten. Die katholische Kirche tot oder gestattet aber nicht von allem diesem.

Zu was nützen die Bilder?

Sie sind, wie der hl. Gregor sagt, für die Ungelehrten gleichsam ein Buch, woraus sie die Geheimnisse und Wohltaten Gottes erlernen; dasjenige, was Christus für uns und die Heiligen für Christus und den Himmel getan haben, sich zu Gemüte führen und hierdurch zu Dankbarkeit, zur Liebe Gottes und zur Nachfolge der Heiligen aufgemuntert werden können und sollen. Es wäre darum sehr zu wünschen, dass die unkeuschen und ärgerlichen Bilder, wodurch so oft die Unschuld verführt wird, aus allen christlichen Wohnungen weggeschafft und dafür heilige und erbauliche Bilder aufgestellt würden.

Darf man den Heiligen, ihren Bildern und Reliquien auch Kirchen weihen und Messen aufopfern usw.?

Nein, dies und dergleichen sind Handlungen der Anbetung, die allein Gott, dem Herrn über Leben und Tod, gebühren. Wenn also z.B. einem Heiligen zu Ehren eine Kirche gebaut ist, so will das so viel sagen, dass Gott dies Kirche gebaut wird in besonderer Verehrung dieses oder jenes Heiligen. Wenn einem Heiligen zu Ehren eine Messe gelesen wird, so wird diese nicht dem Heiligen aufgeopfert, sondern immer nur Gott allein, aber dies geschieht mit besonderer Erinnerung an den Heiligen. Daher sagt der hl. Augustinus: „Keinem Märtyrer, sondern Gott selbst, dem Herrn der Märtyrer, bauen wir Tempel und Altäre, obgleich auf den Gräbern der Märtyrer. Noch keiner unserer Vorstehen hat am Altare gesagt: „„Wir opfern dir, o Petrus oder Paulus!““ Was geopfert wird, wird Gott geopfert, der die Märtyrer gekrönt hat.“ Darum singt die Kirche an gewissen Festtagen der Heiligen zum Eingange der heiligen Messe: „Lasset uns frohlocken in dem Herrn, da wir den Festtag des heiligen NN begehen, worüber die Engel sich freuen und den Sohn Gottes einhellig loben.“ Ehre sei dem Vater usw.

Kann man in der Andacht gegen die Heiligen, ihre Bilder und Reliquien auch zu viel tun und sich verfehlen?

Allerdings: und zwar geschieht dieses, wenn man sie so viel oder gar mehr ehrt als Gott selbst; wenn man Gott gleichsam auf die Seite setzt und seine Gebete und Andachten bloß an die Heiligen richtet; wenn man ein vermessenes Vertrauen auf sie setzt, als könnten und müssten sie uns selbst helfen; wenn man sich von den Heiligen wegen gewisser Andachten, Gebetlein und heiliger Sachen ganz gewiß einen glückseligen Tod und den Himmel verspricht, ohne sich eines frommen Lebens zu befleißigen; wenn man nichts als zeitliche und irdische Güter, Geld und Schätze usw. von ihnen verlangt, und hierzu vielleicht gar verdächtige, abergläubische, von dem Teufel und gottlosen Menschen, nicht von der Kirche gutgeheißene Gebete und Andachten gebrauchen oder gar den Beistand der Heiligen zu Lastertaten anruft; wenn man die Heiligen in unanständigen, in der Heiligen Schrift nicht begründeten, noch von der Kirche gutgeheißenem oder ärgerlichen Bildern vorstellt; wenn man zweifelhafte und von den Bischöfen nicht für echt erklärte Reliquien zur Verehrung aussetzt oder Gewerbe und Handel damit treibt usw.

Ist es auch eine Gott wohlgefällige Andacht, zu den Gräbern der Heiligen zu wallfahrten?

Was die frömmsten, die gelehrtesten, die heiligsten Bischöfe, Lehrer und Priester der Kirche, was die gläubigen Fürsten und Gemeinde, von der Ausbreitung der katholischen Religion bis jetzt, in bußfertiger und heiliger Gesinnung getan haben, was der gütige Gott durch wohlbewährte große Wunderzeichen gutgeheißen und belohnt hat, muss ohne Zweifel eine Gott wohlgefällige Andacht sein. So schimmerte im Glanze der Wunder das heilige Grab unseres Herrn in Jerusalem; so die Gräber der heiligen Apostel Petrus und Paulus zu Rom, des hl. Jakobus zu Compostella in Spanien, des hl. Johann von Nepomuk zu Prag in Böhmen und die Gräber vieler großen Freunde Gottes durch die ganze christliche Welt.

Wie soll man wallfahrten gehen?

Man soll 1. eine gute Meinung haben: 2. die Zeit, die man auf der Reise zubringt, wohl anwenden; 3. die Beschwerden der Reise Gott zuliebe mit Geduld ertragen; 4. am Wallfahrtsorte oder schon vorher durch eine reumütige Beichte sein Gewissen reinigen und die heilige Kommunion empfangen; 5. seine Gebete mit Andacht, Eifer und Vertrauen verrichten; 6. alles sorgfältig meiden, was die Wirkung des Gebetes und den Nutzen der Wallfahrt verhindern kann, sowie an solchen Orten den festen Entschluss fassen, sein Leben wahrhaft zu bessern und nur für Gott zu leben.

Andachtsübungen zu einem jeden Heiligen an seinem Festtage

O heiliger N.! Ich freue mich von Herzen und wünsche dir Glück, dass Gott dir die Gnade verliehen hat, die Welt und alles Zeitliche zu verachten, nach Tugend zu streben und im Guten so lange zu verharren, bis du durch einen glückseligen Tod zu ihm gekommen bist und die Krone des ewigen Lebens empfangen hast. Für alles dieses sei Gott von mir unendlich gelobt und gepriesen, und ich wünsche von Herzen, dass er in dir und du in ihm allenthalben geehrt und gelobt werden mögest. Ich bitte dich auch durch deine großen Verdienste, erwirb mir die Gnade, deinem Beispiele fleißig nachzufolgen, das Zeitliche zu verachten und nach dem Ewigen zu streben, damit ich auch zu der Seligkeit gelange, die du nun ewig genießest. Durch Jesum Christum, unsern Herrn. Amen.


Unterricht für das Fest des heiligen Bischofs Nikolaus (8. Dezember)

Dieser Heilige wurde zu Patara in Lycien im Jahre 280 geboren. Schon als Kind fastete er am Mittwoch und Freitag bis auf den Abend, und die Gewohnheit behielt er sein ganzes Leben hindurch bei. Seine Kindheit brachte er in Unschuld und Gottseligkeit zu. Der frühzeitige Tod seiner Eltern machte ihn zum Erben großer Reichtümer, die er aber unter die Armen, besonders diejenigen, die sich des Bettelns schämten, austeilte. Unter anderm gab er einem armen Edelmanne heimlicherweise dreimal so viel Geld, dass er seine drei Töchter, die in Gefahr standen, ihre Unschuld zu verlieren, anständig verheiraten konnte. Ein so großes Tugendlicht war würdig, auf den Leuchter gesetzt zu werden. Dieses geschah auch wunderbarerweise. Für den erledigten Bischofsitz zu Myra wurde nämlich durch Offenbarung Gottes derjenige bestimmt, der sich morgens früh zuerst in der Kirche befände. Dieser war Nikolaus. Nur aus Gehorsam gegen den erkannten Willen Gottes nahm er diese hohe Würde an, und wurde nur noch demütiger, wohltätiger und in allen Tugenden vollkommener. Wegen der unzähligen Wunder, die er wirkte, wurde er der Wundermann genannt. Die Tugend bewährt sich in der Prüfung. Deshalb ließ es Gott zu, dass er um des Glaubens willen eine schwere Verfolgung, Verbannung, Fesseln und Kerker so lange erdulden musste, bis die Kirche durch den Kaiser Konstantin den Frieden erhielt. Hierauf bestritt er mit neuem Eifer die Abgötterei und die neuentstandene Ketzerei des Arius, und begab sich daher zu der Kirchenversammlung von Nicäa. Nachdem er endlich seinen tugendvollen, schweren Kampf vollendet hatte, starb er mit gen Himmel gewendeten Augen, indem er die Worte sprach: „Herr, auf dich hat meine Seele gehofft, nimm sie in deine Hände auf.“ (Im Jahre 352) Sein heiliger Leib ward in der Kirche von Myra begraben und blieb daselbst bis zum Jahre 1087, in dem es dem Herrn gefiel, ihn nach Bari,  einer Stadt in Italien übertragen zu lassen, wo Gott seine Überreste durch außerordentliche Wunder verherrlichte.

Abgebildet wird der hl. Nikolaus als Bischof, und zwar mit einem Anker, als Patron der Schiffer, deren er einmal einige wunderbar rettete – drei Brote auf einem Buche in der Hand halten, weil er während einer Hungersnot zu Myra einem Kaufmann in Sizilien im Träume erschien und diesem gebot, Getreide nach Myra zu führen – drei Kinder in einem Taufbecken tragend, wie er einst drei Kinder einer armen Frau gerettet hat – oder mit drei Kugeln, als Zeichen seiner Wohltätigkeit.

Betrachte die Tugend der Klugheit

1. Sie ist die Erkenntnis dessen, was Gott in jedem Augenblicke von uns verlangt, sowie die Unterscheidung der wahren Güter von den falschen. Nicht alles, was gut ist, ist es immer und unter allen Umständen. Die Klugheit weiß stets das Richtige zu wählen, sowie die besten Mittel und die rechte Zeit. Die brüderliche Zurechtweisung z.B. vermag andere vor viel Schaden und Sünde zu bewahren, wenn sie richtig angewandt wird; unklug angewandt, zu unrechter Zeit, in verkehrter Weise, erbittert sie nur und richtet mehr Schaden als Nutzen an. Almosen geben ist gut; aber nicht für einen, der seine Schulden nicht bezahlt; auch darf man nicht jedem ohne Unterschied Almosen geben. – Die Klugheit bewahrt uns vor Selbstbetrug, dass wir uns nicht zum Bösen durch den Schein des Guten verführen lassen. Wie oft hast du dich schon selbst getäuscht, verblendet durch die verkehrten Begierden deines Herzens!

2. Die Klugheit ist die notwendigste Tugend. Einst stritten die Genossen des hl. Antonius über die wichtigste Tugend. Die einen nannten das Fasten und Wachen, die anderen die Barmherzigkeit oder Liebe zur Einsamkeit. Antonius aber sprach: Es haben alle diese Tugenden ihr Lob und Verdienst; ich aber habe aus den unzähligen Fehltritten, die so viele getan haben, die Erfahrung gemacht, dass die Klugheit die notwendigste Tugend ist; denn sie erhält, leitet alle anderen und führt zu den anderen Tugenden; sobald sie fehlt, kommt man zum Falle. – Daher mahnt Christus: Seid einfältig wie die Tauben, aber klug wie die Schlangen (Matth. 10), und erklärt, dass die fünf klugen Jungfrauen ihre Seligkeit der Klugheit verdanken. Die törichten Jungfrauen gingen dem Bräutigam auch entgegen, bemühten sich auch, in den Himmel zu kommen, aber es gelang ihnen nicht, weil sie unklug waren. Welchen hast du bisher geglichen?

3. Die Weisheit ist ein besonderes Gnadengeschenk des göttlichen Geistes. Bete daher eifrig zum Heiligen Geiste um Erleuchtung und Führung. Aber „die Weisheit geht nicht ein in eine boshafte Seele und wohnt nicht in einem Leibe, welcher der Sünde dient“ (Weish. 1). Hat nicht schon die erste Sünde den Verstand des Menschen verdunkelt und seinen guten Willen geschwächt? Das tut noch jede Sünde aufs neue. Entschließe dich also, ein wahrhaft gottesfürchtige Leben zu führen und die Leidenschaften entschieden zu bekämpfen. „Die Gottesfurcht ist der Anfang der Weisheit.“ Endlich frage gewissenhafte, erleuchtete Christen, Seelsorger um Rat. „Mein Sohn, tue nichts ohne Rat, so wirst du nach der Tat nichts zu bereuen haben“ (Ekkl. 32).

(Die Messe des heutigen Tages ist dieselbe wie am 4. Dezember [Fest des hl. Anno, Erzbischofs von Köln], mit Ausnahme des folgenden Gebetes.)

Gebet der Kirche: O Gott! der du den hl. Nikolaus mit unzähligen Wundern geehrt hast, wir bitten dich, verleihe uns, dass wird durch seine Verdienste und Fürbitte vor den Flammen der Hölle bewahrt werden. Durch Jesum Christum, deinen Sohn, unsern Herrn. Amen


Unterricht für das Fest der Unbeflecken Empfängnis der seligsten Jungfrau Maria
(8. Dezember)

Eingang der heiligen Messe:

Hoch erfreue ich mich im Herrn, und meine Seele frohlockt in meinem Gotte, weil er mich mit dem Gewande des Heiles bekleidet und mit dem Mantel der Gerechtigkeit umgeben hat, wie eine Braut mit ihrem Geschmeide geziert. – Ich will dich erheben, o Herr, weil du mich aufgenommen hast und meine Feinde sich nicht erfreuen ließest über mich. Ehre Sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche.   O Gott! der du durch die Unbefleckte Empfängnis der Jungfrau deinem Sohne eine würdige Wohnung bereitest hast, wir bitten dich, dass, wie du sie in Voraussehung des Todes eben deines Sohnes vor aller Welt bewahrt hast. So auch uns durch ihre Vermittlung rein zu dir gelangen lassest. Durch eben denselben Jesum Christum, deinen Sohn, unseren Herrn. Amen

Lektion aus den Sprüchen Salomons VIII, 22-35

Der Herr besaß mich im Anfang seiner Wege, ehedenn er etwas gemacht hat, von Anbeginn. Ich bin eingesetzt von Ewigkeit, von Urbeginn, ehedenn die Erde ward. Die Tiefen waren noch nicht, und ich war schon empfangen, ehe die Wasserquellen hervorbrachen und die Berge in ihrer gewaltigen Größe sich erhoben, und vor den Hügeln ward ich geboren. Noch hatte er die Erde nicht gemacht, nicht die Flüsse, nicht die Angeln des Erdkreises; schon als er die Himmel bereitete, war ich dabei. Als er nach genauem Gesetze einen Kreis zog um die Tiefen, als der den Wolkenhimmel oben festigte und den Wasserquellen ihre Gefälle bestimmt, als er dem Meere seine Grenzen gab und den Wassern ihre Schranken setzt, damit sie ihre Grenzen nicht überschreiten, als er die Grundfesten der Erde legte: da war ich bei ihm und ordnete alles und erlustigte mich Tag für Tag und spielte vor ihm allezeit, spielte auf dem Erdkreise, und meine Lust ist, bei den Menschenkindern zu sein. Nun also, ihr Kinder, höret mich: Glückselig sind, die auf meine Wege achten! Höret die Lehre und werdet weise, und verwerfet sie nicht! Glückselig der Mensch, der mich höret, und der an meinen Türen wachet Tag für Tag, und meiner wartet an der Schwelle meiner Türe. Wer mich findet, findet das Leben und erlanget das Heil vom Herrn.

Wovon redet die Stelle?

Von der ewigen, göttlichen Weisheit (dem Sohne oder Worte Gottes), die allezeit und vor allen Dingen bei und in Gott war, durch die alles gemacht, geordnet, regiert und erhalten wird, und die die Menschen ermahnt, ihm ähnlich zu werden.

Warum wird diese Epistel an diesem Tage gelesen?

Weil ihr Hauptinhalt auf Maria, die allerseligste Jungfrau, angewendet werden kann. Von ihr kann man nämlich sagen, sie habe vor allen Geschöpfen eine Stelle in dem Herzen Gottes eingenommen, als das heiligste aller Geschöpfe. Eben aus dieser Ursache legt die Kirche Maria die Worte des Weisen in den Mund: „Ich bin aus dem Munde des Allerhöchsten hervorgegangen als die Erstgeborene von allen erschaffenen Dingen.“

Maria war die treueste Schülerin der ewigen Weisheit. Von allen Sünden und Mängeln rein, trat sie hervor aus Gottes Hand; unschuldig war ihr Leben; ihr Herz ein Tempel des Heiligen Geistes. Stets nach dem Willen Gottes zu wandeln und sein Gesetz treu zu erfüllen, hielt sie für die erste, unverletzbare Pflicht. In Freude und Leid war ihr Herz dem Herrn geweiht. Nie wich sie ab von seinen Wegen, stets war sie an seiner Seite und pries ihn mit Dankbarkeit. Lasset uns in ihr preisen den Sitz der ewigen Weisheit, wie unsere heilige Kirche sie nennt, und nach ihrem Vorbilde unsere Herzen der ewigen Weisheit öffnen!

Was ruft uns Maria in dieser Epistel zu?

Sie ruft uns zu: Ihr Kinder! höret mich; glückselig sind, die meine Wege bewahren. Wie ich auf den Wegen der Tugend und Vollkommenheit beständig wandelte; wie ich die Gnaden Gottes nicht umsonst empfangen, sondern unaufhörlich mit ihnen gewirkt habe zur Erlangung der Seligkeit: so tretet auch ihn in meine Fußstapfen, wenn ihr meine wahren Kinder sein und das ewige Leben erben wollet. Höret diese Lehre und verwerfet sie nicht! Glückselig ist der Mensch, der mich höret, und der an meinen Türen wachet und mich mit kindlichem Vertrauen suchet. Die so handeln, haben an mir eine Mutter des Trostes; sie finden durch meine Fürbitte hier Gnade und dort die ewige Herrlichkeit!

Evangelium Lukas I, 26-28

In jener Zeit war der Engel Gabriel von Gott gesandt in eine Stadt in Galiläa, mit Namen Nazareth, zu einer Jungfrau, die mit einem Manne aus dem Hause Davids verlobt war, der Joseph hie?; und der Name der Jungfrau war Maria. Der Engel kam zu ihr hinein und sprach: Gegrüßet seist du, voll der Gnaden, der Herr ist mit dir, du bist gebenedeit unter den Weibern.

Gebet   O allerreinste und unbefleckte Jungfrau! wie schön und vollkommen bist du! Nicht die geringste Makel ist an dir! Ich lobe und preise dich, o Gnadenvolle, um der Gnade der Unbeflecktheit willen, die dir Gott verliehen hat. O, bitte für mich, reinste und seligste Mutter Gottes, dass, nachdem meine Empfängnis nicht unbefleckt gewesen ist wie die deinige, wenigstens mein Leben rein sei, wie das deinige, und dass ich, nachdem ich mit der Erbsünde geboren worden bin, wenigsten mich bestrebe, jede freiwillige Sünde zu meiden. Erwirke mir durch deine allvermögende Fürbitte, dass ich die Unschuld, die ich durch die Sünde verloren habe, durch die Buße wiedergewinne, damit dein Sohn bei meinem Tode zu meiner Seele sprechen könne: „Du bist ganz schön, meine Geliebte, und keine Makel ist an dir!“ Amen

Betrachtung über die Unbefleckte Empfängnis Mariä

1. Am Anfange hat Gott dem Menschen die vornehmste Stellung gegeben in der sichtbaren Schöpfung. „Nur wenig unter die Engel hast du ihn gestellt, mit Herrlichkeit und Ehre ihn gekrönt“ (Ps 8). Fast wie die Engel des Himmel, so lebten anfangs die Menschen auf der paradiesischen Erde, wie Könige herrschten sie über die Schöpfung, alles war ihnen untertan. Gott würdigte sie einer vertrauten Freundschaft. Da erhob sich voll des bittersten Neides Luzifer, der abtrünnige Engel, und suchte sie um Gottes Freundschaft und ihr Glück zu bringen. Wundersüß und schlau redete er mit Eva, und nur zu gut gelang es ihm, den ersten Menschen zu Hochmut und Ungehorsam zu verleiten. Dadurch aber, dass der Mensch ein Rebell wurde gegen Gott, geriet er unter die Herrschaft und Sklaverei der höllischen Schlange. Nach Gottes Ordnung war das Verhalten der Stammeltern entscheidend für das gesamte menschliche Geschlecht. Ihre Sünde und deren schlimme Folgen vererbten sich als eine schlimme Familienmitgift auf alle ihre Nachkommen. In Adam haben alle Menschen gesündigt, Gottes Freundschaft und den Himmel verloren und sind in die Gewalt des Satans geraten. Allein nicht immer sollte der Triumph des Satans dauern. Überwältigt und ohnmächtig liegt die höllische Schlange unter den Füßen des Weibes, auf das der Barmherzige die schuldbeladenen ersten Menschen hinwies zu ihrem Troste: Feindschaft will ich setzen zwischen dir und der Schlange und dem Weibe, es wird ihr den Kopf zertreten. Dieses starke Weib, der Trost des Menschengeschlechtes, ist Maria. Durch sie ward die Macht des Bösen gebrochen in Kraft der Verdienste ihres gebenedeiten Kindes, das die Welt aus dem Banne des Satans erlöste.

2. Maria hatte als Mutter des Weltheilandes eine dreifache Würde. Sie war die erstgeborene Tochter des himmlischen Vater, die vielgeliebte Mutter des göttlichen Sohnes, die auserkorene Braut des Heiligen Geistes. Diese dreifache Würde erforderte es, dass sie nie vom Hauche der Sünde berührt, und deshalb unbefleckt empfangen wurde.

Die heiligen Väter legten der seligen Jungfrau die Worte der Schrift in den Mund: „Ich bin hervorgegangen aus der Hand des Allerhöchsten, zuerst gezeugt vor aller Schöpfung.“ Gott hat Maria vor allen Geschöpfen vorzüglich geliebt, sie ist im Reiche der Gnade sein vorzüglich geliebtes Kind, die erstgeborene Tochter des Vaters wegen ihrer besonderen Auserwählung (St. Dionysius). War es nicht billig, dass der Allmächtige Maria vor dem Fluche der Erbsünde bewahrte? Andernfalls wäre sie ja ein Kind des göttlichen Zornes geworden. Nein, seine väterliche Liebe konnte seine von Ewigkeit auserwählte Tochter keinen Augenblick der Sünde und der Gewalt des Satans überlassen.

Dieses forderte auch die Ehre des göttlichen Sohnes. Als Salomon einen Tempel bauen wollte von unvergleichlicher Pracht, sprach er: „Nicht für Menschen wird die Wohnung gebaut, sondern für Gott.“ Und wie viel mehr, sagt St. Dionysius, hat der allmächtige Werkmeister, da er Maria zur Mutter seines Sohnes bestimmte, sie mit den herrlichsten Gaben ausgeziert und vor der schändlichen Makel der Sünde bewahrt, damit sie eine würdige Wohnung Gottes werde. Wäre es nicht eine Gotteslästerung, zu glauben, er habe seine menschliche Natur von einer sündenbefleckten Mutter angenommen? „Nicht ein irdisches, sondern ein himmlisches Gefäß wählte sich Christus, da er auf Erden herabstieg; er weihte sich einen Tempel heiliger Reinheit“ (St. Ambrosius). „Maria wurde vor der Erbsünde bewahrt, weil es sich für die hohe Würde einer Gottesmutter nicht geziemt hätte, durch die Erbsünde verunreinigt zu sein, wodurch die Seele ein Gegenstand des göttlichen Hasses wird“ (St. Thomas). Würde wohl ein Sohn, der sich eine Königin zur Mutter wählen könnte, sich eine Sklavin wählen? Gewiss nicht. „Ebenso ist es auch nicht denkbar, dass der Sohn des ewigen Vaters, der eine heilige, unbefleckte Mutter haben konnte, sich eine Sünderin gewählt hätte“ (St. Bernhard). Wollte er doch sogar seinen Vorläufer schon vor der Geburt heiligen, wie die Schrift erklärt.

Maria sollte auch die auserkorene Braut des Heiligen Geistes werden. „Der Heilige Geist stieg persönlich  zu ihr herab und bildete in ihrem reinsten Schoße den reinsten Leib Jesu Christi, wie der Engel verkündete. Wer wird nun wohl zweifeln, dass der Heilige Geist Maria, seine jungfräuliche Braut, vor der entehrenden Makel der Erbsünde bewahrt hat? Der Heilige Geist liebt nur reine Seelen, nur in reinen Herzen kann er wohnen. Er selbst nennt im Hohen Liede seine auserwählte Braut einen „verschlossen Garten“, eine „versiegelte Quelle“. „Niemand anders kann damit verstanden werden als Maria, die seligste Jungfrau, denn niemals drang die Sünde in diesen verschlossen Garten, um Blätter und Blumen zu brechen; nie drang die Sünde zu dieser von Gott versiegelten Quelle, um den reinen Spiegel der Unschuld zu trüben“ (St. Hieronymus). „Ganz schön bist du, o glorwürdige Jungfrau, und keine Makel ist in dir, keine Makel der persönlichen Sünde und keine Makel der Erbsünde“ (St. Jordan).

3. So haben die Christen von Anfang an geglaubt, so die Väter fast einstimmig von Anfang an gelehrt, obwohl diese Lehre noch nicht feierlich als ein Bestandteil des katholischen Glaubens erklärt war. Könige haben ihre Länder unter den besonderen Schutz der unbefleckten Jungfrau gestellt, geistliche Ritterorden haben geschworen, den Glauben an diesen Vorzug Mariä bis zum letzten Blutstropfen zu verteidigen; wer in Paris und Köln in früheren Zeiten Doktor werden wollte, musste schwören, dass er an diesem Glauben festhalte, dafür leben und sterben wollte. Seit Jahrhunderten war von vielen gelehrten und frommen Männern den Päpsten die Bitte vorgetragen worden, sie möchten diese Lehre in Kraft ihres obersten Lehramtes bestätigen und als Glaubenssatz der Kirche erklären. Endlich wollte Papst Pis IX. diesem allgemeinen Wunsche willfahren. Er erließ vorerst eine Anfrage bei allen Bischöfen der katholischen Welt, ob sie dafür hielten, dass jetzt eine solche feierliche Entscheidung ergehen solle. Nachdem alle ihr Gutachten eingesandt hatten, versammelten sich zweihundert Kardinäle, Patriarchen, Erzbischöfe und Bischöfe am 8. Dezember 1854 um den Heiligen Vater in Rom, und nun erklärte der Papst in Kraft seiner Unfehlbarkeit als oberster Lehrer der Kirche: es sei katholischer Glaube, dass die seligste Jungfrau Maria im ersten Augenblicke ihrer Empfängnis durch die ganz besondere Gnade und Bevorzugung des Allerhöchsten, in Anbetracht der Verdienste Jesu Christi, unseres Erlösers, vor jeder Makel der Erbsünde bewahrt und mit allen Gnaden erfüllt gewesen sei.

Einhelliger Jubel ging damals durch die katholische Welt. Und mit Recht. Denn durch diese Lehrentscheidung wurde der seligsten Jungfrau der glänzendste Edelstein eingefügt in die Krone ihrer Herrlichkeit. Gerade dieses Geheimnis gibt ihr einen Vorzug, der sie auszeichnet vor allen Geschöpfen der Erde und allen Heiligen des Himmels. Und der Heilige Geist, der die Kirche leitet, hat gerade in unserer Zeit die Entscheidung herbeigeführt, weil heutzutage der Glaube an die göttliche Würde des Heilandes so viel angestritten wird, weil so viele den Weg des Fleisches gehen und sich aus der Sünde nichts machen. Indem wir diesen einzigen Vorzug unserer himmlischen Mutter feiern, sollen wir immer uns erinnern, worin auch wir unsere wahre Würde, unser höchstes Glück zu suchen haben.

4. Es ist wahr, wir sind nicht gleich ihr unbefleckt empfangen. Allein Gottes Güte und Barmherzigkeit hat sich auch gegen uns wunderbar bewiesen. Durch das Wasser der Taufe, oder vielmehr durch das Blut Christi, hat er unsere Seele gereinigt und in Christus neugeboren zu einem neuen Gnadenleben; und da erlangten wir zugleich eine übernatürliche Weihe und himmlische Würde: wurden Kinder Gottes, Brüder und Glieder Jesu Christi, Tempel des Heiligen Geistes.

Bei der Taufe sprach Gott auch über uns: dieses ist mein geliebtes Kind, an dem ich mein Wohlgefallen habe. Wie oft haben die Apostel den Gläubigen diese Wahrheit ins Gedächtnis gerufen! Bedenket Brüder, ruft Paulus den Römern zu, ihr habt nicht den Geist der Knechtschaft empfangen (dass ihr euch fürchten müsstet), sondern den Geist der Kindschaft, womit wir zu Gott rufen: Abba, Vater! – Seht also, sagt auch der hl. Johannes, welche Liebe der Vater uns bewies, dass wir Kinder Gottes genannt werden und es auch sind! – Welche Ehre und Würde! Was sind dagegen alle Ehren der Welt! Der heilige König Ludwig pflegte zu sagen: Ich freue mich mehr, ein Kind Gottes zu sein, als der Sohn eines Königs. Diese Würde fordert aber, dass wir auch als Gotteskinder leben, unserm himmlischen Vater Ehre und Freude mache, unser Erbrecht nicht gleich Esau um ein Linsenmus verkaufen. Mögest du es oft überlegen: was bin ich geworden durch Gottes Gnade – was will der Teufel aus mir machen durch die Sünde?

St. Paulus nennt Christus den Erstgeborenen des Vaters zum Unterschiede von uns Christen. Christus ist Sohn Gottes von Natur und Ewigkeit, wir sind zu Kindern Gottes angenommen und wiedergeboren in der Taufe. St. Leo ruft aus: Denke, o Christ, denke an deine erhabene Würde. Siehe, der göttlichen Natur bist du teilhaftig geworden, ein Bruder Jesu Christi. Kehre also nicht durch den bösen Lebenswandel zur schändliche Niedrigkeit der Sünde zurück. – Kinder eines Vaters müssen miteinander Ähnlichkeit haben. Daher sagt der Heiland: Das sind meine Brüder und Schwestern, die den Willen meines Vaters tun.

Leib und Seele sind die Wohnung des Allerhöchsten geworden; wie sollte uns dieses antreiben, unsere Glieder heilig zu halten, unser Herz dem bösen Geiste zu verschließen. „Wer den Tempel Gottes schändet, den wird der Herr zugrunde richten, denn der Tempel Gottes ist heilig, und der seid ihr!“

Soll unsere Muttergottesverehrung die rechte sein, so muss sie uns anleiten, die Güter der göttliche Gnade, sowie die Würde und das Glück, die wir in Gottes Gnade finden, über alles zu schätzen, dagegen nichts so sehr zu fürchten und zu fliehen als die Sünde, die Quelle aller wahren Schande und alles Elends.


Unterricht für das Fest des heiligen Apostels Thomas (21. Dezember)

Thomas, sonst auch Didymus oder der Zwilling genannt, war ein Fischer aus Galiläa. Nachdem er von Christus unter die Apostel aufgenommen worden war, begleitete er den göttlichen Erlöser auf allen seinen Reisen und bewies seine Gelehrigkeit, seinen Eifer und seine Liebe gegen Jesus besonders dadurch, dass er gerne und freudig nach Bethanien ging, wo Lazarus auferweckt werden sollte. Denn da die anderen Apostel sich fürchtete, dahin zu gehen, weil die Juden Jesum töten wollten, sprach Thomas mutvoll: "Wohlan, so wollen auch wir gehen und mit ihm sterben!"
Sein Glaube in betreff der Auferstehung Christi hat zwar zeitweilig gewankt; allein kaum hat ihn Christus durch die Vorweisung seiner Wundmale überzeugt, so rief er sogleich mit festem Glauben aus: "Mein Herr und mein Gott!" wodurch er Christum als den Sohn Gottes und als seinen Herrn und Erlöser bekannte. Darüber sagt der hl. Gregor: Gott habe den Zweifel des hl. Thomas zu unserm Besten zugelassen: denn sein Zweigel und Unglaube habe uns mehr genützt als der schnelle Glaube anderer Jünger, weil er Christum veranlaßte, uns viel deutlichere Beweise von seiner Auferstehung zu geben, um uns in dem Glauben daran zu bestärken.
Die Aufrichtigkeit und Festigkeit seines Glaubens hat Thomas durch die zahllosen, für Christus unternommenen Arbeiten und erduldeten Leiden bewiesen. Er durchreiste die entlegensten Länder, predigte Jesum den Armeniern, Medern, Persern, Parthern, Hirkanern und andern barbarischen und sittenlosen Völkern, und ertrug dabei mit bewundernswerter Standhaftigkeit zahllose Leiden für die Ehre Gottes und für das Heil der Seelen. Endlich kam er nach Indien, wo er in der Stadt Calamina oder Meliapor (jetzt St. Thomas) ruhmvoll den Martertod erlitt, indem er auf Befehl des Königs von den Götzenpriestern am Fuße des Kreuzes, woselbst er betete, mit Lanzen durchstochen und dann vollends totgeschlagen wurde.

Betrachtung über den Aberglauben

1. Man versündigt sich durch Aberglauben, wenn man Dingen eine gewisse Kraft zuschreibt, die sie nicht von Natur aus haben können, auch nicht durch besondere göttliche Anordnung (wie bei den Sakramenten) oder auch durch das Gebet der Kirche (wie bei den Sakramentalien oder Weihungen).
Wenn jemand auf den Mondwechsel achtet beim Säen oder Pflanzen, in der Meinung, dass der Mond auf die Erde einen natürlichen Einfluß habe, so ist das nicht abergläubisch; mag nun seine Meinung Grund haben oder nicht. Wenn jemand dreitägige oder neuntägige Andachten macht, von geweihten Medaillen, Skapulieren usw. Schutz erwartet, so ist das nicht abergläubisch, weil diese Übungen die Billigung und den Segen der Kirche haben; wohl aber wäre es Aberglauben, wenn man sichere, unfehlbare Hilfe von einer bestimmten Zahl Gebete erwartet (weil dieses keinen Grund hat in der Vernunft oder im Glauben); oder wenn man Wirkungen erzielen will mit unsinnigen Zeichen, Beobachtungen und Mitteln. Warum sollte der Freitag ein Unglückstag sein, dreizehn eine Unglückszahl?

2. Wer verständig unterrichtet ist und doch Aberglauben treibt, versündigt sich schwer. "Die Seele, die sich wendet zu Wahrsagern und Zauberern, gegen die will ich mein Angesicht wenden und sie ausrotten aus der Mitte ihres Volkes" (3 Mos 20). Der Abergläubische wendet sich von der reinen Lehre des wahren Glaubens und den heiligen Mitteln der Religion ab, er wendet sich ab von Gott, will ohne ihn und gegen ihn etwas erreichen; er wendet sich dem Teufel zu, bewußt oder unbewußt. Mägen in abergläubischen Gebeten, Sprüchen, Zeichen auch heilige Namen gebraucht sein, dadurch wird die Sache noch nicht gut und heilig, das hindert den Teufel nicht, seine Hand im Spiele zu haben. Er versucht ja den Heiland selbst mit frommen Sprüchen. Gern mischt er Honig unter sein Gift. Er vermag auch manches zu wirken, was uns wunderbar vorkommt. Deshalb kann man sich nicht wundern, wenn abergäubische Mittel manchmal wirken oder scheinbar helfen.
Wolltest du wohl aus seiner Hand etwas annehmen? Könnte das zum Heile sein? Fürchte den Bösen, selbst wenn er dir zu nützen verspricht.

3. In der Apostelgeschichte wird erzählt, daß die Gläubigen von Ephesus auf die Aufforderung des hl. Paulus sämtliche abergläubische Bücher zusammenbrachten und sie verbrannten. Es waren Bücher im Werte von 50.000 Denaren (35.000 Mark).
Dulde ebenfalls nichts Abergläubisches in deiner Nähe. Bist du über etwas zweifelhaft, so frage um Rat. Das sicherste Mittel gegen die Versuchungen des Aberglaubens ist ein erleuchteter, lebendiger, tatkräftiger Glaube. Religionslose Menschen sind am abergläubischsten. Erweitere eifrig deine Religionskenntnisse, erwecke oft die Tugend des Glaubens, nimm in jedem Anliegen deine Zuflucht zu Gott und den Mitteln der Religion.

Den Eingang der heiligen Messe siehe am Feste des hl Andreas
Gebet der Kirche. Wir bitten dich, o Herr! verleihe uns die Gnade, das Fest deines Apostels Thomas mit Freuden zu begehen, damit wir durch seine Fürbitte allezeit beschützt werden und seinem Glauben mit gebührender Andacht nachfolgen. Durch Jesum Christum, deinen Sohn, unsern Herrn. Amen.

Lektion aus dem Briefe des hl. Paulus an die Epheser II,19-22

Brüder! Ihr seid nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern ihr seid Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes, erbaut auf dem Grunde der Apostel und Propheten, während Christus Jesus selbst der Haupt-Eckstein ist, durch den das ganze Gebäude zusammengehalten wird und heranwächst zu einem heiligen Tempel im Herrn, durch den auch ihr miterbaut seid zu einer Wohnung Gottes im Heiligen Geiste.

Das Evangelium nebst Erklärung siehe am ersten Sonntage nach Ostern

Gebet. O gütigster Jesu! der du dem ungläubigen Thomas deine heiligen Wundmale zu berühren erlaubt und ihn dadurch von seinem Unglauben geheilt hast, ach! heile auch die Wunden meines Herzens; erteile mir einen lebendigen, festen und starken Glauben, der mich beständig antreibe, das zu tun, was dir wohlgefällig, und das zu meiden, was dir mißfällig ist. Um dieses bitte ich dich durch die Barmherzigkeit, die du dem hl. Thomas durch Darreichung deiner Wundmale erzeigt hast!


Unterricht für das Fest des heiligen Erzmärtyrers Stephanus (26. Dezember)

Eine kurze Lebens- und Leidensgeschichte dieses Heiligen enthält die heutige aus der Apostelgeschichte entnommene Lektion. Es ist nur noch beizufügen, dass die Apostel den hl. Stepanus wegen des guten Rufes, den ihm seine Tugenden, seine Weisheit und sein Glaubenseifer erworben, für würdig erachteten, ihm mit Auflegung der Hände zum Ersten der sieben Diakone zu machen, deren Amt es war, nebst der Verkündigung des Wortes Gottes den Armen zu dienen und das Almosen in gehöriger Gleichheit auszuteilen. In diesem Amte nun hat der hl. Stephanus mit einer uneigennützigen Liebe des Nächsten einen solchen Eifer für Christus verbunden, dass er sich dadurch den größten Haß der Juden zuzog, der nur durch sein Blut gestillt werden konnte. So ward er der erste Blutzeuge Christi.

Auf dieses Ereignis beziehen sich die Worte im Eingange der heiligen Messe:
Die Fürsten haben sich versammelt und Rat wider mich gehalten, und die Gottlosen haben mich verfolgt. Hilf mir, o mein Herr und Gott, denn ich habe als dein Diener mich beflissen, dein Gesetz auszuüben. Selig sind, die in Unschuld dahingehen, die da wandeln im Gesetze des Herrn! (Ps 118). Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. Verleihe uns, o Herr, die Gnade, dass wir jenem, den wir verehren, auch nachahmen, damit wir so unsere Feinde lieben lernen, indem wir das Fest desjenigen begehen, der für seine Feinde gebet hat zu unserm Herrn Jesus Christus, deinem Sohn, der mit dir lebt und regiert in Einigkeit des Heiligen Geistes, Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Lektion aus der Apostelgeschichte VI,8-10 und VII,54-59

In jenen Tagen tat Stepanus, voll Gnade und Kraft, Wunder und große Zeichen unter dem Volke. Es erhoben sich aber einige von der Synagoge, welche heißt die der Libertiner, der Cyrenäer, der Alexandriner un derer aus Cilicia und Asia, und stritten mit Stepanus; sie konnten aber der Weisheit und dem Geiste, der da redete, nicht widerstehen.
Als sie das hörten, ergrimmten sie in ihren Herzen und knirschten mit den Zähnen wider ihn. Stephanus aber, voll des Heiligen Geistes, blickte gen Himmel und sah die Herrlichkeit Gottes und Jesum stehen zur Rechten Gottes und sprach: Siehe, ich sehe den Himmel offen und den Menschensohn zur Rechten Gottes stehen. Sie aber schrien mit lauter Stimme, hielten ihre Ohren zu und stürzten insgesamt auf ihn los. Und sie stießen ihn zur Stadt hinaus und steinigten ihn; und die Zeugen legten ihre Kleider nieder zu den Füßen eines Jünglings, der Saulus hieß.
Und sie steinigten den Stephanus, der betete und sprach: Herr Jesus! nimm meinen Geist auf! Und auf den Knien liegend rief er mit lauter Stimme und sprach: Herr, rechne ihnen dieses nicht zur Sünde! Und als er dieses gesagt hatte, entschlief er in dem Herrn!

Evangelium Matthäus XXIII,45-39

In jener Zeit sagt Jesus zu den Schriftgelehrten und Pharisäern: Siehe, ich sende zu euch Propheten und Weise und Schriftgelehrte: einige aus ihnen werdet ihr töten und kreuzigen, andere werdet ihr geißelm in euren Synagogen und von Stadt zu Stadt verfolgen, damit alles gerechte Blut, das auf Erden vergossen wird, über euch kommen, vom Blute des gerechten Abel an bis zum Blute Zacharias, des Sohnes Barachias, den ihr zwischen dem Tempel und Altare umgebracht habet.
Wahrlich, ich sage euch, dieses alles wird über dieses Geschlecht kommen. Jerusalem, Jerusalem, das du die Propheten morderst und steinigest die, die zu dir gesandt werden, wie oft wollte ich deine Kinder versammeln, wie eine Henne ihr Küchlein unter ihre Flügel sammelt; du aber hast nicht gewollt! Siehe, euer Haus wird euch wüste gelassen werden! Denn ich sage euch: Von nun an werdet ihr mich nicht mehr sehen, bis dass ihr saget: Hochgelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn!

Wer wird unter den Propheten verstanden?

Die Apostel und Jünger Christi und alle, die das Evangelium verkündigen. Diese haben alle, sagt der hl. Hieronymus, verschiedene Gaben, sie sind Propheten, denn sie weissagen die Zukunft; Weise, denn sie wissen, was sie reden; Schriftgelehrte, denn sie sind gelehrt im Gesetze. Bei Verfolgung des Christentums und seiner Glaubensboten waren nicht bloß damals, sondern auch in späteren Zeiten hauptsächlich die Juden tätig.

Wer tötet noch heute die Propheten und Prediger?

Diejenigen, die durch üble Nachreden ihre Seelsorger verleumden, die Prediger und ihre Predigten verspotten und verachten. Es ist dieses für die Diener Gottes eine große Pein und erregt den Zorn Gottes, wie er den Juden durch die Propheten hat öfters sagen lassen. Darauf folgt gemeiniglich, was den Juden widerfahren ist, dass nämlich der wahre Glaube von solchen Menschen genommen und anderen, die dessen würdiger sind, gegeben wird. Hüte dich also vor solchem Treiben, damit nicht Gott einst dir vorwerfe: Wie oft habe ich dich gerufen, aber du hast nicht gewollt!

Was heißt: "Damit alles unschuldige Blut über euch komme"?

Das ist eine hebräische Redensart, die so viel sagen will, dass die Strafe für alles unschuldig vergossene Blut über die Juden kommen werde, weil sie die Ungerechtigkeit und Bosheit auf den höchsten Grad gesteigert haben; denn bei all ihrer Erkenntnis haben sie nicht nur nicht besser gehandelt als ihre Väter, sondern noch schlechter, weil sie die Mörder Christi wurden.

Warum vergleicht Christus sich mit einer Henne?

Eine Henne ruft durch ihr Glucken ihre umherlaufenden Küchlein beständig zu sich, damit ihnen nichts Übles widerfahre. Sie sucht sie vor dem Raubvogel zu schützen und scheut dabei nicht Blut und Wunden; ja, sie ließe sich lieber selbst zerreißen, als dass sie die Küchlein preisgäbe. Eine solche Liebe hat nun auch Christus zu uns; er ruft uns, wie einst die Juden, beständig zu sich, warnt uns immerfort vor dem Unglücke, in das die Unbußfertigkeit stürzt, und hat sogar sein Blut und leben dargegeben, um uns vom ewigen Verderbern zu erretten. In dieser Liebe können und sollen ihm auch die Prediger, Eltern, Hausväter usw. nachfolgen, indem sie ihre Untergebenen durch Ermahnen, Bitten, Warnen und Drohen vom Bösen abzuhalten suchen.

Was bedeuten die Worte: "Euer Haus wird euch wüste gelassen werden"?

Sie bedeuten die zur Strafe des Unglaubens und der Unbußfertigkeit der Juden über die Stadt und den Tempel hereinbrechende Zerstörung Jerusalems. Und wie furchtbar ist diese vierzig Jahre nach dem Tode Jesu vollzogen worden!
Lernen wird daraus,
1. dass der Sünde und Unbußfertigkeit die Strafe, ob auch langsam, doch immer folgen werde;
2. dass, wer Gott verläßt, notwendig eine Beute seiner Feinde werde, die seinen Tempel, das heißt sein Herz, verwüsten, seine Ruhe zerrütten, sein Gewissen furchtbar quälen;
3. dass, wer es vernachlässigt, Früchte des Glaubens zu bringen und zu Gott zurückzukehren, mit der Entziehung des Glaubenslichtes gestraft werde; endlich
4. dass. wer den Juden gleich stets fortfährt, Christum durch sein Leben zu entehren, befürchten muß, dereinst ihn zu spät als Erlöser und Heiland aufzusuchen, und daher ihn nicht mehr zu finden, sondern in seinen Sünden zu sterben.

Betrachtung über die Feindesliebe

1. Was heißt verzeihen? Es heißt dem Nächsten eine Beleidigung vergeben, sie ihm nicht nachtragen, ihm deshalb nicht böse sein, sich nicht rächen wollen. Es heißt nicht, die Beleidigung völlig vergessen. Das ist zwar vollkommener, jedoch keine unbedingte Pflicht, und oft nicht einmal möglich. Niemals jedoch darf man mit Bitterkeit daran denken, und soll die Erinnerung an erlittenes Unrecht möglichst vermeiden, sich nicht unnötig daran erinnern, nicht unnötig davon reden, und nicht leiden, dass andere davon reden; denn das reizt zum Zorn, zur Rachsucht, zu Sünden wider die Liebe. -
Es ist weiter nicht unbedingt nötig, dass man auf sein Recht verzichte. Schadenersatz, Ehrenerkärung darf man verlangen und sich durch die Obrigkeit verschaffen, aber ohne Gefühl der Rachsucht oder Schadenfreude; vollkommener wird es auch hier sein, wenn man womöglich auf sein Recht verzichtet und die Sache Gott überläßt. Es ist besser, Unrecht leiden, als Unrecht tun. Vorausgesetzt natürlich, dass nicht wichtige Pflichten dagegen sprechen, wie die Pflicht der Eltern und Obrigkeiten, die Widersetzlichkeit zu strafen. -
Nicht notwendig ist, dass man für den Beleidiger besondere Freundschaft hege; nur solche Liebe muß man gegen ihn haben und zeigen, wie gegen jeden anderen Menschen, darf ihm z.B. den gewöhnlichen Gruß, die gewöhnlichen Liebesdienste nicht verweigern.

2. Die Feindesliebe verlangt, dass man gelassen und geduldig bleibe wie Jesus "der nicht wiederschalt, als er gescholten wurde, nicht drohte, da er litt" (1 Petr 2). Wohl darf man sich zur Wehre setzen, aber nicht um dem Angreifer eins zu versetzen, sondern einzig um sich sich schützen. Jede Regung des Hasses und der Rachsucht muß man sofort unterdrücken; darf keinen Groll hegen, dem Beleidiger nichts Böses wünschen, gönnen, noch weniger ihm Übles zufügen, wie Schimpf, Verleumdung, Schaden oder auch nur unfreundliche Behandlung.

3. Edel und wahrhaft christlich handelt der, der sich nicht von seinen Leidenschaften beherrschen läßt, sondern sie überwindet. Gemein ist es aber, wenn man sich von der Leidenschaft hinreißen läßt ohne Rücksicht auf Recht und Pflicht. Der Feindselige ist ein Sklave seiner Leidenschaften. Hochmut, Zorn, Rachsucht stacheln ihn, dass er wie ein Stier auf den losstürzt, der ihn gereizt; wie ein Hund den anheult und anbellt, der ihn einmal geschlagen hat, so ist und bleibt er bösartig gegen den, der ihn einmal beleidigte. Er benimmt sich ganz anders wie Christus und verdient den Namen eines Christen nicht. "Daran will ich erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr einander liebet." - Wie edel und rühmlich benimmt sich dagegen der wahre Christ!
Der Welteroberer Alexander erstach in rasendem Zorne seine besten Freund; und man sagte: Alexander hat die ganze Welt überwunden, nur sich selber nicht.
Der Christ ist heldenmütiger, er überwindet sich selbst. Er zeigt sich Gottes würdig und als Gottes Kind, denn Gott zuliebe, der auch ihm verziehen hat, verzeiht er, Gott zuliebe überwindet er sich, Gott ähnlich handelt er, der seine Sonne aufgehen läßt über Gute und Böse, regnen läßt über Gerechte und Ungerechte. Er folgt dem Beispiel seines Heilandes, der am Kreuze noch betete für seine Todfeinde.

4. Verzeihen ist auch überaus nützlich. Denn was gewinnt der Rachsüchtige? Nichts; denn die Befriedigung der Rachgier ist schlimmer wie nichts. Wohl aber zerstört er den eigenen Frieden, die eigene Ruhe. Er denkt beständig an die Beleidigung und verkostet so deren Bitterkeit stets aufs neuen. Wie ein Dorn im Fuße immer schmerzt, bis er ausgezogen ist, so quält der Dorn der Unversöhnlichkeit, bis er entfernt ist. - Je mehr der Rachsüchtige seinem Feinde Verdruß bereitet, desto mehr wird es dieser ebenso machen und ihm das Leben zu verbittern suchen. Nur die Schmeichler, Zwischenträger und Ohrenbläser haben ihre Freude daran. Sie reden ihm ein: du darfst es nicht auf dir sitzen lassen, deine Ehre, dein Charakter verlangt, dass due es ihm heimzahlst; hinter seinem Rücken reden sie aber ganz anders, und jeder ernsthafte Christ kann nur mit Bedauern sehen, dass er ein unverständiger, wüster Mensch ist, der sich von seinen Leidenschaften regieren läßt. Leicht kommt es zu Prozessen, und damit zu schwerem Schaden an Geld und Herzensfrieden. -
Am schlimmsten ist der Schaden für die Seele. Der Haß gehört zu den Hauptsünden, und der Feindselige begeht so oft eine Todsünde, als er seien Haß ausübt, so oft der den Feind schwer beschimpft und kränkt, so oft er ihm ernstlich großes Unglück wünscht oder zufügt. So lange er seinem Haß nicht aufrichtig und gründlich entsagt, kann er nicht würdig beichten und kommunizieren; die Arznei des Lebens ist für ihn Gift; und wie er mit seinem Haß in die Ewigkeit geht, fährt er zur Hölle. Denn, sagt der Heiland in der Parabel vom unbarmherzigen Knecht, so wird mein himmlischer Vater auch mit jedem von euch verfahren, der nicht seinem Bruder von Herzen verzeiht. -
Hingegen durch Versöhnlichkeit gewinnt man unendlich viel: Herzensruhe und Seelenfrieden, erspart sich viel Verdruß und Schaden; gewinnt die Achtung aller edlen Menschen und vielleicht selbst den Beleidiger. Man "sammelt glühende Kohlen auf dessen Haupt" (1 Petr 2) und zwingt ihn gewissermaßen, anders zu werden, gewinnt sich einen Freund und rettet dessen Seele. Man übt die herrlichste Christentugend und erwirbt sich große Gnade bei Gott. Seinem Beleidigern von Herzen verzeihen und Fehler des Nächsten in Geduld ertragen, ist ja ein Werk der geistigen Barmherzigkeit und hat die große Verheißung: Selig sind die Barmherzigen, sie werden Barmherzigkeit erlangen.

5. Endlich ist das Verzeihen notwendig als ausdrückliches göttliches Gebot und Bedingung der Sündenvergebung. "Liebet eure Feinde, tuet Gutes denen, die euch hassen, segnet, die euch fluchen, betet für die, die euch lästern" (Matth 5). Wie oft, fragte Petrus, muß ich verzeihen; etwa siebenmal? Nein, entgegnete der Herr, sondern siebenzigmal siebenmal - soll heißen, immer. Und so strenge ist dieses Gebot, dass wir keine Gnade bei Gott finden können, solange wir es nicht vollständig erfüllen. "Wenn ihr den Menschen vergebet, so wird euer himmlischer Vater auch euch vergeben; wenn ihr ihnen aber nicht verzeihet, so wird er auch euch nicht verzeihen" (Matth 6). Um daran stets zu erinnern, lehrt der Herr uns beten: Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

6. Nun kommen manche mit der Ausrede: ich kann nicht verzeihen, ich bringe es nicht über mich. Freilich, hart ist es oft, aber möglich mit Gottes Hilfe, die man suchen soll im Gebet. - Oder: meine Ehre leidet´s nicht. Nun, wenn törichte oder schlechte Menschen deiner spotten, die guten Christen und Gott selbst werden dich desto höher achten. - Oder: meine Feinde haben´s mir zu arg gemacht. Doch nicht so arg, wie sie es dem göttlichen Heiland machten, wie du selbst es ihm gemacht hast? Oder: der andere hat angefangen, er soll auch zuerst die Hand der Versöhnung bieten. Der Heiland sagt anders. "Willst du zum Altare gehen und erinnerst dich, dass dein Bruder etwas wider dich habe, so gehe zuerst hin und versöhne dich mit deinem Bruder, und dann komm und opfere deine Gabe." Oder: vergeben will ich wohl, aber vergessen nicht. Soll das heißen, ich will künftig mich besser in acht nehmen, dass ich mit ändern keinen Verdruß und Unfrieden bekomme, so ist es recht; soll es aber heißen, ich will es dem Beleidiger gedenken, so heißt das nicht vergeben von Herzen, wie Christus es verlangt, und dann ist auch die Bitte jedesmal eine Lüge: Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Das Gebot der Liebe ist der Prüfstein unseres Christentums, und vornehmlich nach den Werken der Liebe werden wir dereinst gerichtet werden. Darum prüfe und richte dich oftmals selber hierin. Wenn wir uns selbst richten, werden wir nicht gerichtet werden. Und kommt es schwer an, eine Beleidigung geduldig hinzunehmen und zu verzeihen, so wende den Blick auf den Gekreuzigten, der die Feindesliebe so eindringlich predigt: schlage an die eigene Brust und sprich: Vergib uns unsere Schuld!

Gebet. Heiliger Erzmärtyrer Stepanus! der du voll Stärke, Gnade und Liebe warest, dessen unschuldsvolles Angesicht wie das Angesicht eines reinen Engels glänzte, ich bitte dich durch die Gnade, vermittels der du bei deinem Tode den Himmel offen und Jesum zur Rechten des Vaters zu sehen gewürdiget wurdest, du wollest mir von Gott die Unschuld des Gewissens und eine heilige, sanftmütige Liebe erbitten, damit ich gleich dir allen meinen Beleidigern gern verzeihen, für sie beten, ihnen alles Gute nicht nur wünschen, sondern auch in der Tat erweisen, und dadurch die Gnade eines seligen Todes erlangen möge. Durch Jesum Christum, unsern Herrn. Amen.


Unterricht für das Fest des heiligen Apostels Johannes (27. Dezember)

Johannes war ein Sohn Zebedäus´, eines Fischers in Galiläa, und der Salome, einer Base der seligsten Jungfrau Maria, und ein Bruder des hl. Jakobus, mit dem Beinamen des Größern. Johannes war der jüngste unter den Aposteln, gehörte mit Petrus und Jakobus zu den vertrautesten Jüngern Jesu und wurde von ihm am zärtlichsten geliebt, daher er auch der Liebesjünger genannt wird. Davon gab ihm Jesus die sichersten Besweise, indem er ihn zum vertrautesten Zeugen seiner wichtigsten Handlungen machte, ihn beim letzten Abendmahle an seiner Brust ruhen ließ (Joh 13,23), und ihm am Kreuze seine Mutter zur Verpflegung übergab (Joh 19,26). Diese Auszeichnung vergalt Johannes durch innige, ausdauernde Gegenliebe, indem er z.B. von allen Jüngern der einzige war, der Christus in seinem Leiden nicht verließ und ihm bis unter das Kreuz nachfolgte. Nach der Himmelfahrt Jesu predigte er das Evangelium in Palästina; später begab er sich nach Kleinasien, und gewiß ist, dass er nach dem Tode des heiligen Apostel Petrus und Paulus (66 n. Chr.) seinen bleibenden Wohnsitz zu Ephesus aufschlug. Hier übte er die oberhirtliche Aufsicht über die Kirche Kleinasiens aus, ja, er kann als ein neuer Gründer und Befestiger derselben betrachtet werden. Unter Kaiser Domitian wurde er in Rom vor der Lateinischen Pforte in einem Kessel siedenden Öles geworfen, und nachdem er diese grausame Marter ohne Verletzung ausgestanden hatte, auf die Insel Pathmos (jetzt Palmosa) verbannt. Hier schrieb er auf Befehl des Herrn die Geheime Offenbarung über die Schicksale der Kirche Gottes. Nach einiger Zeit kehrte er wieder nach Ephesus zurück und leitete als Oberhirt die kleinasiatischen Kirchen wie vorher. In dieser späteren Zeit, in den letzten Jahren des ersten Jahrhunderts nach Christus, war es, dass er auf die vielen Bitten der Gläubigen und innerlichen Antrieb des Heiligen Geistes sein Evangelium schrieb. Ein Hauptzweck war dabei, wie er am Ende desselben selbst sagt, zu zeigen, dass Jesus Christus der Sohn Gottes sei, und dass alle, die an ihn glauben, das ewige Leben haben. Da gerade damals der Irrlehrer Cerinthus und andere allerlei falsche Lehren über Christi Person und Würde verbreiteten, mußte ihm noch mehr als den andern Evangelisten daran liegen, die Wahrheit in diesem Punkte bestimmt und ausführlich darzulegen.
Die drei andern Evangelien ergänzt er auch noch insofern, als er weniger die Taten, mehr die Reden des Herrn gibt, und hier und da auch Begebenheiten und Umstände mitteilt, die er als Augenzeuge mitzuteilen vorzüglich imstande war. Weil Johannes in seinem Evangelium besonders die Gottheit Christi darstellt, nannte man es im Gegensatze zu den andern Evangelien, in denen mehr von dem Menschlichen und Irdischen an Jesus die Rede ist, das geistige Evangelium, und ihn den Gottesgelehrten.
Außer der Geheimen Offenbarung und seinem Evangelium hat Johannes auch noch drei Briefe geschrieben, in denen er vorzüglich auf die Liebe Gottes und des Nächsten dringt. Zu dieser hat er auch jederzeit eifrig ermahnt, indem er z.B. im hohen Alter, als man ihn zur Kirche tragen mußte, jedesmal diese Worte predigte: Kindlein, liebet einander! Als man ihn fragte, warum er allezeit das nämliche sage, antwortete er; Das hat der Herr befohlen, und wenn das recht geschieht, so ist es genug. Johannes glaubte nämlich, er könne die Liebe, die er von Christo genossen habe, nicht besser vergelten, als wenn er allen Menschen die Liebe einflößte, und aus ihnen nur ein Herz und eine Seele machte. Auch wir werden die Gott schuldige Liebe nicht besser an den Tag legen, als wenn wir nach der Vorschrift des hl. Johannes unsere Nebenmenschen nicht nur mit Worten, sondern auch im Werke und in der Wahrheit lieben, und sie auch zur Liebe antreiben. -
Abgebildet wird der hl. Johannes mit einem Kelche und einer Schlange neben sich, und mit einem Adler über dem Haupte oder zur Seite, mit Beziehung auf Ezechiel (1,10), entweder weil er vor allem die Gottheit Christi gelehrt hat - wovon der Adler ein Sinnbild ist - oder weil er sich in seiner heiligen Begeisterung und göttlichen Erleuchtung gleich einem Adler zur Sonne des Geisterreiches, zu Christus, emporgeschwungen hat.
Johannes wurde beinahe hundert Jahre alt und starb zu Ephesus, wo lange Zeit sein Grab gezeigt und in Ehren gehalten ward.

Betrachte, was die Freundschaft Jesu von dir fordert

1. Johannes ruhte an der Brust Jesu und wurde eingeführt in die Geheimnisse der Gottheit. Unter Freunden soll keiner vor dem andern ein Geheimnis haben.
Weiß Jesus deine Herzensgeheimisse? D.h. unternimmst du nichts, ohne ihn zu Rate zu ziehen? Du kannst jederzeit durch seine Seitenwunde Eingang finden zu seinem Herzen; dein Herz aber verschließt sich ihm, wenn es von irdischen oder gar sündhaften Dingen übervoll ist. Sprich oft mit St. Augustinus: Ich liebe dich, o mein Gott, und wünsche dich immer mehr zu lieben!

2. Ein Gesetz der Freundschaft ist auch die Gemeinschaft der Güter. Im Leben gab sich Jesus ganz an Johannes hin, und im Tode hinterließ er ihm seine heilige Mutter. Johannes hingegen hatte sich und alles, was er war und hatte, dem Herrn zum Opfer gebracht.
Gib auch du dich an Jesus hin, wenn du sein Freund sein willst. Was hast du ihm schon gegeben? Gehört ihm dein Verstand, dein Wille, regiert er in deinen Gedanken, Worten, Tun und Lassen?

3. Ein Gesetz der Freundschaft ist endlich die Gleichförmigkeit der Sitten. Liebe und Umgang bewirken Ähnlichkeit der Gesinnung sogar des Äußeren. Johannes schien ein anderer Sohn Mariä zu sein.
Lieben wird Jesus auch dich, wenn du durch Gebet, Betrachtung, öftere Kommunion ihm immer ähnlicher wirst in deiner Gesinnung, deinem ganzen Verhalten. "Dasselbe wollen und dasselbe nicht wollen, das erst ist feste Freundschaft (St. Hieronymus).

Eingang der heiligen Messe:
In der Mitte der Gemeinde hat er seinen Mund eröffnet, und der Herr hat ihn mit dem Geiste der Weisheit und des Verstandes erfüllt; mit dem Beiste der Herrlichkeit hat er ihn gekleidet (Ekkl 15,5). Gut ist´s den Herrn preisen und lobsingen deinem Namen, o Allerhöchster! (Ps 91,1). Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. Wir bitten dich, o Herr! du wollest deine Kirche gnädig erleuchten, auf dass sie, im Lichte der Lehren deines heiligen Apostels und Evangelisten Johannes wandelnd, zu den ewigen Gütern gelangen möge. Durch Jesum Christum, deinen Sohn. unsern Herrn. Amen.

Lektion aus dem Buche Ekklesiastikus XV, 1-6

Wer Gott fürchtet, der tut Gutes, und wer sich an die Gerechtigkeit hält, der wird sie erlangen. Sie wird ihm entgegenkommen wie eine ehrenvolle Mutter. Sie wird ihn speisen mit dem Brote des Lebens und Verstandes, und mit dem Wasser der Wissenschaft des Heiles ihn tränken. Sie wird Sitz in ihm nehmen, auf dass er nicht wanke, ihn halten, auf dass er nicht zuschanden werde, ihn erhöhen vor seinem Nächsten, in der Gemeinde seinen Mund eröffnen, ihn erfüllen mit dem Geiste der Weisheit und des Verstandes, mit dem Kleide der Ehre ihn kleiden, Freude und Wonne über ihn häufen; einen ewigen Namen wird ihm zum Erbe geben der Herr, unser Gott.

Hier wird das Glück beschrieben, das die Gottesfurcht und Herzensreinheit bringt. Der hl. Johannes ist das schönste Beispiel dafür.

Evangelium Johannes XXI, 19-24

In jener Zeit sprach Jesus zu Petrus: Folge mir nach! Petrus aber wandte sich um und sah den Jünger, den Jesus lieb hatte, nachfolgen, denselben, der beim Abendmahle an seiner Brust gelegen und gesagt hatte: Herr, wer ist´s, der dich verraten wird? Da nun Petrus diesen sah, sprach er zu Jesus: Herr, was soll aber dieser? Jesus sprach zu ihm: Ich will, dass er so bleibe, bis ich komme. Was geht es dich an? Du folge mir! Das gab Anlaß, dass unter den Brüdern die Rede ging: dieser Jünger sterbe nicht. Jesus aber sprach nicht zu ihm: dieser Jünger werde nicht sterben, sondern: Ich will, dass er so bleibe, bis ich komme: was geht es dich an.
Dieser ist der Jünger, der hiervon Zeugnis gibt und dieses geschrieben hat, und wir wissen, dass sein Zeugnis wahr ist.

Wie sollte Petrus Christus nachfolgen?

In dem Oberhirten-Amte, auch durch die Gleichheit des Wandels und namentlich des Todes: denn das Voranschreiten Jesu bei dieser Gelegenheit war nur eine sinnbildliche Handlung, wodurch er den Petrus zur Nachfolge bis zum Kreuzestode auffordern wollte. Dass diese Stelle so zu verstehen sei, geht daraus hervor, dass unter dem Bleiben des Johannes dessen natürlicher Tod verstanden wird.

Was bedeuten die Worte: "Ich will, dass er so bleibe, bis ich komme"?

Jesus will damit sagen: Johannes wird in seinem gegenwärtigen Zustande bleiben, bis er des natürlichen Todes stirbt, und ich komme, ihn in den Himmel aufzunehmen.

Warum verweist Christus dem Petrus seine Frage?

Dies geschieht,
1. damit alle, die von diesem gesegneten Wein trinken, vor allen giftigen Krankheiten und Seuchen bewahrt bleiben und die Gesundheit des Leibes und das Heil der Seelen erhalten mögen:
2. damit wir durch die Fürbitte des hl. Johannes, der einen vergifteten Trank bloß aus Liebe zu Gott und dem Nächsten, nämlich um einen Götzendiener zu bekehren, genommen hat, mit der Liebe Gottes und des Nächsten und mit heiliger Freude erfüllt werden mögen. Deswegen spricht der Priester bei Darreichung des Johannes-Weines die Worte: Trinke die Liebe des hl. Johannes im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Gebet. Heiliger Johannes! geliebter Jünger Christi! der du beim letzten Abendmahle an seiner Brust gelegen und daraus die himmlische Wissenschaft getrunken hast, du, dem Jesus am Kreuze seine Mutter anvertraut hat; ich bitte dich durch diese hohe Gnade, dass du mir von Gott ein reines Herz, eine innige Andacht zum sterbenden Heilande und zu seiner Mutter, eine brennende Liebe Gottes und des Nächsten, und zuletzt eine selige Sterbestunde erflehen wollest. Durch Jesum Christum, unsern Herrn. Amen.


Unterricht für das Fest der unschuldigen Kinder (28. Dezember)

Die Martergeschichte der unschuldigen Kinder beschreibt das heutige Evangelium. Die Kirche verehrt sie mit Recht als Märtyrer, weil sie Christum, wenn auch nicht mit dem Munde, doch durch ihren Tod bekannt haben, den sie wegen des Hasses, den Herodes gegen Christum trug, haben leiden müssen.

Eingang der heiligen Messe:
Aus dem Munde der Kinder und Säuglinge hast du dir um deiner Feinde willen Lob bereitet. Herr, unser Herr, wie wunderbar ist dein Name auf der Erde (Ps 8,2.3.). Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. O Gott! dessen Lob am heutigen Tage die unschuldigen Märtyrer nicht durch Worte, sondern durch den Tod bekannt haben, töte in uns alle lasterhaften Begierden und Neigungen, damit wir den Glauben, den unsere Zunge bekennt, auch durch ein tugendhaftes Leben bezeugen. Durch Jesum Christum, deinen Sohn, unsern Herr. Amen.

Lektion aus der Geheimen Offenbarung des hl. Johannes XIV, 1-5

In jenen Tagen sah ich auf dem Berge Sion das Lamm stehen und mit ihm hundertvierundvierzigtausend, die seinen Namen und seines Vaters Namen auf ihren Stirnen geschrieben hatten. Und ich hörte eine Stimme vom Himmel wie das Rauschen vieler Wasser und wie das Rollen eines starken Donners; und die Stimme, die ich hörte, war wie von Harfenspielern, die auf ihren Harfen spielten. Und sie sangen ein neues Lied vor dem Throne und vor den vier lebenden Wesen und den Ältesten, und niemand konnte das Lied singen als jene hundertvierundwirzigtausend, die von der Erde erkauft sind. Diese sind´s, die sich mit Weibern nicht befleckt haben; denn sie sind Jungfrauen. Sie folgen dem Lamme, wohin es geht. Sie sind erkauft aus den Menschen als Erstlinge für Gott und das Lamm, und in ihrem Munde ward keine Lüge gefunden; denn sie sind ohne Makel vor Gottes Thron.

Erklärung

Dieses Gesicht des hl. Johannes wird von der Kirche auf die unschuldigen Kinder angewendet, nicht als ob sie wirklich 144.000 Heilige wären (da die Zahl der unschuldig gemordeten Kinder ungewiß und bei weitem nicht so groß ist), sondern weil sie wegen ihrer Unschuld, in der sie ihr Leben beschlossen haben, den Jungfrauen zuzuzählen sind, von denen hier die Rede ist. Der hl. Johannes beschreibt nämlich die Vorzüge der Reinheit und erzählt, wie er das Lamm Gottes, Christus, auf dem Berge Sion, d.i. im Himmel, mit 144.000 solcher Reinen gesehen habe.
Zu dieser Zahl gehören auch diejenigen, die sich vom Götzendienste der Welt und von fleischlichen Gelüsten rein erhalten, ihre Unschuld unversehrt bewahrt und mit sich ins Grab gebracht haben.
Solch reine Seelen haben vor allen anderen Heiligen das voraus, dass sie mit dem Namen des Lammes bezeichnet, d.i. als sein auserlesenes Heiligtum erklärt sind und in seiner Gesellschaft eine überaus große und besondere Glückseligkeit genießen. Das wird angedeutet durch das neue Lied, das kein anderer Heiliger singen kann, dadurch, sowie dass diese Seelen dem Lamme folgen, wohin es geht. Dieses ist der Lohn für ihre Siege und für die vielen Mühen, die sie bei der Bekämpfung ihres Fleisches und bei der Überwindung der vielen Versuchungen auszustehen hatten.
Lerne daraus, was für ein großes Gut die Jungfräulichkeit sei, und wende alles an, sie unverletzt zu erhalten.
Bist du aber für den Ehestand bestimmt, so bewahre auch in diesem Zucht und Ehrbarkeit, deine standesgemäße Keuschheit.

Evangelium Matthäus II,13-18

In jener Zeit erschien ein Engel des Herrn dem Joseph im Schlafe und sprach: Stehe auf, nimm das Kind und seine Mutter und fliehe nach Ägypten, und bleibe allda, bis ich dir´s sage. Denn es wird geschehen, dass Herodes das Kind sucht, um es zu töten. Und er stand auf, nahm das Kind und seine Mutter bei der Nacht und zog fort nach Ägypten. Und er blieb allda bis zum Tode des Herodes, damit erfüllt würde, was von dem Herrn durch den Propheten gesagt worden ist, da er spricht: Aus Ägypten habe ich meinen Sohn berufen. Als nun Herodes sah, dass er von den Weisen hintergangen war, wurde er sehr zornig und schickte Soldaten aus und ließ ermorden in Bethlehem und in seiner ganzen Umgegend alle Knäblein von zwei Jahren und darunter, nach der Zeit, die er von den Weisen erforscht hatte. Da ward erfüllt, was gesagt ist durch den Propheten Jeremias (31,15), der da spricht: Eine Stimme wird gehört zu Rama, viel Weinen und Wehklagen: Rachel beweint ihre Kinder und will sich nicht trösten lassen, weil sie nicht mehr sind.

Warum strebte Herodes Christo nach dem Leben?

Weil er stolz, herrschsüchtig, daher argwöhnisch und grausam war, und stets fürchtete, des Thrones beraubt zu werden. Aus dieser Ursache hatte er schon viele Menschen, ja sogar seine eigenen Söhne und nächsten Verwandten ermorden lassen. Gleiche Herrschsucht trieb ihn an, dem neugeborenen König der Juden, von dessen Geburt die heiligen drei Könige ihm Nachricht gegeben hatten, und von dem er glaubte, dass er ein irdisches Reich stiften würde, nach dem Leben zu streben. - Wie gefährlich, wie unheilbringend ist es nicht, ein Sklave dieser oder jener Leidenschaft, der Unkeuschheit, Hoffart usw. zu werden!
Bist du vielleicht auch von irgend einer beherrscht? Dann suche sie beizeiten auszurotten; widerstehe jeder bösen Neigung bei ihrer ersten Regung mannhaft, damit sie nicht groß werde, und dann wider deinen Willen dich zuerst zu großen Sünden hinreiße und dann ins Verderben stürze!

Welche Menschen sind dem Herodes ähnlich?

Alle diejenigen, die unschuldige Kinder dem Leibe oder der Seele nach töten, z.B. unvorsichtige und sorglose Mütter, die die Frucht ihres Leibes zu wenig schonen oder ihr durch unmäßiges Tanzen, schweres Tragen und Heben, heftigen Zorn, Betrübnis usw. Schaden zufügen; rohe Männer, die ihre Frauen in diesem Stande hart halten, schlagen stoßen, ja, treten, sie zum Zorne reizen, ihnen Schrecken verursachen usw; unbehutsame Eltern, die ihre kleinen Kinder vernachlässigen, ehr- und gottvergessene Weibspersonen, die ihre Kinder ungetauft in die andere Welt schicken. Grausamer aber als alle diese und als Herodes selbst handeln die, die Unschuldige dadurch ärgern, dass sie in ihrer Gegenwart unzüchtige oder ungläubige Reden führen, unsittliche Lieder singen, Unzucht treiben oder sie zu solchen Sachen anreizen; denn dadurch überliefern sie die jungen Seelen dem Verderben.

Welchen Lohn hat Herodes für seine Grausamkeit erhalten?

Er sit kurz darauf mit der abscheulichsten und schmerzlichsten Krankheit befallen worden, in der er, von jedermann verlassen und von den Würmern lebendig verzehrt, in der äußersten Verzweiflung starb. -
Wenn nun die von Herodes an den unschuldigen Kindern verübte Grausamkeit, die doch nur den Leib traf, so erschrecklich bestraft wurde, was haben dann erst jene zu erwarten, welche die Unschuld nicht bloß um ihr zeitliches, sondern auch um ihr ewiges Leben bringen?!

Was bedeuten die Worte: "Eine Stimme wird gehört zu Rama usw."?

Sie sollen andeuten, der Schmerz der Mütter über den Verlust ihrer Kinder sei so groß gewesen, dass man ihr Wehklagen in Rama, das einige Stunden von Bethlehem entfernt war, hätte hören können. -
über den Verlust der Kinder weinen, ist zwar natürlich; aber unmäßig weinen und sich betrüben ist töricht! Die Tränen wecken ja doch niemand von den Toten auf. Und würden diese Mütter so geweint haben, wenn sie gedacht hätten, dass ihre Kinder durch den frühzeitigen Tod in ein ewig glückseliges Leben eingegangen sind? Also sollen christliche Mütter wegen des Todes ihrer kleinen Kinder nicht so untröstlich sein, da sie wissen, dass Gott sie zu sich genommen und dadurch tausend Gefahren des Heiles entrissen hat, vor denen sie selbst mit strengster Wachsamkeit dieselben zu bewahren kaum imstande gewesen wären. So tröste dich denn und lebe so, dass du dein geliebtes Kind einst wiedersehen mögest!

Betrachte ferner:

1. Gott rettete seinen Sohn nicht durch ein Wunder, sondern befahl, vor dem Herodes zu fliehen, um uns zu lehren, dass wir gewöhnlich keine wunderbare Hilfe erwarten dürfen, sondern Demut, Geduld und Ergebung in Gottes Willen die besten Mittel seien, sich vor den Feinden zu schützen, weil Gott durch ein demütiges und geduldiges Betragen gleichsam gezwungen wird, sich unser anzunehmen und uns zu retten. Widersetzlichkeit entfernt seine Hilfe von uns.

2. Groß war der Glaube und Gehorsam des hl. Joseph. Es wurde ihm befohlen, mit dem göttlichen Kinde und seiner zarten Mutter in ein fremdes, weit entlegenes Land, ohne alle zu einer so beschwerlichen Reise erforderlichen Hilfsmittel, zu ziehen; und Joseph gehorchte schleunig, ohne das geringste dagegen einzuwenden. Welch eine Beschämung für uns, die wir uns in die Anordnungen Gottes so ungerne schicken, und durch allerlei Einwendungen und Ausflüchte uns von deren Erfüllung loszumachen suchen.

3. Die widrigen Schicksale, welche die heiligen Personen Jesus, Maria und Joseph in ihrem Leben auszustehen hatten, lehren uns, dass es Gott wohlgefällt, die Heiligkeit seiner Diener durch beständige Abwechslung der Tröstungen und Widerwärtigkeiten zu prüfen.
Dürfen wir uns also darüber aufhalten, wenn Gott so mit uns verfährt, oder etwa schließen, dass der Leidende gesündigt habe, oder Gott hart mit den Menschen verfahre? Was hatten die heiligen Personen, was die unschuldigen Kinder verschuldet? Meinte es Gott nicht gut mit ihnen, dass er sie der Gefahr des ewigen Unterganges entriß und sie in den Himmel aufnahm?
Merken wir doch den Grundsatz: Der Herr macht alles wohl, er will nur unser Bestes.

4. Herodes sucht Jesum zu töten. Um desto sicherer seinen Zweck zu erreichen, läßt er viele Kinder ermorden; und dennoch findet er Jesum nicht. Was vermögen alle Anschläge der Gottlosen gegen Gott und seine Diener? Sie können sich wohl gegen die Guten verschwören und den Baum des Christentums durch Abschneiden verschiedener Zweige oder durch Einsetzen giftiger Rebenpflanzen zugrunde richten wollen; am Ende zerstäubt sie Gottes Macht, und das Ende der durch flasche Aufklärung verdorbenen Menschen lehrt erkennen, dass die besseren Zeiten nur durch bessere Menschen bestehen, welche die Religion Jesu getreu und eifrig beobachten.

Gebet. Ich grüße euch, ihr unschuldigen Märtyrer! Wie glückselig seid ihr, dass ihr in das ewige Leben übergegangen seid, da ihr kaum das zeitliche empfangen hattet! Ihr folget nun dem Lamme Gottes und genießet die reinste Seligkeit! Bittet für uns, dass auch wir zu Jesus, an dessen Herrlichkeit ihr ewig Anteil nehmet, sicher gelangen. Amen.


Unterricht für das Fest der Stuhlfeier des heiligen Petrus (18. Januar und 22. Februar)

Was begeht die Kirche an diesen zwei Tagen für ein Fest?

Am 22. Februar begeht sie das Andenken an das Ereignis, daß der hl. Petrus als oberster Statthalter Christi seinen bischöflichen Sitz zuerst in Antiochien in Syrien, am 18. Januar aber, daß er ihn sieben Jahre später in Rom aufgerichtet hat, woselbst er dann des glorreichen Märtyrertodes starb.

Warum hat der hl. Petrus den Apostolischen Stuhl nach Rom versetzt?

Dieses geschah ohne Zweifel aus göttlicher Anordnung. Denn wie Rom damals die Hauptstadt der Welt, und sozusagen der Mittelpunkt aller Irrtümer und alles Aberglaubens war, so war es sehr angemessen, wie der heilige Papst Leo sagt, dass diese Stadt auch zum Mittelpunkte und Haupte der christlichen Religion würde, damit von da aus das Licht des Glaubens vermittels der apostolischen Gewalt über alle Völker sich ergieße, von wo aus der Irrtum vermittels der weltlichen Herrschaft über alle damals bekannten Teile der Erde war verbreitet worden.

Eingang der heiligen Messe:
Er schloß mit ihm den Bund des Friedens und nachte ihn zum obersten Priester, auf dass die Würde des Priestertums ihm ewig bleibe. - Gedenke, o Herr, an David und an alle seine Sanftmut. Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. O Gott! der du deinem Apostel Petrus die Schlüssel des Himmels und damit die Gewalt, zu binden und zu lösen, übergeben hast, verleihe, dass wir durch die Hilfe seiner Fürbitte von den Banden unserer Sünden befreit werden. Der du lebst und regierst in Ewigkeit. Amen.

Lektion aus dem ersten Briefe des hl. Petrus I, 1-7

Petrus, ein Apostel Jesu Christi, an die Fremdlinge in der Zerstreuung in Pontus, Galatia, Cappadocia, Asia und Bythynia, die auserwählt sind nach der Vorhersagung Gottes des Vaters, zur Heiligung durch den Geist, zum Gehorsam und zur Besprengung mit dem Blute Jesu Christi: Gnade sei euch und Friede in Fülle!
Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesu Christi, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten zu einem unvergänglichen, unbefleckten und unverwelklichen Erbe, das euch im Himmel aufbewahrt wird, euch die ihr durch Gottes Kraft mittels des Glaubens aufbewahrt werdet für eine Seligkeit, die bereit steht, dass sie geoffenbart werde in der letzten Zeit; deren ihr euch erfreuen werdet, die ihr jetzt eine kleine Zeit, wenn es sein soll, durch mancherlei Anfechtungen betrübt werdet, damit die Prüfung eures Glaubens viel köstlicher als erprobtes Gold erfunden werde, zum Lobe und zum Preise und zur Ehre bei der Erscheinung Jesu Christi, unseres Herrn.

Evangelium Matthäus XVI, 13-19

In jener Zeit kam Jesus in das Gebiet von Cäsarea Philippi. Da fragte er seine Jünger: Wofür halten die Leute den Menschensohn? Und sie sprachen: Einige für Johannes den Täufer, andere für Elias, andere für Jeremias oder einen aus den Propheten.
Und Jesus sprach zu ihnen: Ihr aber, für wen haltet ihr mich?
Da antwortete Simon Petrus und sprach: Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.
Jesus aber antwortete und sprach zu ihm: Selig bist du, Simon, Sohn des Jonas, denn Fleisch und Blut hat dir das nicht geoffenbart, sondern mein Vater, der im Himmel ist. Und ich sage dir: du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen. Und dir will ich die Schlüssel des Himmelreiches geben. Was immer du binden wirst auf Erden, das soll im Himmel gebunden sein, und was du lösen wirst auf Erden, das soll auch im Himmel gelöset sein.

Warum fragte Christus seine Jünger, was die Leute von ihm hielten?

Um ihnen Veranlassung zu geben, ihn als den wahren Sohn Gottes zu bekennen und um auf das offene Bekenntnis eine höchst wichtige Verheißung zu gründen.
Diese Frage enthält außerdem noch andere Lehren. Sie zeigt, dass wir in bezug auf das Gerede der Menschen von unserer Person zwar nicht ängstlich, aber doch auch nicht gleichgültig sein sollen. Redet man übel von uns, und dies mit Grund, so befleißigen wir uns, das Über zu verbessern; tut man es ohne Grund, so trösten wir uns mit dem guten Gewissen; redet man aber Gutes, so bestreben wir uns, gut zu bleiben.

Gebet. O Herr Jesus Christus, Sohn des lebendigen Gottes! der du deine Kirche auf den heiligen Petrus, als auf einen Felsen, so fest gegründet, ihm die Schlüssel des Himmelreiches anvertraut und ihn und seine Nachfolger zu obersten Vorstehern deiner Kirche und zu deinem Statthalter auf Erden bestimmt hast, verleihe uns deine Gnade, dass wir ihnen in allen ihren Anordnungen gehorchen, damit wir, auf dem Felsen der Wahrheit ruhend, in allen Stürmen unerschütterlich seien und unabwichlicht auf dem Wege des Guten beharren mögen! Amen.


Unterricht vom Papste und den Bischöfen

Wen verstehen wir unter dem Papste?

Das sichtbare Oberhaupt der wahren Kirche, den Stellvertreter Jesu Christi auf Erden, der dazu gesetzt ist, als oberster Lehrer, Priester und Hirte die Kirche zu regieren.

Hat Jesus ein solches Oberhaupt wirklich eingesetzt?

Ja, und zwar, wie aus dem heutigen Evangelium erhellt, in der Person des hl. Petrus. Ihm hat der den bedeutungsvollen Namen Petrus - Fels - gegeben, ihn überall vor den übrigen Aposteln ausgezeichnet, ihm, und zwar allein, hat er zur Belohnung seines Bekenntnisses versprochen, dass er ihn zum Felsen seiner Kirche machen und die Schlüssel des Himmelreiches, d.h. die Fülle der Gewalt zur Leitung seiner Kirche übertragen werde, und ihm hat er endlich vor seiner Himmelfahrt, in Erfüllung der gegebenen Verheißung, aufgetragen, seine Lämmer und Schafe, d.i. die Gläubigen, alle, auch die Priester und Bischöfe zu weiden und zu leiten. - Und diese Gewalt hat Petrus stets ausgeübt. Bei der Wahl des Apostels Matthias hat er die Versammlung geleitet (Apostelgesch. 15,7), und überall stellen ihn die Evangelisten voran, dadurch auf seine Vorrang hindeutend (Matth. 10,2; Mark. 4,16; Luk. 6,14).

Warum hat Christus der Kirche ein sichtbares Oberhaupt gegeben?

Nachdem Christus in den Himmel aufgefahren ist, regiert er seine Kirche nicht mehr selbst in sichtbarer Weise. Diese würde also von den Pforten der Hölle, d.i. von den höllischen Mächten und ihren Gehilfen, gegen seine Verheißung leicht überwältigt werden, wenn er anstatt seiner kein anderes sichtbares Haupt bestellt hätte, weil ohne ein solches die Eintracht und Ordnung in der Kirche unmöglich erhalten werden kann.

Auf wie lange hat Christus seiner Kirche ein sichtbares Haupt gegeben?

Offenbar für alle Zeiten. Denn der Grund, warum er einmal den Aposteln und den ersten Gläubigen den hl. Petrus vorgesetzt hat, besteht fort bis zum Ende der Tage. Solange die Menschen dem Irrtum der Verführung ausgesetzt, also von der Irrlehre und Spaltung bedroht sind, braucht die Kirche ein sichtbares Oberhaupt, und es ist geradezu undenkbar, dass Christus seine Kirche als Waise zurückgelassen und nicht auch über den Tod des hl. Petrus hinaus für sie gesorgt hätte.

Wer ist nun dieses Oberhaupt?

Der Bischof von Rom, oder der Papst. Der hl. Petrus starb als Bischof von Rom, und sein Nachfolger auf dem Römischen Stuhle ist in sein Amt als sichtbares Oberhaupt der ganzen Kirche immer geglaubt, weshalb die ganze Christenheit eben dem römischen Bischof den Namen Papst, d.i. Vater der Gläubigen, gab. Heiliger Vater wird er genannt, nicht weil er für seine Person immer heilig ist, sondern weil er in heiligen Dingen unser Oberhaupt ist.

Welches ist die Gewalt des Papstes?

Er ist der oberste Lehrer, Priester und Hirt. Als oberster Lehrer ist er der unfehlbare Ausleger der in der Kirche niedergelegten Offenbarung, also der göttlichen Wahrheit und des christlichen Gesetzes. Als oberster Priester steht ihm die oberste Weihegewalt, die Verwendung der von Christus seiner Kirche verdienten Gnaden zu, und als oberster Hirt regiert er die ganze Kirche, sendet die Bischöfe, beruft die Konzilien, wacht über die Beobachtung des christlichen Gesetzes.

Was versteht man unter der Unfehlbarkeit des Papstes?

Darunter versteht man, dass der Papst keinen Irrtum lehren kann, wenn er ex cathedra spricht, d.h. als oberster Lehrer eine Lehre betreffs des Glaubens oder der Sitten für die ganze Kirche verkündet.
Damit ist nicht gesagt, 1. dass der Papst in seinem Privatleben nicht irren kann, 2. dass er in weltlichen Sachen unfehlbar sei, 3. dass er neue Glaubens-Artikel machen könne; aber es ist damit gesagt, dass jeder Gläubige verpflichtet ist, dem Lehrausspruche des Papstes zu glauben, wenn er sich damit an die ganze Kirche wendet und alle Gläubigen zur Annahme verpflichtet.
Die Kirche könnte gar nicht bestehen, wenn nicht eine oberste Gewalt wäre, die unfehlbar entscheidet, was als göttliche geoffenbarte Wahrheit geglaubt und was als Irrlehre gemieden werden muß, denn sonst würden endlose Streitigkeiten die Gewissen verwirren, und die List und Bosheit der Irrlehre würde das Werk Jesu Christi zerstören. Christus hat deshalb zum heiligen Petrus gesagt: "Auf diesen Felsen will ich meine Kirche gründen, und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen", "weide meine Herde", "stärke deine Brüder".

Was ist denjenigen zu erwidern, die da sagen, die päpstliche Unfehlbarkeit sei eine neue Lehre?

Neu ist, dass am 18. Juni 1870 das allgemeine Konzil vom Vatikan feierlich erklärt hat, dass der Glaube an die päpstliche Unfehlbarkeit wirklich geoffenbarter Glaube der römisch-katholischen Kirche ist; aber uralt, d.h. so alt als die Kirche, ist dieser Glaube selbst; und es ist nur Torheit oder Bosheit, diesen Glauben als einen neuen auszugeben.

Was sind die Bischöfe?

Sie sind die Nachfolger der übrigen Apostel, die in Verbindung mit dem Nachfolger des heiligen Petrus oder dem Papste die Kirche zu leiten un zu regieren berufen und gewöhnlich einem einzelnen Sprengel oder seiner Diözese, Bistum, vorgesetzt sind.

Welches sind die Aufgaben des bischöflichen Amtes?

Folgende:
1. Die Erhaltung und Verbreitung der christlichen Lehre in dem bischöflichen Sprengel;
2. die Verwaltung der heiligen Handlungen. Einige von diesen Handlungen teilen die Bischöfe dem priesterlichen Amte mit, andere aber sind ihnen ausschließlich vorbehalten. Zu den letzeren gehört die Erteilung der Firmung (doch können in dringenden Fällen auch Priester hierzu bevollmächtigt werden), die Weihe der Geistlichen, die Konsekrierung der Bischöfe, die Salbung der Könige, die Benediktion der Äbte und Äbtissinnen, die Bereitung des Chrisma, die Konsekration der Kirchen, Altäre und der geweihten Gefäße.
3. Die äußere Verwaltung der Diözese, namentlich die Gesetzgebung in Sachen ihres Bestums und das derselben entsprechende Recht der Dispensation, die geistliche Gerichtsbarkeit und Strafgewalt, die Beaufsichtigung der geistlichen Institute, wie der Priesterseminare usw., die Verleihung geistlicher Ämter, die Verwaltung des Kirchengutes und die Erhebung der herkömmlichen Abgaben zur Bestreitung der kirchlichen Bedürfnisse.
Außerdem hat der Bischof noch gewisse Ehrenrechte, z.B. den Titel Bischöfl. Gnaden, den Thron, die bischöfliche Kleidung usf.

Was wird unter einem Erzbischofe, Primas und Patriarchen verstanden?

Die Erzbischöfe sind die Oberhirten ihrer Bistümer, wie es die Bischöfe in den ihrigen sind; sie haben zugleich die Aufsicht über mehrere Bischöfe und Bistümer, und diese Bistümer zusammen werden dann eine Kirchenprovinz genannt.
Primas heißt derjenige Bischof, dessen Bischofssitz der erste und würdigste in einem ganzen Reiche ist. Der Name ist oft ein bloßer Ehrentitel, der Primas kann aber auch als Statthalter des Papstes eine besondere Gewalt und Gerichtsbarkeit haben.
Patriarchen heißen diejenigen Bischöfe, unter deren Aufsicht und geistliche Gewalt alle Bischöfe und Erzbischöfe mehrerer Provinzen oder Nationen stehen.

Was sollen wir hieraus lernen?

1. Wie groß das Glück der Katholiken sei, jener Kirche anzugehören, die auf diesen Felsen gebaut ist;
2. wie sehr ein jeder dieses Glück anerkennen, Gott danken, der Leitung des Papstes vertrauen, seinen Entscheidungen, Verordnungen usw. sich unterwerden soll. Denn wer ihm widersteht, ihn verläßt, verläßt den Felsen und gibt sich den stürmischen Wogen des Irrtums und dadurch sicherm Verderben preis. Lehrt dieses nicht die Geschichte jeder Spaltung und Ketzerei? In wieviel tausend Meinungen und Sekten geteilt stehen nicht die Anhänger der sogenannten Reformation einander gegenüber, ohne Mittelpunkt und ohne Einheit, und von zahllosen Widersprüchen und Unordnungen wie von stürmischen Wellen umhergeschlagen.


Unterricht für das Fest Mariä Vermählung

Eingang der heiligen Messe:
Sei gegrüßet, heilige Mutter, die geboren den König, der da Himmel und Erde regiert von Ewigkeit zu Ewigkeiten. Mein Herz sprach aus ein gutes Wort: meine Werke kündigte ich dem Könige. Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. Verleihe, o Herr, deinen Dienern die Gabe himmlischer Gnade, damit uns, denen die Geburt der seligsten Jungfrau der Anfang des Heiles geworden ist, die festliche Feier der Vermählung Mehrung des Friedens verleihe. Durch Jesum Christum, deinen Sohn, unsern Herrn. Amen.

Lektion aus den Sprüchen Salomons VIII, 22-35

Der Herr besaß mich im Anfang seiner Wege, ehedenn er etwas gemacht hat, von Anbeginn. Ich bin eingesetzt von Ewigkeit, von Urbeginn, ehedenn die Erde ward. Die Tiefen waren noch nicht, und ich war schon empfangen, ehe die Wasserquellen hervorbrachen und die Berge in ihrer gewaltigen Größe sich erhoben, und vor den Hügeln ward ich geboren. Noch hatte er die Erde nicht gemacht, nicht die Flüsse, nicht die Angeln des Erdkreises; schon als er die Himmel bereitete, war ich dabei. Als er nach genauem Gesetze einen Kreis zog um die Tiefen, als der den Wolkenhimmel oben festigte und den Wasserquellen ihre Gefälle bestimmt, als er dem Meere seine Grenzen gab und den Wassern ihre Schranken setzt, damit sie ihre Grenzen nicht überschreiten, als er die Grundfesten der Erde legte: da war ich bei ihm und ordnete alles und erlustigte mich Tag für Tag und spielte vor ihm allezeit, spielte auf dem Erdkreise, und meine Lust ist, bei den Menschenkindern zu sein. Nun also, ihr Kinder, höret mich: Glückselig sind, die auf meine Wege achten! Höret die Lehre und werdet weise, und verwerfet sie nicht! Glückselig der Mensch, der mich höret, und der an meinen Türen wachet Tag für Tag, und meiner wartet an der Schwelle meiner Türe. Wer mich findet, findet das Leben und erlanget das Heil vom Herrn.

Evangelium Matthäus I, 18-21

Als die Mutter Jesu, Maria, mit Joseph vermählt war, fand sichs, ehe sie zusammenkamen, dass sie empfangen hatte vom Heiligen Geiste. Joseph aber, ihr Mann, weil er gerecht war und sie nicht in üblen Ruf bringen wollte, gedachte sie heimlich zu entlassen. Als er aber mit diesem Gedanken umging, siehe, da erschien ihm der Engel des Herrn im Schlafe und sprach: Joseph, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria, dein Weib, zu dir zu nehmen, denn was in ihr erzeugt worden ist, das ist vom Heiligen Geiste: und sie wird einen Sohn gebären, dem sollst du den Namen Jesus geben, denn er wird sein Volk erlösen von dessen Sünden.

Betrachtung über die Vermählung der seligsten Jungfrau

In der Vermählung der seligsten Jungfrau mit dem hl. Joseph war alles wunderbar. Der Himmel verkündete ihren Beruf; der Himmel erkor den Bräutigam. Der Himmel gab Maria einen Beschützer und Zeugen ihrer Jungfräulichkeit, und sicherte sie so gegen den üblen Verdacht, der dem guten Namen der Mutter und des Sohnes hätte schaden können. Maria hatte dem Herrn ihre Jungfräulichkeit aufgeopfert; er, dem sie sich hingegeben hatte, sorgte dafür, dass sie ihr Gelübde halten konnte, trotzdem dass er sie zum Ehestande berief; denn Gott verläßt niemand, der sich ihm hingibt. Zwei jungfräuliche Herzen wurden verbunden zu gegenseitiger Stärkung und Unterstützung. Es gab niemals ein so wunderbares Ehepaar. Sehen wir, wie Maria sich zu so außerordentlichen Gnaden vorbereitet hat.

Zunächst ihre entfernte Vorbereitung. Dahin gehört die Weise, wie Maria ihre ganze Jungend zubrachte bis zu dem Augenblicke, da der Himmel ihr zu erkennen gab, dass sie zum Ehestande berufen sei.
Schon in zarter Jugend entsagte sie allem, was ihr in der Welt am liebsten war, um der Stimme des Herrn zu folgen, die sie in den Tempel rief. Ihrem göttlichen Herrn und Bräutigam weihte sie ihre ganze Jugend zum Dienste in seinem Heiligtum; dort setzten ihre Demut, ihr Gehorsam, ihre Liebe und der reiche Kranz der übrigen Tugenden ihre Umgebung in beständige Verwunderung. Gott zu gefallen, auf seine Stimme in der Stille der Einsamkeit zu hören, den göttlichen Willen zu erfüllen war ihre ganze Sorge. Der lebendige Glaube war die Richtschnur all ihrer Gedanken, Neigungen, ihres ganzen Tun und Lassens. In den Priestern sah sie die Diener, die Gesandten des Herrn; deren Weisungen leistete sie die pünktlichste Folge. Wie oft wird sie in der Inbrunst des Gebetes aus tiefem Herzen zu Gott gerufen haben: "Mein Gott, zeige mir den Weg, den ich wandeln soll. Rede, Herr, dein Diener hört."

Mit einem Worte, das ganze Benehmen dieser getreuen Magd hat bewiesen, dass sie beständig ihrem Willen entsagte, um dem Willen ihres göttlichen Bräutigams zu folgen.
Sie suchte nichts als den Willen des Herrn. Denn was wünschte sie, da sie in den Tempel kam, anders, als ihr ganzes Leben dem Dienste des Altares zu weihen? Als ihre Vorgesetzten erklärten, dass sie zum Ehestande berufen sei und den Tempel verlassen müsse, unterwarf sie sich sofort. Der Ehestand verursachte ihr einen heiligen Schrecken; schon bei dem Gedanken an Untreue gegen ihr Gelöbnis erbebte sie: ihre Jungfräulichkeit hielt sie höher als alle Schätze. Indessen der Wille des Herrn gab sich ihr kund durch den Mund seiner Stellvertreter, und sofort gehorchte sie und unterwarf sich blindlings. Die Unruhe und der Zweigel des ersten Augenblicks schwand alsbald vor ihrem Glauben und Vertrauen auf Gott.

Wie benahm sie sich, seitdem ihr Gottes Wille bekannt war?

Sie überließ sich nicht gleich so vielen unbesonnen Personen der Zerstreuung und Unterhaltung. Ihre Einsamkeit wurde noch strenger; sie verdoppelte ihre Wachen und Beten; sie vergoß zahllose Tränen, um von ihrem himmlischen Bräutigam die Bewahrung ihres größten Schatzes zu erflehen. Als würdige Tochter Abrahams hoffte Maria gegen alle Hoffnung. Ihr lebendiger Glaube war denn auch mit der heiligsten aller Ehen belohnt. Die Legende sagt, dass sie nach dem Gesetze einen Mann ihres Stammes wählen mußte. Es seien dann die betreffenden jungen Männer in den Tempel berufen und veranlaßt worden, einen Zweig mit ihrem Namen im Heiligtum niederzulegen, ob Gott nicht etwa durch ein Zeichen seinen Willen kund tue. Und wirklich habe des anderen Tages einer der Zweige sich mit frischen Sprossen und Blüten bedeckt gefunden. Er gehörte dem Joseph, den der Heilige Geist selbst den "Gerechten" nennt. Wie wurde Maria voll seligen Trostes, da sie erfuhr, dass Joseph gleich ihr dem Herrn die Keuschheit gelobt habe und mit ihr in jungfräulicher Ehe leben wolle!

Welch schönes Beispiel für die Jugend; besonders für jene, die zu dem heiligen, aber schweren und gefährlichen Stande er Ehe berufen sind!

Viele Eheleute seufzen unter dem harten Joche des Teufels, weil sie, wie der Engel zu dem jungen Tobias sagte, in den Ehestand getreten sind, ohne an Gott zu denken, einzig aus sinnlichen Absichten. Es heißt vor allem vorerst prüfen seinen wahren Beruf und sich bereiten, ihm zu folgen.

Gott hat nicht nur die verschiedenen Lebensstände angeordnet, sondern er bestimmt auch für einen jeden, der auf diese Welt kommt, seinen künftigen Stand. Wie selten denkt man an diese Wahrheit! "Die Schritte des Menschen müssen vom Herrn gerichtet werden" (Prov. 20). "Herr, lehre mich deinen Willen tun, weil du mein Gott bist. Dein guter Geist leite mich den rechten Weg" (Ps 14). "Ich weiß, dass es dem Menschen nicht zukommt, seinen Weg zu wählen, und dass es nicht in seiner Macht steht, darin zu wandeln und seine Schritte darauf zu befestigen."

Unser Beruf zu einem Lebensstande kommt also von Gott. Er ist das Haupt einer zahlreichen Familie; ihm allein steht die Austeilung der Ämter zu. Darum haben die heiligen Menschen stets so große Sorge gehabt, um ihren Beruf kennen zu lernen.
Sage also nicht: Ich will diesen oder jenen Stand ergreifen; sondern suche zu erforschen, wozu du bestimmt bist. Darum ermahnt er Apostel: Betraget euch nicht wie unvorsichtige, sondern wie weise Menschen, die den Willen Gottes zu kennen begehren!

Es ist eine Vermessenheit, sich um seinen göttlichen Beruf nicht zu kümmern. Gott verknüpft besondere Gnaden mit dem von ihm bestimmten Stande. "Der Mensch, der seinen Platz verlassen, ist gleich dem Vogel, der sein Nest verlassen hat" (Prov 27). In der Tat, wer könnte sagen, welchen Gefahren jemand ausgesetzt ist außer dem ihm bestimmten Stande? Wird er auf die Gnaden rechnen können, die nötig sind, um die Mühsale seines Standes zu ertragen, um dessen Gefahren zu überwinden, dessen Pflichten getreulich zu erfüllen? Wird der Herr ihm auf all seine Bitten um Hilfe nicht mit Recht antworten dürfen: Ich kenne dich nicht, ich habe dich nicht gedungen, ich habe dich nicht an den Platz gesetzt, den du gegen meine Absichten eingenommen hast, also höre auf, mir lästig zu fallen?

Wer sollte einen breiten, gemächlichen Weg beschreiten wollen, der an einen fast unvermeidlichen Abgrund führt? Nun wohl, das tut jemand, der bei der Wahl eines Lebensstandes einzig die verkehrten Begierden seines Herzens zu Rate zieht. Ach, was wird es ihm auf dem Sterbette nützen, seine Neigungen befriedigt zu haben, wenn er dabei seine Seele verloren hat! Es wird dann ein schöner Traum sein, der verflogen ist, während er in einen Abgrund von Elend stürzte.

Bereite dich, deinem Beruf zu folgen.
Beklagenswert ist das Betragen der meisten jungen Leute, die zum Ehestande berufen sind; denn wie bereiten sie sich auf diesen heiligen Stand vor? Ach, kaum haben sie die Kinderschuhe abgelegt, so verachten sie die empfangenen Lehren der Tugend, leiher ihr Ohr den vergifteten Gesprächen einer verderbten Welt. Ihre Kleiderpracht, ihre Vergnügungen und Lustbarkeiten nähren üppig die aufkeimenden Triebe. Sie schließen Freundschaften, ihr Herz wird gefangen, sie geben sich blind der Leidenschaft hin und reden vom Heiraten. Dann sagen sie, mein Beruf ist, diese oder jene Person zu ehelichen. Ach, müßten sie nicht eher sagen, meine Leidenschaft zwingt mich dazu?

Meistens geht es so, dass die schönsten Jahre des Lebens dem Teufel, der Welt und oft den schändlichsten Lastern preisgegeben werden. Welch traurige Vorbereitung für einen so wichtigen und gefährlichen Stand!
Wie viele selbst unter der kleinen Zahl jener, die sich aus dem Schiffbruche der ersten Jugend gerettet haben, sind ein Gegenstand der Tränen für die Kirche und des Ärgernisses für die Welt! Selbst zu der Zeit, da sie ihre Frömmigkeit verdoppeln sollten, um sich vor heillosen und unsinnigen Entschlüssen zu bewahren, was sehen wir da? Die meisten entfernen sich von Gott; sie fliehen die weisen Ermahnungen ihrer besten Freunde, die in erster Reihe das Recht hätten, über ihre Berufswahl zu urteilen; endlich führen sie ein ganz weltliches Leben, und eilen so mit Gewalt ihrem Verderben entgegen.

Gott ist der beste Berater; frage ihn in eifrigem Gebete, in frommer Lesung, in fleißigem Empfange der heiligen Sakramente, sowie durch diejenigen, die seine Stelle auf Erden vertreten. Was er dir bestimmt hat, wird dir werden, wenn du dich ihm überlässest.
Maria hat nicht das mindeste getan, um die Augen eines Sterblichen auf sich zu ziehen; und doch ist sie zur heiligsten und glücklichsten Ehe gekommen. Niemals wird die Tugend verlassen sein, sondern gerade die Vortrefflichsten suchen sie. Niemals wird man es bereuen, der Stimme des Herrn gehorcht und seine Rufe gefolgt zu haben.


Unterricht für das Fest der heiligen Familie

(Am dritten Sonntage nach heiligen drei Könige; [neuerdings: 1. So nach Erscheinung])

Welches ist der Zweck dieses Festes?

Das Fest und die Verehrung der heiligen Familie Jesus, Maria, Joseph wurde vom Heiligen Vater Leo XII. angeordnet als ein Heilmittel gegen die Gebrechen unserer Zeit. Das Hauptgebrechen unserer Zeit ist die Zerrüttung des Familienlebens, die hervorgeht aus der Religionslosigkeit, der Mißachtung der von Gott geordneten Vorgesetzten und der maßlosen Vergnügungssucht. Daher stellt uns dieses Fest die heilige Familie vor Augen, die das Muster aller christlichen Familien werden muß, wenn es besser werden soll auf der Welt.

Betrachte die heilige Familie als Vorbild jeder christlichen Familie

Treten wir in das kleine Haus der heiligen Familie zu Nazareth. Wie gut ist da sein. Da ist Gottes Friede, und Segen ist von da ausgegangen über alle Völker und Zeiten.
Die heilige Familie zeigt uns die Grundlage des wahren Glückes. Sie zeigt uns, was not tut, um wieder Wohnstätten des Glaubens, der Sittenreinheit und des Friedens herzustellen. Wenn alle Familien an sie sich anschlössen, nach ihr sich bildeten, dann würde von jeder das Wort der Schrift gelten: Sie ist der Abglanz des ewigen Lichtes, der unbefleckte Spiegel der Größe Gottes, das Bild seiner Güte. Sie, die einzig ist, vermag alles; sie bleibt in sich selbst, erneuert alles, unter den Völkern ergießt sie sich in die heiligen Seelen, macht sie zu Freunden Gottes (Weish. 7,26-27).

Die heilige Familie war rein in ihrem Ursprunge.
Es gibt keine Einrichtung in der Welt, die wichtiger wäre als die Familie. Sie geht von Gott selbst aus, der wollte, dass sie der Kern sein sollte für die Bildung der Gemeinden, des Staates, der Kirche, das Fundament der Völkerfamilie. Weil von ihr alle menschlichen Verhältnisse ausgehen, weil sie die Wurzel und Quelle aller Zustände in der menschlichen Gesellschaft ist, so geht auch von ihr Segen oder Fluch aus für die Zeit und Ewigkeit.

Wie begründete Gott die erste Familie?
Er führte die ersten Eheleute und das erste Elternpaar zusammen. Da sie noch im Zustande er Unschuld waren, kannten sie weder jene Sinnenlust, noch all die verkehrten Neigungen und Berechnungen, die heutzutage der Grund sind zu den meisten ehelichen Verbindungen. Sie kannten hierbei nur den Willen Gottes. Als sie aber sich verleiten ließen, den Willen Gottes zu verachten, da fingen sie auch an, sich gegenseitig zu beschuldigen, da wurde ihr gegenseitigens Verhältnis gestört, das Band der Liebe und Eintracht lockerte sich, sie erlebten Kummer und Schande an ihren Kindern, und je ärger die Sünde einriß, desto ärger wurde auch das Verderben in den Familien.

Als die Zeit gekommen war, da Gott die gefallenen Menschheit retten wollte, fing er damit bei einer Familie an.
Die heilige Familie von Nazareth wurde die Grundlage des Heiles für die Welt. Und auch bei ihr finden wir wieder, dass es Gott war, der die beiden Ehegatten zusammengeführt hat, und zwar, der Wichtigkeit dieser Verbindung entsprechend, durch wunderbare Führung und Fügung.

Die Ehen werden im Himmel geschlossen; das gilt aber nur von jenen Ehen, die als ein Abbild der heiligen Familie gelten wollen und können.
Gott ist es, der zu diesem Stande beruft. Deshalb muß man ihn befragen und auf seine Stimme hören. Die Blicke und Gedanken müssen bei Gründung einer Familie auf ihn gerichtet sein, nicht auf Fleisch und Blut, Geld und Gut, oder bloß irdische Absichten. Was soll man erst von Ehen sagen, die mit Sünde und Schande geschlossen werden? Können aus diesen wohl Abbilder der heiligen Familie hervorgehen? Können sie zum Segen und Heile gereichen?

Die christliche Familie soll nicht nur rein in ihrem Ursprunge sein, sondern auch einig und unauflöslich in ihrem Bestande.
Wie innig war das Band, das die heilige Familie umschlang. Keine Wechselfälle des Lebens, keine Not, und selbst nicht die schwersten Prüfungen waren imstande, auch nur für einen Augenblick dieses Band der Liebe und Einigkeit zu lockern. Und als Joseph, ihr Haupt, scheiden mußte von dieser Welt, da entschlief er in den Armen Jesu und Mariä. Am Sterbebette Jesu stand Maria. Seine letzten Gedanken waren beschäftigt mit der Sorge um sie. Maria aber wurde hinfort verzehrt von Sehnsucht nach der Wiedervereinigung mit den Teuren, die ihr in die Ewigkeit vorangegangen waren.

Soll Einigkeit in der Familie herrschen so muß sie vor allem eins sein im Glauben, in der Religiosität. Nicht bloß Fleisch und Blut, nicht allein natürliche Gefühle und Neigungen müssen in ihr regieren, sondern die Gottesfurcht, die gründet auf lebendigem Glauben. Wenn insbesondere die Eltern nicht die Religion für das Höchste achten, dann kann ihr Wirken und Bemühen unmöglich von Segen sein. Sie werden mehr Unkraut säen als gute Saat, und es wird sie das Wehe derjenigen treffen, die Ärgernis geben.
Rechte Gottesfurcht wird auch selten dort in der Familie regieren , wo die Eheleute nicht einig sind im rechten Glauben. Die tägliche Erfahrung gibt der Kirche, die gemischte Ehen mißbilligt recht. - Eins in derselben Hoffnung, vereint um das Kreuz, den einzigen wahren Trost in jeder Trübsal, wird die christliche Familie zusammenhalten in allen Lagen des Lebens, auch bei den schwersten Schicksalsschlägen. Das Band der Liebe, das alle umschlingt, hält in allen Prüfungen aus und läßt sie leichter ertragen; wird selbst durch den Tod nicht zerrissen.

Die heilige Familie war in ihrem ganzen Leben und Sterben heilig und gerecht. Durch den täglichen Umgang miteinander und mit Jesus, ihrem Gott, nahmen Maria und Joseph beständig an Heiligkeit zu. Ihr gemeinsames Gebet, die Feier der heiligen Zeiten, die Pilgerfahrten zum Heiligtum des Tempels heiligten ihre Arbeiten und Beschwerden. -
So soll jede Familie eine Heimstätte der Gottseligkeit werden. "Ich und mein Haus, wir wollen dem Herrn dienen", das muß der Wahlspruch jedes Familienhauptes sein.
Überaus wichtig ist das gemeinsame Gebet. Dabei erfüllt sich die Verheißung des Herrn: Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.
Wichtig ist die Heilighaltung der heiligen Tage. Da soll nicht jedes Glied seine Vergnügen nachgehen. In einer wohlgeordneten Familie ist auch die Erholung gemeinsam. Die heiligen Tage aber dienen vor allem dem religiösen Leben. Alle Glieder heiligen und bessern einander. Alle sind erfüllt von regem Pflichtgefühl. Sie wetteifern in guten Werken. Die Gedanken und Gespräche drehen sich nicht einzig um das Irdische. Das ganze Leben einer christlichen Familie ist eine gemeinsame Pilgerfahrt zum himmlischen Jerusalem, zum himmlischen Vaterhause, wo sie alle sich wiederzusehen und wiederzufinden hoffen dürfen, und die Eltern den Lohn ihrer Pflichttreue und Opfer, die Kinder den Lohn ihrer kindlichen Liebe und ihres Gehorsams erwarten.

Tägliches Gebet vor dem Bilde der heiligen Familie

O liebreicher Jesu, der du durch deine Tugenden und das Beispiel deines häuslichen Lebens die von dir auserwählte Familie auf Erden geheiligt hast, siehe gnädig herab auf diese unsere Familie, die sich zu deinen Füßen niederwirft und dich um Gnade anfleht. Gedenke, dass diese Familie dein Eigentum ist, weil sie sich dir zu besonderem Dienste geweiht und geschenkt hat. Schütze sie gnädig, rette sie aus Gefahren, hilf ihr in Bedrängnissen und verleihe ihr Kraft, in der Nachahmung deiner heiligen Familie auszuharren, auf dass sie zur Zeit ihres irdischen Lebens in Gehorsam und Liebe dir treu bleibe und einst im Himmel ewig dir lobsingen könne.
O Maria, süßeste Mutter, wir flehen um deinen Schutz und vertrauen zuversichtlich, dass dein eingeborener göttlicher Sohn deinen Bitten willfahren wird.
Auch du, glorreicher Patriarch, heiliger Joseph, komme uns mit deinem mächtigen Beistande zu Hilfe und übergib unsere Gelöbnisse den Händen Mariä, auf dass sie dieselben Jesu Christo darbringe. (Ablaß von 300 Tagen.)
Jesus, Maria, Joseph! erleuchtet uns, helfet uns, rettet uns. Amen. (Ablaß von 200 Tagen.)


Eingang der heiligen Messe:
Der Vater des Gerechten frohlockt vor Freude, es erfreue sich dein Vater und deine Mutter, und die dich geboren hat, frohlocke (Prov. 23). Wie lieblich sind deine Wohnungen, o Herr der Heerscharen! Meine Seele verlangt und schmachtet nach den Vorhöfen des Herrn (Ps. 83). Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. Herr Jesus Christus, der du, Maria und Joseph untertan, das häusliche Leben durch wunderbare Tugenden geheiligt hast: laß uns mit ihrer Hilfe durch die Beispiele deiner heiligen Familie unterrichtet werden und zu ihrer ewigen Gemeinschaft gelangen. Der du lebst und regierst usw.

Lektion aus der Epistel an die Kolosser III, 12-17

Brüder! ziehet als Gottes Auserwählte, Heilige und Geliebte, herzliches Erbarmen an, Güte, Demut, Sanftmut, Geduld. Ertraget einander und verzeihet einander, wenn einer Klage wider den andern: wie der Herr euch verziehen hat, so auch ihr! Vor allem aber habet die Liebe, die das Band der Vollkommenheit ist. Und der Friede Christi herrsche freudig in eueren Herzen, zu dem ihr auch berufen seid als Glieder eines Leibes. Zeiget euch dankbar! Das Wort Christi wohne reichlich in euch, mit aller Weisheit. Lehret und ermahnet einander mit Psalmen und Lobliedern und geistlichen Gesängen, und singet Gott mit Dankbarkeit in euren Herzen. Alles, was ihr tut in Wort oder Werk, das tut alles im Namen unsers Herrn Jesu Christi, und saget Dank dem Vater, durch Jesum Christum, unsern Herrn.

Erklärung siehe am fünften Sonntage nach dem Fest der heiligen drei Könige)

Evangelium Luk II,42-52

Als Jesus zwölf Jahre alt war, reiste er mit seinen Eltern wie gewöhnlich zum Feste nach Jerusalem. Und da sie am Ende der Festtage wieder zurückkehrten, blieb der Knabe Jesus in Jerusalem, und seine Eltern wußten es nicht. In der Meinung, er sei bei der Reisegesellschaft, machten sie eine Tagreise und suchten ihn unter den Verwandten und Bekannten. Da sie ihn aber nicht fanden, kehrten sie nach Jerusalem zurück und suchten ihn. Und es geschah, nach drei Tagen fanden sie ihn im Tempel sitzen unter den Lehrern, wie er ihnen zuhörte und sie fragte. Und als sie ihn sahen, wunderten sie sich, und seine Mutter sprach zu ihm: Sohn, warum hast du uns dieses getan? Sieh, dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht.
Und er sprach zu ihnen: Warum habt ihr mich gesucht? Wußtet ihr nicht, dass ich in dem sein muß, was meines Vaters ist? Sie aber verstanden die Worte nicht, die er zu ihnen sagte. Und er zog mit ihnen hinab und kam nach Nazareth, und er war ihnen untertan.
Seine Mutter bewahrte alle diese Worte in ihrem Herzen. Und Jesus nahm zu an Weisheit und Alter und an Gnade bei Gott und den Menschen.

Erklärung siehe am ersten Sonntage nach dem Feste der heiligen drei Könige


Unterricht für das Fest der Bekehrung des heiligen Apostels Paulus (25. Januar)

Den Eingang der heiligen Messe hat die Kirche aus 2 Timoth 1,12 genommen, um sowohl an die in guten Werken fruchtbare Bekehrung des hl. Paulus zu erinnern, als uns zu zeigen, welchen Wert Gott unsern guten Werken beiliegt, da er sie zu ewiger Belohnung aufbewahrt.

Ich weiß, an wen ich geglaubt habe, und bin überzeugt, dass er mächtig ist, meine Hinterlage (d.i. meine apostolischen Arbeiten) als ein gerechter Richter zu bewahren für jenen Tag. Herr, du erforschest mich und kennest mich, du kennest mein Sitzen und mein Aufstehen (d.i. all mein Tun und Lassen) (Ps 138,1.2). Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. O Gott! der du durch die Predigten des heiligen Paulus die ganze Welt belehrt hast: wir bitten dich, verleihe uns, dass wir, die wir heute das Fest seiner Bekehrung begehen, durch Befolgung seiner Beispiele zu dir gelangen. Durch Jesum Christum, deinen Sohn, unsern Herrn. Amen.

Lektion aus der Apostelgeschichte IX, 1-22

In jenen Tagen war Saulus noch voll Wut und Mordlust wider die Jünger des Herrn. Er ging zum Hohenpriester und erbat sich von ihm Briefe nach Damaskus an die Synagogen, um alle, die dieser Lehre anhingen, Männer und Weiber, gebunden nach Jerusalem zu führen. Als er nun auf dem Wege war und in die Nähe von Damaskus kam, umleuchtete ihn plötzlich ein Licht vom Himmel. Er fiel zu Boden und hörte eine Stimme, die zu ihm sprach: Saulus, Saulus, warum verfolgst du mich? Er sprach: Wer bist du, Herr? Und dieser antwortete: Ich bin Jesus, den du verfolgst; hart wird es dir, wider den Stachel auszuschlagen. Da sprach Saulus mit Zittern und Staunen: Herr, was willst du, dass ich tun soll? Und der Herr sprach zu ihm: Stehe auf und gehe in die Stadt; da wird dir gesagt werden, was du tun sollst. Die Männer aber, die mit ihm reisten, standen ganz erstaunt da, hörten zwar die Stimme, sahen aber niemand. Saulus stand nun auf von der Erde; als er aber seine Augen öffnete, sah er nichts. Sie nahmen ihn also bei der Hand und führten ihn nach Damaskus. Daselbst war er drei Tage, ohne zu sehen; und er aß und trank auch nicht.
Es war aber zu Damaskus ein Jünger mit Namen Ananias. Zu diesem sprach der Herr in einer Erscheinung: Ananias! Er aber sprach: Siehe, hier bin ich, Herr! Und der Herr sprach zu ihm: Stehe auf und gehe in die Straße, die man die gerade nennt, und frage in dem Hause des Judas nach einem mit Namen Saulus aus Tarsus; denn siehe, er betet. (Saulus sah indessen in einer Erscheinung einen Mann, namens Ananias, zu sich hereinkommen und ihm die Hände auflegen, damit er wieder sehend würde.) Ananias aber antwortete: Herr, ich habe von vielen gehört über diesen Mann, wieviel Böses er deinen Heiligen zu Jerusalem getan hat, und auch hier hat er Macht von den Hohenpriestern, alle, die deinen Namen anrufen, in Bande zu legen. Der Herr aber sprach zu ihm: Gehe hin, denn dieser ist mir ein auserwähltes Werkezug, meinen Namen vor Heiden und Könige und Kinder Israels zu bringen; denn ich will ihm zeigen, wieviel er um meines Namens willen leiden muß.
Da ging Ananias hin, kam in das Haus, legte ihm die Hände auf und sprach: Bruder Saulus, der Herr Jesus, der dir auf dem Wege, worauf du kamest, erschienen est, hat mich zu dir gesandt, damit du sehend werdest und erfüllt vom Heiligen Geiste. Und sogleichfiel es von seinen Augen wie Schuppen, und er ward wieder sehend, stand auf und wurde getauft. Nun nahm er Speise und kam zu Kräften. Er hielt sich aber bei den Jüngern, die zu Damaskus waren, einige Tage auf. Und sogleich predigte er in den Synagogen Jesum, dass er der Sohn Gottes sei. Alle aber, die es hörten, staunten und sprachen: Ist das nicht derjenige, der in Jerusalem die verfolgte, die diesen Namen anriefen, der dazu hierhergekommen ist, damit er sie gebunden zu den Hohenpriestern führte? Saulus aber erstarkte immer mehr und beschämte die Juden, die zu Damaskus wohnten, indem er dartat, dass dieser der Christus (der Messias) sei.

Was lehrt uns diese Geschichte?

1. Sie lehrt uns, dass man an keines Sünders Heil verzweifeln und keinen verachten soll. Denn der größte Sünder kann sich durch die Gnade Gottes augenblicklich bekehren, wie Paulus, der gerade auf dem Wege zur Verfolgung der Christen aus einem reißenden Wolfe ein Lamm, ein auserwähltes Werkzeug, ein Lehrer der Völker geworden ist. Unsere Geschichte lehrt uns
2., daß man fleißig für die Sünder beten solle, wie es der heilige Stephanus für Saulus, der bei seinem Tode die Kleider der ihn Steinigenden aufbewahrte, getan hat. Für die Bekehrung der Sünder beten, heißt das Leiden Christi an ihnen fruchtbar machen. Wie angenehm ist dieses Gott, und wie nützlich den Menschen! Wer einen Menschen, sagt der hl. Jakobus (5,20), von seinem Irrwege zurückführt, wird dessen Seele vom Tode erretten und die Menge der Sünden bedecken. Endlich lernen wir
3., wie auch unsere Bekehrung beschaffen sein soll, um eine wahre zu sein. Paulus wurde bei seiner Bekehrung am Leibe blind, Gemüte aber so erleuchtet, dass er sogleich ausrief: "Herr, was willst du, dass ich tun soll?" Dann nahm er auf Befehl Gottes den Ananias zum Führer auf dem Wege des Heiles an, und ward geradeso eifrig für die Ehre Christi, als er zuvor eifrig in dessen Verfolgung gewesen war. Ebenso muß ein Bekehrter allem, was ihn bisher verführt hat, die Augen verschließen, und nur auf das achthoben, was Gott von ihm verlangt; er muß sich ferner einem erfahrenen geistlichen Führer anvertrauen und diesem in allem folgen; er muß endlich der Ehre Gottes und der Tugend ebenso eifrig zugetan sein als er vorher dem Teufel, dem Fleische, der Welt und allem Bösen zugetan war, und von diesem neuen Wege weder durch Spott noch Verfolgung sich wieder abbringen lassen, wie der hl. Paulus getan hat, der Heiden und Juden, dem Gefängnis und den Schlägen, den Gefahren zu Wasser und zu Lande widerstand, allezeit eifernd für Jesus Christus und die Seelen.

Gebet zu dem heiligen Paulus. Heiliger Paulus, du großer Weltapostel! den die gewaltige Stimme Gottes zu Boden gestürzt hat, damit du zu wahrer Buße aufstehen mögest, und der du durch diese aus einem Feinde Christi sein eifrigster Freund und Verkünder geworden bist: ich bitte dich, du wollest mir von ihm die Gnade erbitten, dass ich ihn, den ich bisher so oft verkannt, beleidigt und durch meine Sünden aufs neue gekreuzigt habe, doch endlich recht erkennen und nach deinem Beispiele so eifrig die Gerechtigkeit üben möge, als ich zuvor die Bosheit ausgeübt habe, damit ich einst die gleiche Seligkeit, wie du, erlange. Durch Jesum Christum, unsern Herrn. Amen.

Evangelium Matthäus XIX, 27-29

In jener Zeit sagte Petrus zu Jesus: Siehe, wir haben alles velassen und sind dir nachgefolgt; was wird uns wohl dafür werden? Jesus aber sprach zu ihnen: Wahrlich, sage ich eich, ihr, die ihr mir nachgefolgt seid, werdet bei der Wiedergeburt, wenn der Menschensohn auf dem Throne seiner Herrlichkeit sitzen wird, auch auf zwölf Thronen sitzen und die zwölf Stämme Israels richten. Und wer immer sein Haus, oder Bruder, oder Schwerster, oder Vater, oder Mutter, oder Weib, oder Kinder, oder Acker um meinetwillen verläßt, der wird Hundertfältiges dafür erhalten und das ewige Leben besitzen.

Erklärung

Der hl. Paulus wurde, obschon er, solange Christus auf Erden gelebt hat, ihm nicht nachgefolgt ist, doch von Christus selbst zum Apostelamte berufen, verließ gleich den übrigen Aposteln wegen Jesus alles, und hat darauf sogar mehr als alle andern für die Ausbreitung des Evangeliums gearbeitet und gelitten, warum er auch Apostelfürst genannt wird, gleich dem hl. Petrus. Er wird daher ebenfalls, wie die andern Apostel, die Welt und sogar die bösen Engel richten (1 Kor 6,3).

Gebet. O Gott! wer sollte deinetwegen nicht gern alles verlieren, da man dadurch so unaussprechlich viel gewinnt? Gib uns also, dass wir, wenn wir nicht alles wirklich verlassen können, wenigstens das, was uns überflüssig oder unserer Seele schädlich ist, gerne von uns geben, an das aber, was uns nötig ist, unsere Herzen nicht allzusehr hängen, sondern es so gebrauche, dass wir dabei die ewigen Güter nicht verlieren. Amen


Unterricht für das Fest Mariä Reinigung, auch Lichtmeß genannt (2. Februar)

Dieses Fest hat eine doppelte Bedeutung:
1. Maria bringt Jesum in den Tempel und gibt ihn dem himmlischen Vater als das Opferlamm hin, und Jesus läßt sich aufopfern; insofern ist es ein Fest Jesu und Mariä zugleich und heißt darum "Darstellung Jesu im Tempel";
2. Maria unterwirft sich dem jüdischen Gesetze der Reinigung, obgleich sie davon ausgenommen war; die Kirche feiert daher heute den Gehorsam und die Demut Mariä, und insofern heißt das Fest "Mariä Reinigung".
"Lichtmeß" wird dieses Fest genannt, weil an diesem Tage die Lichter geweiht werden, die man bei dem Gottesdienste gebraucht.

In welcher Absicht ist die Kerzenweihe angeordnet?

1. Zum Andenken, dass Maria Jesum, das Licht der Welt, im Tempel zu Jerusalem dem himmlischen Vater aufgeopfert hat, wobei er von Simeon ein Licht zur Erleuchtung der Heiden und zur Verherrlichung des Volkes Israel genannt wurde.
2. Um uns gerade hierdurch an mehrere wichtige Wahrheiten zu erinnern, auf die der Priester in den Gebeten bei der Segnung hinweist. Er bittet nämlich, dass Jesus mit dem Lichte seiner göttlichen Lehre unsere geistige Blindheit und Unwissenheit verscheuchen und auf dem Wege der Tugend voranleuchten wolle; dass der Heilige Geist, wie er einst den Simeon erleuchtet hat, so auch uns lehre, Jesum als das wahre Licht anzuerkennen, zu lieben und ihm zu folgen und unsere Herzen von dem Wege der Sünde ableiten, auf den Weg der Wahrheit, Unschuld und Tugend hinlenken und mit dem Feuer der heiligen Liebe entzünden wolle; dass Gott endlich jene, die die geweihten Lichter andächtig gebrauchen, an Leib und Seele beschützen, ihre Bitten erhören und sie einst in das Reich des ewigen, allbeseligenden Lichtes führen wolle.

Betrachte, warum Jesus das Licht der Welt ist

1. Seinem Wesen nach.
Das Licht ist uns so nahe, ohne Licht können wir nicht leben, und doch ist seine Natur ein Geheimnis. Auch Christus ist uns unaussprechlich nahe, in ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir; ohne ihn können wir nicht lebeben und nichts tun; und doch ist er in seiner Gottheit wie im heiligen Sakramente uns ein unbegreifliches Geheimnis. - Das Licht kommt von der Sonne, wird von der Sonne erzeugt, ist so alt wie die Sonne. Christus ist vom Vater erzeugt und gleich ewig wie der Vater. - Das Licht strömt von der Sonne auf die Erde und bleibt doch in der Sonne. Der Sohn Gottes ist vom Vater zu uns herabgestiegen und doch im Himmel eins mit dem Vater gebleiben. - Fällt das Licht durch ein farbigens Glas, so durchdringt es das Glas, ohne es zu verletzen, es bleibt dasselbe Licht, nimmt jedoch zugleich die Farbe des Glases an. So hat Christus von Maria die menschliche Natur angenommen, ohne ihre Jungfräulichkeit zu verletzen, hat Menschennatur angenommen und ist doch Gott geblieben. -
2. Seiner Wirksamkeit nach.
Das Licht macht hell. Ohne Licht ist alles finster, sieht man nicht Weg und Steg, weiß nicht, wo man geht und wohin man kommt. Christus ist das Licht der Welt, weil durch das Evangelium die Finsternis des Unglaubens und Heidentums erleuchtet und den den Menschen wieder den Weg zum zeitlichen und ewigen Glücke gezeigt hat. Er ist das wahre Licht, das den Menschen erleuchtet, nicht nur durch sein Wort, den katholischen Glauben, sondern auch durch seine inneren Einsprechungen, das Licht seiner Gnade. Möchtest du in allen deinen Anliegen bei ihm Erleuchtung suchen im Gebete! - Das Licht erwärmt, gibt Fruchtbarkeit und Gedeihen. Ohne die Sonne wäre die Welt eine Eiswüste, könnte kein Granshalm wachsen, kein Blümchen blühen, niemand leben. Ohne die Gnadensonne Christus können wir nichts Gutes tun. Er gießt das übernatürliche Leben der heiligmachenden Gnade in unsere Seele, er weckt und wirkt alles Gute, was uns Gottes Wohlgefallen und Lohn erwerben kann. Was jemals wahrhaft Großes, Edles und Heiliges auf Erden geschehen ist, das hat Christus hervorgebracht durch seine Gnade. Wenn Millionen edler Männer und Frauen, ja zarte Kinder lieber die unsäglichsten Qualen erduldeten, als ihrem Christenglauben untreu wurden, wenn Millionen edler Jünglinge und Jungfrauen die Welt mit ihrer Lust verachteten, ein verborgenes, stilles Leben führten, und in Armut, Keuschheit, freiwilligem Gehorsam lieblich erglühten gleich Lilien im Garten Gottes - wer hat ihnen dieses heiligen Sinn gegeben, und die Kraft, so große Opfer zu bringen, so schwere Kämpfe zu bestehen? Wer begeistert die Missionäre, auszuziehen in wilde Länder, nicht um Gold zu suchen, sondern um Seelen zu retten? Niemand anders als der, der sich für uns entäußert und geopfert hat. Wenn irgendwo etwas wahrhaft Gutes geschieht, eine Seele erblühet in Unschuld, ein gottinniges Gemüt erglühet in Andacht und Frömmigkeit, ein Kind der Trost seiner Eltern ist, ein Kranker gottergeben sein Kreuz trägt, jemand sich hinopfert im Dienste der Nächstenliebe - da wirkt Christus mit seiner Gnade. - Wie die eine Sonne auf der weiten Welt Millionen köstlicher Blüten hervorlockt und Früchte reift: so ist es die eine Geistessonne Christus, der in den Herzen Tugendblüten und Früchte guter Gesinnung und Taten hervorbringt. - Alle Schönheit und Freude kommt vom Licht. Ist Christus, unser wahres Licht, nicht in der Seele, sondern herrscht darin die Todsünde, so ist sie arm, häßlich, elend, unglücklich. Bringt er wieder durch seine heilbringende Gnade Licht und Leben, so erwacht ein neuer Frühling in der Seele, ein Paradies der Schönheit und Wonne, woran Gott und seine Engel sich ergötzen, ein Paradies des Friedens, ein Vorgeschmack der ewigen, überschwenglichen Glückseligkeit.
Die Lichter beim Gottesdienst sollen dir also zurufen: Siehe, in keinem anderen ist Heil für dich, als in deinem Heiland Jesus Christus; suche ihn und lasse von ihm dich leiten, erwärmen, umwandeln nach seinem Sinne. Er will das Licht sein, das deine Seele und dein Leben verklären, verschönern, beglücken will. Darum lasse gleich der Flamme dein Herz zu ihm emporstreben, reiße es los von der trügerischen bitteren Lust der Welt, suche das Glück, den Frieden des guten Gewissens, den Schmuck der Tugend, der da bleibt fürs ewige Leben. Einmal werden die Kerzen auch dir leuchten am Sterbebett und Grab. Mögen sie anzeigen, dass du gleich den klugen Jungfrauen dem Heiland entgegengegangen bist mit der brennenden Lampe des lebendigen Christenglaubens und christlicher Tugend, und dass in der anderen Welt nicht das schreckliche Höllenfeuer entgegenleuchtet, sondern das Erlöserantlitz Jesu Christi, das ewige Licht, von dem ausgeht alles ewige Leben und die ewige Glückseligkeit.

Zum Eingang der heiligen Messe singt die Kirche:
Wir haben empfangen, o Gott! deine Barmherzigkeit in deinem heiligen Tempel. Wie dein Name, o Gott! also reicht dein Leib bis an die Grenzen der Erde: von Gerechtigkeit voll ist deine Rechte. Groß ist der Herr und sehr preiswürdig in der Stadt unseres Gottes, auf seinem heiligen Berge (Ps 47). Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. Allmächtiger, ewiger Gott! wir flehen in Demut zu deiner Majestät, dass du uns würdig machen wollest, ebenso mit gereinigten Gemütern dir vorgestellt zu werden, wie dein eingeborener Sohn heute im Tempel dir als Mensch ist dargestellt worden. Durch Jesum Christum, deinen Sohn, unsern Herrn. Amen.

Lektion aus dem Propheten Malachias III, 1-4

So spricht der Herr: Siehe, ich sende meine Engel, dass er den Weg bereite vor mir her. Und alsbald wird zu seinem heiligen Tempel kommen der Herrscher, den ihr suchet, und der Engel des Bundes, nach dem ihr verlangt. Siehe, er kommt, spricht der Herr der Heerscharen. Wer wird aber den Tag seiner Ankunft in Gedanken fassen, und wer bestehen bei seinem Anblicke? Denn er sit wie schmelzend Feuer und wie das (reinigende) Kraut der Walker. Er sitzet und schmelzet und reiniget das Silber, und reiniget die Söhne Levis, und läutert sie wie Gold und wie Silber, dass sie dem Herrn Opfer bringen in Gerechtigkeit. Dann wird dem Herrn gefallen das Opfer Judas und Jerusalems wie in den Tagen der Vorzeit und wie in den Jahren des Altertums. So spricht der Herr, der Allmächtige.

Erklärung

Der Engel oder Gesandte, der dem Herrn den Weg bereiten soll, ist Johannes der Täufer (Matth 11,10). Der so lang ersehnte Herrscher aber ist Jesus Christus, der heute in den Tempel gekommen ist. Dieser heißt der Engel, d.h. Bote des Bundes, weil er zwischen Gott und den Menschen einen neuen und weit vortrefflicheren Bund, als der mit den Juden eingegangene war, errichtet hat, da der dadurch uns Chisten nicht bloß zeitliche, sondern himmlische und ewige Güter verschafft. Dieses Herrschers Ankunft wird von den Propheten als herrlich und zugleich schrecklich geschildert. Er wird, spricht er, wie Feuer, welches das Gold läutert, und gleich dem Kraute, womit die Tücher gereinigt werden, seine Diener und Jünger reinigen und prüfen. - So rein wie das geläuterte Gold muß der Christ zu werden sich bestreben; ohne Makel soll insbesondere sein, wer ihn im heiligsten Altarsakramente würdig empfangen oder dies heiligste und Gott angenehmste Opfer würdig darbringen will.

Evangelium Lukas II, 22-32

Als in derselben Zeit die Tage der Reinigung Mariä nach dem Gesetze Mosis erfüllt waren, brachten sie Jesum nach Jerusalem, um ihn dem Herrn darzustellen, wie geschrieben steht im Gesetze des Herrn: Jede männliche Erstgeburt soll dem Herrn geheiligt werden, und um ein Opfer darzubringen, wie es im Gesetze des Herrn geboten ist, ein Paar Turteltauben oder ein Paar junge Tauben.
Und siehe, es war ein Mann zu Jerusalem mit Namen Simeon, und dieser war gerecht und gottesfürchtig und wartete auf den Trost Israels, und der Heilige Geist war in ihm. Es war ihm von dem Heiligen Geiste geoffenbart worden, dass er den Tod nicht sehen werde, bis er den Gesalbten des Herrn gesehen habe. Und er kam aus Antrieb des Heiligen Geistes in den Tempel: und als die Eltern das Kind Jesu hineinbrachten, um da für ihn zu tun, was nach dem Gesetze Gewohnheit war, nahm er es auf seine Arme, pries Gott und sprach: Nun entlässest du, Herr, nach deinem Worte, deinen Diener in Frieden; denn meine Augen haben dein Heil gesehen, das du bereitest hast vor dem Angesichte aller Völker, als ein Licht zur Erleuchtung der Heiden und zur Verherrlichung deines Volkes Israel.

Warum wurde Jesus in den Tempel zu Jerusalem gebracht?

Um dem Herrn aufgeopfert zu werden; denn Gott hatte den Juden befohlen, sie sollten zur dankbaren Erinnerung daran, dass ihre Erstgebornen am Leben blieben, während die Erstgebornen der Ägypter getötet wurden, alle erstgebornen Knäblein ihm aufopfern und sie durch eine bestimmte Gabe wieder auslösen (3 Mos 13,13).

Waren denn Jesus und Maria auch zur Beobachtung dieser Gesetze verpflichtet?

Nein. Wie Jesus als Gottes Sohn überhaupt dem mosaischen Zeremonial-Gesetze nicht unterworfen war und es dennoch erfüllte (Matth. 3), so auch Maria. Sie stellte sich mit Jesus unter die Sünder und erfüllte das Gesetz wie die übrigen Mütter ihres Geschlechtes, obschon sie nicht in Sünden empfangen hatte, und daher auch keiner Reinigung bedurfte. "Nichts", sagt der hl. Bernhard, "war in ihrer Empfängnis unrein, nichts in ihrer Geburt. Da war nichts zu reinigen, wo das Kind selbst die Quelle aller Reinheit war! Aber, Maria, du stelltest dich unter die Frauen, wie dein Sohn sich unter die Kinder stellte!"

Warum hat Maria nicht ein Lamm, wie die Reichen, sondern nur ein Paar Tauben, wie die Armen, geopfert?

Weil sie arm war und sich nicht schämte, auch vor der Welt so zu erscheinen. - Schäme auch du dich nicht, wenn du arm bist; liebe vielmehr deine Armut, die dich Christo und seiner Mutter ähnlich macht. Bist du aber reich, so sei wenigstens dem Geiste nach arm; denn "selig sind die Armen im Geiste", und liebe die Armen und Bedrängten von Herzen und in der Tat.

Gebet. Himmlischer Vater! blicke vom Throne deiner Barmherzigkeit herab auf deinen eingeborenen Sohn, an dem du dein Wohlgefallen hast, und der heute in deinem Tempel für die Sünden seiner Brüder dir aufgeopfert wird. Laß dir doch dieses unschuldige Opfer gefallen und dich dadurch zur Erbarmung gegen uns Sünder bewegen. Vergib uns in Ansehung seines Gehorsams und seiner Demut unsere Hoffart und unsern Ungehorsam, und mache, dass wir, durch sein Blut gereinigt, wenn wir einst in Frieden entschlafen, in dem Tempel deiner Glorie dir dargestellt werden, und dich als das ewige Licht ohne Ende anschauen, lieben und loben mögen. Amen.


Unterricht für die Wöchnerinnen

Das Gesetz der Reinigung, vermöge dessen sich die jüdischen Frauen nach der Geburt eines Knäbleins vierzig, und nach der eines Mädchens achtzig Tage für unrein halten und aus dem Tempel bleiben, nach Verlauf dieser Tage aber ein Lamm und eine Taube, oder wenn sie arm waren, zwei Tauben in den Tempel bringen und daselbst durch das Opfer und das Gebet des Priesters gereinigt werden sollten, geht zwar die christlichen Frauen nicht mehr an, weil die Kirche die jüdischen Zeremonial-Gesetze abgeschafft hat. Indes will doch die Kirche den Geist und die Absicht desselben erfüllt wissen. Sie gestattet deshalb, dass die Kindbetterinnen einige Zeit, solange die Umstände es erfordern, mit gutem Gewissen zu Hause bleiben und vom öffentlichen Gottesdienste sich enthalten. Nach dieser Zeit aber sollen sie sich nach dem Beispiele Mariens mit ihrem Kinde zur Kirche verfügen, den Segen des Priesters erbitten, Gott für die glückliche Geburt danken, ihr Kind Gott aufopfern und ihn mit dem Priester um die Gnade bitten, es fromm und heilig zu erziehen. Darin besteht die Aussegnung der Wöchnerinnen, und es ist aus dem Gesagten klar, dass man sie nicht unterlassen soll. Sie ist eine Ehrenauszeichnung für die katholische Mutter.

Die kirchliche Aussegnung findet in folgender Weise statt. Die Wöchnerin kniet mit einer brennenden Kerze an der Kirchentür. Der Priester besprengt sie mit Weihwasser und betet:
Diese wird Segen empfangen vom Herrn der Barmherzigkeit, von Gott, ihrem Heile, weil dies das Geschlecht derjenigen ist, die Gott suchen. Psalm 22: Des Herrn ist die Erde und ihre Fülle, der Erdkreis und alle, die darauf wohnen. Denn er hat ihn gegründet auf Meere und über Ströme ihn gefestigt. Wer darf hinaufgehen auf den Berg des Herrn, und wer darf stehen an seiner heiligen Stätte? Wer schuldlos an Händen und reinen Herzens ist, wer nicht zu Eitlem seine Seele erhebt und nicht mit Trug seinem Nächsten schwört. Dieser wird erhalten Segen vom Herrn und Barmherzigkeit von Gott, seinem Heile. Dies ist das Geschlecht derer, die ihn suchen, die da suchen das Antlitz des Gottes Jakob. Erhebet, Fürsten, euere Tore, und erhebet euch, ihr ewigen Pforten und einziehen wird der König der Herrlichkeit. Wer ist der König der Herrlichkeit? Der Herr der Heerscharen ist der König der Herrlichkeit. Ehre sei dem Vater usw. - Diese wird Segen empfangen usw.
Dann reicht der Priester der Wöchnerin das Ende der Stola und führt sie in die Kirche mit den Worten:
Gehe ein in den Tempel Gottes, bete an den Sohn der Jungfrau Maria, der dir den Kindersegen verliehen hat.
Am Altare kniet die Wöchnerin nieder, und der Priester betet über sie:
Herr, erbarme dich unser! Christe, erbarme dich unser! Herr, erbarme dich unser! Vater unser usw. Herr, rette deine Magd, die auf dich hoffet. Sende ihr deine Hilfe vom Heiligtume, und von Sion aus beschütze sie. Nichts soll der Feind wider sie vermögen, und der Sohn der Ungerechtigkeit soll ihr nicht schaden. Herr, erhöre mein Gebet, und mein Flehen laß zu dir gelangen. Der Herr sei mit euch und mit deinem Geiste. - Lasset uns beten: Ewiger, allmächtiger Gott, der du durch die glückliche Geburt der Jungfrau Maria die Schmerzen der gläubigen Mutter in Freude verwandelt hast, siehe gnädig herab auf diese deine Magd, die freudig zum Tempel kommt, dir zu danken. Verleihe, dass sie mit ihrem Kinde nach diesem Leben durch die Verdienste und Fürbitten derselben Jungfrau Maria zu den Freuden der ewigen Seligkeit gelange, durch Jesum Christum, unsern Herrn. - Der Friede und Segen des dreieinigen Gottes, des Vaters, Sohnes und Heiligen Geistes steige über dich herab und bleibe für immer bei dir. Amen.
Die Mutter kann dann folgendes Gebet sprechen:
Gebet. Allmächtiger und gütigster Gott! der du unserer Mutter Eva zur Strafe ihres Ungehorsams auferlegt hast, dass sie ihre Kinder in Schmerzen gebären sollte: ich opfere dir alle gehabten Schmerzen und Ängsten zur Abbüßung meiner Sünden auf, und danke dir, dass ich durch deine Hilfe mein Kind glücklich zur Welt gebracht habe. Ich opfere dir es auch von nun an, nach dem Beispiele der Mutter deines eingeborenen Sohnes, zu deinem heiligen Dienste auf, und werde mich eifrig bestreben es zu deiner Ehre zu erziehen. Gib mir nur hierzu, durch die Fürbitte und Verdienste dieser hochgebenedeiten Jungfrau, deine Gnade; segne mich und mein Kind, und verleihe, dass wir allhier nach deinem göttlichen Willen leben und dort die ewige Seligkeit erlangen. Durch Jesum Christum, deinen Sohn, unsern Herrn. Amen.


Das Fest der heiligen Blasius (3. Februar)

Der hl. Blasius war zu Sebaste in Armenien geboren und wurde von den Bürgern dieser Stadt zu ihrem Bischofe erwählt. Zur Zeit der Christenverfolgung unter Licinius begab er sich auf den Berg Argäus, wo er sich in einer Höhle verbarg. Eines Tages schickte Agricolaus, der zur Aufsuchung der Christen nach Sebaste gesandt worden war, seine Leute auf diesen Berg, um eine Jagd vorzunehmen; und da sich die Tiere zur Höhle des heiligen Bischofs retteten, fanden sie ihn in der Höhle kniend vor dem Bilde des Gekreuzigten im Gebete und verrieten ihn ihrem Herrn. Er wurde sogleich durch Gerichtsdiener nach Sebaste geführt. Agricolaus suchte ihn anfänglich durch Schmeicheleien, dann durch Marter von der Anhänglichkeit an Jesus abzubringen. Allein weder die Verheißungen, noch die schmerzlichen Streiche, die er empfing, noch die Folter, noch die spitzigen, eisernen Werkzeuge, wodurch er zerfleischt wurde, vermochten seinen Glauben und seine Liebe zu erschüttern. Endlich ward er, nachdem er dreimal vor Gericht geführt und immer gleich standhaft befunden worden war, außerhalb der Stadt enthauptet, um das Jahr 306. Der Heilige wirkte durch sein unablässiges Gebet viele Wunder, und wird noch jetzt als ein Patron wider gefährliche Halskrankheiten angerufen, weil er dem einzigen Sohne einer reichen Witwe, der eine Fischgräte verschlungen hatte, das Leben rettete.
Das hat Veranlassung zu dem Blasius-Segen gegeben. Bei der Hinhaltung der geweihten Kerzen betet der Priester: "Durch die Verdienste und Fürbitte des heiligen Bischofs und Märtyrers Blasius befreie dich Gott von allen Übeln des Halses und vor jedem andern Übel. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen." Nehmen wir an dieser frommen, kirchlichen Zeremonie Anteil; auch sollen wir mit dem Gebete der Kirche unsere Bitten um Bewahrung vor dem leiblichen Übel vereinigen, und wohl beherzigen, dass wir unsere Seele vor den Sünden, vorzüglich vor jenen, die wir durch die Zunge und durch die zu große Begierlichkeit des Gaumens begehen können, sorgfältig bewahren müssen, da diese ein weit größeres und gefahrvolleres Übel sind als alle Leiden, die uns am Halse oder an was immer für einem andern Teil unseres Körpers begegnen können.

Betrachte die Wichtigkeit der Geistessammlung

Der Heiland sagt: "Das Reich Gottes ist in euch." Gott will in unserm Herzen herrschen durch seine Liebe und Gnade. "Das Reich Gottes", sagt der Apostel, "ist nicht Speise und Trank, sondern Gerechtigkeit, Friede und Freude im Heiligen Geiste." Es kann für die Dauer nicht bestehen, wenn wir uns nicht bemühen, im Andenken an Gottes Gegenwart zu wandeln; und also unsere inneren und äußeren Sinne zu beherrschen, sie auf Gott zu richten und mit ihm in unserm Innern uns zu unterhalten. "Wer im geistlichen Leben große Fortschritte machen will, der beginne mit der Einsamkeit des Herzens" (St. Gregor).
Wir sind gebrechliche Menschen, und selbst gottselige Herzen, sagt der hl. Leo, werden durch die Beschäftigungen mit der zerstreuten Welt verunreinigt. Wie wird es also denen ergehen, die ihren Geist fast nie sammeln, ihrer Zunge freien Lauf lassen, sich in viele Dinge einmischen und dem Wasser gleich stets nach außen sich ergießen. Nimm dir vor, zu gewissen Zeiten dein Herz zu sammeln in Gott, vor allem beim täglichen Gebete morgens, mittags und abends, beim Läuten der Betglocke und bei Wiederholung der guten Meinung. Dann wirst du nicht in Gottvergessenheit geraten.
Ohne Sammlung des Geistes gibt es keine wahre Ruhe des Herzens. Es ist ja für Gott geschaffen. Wenn es sich im Welttreiben verliert, wird es von vielen unnützen Begierden umgetrieben. Siehe da die Ursache deiner beständigen Unruhe und Unzufriedenheit. Beherzige oftmals die Notwendigkeit der Geistessammlung, und überlege, wie sie sich mit deinen Berufspflichten vereinigen läßt. "In der Einsamkeit und Ruhe erstarkt die andächtige Seele und lernt die Geheimnisse der Heiligen Schrift verstehen" (Thomas von Kempen).

Gebet. O Gott, der du uns durch jährliche Gedächtnisfeier deines heiligen Blutzeugen und Bischofs Blasius erfreuest, verleihe gnädig, dass wir uns, wie seines Andenkens, so auch seine Schutzes erfreuen mögen. Durch Christum, unsern Herrn. Amen.


Unterricht für das Fest der heiligen Joseph (19. März)

Es war bei Gelegenheit des Vatikanischen Konzils, als eine große Anzahl Bischöfe in ihrem eigenen und ihrer Gläubigen Namen dem Papste Pius IX. die Bitte vortrugen: es möge von höchster Stelle aus der hl. Joseph als Schutzpatron der Kirche erklärt und sein Fest im Range der höchsten Festtage gefeiert werden. Beides gewährte der Heilige Vater mit Freuden und eiferte dadurch die Gläubigen an, den Nährvater Jesu inniger zu verehren und anzurufen. Er hoffte dadurch neuen Trost und Hilfe für die bedrängte Kirche zu erwerben. Der Grund, warum der hl. Joseph zum Schutzpatron der Kirche erwählt wurde, liegt in den Tugenden, durch die er sich in seinem Erdenleben auszeichnete, sowie in der Würde und Macht, die Gott ihm verlieh.

Zwar ist er einer jener Heiligen, deren Leben in Dunkel gehüllt ist; von dem keine Großtaten zu berichten sind; deren Heiligkeit nicht durch Wundertaten der Gottes- und Nächstenliebe oder der Buße glänzte; von denen die Geschichte nur wenig berichtet. Aber schon dieses eine gibt uns Zeugnis für seine Tugend, daß unter allen Männern Joseph es war, den der Allerhöchste zum jungfräulichen Gemahl Mariä, zum Nährvater seines Sohnes wählte. Man kann sicher sagen: einen Würdigeren hätte Gott nicht finden können als Joseph. Warum? Weil es sich von selbst versteht, daß er zum Nährvater Jesu und Beschützer Mariä den allerwürdigsten unter den Männern wählte. - In der Tat, das wenige, was die heilige Geschichte vom Leben Josephs sagt, bedeutet das allerhöchste Lob. Sie sagt nämlich nur dies eine: "Joseph war gerecht." Das heißt ja, er war gewohnt, einem jeden zu geben, was ihm gebührte. Er war gewohnt, alle seine Pflichten zu erfüllen, die großen wie die kleinen, die schweren wie die leichten, gegen Gott, wie gegen den Nächsten, mit gänzlicher Verleugnung, mit stetem Vergessen seiner selbst. Das ist wohl etwas Großes, ja, die höchste Stufe der Heiligkeit. - Das wenige, was die Schrift von seinem Leben berichtet, bestätigt dieses Lob. Er war von hoher, adeliger Abkunft, stammte aus dem königlichen Geschlechte Davids. Anstatt dieses vor der Welt geltend zu machen und Ehrenstellen zu suchen, verbirgt er sich in einer armen, demütigen Werkstatt. Joseph war ein Zimmermann. Die christliche Kunst gibt ihm eine Lilie in die Hand, das Sinnbild der Keuschheit. Die Legende sagt, daß er schon früh beständige Keuschheit dem Herrn gelobt habt; daß er Maria nur zur Ehe nahm, weil das Gesetz es verlangte. Die Schrift sagt, daß er mit ihr in jungfräulicher Ehe lebte. In demütiger, ehrfürchtiger Liebe hat er ihr gedient. Als er bemerkte, daß sie Mutter werden sollte, und das göttliche Geheimnis noch nicht kannte, wie wurde da sein Herz zerrissen und von Zweifeln gequält. Indes ließ er sich nicht zu ungerechtem Verdachte hinreißen, gab der Eifersucht keinen Raum, dachte nicht, sich zu rächen, nein, sein lauteres Herz blutete, aber er sann auf ein Mittel, um der peinlichen Lage zu entgehen, ohne die liebevolle Rücksicht auf Maria zu verletzen, er wollte sich schweigend von ihr trennen. Als der Engel seinem Zweifel ein Ende machte, als er erfuhr, welch hohe Stelle er einnehmen sollte im Heilsplane Gottes, da strömte sein Herz über von Lob und Dank; aber seine Demut wurde noch tiefer. In dem armen Stalle zu Bethlehem, in der Wüste und dem fremden ägyptischen Lande, in seiner Werkstatt zu Nazareth hat er beständig sich selbst vergessen, um sich aufzuopfern für Jesus und Maria.

Die besondere Art seiner Tugenden läßt wohl begreifen, warum die Vorsehung seine größere Verehrung verschob bis auf unsere Zeit.

Jede Zeit hat ihre eigentümlichen Nöten, Fehler und Gebrechen. Woran aber unsere Zeit besonders krankt, das ist der Hochmut, der irdische Sinn, die Genußsucht, die Fleischeslust. Es ist ja gewiß viel Not in der Welt. Wenn wir aber sehen, daß eine immer wachsende Unzufriedenheit unter den ärmeren Klassen herrscht; wenn Hunderttausende nur mit Zähneknirschen das Joch der harten Arbeit tragen und voll Haß auf die besitzende Klasse schauen, so ist im Grunde nicht die Not daran schuld, sondern die Genußsucht, die den Himmel auf Erden sucht. Es fehlt der demütige, genügsame Sinn, der mit geringem Lose sich zufrieden gibt nach Gottes Willen. Dafür, daß man freiwillig in Armut, in Enthaltsamkeit leben kann, ist in weiten Kreisen sogar das Verständnis abhanden kommen. Die Kirche, die dergleichen empfiehlt, die mit ihrem Meister spricht: Selig sind die Armen, die reinen Herzen, die Trauernden - diese Kirche wird von vielen angestarrt wie ein Gespenst aus dem finstern Mittelalter, das nicht mehr paßt in unsere Zeit. Und siehe da, diese alte und doch immer junge Kirche beweist mal wieder, wie gut sie die Nöten unserer Zeit begriffen hat. Sie erhebt auf ihre Altäre einen Arbeitsmann, einen Handwerker, einen Mann, der freiwillig ein armes, hartes Gewerbe trieb und ein keusches, lilienreines Leben führte. Vor diesem Mann versammelt sie ihre Kinder, arm und reich, gelehrt und ungelehrt, "gehet zu Joseph", sagt sie; betrachtet sein Leben, bewundert seine Tugend, rufet seine mächtige Hilfe an für die ganze Christenheit und für euch selbst. Der Schutzpatron der Kirche ist ein Handwerksmann; welche Ehre für die Arbeit!

Die eigentliche Bedeutung des hl. Joseph liegt indes in der Würde, die er bekleidet. Er ist zum Schutzherrn gesetzt über Maria, die reine Gottesmagd Er ist zum Nährvater gesetzt über Jesus, den Sohn des allmächtigen Gottes. Über beide übt er eine wirkliche Gewalt, beide waren seinen Befehlen gehorsam. Darin liegt seine Würde. Er hat für Jesus und Maria das tägliche Brot verdient. Die Schwielen seiner Hände, der Schweiß seiner Stirne, die Falten der Sorge in seinem Angesicht waren Zeugen seiner Treue. Nächst der Würde der Gottesmutter läßt sich keine höhere menschliche Würde denken. Als der ägyptische Joseph, sein Vorbild, den Brüdern klarmachen wollte, welche Ehre er in Ägypten genieße, sagte er: Gott hat mich hierhergesandt und mich zum Vater des Königs gemacht. So besaß Joseph vor der Welt den Vaternamen über Jesus. Es heiß ausdrücklich in der Schrift, Jesus wurde für eine Sohn des Zimmermanns Joseph gehalten. Und beim Wiederfinden im Tempel sagte Maria zum Herrn: Siehe, dein Vater und ich, wir haben dich mit Schmerzen gesucht. - Diese seine Würde ist es besonders, die ihn zum Schutzpatron der Kirche geeignet macht. Denn was ist die katholische Kirche? Sie ist gleichsam der sichtbare Christus; denn sein Geist waltet und lebt in ihr, und wir alle sind seine Glieder. Das Amt der Fürsorge und des Schutzes, das er für Jesus einst übte, setzt Joseph also fort für den geheimnisvollen Leib Jesu, die Kirche.

In seiner ausgezeichneten Tugend wie in seiner einzigen Würde liegt endlich auch seine Macht begründet.

Die Seligen des Himmels sind nicht untätig, sondern sie haben Macht und Herrschaft bekommen von Gott, auch in den Angelegenheiten dieser Welt. Um so größer ist ihre Gewalt im Himmel, je größer ihre Treue auf Erden war, und je mehr Verdienste sie erworben haben. Wer zwei Talente gut verwaltete, dem werden noch zwei andere zugegeben werden, sagt der Herr; wer aber fünf Talente als treuer Knecht verwaltete, der wird fünf andere dazu empfangen. Wem aber wurde jemals von Gott Größeres anvertraut als dem hl. Joseph, und wer hat je größere Treue bewiesen? Wenn, wie Chrysostomus sagt, das Blut der Armen, die wir in Barmherzigkeit ernähren, zum Himmel ruft um Gnade für uns; um wieviel mehr werden nicht die weit größeren Dienste vermögen, die Joseph dem Sohne Gottes erwiesen hat! Wenn andere Heilige zum Throne Gottes treten als unsere Fürsprecher, so können sie sagen: Gedenke, o Herr, du warst hungrig, und ich habe dich gespeist, du warst durstig und nackt, und ich habe dich getränkt und gekleidet; zwar waren es nur deine geringsten Brüder, denen ich dieses tat, aber du wolltest es ja vergelten, als wäre es dir geschehen. Dagegen kann der hl. Joseph mit vollen Rechte sagen: Herr, nicht deinen Brüdern, sondern dir selbst habe ich alles dieses getan, für dich habe ich gearbeitet, Kummer und Not ausgestanden, dich habe ich der Wut des Herodes entrissen. Siehe nun, die da zu mir um Hilfe rufen, die Kranken und Notleidenen, die Verfolgten und Bedrängten, die von deiner Kirche aufgemuntert werden, meine Hilfe zu begehren, in der Meinung, ich könne alles bei dir auswirken und du werdest mir keine Bitte ausschlagen - soll ihr Vertauen zuschanden werden? o sicher nicht. Gehet zu Joseph, sagt uns die Kirche, sagen uns viele der besten Kinder der Kirche, die mit ihrer Erfahrung dieses Vertauen bestätigen können. "Ich habe", so schreibt die heilige Theresia, "den glorreichen heiligen Joseph noch nie um etwas gebeten, was ich nicht sogleich erhalten hätte, und mehr, als ich zu bitten mich getraute. Besonders habe ich an seinem Festtage niemals ihn umsonst angerufen. Ich möchte jene, die meinen Worten nicht glauben wollen, im Namen Gottes bitten: machet selbst den Versuch, und ihr werdet erfahren, von welchem Nutzen es ist, diesen Patriarchen vertrauensvoll zu verehren."

Im Eingange der heiligen Messe singt die Kirche:
Der Gerechte wird blühen wie eine Palme, und wie eine Zeder des Libanon wird er wachsen, gepflanzt im Hause des Herrn, in den Vorhöfen des Hauses unseres Gottes. Gut ist´s, den Herrn zu preisen und lobsingen deinem Namen, o Allerhöchster (Psal 91,13.14). Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. Wir bitten dich, o Herr! daß uns durch die Verdienste des Bräutigams deiner heiligen Gebärerin geholfen werde, damit, was unser Vermögen nicht erhalten kann, durch seine Fürbitte uns geschenkt werde, der du lebest und regierest von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Lektion aus dem Buche Ekklesiastikus XLV,1-6

Er war von Gott und den Menschen geliebt; sein Andenken ist im Segen! Der Herr hat ihn wie die Heiligen verherrlicht, ihn groß gemacht zum Schrecken der Feinde; auf sein Wort ließ er die Plagen aufhören. Er verherrlichte ihn vor Königen, gab ihm Befehle an sein Volk und ließ ihn schauen seine Herrlichkeit. Um seiner Treue und Sanftmut willen heiligte er ihn und erwählte ihn vor allen Menschen. Er hörte auf ihn und seine Stimme, und führte ihn in die Wolke. Er gab ihm selber die Gebote, das Gesetz des Lebens und der Zucht.

Evangelium Matthäus I,18-21

Als Maria, die Mutter Jesu, mit Joseph verlobt war, fand sich´s, ehe sie zusammenkamen, daß sie empfangen hatte vom Heiligen Geiste. Weil aber Joseph, ihr Mann, gerecht war und sie nicht in übeln Ruf bringen wollte, gedachte er sie heimlich zu entlassen. Während er mit diesem Gedanken umging, siehe, da erschien ihm ein Engel des Herrn im Schlafe und sprach: Joseph, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria, dein Weib, zu dir zu nehmen; denn was in ihr erzeugt worden ist, das ist vom Heiligen Geiste. Und sie wird einen Sohn gebären, dem sollst du den Namen Jesus geben, denn er wird sein Volk erlösen von dessen Sünden.

Gebet. O allerkeuschester Joseph! der du durch deine Keuschheit und andere hohe Tugenden würdig geworden bist, zum Bräutigam der allerseligsten Jungfrau und zum Nährvater Jesu Christi auserwählt zu werden, ich bitte dich um der großen Gnaden willen, die dir zuteil geworden sind, du wollest durch deine Fürbitte allen Eltern die Gnade, ihre Kinder gottselig zu erziehen, allen bedrängten und betrübten Eheleuten in Armut und Widerwärtigkeiten Trost und Ermunterung, allen Unverheirateten, die ihre Keuschheit Gott angelobt, die Gnade der Beharrlichkeit, und endlich allen Sterbenden die Gnade erflehen, nach einem seligen Tode zu deinem Pflegesohne Jesus Christus zu gelangen, der mit dem Vater und dem Heiligen Geiste als gleicher Gott lebt und regiert von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.


Unterricht für das Fest Mariä Verkündigung (25. März)

Dieses Fest wird so genannt,weil der Erzengel Gabriel der seligsten Jungfrau Maria verkündet hat, daß sie die Mutter des Messias werden sollte. Im Eingange der heiligen Messe weist die Kirche auf diese hohe Würde Mariens hin.
Alle Reichen unter dem Volke werden dein Angesicht anflehen. Hinter ihr werden Jungfrauen zu dem Könige geführt; unter Freude und Frohlocken werden ihre Nächsten zu dir gebracht. Es quillt mein Herz von guter Rede: ich widme mein Lied dem König (Psalm 44). Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. O Gott! der du gewollt hast, daß dein ewiges Wort auf die Verkündigung des Engels von der seligsten Jungfrau Fleisch annehmen sollte, verleihe unserm demütigen Gebete, daß wir, die wir sie als wahre Gottesgebärerin gläubig verehren, durch ihre Fürbitte Hilfe von dir erlangen. Durch Jesum Christum, deinem Sohn, unsern Herrn. Amen.

Lektion aus dem Propheten Isaias VII,10-15

In jenen Tagen sprach der Herr zu Achaz: Fordere dir ein Zeichen von dem Herrn, deinem Gott, in der der Tiefe unten oder in der Höhe oben! Achaz sprach: Ich will nicht fordern, nicht den Herrn versuchen. Da sprach er: So höre denn, Haus Davids! Ist es euch zu wenig, Menschen zu ermüden, daß ihr müde machet auch meinen Gott? So wird der Herr den selber euch ein Zeichen geben: Siehe, die Jungfrau wird empfangen und einen Sohn gebären, und sein Name wird genannt: Emmanuel. Milch und Honig wird er essen, daß er das Böse zu verwerfen, das Gute zu erwählen weiß.

Erklärung

König Achaz wurde von Feinden belagert und hart bedrängt. Der Prophet verhieß ihm ein Zeichen und Unterpfand der göttlichen Hilfe; und als er Misstrauen zeigte, wies er ihn hin auf die Jungfrau, die gegen den Lauf der Natur jenes Kind empfangen werde, das den Erbfeind des menschlichen Geschlechtes zuschanden machen solle; in kürzerer Zeit, als dieses Kind gebrauche, um zu den Unterscheidungsjahren zu kommen, werde Achaz befreit sein. In der Tat wurden die feindlichen Könige nach zwei Jahren vernichtet. - Wenn Gott uns sogar seinen Sohn geben wollte, wie sollten wir denn nicht von seiner Güte alles erwarten?

Evangelium Lukas I,26-38

In derselben Zeit war der Engel Gabriel von Gott gesandt in eine Stadt in Galiläa, mit Namen Nazareth, zu einer Jungfrau, die mit einem Manne vom Hause Davids verlobt war, der Joseph hieß: und der Name der Jungfrau war Maria. Und der Engel kam zu ihr hinein und sprach: Gegrüßet seist du, voll der Gnade, der Herr ist mit dir, du bist gebenedeit unter den Weibern! Da sie dies hörte, erschrak sie über seine Rede, und dachte nach, was das für ein Gruß sei. Und der Engel sprach zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast Gnade gefunden bei Gott! Siehe, du wirst empfangen und einen Sohn gebären, und du sollst seinen Namen Jesus heißen. Dieser wird groß sein und der Sohn des Allerhöchsten genannt werden: Gott der Herr wird ihm den Thron seines Vaters David geben, und er wird herrschen im Hause Jakobs ewiglich, und seines Reiches wird kein Ende sein. Maria aber sprach zu dem Engel: Wie wird dieses geschehen, da ich keinen Mann erkenne? Der Engel antwortete und sprach zu ihr: Der Heilige Geist wird über dich kommen und die Kraft des Allerhöchsten wird dich überschatten: darum wird auch das Heilige, das aus dir geboren werden wird, Sohn Gottes genannt werden. Und siehe, Elisabeth, deine Verwandte, auch diese hat einen Sohn in ihrem Alter empfangen, und sie, die für unfruchtbar gehalten wird, geht nun schon im sechsten Monate: denn bei Gott ist kein Ding unmöglich. Maria aber sprach: Siehe, ich bin eine Magd des Herrn, mir geschehe nach deinem Worte.

Warum erschrak Maria über die Botschaft des Engels?

Teils aus Demut, teils aus Schamhaftigkeit. Sie war so demütig, daß sie sich für die geringste unter allen Weibern ansah, und nicht begreifen konnte, wie ihr eine solche Ehre widerfahren sollte. Sie besaß auch eine solche Schamhaftigkeit und eine solche Liebe zur jungfräulichen Reinheit, daß sie in Schrecken geriet, als der Engel ihr sagte, daß sie Mutter werden sollte. - Welche wichtige Lehre für Jungfrauen! Ihre schönste Zierde und ihre notwendigsten Tugenden sind Demut, Schamhaftigkeit und Liebe zur Reinheit, ohne die sie nur das Totengerippe einer Jungfrau sind. Möchten alle Jungfrauen diese Tugenden hochschätzen, bewahren und alle Gelegenheiten fliehen und beten wie Maria!

Was wird unter dem Thron Davids verstanden?

Nicht die weltliche Herrschaft über die jüdische Nation; denn auf diese machte Jesus nie einen Anspruch. Das Reich, das er gründete, war das Reich der Wahrheit und der Tugend in den Menschenherzen, und sein Thron ist über den Menschen und Engeln, er der ewige König der Herrlichkeit.

Warum wird David Christi Vater genannt?

Weil Maria, seine Mutter, aus dem Stamme Davids entsprossen war.

Wer war denn der eigentliche Vater Christi?

Man bedenke, daß in Christus zwei Naturen waren, die göttliche und die menschliche. Nach der menschlichen hat er zwar eine Mutter, aber keinen Vater; denn Joseph war nur sein Pflege- und Nährvater; nach der göttlichen aber hat er keine Mutter, sondern nur einen Vater, welcher der himmlische ist.

Warum nennt sich Maria eine Dienstmagd des Herrn?

Wieder aus Demut, die nebst der Reinheit ihre vorzüglichste Tugend war; und deswegen sagt von ihr der hl. Bernhard, sie habe durch ihre jungfräuliche Reinheit Gott gefallen, und durch ihre Demut habe sie ihn empfangen.

Was versteht man unter dem Gebete: "Der Engel des Herrn"?

Es ist jene Andachtsübung, durch die wir uns an die Menschwerdung des göttlichen Sohnes erinnern und seine jungfräuliche Mutter verehren.

Wer hat diese Andachtsübung eingeführt?

Man schreibt sie gewöhnlich Papst Urban II. zu, der in dem zu Clermont im Jahre 1095 gehaltenen Kirchenrate verordnet hat, daß man täglich morgens, mittags und abend, wenn mit der Glocke das Zeichen gegeben wird, den Englischen Gruß beten soll, damit die Gläubigen an die Menschwerdung des Sohnes Gottes sich erinnern und für dieses hohe Geheimnis danken. Auch sollte deises ein Gebet gegen die Türkengefahr sein, die damals dem christlichen Namen den Untergang drohte.

Wie lautet dieses Gebet?

Dreimals wird das "Gegrüßet seist du Maria" gebetet und dem ersten vorgesetzt: "Der Engel des Herrn brachte Maria die Botschaft, und sie empfing vom Heiligen Geiste"; dem zweiten: "Maria sprach, siehe, ich bin eine Magd des Herrn, mir geschehe nach deinem Worte"; dem dritten: "Und das Wort ist Fleisch geworden, und hat unter uns gewohnt." Bei diesen Worten schlägt man gewöhnlich an die Brust, zum Bekenntnis, daß es unsere Sünden waren, derentwegen Gottes Sohn Mensch werden und leiden mußte. Schließen kann man mit einem Vaterunser für die Armen Seelen und dem Gebete: Aller abgestorbenen Christgläubigen Seelen mögen ruhen durch die Barmherzigkeit Gottes in Frieden. Amen.

Was soll zur eifrigen Übung dieser Gebetsweise ermuntern?

Die Dankbarkeit gegen Gott, an dessen größtes Geschenk wir uns hierbei erinnern; das Vertrauen zur seligsten Jungfrau, deren Schutz wir für uns und die gesamte Christenheit durch dieses Gebet erflehen; endlich die Ablässe, die auf die andächtige und reumütige Verrichtung dieses Gebetes gesetzt sind.

Welches sind diese Ablässe?

Wer dieses Gebet täglich dreimal verrichtet, kann jedesmal einen Ablaß von 100 Tagen gewinnen, sowie monatlich einen vollkommen Ablaß unter den gewöhnlichen Bedingungen. Er muß es jedoch kniend verrichten; nur Sonntags und in der österlichen Zeit soll es stehend verrichtet werden, oder anstatt dessen von Ostern bis Dreifaltigkeit das folgende Gebet:

"Freue dich, Himmelskönigin, Alleluja!
Freue dich, alles Leid ist hin, Alleluja!
Den du zu tragen würdig warst, Alleluja!
erstand vom Gab, wie er gesagt, Alleluja!
Bitt´Gott für uns, Alleluja!
Freue dich und frohlocke, Jungfrau Maria, Alleluja!
Denn der Herr ist wahrhaft auferstanden, Alleluja!"
Gebet. O Gott! der du durch die Auferstehung deines Sohnes, unsers Herrn, Jesu Christi, die Welt zu erfreuen dich gewürdigt hast, wir bitten dich, verleihe uns die Gnade, daß wir durch seine Gebärerin, die seligste Jungfrau Maria, zu den Freuden des ewigen Lebens gelangen, durch denselben Christum, unsern Herrn. Amen.


Betrachtung über den Gruß des Engels

Die erste Hälfte des Englischen Grußes besteht aus Bibelstellen, aus den Worten, die der Verkündigungsengel und die vom Heiligen Geiste erleuchtete Elisabeth zu Maria gesprochen haben. - Der Engel sprach: Gegrüßet seist du, Maria!
Grüßen heißt, mit Wohlgefallen an jemand denken und dies ihn wissen lassen. Indem Gott durch einen der höchsten Engel Maria grüßen läßt, ist damit Ähnliches ausgesprochen, wie die Stimme auf Tabor aussprach: "Dieses ist mein geliebter Sohn, an dem ich mein Wohlgefallen habe!" Gott läßt mit diesem Gruße der Menschheit sagen, daß er ein Wohlgefallen habe an dieser Jungfrau. Und er hat dafür gesorgt, daß wir es erfahren; dies zeigte schon der Heilige Geist der seligsten Jungfrau, da sie sprach: "Siehe, von nun an werden mich selig preisen alle Geschlechter!" Wie herrlich geht das in Erfüllung durch das vielmillionenfache Ave Maria, das täglich über die ganze Welt gebetet wird!
- Maria war voll der Gnade vor Gott; ihre Demut wußte es nicht; der Engel mußte es ihr sagen, um sie zu stärken zu der großen, schweren Aufgabe, die sie jetzt übernahm. - Der Herr war mit ihr in dem Sinne, wie Christus sprach: "Wer meine Lehre glaubt und tut, zu dem werde ich und der Vater kommen, und wir werden Wohnung bei ihm nehmen." So möchte auch der Herr mit uns sein; er möchte, daß wir uns innerlich von ihm bewegen lassen, seinen Willen zu tun. Daran ist alles gelegen, daß Gottes Geist in unserm Denken, Begehren und Wirken sei. Deshalb spricht der Priester in jeder Messe siebenmal den Gebetswunsch: Dominus vobiscum, d.h. der Herr sei mit euch! - Du bist gebenedeit unter den Weibern; so sprach der Engel und auch Elisabeth zu Maria. Dieser einzige Segen besteht darin, daß sie Jungfrau blieb und Mutter wurde des Sohnes Gottes, des Welterlösers. Wenn aber Gott ihr den höchsten Segen zuwandte, wie kommt es, daß er sie nicht verschonte mit dem höchsten Leid? Je höher Gott einen Menschen erheben will in der Ewigkeit, desto größer ist meistens sein Leiden. Die Himmelskrone will verdient sein. Darum ist es auch ganz unchristlich, wenn ein Mensch im Leiden sagt: wo habe ich das verdient? Er denke an Maria, die Reine, Gnadenvolle, Gebenedeite unter den Weibern. - Gebenedeit ist die Frucht deines Leibes, sprach ferner Elisabeth. Jesus ist der Gebenedeite, d.h. der Gesegnete, weil von im aller Segen kommt. Bei der heiligen Messe spricht der Priester über die konsekrierte Hostie die Worte: "Durch diesen, o Herr, erschaffest, segnest, belebest und gibst du uns alles." Und wir pflegen unsere Gebet dem Vater darzubringen "durch Jesum Christum, unsern Herrn". Er selbst aber konnte von sich sagen: "Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater, als durch mich!"
Die andere Hälfte des Englischen Grußes ist uns von der Kirche gelehrt. - Heilige Maria! Heiligkeit ist der höchste Lobspruch Gottes selbst. Die Engel preisen ihn beständig mit dem dreimal Heilig. Es bedeutet die Liebe des Guten und den Haß gegen das Böse. Darin sollen wir Gott nachahmen, wie der Apostel mahnt: das ist der Wille Gottes, eure Heiligung. Maria hat dies in höherem Grade erreicht, als sonst ein Mensch. Ihr brauchen wir es nicht zu sagen; wir sagen es uns selbst: sie ist heilig! Wollen wir also ihre Fürbitte erflehen, so müssen wir vor allem fragen: Ist, was ich begehre, nicht etwa sehr unheilig, und muß ihr mißfallen? Und weiter: Ist meine Seele nicht etwa in einem solchen Zustande, daß ihr, der Heiligen, mein Gebet vorkommen muß wie ein übelriechender Atem? Der Apostel sagt: Die schwere Sünde tun, kreuzigen Christum aufs neue und haben ihn zum Gespött. Wenn wir in schweren Sünden dahinleben und doch zu Maria beten wollen, so ist das nicht viel anders, als wenn die Henkersknechte unter dem Kreuze zu ihr gesprochen hätten: Gegrüßet seist du, Maria! - Mutter Gottes dürfen wir Maria nennen, weil ihr Sohn zwar wahrer Mensch, aber zugleich auch Gott war. Seine menschliche Natur behält Jesus für ewig bei, und darum behält Maria auch für immer diese Würde, die ihr den Vorrang gibt vor allen Menschen und Engeln. Darum sagen wir auch mit großen Vertrauen zu ihr: Bitte für uns! Wer könnte besser für uns bitten als sie? Sie hat ein mütterliches Herz für uns, und ihr Sohn ist der allmächtige Gott. Indem der Herr sie der großen Christenfamilie als Mutter vorsetzte, wies er uns auf ihre Vermittelung und Fürbitte an. Unsere große Not und Bedürftigkeit liegt in dem Worte ausgesprochen: arme Sünder. Solche, deren Gewissen eingeschlafen ist, meinen wohl, sie hätten keine Sünde. Der Apostel schreibt aber: Wer da sagt, er habe keine Sünde, ist ein Lügner! Die Hauptsünde der meisten Menschen besteht wohl darin, daß sie nach eigenem Belieben leben und sich nicht um Gott kümmern, dem sie doch dienen sollen. Die Unterlassungssünden sind oft schwerer als die übrigen, so daß hauptsächlich ihretwegen die Verdammung erfolgt, wie das Beispiel vom reichen Prasser zeigt. Die Sünde ist unser eigentlichen Elend, woraus wir uns nicht selber helfen können. Maria aber ist die Zuflucht der Sünder. Deshalb fliehen und flehen wir zu ihr jetzt. Unser Leben besteht aus lauter "jetzt", d.h. aus einzelnen Augenblicken, Mit jedem "jetzt" können wir den ganzen Himmel gewinnen, aber auch die Hölle verdienen. In jedem Augenblicke haben wir die Gnade notwendig. Wir wissen auch nicht, was hinter dem "jetzt" verborgen liegt, was der nächste Augenblick, die nächste Stunde, der nächste Tag uns bringt. Voll Schrecken vor der dunklen Zukunft flehen wir zur himmlischen Mutter. Bitte für uns jetzt; - vor allem aber in der Todesstunde! Diese Stunde, vor der auch der Stärkste zittert, hat den mütterlichen Beistand besonder nötig wegen der Not, worin Leib und Seele sich da befindet, und wegen des strengen Gerichtes, das da auf uns arme Sünder wartet. Wenn wir alle Tage mit heilsamer Furcht an diese Stunde denken, und unsere himmlische Mutter andächtig um ihren Beistand dafür anflehen, dann dürfen wir ihr guten Mutes entgegensehen.

Gebet. In aller Not will ich zu dir fliehen, o meine Mutter; vor allem aber in der Sündennot, damit du michdeinem Sohne vorstellest und versöhnest. Erflehe mir die wahre Furcht Gottes und ein Leben und Sterben in rechter Reumütigkeit des Herzens, alsdann werde ich mit Vertrauen meinem Richter entgegengehen können. Amen.


Das Fest der heiligen Apostel Philippus und Jakobus (1. Mai)

Philippus, aus Bethsaida gebürtig, war einer der ersten Jünger Jesu (Joh 1,43) und wurde zum Apostel auserwählt (Luk 6,14). Gleich anfangs war er ein treuer und eifriger Anhänger Jesu und führte ihm den Nathanel zu (Joh 1,45), später auch die Heiden, die Jesum sehen wollten (Joh 12,20). Christus hatte ihn sehr lieb und suchte ihn durch mehrere Prüfungen (Joh 6,54; 14,8) im Glauben und in der Liebe zu befestigen. Nach dem Empfange des Heiligen Geistes predigte er in Scyhtien und Phrygien das Evangelium, bekehrte Unzählige zum Glauben an Jesus, und wurde endlich zu Hierapolis in Phrygien zuerst gekreuzigt und dann gesteinigt. - Lerne von Philippus, nachdem du die Wahrheit erkannt hast, auch andere, namentliche solche, die du etwa verführt hast, durch Wort und Beispiel Christo gewinnen.

Jakobus, von dem hier die Rede ist, wird zum Unterschiede von dem andern Apostel Jakobus, dessen Andenken wir am 25. Juli feiern, der Kleinere genannt. Sein Vater war Alphäus; seine Mutter, die gewöhnlich Maria Kleopha heißt, war eine Schwester Mariä. Vielleicht hatte sie nach dem Tode des Alphäus, als Jakobus schon geboren war, den Kleophas geheiratet. Jakobus hatte drei Brüder, sie hießen: Joseph, Judas und Simon. Die beiden letzteren waren Apostel. Weil er mit seinen Brüdern ein so naher Verwandter Jesu war, so werden sie insgesamt vom hl. Markus die Brüder Jesu genannt. So war es Sitte bei den Juden. Er war der erste Bischof von Jerusalem und hatte den Beinamen "der Gerechte". Er lebte nach dem hl. Hieronymus in beständiger Enthaltsamkeit, aß kein Fleisch, trank keinen Wein, noch andere berauschende Getränke, trug keine Schuhe, und hatte keine anderen Kleider als einen Mantel und einen Rock von Leinwand. Er warf sich so oft betend zur Erde nieder, daß seine Knie und Stirne so hart wurden wie die Haut eines Kamels. Die Juden gaben ihm dadurch Beweise ihrer Verehrung, daß sie miteinander wetteiferten, den Saum seines Kleides zu berühren. Durch die Bemühung dieses Mannes glaubte bereits der größte Teil des Volkes an Jesus; die Schriftgelehrten und Pharisäer sahen dieses schnelle Wachstum der christlichen Religion natürlich mit Mißfallen an, und warfen ihren ganzen Haß auf Jakobus, als die Ursache desselben. Sie stürzten ihn von er Zinne des Tempel; von diesem schweren Falle noch nicht getötet, kniete er hin und betete, nach dem Beispiel seines Meisters, für seine Feinde. In dieser Stellung ward er endlich mit einer Walkerstange erschlagen. Dieses geschah am jüdischen Osterfeste im Jahre 64 nach Christi Geburt. Noch ist zu bemerken, daß dieser Jakobus der Verfasser des unter die Bücher der Heiligen Schrift aufgenommen Briefes ist, der von ihm seinen Namen hat.


Unterricht für das Fest der Auffindung des heiligen Kreuzes (3. Mai)

Warum wird dieser Tag so genannt?

Weil er zum Gedächtnis bestimmt ist, daß die hl. Helena das Kreuz Christi aufgefunden hat.

Wie hat Helena das heilige Kreuz aufgefunden?

Dem Kaiser Konstantin erschien vor einer Schlacht ein hellstrahlendes Kreuz am Himmel mit der Überschrift: "In diesem Zeichen wirst du siegen!" Konstantin überwand glücklich seinen Gegner Marentius, und hatte von nun an eine solche Hochschätzung für das heilige Kreuz, daß er dessen Verehrung durch das ganze Römische Reich befahl, und verbot, in Zukunft jemand durch das Kreuz hinzurichten. Er entschloß sich auch, zu Ehren des heiligen Kreuzes eine herrliche Kirche zu bauen und übertrug die Ausführung dieses Entschlusses seiner Mutter Helena, die schon lange wünschte, das Heilige Land zu sehen. Obwohl sie schon beinahe achtzig Jahre alt war, unternahm sie doch mit Freuden diese weite Reise. Sobald sie zu Jerusalem angekommen war, fühlte sie in sich das brennende Verlagen, das heilige Kreuz aufzufinden. Sie ließ daher den über das Grab Jesu erbauten Venustempel niederreißen und dann so lange nachgraben, bis man endlich das Heilige Grab entdeckte. Nahe bei der Höhle desselben fand man drei Kreuze, auch die Inschrift, die an das Kreuz Christi geheftet war; sie lag aber von dem Kreuze abgesondert, so wie die Nägel, mit denen der Erlöser an das Kreuz genagelt worden war.

Wie hat man das Kreuz Christi erkannt?

Der hl. Makarius, Bischof von Jerusalem, ließ mit den drei Kreuzen eine todkranke Frau berühren. Bei der Berührung mit den zwei ersten Kreuzen erfolgte die Genesung nicht; bei der Berührung mit dem dritten aber ward die Frau augenblicklich gesund. Auch ein Toter wurde durch die Berührung mit demselben, zum Erstaunen aller Anwesenden, sogleich wieder lebendig. Auf solche Weise wurde denn das dritte Kreuz als das wahre Kreuz Christi befunden und aufbewahrt.

Was tat Helena mit dem heiligen Kreuze?

Sie ließ es in drei Teile teilen; den einen schickte sie ihrem Sohne Konstantin nach Konstantinopel; den anderen nach Rom, den dritten und größten Teil aber ließ sie, in Gold und Edelsteine gefaßt, in dem prächtigen Tempel zu Jerusalem, den sie nach dem Willen ihres Sohnes an dem Ort, wo das Kreuz gefunden wurde, erbaut hatte, zur öffentlichen Verehrung aussetzen.

Eingang der heiligen Messe:
Wir aber wollen uns rühmen in dem Kreuze unsers Herrn Jesu Christi, in dem unser Heil, Leben und Auferstehung ist, durch den wir gerettet und erlöst worden sind, Alleluja, Alleluja (Gal 6). Gott erbarme sich unser und segne uns, er lasse leuchten sein Angesicht über uns und erbarme sich unser (Psalm 66,2). Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. O Gott! der du bei der herrlichen Auffindung des heilbringenden Kreuzes die Wunder deines Leidens erneuert hast: verleihe uns die Gnade, daß wir durch den Wert dieses Holzes des Lebens alle Hilfe zum ewigen Heile erlangen, der du lebest und regierest usw.

Lektion aus dem Briefe an die Philipper II,5-11

Brüder! ihr sollst so gesinnt sein, wie auch Jesus Christus gesinnt war, der, da er in Gottes Gestalt war, es für keinen Raub hielt, Gott gleich zu sein; aber sich selbst entäußerte, Knechtsgestalt annahm, den Menschen gleich und im Äußern wie ein Mensch erfunden ward. Er erniedrigte sich selbst, und ward gehorsam bis zum Tode, ja, bis zum Tode am Kreuze. Darum hat ihn Gott auch erhöht, und ihm einen Namen gegeben, der über alle Namen ist, daß in dem Namen Jesu sich beugen alle Knie derer, die im Himmel, auf der Erde und unter der Erde sind, und daß alle Zungen bekennen, daß der Herr Jesus Christus in der Herrlichkeit Gottes des Vaters ist.

Erklärung

Scharf und bestimmt spricht sich der Apostel hier aus über die Person Christi, über sein Werk und dessen Folgen.

Jesus ist wahrer Gott. Daß er sich dem Vater gleichstellte und göttliche Ehre verlangte, war kein Gottesraub, keine gotteslästerliche Anmaßung. Da er Menschennatur annahm, hörte er nicht auf, Gott zu sein. Er hat Anteil an der göttlichen Herrlichkeit, wie an der menschlichen Niedrigkeit.

Jesus hat einen wahren Menschenleib; nur so konnte er für uns leiden. Er hat eine wahre menschliche Seele; nur so konnte er dem Vater gehorsam werden. Die beiden Naturen sind vereinigt in der göttlichen Person; nur so konnte sein Gehorsam unendliches Verdienst wirken; und man kann mit Recht sagen: Der Sohn Gottes ist für uns gestorben , dem Menschensohn gebührt Anbetung.

Das Werk Christi war ein freies, heilendes, sühnendes. - Aber hat es auch Erfolg gehabt? Sehen wir nicht noch immer die Menschen im Aufruhr stehen gegen Gott, gegen sein Wort und sein Gebot? Nein, sagt der Apostel, zweifelt nicht an Jesus als Erlöser von der Sünde. Vor diesem Namen muß jetzt schon alles sich beugen. Selbst die Hölle zittert vor ihm. Das Reich, das er sich auf Erden erworben hat, kann sich zwar nur in beständigem, mühsamen Kampfe gegen die feindlichen Mächte behaupten und ausbreiten. Aber eben dieser Kampf offenbart immer wieder herrlich seine Macht. Christliche Anschauungen haben die Herrschaft in der Welt, und auch die Ungläubigen können sich ihnen nie ganz entziehen.
Im vollen Sinne werden die Knie aller Freunde und Feinde des Namens Jesu an jenem Tage sich vor ihm beugen, da er wiederkommt, als Richter der Lebendigen und Toten in all seiner Macht und Herrlichkeit.
Wollen wir mit ihm verherrlicht werden, so müssen wir mit ihm leiden; insbesondere auch jede Verdemütigung, die Gott über uns kommen läßt, und der wir uns unterziehen sollen nach seinem Willen.

Evangelium Johannes III,1-15

In derselben Zeit war ein Mann unter den Pharisäern, Nikodemus mit Namen, ein Oberster der Juden. Dieser kam des Nachts zu Jesus und sprach zu ihm: Meister, wir wissen, daß du ein Lehrer bist, der von Gott gekommen ist; denn niemand kann diese Wunder wirken, die du wirkest, wenn nicht Gott mit ihm ist. Jesus antwortete und sprach zu ihm: Wahrlich, wahrlich, sage ich dir, wenn jemand nicht neu geboren wird, so kann er das Reich Gottes nicht sehen. Nikodemus sprach zu ihm: Wie kann ein Mensch geboren werden, wenn er alt ist? Kann er wohl noch mal in seiner Mutter Schoß zurückkehren und wiedergeboren werden? Jesus antwortete: Wahrlich, wahrlich, sage ich dir, wenn jemand nicht wiedergeboren wird aus dem Wasser und dem Heiligen Geiste, so kann er in das Reich Gottes nicht eingehen. Was aus dem Fleisch geboren ist, das ist Fleisch, und was aus dem Geiste geboren ist, das ist Geist. Verwundere dich nicht, daß ich dir sagte: Ihr müsset neu geboren werden. Der Wind weht, wo er will; du hörst sein Sausen, du weißt aber nicht, woher er kommt, oder wohin er geht; so ist es mit jedem, der aus dem Geiste geboren wird. Nikodemus antwortete und sprach zu ihm: Wie kann dieses geschehen? Jesus antwortete und sprach zu ihm: Du bist ein Meister in Israel und weißt das nicht? Wahrlich, wahrlich, sage ich dir, wir reden, was wir wissen, und wir bezeugen, was wir gesehen haben, aber ihr nehmet unser Zeugnis nicht an. Wenn ich Irdisches rede und ihr nicht glaubet, wie werdet ihr, wenn ich euch Himmlisches rede, glauben? Und niemand steigt in den Himmel hinauf, als der von dem Himmel herabgestiegen ist, nämlich der Menschensohn, der im Himmel ist. Und gleichwie Moses die Schlange in der Wüste erhöht hat, so muß der Menschensohn erhöht werden, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben.

Erklärung

Nikodemus, ein vornehmer Pharisäer, kommt aus Furcht vor dem Hohen Rate bei der Nacht zu Jesus, um sich von seiner göttlichen Würde und Sendung zu überzeugen und sich über seine göttliche Lehre besser unterrichten zu lassen. Jesus behandelt den im Glauben noch schwachen Jünger mit aller Schonung und belehrt ihn über seine unrichtigen Ansichten. Er spricht mit ihm von der geistigen Wiedergeburt des Menschen in der heiligen Taufe, welche geistige Wiedergeburt für die äußeren Sinne so unbegreiflich ist wie die Entstehung des Windes, dessen erschütternde Wirkung man wohl fühlt, ohne zu wissen, woher er kommt und wohin er geht. Er macht ihn aufmerksam auf seinen blutigen Kreuzestod, wodurch den Menschen die ewige Seligkeit erworben war, und sagt: Gleichwie Moses in der Wüste die eherne Schlange auf einem Pfahl erhöhte, damit alle von den Schlangen Gebissenen, die mit Vertrauen hinsahen, die leibliche Gesundheit erhielten, so muß auch Christus am Kreuze erhöht werden, damit alle Menschen von der Gewalt des Teufels befreit werden und das ewige Leben erhalten. - Suchen auch wir, wie Nikodemus, uns immer gründlichere Religionskenntnisse zu erwerben; versäumen wir nie den christlichen Unterricht und die Predigt: nehmen wir uns aber auch die Wahrheiten unseres Glaubens recht zu Herzen, und bestreben wir uns, sie stets zur Richtschnur unserer Handlungen zu machen.

Gruß der Kirche zum Heiligen Kreuze

O du glorreiches und ehrwürdiges Kreuz, du kostbares Holz, du bewunderungswürdiges Zeichen, an dem Jesus die Sünde, den Teufel und die Hölle überwunden und die Welt mit seinem Blute erlöset hat. Unter allen Zederbäumen des Libanon bist du allein der trefflichste; denn an dir ist das Leben der Welt gehangen, an dir hat Christus obsiegt und durch seinen Tod den Tod für ewig überwunden. Alleluja.
V. Wir beten dich an, Herr Jesus Christus, und benedeien dich.
R. Denn durch dein heiliges Kreuz hast du die Welt erlöset.
Gebet. Wir bitten dich, o Herr! beschirme in beständigem Frieden uns, deine Diener, die du am Holze des Kreuzes zu erlösen dich gewürdigt hast, der du lebest und regierest mit Gott dem Vater in Einigkeit des Heiligen Geistes, Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Von heute an bis zum Feste Kreuz-Erhöhung betet man täglich folgenden Wettersegen:

Wettersegen der Kirche

V. Von Blitz und Ungewitter
R. Erlöse uns, Herr Jesus Christus!
V. Deine Barmherzigkeit, o Herr, komme über uns!
R. Gleichwie wir auf dich gehofft haben.
V. Herr, erhöre mein Gebet!
R. Und laß mein Rufen zu dir kommen.

Lasset uns beten:
O Herr! Wir bitten dich, du wollest von deinem Hause alle feindliche Gewalt der bösen Geister vertreiben, und allen Schaden der Ungewitter, die sich in der Luft sammeln, gnädig abwenden. Durch Jesum Christum usw.
Allmächtiger Gott! wir bitten dich, du wollest uns durch die Fürbitte der heiligen Gottesgebärerin Maria, und der heiligen Engel, Patriarchen, Propheten, Apostel, Märtyrer, Bekenner, Jungfrauen, Witwen und aller Heilgen deine fortwährende Hilfe verschaffen, ruhige Witterung verleihen, und wider Blitz und Ungewitter deinen Segen über uns, deine unwürdigen Diener, vom Himmel herabgießen, und die dem menschlichen Geschlechte immer schädlichen Mächte der Luft durch deinen gewaltigen Arm vertreiben.
O Gott! der du die Natur aller dir zu Gebote stehenden Geschöpfe selbst durch die Bewegungen der Luft zum Dienste deiner Majestät bildest; entferne von uns die Schrecknisse der Luft, und laß die Milde deiner Barmherzigkeit über uns ruhen, daß wir die Güte desjenigen, vor dessen Zorne wir zittern, erfahren mögen. Durch Jesum Christum unsern Herrn. Amen.
V. Der Name des Herrn sei gebenedeit,
R. Von nun an bis in Ewigkeit.
V. Unsere Hilfe sei im Namen des Herrn,
R. Der Himmel und Erde gemacht hat.
Der Segen des allmächtigen Gottes des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes steige über uns und über die Früchte der Erde herab und bleibe immer. Amen.

Gebet. Sende, o Gott! wir bitten dich, deinen göttlichen Segen über uns, über unsere Häuser, Äcker, Wiesen und Gärten; wende ab jedes schädliche Ungewitter, allen Blitz, Hagel und Sturmwind, und laß uns unter deinem Schutze durch die Fürbitte der Heiligen Ulrich und Afra und aller Heiligen von aller Gefahr befreit, in gewünschter Ruhe und Sicherheit leben, daß wir deine Güte ewig loben und preisen mögen. Amen.

Warum wird das Kreuz so geehrt?

Weil es das Werkzeug war, an dem Jesus Christus unsere Erlösung vollbrachte, also die siegreiche, mit seinem Blute besprengte Fahne ist, wodurch der Teufel überwunden wurde und noch immer überwunden wird.

Darf man das Kreuz Christi auch anbeten?

Keineswegs, denn die Anbetung gebührt nur Gott allein. Wenn in den Kirchengebeten zur Verehrung des Kreuzes zuweilen solche Worte vorkommen, die eine Anbetung bedeuten oder ihm das Heil zueignen, so beziehen sich solche Worte doch nur auf Christus, der uns am Kreuze erlöst hat, und deshalb die dankbarste Anbetung verdient.

Wie verehrt man das Kreuz Christi am besten?

1. Wenn man sich öffentlich mit dem Kreuze bezeichnet und sich nicht schämt, für einen Verehrer des Gekreuzigten gehalten zu werden. 2. Wenn man das Kreuz liebt, das ist, die von Gott zugeschickten Widerwärtigkeiten geduldig erträgt und nach der Lehre Christi (Luk. 9,23) täglich sein Kreuz auf sich nimmt und im nachfolgt.

Warum setzt man Kreuze an die Wege usw.?

Um uns beständig an Christus und an sein bitteres Leiden zu erinnern und zur dankbaren Gegenliebe zu ermuntern, nach der Lehre des hl. Paulus: "Lasset uns aufblicken zu dem Anfänger und Vollender des Glaubens, zu Jesus, der für die ihm vorgelegte Freude das Kreuz erduldete" (Hebr. 12,2). Beim Vorübergehen kann man beten: Sei gegrüßt, o heiliges Kreuz! Oder: Ich danke dir, Herr Jesus Christ, daß du für mich gestorben bist; o laß dein Blut und deine Pein an mir doch nicht verloren sein!

Warum trägt man das Kreuz öffentlich bei den Umgängen?

Um unsere Widersacher zu beschämen, indem wir uns öffentlich als Verehrer des gekreuzigten Christus bekennen und uns in seinem Kreuze rühmen wie Paulus: "Von mir sei ferne, mich zu rühmen, außer in dem Kreuze unseres Herrn Jesu Christi" (Gal. 6, 14).

Handeln unsere Glaubensgegner unrecht, daß sie das Kreuz Christi nicht verehren?

Ohne allen Zweifel; denn der hl. Petrus schreibt: "Viele wandeln, wie ich euch oft gesagt habe, jetzt aber unter Tränen sage, als Feinde des Kreuzes Christi, deren Ende das Verderben ist" (Phil. 3,18). Was ist auch schändlicher, als daß sich ein Diener des Wappens oder Zeichens seines Herrn schämt, oder wohl gar darüber spottet? Jede Unbild, die dem Kreuze zugefügt wird, fällt auf Christus selbst zurück, der uns am Kreuze erlöst hat.

Warum bezeichnen wir uns mit dem Kreuze?

1. Um zu bezeugen, daß wir an Jesus Christus glauben, der für uns am Kreuze gestorben ist; 2. um unsern Glauben an die allerheiligste Dreieinigkeit zu bekennen; 3. um das Leiden und Sterben Jesu Christi, der uns durch seinen Kreuzestod das Heil erworben hat, zu ehren und uns daran dankbar zu erinnern; 4. um den Teufel und seine Anfechtungen zu überwinden, der das Kreuz über alles haßt, weil ihm seine Macht dadurch benommen wurde; er wird daher gar leicht vertrieben, wenn man sich andächtig und vertrauensvoll mit dem heiligen Kreuze bezeichnet; 5. um uns vor allem Unheile des Leibes und der Seele durch die Verdienste Jesu Christi zu verwahren und Gottes Hilfe zu erlangen. Machen wir nur bei Versuchungen die Probe davon, oder auch oft bei Schmerzen, vorzüglich wenn sie gerade bei guten Verrichtungen stören; bezeichnen wir uns da mit wahrem Vertrauen auf die Kraft des Namens Jesu mit dem heiligen Kreuze, und wir werden gewiß dessen Kraft an uns empfinden. Wir bezeichnen die Stirne mit dem heiligen Kreuze, um dadurch anzuzeigen, daß wir von unserem Glauben fest überzeugt überzeugt sind und uns desselben nicht schämen; den Mund, daß wir bereit sind, unsern Glauben öffentlich zu bekennen; und die Brust, daß wir unsern Glauben auch durch Werke zeigen wollen.

Ist das Kreuzzeichen ein alter Brauch?

Die ältesten Kirchenväter erwähnen diesen Gebrauch und sagen, er habe seinen Ursprung von den Aposteln; ja sie ermahnen die Christen, sich des Kreuzmachens beim Essen und Trinken, beim Gehen und Stehen, mit einem Worte, bei allen Geschäften zu bedienen, um alles im Namen Jesu anzufangen, fortzusetzen und zu endigen.

Warum machen die Priester beim Gottesdienste das Kreuz über das Volk?

Um anzuzeigen, daß nur durch Christus den Gekreuzigten uns alles zeitliche und ewige Heil zukommen, wie Paulus sagt: "Gelobt sei Gott und der Vater unsers Herrn Jesu Christi, der uns gesegnet hat mit allem geistlichen Segen, mit himmlischen Gaben in Christo" (Ephes. 1,3). Ein Vorbild dieses Gebrauches gab der Patriarch Jakob, der mit kreuzweise übereinandergelegten Händen die zwei Söhne Josephs, den Ephraim und Manasses, gesegnet hat (Genes. 48,14). Auch war schon in dem Agathanischen Kirchenrate im Jahre 508 geboten, daß das Volk nach dem Gebete mit dem Segen vom Priester entlassen werde.

Gebet vor einem Kruzifixbilde

O Gott! sieh auf deinen Sohn, der dir gehorsam war bis in den Tod des Kreuzes. Aus Liebe hat er sich für uns geopfert und den Schuldbrief unserer Sünden durch sein Blut vertilgt. Verzeihe uns durch ihn, und schone uns, die wir mit seinem kostbaren Blute erkauft sind. Amen.


Das Fest Unserer Lieben Frau, Hilfe der Christen (24. Mai)

Zu allen Zeiten hat die Kirche Gottes in ihren Bedrängnissen ihre Zuflucht zur Gottesmutter genommen und oftmals deren Hilfe in wunderbarer Weise erfahren. Als die Türken, die wilden Feinde des Christentums, die Kirche wieder aufs schwerste bedrohten und sich nirgends Aussicht auf Rettung zeigte, ließ Papst Pius V. öffentliche Gebete zur Gottesmutter anstellen, besonders durch die Rosenkranzbruderschaften, und siehe da, die Türken wurden 1571 in der Seeschlacht bei Lepanto von den weit schwächeren Christen derart aufs Haupt geschlagen, daß sie sich lange Zeit nicht mehr erheben konnten und für alle Zeit ihre Übermacht gebrochen war. Zur dankbaren Erinnerung ordnete Pius V. für die ganze Kirche die jährliche Feier des Rosenkranzfestes an, und fügte der Muttergotteslitanei den neuen Titel bei: Heilige Maria, Hilfe der Christen, bitte für uns.
Eine andere schwere Bedrängnis wurde Anlaß zur jährlichen Feier des Festes: Maria, Hilfe der Christen. Pius VII. war durch die Revolution und den Franzosenkaiser Napoleon I. seiner weltlichen Herrschaft beraubt und in schmähliche Gefangenschaft geschleppt. Die Feinde der Kirche nannten ihn nur Pius den Letzten, und nach menschlicher Berechnung leuchtete kein Hoffnungsstern für das Papsttum. Pius wankte nicht im Vertrauen; nächst Gott war Maria seine Zuflucht. Zu ihr nahm er in den schwersten Stunden seine Zuflucht, und in Savona machte er vor einem Wallfahrtsbilde das Gelöbnis, dieses ihr Bild eigenhändig mit einer goldenen Krone zu schmücken, wenn er aus seiner Gefangenschaft erlöst würde. Was niemand für möglich gehalten hätte, geschah. Der Tyrann wurde gestürzt, und der Papst hielt am 14, Mai 1914 unter dem Frohlocken der Völker wieder seinen Einzug in Rom. Er erfüllte dann sein Gelübde und ordnete das genannte Fest an.
"Dort , wo außer Gott niemand mehr helfen kann, eilte Maria zu Hilfe", versichert der hl. Bonaventura. Ein anderer Geistesmann ruft Maria an mit den schönen Worten: "Selige Jungfrau, eile, der Unglücklichen dich zu erbarmen, denn diese Unglücklichen haben dich selig gemacht; also hilf auch die Unglücklichen zu beseligen, deren Schuld dich beseligt hat!"


Unterricht für das Fest des heiligen Bischofs und Märtyrers Bonifatius (5. Juni)

Der hl. Bonifatius, der den Beinamen "Apostel der Deutschen" sich erwarb, wurde um das Jahr 680 zu Kirton in Englang geboren und erhielt in der Taufe den Namen Winfried. Schon als Knabe von sechs Jahren trat er in ein Kloster, wo er nicht nur den Grund zu seiner Bildung legte, sondern auch in der Frömmigkeit große Fortschritte machte. In seinem dreißigsten Jahre empfing er die Priesterweihe. Von nun an verlegte er sich mit allem Eifer auf die Verkündigung des göttlichen Wortes und stand im Rufe großer Tugend und Weisheit.

Immer mehr ging ihm aber das Unglück der im Heidentume versunkenen Völker zu Herzen; daher begehrte er im Jahre 716 von seinem Abte die Erlaubnis, nach Friesland überzusetzen und das Evangelium zu verkünden. Dieser erste Versuch aber mißlang, und Winfried kehrte in sein Kloster zurück, wo er zum Abt erwählt wurde. Aber immer lag ihm die Bekehrung der Heiden, zu der er sich von oben berufen glaubte, im Sinne; daher reiste er voll brennenden Verlangens, mit der Sendung zu den Ungläubigen betraut zu werden, im Jahre 718 nach Rom zu Papst Gregor II., der ihn liebreich aufnahm, ihm unumschränkte Vollmacht erteilte und mit Reliquien und Empfehlungsschreiben versah. Nach Deutschland gekommen, predigte Winfried zuerst in Bayern und Thüringen, dann in Friesland, und kam hierauf zu dem Volke der Hessen. Im Jahre 723 wurde er in Rom zum Bischof geweiht und erhielt bei dieser Gelegenheit den Namen Bonifatius, d.h. Wohltäter. Er gründete viele Klöster und Kirchen, so zu Hamanaburg (Hammelburg in Bayern), zur Fritzlar, Amöneburg, Bischofsheim, und zuletzt (746) legte er den Grund zu der weltberühmten Abtei Fulda. Von Papst Gregor III. wurde er zum Erzbischof bestellt ohne bestimmten Sitz. In den Jahren 736-746 wirkte er teils in Bayern, wo er als Apostolischer Legat (Bevollmächtigter) die vier Bistümer Salzburg, Regensburg, Freising und Passau genau abgrenzte und mit würdigen Oberhirten versah, teil in dem nördlichen Deutschland, wo er auch vier Bistümer gründete, nämlich zu Erfurt, zu Buraburg, zu Würzburg und Eischstätt.

Endlich im Jahre 751 erhielt Bonifatius seinen bleibenden erzbischöflichen Sitz zu Mainz.

Kein Bischof hat vor ihm oder nach ihm Größeres für Ausbreitung des Namens Jesu in Deutschland unternommen und ausgeführt als Bonifatius, der überall die zerfallene Kirchenzucht wiederherstellte, und Tausende von Abgötterern, Heiden und Halbheiden, die ein Gemisch von Heidentum und Christentum hatten, zur wahren Lehre Jesu brachte. Zu seiner Hilfe in dem Missionswerke berief er aus seinem Vaterlande heilige Männer und Frauen, die durch ihre Tugenden ausgezeichnet waren, und denen er die Leitung der Klöster übergab, die er in Bayern, Thüringen und an andern Orten gegründet hatte. Unter dieses ragten hervor die heiligen Brüder Willibald und Wunibald, Witta und Wigbert, die hl. Walburga, Lioba, Thekla, Chunehild u.a. Die Klöster wurden nicht nur Pflanzstätten des Christentums, sondern auch der Gesittung, Kultur und des Wohlstandes für das ganze Land. Billig hätte man nach so vielen Mühen und Arbeiten erwarten sollen, daß er sich einige Ruhe gönne, zumal er im hohen Alter stand; allein die Liebe zum Heile der Seelen ließ ihn nicht ruhen. Im Jahre 754 übergab er mit Genehmigung des Papstes den Erzbischöflichen Stuhl zu Mainz seinem lieben Schüler Lullus, und trat nun, von mehreren Gefährten begleitet, seine letzte Missionsreise nach dem nördlichen Friesland an. Hier erhielt er in der Nähe der jetzigen Stadt Dokkum die Marterkrone, indem er am 5. Juni des Jahres 755 daselbst von noch heidnischen Friesen mit allen seinen Gefährten ermordet wurde. Sein heiliger Leichnam ruht in Fulda. Danken wir Gott dafür, daß er unsere Voreltern durch den hl. Bonifatius zum christlichen Glauben bekehrt oder darin gestärkt hat, und suchen wir durch Gebet und Almosen zur Ausbreitung des christlichen Glaubens beizutragen.

Wenn du ernstlich das Leben des hl. Bonifatius betrachtest, wie dieser einzige Mann mehr als irgend ein Mensch auf Erden für die Gründung und Verbreitung des Christentums in Deutschland gewirkt und zuletzt sein herrliches Leben mit einem glorreichen Martertode gekrönt hat, so mußt du dir ihm gegenüber so winzig vorkommen mit all deinen guten Werken, als ständest du vor einem himmelhohen Berge. Allein wir glauben an eine Gemeinschaft der Heiligen. Bonifatius selbst ließ sich zu Rom und an anderen Orten in Bruderschaften aufnehmen, damit ihm das Gebet und die guten Werke der Mitglieder zugute kämen. Du kannst auch mit dem hl. Bonifatius in eine Bruderschaft treten und dadurch an seinen Werken und seinem Gebete Anteil bekommen. Es besteht nämlich ein sogenannter Bonifatius-Verein. Dieser hat den Zweck, das Werk des Heiligen in Deutschland zu erhalten, fortzusetzen und wiederherzustellen, was zerfallen will. Durch die sogenannte Reformation ist besonders in jenen Gegendenen, wo der hl. Bonifatius so Großes gewirkt hat, ein großer Teil des Volkes um den katholischen Glauben und alle Sakramente (außer der Taufe) gebracht worden. Unter dieser prostestantischen Bevölkerung leben nun viele tausend Katholiken ohne Kirche, ohne Priester und ohne Schule. Wenn ihnen nicht geholfen wird, so gehen Tausende zugrunde aus Mangel an religiöser Nahrung und fallen vom Glauben ab. Daher hat sich ein Verein gebildet, der dieser Seelennot sich annimmt, indem er dafür sorgt, daß solche verlassene Katholiken Kirchen und Schulen, Geistliche und Lehrer bekommen. Hunderte von Missionsstationen sind schon durch die Unterstützung dieses segensreichen Vereins gegründet und viele Tausende von Seelen gerettet. Die Mitglieder zahlen monatlich oder jährlich einen beliebigen Geldbeitrag und beten täglich ein Vaterunser mit dem Zusatze: "Heiliger Bonifatius, bitte für uns!" Papst Pis IX. hat den Mitgliedern einen vollkommenen Ablaß bewilligt, sooft sie am Feste des hl. Bonifatius oder dem folgenden Sonntage, am Feste des hl. Franz von Assisi, oder der unbefleckten Empfängnis Mariä, oder Lichtmeß oder innerhalb der Oktav dieser Feste die heiligen Sakramente empfangen.

Überlege dir, ob du nicht ebenfalls diesem Vereine beitreten willst, und lege sogleich eine Gabe dafür zurück. Dein Seelsorger wird sie befördern. Es wird dir noch einmal wohltun auf dem Sterbebette, wenn du durch Almosen und Gebet mitgearbeitet hast an der Rettung so vieler Seelen.

Der Eingang der heiligen Messe lautet:
Ihr Priester des Herrn! preiset den Herrn; ihr Heiligen und von Herzen Demütigen! lobet den Herrn. Preiset den Herrn, ihr alle Werke des Herrn! lobet und erhebet ihn über alles in Ewigkeit (Dan. 3,84.87.57). Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. O Gott! der du dich gewürdigt hast, durch den Eifer deines heiligen Märtyrers und Bischofs Bonifatius eine Menge Völker zur Erkenntnis deines Namens zu berufen; verleihe gnädiglich, daß wir auch den Schutz desjenigen erfahren, dessen Fest wir begehen. Durch Jesum Christum, deinen Sohn, unsern Herrn. Amen.

Lektion aus dem zweiten Briefe an die Korinther I,3-7

Brüder! Gepriesen sei Gott und der Vater unsers Herrn Jesu Christi, der Vater der Barmherzigkeit und er Gott alles Trostes, der uns tröstet in aller unserer Trübsal, auf daß auch wir trösten können die, die in allerlei Bedrängnis sind durch die Ermahnung, womit auch wir von Gott ermahnet werden, so wird uns auch durch Christum reichlicher Trost zuteil. Mögen wir aber Trübsal haben, zu eurer Ermahnung und eurem Heile (geschieht es); mögen wir getröstet werden zu eurem Troste; mögen wir ermahnet werden, zu eurer Ermahnung und zu eurem Heile, das Geduld zu denselben Leiden wirket, die auch wir leiden, so daß unsere Hoffnung in betreff eurer selbst ist, da wir wissen, daß, wie ihr Mitgenossen der Leiden seid, ihr es auch im Troste sein werdet in Christo Jesu, unserm Herrn.

Evangelium Matthäus XVI,24-27

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Wenn mir jemand nachfolgen will, so verleugne er sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. Denn wer seine Seele erhalten will, der wird sie verlieren, wer aber deine Seele um meinetwillen verliert, der wird sie finden. Denn was nützt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewänne, an seiner Seele aber Schaden litte? Oder was kann der Mensch wohl geben, um seine Seele wieder einzutauschen? Denn der Menschensohn wird in der Herrlichkeit seines Vaters mit seinen Engeln kommen und dann einem jeglichen vergelten nach seinen Werken.

Lehrstücke

1. Nicht nur Christus mußte leiden, auch alle seine Jünger müssen leiden. Wenn Christus auch alles zu unserm Heile getan hat, so sind wir nicht freigesprochen, doch so viel zu tun als wir können. Das, was wir können, ist Verleugnung unserer selbst und Ertragung von Widerwärtigkeiten dieses Lebens. Die sinnlichen Neigungen beherrschen, und sein Erkennen, Wollen und Tun nach dem göttlichen Gesetze einrichten, heißt sich selbst verleugnen.

2. Wer immer nur darauf bedacht ist, seinen Begierden nachzuleben, und nicht den Mut hat, sie zu ertöten, der wird gewiß einmal seine unsterbliche Seele in den ewigen Tod bringen; wer aber um Gottes willen der Sinnlichkeit abstirbt, und so den alten Menschen in sich ertötet, der wird seine Seele für die Ewigkeit retten. Das aber ist die Hauptsache, wenn nur die Seele gerettet wird, dann hat alles andere weinig Bedeutung; wenn aber die Seele verloren geht, dann ist alles verloren.

Damit wir aber stets auf die Rettung unserer Seele Bedacht nehmen, sollen wir uns oft erinnern an das Gericht. Bei jeder deiner Handlungen, bei jedem deiner Gedanken frage dich: Kann ich dieses einstens am Tage des Gerichtes verantworten; werde ich dafür Lohn oder Strafe ernten?

Gebet. O Gott! du hast deinen eingeborenen Sohn Jesum Christum auf diese Erde gesandt, damit er allen Völkern der Weg, die Wahrheit und das Leben sei, verleihe nun auf die Fürbitte deines heiligen Dieners und Bischofs Bonifatius, der unsern Ahnen in apostolischem Eifer das Evangelium verkündet hat, daß alle zur Erkenntnis deines Sohnes gelangen, und durch Rückkehr der im Glauben von deiner wahren Kirche Getrennten bald die Tage kommen, wo Ein Hirt und Eine Herde sein wird. Amen.


Das Fest des heiligen Bischofs Benno, Landespatron in Bayern (16. Juni)

Der hl. Benno stammte aus einem gräflichen Geschlechte zu Hildesheim, und wurde schon in seinem fünften Lebensjahre seinem Vetter, dem Bischof Bernward von Hildesheim, zur Erziehung übergeben. Unter der väterlichen Leitung dieses heiligen Bischofs machte Benno die schönsten Fortschritte in der Wissenschaft und Tugend. Als er herangewachsen war, wollte ihn sein Vater verehelichen, allein der fromme Sohn, der sich bereits dem Allerhöchsten geweiht hatte, bat tiefbekümmert seinen Vater um Aufschub. Indessen starb der alte Graf, und Benno erhielt von seiner Mutter leicht die Erlaubnis, in den Orden des hl. Benedikt treten zu dürfen. Seiner ungemeinen Kenntnisse und Frömmigkeit wegen wurde er später zum Abte gewählt und im Jahre 1066 zum Bischofe von Meißen ernannt.

Von unermüdlichem Eifer für die Ehre Gottes und das Heil der Seelen durchdrungen, scheute er keine Anstrengung, eingedrungene Mißbräuche abzuschaffen und wahre Gottseligkeit allenthalben zu fördern. Alljährlich durchreiste er seinen Kirchensprengel, hielt überall eindringliche Reden an das zahlreich herbeiströmende Volk und ermahnte es mit allem Nachdruck zu einem gottesfürchtigen Leben. Vorzüglich beschäftigte er sich auch mit der Bekehrung der slawischen Volksstämme, die an der Elbe wohnten; deshalb nennt man ihn auch den Apostel der Slawen.

Wie alle Gerechten, so prüfte auch ihn der Herr durch viele Leiden und Trübsale. Kaiser Heinrich IV. ließ ihn, weil er mutvoll die Rechte der Kirche verteidigte und dem heiligen Papste Gregor VII. mit unerschütterlicher Treue ergeben war, von seiner Herde reißen und in einen finstern Kerker werfen. Ein ganzes Jahr lang schmachtete der Heilige darin, voll Geduld und Ergebung in Gottes Willen. Nach seiner Befreiung kehrte er unverweilt zu seinem bischöflichen Sitze zurück und fuhr mit rastlosem Eifer fort, für das Heil der ihm anvertrauten Herde zu sorgen.

Kurz vor seinem Tode ermahnte der seine Geistlichen noch zur gegenseitigen Liebe, empfing mit der innigsten Andacht die heiligen Sakramente und entschlief sanft im Frieden des Herrn am 16. Juni 1106, nachdem er vierzig Jahre lang die bischöfliche Würde bekleidet hatte. Er wurde in der Domkirche zu Meißen begraben und von Gott in seinem Leben wie nach seinem Tode durch viele Wunder verherrlicht.

Als im sechzehnten Jahrhundert die sogenannte Reformation überall die Reliquien der Heiligen verunehrte, drohte auch dem Leib des hl. Benno dasselbe zu widerfahren. Man hatte ihn schon an mehrere Orte geflüchtet, um ihn der Verunehrung der Glaubensfeinde zu entziehen; da erhielt der fromme bayerische Herzog Albert V. Nachricht davon und bat hierauf den Bischof Johannes von Meißen diesen kostbaren Schatz zu ihm nach München zu schicken. Mit Freuden gewährte der Bischof diese Bitte und schickte im Jahre 1576 den heiligen Leib nach München, wo noch heutzutage der hl. Benno als Stadt- und Landespatron andächtig verehrt wird.

Man gibt dem hl. Benno gewöhnlich einen Fisch als Kennzeichen bei, weil er, bevor er nach Rom zu einer Kirchenversammlung reiste, die Schlüssel seiner Domkirche in den Elbefluß warf, damit in seiner Abwesenheit kein aus der Gemeinschaft der Kirche Ausgeschlossener in seine Domkirche sich eindränge. Als er wieder zurückkehrte, fand man nun diese Schlüssel im Bauche eines Fisches, den man in seine Küche brachte, wunderbar wieder.

Bleibe auch du Jesus und seiner katholischen Kirche treu, und laß dich durch keine Schmach und Verfolgung in deinem Glauben wankend machen. Die katholische Kirche hat stets über ihre Feinde triumphiert und wird allezeit über sie triumphieren!

Gebet der Kirche. O Gott! der du uns durch das glorreiche Bekenntnis des heiligen Bischofs Benno beschützest und bewahrest: gib uns die gnade, daß wir durch seine Nachahmung an Tugenden wachsen und uns seiner Fürbitte in allen Anliegen erfreuen, durch Jesum Christus usw.


Das Fest des heiligen Aloisius von Gonzaga (21. Juni)

Der hl. Aloisius sog die Liebe zu Gott von seiner Mutter gleichsam schon mit der Muttermilch ein. Sein Vater war ein vornehmer Herr, Markgraf in Castiglione am Gardasee in Italien und hätte diesen erstgeborenen Sohn gern zum Nachfolger seiner Herrschaft erzogen. Er nahm den vierjährigen Knaben schon mit zu den Kriegsübungen seiner Soldaten. Wenn dem Knaben das bunte Treiben auch anfangs gefiel, so konnte es doch nicht dauernd sein Herz fesseln. Die Gnade Gottes wirkte so mächtig in ihm, daß er schon im Alter von neun Jahren aus Liebe und Verehrung gegen die Mutter Gottes das Gelübde ewiger Keuschheit vor ihrem Bilde ablegte. Um diesem Gelübde treu bleiben zu können, befliß er sich fortan der äußersten Eingezogenheit und Strenge gegen sich selbst. Er ging auf der Straße nur mit niedergeschlagenen Augen und vermied allen Umgang mit Personen anderen Geschlechtes. Dafür bekam er die Gnade der größten Herzensreinheit, so daß die, denen er sein Innerstes offenbarte, versichern, er habe in seinem ganzen Leben nie eine unreine Empfindung gehabt oder sich auch nur mit einem Gedanken gegen seine Gelübde versündigt. Überaus glücklich war er, als er mit zwölf Jahren zum erstenmal die heilige Kommunion empfangen durfte. Der große heilige Erzbischof von Mailand, Karl Borromäus, hatte ihn vorbereitet. Nachdem empfing er alle acht Tage die heilige Kommunion. Die drei letzten Tage der Woche brauchte er jedesmal zur Vorbereitung, die drei ersten zur Danksagung.

Unter vielem Gebet reifte in seinem Herzen der Entschluß, der ganzen Welt zu entsagen, die Herrschaft seinem jüngeren Bruder zu überlassen und in einem Kloster ausschließlich Gott zu dienen. Er behielt diesen Entschluß erst für sich, übte sich aber schon im voraus in der ganzen Strenge des Ordenslebens. Er ließ sich nicht mehr einheizen; wenn große Tafel im Palaste war, blieb er auf seinem Zimmer, bei Tisch wählte er die Speisen, die ihm am wenigsten zusagten, und fastete Freitags zu Ehren des Leidens Christi, Samstags zu Ehren der Mutter Gottes bei Wasser und Brot. Zwei Jahre mußte er am Hofe des Königs von Spanien zubringen, mitten in einer Welt voll Augenlust, Fleischeslust und Hoffart. Hier zeigte er solche Eingezogenheit, daß die Hofleute sich nicht getrauten, in seiner Gegenwart einen unziemlichen Scherz zu machen und sagte, Aloisius scheine ohne Fleisch und Blut zu sein. Endlich offenbarte Aloisius seinen Entschluß, in den Orden der Jesuiten zu treten. Der weltlich gesinnte Vater war außer sich vor Zorn, und versuchte auf jede Weise, ihn davon abzubringen. Allein der junge Heilige glaubte den Willen Gottes erkannt zu haben und blieb fest. Er erhielt endlich die Einwilligung gegen schriftlichen Verzicht auf sein Erbe.

Als Novize im römischen Jesuitenkloster erbaute er alle durch seine kindliche Demut. Die niedrigsten Geschäfte waren ihm die liebsten. Wenn er unverdient getadelt wurde, schwieg er. Niemals verteidigte er seine Meinung. Das Stillschweigen liebte und übte er überaus. Im Gebete erwarb er sich solche Übung, daß er kaum von Zerstreuung mehr angefochten wurde. Wenn er bei der Gewissenersforschung keine Fehler entdecken konnte, meinte er in seiner großen Demut, er sei verblendet und bat seine Oberen, ihn aufmerksam zu machen. Bei allem übte er die reinste Absicht. Auch in der Erholung und Unterhaltung suchte er es immer so einzurichten, daß er andere für das Gute entflammte. Als eine ansteckende Krankheit in Rom ausbrach, bat er um die Erlaubnis, die Kranken pflegen zu dürfen. Dabei wurde er angesteckt und starb nach einigen Monaten als Märtyrer der Nächstenliebe im Alter von 23 Jahren, im Jahre 1591. Es ist noch ein Brief erhalten, der er in der Krankheit an seine Mutter schrieb. Er lautet:
"Vor einem Monat war es nahe daran, daß ich vom Herrn die kostbarste Gnade empfing, nämlich die, wie ich gehofft hatte, in seiner Liebe zu sterben. Aber die Krankheit ging in ein schleichendes Fieber über. Die Ärzte lassen es sich angelegen sein, mir meine körperliche Gesundheit wieder zu verschaffen; aber ach, ich denke mit Freuden daran, daß mir der Herr eine weit köstlichere Gnade verleihen will. So harre ich zufrieden und hoffe, daß es dem Herrn in einigen Monaten gefallen wird, mich von der Welt der Toten zu jener der Lebendigen, von der Gesellschaft der Menschen hienieden zu jener der Engel und Heiligen im Himmel, von der Umgebung der irdischen und hinfälligen Dinge zur Anschauung Gottes, des höchsten Gutes, zu rufen. Hierin können Sie Ursache zum Troste finden, weil Sie mich lieben und mein wahres Beste wünschen. Ich bitte Sie, für mich zu beten, damit mich der Herr würdige, nach der kurzen Zeit, die ich noch auf dem wogenden Meere dieser Welt zuzubringen habe, durch die Verdienste seines eingeborenen Sohnes und die Fürbitte seiner heiligen Mutter, angetan mit dem Kleide der Seelenreinheit, hinzugehen in das Land der Verheißung, um mich da ewig in Gott zu erfreuen."

Betrachte, wie dieser Heilige die dreifache böse Lust heldenmütig überwand. Er entsagte einer fürstlichen Erbschaft aus Liebe zur himmlischen Erbschaft, riß sich los von seiner Familie und opferte alles mit großer Gewalttätigkeit dem Herrn. Von dir verlangt Gott so Schweres nicht. Möchtest du wenigstens die kleinen Opfer ihm zuliebe bringen, die nötig sind, um dich von der unordentlichen, sündhaften Liebe zur Welt und den Menschen loszureißen! Der Himmel ist es ja wohl wert.

Aloisius wurde durch Wachsamkeit und Abtötung ein helleuchtendes Muster der Sittsamkeit. Schon über drei Jahrhunderte zieht er die Augen Zahlloser auf sich und entzündet in zahllosen jugendlichen Herzen die Liebe zur wunderbaren Perle der Herzensreinheit. All deine Sinne und Glieder soll st du ebenfalls Gott zum Opfer weihen durch Wachsamkeit und die notwendige Strenge gegen die verräterischen Triebe des Fleisches. "Das ganze Leben des wahren Christen ist ein Kreuz und ein Martyrium" (St. Augustinus).

Durch das Gelübde des Gehorsams brachte Aloisius Gott seine Freiheit zum Opfer. Dafür herrscht er jetzt im Himmel und genießt auch so große Ehre auf Erden, wie die Welt sie ihm niemals hätte geben können. Beschwere dich also nicht, wenn du dich anderer Willen unterwerfen mußt; übe Gehorsam mit Selbstverleugnung Gott zuliebe, und Gott wird auch dich dafür erhöhen.

Gebet der Kirche. O Gott, du Ausspender himmlischer Gaben, der du in dem engelgleichen Jünglinge Aloisius eine wunderbare Unschuld des Lebens mit gleicher Bußfertigkeit vereinigt hast: gib durch seine Verdienste und Bitten, daß wir, die wir ihm in der Unschuld nicht nachgefolgt sind, ihm in der Bußfertigkeit nachfolgen mögen. Durch Jesum Christum usw.


Unterricht für das Geburtsfest des heiligen Johannes des Täufers (24. Juni)

Einen größeren Lobredner hätte Johannes nicht haben können, als Christum selbst, der ihn bald einen Engel (Matth. 11,19), bald den größten Propheten (Luk. 7,18), bald eine brennende, Licht gebende Leuchte (Joh. 5,35) nennt. Es ist, sagt er selbst von ihm (Matth. 11,11), unter allen, die von Weibern (auf gewöhnliche Weise) geboren wurden, kein größerer aufgestanden, als Johannes der Täufer: woraus sich auf die besonderen Vorzüge und Verdienste dieses heiligen Mannes schließen läßt. Er war, wie Isaias, zum Bußprediger und Verkünder des Messias auserwählt. Der Herr hatte ihn vom Mutterleibe an schon groß gemacht; indem er seine Geburt durch einen Engel vorhersagen ließ, ihm selbst einen Namen gab und ihn im Mutterschoße durch die Gegenwart Christi heiligte. Daher feiert die Kirche seinen Geburtstag. Die anderen Heiligen mußten sich erst durch lange Kämpfe die Heiligkeit erringen, warum ihr Fest auf den Sterbetag gefeiert wird. Johannes wurde auch von Gott besonders geschützt, und in der Wüste, wohin er sich, um der Welt und ihren Reizen zu entgehen, geflüchtet hatte, zu seinem wichtigen Amte vorbereitet. Gleich einem Engel lebte er dort und unterhielt sich allein mit Gott und allem dem, was seinen Beruf anging. Seine Speisen waren Heuschrecken und wilder Honig. Sein Klein war ein grobes Gewand von Kamelhaaren, das ein lederner Gürtel umgab; sein Lager der harte Erdboden. So lebte er bis ins dreißigste Jahr, da er dann auf Befehl Gottes als eine rufende Stimme von der Wüste ausging und die Ankunft des Messias verkündigte, den er selbst taufte und den Menschen mit Fingern zeigte. Die Pflicht, wahre Buße zu tun, trug er mit ungemeine, Eifer und Mute vor. Gleichwie Schwert und Pfeil verwunden, so verwundete er durch seine Ermahnungen und Drohungen die Herzen seiner Zuhörer und erinnerte sie nachdrücklich, sich durch wahre Buße zur Aufnahme des Messias vorzubereiten. Da er nun auch dem Könige Herodes wegen des öffentlichen Ehebruches mit seines Bruders Frau einen Verweis gab, so wurde er ins Gefängnis geworfen und auf Anstiften der ehebrecherischen Herodias enthauptet. So beschloß Johannes, in dem sich Gott so herrlich zeigte, seine irdische Laufbahn und hinterließ allen Menschen die schönsten Beispiele der Unschuld, der Buße und des heldenmütigen Seeleneifers. - Befolgen wir die Ermahnungen des hl. Johannes und bringen wir würdige Früchte der Buße. Von dieser Pflicht, Buße zu tun, können wir uns nicht losmachen, denn das Himmelreich, sagt Christus, leidet von den Tagen des Johannes an bis jetzt Gewalt, und nur die Gewalt brauche, reißen es an sich (Matth. 11,12). Wir müssen uns heilige Gewalt antun und würdige Früchte der Buße bringen, wenn wir vom Himmelreich nicht ausgeschlossen werden wollen.

Der Eingang der heiligen Messe:
Von meiner Mutter Schoß an hat mich der Herr berufen mit meinem Namen. Er machte meinen Mund wie ein scharfes Schwert, mit dem Schatten seiner Hand bedeckte er mich; er machte mich wie einen auserlesenen Pfeil (Isaias 49,1.2). Gut ist´s den Herrn preisen und lobsingen deinem Namen, o Allerhöchster (Ps. 91,1). Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. O Gott! der du uns den gegenwärtigen Tag durch die Geburt des hl. Johannes ehrwürdig gemacht hast: erteile deinem Volke die Gnade geistiger Freuden, und leite die Gemüter aller Gläubigen auf den Weg des ewigen Heiles, durch Jesum Christum usw.

Lektion aus dem Propheten Isaias XLIX,1-7

Höret, ihr Inseln, und merket auf, ihr Völker in der Ferne! Der Herr hat mich berufen vom Mutterschoße an; schon ehe ich geboren ward, gedachte er meines Namens. Er machte meinen Mund wie ein scharfes Schwert, mit dem Schatten seiner Hand bedeckte er mich. Er sprach zu mir: Du bist mein Knecht, Israel; denn in dir will ich mich verherrlichen. Und nun spricht der Herr, der mich vom Mutterschoße an bildete zu seinem Knechte: Siehe, ich mache dich zum Lichte der Heide, daß du seiest mein Heil bis an der Erde Grenzen. Könige werden es sehen, Fürsten sich erheben und anbeten um des Herrn willen, um des Heiligen Israels willen, der dich erkoren hat.

Anmerkung

Was hier der Prophet Isaias nach der Lehre der meisten heiligen Väter vom Messias weissagt, das wendet die Kirche auf den heiligen Johannes an; der schon vor der Geburt geheiligt worden war, dem Gott die Gabe einer scharfen, eindringlichen Predigt gegeben hatte, und der als Vorläufer Jesu Christi diesen durch seine hinweisenden Worte am Jordan verherrlichte.

Evangelium Lukas I,57-68

Für Elisabet kam die Zeit der Geburt; und sie gebar seine Sohn. Und es hörten die Nachbarn und ihre Verwandte, daß der Herr große Barmherzigkeit an ihr getan habe, und sie freuten sich mit ihr. Und es geschah am achten Tage, da kamen sie, das Knäblein zu beschneiden; und sie wollten es nach seines Vaters Namen Zacharias nennen. Seine Mutter aber nahm das Wort und sprach: Nein, Johannes soll es heißen. Und sie sprachen ihr: Es ist doch niemand in deiner Verwandtschaft, der diesen Namen hat! Da winkten sie seinem Vater, wie er ihn wollte heißen lassen. Und er forderte ein Schreibtäfelein und schrieb die Worte: Johannes ist sein Namen. Und sie verwunderten sich alle. Und sogleich tat sich sein Mund auf, und seine Zunge ward gelöst, und er redete und lobte Gott. Da überfiel alle, die umher wohnten, Furcht, und im ganzen Gebirge von Judäa breitete sich der Ruf aus von all diesen Dingen. Und alle, die davon hörten, nahmen es zu Herzen und sprachen: Was wird wohl aus diesem Kinde werden? Denn die Hand des Herrn war mit ihm. Und Zacharias, sein Vater, ward voll des Heiligen Geistes, weissagte und sprach: Gepriesen sei der Herr, der Gott Israels, denn er hat sein Volk heimgesucht und ihm Erlösung gebracht!

Lehrstücke

1. Zacharias und Elisabeth waren beide gerecht, blieben aber lange Zeit ohne Kinder; nun schenkte ihnen der Herr ein so heiliges Kind! So sind gute Kinder ein Geschenk Gottes und müssen als solches von Gott erbeten werden. Versagt aber der Herr so manchen Eltern Kinder, so sollen sie sich seinem Urteil unterwerfen; denn er allein weiß, was gut ist. Ach, für viele, die durch schlechte Erziehung sich und ihre Kinder ewig unglücklich machen, wäre es besser, wenn sie keine hätten. Welcher Schmerz ist es nicht auch für manche Eltern, wenn sie alle Sorgfalt und Mühe der besten Erziehung ohne ihre Schuld an ihren ausartenden Kindern vereitelt sehen müssen.

2. Die Freude der Nachbarn und Verwandten der Elisabeth lehrt uns, daß wir mit unserm Nächsten Leid und Freude teilen sollen, als wenn es uns beträfe.

3. Johannes mußte dieses Kind heißen; denn bei der Verkündigung seiner Geburt hatte es der Engel dem Zacharias so befohlen. Weil er aber an deren Erfüllung zweifelte, so ward er stumm bis zur Geburt des Kindes. So verwundet der Herr oft fromme Menschen, weil er die Wahrheit seiner Worte bekräftigen will; doch heilt er auch wieder, wie wir es an Zacharias sehen.

4. Die Leute fürchteten sich und nahmen es zu Herzen. Möchten auch wir von Liebe und heiliger Furcht erfüllt werden, wenn wir Gottes Versprechen erfüllt sehen, und die Geheimnisse der Menschwerdung seines Sohnes mit frommer Rührung und Andacht betrachten!

5. Was wird wohl aus diesem Kinde werden? Eltern! stellet auch an euch die Frage: was wird aus meinem Kinde werden? Gottes Hand war in der heiligen Taufe, bei der ersten heiligen Kommunion usw. mit ihnen! Wird, ja kann sie vermöge der Erziehung die wir ihnen geben auch mit ihnen bleiben? Es wird für gewöhnlich das werden, was ihr aus ihm machet.

6. Zacharias dankte Gott und pries ihn wegen der Erlösung, wegen des Heiles und der Erleuchtung, die gemäß der Weissagung durch den kommen sollte, den dieses Kind verkünden würde. Danken auch wir Gott, daß er uns durch seinen Sohn erleuchtet, von unsern Sünden befreit und des Himmelsreiches fähig gemacht hat.


Enthaltsamkeit von geistigen Getränken

Wie von Samson und Elias, so hebt die Schrift auch von Johannes dem Täufer besonders rühmend hervor, daß er sich von berauschenden Getränken enthielt. Das ist eine Buß- und Tugendübung, die heutzutage wichtiger ist als je.

Was den geistigen Getränken ihre berauschende Kraft gibt, ist der Alkohol oder Spiritus, den sie enthalten, die einen mehr, die andern weniger. Am meisten enthalten davon die gebrannten Getränke, die deshalb gefährlicher sind wie die gegorenen. Die medizinische Wissenschaft ist längst darüber klar, daß die geistigen Getränke weder Nährmittel noch Heilmittel sind, sondern nur Genußmittel. Sie sind also niemals notwendig, sondern dienen nur zum Vergnügen. Es ist eine verhängnisvolle Täuschung, wenn man meint, bei schwerer Arbeit gehe es ohne solche Getränke nicht. Wohl verursachen sie ein Gefühl der Erfrischung; dieses angegenehme Gefühl ist jedoch trügerisch und teuer erkauft. Der Alkohol wirkt auf den Körper wie die Peitsche auf das müde Roß; dieses macht wohl lustige Sprünge, wenn es die Peitsche bekommt, bricht aber dann desto eher zusammen. Der Alkohol stärkt nicht, weil er nicht nährt; er wärmt nicht, sondern setzt sehr bald die Körperwärme herab; er löscht den Durst nicht, sondern reizt ihn. Zudem schwächt er bei längerem Gebrauch die wichtigsten Lebensorgane und verkürzt das Leben. Wie gefährlich für Gesundheit und Leben der unmäßige Gebrauch geistiger Getränke ist, zeigt die tägliche Erfahrung. Tausende finden dadurch einen plötzlichen Tod. Jeder Rausch ist eine Vergiftung, die mit Hirn- oder Herzlähmung enden kann. Aber auch der mäßige Genuß, namentlich der gebrannte Getränke, schwächt auf die Dauer die Gesundheit. Bloß aus Gesundheitsrücksichten meiden deshalb manche den Alkoholgenuß gänzlich.

Nicht minder bedenklich sind die wirtschaftlichen Schäden des Alkoholgenusses. Wenn er zur Gewohnheit oder gar zur Leidenschaft wird, untergräbt er Wohlstand und Familienglück. Namentlich der Gewerbs- und Arbeiterstand hat keinen schlimmeren Feind. Wenn jemand durchschnittlich alle Tage nur 20 Pfennig für Alkohol ausgibt, so macht das in dreißig Jahren mit Zinseszins die respektable Summe von fast 4000 Mark. Wie macher Arbeiter vertrinkt den fünften Teil seines Arbeitslohnes und meint dabei noch, mäßig zu sein. Im Deutschen Reich werden alljährlich 3 1/2 Milliarden Mark für geistige Getränke ausgegeben, d.h. mehr als Steuern betragen.

Noch schlimmer als die gesundheitlichen und wirtschaftlichen sind die moralischen Folgen des Alkoholismus. Der Alkohol stachelt alle Leidenschaften auf und stumpft Verstand und Gewissen ab. Die bei weitem meisten Roheitsverbrechen, samt sämtliche Verbrechen gegen Leben und Sittlichkeit werden in angetrunkenem Zustande begangen. Die meisten Krankenhäuser, Zucht-, Gefangenen- und Irrenhäuser könnten geschlossen werden, wenn der Alkohol nicht wäre.

Wie die Heilige Schrift berichtet, ist erst Noe nach der Sündflut auf die Bereitung von Wein gekommen. Mit einem Fluche trat der Alkohol in die Welt. Die Bereitung gebrannter Getränke und ihre Verbreitung als Volksgetränk brachten erst die schrecklichen Kriege der letzten Jahrhunderte; und sie haben mehr Unheil angerichtet als alle Kriege zusammen.

Die Tugend der Abstinenz, der Enthaltung von geistigen Getränken, ist also heutzutage wichtiger und notwendiger als je. Unbedingt enthaltsam darin müssen vor allem Kinder und Frauen sein. Der vielfach angepriesene Medizinalwein und das Bier sind keine Stärkungsmittel, sondern nur Reizmittel. Völlig abstinent müssen notwendig auch alle sein, welche die Neigung zu geistigen Getränken bekämpfen wollen. Die für ihre Person völlige Enthaltsamkeit nicht nötig haben, tun ein überaus verdienstliches Werk, wenn sie diese dennoch üben. Sie zeigen durch ihr Beispiel, daß man ohne Alkohol recht wohl leben, arbeiten und auch froh sein kann. Und ein solches Beispiel wirkt am besten dem Alkoholelend entgegen.

Gebet. Heiliger Johannes! der du den Menschen durch deine Predigten den Weg zu Christo zeigtest und sie zur Annahme seiner Lehre vorbereitetest: erflehe mir die Gnade, daß ich wahre Buße wirke, mein sündhaftes Fleisch nach deinem Beispiele abtöte und in aller Reinigkeit Gott diene. Amen.


Unterricht für das Fest der heiligen Apostelfürsten Petrus und Paulus (29. Juni)

Petrus, zuvor Simon genannt, war ein Fischer aus Bethsaida in Galiläa, des Jonas Sohn und Bruder des Andreas. Dieser führte ihn zu Christus, der sogleich seinen Namen änderte und ihn Petrus hieß. Als Jesus bald darauf am See Tiberias zu beiden sprach: "Folget mir nach, so will ich euch zu Menschenfischern machen", verließen sie ihr Netz und folgten ihm nach. Von dieser Zeit an blieb Petrus bei Jesus, der ihm fortwährend seine vorzügliche Zuneigung zu erkennen gab. Aus dem Schiffe des Petrus lehrte er das andrängende Volk. Er versprach, auf ihn seine Kirche zu bauen, so daß die Hölle sie nicht überwältigen würde. Er hatte ihn bei der Erweckung der Tochter des Jairus, auf Tabor sei seiner Verklärung, im Garten Gethsemani beim Anfange seines Leidens bei sich. Ihm versprach er die Schlüssel des Himmelreiches, für ihn betete er vorzugsweise, daß sein Glaube nicht aufhöre, und befahl ihm, seine Brüder zu stärken. Nach seiner Auferstehung erschien er ihm besonders, ihn fragte er dreimal, ob er ihn liebe, und befahl ihm dann dreimal, seine Herde zu weiden. Er hat ihn also zu seinem Stellvertreter auf Erden, zum allgemeinen Hirten über alle seine Schafe, zum sichtbaren Oberhaupte seiner Kirche erhoben. Petrus war aber auch dieser Vorzüge durch seinen lebendigen Glauben, durch seine Demut, durch seine Liebe und seinen Eifer für die Ehre Jesu würdig. Er legte zum Beweise seines Glaubens das Bekenntnis ab: "Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes." Seine Demut bezeigte er, da er bei jenem reichen Fischfange, der er auf das Wort Christi machte, sich der Gegenwart Jesu unwürdig schätzte und sprach: "Herr, geh´weg von mir, denn ich bin ein sündhafter Mensch!" Aus Liebe wollte er mit Christo auf dem Berge Tabor für alle Zeit verbleiben und ihn von seinem Leiden abhalten. Er stürzte sich auch einst von dem Schiffe in das Wasser, um nur desto eher bei Jesus zu sein. Er erklärte sich bereit, mit Christo zu leiden und zu sterben, und bezeigte sich bei der Gefangennehmung Christo am mutigsten, indem er einem seiner Feinde das Ohr abhieb und ihm bis an das Haus des Kaiphas nachfolgte, allein da verleugnete er ihn dreimal aus Furcht. Jedoch die Liebe zu Jesus preßte ihm Tränen der innigsten Reue aus den Augen, als ihn Jesus mit verzeihender Liebe anblickte, und dreimal legte er ihm hernach das Geständnis ab: "Herr! du weißt, daß ich dich liebe." Nachdem er den Heiligen Geist empfangen hatte, predigte er das Evangelium zuerst den Israeliten in Jerusalem. Da aber bald eine Verfolgung gegen die noch junge Christengemeinde ausbrach, verließ Petrus, nachdem er durch einen Engel aus dem Gefängnisse befreit war, Jerusalem und begab sich auf Gottes Weisung zu den Heiden. In Antiochien schlug er seinen bischöflichen Sitz auf, den er später nach Rom verlegte. Auch reiste er in verschiedenen Orten des Römischen Reiches umher, um entweder das Licht des Evangeliums dahin zu bringen oder die bereits zum Christentum Bekehrten zu stärken. Nach den glaubwürdigsten Zeugnissen wirkte er außerhalb Palästina in Syrien, Mesopotamien, Kleinasien, Griechenland und Italien. Endlich, nach längerer Gefangenschaft in Rom, wurde er den 29. Juni im Jahre 66 (67) nach Christi Geburt unter dem Kaiser Nero gekreuzigt, und zwar auf sein Verlangen, weil er sich unwürdig hielt, wie Christus zu sterben, mit dem Haupte nach unten.

Paulus, vor seiner Bekehrung Saulus genannt, war aus dem Stamme Benjamin, von Tarsus in Cicilien und ein Lehrjünger Gamaliels. So eifrig er für das Gesetz war, so gehässig war der den Christen. Als er nach Damaskus reiste, um sie zu verfolgen, wurde er unterweg von Christus bekehrt. Wie unermüdet er hierauf im Weinberge des Herrn gearbeitet, welche Beschwerden er auf seinen apostolischen Reisen, und welche Verfolgung er unter den Völkern, deren Länder er durchwanderte, erlitten hat, kann keine Feder beschreiben. Es ist fast unglaublich, wie eifrig er Christum in Ketten und Banden, unter Schlägen und Geißelstreichen, in Hunger und Durst und in unzähligen Todesgefahren predigte. Dennoch war er so demütig, daß er sich für den geringsten unter den Apostel hielt, und Gott immer pries, daß er ihn würdig achtete, für seinen Namen zu leiden. Nachdem er endlich einen guten Kampf gekämpft, seinen Lauf vollendet, den Glauben allenthalben eifrig gepredigt und noch eifriger ausgeübt hatte, empfing er die Krone der Gerechtigkeit. Kaiser Nero ließ ihn am nämlichen Tage enthaupten, an dem Petrus gekreuzigt wurde. In seinem Leben und nach seinem Tode wurde Paulus durch viele Wunder von Gott ausgezeichnet; denn auch seine Schweißtücher haben, gleichwie der Schatten des Petrus, die Krankheiten geheilt und die bösen Geister vertrieben. Würden auch wir Jesum so lieben, wie Paulus, so würden wir uns wie er befleißigen, vieles für Jesus zu tun und zu leiden.

Den Eingang der heiligen Messe bilden, die Worte des hl. Petrus, die er nach der Erlösung aus dem Kerker zu Jerusalem sprach:
Nun weiß ich wahrhaftig, daß der Herr seinen Engel gesandt und mich entrissen hat der Hand des Herodes und aller Erwartung des Volkes der Juden (Apotelgesch. 12,11). Herr, du erforschest mich und kennest mein Sitzen und Aufstehen (Ps 138,1). Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. O Gott, der du den heutigen Tag durch den Martertod deiner heiligen Apostel Petrus und Paulus geheiligt hast: verleihe deiner Kirche die Gnade, daß sie in allem ihre Lehren treu befolge, nachdem sie von ihnen den ersten Unterricht des Glaubens erhalten hat, durch Jesum Christum, unsern Herrn usw.

Lektion aus der Apostelgeschichte XII,1-11

In jenen Tagen legte der König Herodes Hand an, um einige von der Kirche zu peinigen. Er ließ Jakobus, den Bruder des Johannes, mit dem Schwerte töten. Und da er sah, daß es den Juden gefiel, fuhr er fort, auch den Petrus zu ergreifen. Es waren aber die Tage der ungesäuerten Brote. Nachdem er ihn nun ergriffen hatte, legte er ihn ins Gefängnis und übergag ihn einer vierfachen Wache von je vier Soldaten; denn er wollte ihn nach dem Ostern dem Volke vorführen. Also ward Petrus in dem Gefängnisse verwahrt; aber die Kirche betete ohne Unterlaß für ihn zu Gott. Als nun Herodes ihn vorführen wollte, in der Nacht vorher schlief Petrus zwischen zwei Soldaten, gefesselt mit zwei Ketten, und Wächter hielten vor der Türe die Wache. Und siehe, da stand ein Engel des Herrn, und ein Licht strahlte im Gemache; und er stieß Petrus an die Seite, weckte ihn auf und sprach: Steh eilig auf! Und es fielen ihm die Ketten von den Händen. Der Engel aber sprach zu ihm: Gürte dich und ziehe deine Schuhe an. Und er tat also. Jener aber sagte zu ihm: Wirf deinen Mantel um dich und folge mir. Da ging er hinaus, ihm nach, und er wußte nicht, ob es Wirklichkeit sei, was durch den Engel geschah, sondern er glaubte, daß er eine Erscheinung sehe. Sie gingen nun durch die erste und zweite Wache und kamen zu dem eisernen Tore, das in die Stadt führt. Dieses öffnete sich ihnen von selbst, und sie traten hinaus und gingen eine Gasse weiter; und plötzlich schied der Engel von ihm. Da kam Petrus zu sich selbst und sprach: Nun weiß ich wahrhaftig, daß der Herr seinen Engel gesandt und mich entrissen hat der Hand des Herodes und aller Erwartung des Volkes der Juden.

Evangelium Matthäus XVI, 13-19

In jener Zeit kam Jesus in das Gebiet von Cäsarea Philippi. Da fragte er seine Jünger: Wofür halten die Leute den Menschensohn? Und sie sprachen: Einige für Johannes den Täufer, andere für Elias, andere für Jeremias oder einen aus den Propheten.
Und Jesus sprach zu ihnen: Ihr aber, für wen haltet ihr mich?
Da antwortete Simon Petrus und sprach: Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.
Jesus aber antwortete und sprach zu ihm: Selig bist du, Simon, Sohn des Jonas, denn Fleisch und Blut hat dir das nicht geoffenbart, sondern mein Vater, der im Himmel ist. Und ich sage dir: du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen. Und dir will ich die Schlüssel des Himmelreiches geben. Was immer du binden wirst auf Erden, das soll im Himmel gebunden sein, und was du lösen wirst auf Erden, das soll auch im Himmel gelöset sein.

Warum fragte Christus seine Jünger, was die Leute von ihm hielten?

Um ihnen Veranlassung zu geben, ihn als den wahren Sohn Gottes zu bekennen und um auf das offene Bekenntnis eine höchst wichtige Verheißung zu gründen.
Diese Frage enthält außerdem noch andere Lehren. Sie zeigt, dass wir in bezug auf das Gerede der Menschen von unserer Person zwar nicht ängstlich, aber doch auch nicht gleichgültig sein sollen. Redet man übel von uns, und dies mit Grund, so befleißigen wir uns, das Über zu verbessern; tut man es ohne Grund, so trösten wir uns mit dem guten Gewissen; redet man aber Gutes, so bestreben wir uns, gut zu bleiben.

Gebet. O Herr Jesus Christus, Sohn des lebendigen Gottes! der du deine Kirche auf den heiligen Petrus, als auf einen Felsen, so fest gegründet, ihm die Schlüssel des Himmelreiches anvertraut und ihn und seine Nachfolger zu obersten Vorstehern deiner Kirche und zu deinem Statthalter auf Erden bestimmt hast, verleihe uns deine Gnade, dass wir ihnen in allen ihren Anordnungen gehorchen, damit wir, auf dem Felsen der Wahrheit ruhend, in allen Stürmen unerschütterlich seien und unabwichlicht auf dem Wege des Guten beharren mögen! Amen.


Eine Wallfahrt zu den Gräbern der Apostelfürsten

Wenn der Pilger sich auf einige Meilen Rom genähert hat, so entdeckt er fern am Horizont eine Kuppel, die anfangs klein, immer größeren Umfang annimmt und bald als ein majestätischer Bau vor ihm in der Luft schwebt; und dann spricht er voll Freude das Tedeum, denn er hat den Petersdom gesehen, den Mittelpunkt der katholischen Welt. Und hat er seinen Einzug gehalten in die ewige Stadt, die so voll ist von Denkmälern alter und neuer Zeit, so läßt er vorab alles unbeachtet und eilt zuerst nach Sankt Peter, dem Grabdenkmal des Ersten der Apostel. 120 Jahre hat man daran gebaut, die größten Meister, die berühmtesten Künstler haben um die Wette ihr Genie dafür aufgeboten und es zum großartigsten Gotteshaus der Welt gemacht. Die größte Kunst und Pracht vereinigt sich in der Mitte des Tempels, um das Grab des hl. Petrus. In einer Nische, zu der Marmorstufen hinunterführen, ruhen seine Gebeine in kostbarem Schreine. 89 große vergoldete Lampen brennen ringsumher Tag und Nacht. Über dem Grabe erhebt sich ein Altar, wie es keinen zweiten gibt. Nur der Papst darf dort das Meßopfer feiern. Die Altarsäulen von Erz, die Baldachin tragen mit dem Kreuz, erreichen die Höhe eines mäßigen Turmes. Und schaut das Auge zu dem Kreuze empor, so verliert es sich in schwindelnder Höhe; denn über dem Altare wölbt sich die doppelte Kuppel von Sankt Peter, der staunenswerteste Teil dieses Wunderbaues. In der Kuppel fesselt den Blick eine Rundschrift aus farbigen Steinen: "Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen."

Halten wir Umschau in den weiten Hallen, den zahlreichen Kapellen, die, jede so groß wie eine Kirche, die Schiffe umkränzen, so finden wir des Herrlichen und Heiligen zu viel, als daß wir überall verweilen könnten. Nur zwei Punkte wollen wir erwähnen. Zuerst einen Altar, dem päpstlichen Altar gegenüber im Hintergrunde des Hauptschiffes mit den Kolossalstatuen der vier berühmtesten Kirchenväter; diese tragen einen Thron von Erz, und in diesem eingeschlossen ruht der Bischofsstuhl des hl. Petrus, den er eingenommen hat bei der Feier des Heiligen Geheimnisses. Darüber schwebt die Taubengestalt des Heiligen Geistes. Welch bedeutungsvolles Sinnbild! Als Hirt und Regent der Kirche Gottes war Petrus unfehlbar, durch seinen Mund sprach der Heilige Geist selbst. In der Nähe ist die Kapelle, in der 1870 das Vatikanische Konzil versammelt war, und in derselben der Thron, von dem Pis IX. den Glaubenssatz von der päpstlichen Unfehlbarkeit verkündete. Was wir unfehlbar wissen müssen, was keinem menschlichen Zweigel oder Irrtum unterliegen darf, das lehrt uns unfehlbar der römische Papst. Sein Mund ist der Mund des Petrus, durch ihn spricht zu uns der Geist der Wahrheit.

Neben der Ruhestätte des Apostelfürsten steht die Wohnstätte seiner Nachfolger, der Vatikan. Beide aber stehen auf dem Boden, der wie kein anderer geeignet ist der Glorie der apostolischen Grabstätten zu dienen. Wo die Peterskirche und der vatikanische Palast sich erheben, da waren von 1800 Jahren Prachtbauten und Gärten des römischen Heidenkaisers Nero, desselben Nero, der zuerst das Christentum auszurotten suchte und die Apostelfürsten marterte. Petrus ruht also in dem Besitztume seines Todfeindes. Wo dieser als Kaiser das römische Weltreich regierte, da regiert jetzt der Nachfolger des Petrus, der vor 1800 Jahren hier als Verbrecher hingerichtet wurde. Von all der Pracht des Heidenkaisers ist keine Spur mehr zu sehen. Seine Prachtbauten, seine Tempel, seine Kriegsheere, alles ist zu Staub geworden. Von Nero ist nichts übrig als der Name, und auf diesem Namen ruht der Fluch. Wer hätte so etwas glauben sollen? Es kam ein Fischer aus Galiläa in die glänzende Kaiserstadt gewandert, ein ungebildeter Handwerker. Er hatte keine Stellung, keine Bekannte, kein Geld, nichts. Was wollte er? Rom erobern und zu seiner Hauptstadt machen; den grausamsten Tyrannen bekämpfen in seiner eigenen Burg, die Götzentempel umstürzen und die stolzen Götzendiener zu Dienern des gekreuzigten Gottes machen. Hätte er dieses gesagt, man hätte ihn für einen Narren gehalten. Er schwieg und begann in der Stille seine Arbeit, seinen Kampf. Er ging in einige jüdische Häuser und predigte vom gekreuzigten Messias, er fand einige Gläubige und sammelte eine kleine, verborgene Gemeinde. Sofort erhob sich jedoch die Macht der Hölle gegen ihn. Der Kaiser fürchtete sich vor dem Fischer und ließ ihn ins Gefängnis werfen. Die Prachtbauten Neros liegen in Trümmern, aber der finstere, feuchte Kerker, in den er Petrus werfen ließ, steht noch. Mit großer Andacht besucht der Pilger den Mamertinischen Kerker und küsset die Mauern, an denen Petrus und Paulus angekettet waren; er trinkt aus der Quelle, die auf das Gebet der Apostel entsprang, als sie ihren Kerkermeister nebst 47 Mitgefangenen bekehrt hatten und sie taufen wollten. Und dann geht er auch in, die Ketten zu küssen, für die eine Kirche gebaut wurde. Unweit auf einem Hügel erhebt sich eine andere Kirche zum Andenken an die Kreuzigung des hl. Petrus. Um die neue Lehre im Keime zu ersticken, befahl Nero, den Petrus schmählich zu kreuzigen. Der Tyrann wußte nicht, daß dem Apostel dieses Urteil eine Freudenbotschaft war, sterben zu dürfen wie sein Herr und Meister. Und doch hatte seine Demut wieder Bedenken. Darum bat er sich die seltsame Gunst aus, mit dem Kopfe nach unten zu sterben. - Indessen auch Petrus war ein Mensch und schwach. Nicht immer war er voll Feuereifer und Todesmut für seinen Meister. Daran erinnert ein anderes Heiligtum, eine kleine Kirche, die Domine quo vadis heißt - Herr, wohin gehst du? Es knüpft sich folgende Legende daran. Auf das Drängen der Gläubigen entschloß sich Petrus, der Verfolgung zu entfliehen. Er war schon eine bedeutende Strecke vor der Stadt, da sah er plötzlich den Heiland auf sich zukommen. Herr, wohin gehst du? fragte Petrus. Ich gehe, antwortete der Herr, nach Rom, um mich nochmal kreuzigen zu lassen; und mit diesen Worten verschwand er. Zum Wahrzeichen hatte er jedoch seine Fußtapfen zurückgelassen in den harten Steinen der Straße. Der Apostel zögerte nicht, zurückzukehren in den Tod.

Dieses sind die Heiligtümer des hl. Petrus. Wir besuchen jetzt die Erinnerunsstätten seines Genossen in der Arbeit, im Tode, in der Herrlichkeit, des hl. Paulus. Wie die Apostelgeschichte berichtet, kam Paulus mit Ketten beladen nach Rom. Er hatte sich vor der Wut seines Volkes nicht anders retten können, als indem er sich auf den Kaiser berief, und so wurde er als ein Gefangener zum Kaiser geführt. Die Christen von Rom feierten seine Ankunft als ein Fest und gingen ihm viele Stunden weit entgegen. Ihm wurde gestattet, sich ein eigenes Quartier zu suchen, ein Soldat jedoch bewachte ihn Tag und Nacht. An der Hauptstraße Roms können wir den Ort besuchen, wo der Apostel zwei Jahre lang arbeitete und litt; von wo er briefe schrieb an die Gläubigen in Griechenland und Asien; wo sein Genosse Lukas das Evangelium schrieb und die Apostelgeschichte. Eine Kirche bezeichnet ebenfalls diesen Ort. Viele Erinnerungen an den großen Apostel sind dort zu sehen. Die schönste ist die Kette, die er trug, jene glorreiche Kette, deren er sich in seinen Sendschreiben so oft rühmte; da ist auch sein schöner Spruch eingegraben: "Das Wort Gottes ist nicht gebunden." Die Bosheit der Juden glaubte über den mächtigen Streiter zu triumphieren, da sie ihn in Ketten und Banden über das Meer schleppen sah. Und siehe da, der gefesselte Paulus richtete mehr aus, als wenn er los und ledig gewesen wäre. Gerade seine Banden gaben ihm gelegenheit, Christum zu predigen im Mittelpunkte der heidnischen Welt, vor Gerichtshöfen, vor Fürsten und Königen, und selbst am Kaiserhofe. Gottes Wort kann nicht in Fesseln geschlagen werden. In der Schwachheit seiner Diener offenbart sich die Kraft Christi, aller Welt zum Augenschein, daß es nicht menschliche Mittel waren, welche die Kirche gegründet haben; durch die Schwachheit seiner Diener beschämte er die Starken. Sehen wir das sich nicht wiederholen in den Bedrängnissen und Verfolgungen unserer Tage? Wenn der Mund der Glaubensboten mit Gewalt geschlossen werden soll, so reden ihre Banden und die Steine ihrer Kerker!

Besuchen wir jetzt den Ort, wo Paulus die Krone der Gerechtigkeit empfangen hat für den guten Kampf. Es war an demselben Tage, an dem Petrus hinausgeführt wurde zur Kreuzigung, da wurde Paulus am entgegengesetzten Stadttore hinausgeführt zur Enthauptung. Es steht jetzt dort ein Kloster und eine Kirche. Einen rührenden Umstand erzählt die Legende von seinem Tode. Als er den tödlichen Streich empfing, da fiel sein Haupt nicht sogleich leblos nieder, sondern es sprang noch einmal auf, und aus seinem Munde ertönte mit starker Stimme noch dreimal der süße Name Jeus. Alsbald entsprangen an diesen drei Stellen Wasserquellen. Diese Quellen fließen noch heutigestags fort in der Kirche, und mit Andacht trinkt der Pilger von ihrem Wasser. - So kämpfte, so litt und starb Paulus für den Erlöser. Und auch sein Grab wurde glorreich. Eine vornehme Römerin erwarb den Leichnam des Apostels und begrub ihn auf ihrem Landgute vor der Stadt. Der erste Christenkaiser Konstantin erbaute eine Kirche über seinem Grabe, die in der Folge durch Säulengänge mit der Stadt verbunden und mit großer Pracht geziert wurde. Vor 50 Jahren wurde sie ein Raub der Flammen. Sogleich wetteiferte die ganze Christenheit, das Grabmal des Apostels noch prachtvoller wiederherzustellen. Pius IX. konnte bei Gelegenheit der Verkündigung der Unbefleckten Empfängnis, umgeben von Hunderten von Bischöfen aus allen Teilen der Welt, der Kirche die Weihe geben. Wenn der Pilger die Schwellen der Pauluskirche überschreitet, so steht er vor Staunen über die Pracht , die ihm entgegentritt, beinahe atemlos still. Der Fußboden und die Wände sind mit verschiedenfarbigem, kostbarem Marmor geschmückt; die Decke glänzt von vergoldetem Schnitzwerk; vier Reihen von jedesmal glattgeschliffenen Granitsäulen, ein ganzer Wald von Säulen, teilt die Kirche in fünf Schiffe; über den Säulen sind in Lebensgröße aus farbigen Steinen die Brustbilder aller 259 Päpste von Petrus an. Die größte Pracht aber entfaltet sich inmitten des Tempels um das Grab des hl. Paulus. An kostbarem Gestein, an kunstvollem Bau ist alles aufgeboten, um den Altar zu schmücken, unter dem die Gebeine des Apostels ruhen. Wer wird mir, so ruft schon im 4. Jahrhundert der hl. Chrysostomus aus, wer wird mir das Glück gewähren, den Leib des Paulus zu umfangen, mich an sein Grab zu schmiegen, den Staub seines Leibes zu sehen? Ich möchte das Grab sehen, in dem beigesetzt sind jene Waffen der Gerechtigkeit, jene Waffen des Lichtes, jene nun lebendigen Glieder, die einst in diesem Leben so abgetötet, in denen Christus lebte, die der Welt gekreuzigt und Glieder Christi waren, Tempel des Heiligen Geistes, ein heiliger Bau, gebunden durch die Frucht Gottes, jene Glieder, welche die Wundmale Christi tragen! - Gleich dem hl. Chrysostomus dachten und sprachen seitdem Millionen durch alle Jahrhunderte. Der Weg nach Rom wurde nicht leer von Pilgern, die es als ihr höchstes Glück betrachteten, die Gebeine der Apostel zu verehren, an ihrem Grabe zu beten, die Gnaden Gottes, die Ablässe der Kirche dort zu gewinnen. Ihr Grab ist glorreich geworden.

Was sagt uns ihre Glorie? Das ist der Sieg, der die Welt überwindet, unser Glaube. Der Triumph der Apostelfürsten soll auch unser Anteil werden, wenn wir gleich ihnen Anteil nehmen an der Schmach und Torheit des Kreuzes, wenn wir gegen alle Feindseligkeit der Welt wahrhaft Ernst machen mit unserm heiligen katholischen Glauben.

Dann sollst du auch dein Grab glorreich machen. Und wie? Durch die Liebe, durch das guten Andenken und die Dankbarkeit, die alle dir bewahren sollen, die dich gekannt haben, durch die Verklärung deines sterblichen Leibes, die du durch den gottgefälligen Gebrauch deiner Glieder dir verdienst. Wenn die Deinigen an deinem Grabe knien können mit Tränen der aufrichtigen Trauer und Freude zugleich, wenn sie sagen können: hier ruht ein echt christliches Herz, das ein Muster und eine Erbauung war für alle, die es kannten; ein edles Herz, das sich aufopferte für die, die Gott mit ihm verbunden hatte; ein geduldiges Herz, das in den Prüfungen des Lebens nicht irre wurde im Vertrauen auf den Vater im Himmel; eine Hand, die stets offen stand, Gutes zu spenden, eine Zunge, die nur Worte der Liebe und Gerechtigkeit redete - wenn sie so in Wahrheit sagen können, dann hat dein Grab Ehre genug, es ist eine heilige Stätte, Engel behüten es, und für die Überlebenden strömt es Segen aus.


Unterricht für das Fest der Heimsuchung Mariä (2. Juli)

Eingang der heiligen Messe wie am Feste Mariä Vermählung, also:

Sei gegrüßet, heilige Mutter, die geboren den König, der da Himmel und Erde regiert von Ewigkeit zu Ewigkeiten. Mein Herz sprach aus ein gutes Wort: meine Werke kündigte ich dem Könige. Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. Verleihe, o Gott! deinen Dienern das Geschenk deiner himmlischen Gnade, auf daß, gleichwie uns die Mutterschaft der seligsten Jungfrau der Anfang zum Heil gewesen ist, die erwünschte Feierlichkeit ihrer Heimsuchung den Frieden in uns vermehren möge, durch Jesum Christum.

Lektion aus dem Hohenliede II,8-14

Siehe, er kommt springend über die Berge und hüpfend über die Hügel. Meine Geliebter ist gleich einem Reh und jungen Hirsche; siehe, da steht er hinter unserer Mauer, sieht durch die Fenster und schaut durch die Gitter. Mein Geliebter ruft mir zu: Steh´auf, eile, meine Freundin, meine Taube, meine Holde, und komm! Denn der Winter ist schon vorüber, vorüber ist die Regenzeit, gänzlich vorüber; die Blumen werden sichtbar auf der Flur; die Zeit des Rebenschnittes ist gekommen, die Stimme der Turteltaube läßt sich hören in unserm Lande. Der Feigenbaum setzt seine Knospen an, die Weingärten hauchen ihren Blütenduft. Mache dich auf, meine Freundin! meine Holde, und komm! Meine Taube in den Felsenlüften, in der Höhlung des Gesteins, laß mich schauen dein Angesicht, laß mich hören deine Stimme: denn deine Stimme ist süß, und dein Angesicht ist schön.

Erklärung

Das Hohe Lied schildert das innige Verhältnis zwischen Gott und der göttlichen Seele. Diese Lektion stellt unter dem Geliebten Christus dar, unter der Geliebten seine heilige Mutter, die er ermuntert, in das Haus des Zacharias zu eilen, weil es ihn drängt, die Heilsfrüchte der Erlösung der frommen Familie mitzuteilen.

Evangelium Lukas I,39-47

In jener Zeit machte sich Maria auf und ging eilends auf das Gebirge in eine Stadt des Stammes Juda. Und sie trat in das Haus des Zacharias und grüßte Elisabeth. Und es geschah, als Elisabeth den Gruß Mariä hörte, hüpfte das Kind freudig in ihrem Schoße auf; und Elisabeth ward erfüllt von dem Heiligen Geiste; und sie rief mit lauter Stimme uns sprach: Gebenedeit bist du unter den Weibern, und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes! Und woher geschieht mir dies, daß die Mutter meines Herrn zu mir kommt? Denn siehe, als die Stimme deines Grußes in meinen Ohren erscholl, hüpfte das Kind freudig auf in meinem Schoße. Selig bist du, daß du geglaubt hast; denn was dir von dem Herrn gesagt worden ist, wird in Erfüllung gehen. Und Maria sprach: Hochpreiset meine Seele den Herrn, und mein Geist frohlocket in Gott, meinem Heilande.

Was lehrt der Lobgesang: Magnifikat?

Das Lob Gottes, die Dankbarkeit und Demut der seligsten Jungfrau Maria, indem sie alles Gute, das sie an sich hat, Gott allein zuschreibt, sich in Gott erfreut und bekennt, daß er ihre Niedrigkeit angesehen und alles Gute in ihr gewirkt habe; deswegen sie alle Geschlechter würdig selig preisen. Sie erklärt dann, daß die Barmherzigkeit Gottes sich erstrecke von einem Geschlechte zum andern über die, so ihn fürchten; daß Gott die Hoffärtigen verstoße und die Demütigen erhöhe. Sie lehrt ferner, daß jene, die Hunger und Verlangen nach den himmlischen Gütern haben, damit werden erfüllt werden. Endlich preist sie die Güte Gottes, die durch die Menschwerdung des göttlichen Sohnes das erfüllt hat, was er dem Abraham und den Altvätern versprochen hat. Sooft wir daher diesen Lobgesang anstimmen, wollen wir Gott für die Menschwerdung seines eingeborenen Sohnes und für die durch ihn bewirkte Erlösung danken, wie auch für die Größe, zu der er Maria erhob, und uns eifrig bestreben, sie andächtig zu verehren und ihre schönen Tugendbeispiele nachzuahmen.


Betrachtung über die Heimsuchung

1.

Suche ich nach den Gründen dieses Besuches, so finde ich deren auf seiten der Jungfrau und auf seiten des Himmels. Bei Maria war es die Liebe, bei Gott war es die Heiligung Johannes des Täufers.

Maria vernahm aus dem Munde des Engels, daß der Herr ihre Base Elisabeth heimgesucht habe, und sie, obwohl hoch bei Jahren, die Mutter eines wunderbaren Kindes sei. Alsbald eilte sie, vom Geiste Gottes getrieben, zu ihrer glücklichen Verwandten. - Auf den ersten Blick scheint diese Reise Mariä verwunderlich; denn wie soll man darin die furchstsame Jungfrau erkennen, die seit ihren frühesten Jahren die tiefste Einsamkeit suchte? O, es ist der Heilige Geist, ihr himmlischer Bräutigam, der sie ihrer lieben Einsamkeit entzieht, es ist die Liebe, die ihre Schritte leitet. Maria (sagt der hl. Ambrosius) glaubte sich verpflichtet, Elisabeth zu besuchen, um ihr Glück zu wünschen wegen einer Mutterschaft, die desto glücklicher war, als sie so sehnsüchtig und lange Zeit vergebens erwartet worden war. Glaube nur nicht, fügt er bei, daß sie sich etwa hätte überzeugen wollen von der Wahrheit dessen, was ihr verkündet war, oder eine Teilnehmerin ihres eigenen Glückes habe aufsuchen wollen; die Liebe allein war der Beweggrund ihrer Reise. - Ihre neue Würde als Gottesmutter, die Sorgen für ihren Zustand erschienen gegen eine solche Reise zu sprechen. Maria aber vergaß ihren Vorrag und achtete nicht auf die Gründe menschlicher Vorsicht, um dem Triebe ihrer Liebe zu folgen. Ihre Absicht war nicht allein, sich mit Elisabeth zu freuen über deren Glück, sondern auch ihr die Dienste zu erweisen, die ihr Zustand forderte. In der Tat, die Gottesmutter trug in sich das Feuer der Liebe; es war ihr also unmöglich, seiner göttlichen Glut zu widerstehen und zu den barmherzigen Absichten des Herrn nicht mitzuwirken.

Jesus Christus im Schoße seiner Mutter wollte jenen heiligen, der berufen war zu der Ehre, sein Vorläufer zu sein. Sobald Maria ihre Base grüßte, sprang Johannes auf beim Nahen seines seines Seligmachers. Elisabeth, von einem himmlischen Strahl erleuchtet, rief in Entzückung vor Bewunderung und Dankbarkeit aus: "Woher kommt mir die Gnade, daß die Mutter meines Herrn zu mir kommt? Kaum traf deine Stimme mein Ohr, als mein Kind vor Freude aufsprang in meinem Schoß." Das glückliche Kind Elisabeths konnte zu dem göttlichen Kinde mit den Worten Isaias sagen: "Du bist ein verborgener Gott, du bist der Gott und Erlöser Israels"; denn schon kam es, sein glorreiches Amt auszuüben im Hause des Zacharias. Wenn dieser hätte reden können, so würde er schon sein "Benediktus" angestimmt haben: Gepriesen sei der Herr, der Gott Israels, weil er sein Volk heimgesucht und erlöst hat! Und das göttliche Kind hätte ihm antworten können: Heute ist deinem Hause Heil widerfahren!

Wer könnte die Gefühle der Freude und Dankbarkeit beschreiben, die das Herz Marias erfüllten, als sie diese Wunder im Hause des Zacharias sah? Johannes, geheiligt vor seiner Geburt, Elisabeth mit dem Geiste Gottes erfüllt, ihr göttliches Kind bereits verherrlicht - alles dieses mußte ihre Seele mit unaussprechlichem Troste erfüllen. Wie wird sie sich gefreut haben, daß sie der göttlichen Mahnung gefolgt und mitgewirkt hat zu dem überreichen Segen, der über das Haus ihrer heiligen Base ausgegossen wurde!

So hat der Heilige Geist bei seinen Einsprechungen in uns gar oft geheime Absichten in bezug auf die Ehre Gottes, den Nutzen des Nächsten und unsere eigene Heiligung. Ach, wie oft hat unsere Zerstreutheit und unser Widerstand gegen die Gnade schlimmere Folgen als wir denken! Die kostbarsten Heilfrüchte werden oft dadurch zerstört, während Treue gegen die Gnade oft die unerwartetsten Früchte bringt. Deine Heimsuchung, o göttliche Mutter, ist ein unwiderleglicher Beweis dafür. Durchdringe doch auch uns mit der Überzeugung von dem Segen, den unsere Folgsamkeit gegen die Gnade für die Absichten der göttlichen Barmherzigkeit mit unserm Nächsten bringt!

2.

Was muß uns aneifern, zum Seelenheile des Nächsten mitzuwirken? Aus dem Eifer, der Maria zu Elisabeth führte, sollten wir Antrieb schöpfen, den Seelen, die in Gefahr ewigen Verderbens schweben, nach Kräften beizuspringen. Einem jeden bietet hierfür sich Gelegenheit, und dieses Werk der Barmherzigkeit bringt uns nicht nur selbst großen Segen, sondern ist oft auch unsere strengste Pflicht.

"Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu bringen (spricht der Herr), und was will ich anders, als daß es brenne?" Nun wohl, wenn in unserm Herzen dieses Feuer der göttlichen Liebe wirklich brennt, können wir dann gefühllos sein beim Untergange der Seelen? Die schmählichen Beleidigungen, womit das Herz Jesu beladen wird, und der beklagenswerte Verlust der Seelen soll uns nicht nur mit Trauer erfüllen, sondern auch das Feuer des tätigen und aufrichtigen Eifers entzünden. Ein wohlerzogenes Kind ist nicht gefühllos gegen die Beleidigungen, die Vater oder Mutter zu ertragen haben, und wir Kinder des allerbesten Vaters sollten mit gleichgültigen Augen die Schmach ansehen können, welche die Sünder ihm, ihrem höchsten Herrn, besten Wohltäter, dem Gegenstand der Anbetung der Engel und Menschen beständig antun? - Dürfen wir zudem gefühllos sein gegen das Unglück unserer Brüder und Schwestern? Der Anblick eines leidenden Tieres ist uns peinlich; wie könnten wir beständig eine Menge Seelen sehen, die blindlings in einen Abgrund ewigen Elends laufen, ohne daß ihr unglückseliges Los uns rühren, uns bewegen würde, ihnen hilfreiche Hand zu bieten? "Seufze", sagt St. Bernhard, "ma seufze, daß so viele nach dem Bilde Gottes geschaffene, durch das Blut Jesu Christi erlöste Seelen für die ganze Ewigkeit verloren gehen, ohne daß sich jemand findet, der ihnen hilft: ein Esel fällt und man richtet ihn auf; eine Seele geht zugrunde, und man achtet es nicht."

Wenn ich denke an den hohen Wert einer Seele, an den unschätzbaren Preis ihrer Erlösung und an ihre ewige Bestimmung, dann wundern mich die schrecklichen Verwünschungen nicht, die der göttliche Heiland gegen die Ärgernisgeber schleudert: "Wehe dem Menschen, durch den Ärgernis kommt! Es wäre ihm besser, daß ein Mühlstein an seinen Hals gehängt und er in die Tiefe des Meeres versenkt würde." Von diesem furchtbaren Fluche redend, sagt St. Bernhard: Ist derjenige, der die Glieder Jesu Christi auf Erden mordet, nicht ein Verfolger Jesu Christi? Nun wohl, das tut jener, der seinem Nächsten zum Anstoß wird. Gefühllosigkeit gegen das Verderben der Seelen führt aber zum Ärgernis; denn dieses wird nicht nur von dem direkten Verführer gegeben, sondern öfter noch von solche, welche die Sünde und das Verderben der Seele hindern könnten und es nicht tun. Sage nur nicht mit Kain: Bin ich der Hüter meines Bruders? Der Weise würde dir antworten: "Der Herr hat einem jeden befohlen, Sorge zu tragen für seinen Nächsten." Und du kennst das Wort des Herrn: "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst."

Der Eifer für das Seelenheil des Nächsten macht uns zu Gehilfen Gottes, zu seinen Genossen am edelsten seiner Werke, und erwirbt uns sicherer Hoffnung auf die Verzeihung unserer Sünden. Es würde unserem Hochmut ohne Zweifel schmeicheln, wenn wir hätten Anteil haben können an der Erschaffung der Welt; nun aber ist die Rettung einer Seele tausendmal mehr wert als die Schöpfung der ganzen Welt; denn die Schöpfung hat Gott nur ein Wort gekostet, aber für das Heil einer Seele hat Christus all sein Blut geopfert. Welche Ehre also, mitzuwirken an der Seligkeit unserer Brüder! Kann die Welt uns ähnlichen Ruhm bieten? - Wollen wir also Gott einen Dienst erweisen, der ihm überaus angenehm ist, so mögen wir nur mitwirken am Seelenheile unser Brüder. "Petrus", fragt der Heiland, "liebst du mich? dann weide meine Lämmer, weide meine Schafe"; d.h. hilf mir Seelen retten. - Auch die Verheißung außerordentlicher Gnade hat dies Werk. Der Heilige Geist, der uns befiehlt, selbst für die vergebenen Sünden zu fürchten, hat auch deutlich bezeugt, daß jeder, der seinen Bruder von dem Wege der Bosheit abbringen werde, die Menge der eigenen Sünden bedecke. Also welch sicheres Mittel, um die eigenen Seligkeit zu wirken!

Der Seeleneifer ist ein strenges Gebot für einen jeden, aber zugleich ein leichtes Gebot; denn ein jeder findet leicht Gelegenheit dazu. Suche deshalb ein starkes Mitgefühl mit den Seelen zu gewinnen, die in Gefahr ewigen Untergangs sind. "Meine Augen", sagt der Psalmist, "haben Ströme von Tränen vergossen, weil sie dein Gesetz nicht gehalten haben." Die hl. Katharina von Siena erklärt: "Tausendmal möchte ich den Genuß des Lichtes verlieren, um eine Seele zu gewinnen; denn welche Freude kann ich haben am Lichte der Sonne, wenn meine Augen verfinstert werden durch die Trauer um das Verderben der Seelen?" Alsdann tue dem Himmel Gewalt an durch feurige Gebete. Die Tränen und Gebete der hl. Monika erlangten die Bekehrung des hl. Augustinus. - Endlich predige und höre nicht auf zu predigen, nicht durch Worte, sondern durch ein leuchtendes Vorbild und ein wahrhaft christliches Leben. Ein einziges Wort mit Klugheit angebracht, eine Ermahnung zur rechten Zeit kann heilsame Wirkung haben. O wie beredt ist das Beispiel! Sprich darum wenig und nie zur ungelegenen Zeit. Die seligste Jungfrau hat sehr wenig gesprochen, und doch, wie viele Seelen hat sie zum Himmel geführt!

Gebet. Jesus Christus, du Sohn des lebendigen Gottes! der du vom Himmel in den Schoß der seligsten Jungfrau Maria herabgestiegen bist und dich gewürdigt hast, den Johannes zu besuchen und zu heiligen: gib uns durch ihre Fürbitte die Gnade, daß wir durch eifrige Ausübung guter Werke der Früchte deiner Menschwerdung teilhaftig werden mögen.


Unterricht für das Fest des heiligen Skapuliers (Am dritten Sonntag im Juli)

Skapulier oder Schulterkleid ist ursprünglich ein Bußgewand, das die Karmelitermönche trugen, und da jetzt in kleiner Form auch sonst von frommen Christen getragen wird, die Maria in einem reinen und bußfertigen Leben ehren und nachahmen wollen. Es hat damit folgende Bewandtnis. Auf dem Berge Karmel dienten nicht nur die Propheten Elias und Eliseus, sondern auch nach ihnen noch andere fromme Männer Gott Tag und Nacht. Ihre Nachfolger, die später den Orden der Karmeliter beildeten, widmeten sich vorzüglich der Verehrung der seligsten Jungfrau Maria. Der hl. Simon Stock, General des Ordens vom Berge Karmel, wünschte nun das Zutrauen zur jungfräulichen Mutter auf jede Weise zu beleben. Als er einst vor einem Bilde der seligsten Jungfrau betete, erschien sie ihm mit einem Skapulier in der Hand, das sie ihm mit folgenden Worten überreichte: "Dies ist ein Unterpfand meiner Liebe zu deinem Orden und ein wahres Mittel zur Verbreitung meiner Ehre. Sieh hier das Skapulier, es ist ein so wirksames Zeichen des Seelenheils, daß, wer es immer mit heiligen Gesinnungen trägt und bis auf seinem Tode standhaft sich in den guten Werken übt, nicht in die ewigen Flammen gestürzt wird." Die katholische Kirche hieß den Gebrauch des Skapuliers gut und begnadigte die deshalb gestiftete Bruderschaft mit vielen Ablässen. Kaum war diese heilige Bruderschaft bekannt, so beeilten sich unzählige Christen, darin aufgenommen zu werden. Der hl. Ludwig, König von Frankreich, Eduard, König von England, Heinrich, Graf von Northumberland, Angela, Tochter des Königs von Böhmen, und viele andere Prinzen und Prinzessinnen traten in diese Bruderschaft ein, und die vielen Gnaden, welche die frommen Mitglieder derselben durch Marias Fürbitter erhielten, trugen dazu bei, sie immer weiter zu verbreiten.

Welches sind die Vorteile dieser Bruderschaft?

Die Mitglieder gehen mit Maria ein besonderes Bündnis ein. Sie widmen ihr eine kindlichen Verehrung, versprechen Nachahmung ihres Tugendbeispieles, namentlich in Bewahrung der standesgemäßen Keuschheit, und erwarten dafür von ihr mütterlichen Schutz in den Gefahren des Leibes und der Seele, die Gnade der Beharrlichkeit im Guten und endlich einen seligen Tod. Als Erinnerung ihrer Verpflichtungen und Hoffnungen tragen sie beständig das Skapulier. Durch die Aufnahme in die Skapulierbruderschaft bekommen sie noch Anteil an Ablässen derselben und guten Werken aller Mitglieder, sowie insbesondere auch des Karmeliterordens.

Was versteht man unter dem samstägigen Privilegium?

Nach glaubwürdigen Zeugnissen hat Maria dem Papste Johannes XXI.: erklärt, daß sie allen Mitleidern der Skapulierbruderschaft möglichst bald Befreiung aus dem Fegfeuer, besonders am ersten Samstage nach ihrem Tode, erlangen wolle; jedoch unter der Bedingung, 1. daß man im Leben und Tode das Skapulier getragen, 2. daß man die standesmäßige Keuschheit bewahrt, 3. daß man täglich das Brevier oder die Tagzeiten der Mutter Gottes gebetet oder an den Mittwochen und Samstagen gefastet habe. Letztere Bedingung kann von bevollmächtigten Priestern auch in ein anderes gutes Werk umgewandelt werden. - Die Aufnahme muß persönlich durch Umlegung des geweihten Skapuliers von einem bevollmächtigten Priester geschehen. Man hört nicht auf, Mitglied zu sein, wenn man es auf einige Zeit nicht trägt; es sei denn, daß dieses auch Verachtung geschehe. Wird ein Ersatz nötig, so braucht das neue Skapulier nicht erst wieder geweiht zu werden.
Betrachte die Bedeutung und segensreiche Benutzung dieses Schutzkleides. - St. Gregor von Nyssa schreibt, niemals habe er das Bild Abrahams, wie er seinen Sohn opfern will, ohne Tränen betrachten können. Zu Tränen rührte ihn die Erinnerung an den Glauben und den kinlichen Gehorsam Abrahams. Das Skapulierbild zeigt nicht einen Abraham, sondern die Mutter Gottes. Mit Abrahem hat sie wider allen Glauben geglaubt. "Selig bist du, die du geglaubt hast." Die Hoffnung der Propheten sprach sie in den Worten aus: "Mir geschehe nach deinem Worte." Mit demEifer der Apostel hing sie dem Herrn an und verließ ihn in keiner Not. Als Märtyrerin wird sie durch Simeons Wort gezeichnet: "Ein Schwert wird deine Seele durchdringen." Mit Vorzug heißt sie die "Jungfrau". Aber auch dem Ehestande bietet sie ein herrliches Muster für die gegenseitige Liebe, Geduld, aufopfernde Liebe der Kinder und des Nächsten. "Es ist keine Tugend, kein Glanz, keine Gnade, keine Schönheit, die nicht in der glorwürdigen Jungfrau schimmert" (St. Hieronymus).
Betrachte täglich dein Skapulier, höre, was es dir sagt: Siehe, das Bild deiner Mutter im Himmel, wie eifrig sie war in der Andacht, wie treu in der Beobachtung der geringsten Pflichten; und du, wie schläfrig bist du beim Gebete, wie wenig gewissenhaft in deinen Standespflichten; wie träge zu allem Guten; und doch nennst du dich ein Kind Mariä, trägst ihr Bildnis auf deinem Herzen! Das Skapulier ist ein Kleid der Demut, der Unschuld, der Buße, ein Kleid der besonderen Kinder Mariens. Wir müssen ihr nachahmen, wenn wir ihres Schutzes uns erfreuen wollen. Von Boleslav, König von Polen, liest man, er habe sich in verwickelten Reichsgeschäften öfters vor das Bild seines Vaters hingestellt und gesagt, ferne sei es von mir, mein Vater, daß ich etwas unternehme, was deiner unwürdig wäre. - So wirf in Versuchung einen Blick auf deine himmlische Mutter und sprich: "Ferne sei es von mir, daß ich etwas unternehme, was deiner unwürdig wäre. Sollte ich es wagen, vor dem Allgegenwärtigen und deinem Bildnis, das ich zum Schutze auf meinem Herzen trage, in etwas Schändliches einzuwilligen? Welch ein unwürdiges Kind wäre ich dann!" "Willst du sündigen, so suche einen Ort,wo dich Gott nicht sieht, und dann tue, was dir beliebt" (St. Augustinus). Willst du sündigen, so lege zuerst dieses Schutzkleid ab, damit du es nicht schändest. Doch bevor du es ablegst, wirf noch einmal einen Blick darauf und sage zu dir selbst: Siehe da, deine Mutter! Regt sich unlauteres Feuer in deinem Herzen, so ergreife das Skapulier, betrachte sie, die reinste Jungfrau! Erfaset dich Kleinmut und Verzweiflung, so schaue auf dein Skapulier, es zeigt dir die Mutter der Hoffnung, die Trösterin der Betrübten. Bist du schon auf dem Wege, dich an deinen Feinden zu rächen, so betrachte das Schutzkleid derjenigen, die mit Jesus betete: Vater, verzeihe ihnen, sie wissen nicht, was sie tun. Willst du dich allzusehr in das Zeitliche verstricken lassen, so erinnere dich, daß Maria mit Jesus das Los der Armut wählte. Drückt dich die Last deiner Sünden, so sprich: Ich habe mich unter deinen Schutz und Schirm gestellt, die von der Kirche Gottes die Zuflucht der Sünder genannt wird. Du kannst mich nicht verlassen.

Der Eingang der heiligen Messe ist wie am Feste der Himmelfahrt der seligsten Jungfrau Maria.
Gebet der Kirche. O Gott! der du den Karmeliterorden durch den besonderen Schutz der seligsten Jungfrau und Gottesgebärerin Maria geehrt hast: wir bitten dich, du wollest uns die Gnade verleihe, daß auch wir, die wir heute ihr Gedächtnis feierlich begehen, durch ihren Schutz zu den ewigen Freuden gelangen mögen, der du lebest und regierest von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Lektion aus Jesus Sirach XXIV,23-31

Wie ein Weinstock trug ich wohlriechende, liebliche Früchte, und meine Blüten sind ein herrliches und edles Gewächs. Ich bin die Mutter der schönen Liebe und Furcht, der Erkenntnis und der heiligen Hoffnung. Bei mir ist alle Gnade des Wandels und der Wahrheit, bei mir alle Hoffnung des Lebens und der Tugend. Kommet her zu mir alle, die ihr mein begehret, und sättiget euch von meine Früchten. Denn mein Geist ist süßer als Honig, und mein Besitz ist über den süßesten Honigseim Mein Andenken dauert immer und ewig. Die mich essen, hungern nimmer; und die mich trinken, dürsten nimmer. Wer auf mich hört, wird nicht zuschande, und wer in mir seine Werke tut, sündigt nicht. Die mich ins Licht setzen, erhalten das ewige Leben.

Erklärung

Diese Lobsprüche beziehn sich im ersten und eigentlichen Sinne auf die in der göttlichen Offenbarung dem Volke Israel mitgeteilte Weisheit. Da aber diese vorzüglich der allerseligsten Jungfrau zuteil wurde,die nach der gemeinsten Überlieferung unter allen englischen und menschlichen Seelen die am meisten begnadigte war, so erkennt man leicht, warum die katholische Kirche das hier von der Weisheit Gesagte auf Maria anwenden kann. - Ahmen auch wir in unsern Gesinnungen und Handlungen Maria nach, rufen wir sie um ihre Fürbitte an, und Gottes Weisheit wird uns erfüllen; wir werden uns von Sünden rein bewahren und einst des ewigen Lebens teilhaftig werden.

Das Evangelium ist wie am heiligen Rosenkranzfeste am ersten Sonntag des Monats Oktober.


Unterricht für das Fest der heiligen Maria Magdalena (22. Juli)

Maria Magdalena, des Lazarus und der Martha von Bethanien leibliche Schwester, war eine in bösem Rufe stehende Sünderin; gerührt durch die Lehren Jesu, bereute sie aber ihre Sünden und tat öffentliche Buße. Voll Demut und Reue trat sie in das Haus eines Pharisäers, bei dem Jesus zu Tische saß, warf sich zu seinen Füßen, salbte sie mit köstlicher Salbe, benetzte sie mit ihren Tränen und trocknete sie mit ihren Haaren. Jesus kannte ihr reumütiges Herz und gewährte ihr Verzeihung der Sünden. Magdalena war beharrlich in ihrer Verehrung und stets eine treue Jüngerin des Herrn. Sie verließ ihn selbst in der bittersten Stunde seines Todes nicht und stand unerschrocken unter seinem Kreuze. Am dritten Tage nach dem Tode des Erlösers kam sie in aller Frühe schon zu seinem Grabe, um seinen heiligen Leib mit köstlichen Spezerein einzubalsamieren, und war voll Betrübnis, als sie ihn nicht mehr im Grabe fand. Für diese sorgfältige Liebe belohnte sie aber der Herr reichlich, indem er ihr zuerst erschien und liebevoll tröstete. Nach seiner Himmelfahrt war sie gleichsam nur noch dem Leibe nach auf Erden; denn ihre Seele war bei Jeus, ihrem göttlichen Heilande. Von den Juden aus ihrer Heimat vertrieben, flüchtete sie sich nach dem südlichen Frankreich, wo sie an die dreißig Jahre in einer Höhle bei Marseille als Einsiedler in strenger Buße und innigstem Verkehr mit Gott lebte, bis sie zu seiner vollen Anschauung im Himmel berufen wurde.

Sünder, ahmst du der Magdalena in dem Sündenleben nach, so folge ihr auch in der Buße!

Zum Eingange der heiligen Messe ruft die Kirche statt der hl. Magdalena:
Die Sünder haben auf mich gelauert, um mich zugrunde zu richten; aber ich habe acht gehabt auf deine Zeugnisse. Ich habe jeglichen Dinges Ende gesehen; aber dein Gebot hat kein Ende, sondern dauert ewig fort. Glückselig, die in Unschuld dahingehen, die da wandeln im Gesetze des Herrn (Ps 118,95.96). Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. Wir bitten dich, o Herr! laß uns durch die Fürbitte der heiligen Maria Magdalena deine Hilfe angedeihen, durch deren Bitten du bewogen wurdest, den vier Tage im Grab gelegenen Lazarus vom Tode zum Leben zu erwecken. Der du lebest und regierest usw.

Lektion aus dem Hohenliede III,2-5 und VIII,6-7

Ich will aufstehen und herumgehen in der Stadt, in den Gassen und Straßen suchen, den meine Seele liebt; ich suchte ihn, aber ich fand ihn nicht. Da fanden mich die Wächter, welche die Stadt bewachen. Habt ihr ihn, den meine Seele liebt, gesehen? Als ich kaum an ihnen vorübergegangen war, fand ich ihn, den meine Seele liebt. Ich hielt ihn und will ihn nimmer lasse, bis ich ihn bringe ins Haus meiner Mutter und in das Gemach derjenigen, die mich geboren hat. - Ich beschwöre euch, ihr Töchter Jerusalems, bei den Rehen und Hirschen der Fluren, wecket nicht, wecket nicht auf die Geliebte, bis daß sie selbst will. Setze mich wie ein Siegel auf dein Herz, wie ein Siegel auf deinen Arm; denn stark wie der Tod ist die Liebe; unerbittlich wie das Totenreich ist ihr Eifer; ihre Flammen sind Feuerflammen und Flammen der Glut. Viele Wasser vermögen die Liebe nicht zu löschen, Ströme werden sie nicht vernichten; gäbe auch ein Mensch alle Habe seines Hauses für die Liebe, für nichts würde man´s achten.

Erklärung

Die Braut ist hier eine Gott aufrichtig suchende Seele. Sie steht von dem Bette ihrer Nachlässigkeit auf und durchgeht die Stadt Gottes, die Kirche nämlich; sie betrachtet das Leben der Heiligen, fest entschlossen, durch die Nachfolge ihrer Beispiele ihren Geliebten, Gott, zu finden; aber sie findet ihn nicht sogleich. Sie kommt zu den Wächtern der Kirche, zu den Vorgesetzten, Seelsorgern, Beichtvätern usw. Diese befragt sie, wo und wie Gott zu finden sei, und dann erst trifft sie ihn an. hat sie ihn gefunden, so verschließt sie ihn in das Innerste ihrer Seele, und hütet sich sorgfältig, ihn wieder zu verlieren. Dabei empfindet sie eine so süße und tröstliche Ruhe, daß sie, gleichsam in einen tiefen Schlaf versunken, durch nichts auf der Welt gestört werden kann. Sie drückt seine Liebe wie ein Siegel auf ihr Herz und auf ihre Arme, d.i. sie denkt beständig an ihn und tut alles ihm zulieben. Ihre Liebe, stark wie der Tod, überwindet alles; ihr Eifer für Gott, unerbittlich wie das Grab, ermüdet niemals in Ausübung guter Werke. Ihr durch Liebe tätiger Glaube besiegt alle Beschwerden, und gerne opfert sie alles, ja, sich selbst der Liebe Gottes auf. So brachte Magdalena ihr Leben nach ihrer Bekehrung zu - Haben wir auch nur einen Tag in solchen Übungen des Eifers aufzuweisen? Und doch wollen wir ewige Tage der Freude und des Lohnes!
(Allioli)

Evangelium Lukas VII,36-50

In jener Zeit bat Jesum einer von den Pharisäern, daß er bei ihm esse; und er ging in das Haus des Pharisäers und setzte sich zu Tische. Und siehe, ein Weib, das eine Sünderin in der Stadt war, erfuhr, daß er in dem Hause des Pharisäers zu Tische sei; und sie brachte ein Gefäß aus Alabaster mit Balsam, stellte sich rückwärts zu seinen Füßen und fing an, seine Füße mit ihren Tränen zu benetzen, trocknete sie mit den Haaren ihres Hauptes, küßte seine Füße und salbte sie mit dem Balsam. Als dies der Pharisäer sah, der ihn geladen hatte, sprach er bei sich selbst: Wenn dieser ein Prophet wäre, so würde er wohl wissen, wer die ist, die ihn berührt, und was sie für ein Weib ist, denn sie ist eine Sünderin. Jesus aber hob an und sprach zu ihm: Simon, ich habe dir etwas zu sagen. Er aber sprach: Meister, rede. Jesus sagte: Ein Gläubiger hatte zwei Schuldner. Der eine war ihm fünfhundert Denare schuldig, der andere fünfzig. Da sie aber nichts hatten, wovon sie bezahlen konnten, schenkte er es beiden. Welcher nun liebte ihn am meisten? Simon antwortete und sprach: Ich denke der, dem er das meiste geschenkt hat. Und Jesus sprach zu Simon: Siehst due dieses Weib? Ich kam in dein Haus, und du gabst mir kein Wasser für meine Füße; diese aber benetzte meine Füße mit Tränen und trocknete sie mit ihren Haaren. Du gabst mir keinen Kuß; sie aber hörte nicht auf, seit sie heringekommen ist, meine Füße zu küssen. Du salbtest mein Haupt nicht mit Öl, diese aber salbte mit Balsam meine Füße. Darum sage ich dir: Ihr werden viele Sünden vergeben, weil sie viel geliebt hat; wem aber weniger vergeben wird, der liebt auch weniger. Und er sprach zu ihr: Deine Sünden sind dir vergeben! Da fingen die, welche mit ihm zu Tische waren, an, bei sich zu sagen: Wer ist dieser, daß er sogar Sünden vergibt? Er aber sprach zu dem Weibe: Dein Glaube hat dir geholfen. Gehe hin in Frieden!

Warum tat Magdalena öffentlich Buße?

Weil sie eine öffentliche Sünderin war. Wer vor andern gesündigt und öffentliches Ärgernis gegeben hat, der muß nicht nur im geheimen büßen, sondern auch durch öffentliche gute Beispiele das gegebene Ärgernis zu verbessern suchen.

Warum benetzt sie die Füße Jesu mit Tränen usw.?

Sie wollte dadurch so büßen, wie sie gesündigt hatte. Ihre Augen hatten andere verführt, darum sollten sie nun in Tränen zerfließen. Ihre gekräuselten Haare, ja, ihr ganzes Haupt dienten ihr so oft zur Sünde; nun sollte es sich beugen, ihre Gedanken sollten nur auf Jesus gerichtet, ihr Angesicht zur Erde gesenkt sein, als wenn sie nicht mehr wert wäre, gen Himmel zu schauen, da ihre Sünden die Zahl ihrer Haare überstiegen. Ihren Leib hatte sie zuvor mit Salben verzärtelt, darum verwendet sie nun dieselben Salben, um die Füße des Herrn damit zu salben. - Hier haben wir das echte Muster einer wahren Buße; alles, was uns zuvor zum Sündigen gedient hat, muß uns bei der Buße zur Tugend dienen; strenge Wachsamkeit gegen alle Reize der Sinne, stete Selbstverleugnung, Gebet und Almosen muß der Beweis unserer Buße sein.

Warum verzeiht Christus der Magdalena ihre vielen Sünden so leicht?

Weil sie viel geliebt und aus Liebe zu Gott ihre Sünden so schmerzlich bereut hat. - Wer wahrhaft liebt, den reuet es auch herzlich, den Geliebten beleidigt zu haben; der ist auch bereit, alle Mittel wider die Sünde anzuwenden, und alles, was zur Sünde reizt, zu fliehen. Leider haben manche selten eine wahre Reue, einen wahren Schmerz bei ihren Beichten, daher auch keinen ernstlichen Vorsatz. Warum? Weil sie Gott nicht wahrhaft lieben. Was kann aber die Absolution nützen, wenn der Sünder keine wahre Bußgesinnungen hat? Trachten wir uns immer mehr in der Liebe Gottes zu üben, dann wird auch unsere Reue vollkommener.
Ihr Glaube hatte sie gerettet, weil sie ohne Glauben nie Jesum aufgesucht und sich bekehrt hätte.

Gebet. Göttlicher Heiland, Jesus Christus! durch die Liebe, mit der du Magdalena zur Buße berufen und ihr die Sünden verziehen hast, bitte ich dich, sei mir armen Sünder gnädig! Erfülle mein Herz mit dem Geiste wahrer Buße, laß mich meine Sünden ernstlich bereuen, aufrichtig beichten und standhaft büßen, damit ich Verzeihung erlangen und dein bitteres Leiden an mir nicht verloren gehen möge. Amen.


Das Fest des heiligen Apostels Jakobus des Größern (25. Juli)

Jakobus, der Größere oder Ältere, war ein Sohn des Zebedäus, und des Apostels Johannes leiblicher Bruder. Er war einer der geliebtesten Jünger des Herrn, und bei seiner Verklärung auf dem Berge Tabor, bei der Auferweckung der Tochter des Jairus und bei seiner Todesangst am Ölberge zugegen. Er verkündete die Lehre Jesu im Judenlande und in Samaria mit unerschrockenem Eifer. Er hat zuerst unter den Aposteln sein Blut für Christus vergossen und vollendete seine apostolische Laufbahn am Osterfeste des Jahres 44 nach Christi Geburt, wo er auf Befehl des Königs Herodes enthauptet wurde. Kurz vor seiner Hinrichtung umarmte er seinen Ankläger, der ihn vor den Richterstuhl des Herodes geschleppt hatte, verzieh im mit christlicher Liebe und befolgte so die Lehre seines Meisters: "Liebet euer Feinde und tut Gutes denen, die euch hassen!" Sein Leib wurde nach Kompostella in Spanien gebracht, wo er von unzähligen Gläubigen, die zu seinem Grabe wallfahrten, andächtig verehrt wird.

Gebet zum heiligen Jakobus. Heiliger Jakobus! der du zuerst unter den Aposteln den Kelch des Leidens nach dem Beispiele Jesu getrunken und dein Blut für ihn vergossen hast: erlange mir die Gnade, daß ich im Leiden nie murre, sondern es stets mit Geduld ertrage, und so würdig werde, mit dir die himmlischen Freuden zu genießen. Amen.


Unterricht für das Fest des heiligen Liborius, Schutzpatrons der Diözese Paderborn (23. Juli)

Liborius, einer edlen Familie in Frankreich entsprossen, bekundete schon um zarten Kindesalter eine besondere Empfänglichkeit für das Göttliche. So mild und duldsam er auch sonst war, so widerstand er doch mit allem Unwillen sittenlosen Reden und tadelte furchtlos Menschen, aus deren Munde er solche hörte. So bewahrte er sich die Unschuld seines Herzens und wurde, da er in gleicher Weise in Tugend und Wissenschaft fortgeschritten war, der Geistlichekit von Le Mans eingereiht. Hier zeichnete er sich durch heiligen Eifer und frommen Wandel so sehr aus, daß er bald allen als ein Vorbild priesterlicher Tugenden galt. Daher kam es denn, daß man ihn nach dem Tode des Bischofs im Jahre 348 ungeachtet seiner demütigen Weigerung zu dessen Nachfolger erwählte. Mit Übernahme des bischöflichen Amtes traten seine ausgezeichneten Tugenden in hellstem Glanze hervor. Die treue und gewissenhafte Erfüllung seiner heiligen Pflichten lag ihm besonders am Herzen, und er unterließ es nicht, durch Nachtwachen, strenges Fasten und eifriges Gebet Gottes Segen auf seine Berufsarbeiten herabzurufen. Vorzüglich zeichnete er sich aus durch aufrichtige Demut, Sanftmut und Gelassenheit bei allen Beschwerden und Widerwärtigkeiten, ferner durch unermüdlichen Seeleneifer und durch tätiges Mitleid gegen die Armen. Er beraubte sich oft selbst des Notwendigsten, um Dürftige und Kranke zu unterstützen. Mit apostolischem Eifer widmete er sich der Verkündigung des Evangeliums, er war unerbittlich in Bekämpfung der Laster und wachte mit der größten Sorgfalt über die Reinerhaltung des wahren Glaubens. Auch baute er mehrere Kirchen und war auf einen würdigen Schmuck der Gotteshäuser und Verherrlichung des Gottesdienstes eifrig bedacht. Er starb 397 im 44. Jahr seiner Amtsführung unter dem Beistand seines Freundes, des hl. Martin, Bischofs von Tours.
Im Jahre 833 wurden seine heiligen Gebeine, die bis dahin in Le Mans geruht hatten, auf die dringenden Bitten des Bischofs von Paderborn nach dorthin überbracht, und von da an wählte ihn die Diözese zu ihrem besonderen Patron und begeht sein Fest mit großer Feierlichkeit. Auf die Fürbitte des hl. Liborius hat Gott schon viele und große und Wunder gewirkt, und mit besonderem Vertrauen nehmen diejenigen ihre Zuflucht zu ihm, die an der Steinkrankheit leiden.

Die heilige Messe wie am Feste des hl. Anno am 4. Dezember

Gebet. Wir bitten dich, o Herr, erhöre unser Gebet, das wir an dem Feste deines heiligen Bischofs und Bekenners Liboris verrichten; und wie er dir ein würdiger und treuer Diener war, so sprich auch uns von unsern Sünden los, vermittels seiner Verdienste und Fürsprache. Wir flehen um diese Gnade durch Jesum Christum, deinen Sohn, unsern Herrn. Amen.


Betrachte die Nachfolge der Heiligen

Vergebens machst du dir Hoffnung, den Heiligen in ihrer Herrlichkeit und Seligkeit nachzufolgen, wenn du ihnen nicht nachfolgst in ihren Tugenden. Wie kann man aber das Beispiel der Heiligen nachahmen, wenn man von ihren Handlungen nichts weiß und nichts liest? Darum mußt du dir vornehmen, jeden Tag einige Zeit auf die Lesung von Lebensgeschichten der Heiligen zu verwenden und ihre Tugenden zu betrachten. Richte es womöglich so ein, daß auch deine Hausgenossen und alle, die deiner Sorge anvertraut sind, an dieser frommen Übung teilnehmen. So viele Zeit wird unnütz vergeudet mit eitlem Geschwätz, und man sollte nicht einige Augenblicke im Tage finden können, um einen Abschnitt aus dem Leben der Heiligen zu lesen?

Folge aber auch nach Kräften dem Tugendbeispiele der Heiligen nach. Betrachte besonders ihre innige Vereinigung mit Gott, ihre Strenge gegen sich selbst, ihre Milde und Nachsicht gegen die Mitmenschen. Du wirst unter den Heiligen keinen einzigen finden, der sich nicht durch diese drei Tugenden ausgezeichnet hätte. Übst du dich ebenfalls darin? "Die Heiligen freuen sich unser nicht, wenn wir sie verehren, ohne ihrem Tugendbeispiele zu folgen. Dieses hieße nichts anders, als ihnen auf eine lügenhafte Weise schmeicheln" (St. Augustinus).

Wähle dir unter den Heiligen einen zur besonderen Nachfolge aus, womöglich einen solchen, der in demselben Stande wie du gelebt hat, und halte ihn dir als Muster und Vorbild auf deinem Lebenswege stets vor Augen. Zu empfehlen ist auch, das Leben und die Tugenden deines Namenspatron nachzuahmen oder irgend eines Heiligen, dessen Fest im laufenden Monate gefeiert wird. Unterlasse ferner nicht, in allen Nöten und Bedrängnissen die Heiligen um Hilfe und Fürbitte anzurufen. Bitte sie aber besonders um solche Güter die dir zur deinem Seelenheile dienlich sind; flehe sie an, daß sie dir bei Gott einen tiefen Abscheu vor der Sünde, wahren Tugendeifer, Geduld in der Trübsal, Starkmut in Versuchung und Beharrlichkeit im Guten bis ans Ende erbitten.


Unterricht für das Fest der heiligen Mutter Anna (26. Juli)

Alles, was wir von der hl. Anna wissen, besteht darin, daß sie mit dem hl. Joachim aus dem Geschlechte Davids vermählt war und mit ihm in aller Tugend und Frömmigkeit lebte, aber lange Zeit kinderlos war. Sie ertrug dies mit aller Geduld, bis endlich der Herr ihr Flehen erhörte und sie zur Mutter der heiligen Jungfrau Maria machte. Diese große Auszeichnung überzeugt uns hinlänglich von ihrer hohen Heiligkeit, und ermuntert uns, sie stets andächtig zu verehren und vertrauensvoll um ihre Fürbitte anzurufen.

Zum Eingang der heiligen Messe singt die Kirche:
Laßt uns alle im Herrn uns erfreuen, die wir diesen Festtag zu Ehren der hl. Anna begehen, an dem die Engel frohlocken und einstimmig den Sohn Gottes loben. Es quillt mein Herz von guter rede; ich widme mein Lied dem Könige (Ps 44). Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. O Gott! der du dich gewürdigt hast, der hl. Anna die Gnade mitzuteilen, die Mutter der Gebärerin deines eingeborenen Sohnes zu werden, verleihe gnädig, daß wir, die wir ihren Festtag begehen, durch ihre Fürbitte bei dir Hilfe erlangen, durch denselben Christum, unsern Herrn. Amen.

Lektion aus den Sprichwörtern XXXI,10-31

Wer wird ein starkes Weib finden? Ihr Wert ist wie Dinge, die weit herkommen, von den äußersten Grenzen. es vertraut auf sie ihres Mannes Herz, und es wird ihm nicht an Ausbeute fehlen. Sie vergilt ihm Guten und nicht Böses alle Tage ihres Lebens. Sie sucht sich Wolle und Flachs und arbeitet nach der Kunst ihrer Hände. Sie ist wie ein Kaufmannsschiff: von fernher bringt sie ihr Brot. Sie steht auf, wenn´s noch Nacht ist, gibt Errungenes ihren Hausleuten und Speise ihren Mädchen. Sie schaut sich nach einem Acker um und kauft ihn; von der Frucht ihrer Hände pflanzt sie einen Weinberg. Sie gürtet mit Kraft ihre Lenden und stärkt ihre Arme. Sie fühlt und sieht, wie gut ihr Geschäft ist, und es erlischt ihr Licht des Nachts nicht. Sie legt ihre Hand an große Dinge, und ihre Finger erfassen die Spindel. Sie öffnet ihre Hand dem Armen und streckt ihre Hände nach dem Dürstigen aus. Sie fürchtet nicht für ihr Haus des Schnees Kälte; denn alle ihre Hausleute sind doppelt gekleidet. Sie macht sich Decken; weiße Leinwand und Purpur ist ihr Kleid. Berühmt ist in den Toren ihr Mann, wenn er sitzet mit den Räten des Landes. Sie macht Hemden und verkauft sie; und sie liefert Gürtel an den Kananiter (Kaufmann). Kraft und Anmut ist ihr Kleid; in den letzten Tagen wird sie lachen. Ihren Mund öffnet sie zur Weisheit, und das Gesetz der Milde ist auf ihrer Zunge. Sie hat acht auf den Wandel ihres Hauses und ißt ihr Brot nicht müßig; ihre Kinder kommen empor und preisen sie überselig; und ihr Mann, er lobet sie. Viele Töchter haben sich Reichtümer gesammelt; du aber hast sie alle übertroffen. Betrüglich ist die Anmut und eitel die Schönheit, ein Weib, das den Herrn fürchtet, das wird gelobt werden. Gebet ihr von den Früchten ihrer Hände, es müssen sie loben in den Toren ihre Werke.

Erklärung

Hier ist das echte Bild einer rechtschaffenen Hausmutter, die uns der Heilige Geist selbst vor Augen stellt. Möchten doch Unverehelichte daraus lernen, wie sie sich zu dem heiligen Ehestande vorbereiten sollen, wie wichtig die Pflichten desselben sind, und daß nur deren Erfüllung wahres Lob gewähre! Spiegeln sollen sich daran aber auch jene törichten Weiber, die ihre Ehre bloß in die verführerischen Reize ihres Geschlechtes setzen; die sozusagen nichts sind als prächtige Hausgötzen, deren ganze Beschäftigung in Putz, im Spielen, Essen, Trinken und Schlafen, in Besuche-Annehmen und und - Abstatten, in Erfindung und Nachahmung neuer Kleidermoden usw. besteht; die Haussorge unter die letzten Dinge zählen, ihre Kinder und ihr Hausgesinde durch Eigensinn, Hochmut, Zanksucht, Frechheit und Schamlosigkeit unaufhörlich ärgern; die den Ihrigen zu bösen Bekanntschaften verhelfen; es durch übermäßige Pracht so weit bringen, daß ihre Männer unerlaubte Kunstgriffe gebrauchen, ja endlich durch Trägheit und Verschwendung gar mit ihrer ganzen Familie an den Bettelstab und in Schande und Spott geraten müssen! Was für ein Unheil richten nicht solche Weiber in der Welt an, die statt durch eine christliche, kluge Haushaltung und gute Kinderzucht der Welt gute Bürger und dem Himmel Erben zu verschaffen, vielmehr Kinder und Kindeskinder mit den Vätern zeitlich und ewig ins Verderben stürzen!
(Allioli)

Evangelium Matthäus XIII,44-52

In jener Zeit sagte Jesus zu seinen Jüngern dieses Gleichnis: Das Himmelreich ist gleich einem Schatze, der im Acker verborgen ist; wenn diesen ein Mensch findet, hält er ihn geheim und geht in seiner Freude hin und verkauft alles, was er hat, und kauft denselben Acker. Ferner ist das Himmelreich gleich einem Kaufmanne, der gute Perlen sucht. Wenn er eine kostbare Perle gefunden hat, geht er hin, verkauft alles, was er hat, und kauft sie. Das Himmelreich ist auch ähnlich einem Netze, das ins Meer geworfen wird und allerlei Fische einfängt. Wenn es angefüllt ist, zieht man es heraus, setzt sich an das Ufer und sammelt die guten in Geschirre zusammen, die schlechten aber wirft man hinaus. So wird es auch am Ende er Welt gehen. Die Engel werden ausgehen und die Bösen aus der Mitte der Gerechten absondern und sie in den Feuerofen werfen; da wird Heulen und Zähneknirschen sein. Habt ihr das alles verstanden? Sie sprachen zu ihm: Ja! Und er sprach zu ihnen: Darum ist jeder Schriftgelehrte, der vom Himmel wohl unterrichtet ist, einem Hausvater gleich, der Neues und Altes aus seinem Schatze hervorbringt.

Erklärung

Gleichwie derjenige, sagt Christus, der einen Acker kauft, in dem ein Schatz verborgen ist, ihn geheim hält und sich alles dafür kosten läßt, sein ausgelegtes Geld aber reichlich wieder ersetzt bekommt: so muß auch der Christ in Demut wandeln und alles daransetzen, um den Himmel zu erwerben. Gleichwie ein Kaufmann große Auslagen macht, um eine kostbare Perle an sich zu bringen, so muß auch der Christ kein Opfer scheuen, um seine mit dem Blute Jesu Christi erkaufte Seele zu retten, und bedenken, daß die ewigen Freuden ihm reichlich alle Mühe ersetzen. Für jetzt leben in der Kirche, die das Reich Gottes auf Erden ist, Gute und Böse untereinander, gleichwie in einem Netze gute und schlechte Fische sind; das soll uns nicht beirren; es kommt ein Tag, an dem die Guten von den Bösen auf ewig werden abgesondert, die Guten zur ewigen Belohnung berufen, die Bösen aber zur ewigen Strafe werden verdammt werden. Benützet daher mein Evangelium, endigt Jesus, bei allen Vorfällen des Lebens werdet ihr euch dann zu benehmen wissen; es wird für euch ein unerschöpflicher Schatz von guten Lehren, von Licht, Trost und Stärke sein.

Gebet. Sei gegrüßt, selige Mutter Anna! Selig bist du, die du zu unserm Troste jenes Kinde geboren hast, das schon von seiner Empfängnis an heilig war. Erflehe uns die Gnade, daß wir eifrig deine Tugenden nachahmen und dadurch verdienen, die Frucht des gebenedeiten Leibes deiner jungfräulichen Tochter Maria, Jesum Christum, einst im Himmel ewig zu schauen.


Das Fest des heiligen Märtyrers Laurentius (10. August)

Der hl. Laurentius wurde wegen seiner vorzüglichen Tugenden, ungeachtet seiner Jugend, von dem heiligen Papste Sixtus zu seinem Diakon bestellt. Als man im Jahre 258 auf Befehl des Kaisers Valerian die Bischöfe und Priester zum Tode aussuchte, wurde auch Sixtus gefangen genommen und Tode geführt. Als dieses Laurentius, der von unglaublicher Begierde nach dem Martertode entflammt war, sah, lief er ihm nach und rief weinend, wohin er denn ohne seinen Altardiener gehe. Sixtus aber tröstete ihn und weissagte, es stehe ihm nach drei Tagen eine noch größere Marter bevor; er solle indessen nur die Kirchenschätze, damit sie nicht in die Hände der Ungläubigen fielen, unter die Armen austeilen. Laurentius gehorchte mit Freuden. Als es der Stadtvogt erfuhr, forderte er ihn auf, die Kirchenschätze herauszugeben. Er führte aber ihm die Armen vor, unter die er sie verteilt hatte. Hierüber ergrimmt, verlangte der Wüterich, er solle den christlichen Glauben verleugnen. Laurentius blieb aber standhaft in seinem Glauben, obwohl man ihn zum grausamsten Tode verurteile. Er wurde auf einem Roste bei langsamen Feuer gebraten, hielt aber, durch das innerliche Feuer der Liebe Gottes gestärkt, mutig aus; ja, er sprach lächelnd zu dem Tyrannen, er solle seinen gemarterten Leib umwenden, damit auch die andere Seite gebraten werde. Endlich beschloß er unter Danksagung, daß ihn Gott so viel zu leiden gewürdigt habe, sein zeitliches Leben, um ein ewig glückseliges anzufangen.

Gebet der Kirche. Wir bitten dich, allmächtiger Gott! verleihe uns, die Flammen unserer Laster auszulöschen, der du dem hl. Laurentius geholfen hast, das Feuer der leiblichen Qualen zu überwinden, durch unsern Herrn Jesum Christum usw.


Unterricht für das Fest der Himmelfahrt Mariä (15. August)

Warum wird dieses Fest also gefeiert?

Weil die seligste Jungfrau Maria an diesem Tage einer allgemeinen Überlieferung zufolge nicht bloß mit der Seele, sondern auch mit dem Leibe in den Himmel aufgenommen wurde.

Warum werden an diesem Tage die Kräuter geweiht?

Dieses tut die Kirche, um 1. ihre Freude zu bezeigen wegen des glorreichen Sieges, den Maria über den Tod erhielt; und wegen des herrlichen Triumphes, in dem sie, mit ebenso vielen Tugenden als Blumen geziert, in den Himmel einging. Wir möchten gleichsam ihren Triumphweg mit Blumen bestreuen, wie dem Heiland bei seinem feierlichen Einzug in die Heilige Stadt am Palmsonntag grüne Zweige gestreut wurden. 2. Damit Gott durch seinen Segen solche Kräuter und Blumen zur Wohlfahrt der Menschen und Tiere gedeihen lassen möge.

Eingang der heiligen Messe:
Lasset uns alle in dem Herrn uns erfreuen, die wir diesen Festtag zu Ehren der seligsten Jungfrau Maria begehen, wegen deren Himmelfahrt die Engel frohlocken und einstimmig den Sohn Gottes loben. Es quillt mein Herz von guter Rede; ich widme mein Lied dem Könige (Ps 44,2). Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. Wir bitten dich, o Herr! verzeihe deinen Dienern ihre Sünden, damit wir, die wir mit unsern Werken dir nicht gefallen können, durch die Fürbitte der Gebärerin deines Sohnes gerettet werden, durch ebendenselben Christum, unsern Herrn. Amen.

Lektion aus dem Buche Ekklesiastikus XXIV,11-20

Bei allen sah ich mich um, wo ich ruhen könnte; im Erbe des Herrn wollte ich bleiben. Da gebot und sprach zu mir der Schöpfer aller Dinge; der mich erschuf, in meiner Hütte wohnte, er sprach zu mir: In Jakob sollst du wohnen, und in Israel dein Erbe haben, und unter meinen Auserwählten Wurzel schlagen. Und so bekam ich eine feste Wohnung auf Sion, in der Heiligen Stadt meinen Ruhesitz, und ich herrschte zu Jerusalem. Ich faßte Wurzel bei einem geehrten Volke, bei dem Anteil meines Gottes, der sein Erbe ist; in der Gemeinde der Heiligen ist mein Aufenthalt. Ich wuchs wie eine Zeder auf dem Libanon, und wie eine Zypresse auf dem Berge Sion; ich wuchs wie eine Palme zu Cades, und wie eine Rosenstaude zu Jericho; ich wuchs wie ein schöner Ölbaum auf dem Felde und wie ein Ahorn am Wasser auf den Plätzen. Gleichwie Zimmet und wohlriechender Balsam gab ich Wohlgeruch; ich gab einen lieblichen Geruch, wie die auserlesenste Myrrhe.

Erklärung

Der Heilige Geist hat zwar in diesen Worten das Lob der ewigen Weisheit beschrieben, die Kirche wendet sie aber bildlich auch auf die seligste Jungfrau Maria an. Denn Maria hat nirgends als in Gott Ruhe gefunden; und sie wurde heute darin auf ewig bestätigt. Gott, der Schöpfer aller Dinge, der sie ohne Erbsünde erschaffen und ihrem Herzen wie in einem Tabernakel geruht hat, sprach heute gleichsam zu ihr: Besitze die von Ewigkeit für dich bestimmte Wohnung, besitze das dir zugedachte Erbe, als die Erste aller Auserwählten. So wurde Maria im himmlischen Sion als Königin über alle Engel und Heiligen erhoben. Da, in dieser heiligen Stadt Gottes, genießt sie nun mit Gott eine ungestörte Ruhe und nimmt Anteil an seiner Glückseligkeit. Da übertrifft sie wie eine Zeder alle andern Geschöpfe an Herrlichkeit; da prangt sie in dem zierlichsten Schmucke wie eine beständig blühende Rose von Jericho; von da aus fließt auf ihr Fürwort das Öl der göttlichen Barmherzigkeit wie von einem Ölbaume über die elenden Adamskinder herab, die sie wie ein Ahornbaum durch ihre Liebe beschattet, und wie Zimmet, Balsam und Myrrhe durch einen lieblichen Geruch ihrer Tugenden erquickt.
(Allioli)

Evangelium Lukas X, 38-42

In derselben Zeit kam Jesus in einen Flecken. Da nahm ihn ein Weib, mit Namen Martha, in ihr Haus auf. Und sie hatte eine Schwester, die Maria hieß. Diese setzte sich zu den Füßen des Herrn und hörte sein Wort. Martha aber machte sich viel zu schaffen, um ihn reichlich zu bedienen; und sie trat hinzu und sprach: Herr, kümmert es dich nicht, daß meine Schwester mich allein aufwarten läßt? Sage ihr doch, daß sie mir helfe! Und der Herr antwortete und sprach zu ihr: Martha, Martha, du machst dir Sorge und bist bekümmert um sehr viele Dinge. Nur eins ist notwendig. Maria hat den besten Teil erwählt, der ihr nicht wird genommen werden.

Warum läßt heut die Kirche dieses Evangelium lesen?

Weil die seligste Jungfrau Maria weit würdiger, als Martha, den Sohn Gottes empfangen, lange Zeit ernährt und auf das eifrigste ihm gedient hat; und weil sie noch sorgfältiger als Maria Magdalena das Wort Gottes gehört, in ihrem Herzen bewahrt und es auf das vollkommenste erfüllt hat. So erwählte sie sich hier und dort den besten Teil, und erlangte dadurch jene unaussprechliche Herrlichkeit, die niemand mehr von ihr nehmen wird.


Betrachtung über den Trost und Herrlichkeit im Tode Mariä

Man kann sagen, Maria hatte drei Arten von Opfern während ihres sterblichen Lebens zu bringen; und diese wurden durch einen dreifachen Lohn in der Todesstunde vergolten: das Opfer des Verzichtes, des Eifers und des Verlanges; diese wurden vergolten durch den Trost der Vereinigung mit Jesus, den Trost des vollkommenen Friedens und vollkommener Erfüllung ihrer Wünsche.

1. Das Opfer des Verzichtes.
In demselben Maße...

Fortsetzung folgt, so Gott will...

HARTMUT GEISLER
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