Hartmut Geisler
Wir fallen niemals tiefer als in Gottes gütige Hände ...

Vorbemerkung über den Gebrauch dieses Buches

In der vorliegenden Bearbeitung des alten Goffine wurde von der ursprüngliche Form insofern abgewichen, als den Erklärungen der sonn- und festtäglichen Episteln und Evangelien in Fragen und Antworten jedesmal eine zusammenhängende Betrachtung beigefügt wurde. Für diejenigen, die ihrem Pfarrgottesdienst nicht vollständig beiwohnen können, ist damit ein Ersatz geboten nicht nur für die Christenlehre, sondern auch für die Predigt. Betrachtungen haben wir die zusammenhängenden Ausführungen über die wichtigsten Wahrheiten genannt, weil damit zugleich Anleitung gegeben ist zur Übung des betrachtenden Gebetes. Über den großen Segen einer solchen Übung, sowie über ihre Art und Weise kurz folgendes.

Die Betrachtung, sagt der hl. Bernhard, benimmt uns die eitlen, unrichtigen, trügerischen, schädlichen Ansichten und Grundätze, welche die Welt uns bisher beigebracht hat. Die Betrachtung reinigt das Gemüt von irdischer Anhänglichkeit und befestigt das Herz gegen die Anfälle der Feinde. Die Betrachtung erweckt einen Ekel an sündhaften Gelüsten und entzündet ein heiliges Verlangen nach Tugend und Vollkommenheit. "In meiner Betrachtung entbrannte in mir das Feuer", sagt der Psalmist (Ps 38), nämlich das Feuer der Liebe und des Eifers. Ein Mensch, der die Betrachtung übt, fällt seltener, und erhebt sich, wenn er auch gefallen ist, wieder schneller. Die Betrachtung, das innerliche Gebet hilft dem Menschen die heftigsten Leidenschaften bemeistern und auch verjährte Gewohnheiten ablegen. "Wer recht zu beten versteht, der versteht auch recht zu leben" (St. Augustinus). Wer hingegen das Betrachten gar nicht übt, der verfällt allmählich in Unwissenheit, Lauheit und Geringschätzung des Ewigen. "Darum ist das Land so öde, weil niemand nachdenkt in seinem Herzen" (Jerem 12), d.h. weil niemand die ewigen Wahrheiten zu Herzen nimmt, weil man gedankenlos in den Tag hineinlebt.

Das Betrachten ist ja nicht bloß für Geistliche und Klosterleute; es ist Sache von jedermann. Wenigstens an Sonn- und Feiertagen hat jeder Zeit dazu. Und es ist keineswegs schwer, wird vielmehr jedem leicht und angenehm werden, der es fleißig übt. Denn was heißt betrachten? Betrachten heißt eine ewige Wahrheit so lange und so viel bei sich überlegen, bis der Verstand von der Notwendigkeit, dieses oder jenes Laster zu meiden, diese oder jene Tugend zu üben, überzeugt ist und der Wille sich dazu entschließt; auch sein bisheriges Verhalten prüfen, seine Fehltritte bereuen und Besserung versprechen; endlich Gott um Beistand und Beharrlichkeit bitten. Sollte das so schwer sein? In irdischen Dingen weiß jeder Betrachtungen anzustellen. Da will z.B. jemand ein Grundstück kaufen. Er überdenkt den Nutzen, den er daraus ziehen kann. Sieht er seinen Vorteil, so entschließt er sich und kauft es wirklich. Oder jemand will ein Haus bauen. Er überlegt zuerst, ob er auch die Mittel aufbringen kann, und dann, wie er es anfangen, einrichten und benutzen will. - In irdischen Dingen betrachtet jeder ganz von selbst. Sollte es also so schwer sein, für seine Seele, für die Ewigkeit zu betrachten? Was eine heilige Dienstmagd Rothburga, ein heiliger Bauersmann Isidor, was so viele einfache, ungelehrte Leute geübt haben und üben, sollte zu schwer sein?

Eine leichte Anleitung zur Betrachtung nach dem hl. Franz von Sales ist folgende:

1. Versetze dich im Geiste lebhaft in die Gegenwart Gottes, bete in tiefster Ehrfurcht die göttliche Majestät an, bitte den Heiligen Geist um Beistand, etwa mit den Worten: "O Gott, der du die Herzen deiner Gläubigen durch die Erleuchtung des Heiligen Geistes gelehrt hast, gib, dass ich in demselben Heiligen Geiste das, was recht ist, verstehe, und seines Trostes mich erfreuen möge."

2. Nimm das Betrachtungsbuch und lies die Punkte, die dich besonders angehen, mit großer Aufmerksamkeit, überlege sie ein-, zwei- und dreimal; mache dir deine eigenen Gedanken darüber; dann werden dir außer den gelesenen Beweggründen, dieses Laster zu meiden, diese Tugend zu üben, leicht noch andere in den Sinn kommen. Predige dir so gleichsam selber, halte dir die Folgen vor, die aus deinem bisherigen Betragen entstehen, blicke auf das Beispiel anderer, nimm alle Beweggründe der Vernunft und des Glaubens zu Hilfe, um dich zu festen Entschlüssen vorzubereiten. - Diese Übungen des Verstandes müssen alle dahin zielen, das Gemüt zu Gott und zu göttlichen Dingen zu erheben, Abscheu vor der Sünde und Liebe zur Tugend zu erwecken und das Leben zu bessern.

3. Mache die Übungen des Willens, z.B. Beschämung und Reue über das bisherige Leben, Abbitte der beleidigten Majestät Gottes, Haß der Sünde, Furcht, Gott zu mißfallen, Verlangen nach einem besseren Leben, Anmutungen der Liebe Gottes und des Nächsten; dann recht spezielle Vorsätze, was muß, will ich denn tun, und wann?

4. Um endlich die Gnade zu erlangen, seine gefaßten Vorsätze in Ausübung zu bringen, muß man sich vor allem auf recht inständiges Gebet verlegen. Man kann Gott seine Verheißungen, seine Vollkommenheiten, die Geburt, das Fasten, Leiden, Sterben, die Auferstehung und die Himmelfahrt Christi vorstellen, wie es in den Litaneien geschieht, auch die Fürbitte der seligsten Jungfrau, der Heiligen innig anflehen, gleichwie ein Armer, ein Bedrängter zu tun pflegt, der eine große Gnade erflehen will und nicht ruht, bis er Erhörung findet.

5. Zum Schluß dankt man Gott für die in der Betrachtung empfangenen Gnaden; opfert Gott die gemachten Vorsätze auf in Vereinigung mit dem Leiden und Sterben Christi; bittet Gott noch einmal um seinen Segen und seine Gnade zur Ausführung der Vorsätze. Man kann dieses tun mit eigenen Worten oder auch mit einem andächtigen Vaterunser.


Unterricht über das Kirchenjahr

Was ist das Kirchenjahr?

Das Kirchenjahr ist die alljährlich wiederkehrende Aufeinanderfolge der heiligen Zeiten und Tage, welche die Kirche angeordnet hat zur Erinnerung und Teilnahme an den Geheimnissen unseres Glaubens.

Das Kirchenjahr beginnt jedesmal mit dem ersten Adventssonntage und endet mit dem Samstage nach dem letzten Sonntage nach Pfingsten.

Es wird eingeteilt in drei große Festkreise nach den hauptsächlichsten Geheimnissen unserer Erlösung: in den Weihnachts-, Oster- und Pfingstfestkreis.

Die einzelnen Tage des Kirchenjahres sind Sonntage, Festtage, Fasttage und gewöhnliche Wochentage.

Was ist der Sonntag?

Der Sonntag ist der erste Tag in der Woche, der Gott besonders geweiht ist und darum auch "Tag des Herrn" genannt wird (Offb 1,10).

Im Alten Bunde hatte Gott den siebenten Wochentag als Sabbat, d.h. als Ruhetag eingesetzt, weil er selbst in sechs Tagen die Welt geschaffen, am siebenten aber geruht hatte von diesem seinem Werke. Für den Neuen Bund wurde von der Kirche schon zu der Apostel Zeit der erste Wochentag zum Sabbat bestimmt. Das geschah auf Eingebung des Heiligen Geistes einerseits zur Unterscheidung der Christen von den Juden, andererseits, weil Christus an einem Sonntage auferstand und so sein Erlösungswerk, die Wiederherstellung des Menschen, vollendete; auch kam an diesem Tage der Heilige Geist herab und vollendete den Bau der Kirche.

Wie soll der Sonntag geheiligt werden, und wie wird er entheiligt?

Was wir an diesem Tage zu tun haben, ergibt sich aus der Absicht Gottes bei Einsetzung des Sabbats sowie aus dem zweiten Gebote der Kirche.

Aus höchst weisen und liebevollen Absichten hat Gott einen Sabbat angeordnet. Ein solcher ist uns notwendig für Leib und Seele.

Bei weitem die meisten Menschen sind zur körperlichen Arbeit verurteilt. Wie die Erfahrung lehrt, wird der Körper vor der Zeit aufgerieben, wenn er in der Woche nicht wenigstens einen Ruhtag hat. Schon deshalb kann kein Geldgewinn den Schaden aufwiegen, den die Sonntagsarbeit auch für das irdische Leben bringt. Selbst ungläubige Menschen fordern aus diesen und anderen Gründen, dass die Sonntagsarbeit verboten werde. - Noch nötiger ist die Sonntagsruhe für die Seele. Ohne sie müßten die Menschen bald ganz ins Irdische versinken, die Religiosität müßte absterben, und nur wenige würden sich um die Rettung der Seele kümmern.

Streng verboten sind des Sonntags alle knechtlichen, d.h. alle solche Arbeiten, die gewöhnlich von Handwerkern, Taglöhnern oder Dienstboten verrichtet werden, wofern nicht dringende Not entschuldigt. Dienstboten dürfen nur dann für sich des Sonntags nähen usw., wenn ihnen in der Woche dazu gar keine Zeit gelassen wird.

Geboten ist von der Kirche, dass man wenigstens einer heiligen Messe mit Andacht beiwohne. Dringend angeraten wird der Besuch der Predigt und des übrigen Gottesdienstes, ferner das Lesen erbaulicher Bücher, der Empfang der Sakramente, Krankenbesuche und andere Werke der Frömmigkeit und Nächstenliebe.

Entheiligt wird der Tag des Herrn nicht nur durch knechtliche Arbeiten, sondern noch mehr durch sündhafte Ausschweifungen und Lustbarkeiten. Es wäre besser (nicht so schlimm), schreibt St. Augustinus, an solchen Tagen das Feld zu bebauen, als sie mit unehrbaren Tänzen, mit eitlen, gefährlichen und sündhaften Lustbarkeiten hinzubringen. Ehrbare und mäßige Vergnügungen sind dagegen nicht unerlaubt.

Welcher Lohn ist für die Heiligung, und welche Strafe ist für die Entheiligung der heiligen Tage zu erwarten?

Im Alten Bunde wurde Glück und Segen für die Heiligung des Sabbats ausdrücklich verheißen. Seine Entheiligung wurde sogar mit dem Tode bestraft. Die tägliche Erfahrung lehrt auch heute noch, dass die Sabbatschänder kein Glück und keinen Segen haben. Selbst im Zeitlichen haben sie oft keinen Fortgang trotz aller Plage, und die Hand des Herrn ruht schwer auf ihnen, die nicht einmal einige Tage im Jahr seiner Ehre und seinem Dienste weihen wollen. Mit der Entheiligung des Sonntags greift gewöhnlich auch Armut und Sittenlosigkeit um sich.

Was sind die Festtage?

Fest- und Feiertage sind solche Tage, an denen die Kirche die Erinnerung an die Geheimnisse und Wohltaten Gottes oder das Andenken seiner Heiligen feierlich begeht.

Die Kirche hat vermöge ihrer Regierungsgewalt das Recht, solche Festtage anzuordnen und die Feier derselben zu befehlen. Hatte doch schon die Kirche des Alten Bundes dieses Recht, und der Heiland selbst feierte die jüdischen Festtage mit. - Wir müssen die Festtage ebenso heiligen wie die Sonntage.

Wäre es nicht besser, wenn es keine oder weniger Feiertage gäbe?

Früher gab es bedeutend mehr Feste; manche sind der veränderten Zeitumstände wegen von der Kirche abgeschafft oder auf Sonntage verlegt, so dass jetzt nur noch wenige auf Wochentage fallen. Das Verlangen, auch diese noch abzuschaffen ist unchristlich und unvernünftig. Unchristlich, weil die Gegner der kirchlichen Feiertage Feinde des Gebetes, des Gottesdienstes und der Religion überhaupt sind. Unvernünftig, weil sämtliche Einwände keinen vernünftigen Grund haben.

Fr die große Masse des Volkes ist es gewiß nicht zu viel, wenn es außer den Sonntagen auch noch an etlichen aneren Tagen des Jahres aus dem Arbeitsjoche ausgespannt und angeleitet wird, durch religiöse Übungen seinen Geist aus dem täglichen Treiben zu erheben und für sein Seelenheil zu sorgen. Die Reichen können sich nach Belieben Feiertage machen.

Man hört wohl einwenden, es werde den Arbeitern durch die Feiertage viel Verdienst entzogen. Aber ist denn der Mensch hauptsächlich auf der Welt, um Geld zu verdienen? Wenn die Feiertage einen zeitlichen Schaden brächten, so wäre dieser nicht in Anschlag zu bringen gegen den geistigen Nutzen. Dass sie übrigens keineswegs Verarmung verschulden, das beweisen die Juden. Sie haben weit mehr Feiertage als die Christen und sind dadurch nicht arm geworden.

Andere wenden ein, die Feiertage seien doch nur Tage des Müßiggangs, der Verschwendung und Ausschweifung. Allein das ist keineswegs die Regel, sondern immer nur Ausnahme und würde noch weniger vorkommen, wenn die verlockenden Gelegenheiten eingeschränkt würden, wie Tanzmusik, Bälle, Schauspiele, Märkte und andere Spekulationen auf die Taschen des Volkes. - Merkwürdigerweise haben die Gegner der religiösen Feste nichts einzuwenden gegen so manche weltliche Feiertage, wie Schützen-, Gesang- und Siegesfeste und dergleiche..

Was sind Fasttage?

Fasttage sind Tage, an denen uns die Kirche zu fasten gebietet.

Nach der jetzigen gemilderten Übung darf man an solchen Tagen von etwa 11 Uhr morgens an einmal sich sättigen, und außerdem noch eine Kollation (Erquickung, halbe Sättigung) nehmen. Wer außerdem etwas Bedeutendes isset, verfehlt sich schwer gegen das Kirchengebot. Was von den Speisen gilt, das gilt auch von solchen Getränken, die sättigen, z.B. Milch.

Mit dem Fasten ist gewöhnlich auch ganze oder teilweise Abstinenz geboten, d.h. Enthaltung (von Fleischspeisen). Doch gibt es auch Abstinenztage, die keine eigentlichen Fasttage sind, z.B. die Freitage. Die Bestimmungen hierüber sind verschieden, je nach den Umständen der Zeiten und kirchlichen Sprengel.

Mit welchem Rechte und aus welcher Absicht hat die Kirche Fasttage angeordnet?

Als Mutter der Gläubigen und vermöge ihres Hirtenamtes kann die Kirche Fast- und Abstinenztage anordnen. Schon die Apostel haben dieses Recht ausgeübt; sie verboten z.B. mit Rücksicht auf die Vorurteile der Judenchristen, Blut und Ersticktes zu essen. Dringend empfohlen wurde das Fasten zu allen Zeiten als ein wichtiges Buß- und Heiligungsmittel. "Das Fasten (schreibt der heilige Kirchenlehrer Basilius im 4. Jahrhundert) ist keine neue Erfindung, sondern ein köstliches Gut, das unsere Vorfahren längst bewahrt und uns übergeben haben." Durch freiwilligen Abbruch sollen die Gelüste des Fleisches gekreuzigt, die Sünden sollen gebüßt. soll der Geist zum Widerstande gegen die Versuchungen gestärkt und der Zorn des gerechten Gottes versöhnt werden.

Christus und die Apostel haben gefastet, und die ersten Christen fasteten weit häufiger und strenger als wir. Die ersten Einsiedler aßen meist vor Sonnenuntergang nicht, und dann nur weniges; dabei wurden sie vielfach hundert Jahre und darüber alt. So lebte der hl. Paulus 113 Jahre, der hl. Antonius 105, der hl. Arsenius 120, der hl. Johannes 104 Jahre. Als der Eifer nachließ, wäre dieses wichtige Buß- und Tugendmittel bei den meisten Christen ganz in Vergessenheit geraten, wenn die Kirche nicht bestimmte Tage dafür angesetzt hätte.

Der Heiland will durch seine Worte: "Was zum Munde eingeht, verunreinigt den Menschen nicht, sondern was zum Munde ausgeht" (Matth 15,11) keineswegs das Fasten verwerfen, das er selbst geübt hat; diese Worte sind nur ein Tadel gegen die pharisäische Unterscheidung zwischen Rein und Unrein. Die Speise nennen wir nicht unrein, wohl aber das Herz und den Willen, der sich versündigt durch Ungehorsam wider die Kirche. Wer sich um deren Gebote und Anordnungen nicht kümmert, den trifft das Wort des Heilandes: "Wer die Kirche nicht hört, der sei euch wie ein Heide und öffentlicher Sünder" (Matth 18,17). Und: "Wer mich vor den Menschen nicht bekennt, den werde auch ich nicht bekennen vor meinem himmlischen Vater."

Das erste Gebot Gottes im Paradiese war ein Fasten- und Abstinenzgebot.

Welches sind die eingesetzen Fast- und Abstinenztage?

Geboten Fasttage sind: 1. Alle Tage der vierzigtägigen Fastenzeit von Aschermittwoch bis Ostern, mit Ausnahme der Sonntage, zur Erinnerung an das Fasten Christi und zur Vorbereitung auf das Osterfest.

2. Die Quatemberfasten, nämlich der Mittwoch, Freitag und Samstag zu Anfang der vier Jahreszeiten. Ihren Ursprung muß man, nach dem Zeugnis des hl. Leo (im 4. Jahrhundert), in den Zeiten der Apostel suchen, die aus Eingebunt des Heiligen Geistes den Anfang eines jeden Vierteljahres durch die Buße von einigen Tagen heiligen und an drei Tagen für die Wohltaten dreier Monate Gott danken sowie seinen Segen erflehen wollten. Auch sind auf diese Tage die Weihen neuer Priester verlegt, wobei der Bischof fasten muß; das Volk soll mit ihm fasten und beten, um von Gott gute Priester und Hirten zu erflehen; denn von jedem neugeweihten Priester kann man sagen: Dieser ist gesetzt vielen zur Auferstehung oder vielen zum Falle.

3. Die Vigilfasten an den Tagen vor den untern genannten hohen Festen. Vigiliae heißt Nachtwache. Durch Fasten, Beten und Wachen bereiteten sich die Christen der ersten Zeiten auf die Feier der Feste vor. Die Messe vom Vortage endete nicht mit dem gewöhnlichen Ite missa est, sondern mit Benedicamus Domino (lasset uns den Herrn preisen). Die Gläubigen wurden dadurch aufgefordert, bis zum Anbruch des Festes im Gebete auszuharren. Die nächtliche Vigilfeier hörte allmählich auf wegen Erkaltung des Eifers und Mißbräuchen. Als Rest blieb noch die nächtliche Vorfeier auf Weihnachten und Ostern. Die Vigilien sind jetzt auf die Vortage verlegt und sollen durch Übung des Gebetes und Fastens auf die Festgnaden vorbereiten.

Geboten Abstinenztage sind: 1. Alle Freitage des ganzen Jahres, zur Erinnerung daran, dass der Heiland an einem freitage unsere Sünden mit dem bittersten Tode gebüßt hat.

2. Die Vigilien von Weihnachten und Pfingsten.

3. Die drei letzten Tage der Karwoche, an denen überhaupt keine mit Fleisch zubereiteten Speisen genossen werden dürfen.

Halbe Abstinenztage, an denen einmaliger Fleischgenuß gestattet ist, sind die Wochentage der vierzigtägigen Fastenzeit, die Quatember-Mittwoche und -Samstage und die Vigilien von Peter und Paul, Mariä Himmelfahrt und Allerheiligen.

Übrigens sind die Bestimmungen über die Abstinenz in den verschiedenen Diözesen ebenfalls verschieden.

Wer ist durch das Fasten- und Abstinenzgebot verpflichtet?

Fasten muß jeder, der das 21. Lebensjahr vollendet, dagegen das 60. Lebensjahr noch nicht überschritten hat und weder genügend entschuldigt noch dispensiert ist.

Entschuldigungsgründe sind schwere Arbeit und Krankheit. Wer sonst entbunden sein will, muß sich vom Pfarrer oder Beichtvater dispensieren lassen.

Abstinenz muß jeder halten, der zum Gebrauche der Vernunft gelangt ist, also vom 7. Lebensjahr an.

Entschuldigt sind bei uns außer den schwer Kranken und Genesenden - die sich nach dem Rate des Arztes zu richten haben - die Armen, die Berg- und Fabrikarbeiter, die Wirte, Reisenden, Militärpersonen und deren Kostgeber, die Familien mit gemischter Religion.

In welcher Meinung soll man das Fasten- und Abstinenzgebot halten?

In der Meinung: 1. seine Sünden, die man durch Nachgeben gegen die böse Begierlichkeit des Leibes begangen hat, abzubüßen und den Leib dafür zu züchtigen, in Vereinigung mit der Buße Jesu; 2. um die Kraft zu erlangen, ein reines, keusches Leben zu führen; denn der Heiland sagt, dass gewisse böse Geister nur durch Beten und Fasten vertrieben werden; 3. das durch Fasten Ersparte den Armen zu geben; 4. ein Bekenntnis des Gehorsams gegen unsere geistige Mutter, die Kirche, abzulegen.


Unterricht vom Advent

Was heißt und bedeutet Advent?

Advent heißt Ankunft. Die Adventszeit soll uns vorbereiten auf die Feier der Ankunft Christi in der Welt. Es ist also jene Zeit von vier Wochen vor Weihnachten, die uns an die Zeit der Erwartung und Vorbereitung auf den Welterlöser erinnern.

Wozu hat also die Kirche den Advent eingesetzt?

Die Kirche will, dass wir uns im Advent der Gnade Christi jedes Jahr mehr würdig machen. Denn:

Wär´Christus tausendmal in Bethlehem geboren,
und nicht in deinem Herzen, du bliebest doch verloren!

Es soll uns 1. in dieser Zeit recht lebendig an dem großen Elend der Welt vor Christus zu Gemüte geführt werden, wie schrecklich das Unglück der Sünde ist, wie notwendig wir den Erlöser haben, und wie nur Gott selbst uns erlösen konnte.

Wir sollen 2. die heiße Sehnsucht der Väter und und aller Frommen des Alten Bundes nach dem Messias beherzigen und dieselben Gefühle in uns erwecken.

3. Durch Gebets- und Bußeifer unser Herz reinigen und für die Gnaden des Weihnachtsfestes vorbereiten.

4. So uns auch vorbereiten auf die andere Ankunft des Heilandes zum Gericht.

Was tut die Kirche zu diesem Zwecke im Advent?

Die Kirche bedient sich in dieser Zeit der violetten Bußfarbe beim Gottesdienste, sie läßt bei der Messe das Gloria und den Orgelklang verstummen und hält die sogenannte Roratemessen. Das sind feierliche Messen, die jedesmal mit dem Schriftspruche anfangen: Rotate coeli desuper - Tauet, Himmel, den Gerechten, Wolken, regnet ihn herab! Am frühen Morgen werden sie gehalten, weil Maria, die uns den Heiland brachte, die Morgenröte unseres Heiles heißt. Zum Andenken an die Verkündigung heißen sie auch Engelämter.

Früher war der Advent eine gebotene Fastenzeit, gleich der Zeit vor Ostern. In manchen Gegenden werden auch einzelne Fasttage in jeder Adventswoche gehalten. Allgemein verboten sind in dieser Zeit die Hochzeiten und öffentliche Lustbarkeiten.

In Messe und Tagzeiten erinnert die Kirche an das Ende aller Dinge und an die Wiederkunft Christi zum Weltgerichte. Auch läßt sie uns die Klagen und Seufzer des Propheten Isaias vernehmen, sowie den Bußruf des Vorläufers Johannes.

Gebet zum Anfang des Advents
Gütigster Jesu! Da jetzt in deiner Kirche das trostreiche Geheimnis deiner gnadenreichen Menschwerdung betrachtet wird, so nehme ich mir ernstlich vor, in diesem Advent dir treu zu dienen und mit größter Andacht diese heilige Zeit zuzubringen. All mein Tun und Lassen will ich in dieser Zeit aufopfern in Vereinigung mit der Liebe, mit der du vom Himmel herabgestiegen bist und die menschliche Natur angenommen hast, wie auch zur Danksagung dafür. Wenn ich der Messe beiwohne oder den "Engel des Herrn" bete, will ich jedesmal mit großer Ehrfurcht und Dankbarkeit dich dafür preisen, dass du dich um unseres Heiles willen so tief erniedrigt hast und unsere Sünden zu tilgen vom Himmel auf die Erde herabgekommen bist. Durch eifriges Gebet und ein eingezogenes bußfertiges Leben will ich mich auf die Gnaden des Weihnachtsfestes vorbereiten, die du für alle bereit hälst, die nach deiner Erlösung verlangen. Amen.


Unterricht für den ersten Sonntag im Advent

Der erste Sonntag im Advent ist der erste Tag des Kirchenjahres und der Anfang der Adventszeit. In ihren Tagzeiten und Meßgebeten führt die Kirche die Seufzer der Altväter an, womit sie nach der Erlösung verlangten, um in uns dieselbe Sehnsucht zu erwecken. Der Eingang der Messe ist aus dem 24. Psalm genommen und heißt:

Zu dir, Herr, erhebe ich meine Seele; mein Gott! auf dich vertraue ich; lass mich nicht zu schanden werden und mich nicht verlachen von meinen Feinden. – Deine Wege, Herr, zeige mir, und deine Fußsteige lehre mich. Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem Heiligen Geiste, wie es war im Anfang, jetzt und zu ewigen Zeiten. Amen.

Gebet der Kirche: Wir bitten dich, o Herr! erwecke deine Macht und komm, damit wir durch deinen Schutz von den uns drohenden Gefahren unserer Sünden entrissen und durch deine Hilfe gerettet werden, der du mit dem Vater in Ewigkeit des Heiligen Geistes als gleicher Gott lebest und regierest von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Lektion aus der Epistel des heiligen Apostels Paulus an die Römer XIII. Kapitel, 11-14

Brüder! Wisset, dass die Stunde schon da ist, wo wir vom Schlafe erwachen sollen; denn jetzt ist unser Heil näher, als da wir gläubig wurden. Die Nacht ist vorgerückt, der Tag aber hat sich genahet. Lasset uns also ablegen die Werke der Finsternis und anziehen die Waffen des Lichtes. Wie am Tage lasset uns ehrbar wandeln, nicht in Schwelgereien und Trunkenheit, nicht in Unzucht und Unreinheit, sondern ziehet den Herrn Jesum Chistum an.

Erklärung

Wie viel haben wir doch voraus vor jenen, die nach der Sonne der Gerechtigkeit – dem Heiland der Welt – so lange und sehnsüchtig ausschauten. Vor uns steht nicht mehr eine dunkle Verheißung, sondern die klare Erfüllung. Nicht sehnsüchtig schauen wir aus nach dem Trost der Welt; wir besitzen ihn und jeder kann seiner teilhaftig werden, wenn er nur will.

Auf diesen guten Willen kommt es an. Wozu feiern wir wieder Advent, wenn Christus nicht zu uns und wir nicht zu Christus kommen? Es ist Zeit, dass wir vom Schlafe aufstehen; je öfter wir schon Advent gefeiert haben, desto dringender ist diese Pflicht.

Leider gibt es nur zu viele, die tief im geistigen Schlafe der Teilnahmslosigkeit, Gleichgültigkeit und Trägheit liegen und auf den Ruf der Kirche nicht hören.

Möchten wir nicht zu diesen gehören, sondern mit diesem Advent wieder entschiedener und eifriger werden im Anschluss an die Kirche, dass wir z. B. am Pfarrgottesdienste möglichst regelmäßig teilnehmen. Zwar verlangt die Kirche heutzutage nicht mehr ausdrücklich, dass man seine Sonntagspflicht in der Pfarrkirche erfülle; allein nach dem Sinne und Willen der Kirche ist das sicher auch heute noch: die kirchliche Ordnung fordert es, dass jeder sich dorthin halte, wohin er von der Kirche gewiesen wird. Und es sprechen sonst so wichtige dafür. Eine volle Teilnahme am kirchlichen Leben ist anders nicht gut möglich. Deshalb sollten Eltern und Vorgesetzte nicht nur selbst hierin mit gutem Beispiel vorangehen, sondern darauf auch bei den Ihrigen sehen.

Dann sollte man auch andere religiöse Sitten nicht einschlafen lassen, z. B. den Hausgottesdienst, das Lesen in der Hauspostille und dergleichen. Solche Haussitten sind ein Damm gegen die religiöse Gleichgültigkeit.

Wer vom Schlafe aufsteht, bekleidet sich ehrbar, so dass er sich vor anderen sehen lassen kann. Der Kriegsmann legt auch seine Waffenrüstung an. So genügt es auch für den Christen nicht, dass er sich ermuntert, die Trägheit abschüttelt, seine Augen dem göttliche Lichte öffnet; er muss sich auch wieder bekleiden mit dem Lichtgewande der Tugend nach dem Vorbild Christi; und weil der von früh bis spät zu kämpfen hat, die Waffenrüstung des Lichtes anlegen, die Christus ist. Insbesondere haben wir uns zu waffnen mit Nüchternheit und Keuschheit, wenn wir den Kampf gegen die Mächte der Finsternis bestehen wollen.

Die Mahnung zur Nüchternheit ist heute nötiger als je. Man betrachte nur unser Wirtshausleben. Wie viele unserer katholischen Männer, die ihren Mann stehen sollten in dem großen Weltkampfe um die heiligsten Güter, verderben da beim Alkohol nicht nur Gesundheit und Wohlfahrt, sondern auch religiösem Sinn und Pflichtgefühl.

Und in wie zahllosen Gestalten lockt und reizt nicht der unreine Geist jung und alt. Die sinnlichen Lüste entnerven aber und machen zum Kampfe untauglich. Arbeit und Opfer sind unzertrennlich von der Selbstverleugnung.

Gebet: Erwecke uns doch, o Jesu, aus dem gefährliche Schlafe der Sünde durch die Gnade wahrer Buße und hilf uns zur Beharrlichkeit in guten Werken, damit wir im Lichte deiner Gnade wandeln und durch Nachahmung deiner Tugenden unserer Seele den wahren Schmuck verleihen. Amen.

Evangelium Lukas 21, 25-33

In der Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Es werden Zeichen sein an der Sonne, an dem Monde und an den Sternen und auf Erden große Angst unter den Völkern wegen des ungestümen Rauschens des Meeres und der Fluten, und die Menschen werden verschmachten vor Furcht und vor Erwartung der Dinge, die über den ganzen Erdkreis kommen werden, denn die Kräfte des Himmel werden erschüttert werden. Dann werden sie den Menschensohn in den Wolken kommen sehen mit großer Macht und Herrlichkeit. Wenn nun dieses anfängt zu geschehen, dann schauet auf, erhebet eure Häupter, denn es nahet eure Erlösung. Und er sagte ihnen ein Gleichnis: Betrachtet den Feigenbaum und alle Bäume; wenn sie jetzt Frucht ansetzen, so wisset ihr, dass der Sommer nahe ist. Ebenso erkennt auch, wenn ihr dies geschehen seht, dass das Reich Gottes nahe ist. Wahrlich, ich sage euch, dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis alles dieses geschieht. Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.

Warum wird heute das Evangelium vom letzten Gerichte verlesen?

Die Kirche, diese weise und besorgte Mutter, will uns gleich zu Anfang des Kirchenjahres auf das Ende aller irdischen Dinge hinweisen, und durch Erinnerung an die Schrecken der letzen Wiederkunft Christi uns zur Bußfertigkeit und eifrigen Benutzung der Gnaden ermuntern, welche die Ankunft Christi im Fleische uns bereitet hat. „Die Furcht Gottes ist der Anfang der Weisheit.“

Welche Zeichen werden dem Weltgericht vorausgehen?

Den Tag und die Stunde dieses Gerichtes weiß nach der Erklärung Christi niemand, nicht einmal die Engel. Allein es wird doch nicht ganz unvermutet hereinbrechen, sondern durch Zeichen angekündigt werden, welche diejenigen warnen, die darauf achten. An verschieden Stellen der Schrift werden verschiedene Zeichen vorausgesagt. Die hauptsächlichen sind folgende: Die Verkündigung des Evangeliums auf der ganzen Welt (Mt 24,14), ein großer Abfall, hervorgerufen besonders durch den Antichrist (Widersacher Christi), der durch Verfolgung und Verführung schrecklich wüten wird. (2 Thess 2,3; Mt 24,24). Krieg, Seuchen und Hungersnot werden die Menschen heimsuchen. Auf Gottes Befehl wird die Ordnung des Weltgebäudes völlig aus dem Gleichgewicht kommen. Endlich wird die Erde durch Feuer zerstört werden (2 Petr 3,7.10).

Warum wird dieses geschehen?

Damit die Sünder durch die Geschöpfe selbst, mit denen sie so elenden Missbrauch getrieben haben, gezüchtigt werden. „Der Erdkreis wird streiten wider die Unsinnigen“ (Weish 5,21). Die Schöpfung wird befleckt und verdorben durch die Sünde, sie soll jetzt gereinigt und neugeschaffen werden.

Warum heißt es: Erhebet eure Häupter, denn die Erlösung nahet?

Das geht die Gerechten an, die der Verfolgung und Verführung standhaft widerstanden. Ihre Leiden sollen jetzt ein Ende haben.

Warum wird Gott ein allgemeines und öffentliches Gericht halten?

Das Urteil des besonderen Gerichtes gleich nach dem Tode ist unabänderlich; Gott hält aber nochmal ein allgemeines und öffentliches Gericht aus folgenden Gründen: 1. Damit alle einsehen, wie gerecht er über einen jeden im besonderen Gerichte geurteilt hat; damit der Leib sogleich nach der Auferstehung als Werkzeug der Tugend oder Sünde die gebührende Belohnung oder Bestrafung erhalte; 2. damit die Gerechten vor aller Welt die verdiente Ehre, die Gottlosen die verdiente Schmach empfangen, was in diesem Leben nicht stattfinden kann, da sich die göttliche Gerechtigkeit hienieden vielfach verbirgt; 4. damit neben Gottes Gerechtigkeit auch seine unergründliche Weisheit, Güte und Barmherzigkeit in der Regierung der Welt offenbar werde und alle seine Ratschlüsse anbeten.


Betrachtung über das Jüngste Gericht

1. Ist alles tot auf Erden, die ganze Welt nur mehr eine Aschenwüste, dann sendet der Herr seine Engel, die Menschen aufzurufen und zu versammeln zum Gerichte. Schallen wird die Posaune (d. h. das Allmachtswort des Herrn), und die Toten werden wieder aufstehen (1 Kor 15). Alsbald regt es sich in den Gräbern, auf den Höhen der Berge und in den Tiefen des Meeres, überall wo sich menschliche Überreste befinden. Da fügt sich Gebein zu Gebein, Glied zu Glied, und die menschlichen Körper sind wiederhergestellt. – Es schallt die Posaune: sie schallt hinauf in des Himmels höchste Höhe, hinab in der Hölle tiefste Abgründe, und es eilen herbei die Seelen, ihre Leiber wieder aufzusuchen und sich mit ihnen zu vereinigen. So erstehen die Menschen alle, Millionen und Millionen, alle die gelebt haben von Adams Zeiten bis auf den jüngsten Tag.

2. Doch welcher Unterschied bei den Auferstandenen! „Alle werden zwar auferstehen, aber nicht alle werden umgewandelt werden“ (1Kor 15). Die Gerechten werden strahlen in der Herrlichkeit himmlischer Verklärung, ihr Leib hat abgestreift alles Tierische, Hässliche, Schwerfällige, Verwesliche. Der Gottlosen Anblick dagegen, wie schrecklich! Die Verworfenheit der Seele prägt sich in ihrem Leibe aus. Verdammte, Höllenbrände sollen sie sein; schwarz, erschütternd hässlich ist ihr Aussehen. Die Seele wird sich sträuben, in einen solchen Leib zu fahren, wie der Züchtling in seinen Kerker. Verfluchter Leib, mag sie ausrufen, du und deine tierischen Leidenschaften sind schuld an meinem Unglück! Verfluchte Seele, mag der Leib antworten, du hast mich missbraucht; wozu hattest du Verstand und freien Willen? Um mich zu regieren und Gutes zu tun. Ich gönne dir deine Verzweiflung!

Mein Christ, wenn du jetzt deinen Leib anbetest wie eine Gottheit, ihm nichts versagen kannst, um seiner Lüste willen Gott beleidigst, wie wirst du alsdann deine Torheit bereuen; wie wirst du jene beneiden, die ein hartes Leben geführt haben in Kreuz und Leib und Entbehrung, die ihren Leib gekreuzigt haben und jetzt in ihm und mit ihm verherrlicht werden!

3. Nun siehe weiter: welch ein Glanz, welch ein Leuchten am Himmel oben! Was strahlt dort in Sonnenklarheit, herrlich und wunderbar? Es ist das Zeichen des Richters, das ihm vorausgeht, das heilige Kreuz. Alle schauen ihm entgegen, die Gerechten voll Jubel: es ist das Zeichen ihrer Erlösung; die Verworfenen voll Angst und Schrecken: es ist das Zeichen ihrer Verdammung, da sie durch ihre Sünden den Herrn aufs neue gekreuzigt haben. – Mit neuem Glanz ziehen heran die himmlischen Heerscharen, die neun Chöre der Engel, die Apostel, Maria, die Mutter des Herrn. Endlich erscheint er selber, der Richter der Lebendigen und Toten in seiner ganzen Macht und Herrlichkeit. Es jauchzen ihm entgegen die Gerechten: zum ersten Mal sehen sie mit Leibesaugen sein himmlisches Antlitz; vor Schrecken erbeben die Feinde: da ist er, an den sie nicht glauben wollten, den sie lästerten, den sie frech beleidigten. „Angesichts seiner werden in Ängsten sein die Völker; und sie werden sagen zu den Bergen und Felsen: fallet auf uns und verberget uns vor dem Angesichte des auf dem Throne Sitzenden und vor dem Zorne des Lammes“ (Offenb 6).

4. Ausgehen werden die Engel und werden ausscheiden. Wie werden sie ausscheiden? Etwa die Reichen von den Armen? Nein, sie werden ausscheiden die Bösen aus der Mitte der Gerechten (Matth 13).

Welche Schmach, angesichts des Himmels und der Erde, der Engel und der Menschen, seiner Freunde und Bekannten aus der Mitte der Gerechten hinausgeworfen zu werden!

Wie schmerzlich ist eine Trennung für längere Zeit; wie bitter und hart die Scheidung im Tode! Allein jede Trennung hier auf Erden versüßt das eine Wort: Auf Wiedersehen; wenigstens in der anderen Welt sehen wir uns wieder. Ganz anders jetzt. Da stehen Mann und Weib, Eltern und Kinder, Brüder und Schwestern; die einen kommen auf die rechte Seite, die andern auf die linke; sie müssen voneinander scheiden, auf wie lange? Auf immer und ewig. Lebet wohl, rufen sie einander zu; ihr gehet in den Himmel, uns verschlingt der Abgrund der Hölle; lebet wohl, wir werden uns niemals wiedersehen. „Und dann werden wehklagen alle Geschlechter der Erde“ (Matth 24).

5. Es erhebt sich der Richter zum Urteilsspruch. Mit göttlicher Liebe wendet er sich zu den Gerechten und ladet sie ein, einzugehen in sein himmlisches Reich. Er verkündet die Tugenden, die sie in langen Kämpfen sich erworben, auch jedes gute Werk, das sie im Verborgenen geübt haben, jetzt zu ihrem Ruhme vor aller Welt. Kommt, ihr Gebenedeiten meines Vaters, besitzet das Reich, das euch bereitet ist vom Anfang der Welt. Ich war hungrig und ihr habt mich gespeist, ich war durstig und ihr habt mich getränkt, ich war nackt und ihr habt mich bekleidet usw. – Auch die Verdammten werden diese Einladung vernehmen. Sie werden staunen und vor Scham und Neid vergehen. „Die sind es, die wir zum Gespötte hatten und als Stichblatt des Übermutes! Wir Toren, wir hielten ihr Leben für Narrheit und ihr Ende für ehrlos! Siehe, wie sie jetzt unter die Kinder Gottes gezählt werden und ihr Los bei den Heiligen ist!“ (Weish 5) – Zu ihnen selbst wendet sich nun der Richter. O Schrecken! In freiwilliger Hilflosigkeit stand am Ölberge das sanftmütige Gotteslamm der wilden Häscherschar gegenüber; aber mit solcher Majestät sprach der die einfachen Worte: „Ich bin es! – dass seine Feinde wie tot zu Boden stürzten. Wie schrecklich ist sein Auftreten in diesem Augenblicke. Da steht er in schrecklicher Gottesmajestät: sein Antlitz leuchtet wie Feuer, seine Augen sind wie Blitzstrahlen. Ach, die Himmel erbeben, es beben die Heiligen, Maria bedeckt ihr Antlitz. Und des Richters Stimme ertönet wie tausend Donnerschläge zusammen, erdröhnt von Welt zu Welt, von der Erde zum Himmel, vom Himmel zur Hölle, durch das ganze Weltall: Weichet von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das bereitet ist dem Teufel und seinem Anhang! Und er hält ihnen vor alle ihre Missetaten, vom verborgensten, geheimsten Gedanken bis zur ruchlosen Tat. Vor allem aber die Werke ihrer Lieblosigkeit; ich war hungrig und ihr habt mich nicht gespeist, ich war durstig und ihr habt mich nicht getränkt usw. – Ihr habt euch nicht gekümmert um mich und mein Gebot, jetzt könnt ihr keinen Anteil an mir haben; ihr wolltet mich nicht bekennen vor der Welt, jetzt kenne ich euch nicht, hinweg von mir!

Ihr Verfluchten! Verflucht seid ihr von meinem Vater, der euch geschaffen hat zu seiner Ehre, und dessen Ebenbild ihr geschändet habt; verflucht von mir, eurem Erlöser, dessen Blut ihr mit Füßen getreten habt; verflucht vom Heiligen Geiste, den ihr beständig betrübet habet. Hinweg in das ewige Feuer, in die ewigen Qualen, in die verzehrenden Gluten, in die endlose Verzweiflung.

6. Das Urteil ist gefällt und wird sofort vollzogen. Die Heiligen schweben himmelwärts in unvergleichlichem Triumphe, Schar auf Schar. Alleluja, ertönet ihr Jubelgesang; gepriesen sei der Herr, der mit seinem Blute uns erworben hat; Lob und Preis sei ihm in alle Ewigkeit. – Zugleich öffnet sich unter den Füßen der Gottlosen der grausige Höllenschlund, und da hinein stürzen allzumal die Teufel und die Verdammten, die Ketzer und die Religionsspötter, die Ungläubigen und die Mörder, die Diebe und Unzüchtigen, die Flucher und Trunkenbolde. Und hinter ihnen schließt sich der Abgrund, schlagen zu die Tore der Hölle, um nimmermehr geöffnet zu werden, in alle Ewigkeit nimmermehr. O Gott, auf welcher Seite werde ich da stehen an jenem furchtbaren Tage? Ohne Zweifel dort, wohin ich mich in diesen Lebenstagen stelle!

Gebet: Durchbohre, o Gott, mein Fleisch mit der Furcht vor deinem Gerichte, damit diese Furcht mich abschrecke vom Bösen und mich antreibe zur Bußfertigkeit, Wachsamkeit und Geduld. Ach, dass ich doch mit dem büßenden Hieronymus sagen könnte: „ Mag ich essen oder trinken oder etwas anderes tun, immer dünkt mir, als erschalle in meinen Ohren die erschreckliche Stimme der Posaune: Stehet auf, ihr Toten, und kommet zum Gerichte.“


Unterricht für den zweiten Sonntag im Advent

Wenn wir nach der dringenden Mahnung der Kirche wirklich vom Sündenschlafe erwachen, in aufrichtiger Buße die Werke der Finsternis abtun und uns dem Lichte, d. h. dem Erlöser zuwenden von ganzem Herzen, so wird er unser Trost sein. Darum nimmt die Kirche am 2. Adventssonntage zum Eingange der Messe die Worte des Propheten Isaias (30. Kap):

Eingang der heiligen Messe: Volk Sion, siehe, der Herr wird kommen, die Völker zu retten, und schallen wird lassen der Herr seine herrliche Stimme zur Wonne eures Herzens. Und aus Psalm 79: Lenker Israels, merke auf, der du Joseph führst wie ein Schaf.

Gebet der Kirche. Erwecke, o Herr, unsere Herzen, dass wir deinem Eingeborenen seine Wege bereiten; damit wir durch seine Ankunft an Geist und Gemüt gereinigt und dir zu dienen würdig werden -  der du lebst und regierst in Einigkeit des Heiligen Geistes usw.

Lektion aus der Epistel des hl. Paulus an die Römer XV, 4-13

Brüder! Alles was geschrieben worden, ist uns zur Belehrung geschrieben, damit wir durch die Geduld und den Trost aus der Schrift die Hoffnung haben. Der Gott der Geduld und des Trostes aber gebe euch, dass ihr einerlei Gesinnung untereinander habet Jesu Christi gemäß, damit ihr einmütig mit einem Munde Gott, den Vater unseres Herrn Jesu Christi, preiset. Darum nehme der eine sich des andern an, wie auch Christus sich euer annahm zur Ehre Gottes. Denn ich sage: Jesus Christus ist Diener der Beschneidung um der Wahrhaftigkeit Gottes willen geworden, um die Verheißungen der Väter zu bestätigen; und die Heiden preisen Gott um seiner Barmherzigkeit willen, wie geschrieben steht: Darum will ich dich, Herr, preisen unter den Völkern, und deinem Namen Lob singen (Psalm 17,50). Und wiederum spricht die Schrift: Freuet euch, ihr Heiden, mit seinem Volke (Deuteronom 32,41-43). Und abermals: Lobet den Herrn, alle Völker, und preiset ihn alle Nationen (Psalm 116). Und wiederum spricht Isaias: Die Wurzel Jesses wird es sein, und der daraus hervorkommen wird, die Völker zu beherrschen, auf diesen werden die Völker hoffen (Isaias 11,10). Der Gott der Hoffnung aber erfülle euch mit aller Freude und mit Frieden durch den Glauben, auf dass ihr überreich seid an Hoffnung durch die Kraft des Heiligen Geistes.

Erklärung

Alles, was geschrieben ist, nämlich von Christus, ist zu unserer Belehrung geschrieben, da Christus ja in allem unser Vorbild ist.

Welche Geduldsprobe war die vieltausendjährige Erwartung des Verheißenen. So ist es noch jetzt mit den Hoffnungen des Christentums. Sie sind nur für den, der im Glauben Geduld übt.

Die schwerste Geduldsprobe kommt uns gewöhnlich von Mitmenschen. Was wir von ihnen zu ertragen haben, soll uns in der Geduld üben, die wir ohne beständige Übung nicht lernen und bewahren können. Dazu wird uns verhelfen, dass wir einerlei Gesinnung haben. Wir bilden ja eine große Familie, haben denselben Glauben, dieselbe Hoffnung, sollen uns alle in Gott lieben. Die Liebe aber ist geduldig. Ist man in der Hauptsache einig, so übersieht man leicht Nebensächliches, das einem missfällt. Geduld zu haben mit den Gebrechen anderer vermögen wir übrigens nicht immer ohne den Gnadenbeistand von oben; um diesen sollen wir beten. Die Christenheit soll sich darstellen als Gegensatz zu der unerlösten Welt, indem statt Zersplitterung Einigkeit, statt Selbstsucht Selbstverleugnung, statt Hass Liebe in ihr vorwiegt.

Christus der Herr verlangt nicht nur, dass wir alle denselben Glauben im Herzen tragen, sondern dass wir ihn auch bekennen, vor allem durch gemeinsamen Gottesdienst. Wie können wir uns um denselben Altar versammeln, um zusammen Gott zu preisen, ohne dass wir einerlei Gesinnung haben?

Selbst bei Übereinstimmung in Glauben und Gottesdienst waren stet störende Gegensätze unter Nationalitäten, Stämmen und Ständen zu beklagen. Welche Kämpfe hat auch heutzutage die Kirche Christi zu bestehen, und wie wird ihre Aufgabe erschwert durch Sonderbestrebungen der Nationen, Stände und Berufe. Demgegenüber weist der Apostel hin auf Christus, der zum Diener der Beschneidung (des Judentums) geworden ist, um der Wahrhaftigkeit Gottes willen, weil aus den Juden das Heil kommen sollte. Um der Barmherzigkeit Gottes willen wurde dann aber das Heil auch den Heidenvölkern zuteil. Dass dieses Gottes Wille war, dafür führt er Schriftstellen an. Obwohl jüdischer Abstammung, war Christus doch weit entfernt von nationaler Engherzigkeit pharisäischer Eiferer. Er verweigerte dem heidnischen Kaiser die Steuer nicht, erklärte dessen Landpfleger, seine Gewalt sei von Gott; und wie er selbst die heuchlerischen Pharisäer von seiner Hirtenliebe nicht ausschloss, so wies er auch die Heiden nicht zurück. Willig anerkannte und lobte er, was zu loben war an fremden Volksgenossen, wie an der Königin von Saba, den Städten Ninive, Sidon und Tyrus.

So will auch seine Kirche gern anerkennen, was die verschiedene Völker, Stämme und Stände Gutes und Berechtigtes haben; dabei ist aber ihre Hauptaufgabe, die Herzen zu einigen in der Gemeinschaft des einen Gottesreiches und in der Erwartung des ewigen Glückes, die schon hienieden trotz allem Leid des Lebens den wahren Christen mit Freude und Frieden erfüllt in kraft des Heiligen Geistes, des Trösters.

Was ist die Heilige Schrift und wozu nützt sie?

Die Heilige Schrift ist die Sammlung derjenigen Bücher, die auf Eingebung des Heiligen Geistes geschrieben sind, von der Kirche als Gottes Wort anerkannt und stets unverfälscht bewahrt wurden.

Die Heilige Schrift besteht aus zwei Hauptteilen, dem Alten und Neuen Testament

Das Alte Testament ist von Gottgesandten vor der Ankunft Christi geschrieben und ist zusammengesetzt aus 21 geschichtlichen Büchern, 7 Lehrbüchern und 17 prophetischen Büchern. Die Geschichtsbücher sind: 5 Bücher Moses und das Buch Josue, der Richter, Ruth, 4 Bücher der Könige, 2 der Chronik, das Buch Esdras, Nehemias, Tobias, Judith, Esther, 2 Bücher der Machabäer. – Die Lehrbücher: Job, die Psalmen, die Sprüche, der Prediger oder Ekklesiastes, das Hohelied, Buch der Weisheit, Sirach oder Ekklesiastikus. – Die prophetischen Bücher: Isaias, Jeremias, Baruch, Ezechiel, Daniel, Osee, Joel, Amas, Abdia, Jonas, Michäas, Nahum, Habakuk, Sophonias, Aggäus, Zacharias und Malachias.

Das Neue Testament besteht aus den 4 Evangelien des Matthäus, Markus, Lukas und Johannes; der Apostelgeschichte des hl. Lukas, 14 Briefen des hl. Paulus (1 an die Römer, 2 an die Korinther, 1 an die Galater, 1 an die Epheser, 1 an die Philipper, 1 an die Kolosser, 2 an die Thessalonicher, 2 an Timotheus, 1 an Titus, 1 an Philemon, 1 an die Hebräer) und 7 von andern Aposteln (Jakobus 1, Petrus 2, Johannes 3, Judas Thaddäus 1); endlich der Geheimen Offenbarung des hl. Johannes.

Die Kirche hat die Heilige Schrift als Gottes Wort stets hoch in Ehren gehalten und sorgfältig vor aller Verfälschung bewahrt. Sie hat das andächtige Lesen derselben stets als eine vorzügliche Nahrung der Frömmigkeit empfohlen.

Ist dem Katholiken das Lesen der Bibel nicht verboten?

Das ist eine lügnerische Behauptung der Kirchenfeinde. Die Kirche lässt in jeder Messe und vor jeder Predigt Teile der Heiligen Schrift lesen unter verschiedenen Zeichen ihrer großen Ehrfurcht für Gottes Wort. Sie möchte jedoch den Missbrauch verhüten, der von den Irrlehrern von Anfang damit getrieben wurde, die sich für ihre Erfindungen sämtlich auf die Bibel beriefen, indem sie dieselbe fälschten oder ihren Wortlauf nach ihrem Eigensinne verdrehten. Darum verlangt die Kirche, die Heilige Schrift dürfe nur in solchen Druckausgaben gelesen werden, die von der kirchlichen Obrigkeit als richtig approbiert und mit erklärenden Anmerkungen versehen sind. Letzteres, weil die Heilige Schrift vielfach dunkel ist und leicht missverstanden werden kann, wie schon Petrus von den Briefen des hl. Paulus bemerkt: in denselben sei einiges schwer zu verstehen, was Unkundige und nicht fest Bestehende verkehrten, wie auch die anderen Schriften, zu ihrem eigenen Verderben (2 Petr 3,16).

Gebet: O Gott der Geduld, des Trostes und der Hoffnung, erfülle doch unsere Herzen mit Freude und Frieden, und verleihe, dass wir durch den Glauben, die Hoffnung und Liebe in allem Guten vollkommen werden und das versprochene Heil erlangen mögen.

Evangelium Matth, XI, 2-10

In der Zeit, als Johannes im Gefängnisse die Werke Christi hörte, sandte er zwei aus seinen Jüngern und ließ ihm sagen: Bist du es, der da kommen soll, oder sollen wir noch auf einen andern warten? Und Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Gehet hin und verkündigt Johannes, was ihr gehört und gesehen habet: Blinde sehen, Lahme gehen, Aussätzige werden gereinigt, Taube höre, Tote stehen wieder auf, Armen wird das Evangelium gepredigt, und selig ist, wer sich an mir nicht ärgert. Als aber diese hinweggingen, fing Jesus an, zu dem Volke von Johannes zu reden: Was seid ihr in die Wüste hinausgegangen zu sehen? Ein Rohr, das vom Winde hin und her bewegt wird? Oder was seid ihr hinausgegangen zu sehen? Einen Menschen mit weichlichen Kleidern angetan? Sieh, die da weichliche Kleider tragen, sind in den Häusern der Könige. Oder was seid ihr hinausgegangen zu sehen? Einen Propheten? Ich aber sage euch, er ist noch mehr als ein Prophet, denn er ist es, von welchem geschrieben steht: Sieh, ich sende meinen Engel vor deinem Angesichte her, der deinen Weg vor deinem Angesichte bereiten soll.

Warum war Johannes im Gefängnisse?

Weil er dem König Herodes seine ehebrecherische Verbindung mit seiner Schwägerin Herodias ernstlich vorgehalten und ihn zur Besserung aufgefordert hatte; wofür er später sogar mit dem Leben büßen musste durch die Rachsucht der Herodias. Dies lehrt uns, dass die Wahrheit leicht Hass erzeugt; wir dürfen deshalb aber nicht scheuen, die Wahrheit zu sagen, wo wir dazu verpflichtet sind, sollte es für uns auch die schlimmsten Folgen haben; denn es ist besser, mit Johannes als Märtyrer der Wahrheit zu leiden, als mit den Schmeichlern zu prassen.

Warum sandte Johannes seine Jünger zu Jesus?

Damit sie von Christus selbst über seine Messiaswürde belehrt und bewogen würden, sich ihm anzuschließen.

Warum sprach Jesus: Gehet und saget dem Johannes, die Blinden sehen, die Lahmen gehen usw.?

Der klarste Beweis seiner Messiaswürde waren eben seine großen und vielfältigen Wunderwerke, die alle schon vor Jahrhunderten durch die Propheten vom  kommenden Erlöser vorausgesagt waren (Is. 35,6; 61,1).

Warum fügt er bei: und selig, wer sich an mir nicht ärgert?

Obgleich die Juden nicht leugnen konnten, dass die messianischen Weissagungen sich an ihm erfüllten, wollten viele doch nicht an ihn glauben, weil sein demütiges Auftreten einerseits und seine Strenge gegen ihre Laster anderseits ihnen missfiel: sie stießen oder ärgerten sich beständig an ihm, und so wurde der Heiland ihnen nicht zu Auferstehung, sondern zum Falle.

Wozu die Fragen Jesu über Johannes?

Jesus will öffentlich die Standhaftigkeit des Johannes im Kampfe wider die Laster sowie seinen Bußeifer und strenges Leben rühmen, den Juden zum Vorwurf und uns zum Vorbild.

Warum war Johannes mehr als ein Prophet?

Johannes bereitete die Menschen auf den Erlöser vor, jedoch nicht bloß, indem er gleich den Propheten ihn vorherverkündete und Buße predigte, sondern indem er auf ihn mit dem Finger hinwies als das Lamm Gott, das hinwegnehme die Sünden der Welt. Auch war er größer als alle früheren heiligen Männer, weil er schon vor der Geburt von der Erbsünde gereinigt wurde und ein so ausgezeichnet heiliges Leben führte, dass er mehr als ein Engel als ein Mensch zu sein schien.
[Anmerkung von mir: Dass Johannes schon vor der Geburt von der Erbsünde gereinigt worden sei, dürfte keine katholisch verbindliche Aussage sein.]

Wie hat Johannes dem Herrn den Weg bereitet?

Durch seine Bußpredigten und sein abgetötetes, bußfertiges Leben suchte er die Juden zur Erkenntnis ihrer Sündhaftigkeit und zum Verlangen nach dem Erlöser zu führen. Reue und Besserung bereiten das Herz vor auf den Heiland, der es in Besitz nehmen will.


Betrachtung über den Zweck der Leiden

1. Die Widerwärtigkeiten sollen dienen vor allem zur heilsamen Strafe unserer Sünden. Wie mancher lebt in Verblendung dahin und sagt: Ich habe keine Sünde. Und doch steckt er tief in Sünden. Der Geist des Hochmuts regiert seinen Sinn, sein Reden und Tun, und er will es nicht merken. Oder er liebst sich selbst über alles und fällt mit Gedanken, Worten, Werken täglich in Sünden gegen die Nächstenliebe: und doch ist die Liebe das Hauptgebot des Christentums. Mancher kommt gar nie zur Besinnung und einiger Erkenntnis seiner selbst, bis etwa eine Krankheit ihn niederwirft oder sonst ein Unglück ihn zum Nachdenken zwingt. So ging es dem verlorenen Sohn; so den Brüdern des ägyptischen Joseph. – Andere sind zu schwach, können sich keine Gewalt antun zur Lebensänderung, zum Meiden der Gelegenheit, bis Gott selbst eingreift, mit einem schmerzlichen Schnitte die Gelegenheit abschneidet und zur Änderung des Lebens zwingt. Man kann sagen: Millionen Sünder, die sich bekehrt haben und jetzt im Himmel ewig selig sind, wären ewig verloren gegangen, wenn nicht Kreuz und Leiden sie getroffen hätte; und sie preisen Gott ewig dafür am meisten, dass er sie nicht geschont und den bösen Gelüsten ihres Herzens nicht überlassen hat.

2. Auch nach der Bekehrung sendet Gott Leiden zur Abbüßung der zeitlichen Sündenstrafen, die seine Gerechtigkeit uns nicht schenken kann. Leiden sind Gnade; vereinigt mit der Buße Christi, zahlen sie mit wenigem vieles ab, während nach dem Tode alles viel schmerzlicher und mühseliger bis auf den letzten Heller abgetragen werden muss. Auch erwerben die Seelen im Fegfeuer kein himmlisches Verdienst; hienieden dagegen trägt die christliche Seele nicht bloß ihre Bußschulden ab, sondern erwirbt auch stets höheren Himmelslohn durch ihre Geduld.

3. Die Widerwärtigkeiten sollen nach Gottes Absicht weiter eben so viele Prüfungen sein. Was will er damit prüfen? Deinen Glauben, deine Hoffnung und Liebe! Der Unglaube will dir einreden: es gibt keinen Gott, der alles regiert; der blinde Zufall regiert die Welt; es gibt keinen gerechten Gott; der Gerechte leidet, und der Sünder triumphiert! Nein, sagt der Glaube, du darfst an Gottes väterlicher Vorsehung nicht zweifeln; wenn du sie nicht siehst, so heißt es: Selig, die nicht sehen und doch glauben. Nein, dieses kurze Erdenleben ist nicht der Ort der Gerechtigkeit, nicht die Zeit des Gerichtes; das Gericht kommt mit dem Tode. Das Glück der Sünder ist nur ihr Henkermahl, damit haben sie ihren Lohn für das Gute, das sie etwa getan haben. – Prüfen und üben sollen die Drangsale ferner unser Gottvertrauen und unser Verlangen nach dem Himmel. Not lehrt beten und im Beten beharren, wenn es auch aussieht, als nütze alles nichts; lehrt sich anklammern an den Einzigen, der helfen kann, wenn die ganze Welt uns verlässt. Da kann man auch zeigen und üben himmlischen Sinn. „Wenn wir nur für dieses Leben auf Christum hofften, dann wären wir bedauernswerte Menschen“ (1 Kor 15). Wie herrlich leuchtete das Gottvertrauen des geduldigen Job in der finsteren Nacht der Schmerzen und Verlassenheit! Ich weiß (sprach er), dass er lebt, der mich erlösen wird; und will er mich nicht erlösen in diesem Leben, dann gewiss im anderen; in diesem gemarterten Fleische werde ich ihn schauen. – Mit tausend Banden an diese Erde gekettet, sollen wir doch nicht für diese Welt leben, sondern nach dem Glück des Himmels, unserer ewigen Heimat, uns sehnen. Wie viele Menschen gibt es, die kaum jemals an den Himmel denken, immer hier bleiben möchten, wenn sie dürften. Wie würde das erst sein, wenn die Erde ein Paradies wäre und kein Tränental! Da würden gar wenige denken an den Himmel, noch weniger ihn suchen und finden. – Endlich muss unsere Liebe und Treue erprobt werden in Leiden, wie Gold im Feuer. Die Liebe sagt mit Tobias: „Haben wir die guten Tage aus Gottes Hand genommen, so lasst uns auch die schlimmen annehmen von ihm“ und die Hand küssen, die uns züchtigt; denn es ist die Hand des besten Vaters, der uns aus Liebe prüfen will. In den Tagen des Glückes auf dem rechten Wege bleiben, ist nicht so schwer; aber sich gleich bleiben in den Tagen der Trübsal, das beweist die Festigkeit der Tugend. „Ein Schauspiel sind wir geworden Engeln und Menschen“, konnte Paulus in der Verfolgung sagen. Dagegen ist „nichts so schwer zu tragen als eine lange Reihe von guten Tagen“. Darum spricht der Engel zu Tobias: „Weil du Gott angenehm warst, musste die Prüfung dich bewähren.“

4. Also: trifft dich ein Schmerz, so halte still und frage, was er von dir will; die ewige Liebe schickt dir keine, bloß damit du mögest weinen. Erwecke den Glauben an Gottes väterliche Vorsehung, ohne die kein Haar von deinem Haupte fällt. Du bist in Gottes Hand, was zagest und klagest du? Du bist ein Sünder, bessere dich, und Gott kann deiner schonen. Du bist ein Sünder und musst Buße Tun. Hättest du nur eine einzige Sünde in deinem Leben getan, so wäre alles Elend der Welt ungenügend, sie zu sühnen. Nun aber hilft dir dein Heiland büßen. Schaue auf seine Leidensgestalt und schäme dich, ein weichliches Glied am gemarterten Leibe des Herrn zu sein. Mit Kleinem zahlst du in dieser Gnadenzeit viel ab. Sprich darum mit St. Augustinus: Herr, hier schneide, hier brenne, nur schone meiner in der Ewigkeit! In Gedulden leiden übt in jeglicher Tugend, erwirbt herrliche Schätze im Himmel. „Unsere gegenwärtige Trübsal, die augenblicklich und leicht ist, bewirkt eine überschwängliche, ewige, alles übersteigende Herrlichkeit“ (2 Kor 4). „Harre aus bis zum Ende, und ich will dir die Krone des Lebens geben“ (Offenb. 2,10).


Unterricht für den dritten Sonntag im Advent

Mitten in der Bußzeit bricht gleichsam die Freude der Kirche ob des nun nahen Geburtsfestes des Herrn hervor. Zum Eingange der Messe am 3. Sonntag ruft die Kirche uns mit dem Apostel zu: Freuet euch allezeit im Herrn, abermals sage ich freuet euch! Eure Sittsamkeit werde allen Menschen kund; denn der Herr ist nahe. Seid nicht ängstlich besorgt, sondern lasst in allen Dingen euer Anliegen in Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kund werden (Phil 4). Du hast gesegnet, o Herr, dein Land, hast weggenommen die Gefangenschaft Jakobs (Ps 84).

Gebet der Kirche: Wir bitten dich, o Herr, neige dein Ohr unserm Flehen und erleuchte die Finsternis unseres Gemütes durch die Gnade deiner Heimsuchung, der du lebst und regierst in Ewigkeit. Amen.

Lektion aus der Epistel des hl. Paulus an die Philipper IV, 5-7

Brüder, freuet euch allezeit im Herrn, abermals sage ich euch, freuet euch! Eure Sittsamkeit werde allen Menschen kund; denn der Herr ist nahe. Seid nicht ängstlich besorgt, sondern traget Gott in all euren Gebeten und Flehen eure Bitten mit Danksagung vor. Und der Friede Gottes, der allen Begriff übersteigt, bewahre eure Herzen und euren Verstand in Christo Jesu, unserm Herrn.

Erklärung

Die Freude im Herrn ist eine Freude darüber, was der Herr für uns getan hat; und dann eine Freudigkeit, welche die Gnade Gottes in uns bewirken will.

Die Erweise der göttlichen Liebe sind so überwältigend groß, dass dagegen verschwindend klein und unbedeutend alles andere sich ausnimmt, was uns sonst widerfahren kann. Insbesondere dass Gott uns seinen Sohn geschenkt hat und in ihm alles. Er, nach dem so lange die Altväter ausgeschaut und gerufen haben, will unser Trost sein und unsere Stärke in den Mühseligkeiten und Täuschungen des Lebens. Wer das recht erfasst hat, dem kann es an Herzensfreude niemals fehlen. Alle sonstige Freude ist von so vielen Zufälligkeiten abhängig und kann zudem nie vollkommen befriedigen.

Die Freudigkeit im Heiligen Geiste soll uns alles Leid leicht machen und uns helfen, dass unser ganzes Verhalten ein schönes Zeugnis für Religion und Tugend ist. Die Kraft unserer Religion ist derart, dass sie den ganzen Menschen ergreift und seinem Denken, Reden und Betragen ihren Stempel aufdrückt. Während die Sektierer meist etwas Düsteres und Unruhiges in ihrem Wesen haben, zeichnet der wahre Gläubige sich durch Heiterkeit und Frohsinn aus.

Die wahre Freude hat nichts mit Ausgelassenheit gemein, verbindet sich hingegen mit Sittsamkeit. Sie ist gepaart mit der Furcht des Herrn. „Denn der Herr ist nahe.“

Der Herr ist nahe nicht nur durch seine Allgegenwart; auch seine Ankunft zum Gericht ist nahe. Mag sie noch so lange dauern, was ist eine Reihe von Jahren gegen die Ewigkeit?

Die Erinnerung an das Ende soll uns besorgt machen, jedoch nicht ängstlich besorgt. Vor verwirrender, niederdrückender Angst soll uns das Vertrauen auf Gottes Liebe bewahren, weshalb wir unser Flehen stets mit Danksagung verbinden sollen.

Das Gottvertrauen der Christen wurde damals auf schwere Proben gestellt. Sie bildeten überall die Minderheit; die Großen der Welt schauten mit Verachtung auf sie herab; die Masse des Volkes war durch Lügen und Verhetzung gegen sie gereizt. Die Zeitumstände waren keine geringe Gefahr für Herz und Sinn. Da galt es, den Frieden zu bewahren, jene innere Freudigkeit, die der Herr uns verleiht, wenn wir ihm uns hingeben und dankbar sind. Dieser Weihnachtsgabe, die allen Begriff übersteigt, da nichts in der Welt ihr gleicht, möge die gute Benutzung des Advents uns würdig machen.

Evangelium Joh I, 1 9-28

In jener Zeit sandten die Juden von Jerusalem Priester und Leviten zu Johannes, dass sie ihn fragen sollten: Wer bist du? Und er bekannte, und leugnete es nicht, und bekannte: Ich bin nicht der Christus. Und sie fragten ihn: Was denn? Bist du Elias? Und er sprach: Ich bin es nicht. Bist du der Prophet? Und er antwortete: Nein! Da sprachen sie zu ihm: Wer bist du denn? Damit wir denen, die uns gesandt haben, Antwort geben. Was sagst du von dir selbst? Er sprach: Ich bin die Stimme des Rufenden in der Wüste: „Bereite den Weg des Herrn“, wie Isaias der Prophet gesagt hat. (Isaias 40,3) Die Abgesandten waren Pharisäer. Und sie fragten ihn und sprachen zu ihm: Warum taufest du aber, wenn du nicht Christus bist, noch Elisas, noch der Prophet? Johannes antwortete ihnen und sprach: Ich taufe mit Wasser, aber in eurer Mitte steht einer, den ihr nicht kennt. Dieser ist es, der nach mir kommen wird, der vor mir gewesen ist, und dessen Schuhriemen aufzulösen ich nicht würdig bin. Dieses ist zu Bethania jenseits des Jordans geschehen, wo Johannes taufte.

Warum fragten die Pharisäer Johannes, wer er sei?

Wie sie in ihm den Messias vermuteten wegen seines wunderbar strengen Lebens und außerordentlichen Auftretens.

Warum fragten sie, ob er Elias oder der Prophet sei?

Weil Malachias (4,5) geweissagt hatte, vor dem Messias werde ein Bote im Geiste und der Kraft des Elisas hergehen, um ihm den Weg zu bereiten; auch hatte schon Moses einen anderen Propheten verheißen, der ihm gleich sein werde - was die Juden freilich missverstanden.

Warum nannte sich Johannes nur die Stimme eines Rufenden?

Er nannte sich so aus Demut, und um alle Ehre von sich ab und auf den Heiland zu lenken, dessen Ankunft er kräftig ankündigte.

Worin bestehen die würdigen Früchte der Buße?

Darin, dass man seine Sünden nicht nur bereut und beichtet, sondern sich auch standhaft bessert. Der Ungerechte muss das ungerechte Gut zurückerstatten, den angerichteten Schaden ersetzen; der Verleumder muss widerrufen; den sündhaften Umgang muss man aufgeben, die Gelegenheiten meiden, sein Fleisch abtöten und beharrlich kämpfen. Wenn diese Früchte fehlen, kann die Buße keine würdige sein.

Was ist von der Taufe des Johannes zu halten?

Die Taufe des Johannes war eine Bußtaufe zur Vergebung der Sünden (Luk 3), indem sie in Verbindung mit der Bußpredigt zur Reue und zum Bekenntnis bewog, nicht aber Vergebung bewirkte gleich dem Sakrament der Taufe, die sie vorbedeutete.

Was bedeuten für uns die Worte: Es steht mitten unter euch, – den ihr nicht kennt?

Es ist eine Erinnerung an Gottes Allgegenwart, an die man so wenig denkt und deren Andenken doch so notwendig für uns ist.


Betrachtung über das öftere Andenken an Gottes Allgegenwart

1. Die Erinnerung an Gottes Allgegenwart schreckt uns ab von der Sünde. Die Sünde flieht das Licht. Es sieht niemand, niemand weiß es, so denkt der Sünder gewöhnlich, wenn er der Versuchung nachgibt. Das ist der Zügel, womit die Natur den Menschen zurückhält: die Gegenwart eines Menschen vermag die Ausbrüche der heftigsten Leidenschaften niederzuhalten. Vermag nun schon die Gegenwart eines Menschen so viel, was wird dann die Gegenwart Gottes vermögen, wenn man daran denkt, und alles dabei denkt, was der Glaube davon lehrt! Gott sieht mich – mein Herr und Schöpfer, der mich jeden Augenblick erhalten muss; mein Vater, der mich unaussprechlich liebt; mein Richter, der genaue Rechenschaft fordern wird und mich jeden Augenblick in die Hölle stürzen kann. Er sieht nicht nur mein Tun, sondern auch meine geheimsten Absichten. Und ich sollte sündigen, d.h. mich  ihm ins Angesicht widersetzen, vor seinen Augen sein Gebot mit Füßen treten, seine Majestät verachten, seine Gaben schmählich missbrauchen? – Dieser Gedanke war es, der zwei heldenmütige Seelen des Alten Bundes im schwersten Andrang der Versuchung aufrecht hielt. Joseph hielt der Versucherin entgegen: wie sollte ich dieses Üble tun und wider meinen Herrn sündigen! Und Susanna, wie siegte sie im gefährlichen Kampfe, bei dem alles auf dem Spiele stand? Sie denkt an ihren Gott, der ihr zur Seite steht und ihren Kampf mit ansieht. Dieser Gedanke gibt ihr Mut und Stärke. Es ist mir besser, sagt sie den greisen Bösewichten, schuldlos in eure Hände zu fallen, als vor dem Angesichte des Herrn zu sündigen.

Sieh da die sicherste Schutzwehr gegen die Sünde: solange du an den gegenwärtigen Gott denkst, sündigst du nicht. Sieh da andererseits den kürzesten Weg zum Sündenleben: die Gottvergessenheit. Daher gab der gottesfürchtige Tobias seinem Sohne die Lehre: Mein Sohn, alle Tage deines Lebens halte Gott vor Augen und hüte dich, dass du in keine Sünde einwilligst.

2. Der Gedanke an Gottes Gegenwart ermuntert uns zum Guten. Jeden Augenblick ist auf uns das Auge unseres himmlischen Vaters gerichtet, der uns vergelten will nach unsern Werken. Wie muss dieser Gedanke uns anspornen! Wenn Gott uns zuschaut, muss ich wohl meine Gebete und Andachtsübungen mit aller möglichen Ehrerbietung verrichten, und muss mich auch sonst in allem so benehmen, dass ich mir sein Wohlgefallen verdiene. Was tut nicht ein Dienstbote, der unter den Augen der Herrschaft arbeitet, ein Soldat, der unter den Augen seines Generals gegen den Feind geht: was tut man überhaupt nicht, wenn man mit Leuten umgehen muss, an deren Achtung und Wohlwollen uns etwas liegt! Sollte das Auge Gottes weniger vermögen, als das Auge der Welt? Für den Christen, der da lebt aus dem Glauben, enthält die Erinnerung an Gottes Gegenwart die mächtigsten Antriebe zur Ausübung jeglicher Tugend. Ja, es ist der kürzeste Weg zur Heiligkeit; der Weg, den alle gewandelt sind, die schon im himmlischen Vaterlande die Krone des Sieges tragen. Dieser Gedanke war das einzige Mittel, das Gott dem Abraham vorschrieb, da er ihn zum Muster der Vollkommenheit erziehen wollte. Was sollte er tun? „Wandle vor mir und sei vollkommen.“ Er sollte nur stets der Nähe seines Gottes eingedenk bleiben, das ist der direkte Weg zur Heiligkeit. Abraham hat die Kraft dieses Mittels erfahren. Er konnte nicht in der Einsamkeit leben und sich den Gefahren der verderbten Welt völlig entziehen; er musste unter Ungläubigen und heidnischen Lastern leben. Seine Seele hat dabei keinen Schaden gelitten; im Gegenteil, seine Tugend wuchs immerfort und leuchtete desto heller, je größer die Finsternis um ihn war. Warum? Wie er dem Gebote Gottes treu blieb: wandle vor mir.

3. Der Gedanke an Gottes Gegenwart ist ein süßer Trost im Leiden, an denen es ja niemals fehlt. Wie wohl tut es in Bedrängnis und Not, wenn man nur einen teilnehmenden Menschen hat, dem man seine Not klagen und sein Herz ausschütten kann; der nur Teilnahme zeigt, wenn er auch nicht helfen kann. Ein Kind unter wildfremden Leuten, von Arbeit abgemattet und krank – was würde es darum geben, wenn es nur mal zu Vater oder Mutter könnte und sich aussprechen bei ihnen, sein Leid ihnen klagen; aber es geht nicht, es ist zu weit, und schließlich können die Eltern doch nicht helfen. – Aber einer ist, der uns überall nahe ist, ob wir daheim sind oder in der Fremde. Er liebt uns weit inniger als Menschen tun können; er ist uns stet nahe und sein Ohr ist für uns stets offen; in sein Vaterherz können wir unsern Kummer getrost ausschütten, zu ihm reden zu jeder Stunde und an jedem Orte. Und er hört uns nicht nur mit Teilnahme und Liebe, gibt nicht nur einige Trostworte – nein, er ist überaus mächtig, in jeder Not kann er helfen und wird es tun, wenn wir seiner Hilfe uns würdig machen durch kindlichen Gehorsam, kindliches Vertrauen. Wenn er das Kreuz uns nicht abnehmen darf, so hilft er es uns tragen und wandelt es zu zeitlichem und ewigem Glück. O welch ein Trost müsste das für uns sein in allen Leiden, wenn wir es recht erfassten: Gott, mein Vater, ist bei mir; ohne seinen Willen fällt kein Haar von meinem Haupte; es mag kommen, was da will, ich bin in seiner Hand; denen, die Gott lieben, gereichet alles zum Besten.

Wandle vor mir! so spricht Gott auch zu uns. Möchten wir es auch tun: oft denken an Gott und seine Nähe. Daran denken, sooft wir beten; das ist die beste Vorbereitung. Daran denken, wenn die Arbeit hart und schwer fällt oder Ungeduld uns übermannen will. Stelle dir vor, dein Heiland stände sichtbar vor dir und spräche: Mein Kind, tue mir dies zuliebe; bewahre doch deine Geduld, ich will dich belohnen; nimm dein Kreuz auf dich und folge mir nach. Denk daran, wenn die Sünde reizt: Gott sieht mich, er kann mich jeden Augenblick sterben lasse, wie könnte ich dies tun vor seinen Augen!

Gebet: Ja, o mein Gott, der du stets mir nahe bist, in dem wir leben, uns bewegen und sind, ich will dich stets vor Augen haben und mich demütigen vor deiner höchsten Majestät. Nur zu sehr habe ich dich bisher vergessen. Wenigstens einige Mal alle Tage will ich daran mich erinnern, dass du bei mir bist, will dich grüßen mit Ehrfurcht und Liebe. Dann werde auch ich lernen, zu wandeln vor dir jetzt im Dunkel des Glaubens, und darf hoffen, dich einst zu schauen im Lichte der Glorie von Angesicht zu Angesicht.


Unterricht für den vierten Sonntag im Advent

Mit diesem Sonntage steigt die Sehnsucht der Kirche nach der Ankunft des Erlösers aufs höchste. Sie ruft zum Himmel mit dem Propheten zum Eingange der Messe:

Tauet, Himmel den Gerechten, Wolken, regnet ihn herab; die Erde tue sich auf und sprosse den Heiland (Is 45). Die Himmel erzählen die Herrlichkeit Gottes, und das Firmament verkündet die Werke seiner Hände (Ps 18).

Gebet der Kirche: Erwecke, o Herr, wir bitten dich, deine Macht und komme! eile uns mit deiner mächtigen Hilfe entgegen; auf dass unsere Erlösung, die unsere Sünden immer weiter von uns entfernen, durch die Kraft deiner Gnade und durch das Übermaß deiner Erbarmungen beschleunigt werde, der du lebst und regierst usw.

Lektion aus der Epistel des hl. Paulus an die Korinther IV, 1-5

Brüder, so halte uns jedermann für Diener Christi und Verwalter der Geheimnisse Gottes. Hier wird von Verwaltern gefordert, dass jeder treu erfunden werde. Mir aber liegt gar wenig daran, von euch oder von einem menschlichen Gerichtstage gerichtet zu wurden, und richte mich auch nicht selbst. Denn ich bin mir zwar nichts bewußt, aber darum bin ich noch nicht gerechtfertigt; der mich richtet, ist der Herr. Darum richtet nicht vor der Zeit, ehe der Herr kommt, der auch das im Finstern Verborgene an das Licht bringen und die Absichten der Herzen offenbar machen wird; und dann wird einem jeden sein Lob werden von Gott.

Erklärung

In der Kirchengemeinde zu Korinth gab es Parteiungen; die einen schlossen sich diesem Kirchenvorsteher an, die anderen jenem. So darf es nicht sein, sagt der Apostel. In der Kirche muss die Persönlichkeit hinter dem Amte zurücktreten. Die Priester haben ihre Bedeutung einzig als Diener Christ und Ausspender der Geheimnisse Gottes. Zu den ersten Priestern hat Christus gesagt: Wer euch ehrt, ehrt mich, wer euch verachtet, verachtet mich. Das sollen sich solche merken, die nach dem Beispiel der priesterfeindlichen Welt die Diener der Religion herabsetzen. Der erste Christenkaiser pflegte zu sagen: Wenn ich einen Priester sündigen sähe, so würde ich ihn mit meinem kaiserlichen Mantel bedecken.

Was man außer ihrem Amte an ihnen ehren soll, ist nicht vor allem, dass sie diese oder jene Gabe haben, sondern dass sie treu befunden werden. Ein Herr fragt nichts danach, ob sein Verwalter ein glänzender Redner, geistvoller Schriftsteller oder gesuchter Gesellschafter ist, sondern ob er ein treuer Verwalter ist. Die Treue im kleinen anerkennt und ehrt er. So verlangt Gott von den Dienern seiner Kirche nicht, daß sie eine große Rolle spielen in der Welt, sondern dass jeder auf seinem Platze treu befunden werde. Dass sie ihr Amt nicht vernachlässigen, nicht ihre Ehre, ihren Vorteil suchen, sondern die Ehre des Herrn, das Heil der Seelen. Sie haben sich nicht um die Gunst oder Ungunst der Welt zu kümmern, sondern um das Wohlgefallen des Herrn.

Ein gutes Gewissen ist zwar der größte Reichtum; doch dürfen wir darauf nicht pochen. Es gibt Abgründe im Menschenherzen, die wir oft selbst nicht ergründen. Manchmal irrt das Gewissen, mancher hält sich für besser als er ist, hält Laster gar für Tugenden. Deshalb haben auch Heilige gezittert vor Gottes Gericht.

Das muss uns recht demütig machen und behutsam, damit wir uns kein Richteramt anmaßen über den Nächsten, das uns nicht zukommt. Wir können mit Sicherheit nicht einmal uns selber richten, viel weniger andere. Was in und an einem jeden ist, wird erst der Gerichtstag offenbaren.

Eine Art Gericht begann schon bei der Ankunft des Herrn in der ersten Weihnacht. Sein erstes Erscheinen machte die Herzen vieler offenbar und brachte schon eine Scheidung hervor unter der Menschheit. Das dauert noch fort. Auch sein bevorstehendes Fest wird dies fortsetzen. Möchten wir uns da als wahre Christen zeigen und uns nicht zu den Unchristen halten, die in seinem Feste nur eine Gelegenheit zu neuen Zerstreuungen und Vergnügen sehen.

Gebet: Ach, Herr! gehe mit deinen Dienern nicht ins Gericht; denn vor deinem Angesichte ist kein Lebender gerecht - ganz rein befunden worden (Ps 142).

Evangelium Luk III, 1-6

Im fünfzehnten Jahre der Regierung des Kaisers Tiberius, als Pontius Pilatus Landpfleger von Judäa, Herodes Vierfürst von Galiläa, Philipp, sein Bruder, Vierfüst von Ituräa und der Landschaft Trachonitis, Lysania Vierfürst von Abilene war, unter den Hohenpriestern Annas und Kaiphas, erging das Wort des Herrn an Johannes, den Sohn des Zacharias, in der Wüste. Und er kam in die ganze Gegend am Jordan und predigte die Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden; so wie geschrieben steht im Buche der Reden Isaias´des Propheten; die Stimme eines Rufenden in der Wüste, bereitet den Weg des Herrn, macht gerade seine Pfade. Jedes Tal soll ausgefüllt und jeder Berg und Hügel abgetragen werden; was krumm ist, soll gerade, und was uneben ist, soll ebener Weg werden. Und alles Fleisch wird das Heil Gottes schauen.

Warum wird die Zeit der Predigt des Johannes so umständlich beschrieben?

Der Evangelist führt gegen seine Gewohnheit alle damals im Judenlande regierenden Fürsten und Hohenpriester an, um für alle Zukunft genau die Zeit zu bestimmen, in der Christus als Weltheiland öffentlich aufgetreten ist, nachdem er von Johannes getauft und vom himmlischen Vater feierlich als Messias bezeugt war. Diese Zeitbestimmung war wichtig, weil mehrere Prophezeiungen die Ankunft des Messisas genau vorausverkündigt hatten; so jene des Patriarchen Jakob über die Wegnahme des Zepters von Juda, und jene des Propheten Daniel von den 69 Jahrwochen.

Warum heißt es: Es erging das Wort des Herrn an Johannes?

Weil Johannes auf ausdrückliche Weisung Gottes, sei es durch einen Engel oder durch innere Erleuchtung, die Einsamkeit verließ, Buße predigte und die Ankunft des Messias verkündigte.

Was will sagen : "Bereitet den Weg des Herrn, machet gerade seine Wege usw.?"

Es heißt, sein Herz zur Aufnahme der Gnade Christi würdig machen durch Buße, Besserung und frommen Lebenswandel. Jedes Tal soll ausgefüllt werden, heißt: Kleinmut, Lauigkeit, Trägheit und Feigheit soll aus dem Herzen verbannt, irdische, fleischliche Gesinnung daraus vertrieben, dagegen die Seele durch festes Vertrauen auf Gott, durch eifriges Verlangen nach den ewigen Gütern, durch Tugendübung zu Gott, dem höchsten Gute, erhoben werden. Berge und Hügel abtragen heißt Stolz, Rechthaberei, Ehrgeiz beugen, den Eigensinn brechen und sich demütigen. Das Krumme gerade machen heißt, alles ungerechte Gut zurückerstatten, Heuchelei und Scheinheiligkeit, Arglist und Falschheit ablegen und in Einfalt des Herzens, in reiner Absicht nur Gott und seinen heiligen Willen suchen. Unebenes zu ebenem Wege machen, heißt Zorn, Rachgier und Ungelduld überwinden und so dem Lamme Gottes eine Wohnung im Herzen bereiten.

Es kann auch noch bedeuten, dass der Heiland durch seine Ankunft den Hochmut der Welt und ihre falsche Weisheit zu schanden machte durch sein demütiges Auftreten und indem er seine Kirche auf die Apostel baute, die durch geringen Stand und Einfalt vor der Welt niedrig waren; dass ferner der Weg zum Himmel, der vordem sehr beschwerlich war, durch die Gnade und Erleuchtung Christi geebnet, leichter zu wandeln ist.

Gebet: Ach, dass dir, mein Jesu, doch auch der Weg zu meinem Herzen recht bereitet und gebahnt wäre! Berwirke du selbst, mein Heiland, was ich aus mir nicht kann. Mache mich zu einem demütigen Tal, und fülle es aus mit deiner Gnade; richte meinen krummen und verkehrten Willen nach deinem Wohlgefallen; ändere meine rauhe, zornige Gemütsart, schaffe weg oder verbessere in mir, was dir im Wege steht, damit du ungehindert mich heimsuchen und ewig besitzen mögest. Amen.


Unterricht vom heiligen Sakramente der Buße

Was und wie vielerlei ist die Buße?

Unter Buße versteht man
1. die Tugend oder Gesinnung des Herzens, wodurch der Mensch die begangenen Sünden als eine Beleidigung Gottes haßt und verabscheut, und zugleich fest entschlossen ist, sein Leben zu bessern und für das Geschehene Genugtuung zu leisten. Kommt aber noch das aufrichtige Bekenntnis der Sünden vor einem Prieset und die Lossprechung durch denselben hinzu, so versteht man unter Buße
2. das Sakrament der Buße, das Christus eingesetzt hat (Joh 20,22-23), und wodurch dem reumütigen und bußfertigen Sünder alle nach der Taufe begangenen Sünden können nachgelassen werden. -
Endlich versteht man unter Buße noch die Übung von Bußwerken, die wir bei der Beichte auferlegt bekommen oder freiwillig übernehmen.

Welche Buße ist zur Vergebung der Sünden notwendig?

Alle sind notwendig; denn ohne vorausgehende Herzensbekehrung zu Gott, d.h. ohne wahre Reue über seine Sünden, ohne den ernstlichen Vorsatz, sich zu bessern und genugzutun, kann der, der nach der Taufe gesündigt hat, keine Vergebung erhalten, wenn er auch alle seine Sünden dem Priester beichtet. Dass aber auch das Sakrament der Buße allen zur Vergebung der Sünden notwendig sei, geht deutlich hervor aus der Einsetzung desselben durch den göttlichen Heiland. Daher gibt die Kirchenversammlung von Trient die feierliche Erklärung: Das Sakrament der Buße ist den nach der Taufe Gefallenen zur Seligkeit notwendig, wie den noch nicht Wiedergeborenen die Taufe (Sess. 14,c.2).

Kann das Sakrament der Buße niemals ersetzt werden?

Wenn man das Sakrament der Buße nicht empfangen kann, so kann es ersetzt werden durch eine vollkommene Reue und den ernsten Vorsatz, die Sünden zu beichten. - Der Vorsatz zu beichten muß in der Reue deshalb eingeschlossen sein, weil nun einmal die Pflicht, dem Richterstuhle der Buße alle schweren Sünden zu unterwerfen, allgemein ist und immer fortbesteht. Sicher aber hat derjenige nicht die gehörige Reue, der die göttliche Vorschrift zu erfüllen nicht bereit ist.

Können alle Sünder Buße tun?

Mit der Gnade Gottes können es alle, auch die größten Sünder; denn Gott ruft sie ja so väterlich zu sich, indem er spricht: "So wahr ich lebe... Ich habe kein Wohlgefallen am Tode des Gottlosen, sondern dass der Gottlose sich bekehre von seinem Wege und lebe. Bekehret euch, bekehret euch von euren sehr bösen Wegen! Denn warum wollt ihr sterben?... Die Gottlosigkeit wird dem Gottlosen nicht schaden an dem Tage, da er sich von seiner Gottlosigkeit bekehret (Ezech 33,11-12). Wie könnte Gott Bekehrung und Buße vom Sünder verlangen, wenn dieses ihm unmöglich wäre?

Tun alle, die zur Buße gehen, wahre Buße?

Leider nicht! Denn mit der Beichte allein ist es noch nicht getan. Wenn, wie im heutigen Evangelium gesagt worden ist, die Täler nicht ausgefüllt, die Berge nicht abgetragen, das Krumme nicht gerade und das Unebene nicht eben gemacht wird, d.h., wenn kein ernstlicher Abscheu vor der Sünde vorhanden ist, wenn die bösen Neigungen und Gewohnheiten nicht ausgerottet, wenn das ungerechte Gut und die verletzte Ehre nicht wieder erstattet, wenn die nächste Gelegenheit zur Sünde nicht gemieden werden und keine wahrhafte Besserung des Lebens erfolgt, oder wenigstens sich kein ernstliches Streben, besser zu werden, kundgibt; so ist auch nicht ein Schatten einer wahren Buße vorhanden, sollte man auch alle acht Tage beichten. Und leider, wie viele solcher Büßer sieht man heutzutage! - Warum aber? Weil man glaubt, die Buße bestehe nur in der Beichte, nicht aber in der Besserung des Lebens, weil man nicht beichtet wie man beichten muß; denn man kann nicht gut beichten, ohne wahre Bußfertigkeit. Deshalb lese und übe man fleißig folgende Punkte, die zu einer guten Beichte erfordert werden.

I. Von der Gewissenserforschung

Was heißt, sein Gewissen erforschen?

Über seine Sünden ernstlich nachdenken, damit man sie wohl erkenne. - Nichts ist dem Beichtenden notwendiger, als klare Erkenntnis seiner Sünden. Er soll nämlich sein eigener Ankläger werden, aber wie will er ohne Kenntnis seiner Sünden sich anklagen? Er soll seine Sünden bereuen, den Vorsatz der Besserung fassen, für die begangenen Sünden eine möglichst entsprechende Genugtuung leisten: wie könnte er es, ohne die Sünden und die Größe des Unrechts zu erkennen?

Wie soll man sein Gewissen erforschen?

1. Beginne man mit der Anrufung des Heiligen Geistes. Man bedarf der Gnade Gottes, um seine Sünden recht zu erkenne, sie aufrichtig zu bereuen und zu beichten.
2. Ist dieses geschehen, so frage man sich, wann und wie man das letztemal gebeichtet habe, ob man sein Gewissen gehörig erforscht, Reue und Vorsatz erweckt, aufrichtig gebeichtet, die auferlegte Buße verrichtet, etwa zugefügten Schaden vergütet habe.
3. Durchgehe man die Gebote Gottes und der Kirche, die verschiedenen Gattungen der Sünde und die Standespflichten. Ein Familienvater erforsche sich, wie er seine häuslichen Pflichten erfüllt, seine Kinde erzogen, ein Kind, wie es seinen Eltern gehorcht, ein Dienstbote, wie treu er seiner Herrschaft gedient, ein Geschäftsmann, wie redlich er sich in den Geschäften benommen. Die Erforschung muß sich erstrecken auf Gedanken, Worte und Werke, und wenigstens bei den Todsünden auch die Zahl und die Umstände, welche die Gattung der Sünde verändern. Man suche auch die Ursache der Sünden aufzudecken, ob gefährlicher Umgang, Nachlässigkeit im Gebete, Müßiggang usw. dieselben herbeigeführt haben. Um vieles wird die Erforschung leichter, wenn man sich die Orte ins Gedächtnis zurückruft, wo man gewesen ist, die Personen, mit denen man umgegangen ist, die Geschäfte, die man verrichtete.

Vor welchen Fehlern soll man sich bei der Gewissenserforschung hüten?

1. Vor zu großer Flüchtigkeit und Oberflächlichkeit. Der Empfang des heiligen Bußsakramentes erfordert wenigstens so viel Vorbereitung, als ein anderes wichtiges Geschäft des Lebens, daher verlangt auch die Kirchenversammlung von Trient, "eine fleißige Durchforschung, eine Durchsuchung aller Falten und Winkel des Gewissens".
2. Man verhehle sich seine Lieblingsfehler nicht. Es ist so schwer, dieselben abzulegen, und deshalb verheimlicht man sich so gern die Schwere oder Bösartigkeit derselben.
3. Man beurteile seine Sünden nicht nach den Grundsätzen der Welt. Diese hält vieles für erlaubt, anderes für Schwachheiten, obschon es vor Gott höchst verwerflich ist.
4. Man sei aber auch nicht ängstlich. Sorgfalt und Fleiß sind lobenswert, Ängstlichkeit jedoch schadet.

II. Von der Reue

Was und wie vielerlei ist die Reue?

Die Reue ist nach den Worten der Kirchenversammlung von Trient ein Schmerz der Seele und ein Abscheu über die begangene Sünde, mit dem Vorsatze, künftighin nicht mehr zu sündigen. - Entspringen dieser Schmerz und Abscheu nur daraus, dass man sich durch die Sünde einen zeitlichen Schaden, Schande oder Strafe zugezogen hat, so ist die Reue eine natürliche; bereut und verabscheut man aber seine Sünde aus Gründen des Glaubens, also weil man dadurch Gott beleidigt und wider seinen heiligen Willen gehandelt, oder weil man die heiligmachende Gnade, das Wohlgefallen Gottes, die Seligkeit verloren, in die Knechtschaft des Satans gefallen, die Hölle oder das Fegefeuer verdient hat, so ist dieses eine übernatürliche Reue; und diese ist entweder eine vollkommene, wenn sie aus der vollkommenen Liebe entsteht, d.h. wenn man die Sünde mehr als alle anderen Übel verabscheut einzig darum, weil sie Gott, den Liebenwürdigen, beleidigt - oder unvollkommene, wenn sie aus unvollkommenen Beweggründen, also nicht aus der vollkommenen Liebe hervorgeht, sondern wenn man hauptsächlich die Furcht vor der Hölle oder vor dem Verluste des Himmels, oder die Häßlichkeit und Schwere der Sünde antreibt, diese über alles zu verabscheuen und Gott nicht mehr beleidigen zu wollen.

Wie muß die zur Nachlassung der Sünden erforderliche Reue beschaffen sein?

Sie muß
1. innerlich sein, d.h. man muß seine Sünden nicht nur mit dem Munde bereuen, sondern auch im Herzen als das größte Übel verabscheuen und aufrichtig wünschen, sie nie begangen zu haben. Darum sagt der Prophet Joel zu den Juden, die sich äußerlich reuevoll stellten, weinten und ihre Kleider zerrissen: "Zerreißet eure Herzen und nicht eure Kleider" (Joel 2,13). Und David seufzt: Ein Opfer vor Gott ist ein betrübter Geist, ein zerknirschtes und gedemütigtes Herz wirst du, o Gott, nicht verachten" (Ps 50,19).
2. Allgemein, d.h. sie muß sie sich wenigstens über alle Todsünden erstrecken. Würde man auch nur über eine schwere Sünde keine Reue haben, so könnte Gott weder diese, noch die andern verzeihen, da die eine ohne die anderen nicht vergeben werden kann, und eine einzige Todsünde dem Menschen die ganze Feindschaft Gottes zuzieht. Anders verhält es sich mit den läßlichen Sünden, da man diese auch durch andere Mittel tilgen kann, und da sie an und für sich die Freundschaft Gottes nicht aufheben. Es verdienen jedoch die Worte des hl. Franz von Sales beherzigt zu werden: "Wir sind nicht verbunden, uns über die die läßlichen Sünden anzuklagen, wenn wir nicht wollen; beichten wir sie aber, so soll es mit Zerknirschung und dem festen Entschlusse geschehen, sie in Zukunft zu meiden; sonst würde das Bekenntnis derselben ein bloßer Mißbrauch sein; denn ohne wahre Reue werden auch läßliche Sünden durch das Sakrament der Buße nicht getilgt." Beichtet man nur läßliche Sünden, ohne auch nur eine derselben wahrhaft zu bereuen, so wäre die Beichte ungültig.
3. Übernatürlich; denn will der Sünder zu Gott zurückkehren, so muß er auch einen Beweggrund haben, der ihn an Gott erinnert und zu Gott zurückführt.

Muß die Reue auch vollkommen sein?

Zum gültigen Empfange des Bußsakramentes ist die vollkommene Reue nicht erforderlich. Dennoch soll man sich bemühen, eine solche zu erwecken, weil sie Gott wohlgefälliger und verdienstlicher ist, und weil man um so größere Gnade erlangt, je vollkommener die Reue ist. Sobald es gelingt, eine vollkommene Reue zu erwecken, werden selbst die schwersten Sünden vergeben; doch muß man dieselben noch beichten, weil dieses ein Gebot Christi ist.

Welche haben zu befürchten, dass sie bei der Beichte nur eine natürliche oder gar keine Reue haben?

1. Diejenigen, die sich wenig Mühe geben, kennen zu lernen, was eine wahre Reue sei;
2. jene, die oft täglich sündigen und bei allem ihrem Beichten sich nicht bessern; denn hätten diese eine wahre Reue über ihre Sünden, so würde auch ihr Vorsatz, das Leben zu bessern und die dazu notwendigen Mittel anzuwenden, kräftig sein, und sie würden gleichfalls durch die Gnade, die sie in diesem Sakramente empfangen, gestärkt werden, die Sünde wenigstens eine Zeitlang zu meiden. Da sie dieses aber nicht tun, so kann man mit Recht bezweifeln, ob sie eine wahre Reue gehabt, ob sie folglich das heilige Sakrament der Buße gültig empfangen und die heiligmachende Gnade erlangt haben. Endlich
3. jene, die ihre Sünden nicht eher bereuen und meiden, als bis sie dadurch in Schande und Spott oder in anderes Ungemach geraten sind.

Was ist zur Erweckung einer wahren Reue notwendig?

Zweierlei, die Gnade Gottes und die eigene Mitwirkung. Daß beide dazu erfordert werden, geht deutlich aus den Worten des Propheten Jeremias hervor, in denen er zu Gott betet: "Bekehre mich, o Herr, so werde ich bekehret; denn du bist der Herr, mein Gott. Denn nachdem du mich bekehret hast, tue ich Buße"; worauf Gott selbst antwortet; "Wenn du dich bekehrest, so werde ich dich bekehren" (Jer 15,19). Die Gnade Gottes ist also zur wahren, das Herz bekehrenden Reue am ersten und am allermeisten notwendig; sie muß das Werk der Bekehrung anfangen und vollenden. Deshalb soll man Gott demütig und die Gnade bitten, eine wahre Reue zu erwecken. Mit der Gnade Gottes soll nun aber auch der Sünder ernstlich und treu mitwirken und zu dem Zwecke ernstlich erwägen:
1. Wen man durch die Sünde beleidigt hat, nämlich Gott, den größten Herrn, vor dem die Engel aus Ehrfurcht ihr Angesicht bedecken, die Teufel hingegen, erzittern; den gerechtesten und strengsten Richter, der jedes Unrecht auf das schrecklichste bestrafen kann und muß; den besten Vater, der uns erschaffen hat, ernährt, erhält und mit unzähligen zeitlichen und ewigen Wohltaten überhäuft; den gütigsten Erlöser, der aus Liebe zu uns all sein Blut vergossen und den schmerzlichsten und schmählichsten Tod gelitten hat; den Heiligmacher, der in der heiligen Taufe uns aus Kindern des Zornes in Kinder Gottes, in Miterben Christi umschuf und uns mit seinen Gnaden wunderbar bereicherte; endlich das höchste und allerbeste Gut, die Urquelle aller Schönheit und Güte;
2. was man sich durch die Sünde verursacht; dass man sich nämlich durch die Todsünden des Himmels verlustig und der ewigen Höllenpein würdig macht, seine Seele der gnade und Freundschaft Gottes beraubt, sie aus einem Ebenbilde und Kinde Gottes zu einem Kinde und Sklaven des Teufels macht; durch die läßlichen Sünden hingegen die Seele verunstatet, die Liebe und den Tugendeifer schwächt, das Wohlgefallen Gottes an uns mindert, furchtbare Strafen hier und im Fegefeuer verdient, ja, sich sogar der Gefahr aussetzt, Todsünden zu begehen und ewig verdammt zu werden.
3. Bedenke man, warum man gesündigt hat? Ach, um einen Rauch von Ehre, um einer kurzen, augenblicklichen Wollust, eines eitlen Vergnügens, eines kleinen, schlechten Gewinnes willen, mit einem Worte, um ein Linsenmus wie Esau, um einen Tropfen Honig wie Jonathan, hat man Gott, den Himmel und die ewigen Freuden verkauft und verscherzt! ...
O mein Gott und Herr (kann man nach solchen Betrachtungen sagen), alle meine Sünden sind mir leid und reuen mich vom Grunde meines Herzens, weil ich dadurch dich, meinen strengen Richter, erzürnt und schwere Strafen in dieser und jener Welt verdient habe; weil ich gegen dich, meinen Vater und besten Wohltäter, so undankbar war; weil ich mit schuld war an Jesu Leiden und Tod, weil ich den Liebenswürdigsten nicht geliebt, sondern verachtet und beleidigt habe. O hätte ich es nie getan! Ich nehme mir fest vor, Buße zu tun, mein Leben zu bessern und alle gefährlichen Gelegenheiten zu meiden mit deiner Gnade. -
Besonders verweile man bei der Betrachtung des Leidens Christi. Dieses vor allem ist geeignet, die Gesinnungen wahrer Reue in unserm Herzen zu wecken; denn ein jeder kann und muß in Wahrheit sich sagen: Meiner Sünden wegen hat der Heiland am Kreuze sein Blut vergossen. Seine Wunden verkünden die Bosheit meiner Sünden und die Größe seiner Liebe ...Durch diese und ähnliche Betrachtungen wird es mit der Gnade Gottes leicht sein, sich zur Reue zu bewegen; aber ohne solche Erwägungen auch die schönsten Reue- und Leidformeln aus einem Gebetbuche oder auswendig beten, heißt nicht Reue und Leid erwecken, sondern hersagen. Dieses ist aber keineswegs genug; denn Reue und Leid müssen nicht in Worten, sondern in dem Schmerze und Abscheu eines zerknirschten Herzens bestehen.

Was soll jener tun, der glaubt, er könne keine wahre Reue erwecken?

Er soll eine eifrige Begierde nach einer großen Reue in sich zu erwecken suche. Empfindet er eine solche Begierde nicht, so bitte er wenigstens Gott um die Gnade, eine solche Begierde nach einer wahren Reue in sich zu erlangen. "Das Verlangen der Armen erhöret der Herr" (Ps 10,17). Auch möge man eifrig der heiligen Messe beiwohnen, um die Gnade wahrer Reue zu erlangen. Jede Messe ist ja eine Wiederholung des Kreuzopfers, man kann sich dabei leicht das bittere Leiden Christi vorstellen, von dem Blutschweiß in Gethsemane bis zum Tode; und nichts rührt unser kaltes Herz mehr als der Gedanke: siehe, auch über deine Sünden hat dein Heiland sich derart betrübt und entsetzt, dass er Blutschweiß vergoß; auch deine Sünden haben ihn gegeißelt, mit Dornen gekrönt, unsäglich gemartert an Leib und Seele, bis zum Kreuzestod. Ferner ist eine besondere Frucht des andächtigen Messehörens die Bußgnade. Diese wurde ja auch bei dem blutigen Opfer Christi so wunderbar reichlich ausgeteilt; sogar an einen Straßenräuber, an den heidnischen Hauptmann, der an seine Brust schlug, und an viele aus dem Volke, die erschüttert heimgingen.

III. Von dem Vorsatze

Der Vorsatz, sein Leben zu bessern, ist zur Buße und zur Vergebung der Sünden ebenso notwendig als die Reue; denn wie könnte derjenige von Gott Verzeihung erhalten, der nicht aufhören will, ihn zu beleidigen? Indessen hat derjenige, der eine wahre Reue hat, gewiß auch einen festen Vorsatz; denn der Wille, fortzusündigen, kann mit dem Abscheu vor der Sünde nicht bestehen. Deshalb nennt die Kirchenversammlung von Trient die Reue einen "Schmerz der Seele und einen Abscheu über die begangene Sünde, mit dem Vorsatze, fernerhin nicht mehr zu sündigen".

Wie muß der Vorsatz beschaffen sein?

Der Vorsatz muß wie die Reue
1. innerlich oder ernstlich sein, d.h. man muß nicht nur mit dem Munde sagen, ich will mich bessern, sondern man muß den aufrichtigen Willen haben, um keinen Preis, durch keine Furcht und keinen Nachteil sich zur Wiederverübung der Sünde bewegen lasse;
2. allgemein, d.h. er muß sich wenigstens auf alle Todsünden erstrecken, sowohl auf jene, die man begangen hat, als auf andere, die man begehen könnte;
3. übernatürlich, d.h. er muß gleich der Reue aus Beweggründen des Glaubens hervorgehen. Ungenügende wäre demnach der Vorsatz desjenigen, der vom Sündigen nur deshalb abließe. weil er der Zerrüttung seiner Gesundheit vorbeugen oder der Schande ausweichen wollte. -
Beichtet man nur läßliche Sünden, so wird ebenfalls wie Reue, so auch Vorsatz wenigstens rücksichtlich einer oder einer Gattung derselben erfordert. Sicherer wird es sein, Reue und Vorsatz auch über eine schwere Sünde des vergangen Lebens zu erwecken, die man nochmals namentlich einschließt.

Wozu muß derjenige entschlossen sein, der einen guten, ernstlichen Vorsatz gefaßt hat?

Er muß entschlossen sein:
1. wenigstens alle schweren Sünden zu meiden, so dass er um keine Preis auch nur eine begehen möchte;
2. die Gefahr zur Sünde zu fliehen und besonders die nächste Gelegenheit, d.h. die Personen, Gesellschaften, Spiele und dergleichen, wodurch man gewöhnlich zur Sünde verleitet wurde, oder, wenn man sie nicht meidet wahrscheinlich verleitet wird;
3. die notwendigen Besserungsmittel anzuwenden, die der Beichtvater vorschreibt oder Gott selbst ihm zu erkennen gibt;
4. die schuldige Genugtuung zu leisten, und
5. das durch die Sünde getane Unrecht und den dadurch verursachten Schaden wieder gut zu machen, die verletzte Ehre des Nächsten wiederherzustellen, das gegebene Ärgernis, die gestiftete Feindschaft usw. nach Möglichkeit aufzuheben usw.
Wer hierzu fest entschlossen ist, von dem kann man sagen, daß er einen guten, ernstlichen Vorsatz gefaßt hat.

Welche haben also keinen wahren Vorsatz?

1. Welche gar keinen Fleiß anwenden, ihre Sünden und sündhaften Gewohnheiten, z.B. des Fluchens, Trinkens, schlechter Reden, übler Nachreden usw. abzulegen oder die nötigen oder vorgeschriebenen Besserungsmittel nicht gebrauchen;
2. welche borgen, Schulden machen, obwohl sie wissen, dass sie nicht zahlen können, auch sich um Zurückzahlung nicht kümmern oder das Ihrige verschwenden, so dass die Ihrigen die äußerste Not leiden müssen;
3. welche die Gefahr und namentlich die nächste Gelegenheit zur Sünde nicht meiden, z.B. jene, die leichtfertige Personen, mit denen sich zu sündigen pflegen, nicht verlassen oder von sich schaffen; jene, die Tag und Nacht in Wirtshäusern sitzen, obwohl sie aus Erfahrung wissen, dass sie sich fast jedesmal durch Streit, Trinken, Spielen, Verschwendung ihres Vermögens, unzüchtige Reden, Verleumden, Ehrabschneider, Murren wider die geistliche und weltliche Obrigkeit und dergleichen versündigen und auch andere dazu aufmunter, ja, oft sogar nötigen; desgleichen die Wirtsleute, die um des Gewinnens willen, solch liederliches Gesindel anlocken, aufhalten und vielleicht sogar berauschen helfen.
Alle diese sind aus Mangel eines wahren Vorsatzes der Lossprechung unwürdig.

IV. Von der Beichte

Was ist die Beichte? Ist sie notwendig?

Die Beichte ist ein reumütiges Bekenntnis der begangenen Sünden vor dem dazu verordneten Priester, um von ihm die Lossprechung zu erhalten. -
Schon im Alten Bunde war ein Sündenbekenntnis vor dem Priester vorgeschrieben,das mit einem Opfer, das Schuld- oder Sühnopfer genannt wurde, verbunden war, aber nur durch den Glauben an den kommenden Erlöser, auf den dieses Opfer hindeutete, die Vergebung der Sünden bewirkte (3 Mos 5,5-6 und 4 Mos 5,7; vergl. Matth 3,6). Ja, schon von den ersten Menschen verlangte Gott, dass sie ihre Sünden bekennen, beichten sollten; und erst auf ihr Geständnis hin gab er ihnen die Hoffnung auf Erlösung. Kain sollte ebenfalls bekennen; weil er verstockt sich weigerte, wurde er von Gott verstoßen.
Im Neuen Bunde hat Jesus den Aposteln und ihren Nachfolgern im Priesteramte die Gewalt verliehen, die Sünden nachzulassen oder zu behalten (Joh 20,21-24), und damit auch die Notwendigkeit, denselben seine Sünden zu beichten ausgesprochen. Denn als Christus die erwähnte zweifache Gewalt den Aposteln verlieh, konnte es unmöglich in seiner Absicht liegen, dass sie nach Willkür von dieser oder jener Gewalt Anwendung machten; sondern vermöge seiner unendlichen Weisheit, Heiligkeit und Gerechtigkeit mußte er sie verpflichten, nur diejenigen von ihren Sünden loszusprechen, die dessen würdig und fähig wären, den anderen aber die Sünden zu behalten, d.h. nicht nachzulassen. Der Priester muß demnach einen Unterschied machen zwischen Sünder und Sünder. Das ist ihm aber ohne genaue Kenntnis von dem Seelenzustande nicht möglich. Wie will er diesen nun erfahren, wenn nicht der Sünder selbst es ihm offenbart? -
Christus verlieh den Priestern die Gewalt, Sünden nachzulassen oder zu behalten, und hat sie dadurch zu Richtern aufgestellt. Gleichwie nun ein weltlicher Richter den Angeklagten weder lossprechen noch verurteilen kann, wofern er nicht von den Verbrechen, von der Größe und Zahl derselben und von der ganzen Sachlage des Angeschuldigten die nötige Kenntnis genommen hat: ebenso muß der Priester, um als geistlicher Richter an Christi Statt einen gerechten Ausspruch zu tun und entscheiden zu können, ob er den Sünder binden oder lösen, d.h. ihn freisprechen oder eine andere Buße auferlegen muß, den Gewissenszustand des Sünders, die Art und Größe seiner Verschuldung usw. genau und zuverlässig kennen. Diese Kenntnis kann er aber nur vermittels der aufrichtigen und vollständigen Selbstanklage des Sünders erhalten; folglich ist dieser auch zu einer solchen verpflichtet, wenn er der Gnade des heiligen Bußsakramentes teilhaftig werden will. -
Die Beichte ist also kein menschliches Gesetz und keine menschliche Erfindung, sondern Christus selber hat sie angeordnet. Daher haben auch schon die ersten Gläubigen diese Vorschrift mit dem demütigem Herzen erfüllt, wie das aus der Apostelgeschichte hervorgeht, wo es heißt: "Die Gläubigen kamen zu den Aposteln und bekannten, was sie getan hatten (Apostelg 19,18). Und so ging es fort durch alle Jahrhunderte, wie sich dieses durch zahlreiche Zeugnisse nachweisen läßt. Seit dem Ursprunge des Christentums ist die geheime Beichte von allen Christen als göttlich geboten immer anerkannt worden und allgemein im Gebrach gewesen; erst die sogenannten Reformatoren des sechzehnten Jahrhunderts fingen an zu leugenen, was bis dahin von allen Christen geglaubt worden war. Da also die Ohrenbeichte zu allen Zeiten des Christentums bei allen christlichen Völkern, in allen Ländern bis ins sechszehnte Jahrhundert ununterbrochen fortbestanden hat und heutzutage noch bei allen Katholiken und den Sekten, die sich in früheren Jahrhunderten schon der katholischen Kirche getrennt haben, fortbesteht, so wird jeder Verständige die Vernunftregel des gelehrten Vinzenz von Lerin, der vor mehr als 1400 Jahren lebte, von selbst auf die Beichte anwenden: "Was die in der ganzen Welt verbreitete Kirche allezeit und überall lehrt und beobachtet, und wovon man keine Zeit des Ursprunges oder der Einsetzung anzugeben weiß, dies muß man für eine von den Aposteln abstammende Lehre halten." Die Apostel aber hatten ihre Lehre nur von Christus empfangen. Mithin ist die sakramentale Beichte eine Lehre der Apostel, und folglich eine Lehre Jesus Christi. -
Allein abgesehen von allen Zeugnissen der frühesten Jahrhunderte, dürfen wir wohl die Einführung der Beichte, wenn sie nicht auf göttlicher Einsetzung beruhen soll, für rein unmöglich erklären. Vor allem läßt sich die Schwierigkeit derselben keineswegs in Abrede stellten. Haben nicht die Protestanten die Beichte für ein unausstehliches Joch, für eine "Gewissenstortut" erklärt? Und eine derartige, Kaiser und Könige, Päpste, Bischöfe und Priester drückende Last wäre auf den Nacken aller gewälzt worden, ohne daß die Rechtmäßigkeit der Verpflichtung jene bestritten hätten, die nicht schwiegen, wenn sie nur im geringsten sich in ihren Rechten gekränkt glaubten? Daher denn auch die feierliche Erklärung der Kirchenversammlung von Trient: "Wer leugnet, dass die sakramentale Beichte kraft göttlicher Anordnung eingesetzt oder zum Heile notwendig sei; oder sagt, die Weise, dem Priester allen zu beichte, welche die katholische Kirche von Angang an immer beobachtet hat, beruhe nicht auf der Einsetzung und dem Befehle Christi und sei eine menschliche Erfindung: der sei im Banne" (Sess 14, can 16).

Wie muß die Beichte beschaffen sein?

1. Vollständig; d.h. man muß wenigstens alle schweren Sünden beichte, deren man sich erinnert, samt der Zahl, so gut man sie angeben kann, und den notwendigen Umständen, insbesondere jenen, welche die Gattung der Sünde ändern oder eine sonst läßliche Sünde zu einer Todsünden machen; und überhaupt alles, wodurch der Beichtvater in den Stand gesetzt wird, den Gewissenszustand des Beichtkindes gehörig zu beurteilen und es vor allem Rückfalle zu bewahren, z.B. ob die Sünde schon zur Gewohnheit geworden ist. Obschon man nicht verpflichtet ist, die läßlichen zu beichten, so ist es dennoch sehr ratsam. Jedoch mögen fromme und ängstliche Seelen folgende Worte des hl. Franz von Sales sich merken: "Man muß nicht tändeln, daß man in der Beichte alle und die allerkleinsten Unvollkommenheiten aufzählen wolle... Man möge sich wegen dieser geringen täglichen Mängel bei unserem Heilande so oft anklaggen, als man dieselben an sich wahrnimmt; eine Demütigung im Herzen, ein Seufzer reichen dazu hin."
2. Aufrichtig, d.h. man muß sich so offen anklagen, wie man sich vor Gott schuldig erkennt, ohne etwas zu verschweigen, zu beschönigen oder durch falsche Vorwände zu entschuldigen.
3. Deutlich, d.h. man muß sich so ausdrücken, dass der Beichtvater alles wohl verstehen kann. Man nenne daher jede Sünde bei ihrem wahren Namen und hülle sie nicht in allgemeine Redensarten ein; auch die Worte spreche man deutlich genug aus.

Was soll das Beichtkind bedenken, wenn es sich schämt, aufrichtig zu beichten?

1. Dass eine Beichte, die nicht aufrichtig ist, weder Vergebung der Sünden, noch Gewissensruhe und süßen Trost verschafft, sondern dass sowohl sie, als auch die darauf folgende Kommunion eine neue große Sünde, ein Gottesraub ist und zur ewigen Verdammnis gereicht;
2. dass es doch besser ist, seine Sünden vor einem verschwiegenen Priester zu beichten, als immer unruhig in Sünden zu leben, unglückselig zu sterben und am Jüngsten Tage vor aller Welt zuschanden zu werden. Hart ist freilich die Selbstanklage, härter sind jedoch die Vorwürfe des Gewissens, ein unglückseliger Tod und die Schande am Jüngsten Tage! -
Wie leicht muss doch die Beichte jenem werden, der sich nicht einzig vom Gefühl, sondern auch von der Vernunft und dem Glauben leiten läßt! Wer beichtet? Ein schwacher Mensch, der noch keinen Anspruch darauf machen kann, einem Engel gleich zu sein; es beichten ein Sünder, der ungleich Härteres verdient. Und was beichtet er? Törichte Menschen, die wähnen, sie würden dem Beichtvater Unerhörtes aufdecken! Leider ist er infolge seines Berufes mit den Armseligkeiten der Menschheit nur zu vertraut. Und ebensowenig als der Arzt beim Anblicke der Wunden, wird der Beichtvater bei Anhörung der Sünden erschrecken. Wem beichtet man? Einem schwachen Sterblichen, der aus eigener Erfahrung die menschliche Hinfälligkeit kennt, der ebenfalls zu den Füßen des Priesters sein Sündenbekenntnis abzulegen hat. Aber was wird der Beichtvater von mir denken? Er wird denken, du seiest ein schwaches Adamsking gleich allen deinen Brüdern; oder vielmehr er wird, weil er Zeuge deiner Selbstüberwindung gewesen ist, in Zukunft eine bessere Meinung von dir hegen als zuvor. Glaube man doch nicht, ein Herz ohne Mitleid bei dem zu finden, der gleichen seinem göttlichen Meister den Beruf hat, zu retten, was verloren war. Freude wird es ihm gewähren, das verlorne Schäflein zu göttlichen Hirten zurückführen zu können, und er wird glücklich den Tag preisen, an dem es ihm vergönnt war, in ein Herz den Balsam des himmlischen Trostes zu träufeln. Doch wäre die Beschämung auch noch so groß; nur vor einem hat man sie zu bestehen. Denn der Beichtvater ist bekanntlich zum strengsten Stillschweigen rücksichtlich der ihm geoffenbarten Sünden verpflichtet.

Welchen Beichtvater soll man sich auserwählen?

Erwähle dir einen frommen, gelehrten und klugen Mann zum Beichtvater, damit du von ihm auf den Weg des Heiles geführt und geleitet werdest. Kannst du einen solchen nicht immer haben, so suche Gelegenheit, dass du einige Male im Jahre einen solchen antriffst, dem du dein ganzes Gewissen offenbarest. Tust du dieses redlich, vertraulich, beständig, folgest du ihm in allem, was er rät, dann wirst du auf dem geraden Tugendwege zum Himmel geführt werden. Laufe nicht von einem Beichtvater zum anderen, sondern bleibe bei einem. Wenn du auch schwer gefallen sein solltest, so offenbare es dennoch ohne Scheu, und zwar im Anfange der Beichte, vor allen anderen Sünden klage dich über diesen Fall an; ja, wenn du auch öfter in dieselbe oder in andere schwere Sünde fielest, bleibe doch bei einem und überwinde die Schamhaftigkeit aus Liebe zu Gott und deiner Seligkeit. Es ist sehr gefährlich, vom gewöhnlichen Beichtvater zu einem unbekannten zu gehen, wenn man schon lange Zeit und öfter eine gewisse schwere Sünde, namentlich wider die Keuschheit, begangen hat; denn dies ist ein Zeichen eines sehr schwachen Vorsatzes der Besserung; außer man wollte einem fremden, doch guten Beichtvater einmal das ganze Herz eröffnen, die böse Gewohnheit und Gelegenheit zu sündigen entdecken und nach seinem Rate das Leben in Zukunft einrichten; denn dies ist öfters sehr gut und ratsam.

V. Von der Genugtuung

Was versteht man unter der zum Bußsakramente gehörigen Genugtuung?

Die Verrichtung der Buße, die uns der Beichtvater auferlegt hat zur Abbüßung der zeitlichen Sündenstrafen und zur Besserung des Lebens.
Christus hat freilich für unsere Sünden seinem himmlischen Vater volle, ja überschwengliche Genugtuung geleistet; aber diese Genugtuung nützt nur jenen, die sich durch Bußwerke derselben teilhaftig machen. Deshalb wird in der Heiligen Schrift beständig zur Buße und Genugtuung ermahnt. Durch die Sünde ladet sich der Mensch Schuld und Strafe auf. Wenn also der Büßende von Gott Vergebung seiner Sündenschuld erhält, so wird ihm zugleich die ewige Strafe, die in der Hölle zu leiden wäre, nachgelassen; allein sehr häufig werden die zeitlichen Strafen der Sünden nicht nachgelassen. Darum sprach Nathan zu David: "Der Herr hat deine Sünde von dir genommen, doch wird dein Sohn des Todes sterben" (2 Kön 12,13-14). Solches entspricht der göttlichen Gerechtigkeit. In der Taufe wird die Schuld und Strafe der Sünde vollkommen getilgt. Wenn aber der Sünder diese Gnade seines Gottes verscherzt und wissentlich sein Gesetz übertritt, so geziemt es der unendlichen Majestät Gottes, dass solche Sünde nicht so ohne alle Genugtuung verziehen werde. Der Sünder soll es fühlen, wie unrecht er gehandelt habe, und welch ein großes Über die Sünde sei. "Es ist auch gar nicht zu bezweifeln," sagt die Kirchenversammlung von Trient (Sess 14. c. 8 de Poenit.), "dass diese genugtuenden Strafen zugleich ein starker Zaum sind, der die Menschen vom Sündigen zurückhält und die Büßer für die Zukunft behutsamer macht. Sie sind auch eine Arznei gegen die zurückgebliebenen Wirkungen der Sünden, und sie heben die durch ein sündhaftes Leben eingewurzelten bösen Gewohnheiten mittels der entgengesetzten Tugendübungen auf. Auch glaubte man zu jeder Zeit in der Kirche Gottes, dass es kein sichereres Mittel gebe, um die von Gott angedrohten Strafen abzuwenden, als dass die Menschen in dergleichen Bußwerken sich fleißig übten." Daher muß der Beichtvater dem Beichtkinde jedesmal eine gewisse Buße als Genugtuung auflegen, und zwar eine solche, die der Größe und Beschaffenheit der Sünde und den Verhältnissen des Büßenden entspicht. Der Beichtende aber ist streng verpflichtet, die ihm von dem Priester auferlegten Bußwerke willig anzunehmen und getreu zu verrichten. Denn diese Genugtuung macht einen Teil des Bußsakramentes aus, das ohne dieselbe unvollendet sein würde; und es wäre ein sicheres Zeichen, das es dem Sünder an der notwendigen Reue und Zerknirschung des Herzens fehlte, wenn er sich weigerte, den Bußwerken sich zu unterziehen, die der Priester an Gottes Statt ihm auflegt.

Ist die Beichte ungültig, wenn man die auferlegte Buße nicht verrichtet?

Wenn man nach der Beichte die Buße nicht verrichtet, aber doch in der Beichte den Willen hatte, sie zu verrichten, so ist die Beichte nicht ungültig; man begeht aber eine Sünde und beraubt sich vieler Gnaden.

Sollen wir nur jene Buße verrichten, die uns der Beichtvater auferlegt?

Nein, damit soll sich ein wahrer Büßer nicht zufrieden geben, zumal heutzutage wegen der Schwachheit und des geringen Eifers der Christen ganz leichte Bußwerke auferlegt werden. Denn will man nicht zugrunde gehen, so muß man Buße tun (Luk 13,3) und würdige Früchte der Buße bringen. Gott wird nicht anders bewogen, die Gnade der Beharrlichkeit im Guten zu erteilen, als durch Bußwerke, wodurch man die ihm zugefügten Unbilden an sich selbst abstraft. Das mutwillige Fleisch wird nicht aufhören zu sündigen, wenn es nicht beständig gezüchtigt wird. Daher kommt es, dass so wenige Sünder nach ihren Beichten standhaft im Guten verharren und ihre Versprechen halten, weil sie die freiwillige Bußübung unterlassen. Deswegen, mein Christ, verrichte gern in dieser Absicht so viel Gutes, als du kannst; alle Werke der Andacht, der Abtötung, der leiblichen und geistlichen Barmherzigkeit können dazu dienen, Genugtuung für deine Sünden zu leisten und dich von den zeitlichen Strafen immer mehr frei zu machen. Erdulde gern und willig zu ebendiesem Zwecke die Leiden und Widerwärtigkeiten, womit Gott dich heimsucht. Der gemeine Mann betrachte als heilsame Bußwerke alle seine schwere Arbeiten, der Arme seine Not, der Kranke seine Schmerzen, der Alte seine Gebrechlichkeiten usw. "Tuet Buße, denn das Reich Gottes ist nahe." Ohne Buße, ohne Abtötung seiner Sinne, ohne beständigen Kampf gegen seine Neigungen, ohne Flucht der Welt usw. kommt ein Sünder nicht in den Himmel, und wie wir täglich sündigen, so müssen wir auch täglich Buße tun. Wenn wir nur aufmerksam wären und Gottes weisen und erbarmungsvollen Absichten entsprechen wollten, so würden wir jeden Augenblick Gelegenheit finden, um Gott für unsere vielfältigen Fehler und Sünden Genugtuung zu leisten.

Ist man nach der Beichte nichts anderes zu tun schuldig, als der göttlichen Gerechtigkeit Genugtuung zu leisten?

Man ist auch schuldig
1. das gegebene Ärgernis und allen Schaden, den man dem Nächsten ungerechterweise verursacht hat, nach Kräften wieder gut zu machen, und
2. die geeigneten Mittel anzuwenden, um nicht mehr in die Sünde zurückzufallen und sein Leben zu bessern.


Unterricht von der allgemeinen oder Generalbeichte

(Aus dem Cöthener Gebetbuche.)

Generalbeichte nennt man die reumütige Anklage aller, wenigstens der schweren, wenn auch schon gebeichteten Sünden, die man von seiner Kindheit oder von sonst einem entfernten Zeitpunkte an begangen hat.
Der hl. Franz von Sales, jener vortreffliche Seelenführer und Kenner des menschlichen Herzens, hält dafür, dass eine allgemeine oder Generalbeichte sehr vielen Christen notwendig und in der Regel höchst nützlich ist. Oft sind die gewöhnlichen Beichten derjenigen, die nach der gemeinen Weise dahinleben, voll der gröbsten Fehler. Manche gehen zur Beichte aus Leichtsinn, Zwang, Gewohnheit, oder weil sie solches für anständig halten, ohne sich auch nur die Mühe zu nehmen, ihr Gewissen sorgfältig zu erforschen und ihre Sünden kennen zu lernen. Viele verschweigen aus falscher Scham schwere Sünden oder zur Beichte gehörende Umstände. Andere vermindern geflissentlich die Zahl ihrer Sünden oder lassen dieselben ganz aus. Einige wählen bei der Selbstanklage absichtlich allgemeine oder zweideutige Ausdrücke, so dass der Beichtvater die Schwere der Schuld nicht erkennen kann. Es gibt welche, die beichten und nicht den ernsten Willen haben, fremdes Gut oder die geraubte Ehre wieder zu ersetzen, noch den zugefügten Schaden wieder gut zu machen. Andere leben in Feindschaft und empfangen das heilige Bußsakrament, ohne sich ausgesöhnt zu haben, oder sich aufrichtig versöhnen zu wollen. Nicht selten geht man sogar zur Beichte mit einem heimlichen Willen, zur Sünde zurückzukehren. Man bereuet sie nur dem Munde, nicht im Innern des Herzens. Man ist nicht fest entschlossen, schändlichen Gewohnheitssünden ein für allemal zu entsagen, sündhafte Verbindungen aufzuheben, Gelegenheiten, die leicht zum Falle bringen, nach Kräften zu meiden. Daher sind die Beichten oft ungültig und gottesräuberisch, die Sünden also nicht nachgelassen. In solchen Fällen ist man unter der Strafe ewiger Verdammnis schuldig, eine Generalbeichte von der Zeit an, wo man ungültig gebeichtet hat, zu verrichten.
Ist aber auch die Generalbeichte nicht für jeden unumgänglich notwendig, so ist sie doch im allgemeinen sehr heilsam und nützlich. "Denn sie führt uns", sagt der hl. Franz von Sales, "zu einer besseren Erkenntnis unserer selbst, erregt in uns eine heilsame Beschämung über unser verflossenes Leben und bewirkt, dass wir die Barmherzigkeit Gottes bewundern, der mit so vieler Geduld uns erwartet hat; sie befreit unser Herz von mancher Unruhe und erteilt wahren Seelenfrieden, sie erweckt gute Vorsätze in uns, eranlaßt unseren geistliche Vater, uns Ermahnungen zu geben, die unserem Seelenzustande am meisten entsprechen, und ermutigt unser Herz, dass wir in den künftigen Beichten uns mit vollem Zutrauen ihm entdecken." Nur ängstlichen Seelen, die ihre Sünden allzeit aufrichtig und reumütig gebeichtet haben, die aber aus unbegründeten Gewissenszweifeln die Generalbeichte erneuern wollen, dürfte sie schädlich sein. Diese haben in frommer Unterwürfigkeit ihrem Beichtvater zu folgen.
Mein lieber Christ! Prüfe also deine früheren Beichten und erwäge ernstlich, ob nicht auch dir eine Generabeichte nützlich oder notwendig sei. - Wie viele treten, nachdem sie sich in ihrer Jugend manche Ausschweifungen erlaubt haben, in den Ehestand, leben darin zwar ehrbar, aber nicht getrost, nicht vor Gott gerechtfertigt, weil sie die früheren Fehltritte niemals aufrichtig gebeichtet oder nicht gehörig bereut haben. Sehr löblich ist daher der Gebrauch, vor dem Antritte eines neuen Standes eine allgemeine Beichte abzulegen. Solltest du es damals nicht oder schlecht getan haben, so tue es jetzt ordentlich. Hüte dich, diese wichtige Gewissensangelgenheit bis aufs Sterbebett zu verschieben. Viele, die sie verschoben, fanden nicht mehr Zeit dazu; die aber in gesunden Tagen eine gute Generalbeichte ablegten, empfanden darüber in ihrer Todesstunde den süßensten Trost.
Erschrick nicht vor dem Gedanken an eine Lebensbeichte; sage nicht: Wie könnte ich nach so vielen Jahren aller meiner Sünden mich erinnern? Wisse, Gott fordert von dir nicht mehr, als du mit Hilfe seiner Gnade zu leisten imstande bist. Beichte deine Sünden, so gut du dich derselben zu erinnern weißt, mehr bist du nicht schuldig. Um dir die Mühe zu erleichtern, folgt hier eine kurze Anweisung.

1. Wähle dir nach Anrufung des göttlichen Beistandes einen frommen und erfahrenen Beichtvater. Eröffne ihm deinen Wunsch, eine gute Generalbeichte abzulegen, und bitte ihn, er möge dir dazu behilflich sein.
2. Erkläre ihm zuerst, wie deine vorigen Beichten beschaffen waren, damit er gleich erkenne, ob und wie lange sie ungültig gewesen sind.
3. Waren deine früheren Beichten nach dem Dafürhalten deines Beichtvaters gut, so ist es besser, dass du zuerst die Sünden sagst, die du seit der letzten Beicht gegangen hast.
4. Hast du von vielen Jahren oder von deinem ganzen Leben zu beichten, so mag es dienlich sein, die Generalbeichte damit zu beginnen, dass due deinem Beichtvater einen kurzen Überblick über deinen ganzen Lebenslauf gebest. Dadurch wir er deinen Seelenzustand, die bösen Gelegenheiten und Gewohnheitssünden, in denen du lebtest, gleich erkennen, und folgleich dich leichter verstehen, dir besser in deiner Anklage forthelfen und manche Frage umgehen können, die er sonst würde stellen müssen.
5. Klage dich dann an nach den Geboten Gottes und der Kirche, nach den sieben Hauptsünden und den besonderen Pflichten deines Standes. Trauest due deinem Gedächtnisse nicht, so kannst du deine Sünden aufschreiben, jedoch Verpflichtung ist es nicht. Befleiße dich vorzüglich, die Todsünden zu beichten; die läßlichen Sünden anzugeben, ist bei einer Generalbeichte nicht immer möglich.
6. Kannst du die Zahl irgend einer Sünde nicht genau angeben, so sage, so gut es dir möglich ist, wie viele Jahre hindurch du in der Sünde verharrtest, und wie oft beiläufig du sie des Tages, die Woche oder des Monates begangen hast. Sind es Sünden in Gedanken oder Worten, deren Zahl du auch nicht beiläufig anzugeben vermagst, so erkläre wenigstens, ob du sie ohne Scheu, so oft es dir in den Sinn kam, begingest, oder ob du dir bisweilen Mühe gabest, sie zu meiden.


Die sieben Tagen vor der Vigilie des hochheiligen Weihnachtsfestes

Je mehr das hohe Fest sich nahet, um so festlicher und ausdrucksvoller wird die kirchliche Adventsfeier. Insbesondere zeichnen sich die sieben Tage vor der Vigilie des Festes, anfangend vom 17. Dezember, hierin aus. An diesen Tagen werden in den priesterlichen Tageszeiten zum Magnifikat die großen Antiphonen gesungen, die in wahrhaft majestätischen Anrufungen darlegen, was der kommende Erlöser den Menschen ist, nämlich die ewige Weisheit, uns wieder zu zeigen den rechten Pfad; Adonai, der Heerführer, uns herauszuführen aus der Blindheit und Finsternis; die Wurzel Jesse, aus der ein neues Reich auswächst gegenüber den Gewaltigen der Erde; der Schlüssel Davids, der alles schließt und öffnet und unsere Kerkerbande löset; der Aufgang und die Sonne der Gerechtigkeit, zu erleuchten die im Schatten des Todes Sitzenden; der König der Völker und der Eckstein, auf den die Kirche sich aubauet; der Emanuel, der bei seiner Kirche bleibt, um alles zu retten.
Damit jeder imstande sei, an den bezeichneten Tagen die betreffende Antiphon in aller Stille zu betrachten und dadurch mit der heiligen Kirche ein recht herzliches Verlangen nach dem göttlichen Kinde Jesus in sich zu erwecken, so werde sie hier vollständig mitgeteilt.
1. O Weisheit, aus dem Munde des Allerhöchsten hervorgegangen! dein Auge reicht von einem Ende zum anderen; alles ordnest du mit Nachruck und Liebe; komm und zeige uns den Weg der Weisheit.
2. O Herr und Führer des Hauses Israel, der du im flammenden Dornbusche dem Moses erschien bist und ihm auf dem Berge Sinai das Gesetz gegeben hast! komm, strecke deinen Arm aus und erlöse uns.
3. O du Sproß aus der Wurzel Jesse, der du den Nationen zum Zeichen gesetzt bist, vor dem die Könige verstummen, und den die Völker anbeten! komm, rette uns und verweile nicht.
4. O du Schlüssel Davids und Zepter des Hauses Israel, der du eröffnest, was niemand schließen, und schließest, was niemand eröffnen kann, komm und führe aus dem Kerker den Gebundenen, der da sitzest im Finstern und im Schatten des Todes.
5. O aufgehenden Sonne, Abglanz des ewigen Lichtes und Sonne der Gerechtigkeit, komme und erleuchte alle, die im Finstern und im Todesschatten sitzen.
6. O du König der Völker und von ihnen lang Ersehnter; du Eckstein, der beide (Juden und Heiden) zu einer Kirche vereinigt! komm und erlöse den Menschen, den du aus Erde gebildet hast.
7. O Emanuel (Gott mit uns), du unser König und Gesetzgeber, du Erwartung und Retter der Heiden! komm, uns zu erlösen, o Herr, unser Gott!
Des größeren Nutzens halber füge man zu jeder Antiphon folgende kurze Gebete:
V. Ihr Himmel! tauet herab, und ihr Wolken! regnet den Gerechten.
R. Die Erde öffne sich und sprosse den Heiland hervor.

Gebet: O eingeborener Sohn des Vaters! warum verschiebest du so lange, was du so gnädig verheißen hast? Wann wird die gewünschte Stunde kommen, dass du die Himmel öffnen und auf die Erde herabsteigen wirst? Siehe, alle frommen Herzen hoffen und harren auf dich, sie seufzen und rufen zu dir. Erbarme dich ihrer und komm herab, sie zu trösten und zu erlösen! Amen.

Zur Begrüßung der hehren Jungfrau sprich:
V. Der Engel des Herrn brachte Maria die Botschaft.
R. Und sie empfing von dem Heiligen Geiste.
Gebet: Wir bitten dich, o Herr ! gieße deine Gnade in unsere Herzen, damit wir, die wir durch die Botschaft des Engels die Menschwerdung Christi, deines Sohnes, erkannt haben, durch sein Leiden und Kreuz zur Herrlichkeit der Auferstehung geführt werden, durch denselben Christum, unsern Herrn. Amen.


Die Vigilie von Weihnachten

Die Vigile, d.h. der kirchliche Vorabend von Weihnachten, soll als die nächste Vorbereitung des Festes und als Schluß des Advents und Abschluß unserer Vorbereitung zur Aufnahme des Erlösers sein. Fasse daher zusammen alle Freudigkeit und Macht der Sehnsucht, und harre so der heiligsten Stunde in demütiger und anbetender Betrachtung des kommenden Erlösers und Heilandes.

Christo zuliebe und einer Seele zum Besten bringe, christliche Seele, diesen Tag, und besonders die Abendstunden, in möglichster Sammlung des Geistes zu, erwäge deine maßlose Armseligkeit, suche heilige Anmutungen und Begierden zum Christkinde zu erwecken und dich so der Gnaden würdig zu machen, die es dir mitzuteilen im Begriffe steht. - Führe dir gleichfalls zu Gemüte, wie der hl. Joseph mit Maria, in höchster Armut, mit vollkommener Ergebung in den Willen Gottes die mühselige Reise nach Bethlehem antrat, wie viel Ungemach sie auf dem Wege zu erdulden hatten, wie sie bei ihrer Ankunft daselbst aus Zulassung Gottes ob der großen Überfüllung kein Obdach finden konnten, und somit genötigt waren, in einem elenden Stalle außerhalb der Stadt einzukehren. Bewundere die unbegreifliche Liebe deines Heilandes zu dir, denn deinetwegen erniedrigt er sich so tief, und biete dem armen Jesuskinde dein Herz zu einer Herberge an. Sprich deshalb, wie das sunamitsche Weib zu ihrem Manne bezüglich des Propheten Eliseus sprach: Lasset uns ihm ein kleines Gemach bereiten, und ihm ein Bett hineintun, und eine Tisch, Stuhl und Leuchter, dass er dableibe, wenn er zu uns kommt (4 Kön. 4,10). Du bereitest Christo ein Kämmerlein, wenn du durch eine reumütige Beichte dein Herz reinigest. Du machest ihm ein Bettlein, wenn du von den weltlichen Sorgen und Geschäften ein wenig nachläßt und in dich selber gehst. Du stellest ihm einen Tisch hin, wenn dein inbrünstiges Verlangen nach seiner Ankunft erweckest und dich anschickst, ihn würdig in der heiligen Kommunion zu empfangen. Du setzest ihm einen Stuhl zurecht, wenn du zärtlich betrachtest, ein wie großer Herr und Gott zu dir kommen wird. Du bringest ihm einen Leuchter hinein, wenn du einen festen Glauben an die Menschwerdung und die wahre Gegenwart Christi im hochwürdigsten Sakrament des Altares erweckest. Beeifere dich, dein Herz so auszuschmücken, daß er es zur Wohnung auserwähle, um darin zu bleiben in Ewigkeit.

Gebet am Christabend: Allergütigstes Jesuskind! aus meinem ganzen Herzen, aus ganzem Gemüte und aus ganzer Seele wende ich mich zu dir und bitte dich, dass du mich zu dem bevorstehenden heiligen Christfeste vorbereiten wollest. Heute ist der liebreiche Tag, an dem die katholische Kirche uns so herzlich zuredet und so freundlich tröstet, indem sie spricht: "Heute sollet ihr wissen, dass der Herr kommen wird, und am Morgen werdet ihr seine Herrlichkeit sehen. Seid standhaft und verharret im Gebete, so werdet ihr gewiß die Hilfe Gottes über euch sehen. Erhebet eure Häupter; denn sehet, eure Erlösung ist nahe. Heiliget euch, ihr Kinder Israels; denn morgen wird der Herr zu euch herabkommen und von euch alle Übel hinwegnehmen. Morgen wird die Gottlosigkeit der Erde vertilgt werden, und es wird der Heiland der Welt über uns regieren. Der morgige Tag wird euch zum Heile sein; denn er wird alle unsere Sünden in die Tiefe des Meeres versenken." O, sind das nicht liebreiche Worte, voll Anmut und Trost? Meine arme Seele, erfreue dich, dass du diese Zeit erlebt hast, und hoffe zuversichtlich, dass du morgen von allen deinen Übeln erlöset werden wirst. Bereite dich vor nach aller Möglichkeit, und tue Buße für deine begangenen Sünden.

O mein geliebter Jesu! ich will zwar tun, was ich kann, und diesen Tag in Fasten, Beten und Bußwerken zubringen. Doch ist alle meine Vorbereitung ohne dich unnütz, und wenn ich mich schon tausen Jahre vorbereitet hätte, so wäre ich dennoch nicht würdig, dich zu empfange. Darum wende ich mich zu dir und bitte dich demütigst, dass du mich so vorbereitest, wie es dir wohlgefällig ist. Siehe, mein Herz lege ich in deine Hände, reinige, ziere und bereite es nach deinem Wohlgefallen. O himmlischer Vater! mache mich würdig, deinen Sohn zu empfangen, und schenke mir diejenigen Tugenden, die mir zur würdigen Vorbereitung notwendig sind. O gnadenreicher Heiliger Geist! erleuchte mich durch dein göttliches Licht, damit ich erkenne, was für eine Wohnstätte ich meinem Jesus bereiten soll. O seligste Jungfrau Maria! erteile mir etwas von dem Überflusse deiner Tugenden, mit denen der Heilige Geist am heiligen Christabende deine Seele schmückte, auf dass dein Jesus Lust habe, bei mir einzukehren. O lieber hl. Joseph, der du alles, was zur Geburt Christi nötig war, treulich herbeigeschafft hast! gib auch, dass ich jene Zierden erlange, die meinem Herzen notwendig sind, dass Jesus in ihm geboren werde. O ihr lieben Heiligen Gottes, die ihr euch jährlich mit besonderer Andacht zum heiligen Christfeste vorbereitet habet, helfet mir, dass auch meine Seele sich würdig vorbereite.
O du allesüßester Jesu! verleihe meiner Seele wahre Erkenntnis meiner Sünden und herzliche Reue über dieselben. Mit bitteren Tränen erfülle meine Augen, mit schmerzlichen Seufzern erschüttere mein Herz, dass ich dieselben beweine. Reumütige Worte lege in meinen Mund, dass ich dieselben beklage. Ich bitte dich vieltausenmal, du wollest alle meine Sünden in die Tiefe des Meeres versenken. Ach, lasse mir doch den morgigen Tag zum Heile gereichen, damit ich in einem neuen Leben vor dir wandele Du auserwähltes Christkindlein, das du morgen in so vielen Herzen wirst geboren werden! verleihe auch mir diese Gnade. Ich habe eine herzliche Begierde nach dir und könnte mir kein größeres Glück auf Erden wünschen, als dich, meinem Gott, in meinem Herzen zu haben. In diesen heiligen Christtagen will ich nicht nachlassen, dich zu bitten, bis du mich erhörest und in meinem Herzen Wohnung nimmst. Du hast so manchen Sünder in diesen gnadenreichen Tagen zu dir bekehrt, o, so bitte ich dich, bekehre auch mich zu dir. O liebes. süßes, holdseliges Jesuskind! durch die unendliche Liebe, mit der du unsere Menschheit hast annehmen und in einem armen Stalle hast geboren werden wollen, bitte ich dich, verschmähe nicht mein sündiges Herz sondern erwähle dir dasselbe zu deiner Wohnstätte, und verweile darin in Ewigkeit. Amen.

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Die Weihe der Häuser:
Für den Vorabend des Geburtsfestes des Herrn, seiner Oktav und des heiligen Dreikönigsfestes ist nach dem Römischen Rituale die Weihe der Häuser vorgeschrieben. Wie nämlich zu Weihnachten alle Herzen sollen gereinigt und geheiligt werden zur Aufnahme des Herrn, so möchte die Kirche auch alle Häuser reinigen und heiligen, damit der Herr und seine Engel in ihnen wohnen mögen. Wie die Herzen, so sollen auch die Häuser werden und sein eine Krippe, eine würdige Wohnstätte des neugeborenen Heilandes. Die Häuser sollen reinigt werden von allen Sünden, von allen bösen Gewohnheiten und Gelegenheiten, gereinigt von den bösen Werken, die in ihnen geübt wurden, von den Worten, die sie entweiht, von dem Fluche, den die Sünde auf sie herabgerufen, und dadurch auch allem Einflusse des Erbfeindes entzogen werden. Dagegen sollen die Häuser geheiligt werden, auf dass fortan in ihnen nur gute Tagen geschehen, nur reine Worte erschallen, nur gottgefällige Gedanken sich erheben, mit einem Worte, auf dass der Herr in ihnen seine Wohnung nehme, nach der Verheißung: "Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen!" Was die heiligen Sakramente der Buße und des Altars für die Herzen der Gläubigen sind, das soll gleichsam die Segnung für die Häuser sein.
Die Segnung, die nach der Versper vorgenommen wird, besteht darin, dass der Priester das Haus in seinen vorzüglichsten Teilen durchwandelt und es unter Abbetung des Psalm Miserere "Herr, erbarme dich meiner nach deiner großen Barmherzigkeit", und des Magnificat, "Meine Seele macht groß den Herrn", mit Weihwasser besprengt und beräuchert, und zuletzt das Kirchengebet (Kollekte) des folgenden Festes betet. Die Besprengung mit Weihwasser, welcher der Psalm Miserere entspricht, ist die Reinigung; die Räucherung, mit der sich das Magnificat vorzugsweise verbindet, ist die Heiligung. Wahrhaft gereinigt wird das Haus, wenn seine Bewohner wirklich bußfertig werden; wahrhaft geheiligt wird es, wenn sie den Herrn in ihr Herz aufnehmen und mit Maria das Magnificat anstimmen, wenn Lob und Preis und wahres Gebet aus ihrem Herzen und Munde, gleich den Weihrauchwolken zum Himmel aufsteigen. So wird das Haus mit Wohlgeruch erfüllt, wird ein guter Geruch vor dem Herrn. Was würde zuletzt die Segnung helfen, wenn der Rost der Sünde nicht aus dem Hause fortgeschafft würde, wenn die Herzen ungebessert, Wohnstätten der Sünde blieben!


Unterricht für das hochheilige Christfest

Christnacht

Unterricht von der ersten heiligen Messe

Unterricht von der zweiten heiligen Messe

Unterricht von der dritten heiligen Messe

Was ist der Christtag?

Jener Tag, an dem Jesus Christus, unser Erlöser und Seligmacher, zu Bethlehem im Stalle aus Maria der Jungfrau ist geboren worden.

Warum heißt dieses Fest auch Weihnacht?

Weil diese Nacht durch die geheimnisvolle, heilige Geburt des Weltheilandes besonders geheiligt oder geweiht worden ist, weswegen sie auch sonst heilige Nacht genannt wird.

Weshalb wird dieses Fest so feierlich begangen?

Weil es der Geburtstag des Welterlösers, jenes Friedensfürsten ist, durch den wir alle zu einem gottgefälligen und glückseligen Leben wiedergeboren wurden; und somit das Fest aller Feste. "Denn es ist", sagt der hl. Chrysostomus, "der Ursprung und das Fundament der Feste Epiphania, Ostern, Pfingsten und Himmelfahrt. Wäre Christus nicht dem Fleische nach geboren, so wäre er nicht getauft, nicht gekreuzigt worden, so hätte er den Heiligen Geist nicht gesendet; lauter Geheimnisse, die den Inhalt der genannte Feste bilden. So sind aus diesem Feste die übrigen entsprungen, wie verschiedene Flüsse aus einer Quelle."

Wodurch zeichnet sich die Feier dieses Festes aus?

1. Dadurch, dass keine Abstinenz damit verbunden ist, wenn es auf einen Freitag fällt; denn diese stimmt nicht zur Festfreude.
2. Dass an demselben drei heilige Messen gelesen werden.

Warum werden heute drei heilige Messen gelesen?

1. Um der allerheiligsten Dreifaltigkeit für die gnadenreiche Geburt Christi Dank zu sagen;
2. um uns an seine dreifache Geburt zu erinnern, nämlich an seine ewige Geburt von dem himmlischen Vater, der göttlichen Natur nach; an seine zeitliche Geburt aus Maria, der allezeit reinen Jungfrau, der menschlichen Natur nach; an seine geistliche Geburt in jeder frommen Seele durch die Liebe und Gnade.

Warum wird die erste heilige Messe um Mitternacht gehalten?

1. Weil der Heiland der Welt um die Mitternachtsstunde geboren wurde. Denn als sich tiefes Schweigen über alles verbreitete und die Nacht in der Mitte ihres Laufes war, da fuhr das allmächtige Wort vom Himmel, vom königlichen Throne, wie ein furchtbarer Streiter mitten auf das Land des Verderbens herab! (Weish 18,14-15).
2. Um anzudeuten, dass die, zu denen Christus herabkam, in den Finsternissen und in dem Schatten des Todes saßen, und dass auch noch über unsere Seele sich dunkle Nacht lagert, solange sie nicht Jesum, das Licht der himmlischen Gerechtigkeit, in sich aufgenommen hat.
3. Weil die ewige Geburt Christi auf eine unbegreifliche und unbekannte Weise vor sich ging.

Weshalb läßt die Kirche die zweite Messe beim Anbruche der Morgenröte lesen?

Um mit den frommen Hirten, die um diese Zeit zum Stalle eilten, das göttliche Kind anzubeten, dass in den Herzen derer, die gleich den Hirten Jesus den Neugeborenen mit Glauben und Liebe aufnehmen, die himmlische Sonne aufgeht.

Warum die dritte am hellen Tage?

Um zu verstehen zu geben, dass das neugeborene Kindlein "das wahre Licht ist, das alle Menschen erleuchtet, die in die Welt kommen" (Joh 1,9), und dass die Geburt Christi nach den vertriebenen Finsternissen der Unwissenheit und des Unglaubens den hellen Tag der Erkenntnis Gottes gebracht hat.

Ist es Pflicht, alle drei Messen zu hören, und muß man sie von demselben Priester hören?

Selbst an diesem hohen Festtage sind wir nur zur Anhörung einer heiligen Messe verpflichtet; wir sündigen folglich nicht, wenn wir den beiden anderen nicht beiwohnen. Es wäre dies aber ein Zeichen großer Lauigkeit und überaus geringer Erkenntlichkeit für die unschätzbare Wohltat der Menschwerdung Christi, falls nicht ernstliche Hindernisse im Wege ständen. Die drei Messen, die man hört, brauchen nicht von einem und demselben Priester gelesen zu werden.

Seit welcher Zeit feiert die Kirche dieses Fest?

Seit den apostolischen Zeiten. Nur wurde es im Morgen- und im Abendlande bis in das vierte Jahrhundert nicht an demselben Tage gefeiert.


Christnacht

Andächtige Seele, wenn du dich das ganze Jahr jemals gefreut hast, so erfreue dich jetzt viel mehr und danke Gott aus dem Immersten deines Herzens, dass er dich diese heilige Nacht hat erleben lassen. Lege alle deine Geschäfte beiseite und versenke dich in die Tiefe deines Herzens, damit du die unergründliche Süßigkeit dieser honigfließenden Nacht recht betrachten mögest. Die heilige Osternacht ist zwar sehr glorreich; allein diese Nacht ist so süß und lieblich, dass ihr keine Nacht des Jahres vorzuziehen ist. Wohin man sich wendet, ist lauter Freude, und was man sieht und hört, ist Jubel und Frohlocken. Es erfreuten sich Himmel und Erde und die lieben Altväter in der Vorhölle. Es erfreuten sich Gott der Vater, der Sohn und der Heilige Geist, die Mutter Gottes. der hl. Joseph und die frommen Hirten. Es erfreuten sich die neun Chöre der Engel, die himmlischen Heerscharen und alle Geschöpfe. Ja, diese Nacht ist so süß und lieblich, dass es wohl kaum ein verstocktes Herz gibt, das nicht eine geheime innere Freude empfindet. Denn der himmlische Vater will, dass diese heilige Naht von allen Christen mit Freuden zugebracht werde, und alle Geschöpfe der Freude des göttlichen Herzens teilhaftig werden. Darum erfreue auch du dich und bringe diese Nacht in aller Andacht zu. Danke Gott von ganzem Herzen für alle Guttaten, die er dir in dieser Nacht erzeigt hat, und übe dich im göttlichen Lobe. Verfüge dich im Geiste zur Krippe und bete das bewundernswerte Kindlein an. Ehre diese heilige Nacht, soviel du kannst; denn Gott selbst samt allen heiligen Engeln haben sie geehrt, geheiligt. Sprich andächtig folgendes:

Gebet in der heiligen Christnacht. Barmherzigster, himmlischer Vater! aus dem Innersten meines Herzens und aus allen Kräften des Leibes und der Seele sage ich dir unendlichen Dank, dass du mich noch einmal diese freudenreiche, heilige Nacht hast erleben lassen und mich noch einmal der gnadenreichen Geburt deines lieben Sohnes willst teilhaftig machen. Sei um dieser Gnaden willen tausendmal gebenedeit und von mir und allen himmlischen Heerscharen ewig gelobt und gepriesen! O himmlischer Vater, der du mir verliehen hast, dass ich diese gebenedeite Nacht erleben soll! verleihe mir auch die Gnade, dieselber mit aller Andacht zuzubringen. O ihr glorwürdigen englischen Chöre, die ihr diese Nacht mit himmlischem Glanze verherrlicht habet! helfet mir dieselbe würdig loben und erheben mit den Worten: Gelobt und gebenedeit seist du, ehrwürdigen, gnadenreiche und heilige Nacht! Im Namen aller Engel und Menschen preise ich dich, und im Namen aller Geschöpfe heiße ich dich willkommen. O du gebenedeite Nacht! mein Herz frohlocket vor Freude, und meine Seele zerschmilzt vor Süßigkeit. Du bist so anmutig, so herrlich und trostreich, dass alles sich in dir erfreut. In dir haben Himmel und Erde sich erfreut, alle Geschöpfe der Erde Segen empfangen und die Seelen in der Vorhölle frohlockt. In dir ist himmlische Musik erschollen, der ganzen Welt Freude verkündigt und allen Menschen, die eines guten Willens sind, Frieden verheißen worden.
In dieser heiligen Nacht grüße ich dich, o süßester Jesu! und aus dem Innersten meines Herzens danke ich dir für deine gnadenreichste Geburt. Gebenedeit sei deine glückseligste Ankunft, und gebenedeit sei dein himmlischer Vater, der dich zu unserem Heile gesendet hat! Mein Herz erfreut sich über deine Geburt, und meine Seele will vor Wonne vergehen, wenn ich betrachte, welche große Liebe du uns in dieser heiligen Nacht erzeigt hast. Vor deiner Krippe werfe ich mich nieder und bete dich zugleich mit allen Engeln demütig an. Mit Andacht küsse ich deine heiligen Hände und Füße, und opfere dir auf alles Gute, was ich während dieser Adventszeit zu Ehren deiner heiligen Menschwerdung getan habe. Auf gleiche Weise grüße ich auch dich, o seligste Jungfrau Maria! und preise und benedeie dich wegen deiner glückseligsten Geburt. Sei mir auch gegrüßt, o liebreichster hl. Joseph! und selig gepriesen wegen des süßesten Kindleins, das Maria, die Jungfrau dir geboren hat. Seid mir gleichfall gegrüßt, o ihr heiligen neun Chöre der Engel! Lobsinget mit Jubel eurem Könige, den eure Königin euch geboren hat. Euch alle preise ich abermals selig, und erinner euch an die überschwenglichen Freuden, die euch in dieser Nacht zuteil wurden. Gedenket, wie eure Herzen frohlockten, besonders in der freudenreichen Stunde, als das allersüßeste Christkindlein wie eine aufblühende Rose ohne Dornen von Maria entsproß und durch seine Schönheit und duftende Anmut euch mit Freuden erfüllte. Darum sangen die Engel, und die Menschen frohlockten; es erscholl ein Gloria in der Höhe und widerhallte Frieden auf Erden den Menschen, die eines guten Willens sind.
O lasset auch mich euerer Freuden teilhaftig werden, und schenket meiner Seele einen Tropfen von Euerer Süßigkeit. Ich falle euch allen demütig zu Füßen, und bitte euch durch die Ehrwürdigkeit dieser heiligen Nacht, erzeiget mir armen Sünder Barmherzigkeit.
O himmlischer Vater! gedenke, wie heute Nacht sich dein göttliches Herz zu dem armen menschlichen Geschlechte hingewendet hat; ach, neige dein Herz auch mir gnädig zu. O süßester Jesu! gedenke, wie du diese Nacht geboren und aller Menschen Bruder geworden bist; ach, erschaffe in mir einen neuen Geist und laß mich in deiner Gnade wiedergeboren werden. O heiliger Geist! gedenke, wie du in dieser Nacht allen Geschöpfen deine Süßigkeit mitgeteilt hast, und gieße von derselben auch nur einen Tropfen meiner Seele ein. O heiligst, jungfräuliche Mutter! gendenke, dass du um der Sünder willen diese Nacht die Mutter Gottes geworden bist; nimm auch mich zu deinem Kinde an und sei mir eine getreue Mutter. O ihr heiligen Engel! gedenket, wie ihr diese Nacht Gott gepriesen und das liebe Jesuskind angebetet habet; danket Gott auch für mich, und betet Jesum Christum auch in meinem Namen an. O glückseligster Joseph! gedenke, wie du das liebe Jesuskind in dieser Nacht zum ersten Male angeschaut und verehrt hast: lege dasselbe auch in mein Herz, damit es würdig schauen und verehren könne. O heiligste Dreieinigkeit! ich opfere dir alle Gebete und Andachtsübungen auf, die dir in dieser Nacht durch die Welt jemals dargebracht worden sind, und bitte dich, du wollest mich derselben teilhaftig machen. Wollte Gott, dass ich allen Menschen eine wahre Andacht einflößen und sie in deiner Liebe entzünden könnte! Ich würde es herzlich gern tun, damit du destomehr gelobt und geliebt würdest. Ach, verleihe meinem Herzen eine wahre Andacht, und gib mit Gnade, alle meine Gebete so zu verrichten, dass sie dir vollkommen gefallen. Amen


Unterricht von der ersten heiligen Messe

In dieser ersten heiligen Messe feiert die katholische Kirche die zeitliche Geburt Christi aus Maria, der reinsten Jungfrau. Ganz überglücklich ob des Besitzes des göttlichen Kindes, jubelt sie ihren Gläubigen entgegen: "Christus ist uns geboren. Auf, laßt uns ihn anbeten, und vor ihm niederfallend Dankes- und Freudentränen vergießen!" Denn dieses in höchster Armut im Stalle von Bethlehem geborene Kindlein ist ja der Sohn des Allerhöchsten. Daher singt die Kirche im Eingange der heiligen Messe mit dem Psalmisten:

Der Herr hat zu mir gesagt: Du bist mein Sohn, heute (d.h. nach der Erklärung der heiligen Väter von Ewigkeit her) habe ich dich gezeugt (Ps 2.7). Warum toben die Heiden und sinnen die Völker auf Eitles? (Ps 2,1). Ehre sei dem Vater usw.

Sprich beim Gloria mit inbrünstigem Herzen den Englischen Gesang: "Ehre sei Gott in der Höhe", weil die heiligen Engel ihn in dieser heiligen Nacht gesungen haben, damit du Gott dadurch gebührend lobest und dankest.

Gebet der Kirche. O Gott, der du diese heilige Nacht mit dem Glanze des wahren Lichtes erleuchtet hast! verleihe uns, dass wir die Seligkeit des Lichtes, dessen Geheimnis wir auf Erden erkannt haben, auch im Himmel genießen mögen; der du lebest und regierest von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen

Lektion aus dem Briefe des heiligen Paulus an Titus II,11-15

Geliebtester! Die Gnade Gottes unseres Heilandes ist allen Menschen erschienen, und lehret uns, dass wir der Gottlosigkeit und den weltlichen Lüsten entsagen, und sittsam, gottselig und gerecht leben in dieser Welt, indem wir erwarten die selige Hoffnung und die Ankunft der Herrlichkeit des großen Gottes und unseres Heilandes Jesu Christi, der sich selbst für uns hingegeben hat, damit er uns von aller Ungerechtigkeit erlöse, und sich ein Volk rein darstelle, das er sich zu geigen nehmen könne, das guten Werken nachstrebet. So rede und ermahne in Christo Jesu, unserm Herrn,

Erklärung

Heute ist der große Gnadentag, von dem die Menschheit eine neue Zeitrechnung begonnen hat, weil mit dem ersten Weihnachtstage eine neue, bessere Zeit begann. Der, dessen Geburtsfest wir feiern, ist der Heiland für alle, der himmlische Arzt für alle unsere Gebrechen, der Erlöser vom zeitlichen und ewigen Verderben. Darum freuen sich Himmel und Erde.
Was nützt uns aber diese größte aller Gnaden, wenn wir sie nicht benutzen? Wir müssen das Unsrige tun und die Vorschriften unsers himmlischen Arztes befolgen, indem wir nach seinem Vorbilde und mit seiner Hilfe der Gottvergessenheit und jeglicher bösen Lust entsagen, dagegen die Pflichten gegen uns selbst und den Nächsten treu erfüllen. Deshalb priesen bei seiner Geburt die Engel die Barmherzigkeit Gottes, verlangten aber zugleich guten Willen von den Menschen. Das liebste Krippenopfer ist ihm ein entschiedener Vorsatz, seine Gnade künftig besser zu benutzen.
Innige Dankbarkeit soll unser Herz erfüllen im Andenken an die Hingabe unsers Heilandes von der Krippe bis zum Kreuze, und an die selige Hoffnung, die sich knüpft an seine Wiederkunft. Seiner ersten Ankunft können wir freudig gedenken, seiner Wiederkunft froh entgegensehen, wenn wir nicht nur dem Namen nach, sondern auch durch unsern Wandel zu seinem Christenvolke gehöhren.

Gebet. Sei gebenedeit, o allersüßester neugeborener Heiland, nach der göttlichen Natur der ewige Sohn des ewigen Gottes des Vaters, nach der menschlichen Natur der Sohn der reinen Jungfrau Maria! Um mir den Weg der Gerechtigkeit zu lehren, hast du zu Bethlehem in einem Stalle geboren werden wollen. Um deiner Güte willen entsage ich aller Gottlosigkeit, Feindseligkeit, Unzucht, Unmäßigkeit, dem Fluchen und aller Sünde. Dir zuliebe, o holdes Christkindlein! will ich alle Fleischeslust in mir unterdrücken, und durch deine Gnade nüchtern, gerecht und gottselig leben in dieser Welt. Amen.

Evangelium des hl. Lukas II,1-14

In der Zeit ging ein Befehl aus vom Kaiser Augustus, eine Volkszählung im ganzen Lande vorzunehmen. Dieses war die erste Volkszählung und geschah durch Cyrinus, den Statthalter von Syrien.
Und alle gingen hin, sich anzugeben, ein jeder in seine Stadt. Und es zog auch Joseph hinauf von Galiläa, von der Stadt Nazareth, nach Judäa in die Stadt Davids, die Bethlehem heißt, weil er aus dem Geschlechte Davids war, um sich anzugeben mit Maria, seinem verlobten Weibe, die empfangen hatte.
Es begab sich aber, als die daselbst waren, dass die Zeit kam, da sie gebären sollte. Und sie gebar ihren erstgeborenen Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war.
Und es waren Hirten in derselben Gegend, die hüteten und Nachtwache hielten bei ihren Herden. Und siehe, ein Engel des Herrn stand vor ihnen, und die Herrlichkeit Gottes umleuchtete sie, und sie fürchteten sich sehr. Der Engel aber sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht, denn sehet, ich verkündige euch große Freude, die allem Volke widerfahren wird: denn heute ist euch der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. Und dieses soll euch zum Zeichen sein: Ihr werdet ein Kind finden in Windeln eingewickelt und in einer Krippe liegend.
Und sogleich war bei dem Engel eine Menge himmlischer Heerscharen, die Gott lobten und sprachen: Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Friede den Menschen, die eines guten Willens sind!

Warum hat Gott gewollt, dass alle Bewohner des Landes aufgeschrieben würden zur Zeit des Kaisers Augustus?

Damit Maria und Joseph Anlaß bekämen, von Nazareth nach Bethlehem zu reisen, und Christus zu Bethlehem geboren würde, wie der Prophet Michäas geweissagt hatte, und nicht zu Nazareth, wo Maria und Joseph wohnten.

Warum hat Christus wollen geboren werden, da die ganze Welt im Frieden lag?

Weil er der Urheber des Friedens ist und den Frieden zwischen Gott und den Menschen mitgebracht hat, wie in dieser heiligen Nacht die Engel auf den Feldern Bethlehems sangen.

Warum hat Christus in einem Stalle geboren werden und in einer Krippe zwischen den unvernünftigen Vieh liegen wollen?

Damit wir die Armut hochschätzen lernen, weil der Sohn Gottes dieselbe hier auf Erden erwählt hat, und an den ärmlichen Windeln von den frommen Hierten erkannt werden wollte.

Warum hat Gott die Geburt seines Sohnes nicht dem Herodes und anderen großen Herren verkünden lassen, sondern den armen Hirten, die des Nachts Wache hielten über ihre Schäflein?

Dieses hat Gott darum getan, damit die ganze Welt wisse, dass er die Hoffärtigen hasse (Sprichw. 16), gern aber umgehe mit den einfältigen, armen, doch frommen Menschen, wie diese Hirten waren. Den Stolzen widersteht Gott, den Demütigen aber gibt er seine Gnade, sagt Gottes Wort.

Was lernen wir also besonders aus diesem Evangelium?

Dass wir die Armen lieben, auch Armut und Entbehrung wenigstens in Geduld ertragen sollen; und von den heiligen Engeln lernen wir, Gott für seine Wohltaten zu preisen und zu danken, auch für jene, die anderen zugute kommen.

Gebet. Lasset uns Gott danken, der uns durch seine Geburt von der Gewalt des Teufel erlöset hat, und lasset uns dem Heilande singen mit den Engeln: Ehre sei Gott in der Höhe! Ach! dass alle meine Glieder Zungen würden, so wollte ich überall mit den Engeln singen: Ehre sei Gott in der Höhe! Es sollen ihn loben Himmel und Erde und das Meer und alles, was in ihnen ist. (Psalm 48)


Von der zweiten Weihnachtsmesse

Der Eingang dieser heiligen Messe ist genommen aus den Worten des Propheten Isaias:
Ein Licht wird heute über uns erglänzen, denn der Herr ist uns geboren, und er wird genannt werden Wunderbarer, Gott, Fürst des Friedens, Vater der Zukunft, dessen Reiches kein Ende sein wird (Isaias 9).
Der Herr regiert, hat Zierde sich angetan; der Herr hat mit Macht sich angetan und sich umgürtet (Psalm 9). Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. Gib uns, wir bitten, allmächtiger Gott, dass, weil wir mit dem neuen Lichte deines Wortes, das Mensch geworden ist, erleuchtet werden, dieses in unseren Werken sich kund gebe, so wie es durch den Glauben glänzet in unserm Gemüte. Durch denselben unsern Herrn Jesum Christum usw.

Lektion aus dem Briefe des heiligen Apostels Paulus an Titus III, 4-7

Geliebtester! Es ist erschienen die Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes unseres Heilandes: nicht wegen der Werke der Gerechtigkeit, die wir getan haben, sondern nach seiner Barmherzigkeit hat er uns gerettet durch das Bad der Wiedergeburt und der Erneuerung des Heiligen Geistes, den er reichlich auf uns ausgegossen hat durch Jesum Christum, unsern Heiland, dass wir gerechtfertigt durch seine Gnade nach der Hoffnung Erben seien des ewigen Lebens, in Christo Jesu, unserm Herrn.

Was lehrt der Apostel in diesen Worten?

Er stellt damit das ganze Heilswerk dar. Ohne unser Verdienst hat Gott sich unser erbarmt. Die Erlösung wurde veranstaltet durch den Vater, ausgeführt durch den Sohn, ausgeteilt im Heiligen Geiste; der in uns wirkt durch die Wiedergeburt, Gerechtigkeit und Hoffnung des ewigen Lebens.

Gebet. Die Erbarmungen des Herrn will ich singen ewiglich. Deine Wahrheit will ich mit meinem Munde verkündigen, von dem einen Geschlechte zum andern, dass Gott sich über uns arme, elende Menschen erbarmte und von der allerseligsten Jungfrau Maria in einem elenden Stalle als Mensch hat wollen geboren werden. - Singet dem Herrn ein neues Lied, singet dem Herrn alle Lande! Singet dem Herrn, und benedeit seinen Namen, verkündiget von Tag zu Tag sein Heil. Amen. (Psalm 95)

Evangelium Lukas II,15-22

In der Zeit sprachen die Hirten zu einander: Lasset uns hinübergehen nach Bethlehem und sehen, was geschehen ist, was der Herr uns angezeigt hat. Und sie kamen eilends, und fanden Maria und Joseph, und das Kind in der Krippe liegen. Als sie es aber sahen, fanden sie wahr, was von diesem Kinde zu ihnen gesagt worden war. Und alle, die es hörten, verwunderten sich über die Dinge, welche die Hirten ihnen erzählten. Maria aber behielt alle diese Worte und überlegte sie in ihrem Herzen. Und die Hirten kehrten zurück und priesen und lobten Gott um alles dessen willen, was sie gehört und gesehen hatten, so wie ihnen gesagt worden war.

Dieses Evangelium vermeldet, dass die Hirten eilig zum Stalle kamen, das Christkindlein in der Krippe fanden und zurückkehrend Gott priesen. Wir lernen von den Hirten, den Einsprechungen Gottes eifrig zu folgen, um ihm dafür zu danken.


Von der dritten Weihnachtsmesse

Der Eingang dieser heiligen Messe erinnert uns an die geistliche Geburt des Herrn in den Herzen der Gläubigen, die eines guten Willens sind, und lautet also:
Ein Kindlein ist uns geboren, und ein Sohn ist uns gegeben, auf dessen Schultern Herrschaft ruhet, und man wird seinen Namen nennen: Engel des großen Rates (Isaias 9).
Singet dem Herrn einen neuen Gesang, denn er hat Wunderdinge getan (Psalm 97). Ehre sei dem Vater usw.

Gebet der Kirche. Verleih, wir bitten dich, allmächtiger Gott, dass die neue Geburt deines Eingeborenen nach dem Fleische uns erlöse, da noch die alte Knechtschaft uns unter dem Joche der Sünde hält. Durch denselben unsern Herrn Jesum Christum usw.

Lektion aus der Epistel des hl. Paulus an die Hebräer I,1-12

Mannigfaltig und auf vielerlei Weise hat einst Gott zu den Vätern geredet durch die Propheten, schließlich in diesen Tagen hat er zu uns geredet durch seinen Sohn, den er zum Erben über alles eingesetzt, durch den er auch die Welt gemacht hat; der, da er der Abglanz seiner Herrlichkeit und das Ebenbild seines Wesens ist, durch das Wort seiner Kraft alles trägt, und nachdem er die Reinigung von den Sünden vollbracht hat, sitzet er zur Rechten der Majestät in der Höhe: er ist um so erhabener als die Engel geworden, je vorzüglicher der Name ist, den er vor ihnen ererbt hat. Denn zu welchem Engel sprach Gott jemals: Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt? Und wiederum: Ich werde ihm Vater sein, und er wird mir Sohn sein. Und abermals, wenn er den Erstgebornen in die Welt einführt, spricht er: Ihn sollen anbeten alle Engel Gottes. Und in Hinsicht der Engel sagte er zwar: Er machte seine Engel zu Winden und seine Diener zu Feuerflammen. Aber zum Sohne spricht er: Dein Thron, o Gott, besteht von Ewigkeit zu Ewigkeit; das Zepter deines Reiches ist ein Zepter der Gerechtigkeit; du liebtest die Gerechtigkeit und jassest das Unrecht, darum hat dich. o Gott, dein Gott mit dem Öle der Freude gesalbet mehr als deine Genossen. Ferner: Du hast im Anfange, o Herr, die Erde gegründet, und die Werke deiner Hände sind die Himmel; sie werden vergehen, du aber wirst bleiben, und alle werden wie ein Kleid veralten, und wie ein Gewand wirst du sie verändern, und sie werden verändert werden; du aber bist derselbe, und deine Jahre werden nicht zu Ende gehen.

Erklärung

Diese Epistel verkündet ebenso klar wie das Evangelium die Gottheit Jesu. Sie deutet auch den Grund an, warum der Sohn Gottes das Wort genannt wird; weil nämlich der Vater sich durch ihn offenbart hat.
Den Juden waren die Offenbarungen durch Engel das Höchste. Um ihnen die weit höhere Würde des fleischgewordenen Wortes Gottes zu zeigen, führt der Apostel eine hierzu passende Auswahl von Prophezeiungen an. Sie bestätigen, was er von demselben in kurzen, aber inhaltsschweren Ausdrücken sagt. Der Urhaber des Christentums, der vollkommen und letzten Offenbarung, ist wahrer Sohn Gottes von Natur, darum auch Erbe der Vollkommenheiten und der Herrschaft des Vaters, der durch ihn die Welt gemacht hat, erhält und regiert. Jesus ist unser Herr und Gott und Schöpfer aller Dinge; aber weiter auch als Gottmensch und Erlöser der Welt. Als solcher thront er zur Rechten des Vater, d.h. es ist ihm alle Macht gegeben im Himmel und auf Erden. Er ist der Abglanz und das vollkommene Ebenbild des Vaters; er kann deshalb sagen: wer mich sieht, sieht den Vater; niemand kommt zum Vater als durch mich.
Wenn wir das recht bedenken, mit welcher Ehrfurcht und welchem vertrauen werden wir dann alle unsere Gebete schließen, "durch Jesum Christum, unsern Herrn, der mit dir lebt und regiert in Einigkeit des Heiligen Geistes von Ewigkeit zu Ewigkeit". Und mit welchen Gefühlen unserer Niedrigkeit und Unwürdigkeit werden wir dann jedesmal beim "Engel des Herrn" an die Brust schlagen, indem wir bekennen: Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.

Gebet. Tausendmal danke ich dir, himmlischer Vater dass du zuletzt durch deinen eingebornen Sohn, an dem du dein Wohlgefallen hast, zu uns geredet hast. Von Herzen gern, o Vater der Erbarmungen, will ich die Lehre meines Erlösers hören und in Demut und Liebe befolgen. Amen.

Evangelium Joh I, 1-14

Im Anfange war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Dieses war im Anfange bei Gott. Alles ist durch dasselbe geworden, und ohne dasselbe ist nichts geworden, was geworden ist. In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen, und das Licht leuchtete in der Finsternis, aber die Finsternis hat es nicht begriffen.
Es war ein Mensch von Gott gesandt, der hieß Johannes. Dieser kam zum Zeugnisse, damit er Zeugnis gäbe von dem Lichte, auf dass alle durch ihn glauben möchten. Er war nicht das Licht, sondern er sollte Zeugnis geben dem Lichte.
Dieses war das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, der in diese Welt kommt. Er war in der Welt, und die Welt ist durch ihn gemacht worden, und die Welt hat ihn nicht erkannt. Er kam in sein Eigentum, und die Seinigen nahmen ihn nicht auf. Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, denen nämlich, die an seinen Namen glauben, die nicht aus dem Geblüte, nicht aus dem Willen des Fleisches, noch aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind.
UND DAS WORT IST FLEISCH GEWORDEN 1) und hat unter uns gewohnt, und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, die Herrlichkeit als des Eingeborenen vom Vater, voll der Gnade und Wahrheit

1) Bei diesen Worten knien Priester und Volk, dem Heilande zu danken und ihn anzubeten.

Was erklärt uns der Apostel und Evangelist Johannes im Anfange seines Evangeliums?

Er lehrt uns, dass Jesus Christus wahrer Gott, nach seiner Gottheit aus Gott dem Vater von Ewigkeit geboren ist, und dass das Wort (d.h. der Sohn Gottes, die zweite Person in der Gottheit), von Ewigkeit her mit dem himmlischen Vater einerlei Wesenheit, und in gleicher Weise mit dem Vater alles erschaffen habe, was erschaffen ist.
Dass wir ferner durch den Sohn Gottes das geistliche Leben der Seele haben, das wir niemals erlangt hätten, wenn nicht der Sohn Gottes für uns Mensch geworden wäre. Für diese unendliche Gnade sind wir schuldig, ihm aus allen Kräften zu danken.

Welche empfangen das geistliche Leben der Seele?

Diejenigen, die das wahre Licht aufnehmen und darin beharrlich wandeln.

Was ist das wahre Licht?

Christus der Herr, der uns die Gnade verdient hat und verleiht, dass wir erkennen können die Geheimnisse des Glaubens, den Weg zur Seligkeit, die Schönheit der Tugend, die Abscheulichkeit der Laster und den Wert der Seelen, der ewigen Belohnung.

Wie leuchtet denn das Licht, Christus, der Herr?

Innerlich durch seine Gnade, äußerlich durch seine Lehre und durch sein Beispiel in seinem eigenen Lebenswandel, wie auch durch seine Wunderwerke.

Wie leuchtet das Licht in den Finsternissen?

Indem Christus, Gottes Sohn, auch die Ungläubigen und die verstockten Sünder, die in geistiger Finsternis wandeln, soviel an ihm ist, durch seine Gnade, Lehre, Beispiele und Wunderwerke erleuchtet, wenn sie dieses Licht auch meiden oder verwerfen. Christus erleuchtet alle Menschen, d.h. durch ihn empfangen alle Menschen hinlängliche Gnade, dass sie die ewige Seligkeit verdienen können, wenn sie mit der Gnade Gottes nur mitwirken wollen.

Warum nennt der hl. Johannes den Sohn Gottes das Wort?

Weil derselbe von der ersten göttlichen Person auf eine geistige, unbegreifliche Weise abstammt, ähnlich wie die Rede aus unserm Geiste, und weil der Vater durch den Sohn zu uns geredet hat.

Wodurch werden wir Kinder Gottes?

Durch die Gnade Gottes, die uns zuerst in der heiligen Taufe mitgeteilt wird.

Wie ist das zu verstehen: Das Wort ist Fleisch geworden?

Der Sohn Gottes ist wahrer Mensch geworden, so dass in Christo zwei verschiedene Naturen vereinigt sind, die göttliche Natur und menschliche Natur, und so ist Christus der Herr wahrer Gott und wahrer Mensch zugleich, aber in einer einzigen Person. Er hat auf Erden 33 Jahre gewohnt und ist auf das freundlichste mit den Menschen umgegangen. Seine Glorie haben drei Apostel auf dem Tabor gesehen, alle Apostel am Tage seiner Himmelfahrt auf dem Ölberge; auf einem Berge in Galiläa sahen ihn über 500 Jünger nach der Auferstehung in seinem verklärten Leibe.

(Lies in dieser heiligen Zeit öfter ein geistliches Buch, oder laß es dir vorlesen. Kleide etwa das arme Christkindlein in einem Armen, oder speise es in einem Armen, oder gib sonst ein Almosen, denn die Armen sind Brüder des Christkindleins, und dann bringe täglich dem göttlichen Kinde zum Opfer die Übung einer Tugend, worin es dir voranleuchtet, als Demut, Geduld, Abtötung, Gehorsam. Erhebe öfter dein Herz zu ihm in andächtigen Schutz- oder Stoßgebeten.)

Gebet. Von Grund meines Herzens danke ich dir, o ewiges Wort des himmlischen Vaters, dass du für mich Mensch geworden und von der allerreinsten Jungfrau Maria geboren bist. Durch deine gnadenreiche Geburt bitte ich dich um Gnade, o unerschaffenes Licht, dass ich in deinem Glanze wandle, durch ein recht christliches Leben nach deiner Lehre und deinem Beispiele dir meine wahre Liebe beweise, damit ich ein Kind Gottes werde. Wahrlich sind heute die Himmel honigfließend geworden vor dem Angesicht des Herrn, und selig sit der Leib der hochgebenedeiten Jungfrau Maria, der Christum getragen, und selig die Brust, die er gesogen hat, der für das menschliche Geschlecht vom Himmel zu kommen sich gewürdigt hat. Amen.


Betrachtung über die Verehrung der heiligen Kindheit in der Krippe

1. Die Heiligen haben mit Vorliebe die Kindheit Jesu verehrt. Der berühmte Gelehrte und noch größere Heilige Hieronymus zog sich ganz von der Welt zurück und verbarg sich als Einsiedler in einer Felsenhöhle bei Bethlehem. In der Nähe jener Grotte, wo das Heil der Welt geboren wurde, genoß er die seligsten Augenblicke seines Lebens. Wie oft benetzte er jenen durch die Geburt des Heilandes geheiligten Boden mit seinen Tränen! Aus der Betrachtung der heiligen Kindheit lernte er nach seinem Geständnis mehr als aus allen Schriften der Welt. -
Besonders war es aber der hl. Franziskus von Assisi, der seinen erhabenen Geist und seine reine, kindliche Seele in die Geheimnisse der Kindheit Jesu Christi eintauchte und glühende Liebe und Hingebung aus ihr trank. Franziskus war der erste, der eine Krippe baute, um seine Liebe und Verehrung gegen das Christkind einen innigen Ausdruck zu geben und auch andere dafür zu erwärmen. In einem Walde errichtete er eine Abbildung des heiligen Stalles. In einer Krippe, mit Heu und Stroh gefüllt, legte er ein Kind und stellte an die Seite einen Ochs und einen Esel. Zu diesem einfachen, armen Schauspiel strömten. besonders in der heiligen Nacht, von weit und breit die Hirten und Landleute zusammen. Der Wald erschallte von Lobgesängen zu Ehren des göttlichen Kindes, und zahlreiche Fackeln leuchteten zu seinem Preise. Franziskus sah mit Tränen der Freude dieses Schauspiel. Er sang beim Gottesdienst das Evangelium und predigte mit wunderbarer Kraft und Salbung von der Geburt Jesu und den Geheimnissen der Kindheit. Lieben wir das Kindlein, rief er aus, lieben wir das Kindlein, das, um unsere Herzen zu gewinnen, uns so große Beweise seiner Liebe gegeben hat; laßt uns ihm erweisen grenzenlose Liebe für seine unendliche Liebe! -
Dieser Gebrauch, durch eine bildliche Darstellung die Geburt des Heilandes zu feiern, ging alsbald in alle Klöster des franziskanerordens über und breitete sich von da immer weiter aus; und heutzutage mögen sich nicht viele Kirchen finden, die nicht ihre Krippe haben. Wer hätte nicht in seiner Jugend mit freudiger Sehnsucht diese Darstellungen aus der Kindheit Jesu mit jedem Jahre wieder neu betrachtet, die das Herz mehr ergreifen als die großartigsten Werke der Kunst! - Nicht nur ein rührendes, sondern auch ein wichtiges Geheimnis liegt in der Kindheit Jesu. Es ist überaus wichtig für unsern Glauben.

2. Was sagt der Glaube über das Kind von Bethlehem? Es ist ein Zeichen, dem man widerspricht. Nichts unterscheidet es von jedem anderen Kinde, nicht als seine äußerste Armut und Verlassenheit. Die Füchse haben ihre Höhlen, die Vögel ihre Nester, aber der Menschensohn hat nicht einmal einen Platz zu eigen, wohin er sein Haupt legen könnte. Er kam in sein Eigentum, und die Seinigen nahmen ihn nicht auf, sondern verstießen ihn in den schlechtesten Winkel. "Ochs und Esel erkennen die Krippe des Herrn, du aber, mein Volk, hast deines Gottes vergessen" (Is 1) - dessen Hand dir nicht bloß das tägliche Brot reicht, sondern auch das Himmelsbrot, seinen eigenen Sohn. Der Unglaube schaut aber mit Verachtung auf das Kind und sagt: wie ist es möglich, dass Gott ein Menschenkind und von einer Jungfrau geboren wurde? Der Glaube aber sagt: bei Gott ist kein Ding unmöglich. Wie das göttliche Wesen eins werden konnte mit der menschlichen Natur, das geht über unsern Verstand hinaus; doch ist die Tatsache so fest verbürgt, dass sie das Fundament geworden ist für die ganze christliche Religion und den Wunderbau der Kirche. Seit 1800 Jahren haben es Millionen und Millionen der weisesten und besten Menschen geglaubt, so fest geglaubt, dass sie bereit waren, für diesen Glauben zu sterben: das Jesuskind in dem Stalle ist Gott; das Wort (die zweite göttliche Person) hat in ihm Fleisch angenommen - und Millionen haben für diesen Glauben wirklich ihr Blut vergossen. Am ersten Tage nach Weihnachten ist das Fest des hl. Stephanus, des ersten Blutzeigen; am zweiten Tage das des Lieblingsjüngers Johannes, der auch ein Märtyrer dem Willen nach war; am dritten das Fest der Unschuldigen Kinder; am vierten das des hl. Thomas, Bischofs und Märtyrers, der für die Freiheit der Kirche starb. Nicht ohne Grund umgibt die Kirche die Krippe mit Märtyrern. Während das Kind schweigt, erheben sie laut ihre Stimme und geben Zeugnis für seine verborgene Gottheit; ihr Blut schreit gegen den Unglauben und den Zweigel. Der Zweifel sagt: Wenn auch Gott alles möglich ist, wie sollte es Gott würdig sein, auf solche Weise in die Welt zu kommen, als ein hilfloses, verstoßenes Kind! Ist das nicht eine Herabwürdigung seiner göttlichen Majestät? Wie kann er Ehrfurcht erwarten, wenn er so verächtlich erscheint?

3. Dagegen sagt der Glaube: Gerade in der Krippe, gerade im hilflosen Kinde beten wir an die herrlichsten Erweise von Gottes Allmacht, Weisheit und Majestät. Ist es nicht das größte Wunder seiner Allmacht, da er das Niedrigste und Höchste, Himmel und Erde, miteinander vereint? Gott wird Mensch und bleibt doch Gott; er steigt herab zur tiefsten Erniedrigung, ohne zu verlieren an seiner höchsten Würde, - Und welche Begriffe von des Allerhöchsten Majestät bringt uns das Kind von Bethlehem bei! Alle Lobgesänge der Engelchöre sind nichts gegen die ehre und Huldigung, die dieses Kind dem Allerhöchsten darbringt. Christus, der gehorsam wird, Christus, der als Mensch dem ewigen Vater sich unterwirft und ihn für seine Brüder anfleht um Erbarmen - wie groß muß doch Gott sein, vor dem Jesus sich demütigt, von dem der Apostel sagt, dass in seinem Namen die Knie aller sich beugen müssen! - Wunderbar auch leuchtet Gottes Weisheit uns aus der Krippe entgegen, sowie seine Gerechtigkeit und Liebe. Seine Weisheit, weil es kein besseres Mittel gab, die höchste Gerechtigkeit und Liebe zu vereinigen. Der Sohn des ewigen Vaters in der armen Krippe ist wohl ein handgeiflicher Beweis von der Schwere der Sünde und der strengen Gerechtigkeit Gottes, der selbst seines Sohnes nicht schonte, um die Sünde zu strafen; aber zugleich erscheint da die unbegrenzte Barmherzigkeit, "denn so sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingebornen Sohn dahingab". In der Krippe vollzieht sich jene Umarmung der Gerechtigkeit und des Friedens, wovon der Psalmist redet; und wodurch Gott uns desto mehr Schuld nachläßt, je mehr Lösegeld er von seinem Sohne fordert, desto mehr Beziehungen angedeihen läßt, je mehr Genugtuung er begehrt.

4. Die Kindesgestalt und äußere Armseligkeit, worin Gott unter uns erscheint, stößt das Auge des Glaubens nicht ab, sondern muß uns mit Liebe und Bewunderung erfüllen. Zwar liegt darin ein besonderes Leiden und darum eine Prüfung unseres Glaubens; aber auch eine besondere Ehre für den Heiland. Warum? Weil er so zeigt, dass er den Glanz und die Ehre der Welt verachtet, ihrer nicht bedarf. Wir Menschen müssen unsere Schande mit Prunkgewändern bedecken und unter eitlem Schmuck unser Elend verbergen. Er braucht das nicht; er hat den irdischen Prunk nicht nötig, um sich Ansehen zu verschaffen. Die Engel begrüßen ihn, und Könige suchen ihn trotz der Armut des Stalles. Windeln und Krippen sind den Hirten Erkennungszeichen, wie für den König Purpur und Thron. Nicht durch menschliche Mittel hat er sich Geltung verschafft; darum ist seine demütige Erscheinung eine neue Befestigung unseres Glaubens.

5. Mache daher in dieser Weihnachtszeit tägliche eine geistige Wallfahrt zur Krippe des Herrn und verehre die heilige Kindheit mit herzlicher Andacht und kindlicher Demut. Überlege und betrachte die Geheimnisse, die in seiner Kindheit verborgen sind, und die Umstände seiner Geburt. Wo könnten wir Jesus besser kennen lernen? Und kennen lernen müssen wir ihn, unser Heil hängt davon ab. Er, die Liebe selbst, gereichet dennoch vielen zum Falle und Verderben, warum? Einige widersprechen ihm, die meisten kümmern sich nicht um ihn. Sie haben etwas anderes zu tun, haben andere Interessen. Die Ereignisse des täglichen Lebens nehmen all ihre Aufmerksamkeit in Anspruch. Mit Zeitungsneuigkeiten füllen sie viele Stunden aus, was in fernen Weltteilen vorgeht, interessiert sie, nur Christus hat keinen Platz in ihrem Geiste, an ihm gehen sie kalt vorüber. Und wenn sie sein Geburtsfest feiern und die ersten Ereignisse seines Lebens, so ist es wie im Schlafe, ohne Teilnahme des Herzens. Und doch ist er allein der Weg, die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater als durch ihn; das ist das ewige Leben, dass wir Gott erkennen und den er gesandt hat, Jesum Christum. Kennen lernen müssen wir ihn, wenn wir nicht in die Irre gehen und zugrunde gehen wollen. Beherzige und erwäge daher die Geheimnisse seiner Kindheit!

6. Soll er uns aber nicht zum Falle, sondern zur Auferstehung gereiche, so müssen wir ihm nachen mit demütigem Sinne. Der Hochmut stößt sich an den Windeln und der Krippe des Heilandes; er kann keinen Erlöser lieben, der alles mit Füßen tritt, was dem hochmütigen Sinne schmeichelt. Sein Evangelium wird den Armen gepredigt. Die Armen sind so vielen Demütigungen unterworfen, dass der Stolz in ihnen nicht leicht aufkommen kann. Darum nehmen sie ohne Widerspruch das Evangelium vom armen Jesuskinde an und freuen sich seiner. - "Lasset die Kleinen zu mir kommen, ihrer ist das Himmelreich." Warum? Ein unverdorbenes Kind kennt noch keinen Hochmut; es folgt willig, erhebt sich nicht über andere, treibt noch keine Prahlerei und macht keinen verlogenen Prunk. Anspruchslos und fromm geht es seine Wege. Solcher Kindersinn ist auch uns nötig, wenn wir das göttliche Kind verstehen und lieben wollen. Darum ruft es uns schon von der Krippe aus zu: Lernt von mir, ich bin demütig und sanftmütig von Herzen! Die Menschen haben mich ausgestoßen, aber ich zürne ihnen nicht; mit dem schlechtesten Winkel bin ich zufrieden. - Hart ist diese Rede, wie widerstrebt der verdorbenen Natur; aber zugleich ist sie ein Trost. Den Stachel des Hochmuts fühlt jeder in sich mehr oder minder. Wie können wir ihn überwinden? Nirgends besser als an der Krippe, in Betrachtung des göttlichen Kindes, im Umgange mit ihm. Nirgends wird unser hochmütiger Sinn gewaltiger beschämt, als hier im Angesichte des menschgewordenen Gottes, der sich freiwillig erniedrigte und Knechtsgestalt annahm, in allem uns gleich wurde, ausgenommen die Sünde. Es ist wahr, die Hochmütigen stößt er zurück, den Demütigen gibt er seine Gnade; allein wenn wir zu ihm kommen mit dem guten Willen, Demut zu lernen und von ihm zu erflehen, so stößt er uns nicht zurück, so erträgt er uns, so öffnet er uns die Arme seiner Liebe.
Nun wohl , so laß uns das göttliche Kind innig verehren, die Geheimnisse seiner Kindheit mit gläubigem Herzen erwägen und demütigen Kindersinn von ihm lernen, von ihm erflehen; ihm auch versprechen, Sanftmut und Demut alle Tage zu üben; denn die Festigkeit unseres Glaubens beruht auf der Tiefe unserer Demut. - "Kommt, laßt uns anbeten und niederfallen vor unserm Gott; lasset uns weinen vor dem Herrn, der uns erschaffen hat: er ist der Herr, unser Gott, wir sind sein Volk und die Schäflein seiner Weide" (Ps 94).

Vom Vereine der heiligen Kindheit

Das Los der unmündigen Kinder im Heidentum ist stets überaus traurig gewesen. Sie fanden keinen Schutz und kein Erbarmen. Wenn sie den Eltern lästig wurden, wurden sie ohne Scheu getötet oder lebendig weggeworfen, um zu verhungern oder den Tieren zum Fraße zu dienen. Überall, wo das Kindlein von Bethlehem erkannt und geliebt wird, haben diese Greuel aufgehört, und wird um seinetwillen die schwache Kindheit für heilig und ehrwürdig gehalten.
Nun hat das Christkind seine milde Herrschaft aber noch nicht über die ganze Menschheit ausbreiten können. Große Völkerschaften sitzen noch in der Nacht des Heidentums, in der Sklaverei Satans. Und bei solchen dauern die Greuel gegen die unmündigen Kinder noch immer fort. Aus der ungeheuren Republik China, die über 300 Millionen Einwohner zählt, berichten die Missionäre dieserhalb Schauderdinge. In den großen Städten ziehen morgens Wagen durch die Straßen, welche die ausgesetzen Kinder sammeln wie Kehricht. Auch diese unglücklichen Wesen sollen nicht ausgeschlossen sein vom Segen des Christentums.
Vor fünfzig Jahren hat ein seeleneifriger Bischof in Frankreich einen Kinderverein gegründet, der ihnen durch Gebet und kleine Almosen helfen soll. Jedes Kind, das Mitglied jenes Vereins wird, zahlt monatlich fünf Pfennige und verrichtet ein kleines Gebet für die armen Heidenkinder. Wie viele Tropfen einen Fluß bilden, so kommen durch diese kleinen Gaben bedeutende Summen zusammen, und die Missionäre können damit jährlich viele tausend Heidenkinder vom zeitlichen und ewigen Verderben rette. Es werden die ausgesetzten Kinder von den Missionären und ihren Gehilfen soviel wie möglich gesammelt, getauft und in Rettungsanstalten gebracht. Viele sterben bald nach der Taufe und gehen als Engel in den Himmel; viele werden im Christentum großgezogen und geben einen Stamm für Christengemeinden, eine wichtige Hilfe zur allmählichen Bekehrung des Landes. Unbeschreiblichen Segen stiften auf solche Weise die Pfennige des "Vereins der heiligen Kindheit". So wird dieser Verein genannt, weil die teilnehmenden Kinder ihre Gaben und Gebete dem Jesuskinde zuliebe opfern. Nicht zu berechnen ist auch der geistige Nutzen für die teilnehmen Kinder selbst, die so angeleitet werden, sich an dem Misseionswerke der Kirche zu beteiligen und die Liebe zum göttlichen Heiland zu üben, indem sie ihm Seelen retten helfen.

Anmerkung HG: Aus dem ursprünglichen "Werk der heiligen Kindheit" ist inzwischen das Kindermissionswerk "Die Sternsinger" geworden. Als Gründungsdatum gilt für Deutschland das Fest Maria Lichtmess 1846.


Unterricht für den Sonntag nach Weihnachten

Ganz in Betrachtung des Kindes Jesu versenkt, betet die Kirche im Eingange zur heiligen Messe:
Da sich alles in einer ruhigen Stille befand und die Nacht in der Mitte ihres Laufes war, ist dein allmächtiges Wort, o Herr! aus dem Himmel von deinem königlichen Throne herabgekommen (Weish 18). Der Herr ist König: er hat sich mit Herrlichkeit bekleidet; mit Tapferkeit hat er sich umgürtet und bewaffnet (Ps 92). Ehre sei usw.

Gebet der Kirche: Allmächtiger ewiger Gott! richte unsere Handlungen nach deinem Wohlgefallen ein, damit wir im Namen deines geliebten Sohnes gewürdigt werden, der guten Werke recht viele zu wirken. Durch denselben Jesusm Christum...

Lektion aus der Epistel an die Galater IV, 1-7

Brüder! Solange der Erbe ein Kind ist, unterscheidet er sich nicht von dem Knechte, obwohl er Herr von allem ist; sondern er steht unter Vormündern und Verwaltern bis zu der vom Vater bestimmten Zeit. So waren auch wir, solange wir Kinder waren, den Kindeslehren der Welt dienstbar. Als aber die Fülle der Zeit kam, sandte Gott seinen Sohn, gebildet von einem Weibe, untertänig dem Gesetze, damit er die, die unter dem Gesetze standen, erlösete, damit wir an Kindes Statt angenommen würden. Weil ihr aber Kinder seid, so sandte Gott den Geist seines Sohnes in eure Herzen, der da ruft: Abba, Vater! Und so ist er nun nicht mehr Knecht, sondern Sohn, wenn aber Sohn, dann auch Erbe durch Gott.

Erklärung

Viele Galater meinten, sie seien auch als Christen zum Halten des ganzen Gesetzes verbunden. Diese belehrt der Apostel in folgender Weise.
Das mosaische Gesetz war nur die Vorbereitung auf das Christentum. Die Juden waren als Kinder Abrahams schon durch die Geburt Erben der Verheißung und insofern im voraus teilhaftig aller gnaden der Erlösung, wie Kinder teilhaft sind des väterlichen Erbes. Wie Kinder unter Aufsehern stehen und vor Dienstboten noch nichts voraus haben, so mußten auch die Juden unter dem Joche des harten Gesetzes dienstbar bleiben bis zur festgesetzten Zeit.
Kindheitslehren der Welt heißt soviel als sinnliche Anfangsgründe, weil ihre noch unvollkommene Religion mehr auf das Äußerliche und Irdische ging.
Diese Zeit der Vorbereitung hatte beim Erscheinen Christi ihr Ende erreicht, das Gesetz hatte seinen Zweck soweit als möglich erreicht. Auch die Uhr des Heidentums war abgelaufen. Im Heidentum hatte die Menschheit sich von Gott losgesagt und auf eigene Füße gestellt. Gott ließ sie gewähren, damit sie zur Erkenntnis ihrer Ohnmacht und Erlösungsbedürftigkeit kämen. In mächtigen Reichen, in Künsten, Wissenschaften und Verfeinerung des Lebens hatten sie damals den Gipfel rein menschlicher Entwicklung erreicht, dabei aber keinen Frieden gefunden, sondern sich nur immer tiefer im Moraste der Lasterhaftigkeit verloren.
Da kam der Retter, nach dem Judentum und Heidentum verlangten, auf wunderbare Weise geboren von Maria, gehorsam allen Vorschriften des Gesetzes, von dessen Wächtern er sich selbst in den Tod bringen ließ. Dadurch hat er uns von dem Zustande der Knechtschaft erlöst. Wie er zu Gott "Vater" sagen durfte, so nannte er uns "Brüder". Durch ihn werden wir versöhnt mit Gott, der Geist seiner Religion ist nicht Furcht und Schrecken, sondern Liebe, durch seinen Geist empfangen wir ein neues Leben schon im Bad der Wiedergeburt (Taufe), und damit die Gotteskindschaft und das Erbrecht auf den Himmel: auch teilt uns der Heilige Geist Kindersinn mit, der sich besonders durch kindlichen Umgang mit Gott im Gebet offenbart.
Welchen Dank schulden wir Gott hierfür, und wie sollten wir uns hüten, die Würde der Gotteskindschaft zu verlieren und wieder in die Knechtschaft des Satans zu geraten!

Evangelium Luk II, 33-40

In jener Zeit wunderten sich Joseph und die Mutter Jesu über die Dinge, die von ihm gesagt wurden. Und Simeon segnete sie und sprach zu Maria, seiner Mutter: Siehe, dieser ist gesetzt zum Falle und zur Auferstehung vieler in Israel, und als Zeichen, dem man widersprechen wird; und ein Schwert wird deine eigene Seele durchdringen, damit die Gedanken vieler Herzen offenbar werden.
Es war auch eine Prophetin, Anna, eine Tochter Phanuels aus dem Stamme Aser: diese war vorgerückt zu hohen Jahren, hatte nach ihrer Jungfrauschaft sieben Jahre mit ihrem Manne gelebt und war nun Witwe von vierundachtzig Jahren. Sie kam nimmer vom Tempel und diente Gott mit Fasten und Beten Tag und Nacht; diese kam in derselben Stunde auch hinzu, und pries den Herrn, und redete von ihm zu allen, die auf die Erlösung warteten.
Und da sie alles nach dem Gesetze des Herrn vollendet hatten, kehrten sie nach Galiläa in ihre Vaterstadt Nazareth zurück. Das Kind aber wuchs, ward stark, war voll Weisheit, und die Gnade Gottes war in ihm.

Warum wunderten sich Joseph und Maria?

Sie wunderten und freuten sich, dass Gott die Geheimnisse des göttlichen Kindes dem Simeon und andern frommen Menschen auf so wunderbare Weise geoffenbart hatte. Auch wir sollten uns freuen, wenn andere zur Erkenntnis der göttlichen Wahrheiten gelangen und ihnen nach Kräften dazu behilflich sein.

Inwiefern ist Christus vielen zum Falle und vielen zur Auferstehung?

Christus gereicht denen zum Falle, d.h. zur Verdammnis, die seine Gnade verachten oder mißbrauchen. Diese würden keine so große Sünde haben, wenn Christus sich ihnen nicht offenbart hätte. - Zur Auferstehung oder zur Seligkeit gereicht er denen, die an ihn glauben und mit Hilfe seiner Gnade christlich leben.

Inwiefern war und ist Christus ein Zeichen, dem widersprochen wird?

Insofern die Juden, Heiden und Ungläubigen Christus gelästert, verachtet und verworfen haben. Daher sagt der heilige Apostel Paulus: "Wir predigen Christum, den Gekreuzigten, der den Juden ein Ärgernis und den Heiden eine Torheit ist." Nach der Lehre des hl. Bernhard geschieht dieses auch von vielen Christen, die durch ihre Hoffart seiner Demut, durch ihren Geiz seiner Armut, durch ihre Trägheit seinem Eifer usw. beständig widersprechen, und ihn, den sie mit dem Munde bekennen, durch ihre Werke verleugnen. Allein dadurch werden vieler Herzen Gedanken offenbar, d.h. sie geben auf diese Weise zu erkennen, dass sie es nicht redlich und aufrichtig mit Christus meinen und folglich nur Scheinchristen sind, denen Christus zum Falle, nicht zur Auferstehung sein wird.

Was heißt das: "Deine Seele wird ein Schwert durchdringen"?

Das heißt: es werden dich große Leiden treffen. Der Schmerz, der das mütterliche Herz Mariä bei den Verfolgungen und Leiden ihres göttlichen Sohnes, namentlich bei seinem Tode unter dem Kreuze durchdrang, wird hier mit einem Schwerte verglichen.

Was lernt man ferner aus diesem Evangelium?

1. Die Witwen lernen von der hl. Anna, die fast ihr ganzes Leben im Tempel zubrachte, wie sie Gott mit Beten und Fasten fleißig dienen sollen. "Eine Witwe, die nicht betet und in Wollüsten lebt, ist lebendig tot" (Timoth 5,2).
2. Die Eltern lernen, nicht nur für das leibliche Wohlergehen ihrer Kinder Sorge zu tragen, sondern vielmehr dafür, dass diese durch ein frommes und gottesfürchtiges Leben bei Gott und allen guten Menschen wohlgefällig werden und an Gnade und guten Werken zunehmen.
3. Wir alle lernen daraus, dass es nicht genügt, das göttliche Kind in diesen Tagen in unsere Herzen aufgenommen und somit den Grund zu einem neuen Leben gelegt zu haben, wenn wir uns nicht beeifern, dieses neue Leben Jesu in uns durch Zuwachs der Gnade und durch gute Werke immer herrlicher zu entfalten.

Woran erinnern die Worte: "Und er segnete sie"?

Die Worte erinnern daran, dass wir auch andern durch fromme Wünsche Gutes zuwenden können.

Ist es gut, dass Eltern ihre Kinder segnen?

Sicher; denn oft erfüllt Gott die Segenswünsche guter Eltern, wie die Geschichte Isaaks und Jakobs beweist. "Des Vaters Segen baut den Kindern Häuser; der Mutter Fluch reißt sie nieder" (Sir 3). Es ist daher eine löbliche Sitte, wenn die Eltern ihre Kinder morgens und abend, bei Veränderung des Standes und vom Sterbebette segnen.

Was für eine Kraft hat der Segen der Priester?

Eine sehr große, weil er im Namen der Kirche, in Kraft der Verdienst Christi gespendet wird, dessen Diener und Verwalter die Priester sind. Wenn der Bischof dem Priester bei der Weihe die Hände weiht, spricht er: "Was du segnest, soll gesegnet sein." Große Wohltaten für Leib und Seele werden durch den priesterlichen Segen gespendet, sofern man nicht durch Sünden die Wirkung hemmt. Man soll daher sehr begierig danach sein, auch gern die Kinder und Kranken segnen zu lassen.

Was wirkt der Segen Gottes?

Er verleiht im geistigen Leben eine große Freudigkeit und Stärke, das Gute zu vollzubringen und das Böse zu überwinden; dann gibt er auch im Irdischen gutes Gedeihen in allem. Darum ist an Gottes Segen alles gelegen, und wo dieser fehlt, hilft weder menschliche Klugheit, noch Arbeit und Sorge. Suche den Segen Gottes zu verdienen durch ein gottesfürchiges Leben, denn er ruhet auf dem Haupte der Gerechten (Sprichw 10).


Betrachtung über den Heiland in der Krippe und im Altarsakrament

Das Gloria der Engel klingt in der Messe beständig fort. Und mit Recht. Die Geheimnisse der Krippe werden ein helles Licht auf die Geheimnisse des Altares.

1. "Dies wird euch zum Zeichen sein: ihr werdet ein Kindlein finden, in Windeln gehüllt und in einer Krippe liegend." Wohl mochte der Engel mit solcher Botschaft sich an die Einfältigen wenden, die gern anbeteten in Demut; denn die Gestalt, worin der Langersehnte erscheint, scheint unbegreiflich, unglaublich. Den Adam hatte er als vollkommenen Mann gebildet; er selbst wollte so nicht unter die Menschen treten, sondern unterwirft sich allen Stufen der leiblichen Entwicklung. Wir sehen ihn in Kindsgestalt. Und das soll der sein, von dem die Schrift sagt: Sein Maß hat keine Grenze, Himmel und Erde fassen ihn nicht! Nicht nur hat er seine Größe so klein gemacht, gleichsam vernichtet; seine Gottheit ist dabei dennoch überaus groß geblieben. Die Gottheit ist dort ganz und wesentlich zusammengefaßt in der Kindsgestalt: und doch hat er von seiner Allgegenwart nichts eingebüßt, er erfüllt die ganze Welt, thront droben über den Sternen, thronet im Allerheiligsten des Tempels, ist nahe einem jeden Menschen in den fernsten Ländern.
Betrachte genauer seine arme Gestalt. Wie er so daliegt, sieht er aus, als ob er die Finger seiner Kinderhand kaum bewegen könnte. Wer sollte darin jene Hand vermuten können, die den Blitzstrahl schleudert, ungeheure Welten durch die Welträume schwingt, vor der die Macht der irdischen Gewalthaber ist wie ein Häuflein Staub, vor der sich alles in Schrecken beugt! Auf den schwachen Füßen vermag er noch nicht zu stehen, hat nicht selbst die Kraft, sich von einer Seite zur andern zu wenden; hilflos muß er warten, dass Maria oder Joseph sich seiner annehmen. Er, von dem die Sprachen der Engel und Menschen kommen, soll erst reden lernen, findet kein Wort, um seine Wünsche auszudrücken, durch sein Weinen läßt er diejenigen, die ehrfurchtsvoll an seiner Seite knien, erraten, was er will. Sie sehen dann sogar seine müden Augenlider sich senken und hören die regelmäßigen Atemzüge des schlafenden Kindes. - Welch ein Schauspiel und welch ein Rätsel! Gott schläft, auf den "aller Augen warten". Die ruhigen Atemzüge beweisen, dass keine Sorge seinen Geist beschwert. Und doch ist er unablässig tätig. Er wachet über seine Werke, über der Sonne Lauf und der Gestirne Bahnen, läßt kein Insekt und keinen Wassertropfen aus dem Auge; die Wolken holen bei ihm die Erlaubnis zum Regnen, der Wind die Weisung, wohin er sich wenden soll: die Gedanken und Worte und das verborgenste Tun der vielen Millionen Menschen zeichnet er unablässig ein in das Buch des Gerichtes. O schlafendes Kind, welches Wunder bist du!

2. Dieses Wunder aber, dass der große Gott vom Himmel sich so klein gemacht hat, ohne aufzuhören überaus groß zu sein; dass er sich weiter in vollständiger Hilflosigkeit aller Macht begibt, ohne das geringste davon aus der Hand zu lasse, dieses hat sein Gegenspiel, dessen auch wir Zeugen zu sein von seinen Boten noch immer gerufen werden.
Wir haben uns nur von der Krippe zu wenden zum Tabernakel. Dort können wir das nämliche schauen, was jene bevorzugten Menschen in Bethlehems Stalle anstaunten, nur noch in einer Art erstaunlicher. Ist er dort unglaublich klein geworden, so ist er hier noch mehr verkürzt in einer winzigen Hostie, ja, im kleinsten Teile jeder konsekrierten Hostie findet er Platz für seine Gottheit und zugleich für seine ganze menschliche Natur. War er dort hilflos und konnte sich kaum rühren, so hat er hier sogar die letzten Spuren des Lebens eingebüßt, und erscheint völlig macht- und willenlos, in beständigen, geheimnisvollem Schlafe, so dass nicht das geringste Zeichen das ungeheure Leben verrät, das in der winzigen Gestalt sich verbirgt. Wie er sich dort in die Hände seiner Mutter und Josephs gab, so gibt er sich hier in die Hände seiner Priester, die ihn hier- und dorthin legen, darreichen, mit ihm segnen.

3. Betrachte weiter die Umstände seines Erscheinens.
Bethlehem war längst vom Propheten als sein Geburtsort vorausverkündet. Der stolze Heidenkaiser muß diesen göttlichen Ratschluß erfüllen helfen. Denn es ist Gottes Weise, dass er die Ratschlüsse der Menschen, auch der schlechten, für seine Absichten benutzt. Nicht leicht greift er in den gewöhnlichen Weltlauf durch Wunder, und eben dadurch zeigt er die Größe seiner Weisheit und Macht, dass er selbst menschliche Verkehrtheit in seine Pläne einzufügen weiß. Bethlehem, die Geburtstadt Davids, des Messias´großen Ahnen, sollte auch sein Geburtsort werden, der von sich sagen durfte: "Ich bin das Brot des Lebens, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brote isset, wird leben in Ewigkeit. Und das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch für das Leben der Welt" (Joh 6).
Unser Gott ist ein "verborgener Gott". Seine Liebe zur Verborgenheit ist es, dass er nicht das erste beste Haus, mit einer Menge von Herbergsleuten gefüllt, wählt. Die heiligen Pilger müssen an alle Türen vergebens klopfen, und unter beständig wiederholten Demütigungen führt er sie zum letzten Raume, zum finstersten, schlechtesten und einsamsten Raume, der zu finden ist. Sie haben den Stall nicht gesucht, ihr Herz blutete, denn auch die Heiligen sind nicht unempfindlich gegen Unbilden, sie lassen sich nur nicht erbittern und suchen in allem Gottes Hand. Mit müden Gliedern und blutendem Herzen dort angelangt, wo Gott sie haben will, überfällt sie die Nacht. Es ist die heilige Nacht. Wie bald haben sie ihre Tränen vergossen vor überströmenden Jubel. In dieser Nacht geht das wunderbare Licht auf, zu erleuchten die Völker, die in Finsternis und Todesschatten saßen. O heilige Nacht! du umhüllst Geheimnisse, vor denen sich alle Engelsweisheit anbetend im Staube beugt!
Da der Langerwartete, Heißersehnte endlich kommt, vermeidet er alles Aufsehen, meidet das Auge der Menschen bewohnten Stätten, zieht sich zurück in den Aufenthalt der Tiere, erscheint im Dunkel der Nacht. Die Legende und christliche Kunst hat dem göttlichen Kinde zwei unvernünftige Tiere zur Seite gestellt, Ochs und Esel wärmen das Kindlein mit ihrem Hauche und schauen darauf verwundert mit ihrem unvernünftigem Auge. Dabei wiederholte der Herr die Klage des Propheten: "Ochs und Esel erkennen die Krippe ihres Herrn, Israel aber kennet ihn nicht, mein Volk achtet seiner nicht" (Is 1).

4. Und nun beherzige, wie sich alle diese und andere Umstände seines Erscheinens wiederholen im Geheimnisse unserer Altäre. Auch hier erscheint er immer als der verborgene Gott, der sich nach den Einfällen der Menschen richtet und alles Auffallende meidet. Macht er viel Aufsehen, wenn er bei der stillen Wandlung niedersteigt? Gewiß nicht. Wir müssen all unsere Glaubenskraft zusammennehmen, wenn wir das Dunkel des Geheimnisses durchdringen und ihn entdecken wollen. Ein leise gesprochenes Wort zieht ihn herab; und da liegt er, eingehüllt in die Windeln der armen Gestalten von Brot und Wein und macht unsere Tempel zu wahren Bethlehems, d.h. zu Häusern des Brotes. Nicht Ochs noch Esel hauchen ihn an, aber die Blumen des Altares duften ihm ihre Wohlgerüche, und dasselbe tut der Weihrauch. Zwar bietet die Christenheit Kunst und Schmuck nach Möglichkeit auf, um würdige Gotteshäuser herzustellen; die größten Genies haben an herrlichen Domen ihre Meisterschaft erprobt. Die Kirche, besorgt ums eine Ehre, verlangt, dass wir, unvermögend, ihn nach Gebühr zu ehren, ihm bieten, was wir haben. Alles, was mit dem heiligen Fronleichnam in Berührung kommt oder bei seinen Geheiminissen dient, soll geweiht, rein und kostbar sein: reine Leinwand, kostbare Gewänder, Gefäße von edlem Metalle oder doch mit solchen überzogen. Allein wie viele Kirchen gibt es auch heute noch, die durch ihre Armut an Bethlehem erinnern! Und das lässt der Herr sich gefallen, nicht bloß von denen, die ihn wegen Armut nicht besser ehren können, sondern auch von jenen, denen es nur mangelt an Glauben und ein wenig Liebe.
Betrachte und beherzige in aller Andacht die Geheimnisse Bethlehems; wende dabei Auge und Herz zum Altare. Die Art und Weise des Neugeborenen wirft ein helles Licht auf die Art und Weise, wie der Erlöser auch jetzt noch unter uns weilt. Die Verehrung der heiligen Kindheit wird dir Zuwachs bringen im lebendigen, erleuchteten Glauben. Du wirst deinen Gott besser verstehen und inniger lieben lernen. Nichts anderes war ja der Lohn der ersten Verehrer der heiligen Kindheit des Herrn.

Gebet. Neige unsere Herzen, o Jesu, du neugeborener Heiland! zu vollbringen deine Lehre, auf dass du uns nicht zum Falle gesetzt seiest. Sonst wäre es tausendmal besser, dass wir niemals den Weg der Gerechtigkeit erkannt hätten, als daß wir nach erhaltener besserer Einsicht ihn wieder verlassen (2 Petr 2,12).


Unterricht für den Neujahrstag (Fest der Beschneidung des Herrn)

Der Eingang zur heiligen Messe wie in der dritten Messe am heiligen Christfeste. (zum Eingang)

Gebet der Kirche. O Gott, der du vermittels der fruchtbaren Jungfrauschaft Mariä dem Menschengeschlechte die Güter des ewigen Heiles geschenkt hast! verleihe uns, wir bitten dich, dass wir die wirksame Fürsprache derjenigen erfahren, durch die wir würdig befunden wurden, zu empfangen den Urheber des Lebens, unsern Herrn Jesum Christum, deinen Sohn.

Die Epistel ist dieselbe wie am heiligen Weihnachtsfeste in der ersten heiligen Messe. (zur Epistel)

Evangelium Lukas II,21

Als acht Tage um waren und das Kind beschnitten werden sollte, ward sein Name Jesus genannt,wie ihn schon der Engel genannt hatte, ehe er empfangen war.

Warum hat sich Jesus der Beschneidung unterworfen?

1. Um uns einen Beweis seiner grenzenlosen Liebe zu geben, die ihn antrieb, schon in seinem zarten Alter sein Blut für uns zu vergießen:
2. um uns anzuzeigen, dass er gekommen sei, uns in seinem Blute zu waschen; der blutige Anfang seines Lebens deutete hin auf ein noch viel blutigeres Ende, die Blutstropfen bei der Beschneidung auf den Blutstrom am Kreuze, mit dem er die Erlösung vollendete;
3. um uns Gehorsam gegen die Gesetze Gottes und der Kirche zu lehren; denn da er sich der Vorschrift des jüdischen Gesetzes, dergemäß jedes Knäblein am achten Tage nach seiner Geburt beschnitten werden sollte (3 Mos 12,3), freiwillig aus Liebe zu uns, ohne dazu verbunden zu sein, unterwarf, zeigte er uns, dass wir um so mehr den Geboten Gottes und der Kirche, zu denen wir verpflichtet sind, den schuldigen Gehorsam leisten sollen;
4. um der leiblichen Beschneidung ein Ende zu machen und dafür die weit vollkommnere geistige Beschneidung einzuführe.
Bei dem neuen Gottesvolke, den Christen, ist an Stelle der Beschneidung die Taufe getreten.

Warum ist er Jesus genannt worden?

Weil ihm dieser Name von Gott selbst beigelegt war (Matth 1,21; Luk 1,81). Aus diesem Namen sollen wir erkennen, warum er gekommen ist, denn Jesus heißt nichts anderes als Erlöser oder Heiland.

Gebet. O mein Jesu, der du unserer Sünden wegen so schmerzlich beschnitten worden und dein kostbares, unschuldiges Blut vergießen wolltest! ich erinnere dich an deine schmerzliche Beschneidung und verehre mit größter Andacht dieses Geheimnis. Mit tiefster Demut bete ich dich an und verehre dein kostbares, vergossenes Blut. Gedenke, o Jesus, deiner Angst und Schmerzen, deiner Tränen und Seufzer, mit denen due meine böse Lust so teuer hast büßen müssen, um sie in deinem Blute rein zu waschen. O göttliche Tränen! reiniget mich. O kostbares Blut! ziere mich. O süßer Jesu! ich danke dir tausenmal für das hochwürdige Geheimnis deiner schmerzlichen Beschneidung und für die große Liebe, die du mir dadurch bewiesen hast. Ich opfere dir deine Leiden auf und bitte dich, du wollest besonders alle unreinen Gedanken, Begierden, Worte und Werke meines ganzen Lebens verzeihen. Alle meine Sünden sich mir herzlich leid. Ich nehme mir ernstlich vor, lieber zu sterben, als meine Seele wieder mit denselben zu beflecken. Verleihe mir dazu deine göttliche Gnade. Amen.


Betrachtung über den Neujahrstag und das Fest der Beschneidung

Der Neujahrstag erinnert uns an die Kürze, Ungewißheit und Wichtigkeit der Zeit und mahnt dringend zur Sorge für unserer Seele Heil.

1. Mit unaufhaltsamer Eile verfließt unser Leben, einem Steine gleich, der, von seiner Schwere getrieben, einen jähen Abgrund hinabrollt, und dessen Lauf von Minute zu Minute eiliger wird. Erwartungsvoll steht der Mensch vor seinem Leben in den Tagen seiner Jugend; er erhebt seine Flügel und verspricht sich den glücklichsten Flug. Er denkt gar nicht an ein Ende. Sind aber einige Jahre vergangen, dann beginnt er die Nichtigkeit seiner Tage zu erkennen, und je mehr er dem Ende nahe kommt, um so klarer wird ihm diese Wahrheit. Die verflossenen Jahre liegen hinter uns wie ein kurzer Traum, und wie ein Traum in der Nacht wird der Rest des Lebens vorübergehen. Wie viele werden mitten im Traume aufgeweckt und durch einen plötzlichen Tod aus diesem Leben hinweggenommen! Kurz, entsetzlich kurz ist die Zeit unseres Lebens!
Welch ein furchtbarer Ernst liegt in diesen flüchtigen, ungewissen Augenblicken unseres Lebens! Wie ein Schatten an der Wand eilen sie dahin, und doch sind diese eiligen und unsicheren Minuten der Preis der ganzen Ewigkeit. Jede Stunde, wohl gebraucht, trägt den Himmel, und schlecht benutzt, die Hölle in sich. Der kleinste Teil dieses kurzen Lebens ist die kostbare Münze, mit der wir ein ewiges Glück erkaufen können. Die ganze Hölle könnte leer werden, wenn den Verdammten nur eine einzige Stunde Zeit gegönnt würde, um Buße zu tun. "Die Zeit ist kurz," ruft St. Paulus, "darum sehet denn zu, ihr Brüder, wie ihr vorsichtig wandelt, nicht wie Unweise, sondern wie Weise. Kaufet die Zeit, weil die Tage böse sind. Siehe, jetzt ist noch die gnadenreiche Zeit; siehe, jetzt ist der Tag des Heiles!" (1Kor 6; 2 Kor 7). Der Heiland selbst sprach: "Ich muß wirken die Werke dessen, der mich gesandt hat, solange es Tag ist; es kommt die Nacht, wo niemand mehr wirken kann" (Joh 9).

2. Wie aber gebrauchen die Menschen die Zeit, diese kurze, ungewisse, wichtige Zeit? Wie hast du das verflossene Jahr angewandt und benutzt? In nichts handeln wir so töricht, wie im Gebrauche der flüchtigen Minuten des Lebens. In der Jugend spinnen wir in Träumen und Hoffnungen die goldenen Fäden, aus denen wir das Gewebe des Lebens zusammengesetzt wünschen, bringen die Tage in Plänen und Entwürfen für die Zukunft hin. Im reiferen Alter verzehren die Sorgen und Mühen der Erde, der heiße Kampf um das tägliche Brot fast jeden Augenblick des Lebens, und so kommt bei den meisten das Alter heran, und für den eigentlichen Zweck unseres Lebens, für die Seele und Ewigkeit, ist nichts geschehen. Wie viele scheiden aus dem Leben und haben nie ernstlich daran gedacht, dass sie eine unsterbliche Seele haben, die ihre Hauptsorge gefordert hätte!
Betrachte mit den Augen des Glaubens den Mißbrauch der kostbaren Lebenszeit. In seiner Liebe und Güte schenkt Gott einen Tag nach dem andern und wartet, ob wir die Stunde der Gnade benutzen, die Probe bestehen, den Himmel verdienen wollen. Und siehe da, wir gebrauchen die flüchtigen Minuten, um ihn ins Angesicht zu beleidigen. Wir wagen es, zu sündigen und Sünde auf Sünde zu häufen, und doch kann jede Minute des Lebens die letzte sein. Mitten im Augenblick der Sünde, während Mund und Hand, Herz und Geist noch voll Frevel sind, kann uns Gott, gegen den wir uns erheben, vor sein Gericht fordern. Mitten im Sündenleben kann er uns hinsinken lassen, wie er den Pharao ins Meer stürzte, den reichen Prasser in die Hölle.
Einem jeden schickt Gott von Zeit zu Zeit Mahnungen, an sein Seelenheil, an Tod und Ewigkeit zu denken. Eine solche Mahnung ist auch der Neujahrstag. Er ruft dir eindringlich zu: kurz ist auch deine Zeit, ungewiß ist sie, unbeschreiblich kostbar ist sie; es steht deine Seele und Ewigkeit auf dem Spiele, benutze die flüchtigen Augenblicke, die Gottes Güte dir noch schenkt; deine Seele sollst und mußt du retten, und jetzt ist noch die gnadenreiche Zeit, sind noch die Tage des Heiles.

3. Wie sollst du sie benutzen? Das Fest der Beschneidung des Herrn sagt: du mußt eine geistige Beschneidung vornehmen; mußt ferner im Namen Jesu das neue Jahr anfangen und durchleben.
Was soll abgeschnitten werden? Wenn Hand oder Fuß anfängt zu eitern, zu faulen, so muß das Glied abgeschnitten werden, damit nicht der ganze Leib zugrunde gehe. So mußt du, um deine Seele zu retten, abschneiden, was sündhaft an dir ist. Du hast die Leidenschaft des Zornes, die Gewohnheit des Fluchens und Lästerns - ein Krebsgeschwür an deiner Seele: weg damit, sonst gehst du zugrunde. Du hast eine gefährliche Bekanntschaft, es ist ein faules Pestgeschwür, weg damit beizeit, sonst bist du verloren. Es ist hart und tut weh; ja, aber auch die Qualen der Verdammten tun weh. - Nicht nur Sünde und Sündengewohnheit sollen amputiert werden; auch minder gefährliche Neigungen, gleichwie im Frühjahr die Wasserschossen an den Obstbäumen weggeschnitten werden, damit sie den fruchttragenden Zweigen die Nahrung nicht entziehen. Unter der Neigung zur Bequemlichkeit, Schwatzhaftigkeit, Neugierde usw. leidet deine Seele, ihre Lebenssäfte werden unnütz verzehrt, die Liebe Gottes erkaltet. Darum überlege heute, was du wegschneiden mußt.
Eine besondere Beschneidung haben die Eltern und Vorgesetzten vorzunehmen. Gibt´s nicht unter deinen Pflegebefohlenen, was sündhaft und ärgerlich ist? Was für einen Umgang haben deine Kinder und Hausgenossen, was für Reden führen sie, welche Schriften lesen sie, wann kommen sie nach Hause? Führest du christlich strenge Aufsicht?
Doch mit dem Beschneiden allein ist`s nicht getan. An Gottes Segen ist alles gelegen; darum sollst du im Namen Jesu das neue Jahr anfangen. Die Kirche schreibt über die Tore des neuen Jahres den heiligen Namen Jesu; sie möchte den Eingang besprengen gleichsam mit den ersten Tropfen des kostbaren Blutes, das ihr Meister bei der Beschneidung vergossen hat, um es zu heiligen. Darum nimm dir vor: ich will mit neuem Eifer anfangen, meine täglichen Gebete zu verrichten, die heilige Messe, Predigt und Andachten gern besuchen. Fehlt´s in diesen Punkten, dann wird´s auch sonst übel aussehen; denn wie der Mensch betet, so lebt er. Im Namen Jesu beginnen, heißt beginnen mit dem Vorsatze, Buße zu wirken. Wie? Durch die Beichte und Besserung, durch Bereitwilligkeit, den täglichen harten Kampf wider die Versuchungen unverdossen auszuhalten, die Mühseligkeiten und Prüfungen des Lebens als Buße anzunehmen, das Versäumte durch größeren Eifer in guten Werken wieder gut zu machen. Und nun höre noch die trostreichen Worte des hl. Chrysostomus:
Noch bist du nicht in die Hölle hinabgestiegen, wo niemand den Herrn preist. Noch bist du nicht vom Kampfplatz hinweggenommen. Noch stehst du mitten auf der Rennbahn und kannst durch einen letzten Sieg alle deine Verluste ersetzen. Noch bist du nicht dorthin gebracht, wo der Reiche gequält wird, und wo du hörst, dass ein Abgrund sei zwischen dir und jenem. Noch ist der Bräutigam nicht gekommen, so dass sich jeder fürchtet, dir von seinem Öle mitzuteilen. Noch sind solche da, die das Öl der Gnade verkaufen: Nackte, Hungrige, Kranke und Gefangene; diese nähre, kleide, besuche, und Strömen gleich wird das Öl fließen. Noch ist die Zeit der Rechenschaft nicht angekommen. Benutze die Zeit und verschaffe dir Nachlassung der Sünden." (N. Ehrler)

Gebet am Neujahrstag. In Demut meines Herzens bete ich dich an, o allerheiligste Dreieinigkeit! und von Grund meiner Seele sage ich dir Dank, dass du mich diesen ersten Tag des neuen Jahres hast erleben lassen und mir Zeit verliehen, dir noch länger zu dienen und das Heil meiner Seele zu wirken. Möchten alle himmlischen und irdischen Geschöpfe dich dafür mit mir loben, preisen und ehren! So erhebe ich denn an diesem Tage mein Herz zu dir und bete mit den Engeln von Bethlehem: "Ehre sei Gott in der Höhe!" Von ganzem Herzen wünsche ich, dass alles in diesem Jahre nach deinem allervollkommensten göttlichen Wohlgefallen verrichtet werde und dein heiligster Wille geschehe wie im Himmel, also auch auf Erden. Möchte doch dieses ganze Jahr hindurch dein Mensch dich beleidgen, sondern jeder dir vollkommen dienen! Hätte ich in demselben doch die Gnade, nicht allein keine Sünde zu tun, sondern auch von ganzem Herzen dir, meinem lieben Gott, zu dienen, und dich von Tag zu Tag mehr und mehr zu lieben! Nichts Lieberes könnte mir widerfahren, nichts Angenehmeres könnte ich wünschen. Du, mein Gott, weißt, dass es mir mit diesem Vorsatze so ernst ist, als es mir ernst ist, in den Himmel zu kommen. Ich bitte dich, dass du mich durch deine Allmacht in diesem Jahre vor jeder Todsünde bewahren wollest. Sollte ich in die Gefahr kommen, mit Gedanken, Worten und Werken etwas Böses zu tun oder eine Todsünde zu begehen, so erfülle mein Herz mit solchen Schrecken, dass ich zu zittern und zu beben anfange. Ich verspreche dir, dass ich dies ganze Jahr mutwillerweise und wissentliche keine Todsünde begehen, sondern mich mit allem Ernste vor derselben hüten will. Sollte ich aber aus Schwachheit fallen, so laß mich nicht in meinen Sünden sterben und zugrunde gehen. Zur Erlangung dieser Gnade und zur Bekräftigung meines Vorsatzes will ich mit möglichster Aufmerksamkeit ein andächtiges Vaterunser und Ave Maria sprechen.


Unterricht für den Sonntag nach dem Neujahrstage

Der Eingang der Messe, das Kirchengebet und die Epistel ist wie am Sonntage nach Weihnachten. Link dorthin

Evangelium Matth II, 19-23

Nachdem Herodes gestorben war, siehe, da erschien der Engel des Herrn dem Joseph im Schlafe in Ägypten und sprach: Steh´auf, nimm das Kind und seine Mutter und ziehe in das Land Israel; denn die dem Kinde nach dem Leben strebten, sind gestorben. Da stand er auf, nahm das Kind und seine Mutter und kam in das Land Israel. Als er aber hörte, dass Archelaus anstatt des Herodes, seines Vaters, im Judenland regiere, da fürchtete er sich, dahin zu ziehen; und nachdem er im Schlafe erinnert worden, zog er in das Land von Galiläa. Und er kam und wohnte in der Stadt, die Nazareth genannt wird; damit erfüllet würde, was durch die Propheten gesagt worden ist; dass er ein Nazaräer wird genannt werden.

Nachdem Herodes gestorben war usw.

Das göttliche Kind kehrte erst aus Ägypten in das Land Israel zurück, als diejenigen gestorben waren, die ihm nach dem Leben strebten. Denke nicht, dass er seinen Wohnsitz in deinem Herzen aufschlagen wird, solange noch seine Feinde darin herrschen. Der Erlöser begab sich nicht nach Judäa, er wählte nicht Jerusalem zum Aufenthaltsorte; denn dort regierte Archelaus anstatt Herodes, der seinem Vater an Grausamkeit nicht nachstand. Er zog sich deshalb nach Nazareth, welches eine Blume bedeutet, zurück, um anzudeuten, wie der hl. Bernhard sagt, dass er das Land der Blumen liebte. Das göttliche Kind gefällt sich nur unter guten Werken und Tugenden, nicht unter dem Dornengestrüppe von Lastern und Leidenschaften.

Da stand er auf, nahm das Kind usw.

Auf Befehl des himmlischen Vaters war Jesus willig in die Verbannung gegangen, in der er geduldig ausharrte, bis ihn ein göttlicher Befehl aus derselben zurückrief. Alle Leiden, Verfolgungen, Drangsale dauern nicht länger, als Gott will. Ein Ende werden sie haben. Das Wann überlassen wir in Ergebung Gott.
Erwäge, mein Christ! welche Mühseligkeiten das göttliche Kind auf dieser Reise zu erdulden hatte. Dieses alles nur deinetwegen - welche Liebe!

Er wird ein Nazaräer genannt werden

Nazareth war ein ganz unbedeutendes Städtchen Galiläas, nicht einmal erwähnt im Alten Testamente, und deshalb bei den Juden recht verachtet, so dass es bei ihnen ein Sprichwort gewesen zu sein scheint, es könne von Nazareth nichts Gutes kommen (Joh 1,46). Diese Verachtung ging von dem Städtchen auch auf die Bewohner derselben über, die daher schimpflich Nazaräer, d.i. Verachtete, genannt wurden. Weil der göttliche Heiland in Nazareth erzogen wurde, so nahm er an dieser Verachtung Anteil.


Betrachtung, wie notwendig Jesus für uns ist

Dass wir in der Ewigkeit nicht glückselig werden können ohne Jesus, wissen wir. Aber auch schon für diese Welt, was wäre unser Los ohne ihn? Wenn er nicht gekommen wäre und wir nichts von ihm wüßten, wie würde es uns ergehen in diesem Leben? Wo sollten wir z.B. Trost hernehmen, wenn schweres Herzeleid uns trifft? Denke dir etwa, das ein paar Wochen alte Kind liegt wie eine verwelkte Lilie blaß, kalt, tot vor den Augen der Mutter, deren größtes Glück es noch soeben war. Wie sollte sie ihre Tränen trocknen können, wenn sie weder von der Taufe etwas wüßte, noch von einem besseren Vaterlande? Selbst wenn das Kind unglücklicherweise nicht getauft wäre, so ist, so traurig der Gedanke ist, dass es niemals Gott sehen kann - sein ewiges Los um Jesu willen frei von Pein uns Schrecken. Es verdankt die natürliche Seligkeit, die es genießen wird, den Verdiensten Jesu. - Das unaufhörliche Nagen des Kummers ist nicht auszuhalten für den, der Jesus nicht kennt. Ein solcher ist bei peinigendem Kummer schlimmer daran als die Tiere des Feldes, die keine Vernunft haben. Das nämliche gilt von Krankheit und körperlichem Schmerz. Jesus lehrt uns, dass der Schmerz ein irdisches Fegfeuer ist, wenn wir um seinetwillen ihn geduldig und bußfertig aushalten. Ein langes, schmerzliches Krankenbett mit seinen endlosen Tagen und Nächten, wie schrecklich würde das sein, wenn Jesus nicht Mensch geworden wäre, wenn wir seine Krippe und sein Kreuz nicht kennten, aus seinem dornengekrönten Herzen nicht stets von neuem Mut und die Gnade der Ausdauer schöpfen könnten, - damit wir die Hand küssen lernen, die uns züchtigt und am meisten an seine Barmherzigkeit glauben, wenn er am wenigsten sich barmherzig zu zeigen scheint!
Was wäre ferner das Los der Armut ohne Jesus? Auf dem größten Teile der Menschheit ruht diese schwere Last. Die Armen sind der auserwählte Teil Gottes auf Erden. Er selbst wählte die Armut, als er zu uns kam. Er hat die Armen an seiner Stelle hinterlassen, und sie sollen nie fehlen auf Erden. Würde jemand sie lieben, wenn wir den menschgewordenen Sohn Gottes nicht kennten? Würden wir unsere wohltätigen Ordensgenossenschaften und Vereine, Spitäler, Armen- und Waisenhäuser haben? Das Heidentum hat Derartiges nicht gekannt.
Wie manche Augenblicke gibt´s im Leben, wo wir sehr deutlich fühlen, wie notwendig uns Jesus ist - besonders in den verborgenen Leiden, die wir niemand klagen können, wer kann uns da trösten und helfen, wenn nicht Jesus? Und endlich: wie könnten wir dem Tode ins Antlitz schauen ohne ihn? - wenn er nicht so gnadenreich gestorben wäre und wir unser brechendes Auge nicht auf sein Kreuz heften könnten?
Schlimmer als Kummer, Armut, Schmerzen und überhaupt jegliche irdische Not drückt die Gewissensnot der Sünde; diese uns abzunehmen ist der Heiland vor allem gekommen. Oder eigentlich bloß deshalb: denn alles Unglück kommt ja im Grunde von diesem einen Übel her. Darum sprach der Engel: Du sollst seinen Namen Jesus nennen, denn er wird sein Volk erlösen von dessen Sünden. Ja, die Sünde ist der eigentliche Störenfried in unserm Leben. Sie verbittert alle Freudenquellen und vergiftet alle Segnungen Gottes; sie verdoppelt alle Bürden des Lebens, macht Tod und Grab zum unerträglichen Schrecken.
Die heilige Geschichte erzählt von zwei Menschen, die das schuldbeladene Gewissen zur Verzweiflung trieb: Kain und Judas. Unstet irrte der eine auf der Erde umher und konnte ihres Besitzes nie mehr froh werden - ein elendes, verzweifeltes Leben. Der andere, vordem ein vertrauter Freund Jesu und der Apostel, nahm einen Strick und erhängte sich - ein schrecklicher, grauenhafter Tod.
Nicht anders würde es uns selbst ergehen ohne Jesus. Unser Leben wäre elend wie das Leben des Kain, unser Tod ein Grauen wie das Ende des Judas. Möge niemand einwenden: ein so großer Sünder bin ich nicht, wie jene beiden. Denn der einzige Grund ihres grenzenlosen Elendes war ja nicht die Größe ihrer Sünde, sondern: dass sie die Hoffnung verloren. Müßte es uns nicht ebenso ergehen ohne unsern Erlöser? Ich werde verloren, verstoßen sein von Gott - es ist unmöglich, im Ernste so etwas zu denken; schon die bloße Möglichkeit ist unerträglich. Und doch wäre es nicht bloß möglich, sondern sicher und gewiß ohne die Erlösung durch Jesus Christus.
Freilich ist die Erde immer noch ein Jammertal; allein im Vergleich zu dem, was sie sein würde ohne den Erlöser, ist sie doch wieder ein Paradies; den schlimmsten Fluch hat er von ihr genommen. Wie es uns zumute sein würde ohne ihn, davon können wir uns keine rechte Vorstellung machen. In Wahrheit, ein süßer Name ist der Name Jesu; unaussprechlich viel Trost und Segen liegt in ihm. Ehre und liebe stets die heiligen katholische Kirche, die den Trost und Segen ausspendet, den Jesus uns gebracht hat. Schätze und benutze gut die heiligen Sakramenten, die großen Gnadenströme des Erlösers!

Gebet. O Schönster unter den Menschenkindern, geliebtester Jesu! meine Seele liebt dich, und mein Herz verlangt nach dir. Wenn ich dich habe, besitze ich alles, was ich begehren kann; denn alles, was im Himmel und auf Erden die Herzen erfreuen kann, ist in dir überflüssig zugegen. O gütigster Jesu, du Trost und Freude meiner Seele! ich liebe dich und begehre dich in alle Ewigkeit zu lieben. Denn du bist ja glänzender als die Sterne, schöner als der Mond, leuchtender als die Sonne, lieblicher als die Morgenröte, prächtiger als die Blumen, köstlicher als die Edelsteine, freundlicher als die Engel. Wenn ich dich besitze, bin ich der Reichste, und wenn ich dich liebe, kann ich nichts anderes mehr begehren. O süßer, lieber, freundlicher Jesu! wie lieb habe ich dich! Wie angenehm bist du mir! Nichts in der ganzen Welt ist mir so teuer als du, da nichts mich so herzlich erfreuen kann! Lieber will ich alles verlieren als dich, und ehe ich dich beleidigen wollte, hätte ich lieber alle Menschen zu Feinden. Es ist mir leid, dass ich deine Lieblichkeit nicht eher erkannt und nicht früher angefangen habe, dich zu lieben. Was ich aber bisher versäumte, das will ich von nun an ersetzen und dich um so mehr lieben, je später ich begonnen habe, dich zu lieben. O mache, dass mir die Welt immer bitterer werde und ich dich immer mehr lieben möge! Amen.


Unterricht für das Fest der heiligen drei Könige

So nennen wir dieses Fest gewöhnlich, weil jene frommen, weisen Männer, die zur Anbetung des Heilandes aus dem Morgenlande nach Bethlehem kamen, nach alter Überlieferung Fürsten oder Könige waren. In der Kirchensprache heißt dieser Tag das Fest der Erscheinung des Herrn (Epiphania Domini).

Weshalb wird dieser Tag Erscheinung des Herrn genannt?

Weil die Kirche heute drei Erscheinungen Christi oder drei Offenbarungen seiner Gottheit feiert. "Denn heute", sagt der hl. Bernhard, " ist unser König wenige Tage nach seiner Geburt durch einen Stern den Erstlingen der Heiden erschienen; heute auch ist er, wie wir solches von den Vätern erlernt, nachdem er schon beinahe dreißig Jahre im Fleische gewandelt, verborgen unter den Volksscharen zur Taufe an den Jordan gekommen und durch das Zeugnis Gottes des Vaters geoffenbart worden; heute endlich hat er, mit den Jüngern zur Hochzeit geladen, durch ein wunderbares Zeichen seiner Macht Wasser in Wein verwandelt." In der Anbetung der Weisen offenbarte der Erlöser sich besonders als unser König, vor dem sich alle Knie beugen müssen im Himmel und auf Erden; in der Verwandlung des Wassers in Wein als unser Hoherpriester, der die Natur des Menschen umgestalten sollte, und in der Taufe im Jordan als der Prophet der Welt, von dem der Vater Zeugnis gegeben und den er zu hören befiehlt. Er erscheint solgleich in seinem dreifachen Amte, durch das er die Erlösung vollbringt und fortsetzt.
Der ersten der genannten Erscheinungen wendet die heilige Kirche die größte Aufmerksamkeit zu, weil dieses Ereignis für uns und alle Christen so überaus wichtig ist. Denn dadurch wurde angedeutet, dass der neugeborene Heiland nicht für die Juden allein, sondern auch der Heiden wegen, die bei weitem die Mehrzahl der damaligen Menschen ausmachten, und somit für alle Menschen auf die Welt gekommen sei. Deshalb ist dieser Tag von der katholischen Kirche von jeher mit aller Feierlichkeit begangen worden. Es ist daher gleichsam ein Dankfest dafür, dass Gott unsere Voreltern mit dem Lichte des wahren Glaubens erleuchtet und dadurch auch uns die Gnade gegeben hat, in seiner heiligen Kirche geboren zu werden.
Um ihre Kinder zur würdigen Feier eines so großen Festes vorzubereiten, hat die heiligen Kirche ähnlich wie an der Vigilie vor Weihnachten, so auch an der Vigilie der Epiphania die Segnung der Häuser angeordnet. Bei dieser Segnung und Einräucherung der Häuser werden in manchen Gegenden die Anfangsbuchstaben der Namen der drei Weisen mit Kreide an die Tür gezeichnet, zum Bekenntnis, dass wir bereit seien, gleich diesen Erstlingen, die aus den Heiden berufen worden, allzeit und überall und in allen unseren Verhältnissen mit allem, was wir sind und haben, demjenigen unsere Huldigung darzubringen, der sich uns so gnadenreich geoffenbart hat. Zudem liegt in diesen Anfangsbuchstaben einen Mahnung, dem Herrn für die Berufung in seiner Kirche zu danken und der Berufung uns würdig zu erweisen.

In der Anbetung der Weises des Morgenlandes zeigt sich der Erlöser besonders als König, vor dem sich alle Knie beugen müssen im Himmel und auf Erden; daher jubelt die katholische Kirche im Eingang der heiligen Messe ihrem Könige entgegen:
Siehe, der Herrscher Herr ist angekommen; das Reich, die Macht und die Herrschaft in seiner Hand (Mal 3,1). O Gott, gib dein Gericht dem Könige und deine Gerechtigkeit dem Sohne des Königs (Ps 71,1). Ehre sei usw.

Gebet der Kirche. O Gott,der du am heutigen Tage deinen Eingeborenen den Heiden durch die Leitung des Sternes geoffenbart hast! verleihe uns gnädig, dass wir, die wir im Lichte des Glaubens dich schon erkannt haben, auch zur Anschauung deiner ewigen Herrlichkeit zugelassen werden; durch Jesum Christum, unsern Herrn. Amen.

Lektion aus dem Propheten Isaias LX,1-6

Auf, werde Licht, Jerusalem! denn es kommt dein Licht, und über dir geht die Herrlichkeit des Herrn auf. Denn siehe, Finsternis bedecket die Erde und Dunkel die Völker, aber über dir gehet der Herr auf, und seine Herrlichkeit erscheint in dir. Es wandeln die Völker in deinem Lichte und die Könige im Glanze, der dir aufgegangen ist. Erhebe ringsum deine Augen und siehe, sie alle versammeln sich und kommen zu dir; deine Söhne kommen von ferne, und deine Töchter erheben sich von allen Seiten. Dann wirst du schauen und vor Freude überströmen; dein Herz wird sich wundern und erweitern, wann zu dir kommt des Meeres Reichtum und der Völker Schätze zu dir wandern. Eine Flut von Kamelen wird dich bedecken, Dromedare aus Madian und Epha; alle kommen sie aus Saba, Gold und Weihrauch bringen sie und verkünden das Lob des Herrn.

Erklärung

Die Lektion enthält zunächst eine Ermahnung des Propheten Isaias an die Bevölkerung von Jerusalem, dem Lichte, das ihm leuchtet, und der Herrlichkeit des Herr, die über ihm aufgeht, nicht das Auge zu verschließen, sondern durch das Licht aus Gott selbst ein Licht zu werden den Völkern, die in der Finsternis und dem Dunkel des Unglaubens dahinleben. Dann aber eine Weissagung. Das Licht des Herrn, Christus nämlich, werde über Jerusalem, d.i. über der heiligen Kirche, von der Jerusalem ein Vorbild ist, aufgehen und sie mit einer Lichthelle umgeben, dass der Glanz davon sich über den ganzen Erdkreis verbreiten werde. Nicht wenige würden hiervon angezogen werden, nicht einzelne würden in die Stadt des Herrn, in die heilige Kirche eingehen; nein, eine Fülle von Völkern von allen Meeren und Weltgegenden, selbst aus dem äußersten Osten und Süden, würden mit den reichsten Opfern, mit dem Golde der lautersten Gesinnung und mit dem Weihrauch äußerer, aus Glaube und Liebe hervorgehender Werke zusammenströmen, und ob der Gnade, die ihnen zuteil geworden ist, das Lob des Herrn verkünden. Die Weissagung hat heute in den drei Weisen angefangen, erfüllt zu werden. Danke daher deinem Heilande, dass er auch dich zum beseligenden Lichte des wahren Glaubens berufen hat und mache dich auf, durch dieses Licht zum Lichte zu werden. Sprich mit dem Propheten Isaias (49,13): "Lobsinget, ihr Himmel! und frohlocke, du Erde! ertönet ihr Berge von Lob; denn der Herr hat sein Volk getröstet und sich seiner erbarmt."

Evangelium Matth II,1-12

Als Jesus geboren war zu Bethlehem (im Stamme) Juda, zur Zeit des Königs Herodes, siehe, da kamen Weise aus dem Morgenlande nach Jerusalem und sprachen: Wo ist der neugeborene König der Juden? Denn wir haben seinen Stern im Morgenlande gesehen und sind gekommen, ihn anzubeten. Als der König Herodes dies hörte, erschrak er, und ganz Jerusalem mit ihm. Und er versammelte alle Hohenpriester und die Schriftgelehrten des Volkes und erforschte von ihnen, wo Christus geboren werden solle. Sie aber sprachen zu ihm: Zu Bethlehem (im Stamme) Juda; denn also stehet geschrieben durch den Propheten: Und du, Bethlehem im Lande Juda, bist keineswegs die geringste unter den Fürstenstädten Judas; denn aus dir wird hervorgehen der Fürst,der mein Volk Israel regieren soll. Da berief Herodes die Weisen heimlich und erforschte genau von ihnen die Zeit, da der Stern ihnen erschienen war. Dann sandte er sie nach Bethlehem und sprach: Gehet hin und forschet genau nach dem Kinde; und wenn ihr es gefunden habet, so zeiget mir´s an, damit auch ich komme, es anzubeten. Als diese den König gehört hatten, zogen sie hin. Und siehe, der Stern , den sie im Morgenlande gesehen hatten, ging vor ihnen her, bis er über dem Orte, wo das Kind war, ankam und still stand. Da sie aber den Stern sahen, hatten sie eine überaus große Freude. Und sie gingen in das Haus, fanden das Kind mit Maria, seiner Mutter, fielen nieder und beteten es an. Sie taten auch ihre Schätze auf und brachten ihm Geschenke: Gold, Weihrauch und Myrrhen. Und als sie im Schlafe durch eine Offenbarung gewarnt wurden, dass sie nicht mehr zu Herodes zurückkehren sollten, zogen sie auf einem andern Wege wieder in ihr Land zurück.

Es kamen Weise aus dem Morgenlande

Sie kamen aus einem östlich gelegenen Lande, entweder aus Mesopotamien, Persien oder Arabien. Sie werden Weise genannt, Magier, die sich allerlei Wissenschaften ergaben, und besonders mit Sternkunde und Sterndeutung befaßten. Die Geschenke deuten darauf hin, dass sie zu den Vornehmsten und Angesehensten des Volkes gehörten; eine uralte, ehrwürdige Überlieferung nennt sie Könige, gibt als ihre Namen Kaspar, Melchior und Balthasar an, rühmt sie als später zum Christentum Bekehrte und als Märtyrer des wahren Glaubens. Ihre Leiber werden im Dome zu Köln aufbewahrt, wo sie in hoher Verehrung stehen.

Warum erschrak Herodes und ganz Jerusalem mit ihm?

Herodes war ein herrschsüchtiger und grausamer König, der durch Meuchelmord und jede Art von Verbrechen nicht nur sich selbst, sondern auch seinen Nachkommen die Königswürde zu sichern suchte. Deswegen erschrak bei der Nachricht von dem neugeborenen Könige der Juden; denn er fürchtete, es möchte sofort das seit Jahren gereizte Volk in Massen aufstehen, um den blutbeladenen Thronräuber zu vertreiben, oder er würde doch späterhin vom Thron gestoßen und um seine Herrlichkeit und Herrschaft gebracht werden. Ein böses Gewissen ist immer in Furcht und hat niemals Ruhe. Jerusalem aber, d.h. seine Bewohner, erschraken, die gutgesinnten, teil, weil sie bei einer so freudigen Nachricht von einem Schauer der Wonne ergriffen wurden, teils, weil sie neue grausame Maßregeln, ein neues Blutbad von seiten des Herodes befürchteten; die gottlosen, weil sie wegen ihrer Sünden und Laster nur Strafen von dem kommenden Messias erwarteten.

Weshalb versammelte Herodes die Priester und Schriftgelehrten?

Weil er von ihnen zu erfahren suchte, wo der Messias geboren werden sollte, um danach seine Maßregeln zu treffen. Denn er war in den heiligen Büchern der Juden erfahren genug und kannte hinlänglich die damals allgemein verbreitete Erwartung von einer nahen Neugestaltung der Dinge, um die Rede der Weisen nicht als ein törichtes Vorgeben zu verspotten. So führte Gott den Herodes samt den Priestern und Schriftgelehrten zur Erkenntnis der näheren Umstände von der Geburt Christi, und doch glaubten sie nicht an denselben! Gleichen wir nicht diesen verstockten Juden, wenn wir den Lehren des göttlichen Heilandes und seiner heiligen Kirche keinen Glauben schenken, oder wenn wir zwar glauben, aber nicht der erkannten Wahrheit gemäß leben?

Warum sagte Herodes, auch er wolle das Kind anbeten?

Nur aus List und Verstellung. Sein Plan, das Kind Jesus aus dem Wege zu räumen, war schnell gefaßt. Zu diesem Zwecke mußte er das ungefähre Alter und den Ort der Geburt wissen. Beides will er von den Weisen bei ihrer Rückkunft erfahren. Darum entläßt er sie mit scheinbarem Wohlwollen und mit der Versicherung, nach der von ihnen empfangenen Nachricht wolle auch er hingehen, das Kind anzubeten. Machen es nicht auf ähnliche Weise jene Seelenmörder, die eine Unschuld zum Falle bringen wollen? Wie gut und fromm stellen sie sich anfangs; an Schmeicheleien und Geschenken überbieten sie sich, um die arglosen Herzen zu gewinnen und allmählich aus ihnen die Schamhaftigkeit, Gottesfurcht, Unschuld und Christum selbst zu verbannen. Hüte dich vor solchen Wölfen in Schaftspelzen!

Sie fielen nieder und beteten das Kind an

Im Morgenlande herrschte die Sitte, sich vor Königen und Großen niederzuwerfen, wenn man seine Ehrfurcht gegen sie an den Tag legen wollte. Um so mehr taten die frommen Weisen dieses vor dem Jesuskinde, weil sie, von der Gnade Gottes erleuchtet, in ihm trotz der ärmlichen Umgebung nicht einen einfachen König, sondern den sehnlichst erwarteten Heiland der Welt erkannten. Wie überaus beschämend ist doch dieses Beispiel für so manche Christen, die in den Kirchen vor dem unter Brotsgestalten verborgenen Gott so unehrerbietig sind, dass sie kaum ein Knie vor ihm beugen mögen!

Warum haben sie ihm Gold, Weihrauch und Myrrhen geopfert?

Vor Königen und Großen durfte man im Morgenlande nicht ohne Geschenke erscheinen. Die Geschenke, welche die Weisen dem Jesuskinde darbrachten, waren in der Tat der Würde desselben angemessen; es lag darin eine Anerkennung der Herrlichkeit Christi. "Siehe, was sie schenkten", sagt der hl. Fulgentius, "so weißt du auch, was sie glaubten." Gold ist ein Tribut, der einem Könige geziemt; Weihrauch, der in Tempeln angezündet wird, erscheint als eine Gott gebührende Gabe; Myrrhen, mit denen man Leiber einbalsamierte, deutete auf seine Menschheit; denn als Mensch allein vermochte er sich für uns in Leiden und Tod hinzugeben.

Wie können wir dem Christkindlein gleiche Gaben opfern?

Gold opfern wir ihm, wenn wir ihm unsern köstlichsten Schatz, den Willen, durch eine reine, treue Liebe, vollkommenen Gehorsam und beständige Selbstverleugnung schenken und den Armen in seinem Namen mit Almosen beispringen. "Was ihr einem meiner Brüder getan, das habet ihr mir getan"§ (Matth 25,40). Weihrauch, das Sinnbild einer zärtlichen Andacht, werden wir ihm durch fleißiges, andächtiges und inbrünstiges Gebet anzünden. Myrrhen, wodurch die Verwesung verhindert wird, bringen wir ihm, wenn wir die fleischlichen Lüste bekämpfen und Leib und Seele rein und unbefleckt zu erhalten suchen.

Warum kehrten die Weisen auf einem anderen Wege in ihr Land zurück?

Weil Gott es ihnen im Traum befohlen hatte. So verherrlichet sich Gott durch seine liebevolle Fürsorge an seinem Erstgeborenen. Lernen wir von den Weisen:
1. Dass wir Gott mehr als den Menschen gehorchen sollen;
2. dass wir, haben wir uns bekehrt und Gott gefunden, einen ganz anderen Weg einschlagen müssen, als wir zuvor gegangen sind. Durch Stolz, Ungehorsam, Liebe zum Irdischen, Wollust usw. haben wir uns von Gott und dem Himmel, unserm Vaterlande, entfernt, durch die Buße sollen wir Gott wiedersuchen; er läßt sich gern finden, wenn wir ihn aufrichtig suchen. Haben wir ihn gefunden, so müssen wir auf dem Wege der Demut, des Gehorsams, der Verachtung des Zeitlichen und der Abtötung dem Himmel zuwandern.


Betrachtung über das Geheimnis der heiligen Kindheit

Das Geheimnis der heiligen Kindheit prüft und stärkt nicht nur unsern Glauben, sondern auch unsere Hoffnung.

Was haben wir von Gott zu hoffen? Verzeihung der Sünden, Gnade zu einem christlichen Leben und das ewige Leben; auch zeitliche Güter, sofern dieselben nützlich oder doch nicht hinderlich sind, um unser Heil zu erreichen; alles dieses um der Verdienste Christi willen durch eigene Mitwirkung.

Die christliche Hoffnung ist eine Tugend, d.h. sie wird dem Keime nach zwar schon in die Seele gelegt bei der Taufe, erfordert jedoch beständige Anstrengung und Übung, damit sie nicht erlahme und ausarte in Vermessenheit oder in Mißtrauen und gänzliche Verzweiflung.

Dieses vorausgeschickt, treten wir zur Krippe und betrachte, wie die Geheimnisse der Kindheit Jesu eine Prüfung und Übung sind für die christliche Hoffnung. Fragen wir die drei Könige, und sie werden sagen: das Geheimnis von Bethlehem war eine schwere Prüfung nicht nur für unsern Glauben, sondern auch für unsere Hoffnung. Die göttlichen Prophezeiungen waren uns bekannt. Wir wußten, dass Balaam vor anderthalbtausend Jahren gesprochen hatte: "Ich sehe ihn, aber nicht bald; ich schaue ihn, doch nicht nahe; aufgehen wird ein Stern aus Jakob, sich erhaben ein Zepter aus Israel, der niederschlägt die Fürsten Moabs und vernichtet die Söhne Seths" (4 Mos 24). Voll Sehnsucht harrten wir auf den Heiland der Welt. Ein neues, wunderbares Gestirn stieg am Himmel auf; gleich einem feurigen Finger Gottes zeigte es nach dem Lande der Juden. Kein Zweifel, die Zeit war da, und derjenige, auf den die Völker hofften. Wir machten uns auf, ihn zu suchen. Allein auf wie harte Proben wurde unsere Hoffnung gesetzt! In der Heimat nannte man unsere Hoffnung Träumerei und Schwärmerei. Auf dem weiten, gefährlichen und beschwerlichen Wege nirgends Gesinnungsgenossen, die sich uns angeschlossen hätten. Und gar in der Hauptstadt des Judenlandes, welche Enttäuschung! Niemand weiß etwas von einem neugeborenen König, niemand will etwas von ihm wissen. Sein eigenes Volk verleugnet ihn. Herodes erschrak und ganz Jerusalem mit ihm. Aber unser Vertrauen wankte nicht. Der leuchtende Himmelsbote verschwand. Wir fragten bei den Vorstehern der jüdischen Kirche. Sie waren wie Wegweiser, die den rechten Weg zeigen, aber selbst nicht gehen. Wir ließen uns nicht irre machen, selbst dann nicht, als der Stern stillstand über einem Stalle. Wir fanden alles ganz anders, als wir erwartet hatten; allein weil wir ausharrten in Geduld und hofften wider alle Hoffnung, wurde unser Suchen herrlich belohnt.

Unsere christliche Hoffnung wird nicht auf so harte Probe gestellt; allein an Prüfungen fehlt es auch uns nicht. Die erste Prüfung ist der Unglaube und die Gleichgültigkeit der Welt gegen Christus, den Kleinen, Verborgenen. - Wenn man im Schoße einer recht religiösen Familie aufgewachsen ist, in Schule und Kirche Christum kennen lernte als unsern Heiland, den Anfang und das Ende von allem, den glänzenden, leuchtenden Stern unserer Hoffnung und unseres Troste, und kommt dann später hinaus in die Welt unter allerlei Menschen: dann überkommt einem wohl schmerzliches Erstaunen, wenn man sieht und erfährt, wie wenig die Welt weiß und wissen will von den Hoffnungen des Christentums. Was ist es denn, wonach die meisten verlangen und streben, wofür sie Teilnahme zeigen, wovon sie reden und träumen? Ist es nicht die Befriedigung der Augenlust, Fleischeslust und Hoffart? Geld verdienen, sich Vergnügen, Ansehen, Stellung und Namen verschaffen, das scheint der Zweck ihres Lebens, die Sehnsucht ihres Herzens und die Triebfeder ihrer fieberhaften Unruhe zu sein. Christus ist für sie ein leerer Name, das Christentum höchstens eine gedankenlose Gewohnheitssache, die Hoffnungen des Christentums sind für sie ohne Wert: derart, dass niemand davon redet, manche darüber spotten, wenn jemand Ernst macht, Christum zu suchen. Christus ist allen aufgegangen als der leuchtende Morgenstern, der Erlösung verheißt aus der Nacht und den Schrecken der Sünde. Wie viele aber kümmern sich darum, durch Christus Vergebung ihrer Sünden zu bekommen? Ja, wenn man ihnen versprechen würde, ihr sollt Bezahlung eurer Schulden bekommen, wenn ihr beichtet: wie würden dann die Beichtstühle belagert sein, welche Mühe würde man sich geben, um gut zu beichten, wie sorgfältig das Gewissen erforschen, ernstlich Reue und Leid erwecken! Aber es ist da nur Vergebung der Sünden zu bekommen, und wer fragt danach! - Ebenso steht es mit den übrigen Gnaden, die das Kind von Bethlehem uns bietet. In der Kommunion gibt er sich wieder selbst hin als Brot des Lebens, das Brot der Starken, die Kraft in Versuchung, das Unterpfand der Beharrlichkeit. Wie wenigen aber liegt wirklich etwas daran! - Er ladet alle liebevoll ein, die mühselig und beladen sind, er will ihnen Erquickung und Hilfe spenden. In seinem großen Verlangen, uns zu helfen auch in den zeitlichen Nöten des Lebens, versichert er sogar, er betrachte es als eine Ehre, wenn wir ihm Vertrauen schenken und zu ihm kommen: " Rufe zu mir in der Zeit der Trübsal, und due wirst mich ehren" (Jer 33). Und doch suchen die meisten eher überall sonst Hilfe und Trost als bei ihm.

Diese Gleichgültigkeit der Welt gegen den Heiland ist eine beständige Prüfung für unser Gottvertrauen. Wir dürfen uns ebensowenig irremachen lassen wie die drei Könige. Mögen andere sagen und tun, was sie wollen, in keinem andern ist Heil als in Christus, nirgends anders können wir Hilfe finden in jeder Not und Herzensfrieden, Ruhe für unsere Seele, wahres Glück für diese und die andere Welt. Es ist kein anderer Name gegeben, in dem wir selig werden können, als der Namen Jesus. Und wenn wir ausharren, seine Gnade zu suchen, dann werden die schlimmsten Beispiele unserm Vertrauen keinen Abbruch tun, dasselbe vielmehr stärken. Und um so größer wird unser Glück sein, wenn wir trotz aller Prüfungen nicht ablassen, ihn zu suchen.

Eine andere Prüfung unseres Gottvertrauens sind die Zeiten der inneren Trostlosigkeit, der Finsternis, der Traurigkeit und Gottverlassenheit. Der Stern, der Christus ist, verbirgt sich manchmal, selbst wenn wir den besten Willen und ernstliches Streben haben. - Wie oft ist unser Lebensweg hart und dornenvoll! Mühsale und Leiden fehlen keinem Menschen, Bedrängnisse mancherlei Art umringen uns. Die feste Zuversicht auf Gott, sein Wort und seine Gnade beginnt da leicht zu wanken. Die Sündhaftigkeit unseres Lebens und die Schwäche unseres Herzens vermehrt die innere Unruhe. Das Leben scheint eine nutzlose Plage; man betet und betet, und es wird doch nicht anders, und die Mutlosigkeit kommt und sagt: gib´s dran, es hilft doch nichts, du findest den Erlöser nicht, es nützt dir nichts. So gibt es Augenblicke, in denen alles Licht und jeder Trost aus unserer Seele verschwindet, so dass wir dastehen wie die Weisen vor Jerusalem, als der Stern verschwunden war. Auf sie blicke hin in solchen Stunden. Sie haben sich durch die Prüfung nicht wankend machen lassen in ihrer Zuversicht, sie suchten weiter und da gab ihnen Gott ein viel helleres Licht. Wir wollen sprechen mit Job: "Und wenn er mich auch tötet, will ich doch auf ihn hoffen" (Job 13). Wenn wir ausharren in geduldiger Hoffnung, und selbst dann noch festhalten, wenn alle Hoffnung unterzugehen scheint, wird der Herr in höchster Not uns am nächsten sein, und wir werden desto freudiger ihn preisen: auf den Herrn habe ich gehofft, er ließ mich nicht zuschanden werden.

Eine weiter Prüfung unseres Gottvertrauens liegt in der Art und Weise, wie der Erlöser sich auch von uns finden läßt. Wie die Weisen des Morgenlandes den neugeborenen König der Juden und Heiland der Welt ganz anders fanden, als sie sich ihn vorgestellt hatte, so werden auch unsere Erwartungen meistens getäuscht. Gottes Gedanken sind nicht unsere Gedanken, und des Menschen Wege sind nicht Gottes Wege.

Der Stall von Bethlehem ist zwar vervielfältigt und erweitert. Überall erheben sich die christlichen Tempel als Wohnungen Gottes unter den Menschen mit aller Kunst und Pracht; der Gottesdienst ist ausgestattet mit aller Feierlichkeit. Indessen gibt es auch heute noch Orte, wo Christus wohnt unter den Menschen in der größten Armut. Die Missionsvereine waren bisher noch nicht imstande überall, wo Katholiken zahlreicher unter Un- und Irrgläubigen leben, würdige Gotteshäuser zu bauen. Und wie oft sieht es in den Wohnungen der Menschen besser aus als im Hause Gottes. Auch ist es selbst in den prächtigsten Tempeln oft genug frostiger und öder als im Stalle zu Bethlehem, weil da nur zu sehr fehlt der einfältige Glaube und die Anbetung der Hirten, das unerschütterliche Gottvertrauen und die Opferwilligkeit der Könige, die hingebende Liebe Josephs und Mariä. Überdies verbirgt sich der Erlöser vor unsern Blicken in den armen, regungs- und hilflosen Gestalten der Hostie. Alles dieses ist eine beständige Prüfung nicht nur für unsern Glauben, sondern auch für unsere christliche Hoffnung. Wie, fragt der Zweifel, das sollte dein Gott und Erlöser sein? Sollte nicht alles Einbildung und Täuschung sein? Ahmen wir den heiligen drei Königen nach!

Unsere Erwartungen werden meistens getäuscht in den Führungen und Schickungen des Lebens, und in der Weise, wie Gott unsere Gebete erhört. Mit liebevoller Vaterhand leitet und ordnet Gott auch die kleinsten Umstände unseres Lebens zu unserm Besten; aber die Pläne seiner Vorsehung sind uns verborgen. Er hilft uns in jeder Not, aber wir dürfen ihm nicht vorschreiben wollen, wann und wie er helfen soll. Unser Gottvertrauen muß unsern Mut aufrecht halten und unsern Eifer wachhalten im Suchen nach dem Heiland. Er ist der leuchtende Morgenstern unseres Heiles. Der Morgenstern leuchtet in der Finsternis und führt zum Sonnenglanze des lichten Tages. Eine Sonne will Christus uns hienieden noch nicht sein; wir müssen pilgern und streiten und suchen in der Finsternis des Erdenlebens. Die volle Klarheit wartet unser in der andern Welt. Aber auch in diesem Leben läßt er uns nicht ohne Licht und Führung. Wir müssen bauen auf seine Verheißung: "Wer mich nachgehet, der wandelt nicht in der Finsternis, sondern wird das Licht des ewigen Lebens haben" (Joh 8,12).

Gebet. Gib mir, o göttlicher Heiland, den Glauben der drei Könige. Erleuchte meinen Verstand mit dem Lichte, das ihnen geleuchtet hat; bewege auch mein Herz, damit ich diesem Lichte folge und dich künftighin aufrichtig suche, der du mich zuerst gesucht hast. Gib, dass ich dich wirklich finde, mit den Weisen im Geiste und in der Wahrheit anbete und dir das Gold der Liebe, den Weihrauch der Andacht und die Myrrhen der Buße darbringe, damit ich nach einem wahren Opferleben dich in deiner Herrlichkeit anbeten möge. Amen.


Unterricht für den ersten Sonntag nach dem Feste der heiligen drei Könige

Um uns zur andächtigen Anbetung Christi aufzumuntern, singt die Kirche in dem Eingange zur Messe:
Ich sah auf einem erhabenen Throne einen Mann sitzen, den die Heerscharen der Engel anbeteten, ihm einmütig lobsingend, und dessen Reich ewig bestehen wird (Dan 7,13). Jubelt Gott alle Lande; dienet Gott dem Herrn mit Freuden (Ps 99,2).

Gebet der Kirche. Wir bitten dich, o Herr! du wollest die Wünsche deines flehenden Volkes mit himmlischer Milde begleiten, damit es erkenne, was du verlangest, und gestärkt werde, das im Werke zu erfüllen, was es als gut und heilig erkannt hat; durch unsern Herrn Jesum Christum, deinen Sohn usw. Amen.

Lektion aus der Epistel an die Römer VIII,1-5

Brüder, ich bitte euch um der Erbarmungen Gottes willen, dass ihr eure Leiber als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Opfer darbringet, und (so) euer Gottesdienst vernünftig sei. Und machet euch dieser Welt nicht gleichförmig, sondern wandelt euch selbst um in Erneuerung eures Sinnes, so dass ihr prüfet, was der Wille Gottes, was gut, wohlgefällig und vollkommen sei. Denn ich ermahne alle, die unter euch sind, vermöge der Gnade, die mir gegeben worden ist, nicht höher (von sich) zu denken, als sich geziemt, sondern bescheiden von sich zu denken, nach dem Maße des Glaubens, das Gott einem jeden zugeteilt hat. Denn gleichwie wir an einem Leibe viele Glieder haben, alle Glieder aber nicht dieselbe Verrichtung haben, so sind wir viele ein Leib in Christo, einzeln aber untereinander Glieder: in Christo Jesu, unserm Herrn.

Erklärung

Der Apostel ermahnt uns, unsere Leiber Gott zu einem lebendigen, heiligen und wohlgefälligen Opfer darzubringen: zu einem lebendigen Opfer im Gegensatze zu den Juden, die ihm nur tote Opfer, das Fleisch geschlachteter Tiere, darbrachten; zu einem heiligen Opfer, das von allen Makeln der Sünde rein und darum Gott wohlgefällig ist. Soll dieses Opfer aber ein lebendiges sein, so genügt es nicht, nur unsern Leib zu heiligen und den Leib und die leiblichen Werke Gott darzubringen; wir müssen uns ganz, wie wir sind, mit Leib und Seele dem Dienste und der Ehre Gottes weihen. Dieses geschieht:
1. wenn wir unsere leiblichen Werke zur Ehre Gottes verrichten und dadurch heiligen;
2. wenn wir unsern Willen dem Willen Gottes gänzlich unterordnen und diesen in uns herrschen lassen, unsere sinnlichen Lüste und bösen Begierden dagegen zu unterdrücken suche; "denn wer seine Begierden nicht vollbringt", sagt Origenes, "der bringt Gott ein lebendigen Opfer":
3. wenn wir die Akte der äußeren Gottesverehrung nicht nur mit dem Leibe, sondern auch mit dem Geiste vornehmen, d.h. wenn wir nicht allein mit dem Munde, sondern auch mit dem Herzen zu Gott beten; nicht nur durch ehrerbietige körperliche Stellung, sondern auch durch innerliche Ehrfurcht ihm unsere Verehrung bezeigen.
Dadurch wird ein Gottesdienst zu einem vernünftigen, den der heilige Apostel von uns verlangt.-
Machet euch dieser Welt nicht gleichförmig, fährt derselbe fort, d.h. richtet euch nicht nach den Grundsätzen und Sitten der Kinder dieser Welt. Wer nicht mit denselben bricht und die Werke des Fleisches (Gal 5,19) nicht ablegt, der kann kein Jünger Christi sein (Joh 15). Der alte, irdische Mensch muß in uns ersterben, und dafür ein neuer, himmlischer entstehen, dessen Wandel gewissermaßen im Himmel ist. Wollenwir dahin gelangen, so bestreben wir uns eifrig, in allem zu erkennen, was Gott wohlgefällig und folglich gut und vollkommen ist. Dieses ist die Wissenschaft der Wissenschaften, ohne die uns alles übrige nichts nützet. Zu dem nun, was gut, vollkommen und somit dem Herrn angenehm ist, gehört besonders die Demut, sie ist ein vorzügliches Merkmal der wahrhaft Erlösten. Deshalb fordert der heilige Apostel auf, wir möchten uns doch nicht über andere erheben, sondern bescheiden von uns denken, wohl beherzigend, dass alles Gute, was wir haben, uns durch Gottes Gnade verliehen sei, der jedem ein bestimmtes Maß mitteilt. Jeder soll daher mit seiner Gabe in dem ihm dadurch angewiesenen Wirkungskreise eifrig aber bescheiden tätig sein, damit der Leib Christi, dessen Glied er ist, die Kirche Christi nämlich, immer gedeihe und die Zahl der würdigen Glieder seines Reiches immer größer werde.

Gebet. Meinen Leib und meine Seele bringe ich dir dar, o Jesu, durch Abtötung meiner bösen Gelüste, durch Demütigung und Zerknirschung zu einem lebendigen, heiligen und dir wohlgefälligen Opfer. Niemals will ich sie wieder in den Dienst der Sünde, des Fleisches und der Welt dahingeben, nie durch Unzucht, Hoffart, Fraß und Völlerei, noch durch andere Laster entheiligen. Verleihe mir dazu deine Gnade. Amen.

Evangelium Luk II,42-52

Als Jesus zwölf Jahre alt war, reiste er mit seinen Eltern wie gewöhnlich zum Feste nach Jerusalem. Und da sie am Ende der Festtage wieder zurückkehrten, blieb der Knabe Jesus in Jerusalem, und seine Eltern wußten es nicht. In der Meinung, er sei bei der Reisegesellschaft, machten sie eine Tagreise und suchten ihn unter den Verwandten und Bekannten. Da sie ihn aber nicht fanden, kehrten sie nach Jerusalem zurück und suchten ihn. Und es geschah, nach drei Tagen fanden sie ihn im Tempel sitzen unter den Lehrern, wie er ihnen zuhörte und sie fragte. Und als sie ihn sahen, wunderten sie sich, und seine Mutter sprach zu ihm: Sohn, warum hast du uns dieses getan? Sieh, dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht.
Und er sprach zu ihnen: Warum habt ihr mich gesucht? Wußtet ihr nicht, dass ich in dem sein muß, was meines Vaters ist? Sie aber verstanden die Worte nicht, die er zu ihnen sagte. Und er zog mit ihnen hinab und kam nach Nazareth, und er war ihnen untertan.
Seine Mutter bewahrte alle diese Worte in ihrem Herzen. Und Jesus nahm zu an Weisheit und Alter und an Gnade bei Gott und den Menschen.

Was lernen die Erwachsenen aus diesem Evangelium?

Welche weit von der Kirche wohnen, diese lernen hier von Christus, Maria und Joseph, die an vier Tagreisen nach Jerusalem machen mußten zum Osterfeste, dass sie einen viel kürzeren Weg zur Kirche an Sonn- und Festtagen, auch bei rauher Witterung, nicht scheuen sollen zur Ehre Gottes, falls sie gesund sind, und dass sie in der Kirche sich andächtig verhalten sollen.

Was lernen Eltern aus diesem Evangelium?

Wenn ihre Kinder den Verstand erreicht haben, so sollen die Eltern sie unterrichten, morgens, mittag und abends zu beten, wie auch vor und nach dem Essen; sie sollen den Glauben, die zehn Gebote Gottes ihnen beibringen und erklären. Wenn sie auch noch nicht alles verstehen, so legt doch die Gewöhnung einen guten Grund für später. Auch sollen die Eltern ihre Kinder früh anhalten, dass sie die Predigt und christliche Lehre besuchen, und eine strenge Aufsicht darüber führen, damit sie nicht in böse Gesellschaft geraten, wodurch sie leicht zeitlich und ewig verloren gehen.

Was lernen Kinder aus diesem Evangelium?

Dass sie gern zur Kirche gehen, sich in der Kirche sittsam und andächtig betragen und in der christlichen Lehre über dasjenige bescheiden nachfragen, was sie nicht gehörig verstehen. Dann sollen Kinder ihren Eltern gehorsam sein, und zwar pünktlich, willig und aus Gewissenhaftigkeit. Die Schrift sagt: Gehorsam ist vor Gott besser als Opfer. Kinder sollen sich in ihr Herz schämen, wenn sie ihre Eltern, von denen sie das Leben empfangen haben und ernährt sind, nicht nur nicht ernähren, sondern sich auch ihrer schämen, falls sie arm, alt, zur Arbeit untauglich sind. Jesus Christus gehorchte seiner armen Mutter, obgleich er Gottes Sohn war, und einem Zimmermanne, der nur sein Pflegevater war, und daher ist es nicht zu verstehen, dass Menschenkinder sich gegen ihre Eltern auflehnen.

Was besagen die Worte: "Wußtet ihr nicht usw."?

Wußtet ihr nicht, dass ich in dem Werke tätig sein muß, wozu ich gesandt wurde, nämlich Gottes Ehre und der Menschen Heil zu bewerkstelligen? Dieser Aufenthalt im Tempel hatte also wichtige Gründe, die Maria und Joseph nicht völlig durchschauten. Es erinnern auch diese Worte daran, dass Eltern wegen der ihnen anvertrauten Kinder stets nach dem Willen des himmlischen Vaters fragen müssen und nicht nach eigenem Belieben verfahren dürfen, wenn es auch noch so schwer und schmerzlich fällt; dass ferner Kinder den Eltern in nichts folgen dürfen, was gegen den Willen und die Absichten Gottes ist.


Betrachtung über das dreitägige Suchen nach dem zwölfjährigen Jesus

Das Osterfest war zu Ende. Die Pilger zogen wieder heimwärts. Die Männer und Frauen wanderten getrennt und fanden sich erst abends am Halteplatze wieder zusammen. So kam es, dass der Jesusknabe während der Reise des ersten Tages nicht vermißt wurde. Maria vermutete ihn bei Joseph, dieser aber hielt es in seiner tiefen Demut für selbstverständlich, dass er bei Maria sei. Er wartete auf sie, und ihr Herz brach fast in plötzlichem Weh, als sie den Knaben nicht sah... Das erste Getümmel der lagernden Karawane verhallte allmählich. Sie erwachten nun aus der Betäubung des ersten Schreckens und gingen zu Bekannten und Verwandten, um nach Jesus zu fragen. Sie fragten, aber Maria wußte wohl, dass es umsonst sei. Sie kannte ihn zu gut; wenn er unter der Gesellschaft war, wäre er längst bei ihnen gewesen, Kein gewöhnliches Ereignis konnte es sein, das ihn vom Herzen der Mutter getrennt hätte. Doch endigte die Nachforschung erst in der tiefen Nacht. Die Nacht konnte keine so schwarze Finsternis heraufführen, wie sie jetzt die Seele Mariä erfüllte. - In der Stille der Nacht machten sich die zwei betrübten Herzen wieder auf den Weg zurück zur heiligen Stadt. Ihre Füße wurden wund und müde; aber die Seelenangst ließ sie darauf nicht achten.

Was diesem Schmerze Mariä beim Suchen nach Jesus seine Bitterkeit und unergründliche Tiefe gab, war die Finsternis, in der sie suchen mußten. Sie wußte sehr viel von den Schicksalen des göttlichen Kindes voraus; aber die hatte sie nicht geahnt. Und da dieser Schlag so unerwartet kam, verwirrte er in ihrem Herzen alles, was sie sonst auch noch so klar gesehen und gewußt hatte. Welche quälenden Gedanken und Zweifel mußten die Unterhaltung dieser Nacht ausmachen! - Sollte sie ihn vielleicht gar nicht mehr sehen? Hatte er vielleicht gefunden, dass sie seiner unwürdig waren und sie verlassen? Oder hatte Archelaus, der Sohn des argen Herodes, die Gelegenheit erspäht, ihn ergriffen und heimlich beiseite geschafft? Oder war er zu Johannes in die Wüste gegangen, um hinfort in der Einsamkeit zu leben? Je mehr Vermutungen ihr rastloser Geist aufstellte, desto mehr wuchs ihre Verwirrung. Jesus hatte sie verlassen, so trostlos und voll Seelenqual allein gelassen, wie dereinst sein Vater ihn verlassen wird.

Wo war indessen Jesus? Er war in Jerusalem. Was er dort tat, davon erzählt die Schrift nur einen Zug, und zwar einen recht seltsamen. Er hielt sich in der Tempelschule auf. Dort wurden die heiligen Schriften erklärt, vornehmlich wohl die Verheißungen des Messias. Die Schriftgelehrten dachten sich den Messias meist als einen ruhmreichen, mächtigen Staatsmann, der das Volk vom Joche der Heiden befreien werde. Dieser Wahn war das große Hindernis der Aufnahme Jesu. Der Jesusknabe hörte ihrem Dispute zu und stellte dann bescheidene Fragen. Er berührte ohne Zweigel die schwierigsten Prophetenstellen und lenkte den Geist der ergrauten Gelehrten von Wahrheit zu Wahrheit, so dass sie die Unhaltbarkeit ihrer früheren Ansichten erkennen mußten. Alle konnten sich nicht genug wundern über den tiefen Sinn des merkwürdigen Knaben, und wohl manchem wurde diese Stunde zum Anfang des Heiles.

Maria und Joseph begannen indes am zweiten Tage ihre Nachforschungen in Jerusalem. Ihr erster Gang galt dem Tempel. Da sie dort nichts fanden, wanderten sie den ganzen Tag in den Straßen umher. Die Vorübergehenden wurden gemustert, überall Nachfrage gehalten. Einige gaben gar keine Antwort, andere ließen sich den Gesuchten beschreiben, um dann zu sagen, dass sie ihn nicht gesehen hätten. Bisweilen mochten sie auf Spuren treffen. Hier hatte er etwa um ein Stück Brot gebeten, dort einen Kranken getröstet usw. Aber wo war er jetzt? Die Sonne ging wieder unter, und die Finsternis bedeckte aufs neue ihren Kummer und setzte ihrer mühseligen Wanderung ein Ziel.

Als am dritten Tag zuerst im Tempel sich Stärke zu einer neuen schmerzvollen Wanderung holen wollten, kamen sie an jenen Hallen vorbei, die der Aufenthalt der Gesetzeslehrer waren. Mariä Ohr traf eine Stimme, die sie unter hundert herausgekannt hätte; es war die Stimme des Verlorenen. Da saß er unter den Gesetzeslehrern, und alle Augen waren voll Ehrfurcht auf ihn gerichtet. Maria eilt auf ihn zu, und mit dem Tone tiefster Bekümmernis, die selbst über die Freude des Wiedersehens die Oberhand behielt, fragt sie ihn: Mein Sohn, warum hast du uns das getan? Dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht.

Nichts vermag uns derart eine Ahnung von dem tiefen Weh des mütterlichen Herzens in dem Geheimnisse dieser drei Tage zu geben, wie diese Worte. Als Jesus beinahe aufgerieben war von unerträglichen Seelen- und Leibesqualen am Kreuze, da schrie er zu seinem Vater auf: Mein Gott, mein Gott, wie hast du mich verlassen! Als Maria in Seelenangst beinahe verzehrt war, da brach sie in eine ähnliche Klage aus: Mein Sohn, warum hast du uns das getan?

Der Schmerz des heiligsten Herzens Mariä bei dem Begräbnis Jesu kommt diesem schmerzvollen Suchen an Heftigkeit nahe. Aber aus manchen Gründen war er weiniger heftig. Beidemal war eine Trennung von Jesus die Ursache, und zwar eine dreitägige. Aber beim Begräbnis wußte sie, dass es nun zu Ende war und er nicht mehr leiden konnte. Sie konnte die Stunden bis zum Augenblicke der Auferstehung zählen. In diesem Schmerze hatte sie Jesum verloren und wußte nicht warum, noch wo er war oder was er leiden mochte. Sie war in eine dichte, geistige Finsternis gehüllt, und Gott schien sie verlassen zu haben.

Wir können nicht darauf eingehen, eine Erklärung zu suchen, warum Jesus ihr dies angetan hat oder was die Antwort bedeutet, die er ihr gab auf ihre Klage. Nur eins sei hier bemerkt. Maria sollte die Mutter der Barmherzigkeit und die Zuflucht der Sünder werden. Die schreckliche Bosheit der Sünde kannte sie längst. Sie selbst hatte zwar nie etwas mit der Sünde gemein gehabt; aber sie kannte all das Schreckliche, was die Sünde an ihrem göttlichen Kinde tun werde. Sie kannte das bittere Leiden und das blutige Kreuz, lange bevor beides kam. Das war jedoch nicht genug. Sie mußte, sollte sie ein unauslöschliches Mitleid erwerben mit den Menschen, auch wissen, wie es den armen verlorenen Sündern zumute ist. Die Erfahrung kam ihr in diesen drei Tagen. Denn die Sünde ist der Verlust Jesu. Die Finsternis dieser drei Tage und der quälende Gedanke, ob wirklich ihre eigenen Unwürdigkeit den Herrn von ihr abgestoßen habe, gab ihr wenigstens einen annähernden Begriff von dem Elende eines Menschen, der die Gnade verscherzt und Jesum aus eigener Schuld verloren hat. Hinfort wird sie ihre Liebe zu den Sündern nach dem Schmerze jener drei Tage ermessen.

Wir verlieren Jesus durch die Sünde. Die Todsünde ist sein völliger Verlust, so dass man ihn nie mehr finden kann, wenn er uns nicht zurückruft und führt. Die läßliche Sünde ist eine Entfremdung, eine Entfernung von ihm. Dass Maria in großen Schmerzen ihn suchte, wer findet das nicht selbstverständlich? Hätte sie wohl leben können ohne ihn? Aber Jesus ist für Maria nicht notwendiger gewesen, als er für einen jeden aus uns ist. Ohne ihn können wir nicht glücklich werden im Leben und im Sterben. Das wissen wir. Wie ist uns denn zumute, wenn wir ihn durch die Sünde verloren haben? Ach, für wenige ist das ein großer Schmerz; die wenigsten haben schwere Gewissensbisse und ein ruheloses Sehnen und Verlangen, ihn wiederzufinden. Die meisten ertrages es mit einem erschrecklichen Gleichmut, und nachdem sie Jesus verloren haben, tun sie, als sein nichts vorgefallen. Möge die Liebe und Andacht zur schmerzhaften Mutter uns vor solch schrecklicher Gleichgültigkeit bewahren; möge sie uns von ihrem Schmerze mitteilen, damit wir Jesum suchen unser Leben lang. Die Frömmigkeit ist voll Mühe und vielfacher Trübsal, denn sie ist ein Suchen nach ihm. Es gibt auch für die besten Christen Zeiten der Trostlosigkeit und Mutlosigkeit, wo alle Freude am Guten schwindet und Gott sich zurückzieht, uns gewissermaßen verläßt. Da heiißt es ausharren im Suchen nach ihm. Wir werden ihn finden unter den Lehrern, in der Belehrung des göttlichen Wortes, der Lesung und Betrachtung; wir finden ihn im Tempel, in den Sakramenten, in den gemeinsamen Andachten; denn er hat gesagt: wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen . Möchten wir uns das Suchen nicht verdrießen lassen; dann werden wir ihn auch einmal finden, ohne fürchten zu müssen, ihn je wieder zu verlieren, in seinem Reiche, wo er selber der übergroße Lohn unseres Suchens sein will. (R. Faber).


Unterricht für den zweiten Sonntag nach dem Feste der heiligen drei Könige

Zum Eingange der heiligen Messe ladet die Kirche alle Geschöpfe ein, Gott für die Menschwerdung seines Eingeborenen zu danken:
Alles Land bete dich an, o Gott, und singe dir, es singe Lob deinem Namen, Allerhöchster! (Ps 65)
Jauchzet zu Gott, alle Lande! singet Lob seinem Namen, machet herrlich seinen Preis!

Gebet der Kirche. Allmächtiger, ewiger Gott, du regierest das Himmlische und Irdische zugleich; erhöre gnädig das demütige Flehen deines Volkes, und verleihe unsern Zeiten deinen Frieden. Durch Jesum Christum, unsern Herrn.

Lektion aus der Epistel des hl. Paulus an die Römer, XII,6-16

Brüder! wir haben gemäß der Gnade, die uns gegeben worden ist, verschiedene Gaben. Ist es die Gabe der Weissagung, so gebrauche man sie nach Maßgabe des Glaubens; hat jemand ein Kirchenamt, so bleibe er bei seinem Amte; wer ermahnen soll, der ermahne; wer gibt, der gebe in Einfalt. Ist jemand Vorsteher, der sei es mit Sorgfalt; wer Barmherzigkeit übet, der tue es mit Freudigkeit. Die Liebe sein ungeheuchelt. Hasset das Böse und hanget dem Guten an. Liebet einander mit brüderlicher Liebe, kommet einander mit Achtung zuvor. Seid nicht träge im Eifer, seid inbrünstig im Gebete, dienet dem Herrn. Erfreuet euch in Hoffnung, seid geduldig in Trübsal, beharrlich im Gebete. Den Heiligen kommt zu Hilfe in ihren Nöten, befleißet euch der Gastfreundschaft. Segnet, die euch verfolgen: segnet und fluchet nicht. Freuet euch mit den Fröhlichen und weinet mit den Weinenden. Habet einerlei Gesinnung untereinander, trachtet nicht nach hohen Dingen, sondern haltet es mit den Geringen.

Erklärung

Diese Epistel ist die Fortsetzung der vorigen und soll Anweisung geben, wie man sich als treuen Verwalter Gottes bewähren muß.
Unsere Stellung in der Welt, sie mag hoch oder niedrig sein, ist als Gnade Gottes anzusehen, der unsere Schicksale lenkt zu unserem Besten; deshalb dürfen wir nicht murren, aber auch unsere Verantwortlichkeit vor Gott nicht vergessen.
Die Prophetengabe gehörte zu den Charismen oder außerordentlichen Begabungen mancher Christen in den ersten Zeiten. Sie sind später, als sie nicht mehr so notwendig waren, seltener geworden, aufgehört haben sie in der Kirche nie. - Diese sowie alle anderen Ämter und Verrichtungen in der Kirche sollen verwaltet werden nach den Grundsätzen des Glaubens und der kirchlichen Ordnung, sonst ist kein Segen bei ihnen. Auch soll alle Tätigkeit getragen werden vom Geiste der Liebe und gegenseitigen Achtung.
Die höchste Blüte der Liebe ist der Seeleneifer. Je inbrünstiger die Gottesliebe ist, desto tatkräftiger zeigt sich das Verlangen, auch andere für Gott und das Gute zu gewinnen. Das ist der beste Gottesdienst und gibt Zuversicht in Trübsalen. Die Nahrung der Gottesliebe ist eifriges Gebet sowie Übung der Barmherzigkeit.
Bei den Liebeswerken haben die Glaubensgenossen den Vorzug. Sie verdienten damals noch ihrer Mehrzahl nach den Ehrennamen "Heilige". Unter den Werken der Barmherzigkeit werden jene hervorgehoben, zu denen die Christen damals am meisten Gelegenheit hatten, nämlich die Gastfreundschaft und Feindesliebe.
Wahre Nächstenliebe freut sich mit den Fröhlichen und betrübt sich mit den Traurigen; sie ist stets teilnehmend. Sie vermeidet auch alles hochmütige Wesen.
Wie viel Anfechtung und Sünde, Kummer und Leid würde uns erspart bleiben, wenn wir es mit den Niedrigen hielten. Der Heiland hat sich selbst so tief erniedrigt und unter die Geringsten gestellt, um uns diesen sichersten Weg des Heiles zu zeigen und lieb zu machen. Wenn wir vor andern hervorragen durch Vermögen, Talente, Stellung, so macht uns dies keineswegs besser und stellt uns nicht höher in Gottes Augen, sondern bringt nur mehr Verantwortung und Seelengefahr. Was wir im künftigen Leben sein werden, das hängt zumeist von unserer Treue im Kleinen ab. Da wird mancher Reiche um einen Tropfen Labung betteln bei geringen Leuten, die er hier über die Schulter ansah; und macher hohe Würdenträger würde da gern tauschen mit seinen geringsten Diener.

Gebet. Verleihe mir, o Gott, den Geist der Liebe und Demut, damit ich, was du mir verliehen hast, benutze, um den Bedürftigen beizustehen, und mich niemals über andere erhebe, sondern mit stets vor Augen halte dein Wort: Wer sich selbst erniedrigt, wird erhöhet werden.

Evangelium Johannes II,1-11

In derselben Zeit ward eine Hochzeit gehalten zu Kana in Galiläa, und die Mutter Jesu war dabei. Auch Jesus und seine Jünger waren zur Hochzeit geladen. Und als es am Weine gebrach, sprach die Mutter Jesu zu ihm: Sie haben keinen Wein mehr. Jesus aber sprach zu ihr: Was sit mit dir, o Frau? Meine Stunde ist noch nicht gekommen. Da sagte seine Mutter zu den Dienern: Alles, was er euch sagt, das tuet. Es standen aber daselbst sechs steinerne Wasserkrüge, zu den bei den Juden üblichen Reinigungen, wovon ein jeder zwei bis drei Maß hielt. Jesus sprach zu ihnen: Füllet die Krüge mit Wasser. Und sie füllten dieselben bis oben. Und Jesus sprach zu ihnen: Schöpfet nun und bringet es dem Speisemeister. Und sie brachten es ihm. Als aber der Speisemeister das Wasser kostete, das zu Wein geworden war, und nicht wußte, woher das wäre (die Diener, die das Wasser geschöpft hatten, wußten es), rief der Speisemeister den Bräutigam und sprach zu ihm: Jedermann setzt zuerst den guten Wein auf, und dann den schlechteren; du aber hast den guten Wein bis jetzt aufbewahrt.
Diesen Anfang der Wunder machte Jesus zu Kana in Galiläa, und er offenbarte seine Herrlichkeit, und seine Jünger glaubten an ihn.

Warum finden wir Jesus mit seiner Mutter und seinen Jüngern auf einer Hochzeit?

Er gibt dadurch zu verstehen, dass die Brautleute gottesfürchtig waren, sonst hätten sie nicht solche Gäste gesucht und erhalten. Brautleute sollen durch ihr ganzes Verhalten Jesum geistigerweise einladen und seiner Nähe, seines Segens sich würdig machen. An Gottes Segen ist alles gelegen, besonders in der Standeswahl. Ferner zeigt uns das Beispiel dieser heiligen Personen, dass wir an reinen, unschuldigen Freuden, die nicht sündhaft oder Gelegenheiten zu Sünden sind, Anteil nehmen dürfen.

Warum hat Maria für diese Brautleute um Wein gebeten?

Weil sie die Mutter der Barmherzigkeit und eine mildreiche Fürsprecherin ist für alle betrübten und bedrängen Menschen, die Gott fürchten. Wir können daraus die große Macht der Fürbitte lernen. Wenn wir andern auch nicht selbst zu helfen vermögen, so können wir ihnen doch durch unser Gebet beistehen. In unsern eigenen Nöten sollen wir uns vertrauensvoll zu unserer himmlischen Mutter wenden, deren mitleidiges Herz auch ungebeten für die Notleidenden so besorgt ist.

Was bedeuten die Worte: "Was ist mit dir, o Frau"?

Sie sind eine hebräische Redeweise, die so viel besagt als: Laß das gut sein, Mutter! Meine Stunde, das heißt die Zeit zur Betätigung meiner Wundermacht, ist noch nicht gekommen.
Eine Unfreundlichekit gegen seine Mutter liegt also in diesen Worten nicht. So erkennt denn auch Maria in der Antwort Jesu durchaus keinen Vorwurf, sondern die Gewährung ihrer Bitte, und trifft unverweilt Anordnung, dass das Wunder vor sich gehe.

Warum mußte der Wein dem Speisemeister gebracht werden?

Weil es so die Ordnung war, und damit dieser sich von dem Wunder überzeuge und es verkünde.
Die Worte: Jedermann gibt zuerst den guten Wein, nachher aber den schlechten - können auch in geistigem Sinne folgendermaßen verstanden werden: Die Welt setzt anfangs den süßen Wein der Wollüste vor, nachher aber die bittere Galle der Gewissensvorwürfe; Gott hingegen gibt seinen Auserwählten auf dieser Welt zuerst den bitteren Wein der Widerwärtigkeiten, darauf aber den süßen Wein des Trostes in diesem und der ewig dauernden Freuden in jenem Leben.

Gebet. O mein süßer Jesu! nach deinem Wohlgefallen will ich lieber auf der Welt den bitteren Trank der Trübsale als den süßen Wein der Wollüste kosten. Gib mir nur, dass ich einst würdig erachtet werde, in der andern Welt an den Freuden deiner Auserwählten teilzunehmen.


Unterricht vom heiligen Sakrament der Ehe

Was ist die Ehe, und welchen Zweck hat sie?

Der Ehestand ist eine freie, wechselseitige und lebenslängliche Verbindung zweier lediger Personen, die nach Gottes Willen dienen soll
1. zur Fortpflanzung des menschlichen Geschlechtes,
2. zur guten Erziehung der Kinder,
3. zur gegenseitigen Unterstützung in den Beschwerden des Lebens,
4. zur Vermeidung von Versuchungen.

Wann wurde die Ehe eingesetzt?

Die Ehe wurde von Gott im Paradiese eingesetzt, aber Christus hat sie zum Sakramente erhoben.
Im Paradiese führte Gott dem Adam die Eva zu als "Gehilfin" und sprach über Verbindung den Segen: Wachset und mehret euch. Dieser Bund war also ein heiliger, weil von Gott besonders gegründet und gesegnet. Er sollte auch einig sein und unauflöslich. Infolge der Sünde schlich sich jedoch bald viel Verderbliches in der Ehe sein; es litt die Einheit: manche Männer nahmen mehrere Weiber; und die Unauflöslichkeit: Eheleute trennten sich wieder und verehelichten sich mit andern Personen. Das brachte die traurigsten Folgen für die Eheleute selbst, für Kinder, Gemeinde, Staat und Religion, kurz, für das ganze Menschengeschlecht. Besonders wurden die Rechte der Frau mit Füßen getreten, der Mann behandelte sie nicht als freie Gehilfin, sondern als Magd und Sklavin, er durfte sie vielfach sogar verkaufen und töten. Die Kinder wurden dann häufig lasterhaften Sklaven überlassen. Auch beim auserwählten Volke war es noch nicht möglich, die ursprüngliche Reinheit wiederherzustellen.
Als Christus die Wiederherstellung des gefallenen Menschengeschlechtes bewerkstelligen wollte, fing er gewissermaßen mit der Wurzel an, indem der das Verderben von der Ehe hinwegnahm. Sein erstes Wunder wirkte er bei einer Hochzeit, um anzudeuten, dass der die Ehe wieder reinigen und heiligen wolle. Noch mehr: er erhob sie zu einem Sakrament: d.h.
1. er hat der Ehe wegen ihrer großen Wichtigkeit eine geheimnisvolle, heilige Bedeutung und Würde gegeben;
2. er hat sie wegen ihrer großen Schwierigkeit zu einem Gnadenmittel gemacht und mit besonderen Gnaden ausgestattet.

Welches ist die Würde der Ehe?

Der Apostel nennt sie ein großes Geheimnis in Christo und der Kirche (Eph 5). Sie soll ein Abbild der Verbindung Jesu mit seiner Kirche sein. Wie Jesus nur eine Kirche als seine Braut anerkennt, und die Kirche nur ihm als ihrem einzigen Bräutigam angehört; wie Christus seine Kirche nie verläßt und nie von ihr verlassen wird: so soll auch die christliche Ehe einig und unauflöslich sein; nur der Tod kann sie trennen. Der Heiland sprach zu den Juden: Moses hat euch wegen eurer Herzenshärtigkeit erlaubt, eure Weiber zu entlassen, im Anfange war es jedoch nicht so. Ich aber sage euch: ein jeder, der sein Weib von sich entläßt und eine andere heiratet, der bricht die Ehe, und wer eine vom Manne Geschiedene heiratet, der bricht die Ehe (Matth 19). Die Verletzung des Ehebundes bist eine Art Gottesraub.

Was ist von der sogenannten Zivilehe zu halten?

Die Zivilehe ist ein rein weltlicher, bürgerlicher Vertrag, der als Ehe vor Gott, der Kirche und dem Gewissen nicht gilt. Die weltliche Obrigkeit hat kein Recht, hierüber eigene Bestimmungen zu machen; die Ehe ist etwas Religiöses und wurde dafür sogar von den Heiden in ihrer tiefsten Verkommenheit angesehen. Erst Luther erklärte sie für ein "rein weltlich Ding". Die Ziviltrauung kam zuerst in der französischen Revolution auf, als die blutigen Revolutionshelden alle Religion ausrotten wollten. - Man darf sich übrigens auch den Forderungen solch weltlicher Gesetze über die Eheschließung fügen, um Strafen und sonstigen zeitlichen Nachteil zu vermeiden.

Welches sind die Gnaden dieses Sakramentes?

Durch würdigen Empfang des Sakramentes empfängt man folgende besondere Gnaden von Gott:
1. die eheliche Treue unverbrüchlich zu halten;
2. die Kinder christlich zu erziehen;
3. die unvermeidlichen Beschwerden des Standes gottgefällig zu ertragen und friedlich miteinander zu leben;
4. sich gegenseitig behilflich zu sein auch zur Erlangung des Seelenheiles.
Offenbar sind die Pflichten und Lasten dieses Standes ungemein schwer, seine Verantwortlichkeit ist sehr groß und wäre ohne besonderen göttlichen Gnadenbeistand unerträglich.

Wie empfängt man dieses Sakrament?

Die Brautleute erklären vor ihrem Pfarrer (oder dessen Stellvertreter) und zwei Zeugen, dass sie einander zur Ehe nehmen, worauf der priesterliche Segen über den Bund gesprochen wird. - Es kommen hierbei noch folgende Zeremonien (zur größeren Feierlichkeit) vor. Zuerst segnet der Priester die Ringe, welche die Brautleute sich gegenseitig anstecken, als beständige Erinnerung an diese feierliche Stunde und die übernommenen Pflichten sowie die Unauflöslichkeit des Bundes. Nachdem sie sich dann das Jawort gegeben haben, schlingt er die Stola um die vereinigten Rechten und spricht: Die von euch geschlossene Ehe bestätige, bekräftige und segne ich im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Nach einer Ermahnung spricht er über ihren Bund schließlich den Segen.

Welches sind die Pflichten der Eheleute?

Die Eheleute sollen
1. in Eintracht, Liebe und ehelicher Treue miteinander leben, bis der Tod sie scheidet;
2. ihre Kinder in aller Gottesfurcht gemeinschaftlich erziehen;
3. der Mann soll das Weib erhalten, das Weib soll dem Manne in allem, was recht und ehrbar ist, gehorchen, nach den Worten des Apostels: "Ihr Weiber, seid untertänig euren Männern, wie sich´s ziemt im Herrn. Ihr Männer, liebet eure Weiber und seid nicht bitter gegen sie" (Kolosser 3).
Es können freilich Umstände eintreten, wo der eine Teil den andern verlassen, getrennt von ihm leben darf, z.B. bei Ehebruch, fortgesetzten Mißhandlungen. Das darf aber nur geschehen, nachdem die Sache vor den Bischof gebracht ist und dieser die Trennung für eine gewisse Zeit oder für immer verfügt hat. Eine eigentliche Scheidung, so dass jeder wieder frei würde für eine neue Ehe, ist bei Lebzeiten beider Teile unmöglich; vorausgesetzt, dass die Ehe gültig ist.
Die eheliche Liebe fordert, dass jeder Teil den andern gern habe, ihn zu erfreuen suche, für ihn bete, mit seine Fehlern Geduld trage, sich nicht bei andern darüber beklage und keinen Tag in Uneinigkeit beschließe. Ohne diese Leibe und Eintracht verbittern sich beide das Leben, machen eine gute Kindererziehung unmöglich und bereiten sich ein Höllenleben hier und im Jenseits. Die eheliche Treue wird gebrochen nicht nur durch tätliche Versündigungen mit fremden Personen, sondern schon durch die Begierde danach, wie der Heiland (Matthäus 5) ausdrücklich erklärt. Der Ehebruch aber ist eine der schwersten Sünden. - Die Eheleute sollen übrigens die standesmäßige Keuschheit bewahren und sich hüten, sich etwas zu erlauben, was gegen den Zweck der Ehe und die Ordnung Gottes ist; sonst können sie Gottes Segen nicht erwarten.

Wie soll man sich auf diesen Stand vorbereiten?

1. Man soll nicht leichtsinnig, sondern erst nach reiflicher Überlegung sich verloben. Denn das Verlöbnis ist schon ein sehr ernster und verantwortungsvoller Schritt. Leichtsinnig verloben sich jene, die nicht zuvor ihren Beruf und den göttlichen Willen zu erkennen suchen. Nicht jeder ist von Gott zu diesem Stande bestimmt, schon darum, weil nicht jeder die erforderlichen Eigenschaften besitzt. Wer z.B. kränklich ist und sich kein langes Leben versprechen darf, gar mit einer erblichen Krankheit behaftet ist; wer kein hinreichendes Vermögen oder keine sichere Erwerbsfähigkeit zur Erhaltung einer Familie besitzt, wer selbst schlecht erzogen und Sklave seiner Leidenschaften ist, der hat sicher keinen Beruf zu diesem Stande. Ernstliches Nachdenken, eifriges Gebet und Ratnehmen mit Eltern, Beichtvater u.a. wird das Richtige erkennen lassen. - Insbesondere sollen die Eltern darum gefragt werden. Verlöbnisse hinter deren Rücken sind leicht eine schwere Versündigung gegen das vierte Gebot und können keinen Segen von oben haben. Freilich ist das Kind in Berufsangelegenheiten nicht verpflichtet, dem Willen der Eltern sich unbedingt zu unterwerfen; indes soll es solange dieselben nicht etwas offenbar Unvernünftiges oder Sündhaftes verlangen, auf deren Wort hören, besonders in diesen wichtigen Dingen, die auch die Ehre und das Wohlergehen der Eltern und der ganzen Familie so nahe berühren. - Leichtsinngig verloben sich jene, die bei der Wahl der Person nicht vor allem auf die notwendigen guten Eigenschaften, Religiosität und Tugend, sehen, sonders hauptsächlich auf Vermögen, Wohlgestalt, Lebensstellung und dergleichen. Was nützt es dem Manne, wenn die Frau reicht ist, aber unverständig, zänkisch, eifersüchtig und ihm die Lebenstage verbittert und sein Hauswesen ruiniert? Und was hilft es der Frau, wenn ihr Mann zwar gewandt, in Ehren und Würden ist, aber dabei roh, trunksüchtig, ein Wirtshausheld, ein Mensch ohne Religion und Gewissen, ein Ehebrecher, an dessen Seite sie keine frohe Stunde hat? Man muß sich bei der Wahl vor allem ernstlich fragen: Kann ich mit dieser Person christlich, zufrieden leben und mein Seelenheil wirken? Ist also diese Person wahrhaft religiös und gewissenhaft? Denn wer seine Pflichten gegen Gott nicht erfüllt, auf den ist kein Verlaß. Nach der Heirat auf eine Änderung des Charakters und Lebens zu hoffen, ist mehr als töricht.

2. Der Brautstand selbst soll in Unschuld und Reinheit zugebracht und keineswegs als Freibrief für größere Freiheit angesehen werden. Man muß darin sogar noch behutsamer sein wegen der größeren Gefahr im vertrauten Umgang. Es ist von der Kirche Brautleuten ausdrücklich untersagt, unter einem Dache zu wohnen. Sie sollten auch jedes Alleinsein vermeiden, und überhaupt dafür sorgen, dass die Braut ihren Kranz mit gutem Gewissen tragen kann; auch bedenken, dass die Sünden des Brautstandes im Ehestande gebüßt werden müssen.

3. Die nähere Vorbereitung fordert Reinigung der Absicht und des Gewissens, Gebet, Almosen, Empfang des Bußsakramentes und der Kommunion. Unwürdig würde das Ehesakrament empfangen, wer es in schweren Sünden empfinge. Anzuraten ist, vorher eine Lebens- oder Generalbeichte abzulegen.

Woher kommen so viele unglückliche Ehen?

Daher, weil sich so viele den Weg zum Ehestande durch Sünde und Laster bahnen und in der Zeit der Vorbereitung beständig in Gottes Ungnade leben; weil sie bloß aus fleischlichen und überhaupt irdischen Absichten in diesen Stand treten und nicht im geringsten daran denken, Gottes Erleuchtung, Gnade und Segen zu erflehen und zu verdienen. Der Engel sprach zu Tobias: Diejenigen, die im Ehestande nur Befriedigung ihrer fleischlichen Gelüste suchen und dadurch Gott von ihrem Herzen ausschließen, sündigen schwer, und der Teufel hat Gewalt über sie.

Wozu werden die Brautleute dreimal verkündigt?

Damit, wenn ihre Ehe ein Hindernis, z.B. Bluts- oder geistige Verwandtschaft, Schwägerschaft, anderweitiges Verlöbnis oder irgendein anderes entgegenstände, es entdeckt werden könne. Daher ist ein jeder, der ein solches Hindernis kennt, schuldig, es dem Pfarrer anzuzeigen.

Was ist von gemischten Ehen zu halten, wobei der eine Teil katholisch, der andere protestantisch ist?

Dass sie zwar wahre und gültige Ehen und daher ebenfalls unauflöslich sind, aber von der Kirche ernstlich mißbilligt werden und deshalb von jedem Katholiken gemieden werden sollten.

Warum mißbilligt die Kirche die gemischten Ehen?

Weil sie ein großes Verderben sind für die Eheleute selbst und ihre Kinder. Die Eheleute können unmöglich recht einträchtig leben, weil sie im Wichtigsten nicht einig sind, in der Religion. Sie können nicht miteinander beten, und gar leicht wird der eine Teil dem andern Anstoß und Ärgernis geben. Der katholische lebt in beständiger und lebenlänglicher Gefahr, gegen seine Religion kalt und gleichgültig zu werden, religiös abzusterben oder aus falscher Liebe und Nachgiebigkeit abzufallen. Auch ist er nie sicher, dass der protestantische Teil sich nicht von ihm trennt, sich scheiden läßt durch die weltlichen Behörden und anderweitig heiratet, während er selbst trotzdem gebunden bleibt. -
Die religiöse Erziehung der Kinder ist nur unter besonders günstigen Umständen möglich, da die Mithilfe und das gute Beispiel des einen Teiles fehlt. Wie die Erfahrung zeigt, werden Kinder aus gemischten Ehen sehr oft gleichgültig gegen jede Religion. Leicht werden sie auch dem katholischen Glauben entfremdet. Geschieht das durch die Mitschuld des katholischen Eheteils, so ladet dieser damit eine furchtbare Verantwortung auf sein Gewissen. Denn um uns den wahren katholischen Glauben zu bringen, ist der Sohn Gottes auf die Welt gekommen und ist am Kreuze gestorben; um ihn zu bewahren, haben Millionen Märtyrer unter grausamen Qualen ihr Blut vergossen. Die Schätze des katholischen Glaubens sind kostbarer als alle Schätze der Welt. Selbst wenn der protestantische Teil die katholische Kindererziehung verspricht, ist es sehr fraglich, ob er das Versprechen auch hält und später seinen Sinn nicht ändert, woraus dann heillose Streitigkeiten entstehen. Unsicher wird die katholische Kindererziehung, wenn der katholische Teil früh stirbt.
Aus diesen und anderen Gründen hat die Kirche gemischte Ehen verboten und erlaubt sie nur dann, wenn große Übel zu befürchten sind, wie Abfall, ungültige Ehen; und niemals, ohne dass die katholische Kindererziehung versprochen ist. Gute Kinder der Kirche gehen solche Verbindungen nicht ein, wenn sie auch die größten zeitlichen Vorteile brächten.

Was sollen die Eheleute nach der Trauung tun?

Nach der Trauung sollen sie vor allem Gott für die empfangene Gnaden in innigem Gebet danken und um seinen Beistand zu steter Bewahrung derselben bitten: Bestätige, o Herr, was du durch deine Gnade in uns gewirkt hast, damit wir das halten, was wir vor deinem Angesichte versprochen haben, bis an den Tag unsers Herrn Jesu Christi. - Dann sollen sie am Hochzeitstag alle Ausgelassenheit vermeiden und sich später recht oft an die Ermahnungen erinnern, die ihnen der Priester wegen ihrer Standespflichten gab, und an die Vorsätze, die sie gefaßt haben. Die Gnaden des Ehesakramentes können sie auffrischen, besonders sooft sie später beichten und kommunizieren, was sie so oft wie möglich gemeinsam tun sollen.

Gebet. O gütigster Jesu, der du auf der Hochzeit zu Kana dein erstes Wunder, die Verwandlung des Wassers in Wein, gewirkt und dadurch deine göttliche Macht geoffenbart und den Ehestand geehrt hast, verleihe gnädigst, dass der heilige Ehestand von deinen Gläubigen ehrbar und heilig gehalten werde, und sie mit Gottesfurcht und Ehrbarkeit darin leben, damit sie sich und ihre Kinder heiligen und zum Himmel führen mögen. Amen.


Unterricht für das Fest des allerheiligsten Namens Jesu

Dieses Fest wird am zweiten Sonntag nach Epiphanie gefeiert, wenn auf diesen Sonntag kein höheres Fest fällt. Zum Eingang der heiligen Messe singt die die Kirche:
Im Namen Jesu soll sich beugen jedes Knie der Himmlischen, der Irdischen und Unterirdischen, und jede Zunge soll bekennen, dass der Herr Jesus Christus in der Glorie Gottes des Vater ist (Philipper 2,10.11). Herr, unser Herr! wie wunderbar ist dein Name auf der ganzen Erde! (Ps 8,2)

Gebet der Kirche. Gott, du hast deinem eingeborenen Sohn zum Erlöser des menschlichen Geschlechtes verordnet und befohlen, ihn Jeus zu nennen; verleihe gnädig, dass wir, da wir auf Erden seinen heiligen Namen verehren, im Himmel auch seine Anschauung genießen. Der mit dir lebt und regiert in Einigkeit des Heiligen Geistes, Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Lektion aus der Apostelgeschichte III-IV (EÜ)

3,1 Petrus und Johannes gingen um die neunte Stunde zum Gebet in den Tempel hinauf.
2 Da wurde ein Mann herbeigetragen, der von Geburt an gelähmt war. Man setzte ihn täglich an das Tor des Tempels, das man die Schöne Pforte nennt; dort sollte er bei denen, die in den Tempel gingen, um Almosen betteln.
3 Als er nun Petrus und Johannes in den Tempel gehen sah, bat er sie um ein Almosen.
4 Petrus und Johannes blickten ihn an und Petrus sagte: Sieh uns an!
5 Da wandte er sich ihnen zu und erwartete, etwas von ihnen zu bekommen.
6 Petrus aber sagte: Silber und Gold besitze ich nicht. Doch was ich habe, das gebe ich dir: Im Namen Jesu Christi, des Nazoräers, geh umher!
7 Und er fasste ihn an der rechten Hand und richtete ihn auf. Sogleich kam Kraft in seine Füße und Gelenke;
8 er sprang auf, konnte stehen und ging umher. Dann ging er mit ihnen in den Tempel, lief und sprang umher und lobte Gott.
9 Alle Leute sahen ihn umhergehen und Gott loben.
10 Sie erkannten ihn als den, der gewöhnlich an der Schönen Pforte des Tempels saß und bettelte. Und sie waren voll Verwunderung und Staunen über das, was mit ihm geschehen war.
11 Da er sich Petrus und Johannes anschloss, lief das ganze Volk bei ihnen in der sogenannten Halle Salomos zusammen, außer sich vor Staunen.
12 Als Petrus das sah, wandte er sich an das Volk: Israeliten, was wundert ihr euch darüber? Was starrt ihr uns an, als hätten wir aus eigener Kraft oder Frömmigkeit bewirkt, dass dieser gehen kann?
13 Der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, der Gott unserer Väter, hat seinen Knecht Jesus verherrlicht, den ihr verraten und vor Pilatus verleugnet habt, obwohl dieser entschieden hatte, ihn freizulassen.
14 Ihr aber habt den Heiligen und Gerechten verleugnet und die Freilassung eines Mörders gefordert.
[Der «Mörder» ist Barabbas;15 Den Urheber des Lebens habt ihr getötet, aber Gott hat ihn von den Toten auferweckt. Dafür sind wir Zeugen.
16 Und weil er an seinen Namen geglaubt hat, hat dieser Name den Mann hier, den ihr seht und kennt, zu Kräften gebracht; der Glaube, der durch ihn kommt, hat ihm vor euer aller Augen die volle Gesundheit geschenkt.
17 Nun, Brüder, ich weiß, ihr habt aus Unwissenheit gehandelt, ebenso wie eure Führer.
18 Gott aber hat auf diese Weise erfüllt, was er durch den Mund aller Propheten im voraus verkündigt hat: dass sein Messias leiden werde.
19 Also kehrt um und tut Buße, damit eure Sünden getilgt werden
20 und der Herr Zeiten des Aufatmens kommen lässt und Jesus sendet als den für euch bestimmten Messias.
21 Ihn muss freilich der Himmel aufnehmen bis zu den Zeiten der Wiederherstellung von allem, die Gott von jeher durch den Mund seiner heiligen Propheten verkündet hat.
22 Mose hat gesagt: Einen Propheten wie mich wird euch der Herr, euer Gott, aus euren Brüdern erwecken. Auf ihn sollt ihr hören in allem, was er zu euch sagt.
23 Jeder, der auf jenen Propheten nicht hört, wird aus dem Volk ausgemerzt werden.
24 Und auch alle Propheten von Samuel an und alle, die später auftraten, haben diese Tage angekündigt.
25 Ihr seid die Söhne der Propheten und des Bundes, den Gott mit euren Vätern geschlossen hat, als er zu Abraham sagte: Durch deinen Nachkommen sollen alle Geschlechter der Erde Segen erlangen.
26 Für euch zuerst hat Gott seinen Knecht erweckt und gesandt, damit er euch segnet und jeden von seiner Bosheit abbringt.
4,1 Während sie zum Volk redeten, traten die Priester, der Tempelhauptmann und die Sadduzäer zu ihnen.
2 Sie waren aufgebracht, weil die Apostel das Volk lehrten und in Jesus die Auferstehung von den Toten verkündeten.
3 Sie nahmen sie fest und hielten sie bis zum nächsten Morgen in Haft. Es war nämlich schon Abend.
4 Viele aber, die das Wort gehört hatten, wurden gläubig; und die Zahl der Männer stieg auf etwa fünftausend.
5 Am anderen Morgen versammelten sich ihre Führer sowie die Ältesten und die Schriftgelehrten in Jerusalem,
6 dazu Hannas, der Hohepriester, Kajaphas, Johannes, Alexander und alle, die aus dem Geschlecht der Hohenpriester stammten.
7 Sie stellten die beiden in die Mitte und fragten sie: Mit welcher Kraft oder in wessen Namen habt ihr das getan?
8 Da sagte Petrus zu ihnen, erfüllt vom Heiligen Geist: Ihr Führer des Volkes und ihr Ältesten!
9 Wenn wir heute wegen einer guten Tat an einem kranken Menschen darüber vernommen werden, durch wen er geheilt worden ist,
10 so sollt ihr alle und das ganze Volk Israel wissen: im Namen Jesu Christi, des Nazoräers, den ihr gekreuzigt habt und den Gott von den Toten auferweckt hat. Durch ihn steht dieser Mann gesund vor euch.
11 Er (Jesus) ist der Stein, der von euch Bauleuten verworfen wurde, der aber zum Eckstein geworden ist.
12 Und in keinem anderen ist das Heil zu finden. Denn es ist uns Menschen kein anderer Name unter dem Himmel gegeben, durch den wir gerettet werden sollen.
13 Als sie den Freimut des Petrus und des Johannes sahen und merkten, dass es ungelehrte und einfache Leute waren, wunderten sie sich. Sie erkannten sie als Jünger Jesu,
14 sahen aber auch, dass der Geheilte bei ihnen stand; so konnten sie nichts dagegen sagen.
15 Sie befahlen ihnen, den Hohen Rat zu verlassen; dann berieten sie miteinander
16 und sagten: Was sollen wir mit diesen Leuten anfangen? Dass offensichtlich ein Wunder durch sie geschehen ist, ist allen Einwohnern von Jerusalem bekannt; wir können es nicht abstreiten.
17 Damit aber die Sache nicht weiter im Volk verbreitet wird, wollen wir ihnen bei Strafe verbieten, je wieder in diesem Namen zu irgendeinem Menschen zu sprechen.
18 Und sie riefen sie herein und verboten ihnen, jemals wieder im Namen Jesu zu predigen und zu lehren.
19 Doch Petrus und Johannes antworteten ihnen: Ob es vor Gott recht ist, mehr auf euch zu hören als auf Gott, das entscheidet selbst.
20 Wir können unmöglich schweigen über das, was wir gesehen und gehört haben.
21 Jene aber drohten ihnen noch mehr und ließen sie dann gehen; denn sie sahen keine Möglichkeit, sie zu bestrafen, mit Rücksicht auf das Volk, da alle Gott wegen des Geschehenen priesen.

[Die hier erzählte Geschichte ereignete sich zu Jerusalem einige Tage nach der Sendung des Heiligen Geistes.]

Wie kräftig spricht Petrus, der erste Papst! Wie ganz anders als in der Leidensnacht Christi im Vorhofe des Annas! Aber jetzt war Petrus vom Heiligen Geist erfüllt.
Christus ist der Eckstein, das heißt, der erwartete Messias war der Hauptgegenstand der Religion schon im Alten Testament, wie die Heilige Schrift des Alten Testamentes deutlich nachweiset. Die Pharisäer aber als Gesetzeslehrer machten menschliche Erfindungen zu Hauptartikeln der Religion. So beseitigten die Bauleute (die damaligen jüdischen Priester) den Hauptartikel des Religionsunterrichts, die Lehre vom Messias, und lehrten Nebendinge. Dennoch wurde Christus, der Verachtete, der Hauptgegenstand der Religion des Neuen Bundes, er wurde der Eckstein, auf dem das ganze Gebäude der Kirche unerschüttert ruht, wie viele Ketzer und Schismatiker auch von jeher an diesem göttlichen Gebäude gerüttelt haben.

Evangelium Lukas II,21

In der Zeit, als acht Tage vollendet waren und das Kind beschnitten werden sollte, ward sein Name Jesus genannt, wie ihn schon der Engel genannt hatte, bevor er empfangen war.


Betrachtung über den Namen Jesus

Jesus ist ein bedeutungsvoller Namen.
Jesus ist wirklich das, was sein Name besagt: Heiland oder Erlöser. Jesus, du Sohn des lebendingen Gotte, du Abglanz des Vaters, du Ausfluß des ewigen Lichtes, du König der Herrlichkeit, du Sonne der Gerechtigkeit, du starker Gott, du Vater der Ewigkeit, du unbegrenzte Güte, so preisen wir ihn in der Litanei vom Namen Jesus, und gerade diese Lobpreisungen weisen uns hin auf die tiefe Bedeutung dieses Namens. Er erinnert uns an alle, was Jesus für uns ist und sein will.

Jesus ist ein heiliger Namen.
Von Ewigkeit für das fleischgewordene Wort von der heiligsten Dreifaltigkeit bestimmt, wurde er vom Erzengel auf die Erde getragen und bei der Beschneidung gleichsam mit dem ersten heiligen Blute verzeichnet. Mit diesem Namen begrüßte die heiligste Jungfrau ihr Kind. Von ihm steht geschrieben, dass sich vor ihm die Knie beugen sollen. Beim heiligen Meßopfer wird derselbe jedesmal mit einer ehrfurchtsvollen Verneigung begrüßt. Für den Gruß "Gelobt sei Jesus Christus" hat die Kirche einen Ablaß bewilligt. Wie haben denn auch alle guten Kinder der Kirche, namentlich die Heiligen, diesen Namen heilig gehalten! Irgendein Stückchen Papier, worauf sich derselbe befand, ließ der hl. Franziskus immer sorgfältig aufheben, damit es nicht mit Füßen getreten werde. Wie aber gehen manche Christen mit diesem Namen um - deren Glaube und Liebe tot ist!

Jesus ist der mächtigste Name,
In ihm haben die Apostel ihre geistigen Schlachten geschlagen und die Welt erobert. Der Herr hatte selbst gesagt: In meinem Namen werden sie böse Geister austreiben, mit neuen Sprachen reden, Schlangen aufheben, und wenn sie etwas Tödliches trinken, wird es ihnen nicht schaden, Kranken werden sie die Hände auflegen, und sie werden gesund werden. Und so geschah es. Auch für uns hat dieser Name noch seine Kraft. Wir schlagen leicht mit ihm den Versucher in die Flucht, wenn wir ihn inständig und vertrauensvoll anrufen, erwerben Segen für unsere Geschäfte, wenn wir sie im Namen Jesus beginngen und vollziehen; alles wird verdienstlich und erwirbt himmlische Schätze, was wir im Namen Jeus, also in der rechten, gottgefälligen Absicht tun. Zuschanden werden, die auf Menschen bauen; "unsere Hilfe ist im Namen des Herrn"; der läßt uns nie zuschanden werden.

Jesus ist ein süßer Namen.
Er bezeichnet ja unsern Erlöser, der da gekommen ist, uns von allem Elende zu befreien; er erinnert an alle Wohltaten, die wir von der leibhaftigen Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes empfangen und noch zu erwarten haben. Der Sünder denkt bei diesem Namen an den guten Hirten und seine Liebe zum verlorenen Schäflein, an den Barmherzigen Samaritan, an das Kreuz und Erlösungsblut, das "alles gut macht"; an die Gnadenquellen der Sakramente. Der Gerechte denkt dabei an den besten und treuesten Freund, den Gott seines Herzens, die Wonne seines dereinstigen Besitzes im Himmel, deren Vorgeschmack er schon hier empfindet, besonders in der Stunde der Andacht und der heiligen Kommunion. "Du liebenwürdiger Jesu, Jesu, du unsere Zuflucht, du Schatz der Gläubigen, du guter Hirt", welcher Trost liegt in diesen Benennungen für jedes trostbedürftige Herz! Der süße Name Jesus will uns besonders versüßen die bittere Stunde des Todes und Todeskampfes. Die Kirche bietet demjenigen noch einen vollkommenen Ablaß, der diesen Namen in der Todesstunde ausspricht. Mit ihm im Herzen und auf den Lippen hoffen wir sanft hinüberzuschlummern, um im himmlischen Vaterlande zu erwachen. Mögen wir im Leben den süßen Namen Jesus immer besser verehren und lieben lernen, dann wird er um so mehr Trost im Sterben bringen.

Jesus ist endlich für die Unbußfertigen ein schrecklicher Namen.
Es ist der Name ihres furchtbaren Richters. Als sein strafender Blitzstrahl den Saulus auf dem Wege nach Damaskus niederwarf, rief ein Stimme vom Himmel: "Ich bin Jesus, den du verfolgst!" Wie niederschmetternd werden diese Worte erst aus dem Munde des Richters ertönen, wenn vor ihm erscheinen müssen, die ihn verlästert, verachtet, verleugnet haben! Heilig und furchtbar ist sein Name, sagt die Schrift. Hüten wir uns, Feinde seines Namens und Kreuzses zu werden. Freuen wir uns vielmehr, wenn wir um seines Namens willen etwas leiden können von seiten der feindseligen Welt. Dann wird er dereinst, wenn der Herr zum Gerichte kommt, uns nicht mit Schrecken, sondern mit Trost und Freude erfüllen; denn er kommt, um uns die Krone der Gerechtigkeit zu geben für den guten Kampf.

In folgenden herrlichen Worten feiert der hl. Bernhard den Namen Jesus:
Der Name des Bräutigams ist Licht, Speise und Arznei; er leuchtet, wo er verkündigt wird, er nährt das Herz, das sein gedenkt, er salbt und sänftigt, wo er angerufen wird, er nährt das Herz, das sein gedenkt, er salbt und sänftigt, wo er angerufen wird, und heilt jeden, der Heilung bedarf und verlangt. -
Wodurch anders hat sich das Glaubenslicht so groß und schnell erhoben, als durch die Verkündigung des Namens Jesus? Hat uns Gott ja im Lichte dieses Namens zu seinem wunderbaren Lichte berufen, so dass Paulus den so Erleuchteten und in diesem Lichte das Licht Erschauenden mit Recht sagt: "Ihr wart ehedem Finsternis, nun aber seid ihr Licht im Herrn." Doch der Name Jesus ist nicht nur Licht, sondern auch eine Speise. Wirst du nicht so oft gestärkt, als du seiner gedenkst? Erfüllt wohl etwas anderes ebenso wohltätig den Geist? Was stellt wieder so die ermüdeten Sinne her, stärkt die Tugend, kräftigt die guten und ehrbaren Sitten, unterhält heilige Gefühle? Trocken ist jede Seelenspreise, wenn sie nicht mit diesem Öle begossen wird, unschmackhaft, wenn sie nicht mit diesem Salze gesalzen ist. -
Wenn du schreibst, so gefällt es mir nicht, wofern ich nicht darin dem Namen Jesus begene. Sprichst du über gelehrte Gegenstände, so finde ich kein Wohlgefallen daran, wofern ich nicht den Namen Jesus hindurchhöre; Jesus ist Honig im Monde, lieblicher Gesang im Ohre, freudige Wonne im Herzen. Er ist aber auch Arznei. Ist jemand traurig, so komme Jesus in sein Herz und steige von da in den Mund, und siehe, bei dem Aufgang der Sonne seines Namens verschwindet jedes Gewölk und Heiterkeit kehrt zurück. Fällt jemand in Sünde, läuft er verzweifelnd in die Fallstricke des Todes, wird er nicht sogleich zu neuem Leben aufatmen, wenn er diesen Lebensnamen anruft? Wer, dem im Kummer die Tränen versiegt, fühlt sich nicht erleichtert, fühlt nicht sie wieder reichlicher fließen, wenn er seine Zuflucht zu Jesus nimmt? Wer in Gefahren diesen Mann anruft, wird er nicht sofort in seinem Innern neue Hoffnung aufkeimen und seine Besorgnisse verschwinden sehen? Wer von Zweifeln gequält hin und her treibt, sieht er nicht bei Anrufung eines so glänzenden Namens sofort die Gewißheit vor ihm aufleuchten? Und wenn er in widerwärtigen Umständen alles Selbstvertrauen verliert, faßt er nicht bei diesem Manne zur guten Hilfe wieder neuen Mut? "Rufet zu mir am Tage der Trübsal, so will ich dich erretten, und du sollst mich preisen", spricht der Herr (Ps 49). Es gibt kein besseres Mittel, um die Ausbrüche des Zornes und die Aufgeblasenheit des Hochmuts zu dämpfen, nichts heilt so sohr die Traurigkeit, unterdrückt so kräftig die Ausschweifungen der Unzucht, die Flamme der Begier, den Durst der Habsucht und hält mit solcher Macht die schändlichen Leidenschaften im Zaume. Wahrlich, wenn ich den Namen Jeus nenne, so kann ich nicht anders, es schwebt mir das Bild eines Mannes heitern und demütigen Herzens, segenspendend, nüchtern, züchtig, mildtätig, kurz, eines Mannes, der in aller Reinheit und Heiligkeit glänzt, vor Augen; ich muß diesem Bilde nacheifern, und es ist der allmächtige Gott selbst, der mich durch sein Beispiel ermuntert und durch seine Beistand stärkt, und beim Klange des Namens Jesus höre ich alles dieses in meinem Herzen wiedertönen. -
O meine Seele! du hast im Namen Jesus ein herrliches Gegenmittel gegen alle Krankheiten wie in einem Gefäße eingeschlossen. Ja, es ist ein heilsames und stets sicher wirkendes Mittel; es sei dieser gesegnete Name stets in eurem Herzen und in eurem Munde, er lenke eure Gedanken und Handlungen stets auf jenen hin, der unter diesem Namen auf Erden wandeln wollte.

O Jesus, Quell der Süßigkeit,
Wer dein nur denkt, ist schon erfreut;
Doch süßer als was süß kann sein,
Ist´s bei dir selbst, o Jesus mein.
Dem Sünder bist du Trost und Ruh´,
Wer dich begehrt, dem rufst du zu,
Wer dich nur sucht, der hat dich schon,
Und wer dich find´t, o welch ein Lohn!

Kein Lies so süß zum Herzen dringt,
Kein Klang, kein Ton so lieblich klingt,
So wonnig kein Gedanke ist,
Als Gottes Sohn, Herr Jesus Christ.

Kein Mund es je aussprechen kann,
Kein Wort, kein Lied kann´s zeigen an,
Nur wer´s erfährt, der weiß dabei,
Was Jesum lieben Süßes sei.

O Jesus, unsre Freudigkeit,
Du Himmelslohn in Ewigkeit,
Zu dir sei unsre Herrlichkeit
Bis in der Zeiten letzte Zeit.


Unterricht für den dritten Sonntag nach dem Feste der heiligen drei Könige

Die Kirche Gottes, weil sie erkennt, dass sie Gott nicht genug lieben und loben könne, ladet zum Eingange der heiligen Messe heute alle heiligen Engel ein, an ihrer Stelle Gott zu loben, mit den Worten des 96. Psalms:

Eingang der heiligen Messe:
Betet Gott an, ihr alle seine Engel! Sion hört es und freuet sich, und die Töchter Judas frohlocken.
Der Herr regiert, darum frohlocke die Erde, und sollen sich freuen die vielen Inseln.

Gebet der Kirche. Allmächtiger, ewiger Gott, sieh gnädig auf unsere Schwachheit herab, und strecke die Rechte deiner Majestät aus, uns zu beschirmen. Durch Christum Jesum...

Lektion aus der Epistel an die Römer XII,16-21

Brüder! haltet euch nicht selbst für klug. Vergeltet niemand Böses mit Bösem. Befleißigt euch des Guten, nicht nur vor Gott, sondern auch vor den Menschen. Wenn es möglich ist, so habet, soviel an euch liegt, mit allen Menschen Frieden. Rächet euch selbst nicht, Geliebteste! sondern gebet dem Zorne1) Raum, denn es steht geschrieben: Mein ist die Rache, ich will vergelten, spricht der Herr. Sondern wenn dein Feind Hunger hat, so speise ihn; wenn er Durst hat, so tränke ihn: denn wenn du dieses tust, so wirst du feurige Kohlen auf sein Haupt sammeln. Laß dich nicht vom Bösen überwinden, sonder überwinde du das Böse durch das Gute.

1) D.h. dem Zorne Gottes. Gott sollst du die Bestrafung deines Feindes überlassen, jedoch nicht wünschen, dass Gott ihn bestrafe, denn schon dieser Wunsch wäre eine Rache.

Erklärung

Was am ersten die Eintracht stört, ist der Eigendünkel. Der Eingebildete wird durch jede Kleinigkeit aufgebracht und meint es seiner Ehre schuldig zu sein, dass er sofort die Stacheln hervorkehrt. Die Bescheidenheit ist mißtrauisch gegen die Eigenliebe, welche die eigenen Vorzüge gern übertreibt, das Gute bei andern gern herabsetzt.
Doch auch bei bescheidenem Verhalten wird man Beleidigungen und dem Unrecht nicht immer entgehen können. Deshalb warnt der Apostel vor der Rachsucht. Wir sollen andere gern entschuldigen, und wo solches nicht angeht, uns doch nicht auf eine Stufe stellen mit denen, die Unrecht tun, indem wir Böses mit Bösem vergelten.
Auch haben wir hierin Rücksicht zu nehmen auf das gute Beispiel, das wir andern schuldig sind; es könnte großes Ärgernis erregen, wenn wir immer auf unserm Recht bestehen wollten.
Wer vor Gott rechtschaffen handelt, sichert sich ein gutes Gewissen, wer den Menschen keinen Anlaß gibt, verdient einen guten Ruf. Beides sind unschätzbare Güter, durch nichts werden sie so gefährdet, wie durch Zänkereien und Mißhelligkeiten.
Deshalb sollen wir Frieden halten, soweit und solange es geht und uns dafür gern etwas gefallen lassen. Was wir des Friedens wegen opfern, wird uns von Gott gutgeschrieben. Niemals dürfen wir jedoch unser Gewissen opfern aus Feigheit oder falscher Nachgiebigkeit gegen das Böse.
Wohl ist gerechte Notwehr erlaubt; sie ist jedoch nur dann gerecht, wenn sie das rechte Maß nicht überschreitet und jede Rachsucht ausschließt. Gern sollen sie die Vergeltung Gott überlassen, der allein imstande ist, vollkommene Vergeltung zu üben. Jedoch nicht etwa so, dass wir Gottes Strafgericht über den Widersacher herabwünschen.
Die zahllosen Beleidigungen, die wir Gott zufügen, vergilt er uns zumeist mit neuen Wohltaten. Tun wir ebenso, dann sammeln wir glühende Kohlen auf das Haupt des Feindes, d.h. wenn noch etwas edle Gesinnung in ihm ist, wird ihm solches unerträglich sein. Am meisten Eindruck auf den sinnlichen Menschen machen die leiblichen Werke der Barmherzigkeit. Wie mancher Kirchenfeind ist schon auf andere Gedanken gebracht, wenn eine Barmherzige Schwester an sein Krankenlager trat oder ihm von kirchlicher Seite sonst in seiner Not geholfen wurde. Der Heiland speiste die Hungrigen, heilte die Kranken und gewann dadurch die Herzen, machte seine Feinde verstummen. Das ist der Triumph der Liebe, wenn sie das Böse überwindet durch das Gute.

Gebet. Durch die Verdienste Jungfrau Maria und des hl. Apostels Paulus bitte ich dich allerdemütigst, o Jesu, du Gott der Liebe, dass du mir Gnade gebest, alle diese Lehren zu befolgen, Demut zu üben, allen mit einem guten Beispiele vorzuleuchten, besonders dass ich speise und tränke meine Feinde, wenn sie hungern und dursten, dass ich also das Böse mit Gutem überwinde, damit ich ein Kind meines himmlischen Vaters sei, der seine Sonne sowohl über die Bösen aufgehen läßt, als über die Guten. Amen.

Evangelium Matth. VIII, 1-3

In der Zeit, als Jesus von dem Berge herabgestiegen war, folgte ihm eine große Menge Volkes nach. Und sieh, ein Aussätziger kam, betete ihn an und sprach: Herr, wenn du willst, so kannst du mich reinigen. Da streckte Jesus seine Hand aus, rührte ihn an und sprach: Ich will, sei rein. Und sogleich ward er rein von dem Aussatze. Und Jesus sprach zu ihm: Sieh zu, dass du es niemand sagest, sondern gehe hin und zeige dich dem Priester, und opfere die Gabe, die Moses angeordnet hat, ihnen zum Zeugnis.
Da er aber in Kapharnaum eingegangen war, trat ein Hauptmann zu ihm, bat ihn und sprach: Herr, mein Knecht liegt zu Hause gichtbrüchig und leidet große Qual. Und Jesus sprach: Ich will kommen und ihn gesund machen. Da antwortete der Hauptmann und sprach: Herr, ich bin nicht würdig, dass du eingehest unter mein Dach, sondern sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund. Denn auch ich bin ein Mensch, der Obrigkeit unterworfen und habe unter mir Kriegsleute, und wenn ich zu einem sage: Geh! so geht er, und zu einem andern: Komm her! so kommt er; und zu meinem Knechte: Tu dieses! so tut er es. Da Jesus dieses hörte, wunderte er sich und sprach zu denen, die ihm folgten: Wahrlich, ich sage euch, so großen Glauben habe ich in Israel nicht gefunden. Aber ich sage euch, dass viele vom Aufgang und Niedergang kommen und mit Abraham, Isaak und Jakob im Himmelreich zu Tische sitzen werden, die Kinder des Reiches aber werden hinausgeworfen werden in die äußerste Finsternis, da wird Heulen und Zähneklappern sein. Und Jesus sprach zu dem Hauptmann: Geh hin, und wie du geglaubt hast, so soll dir geschehen Und in derselben Stunde wurde sein Knecht gesund.

Was lernen wir vom Aussätzigen?

Wir sollen vertrauen auf die Allmacht Gottes, dem alles unterworfen ist, denn der Aussätzige sagte: Herr, wenn du willst, so kannst du mich reinigen. Dann sollen wir vertrauen auf die Güte Gottes, denn Gott ist ein Helfer in der Not. Nach dem Beispiele dieses Aussätzigen soll man im Gebete um zeitliche Güter alles dem Willen Gottes anheimstellen und spreche: Herr, wenn es dir wohlgefällig und mir heilsam ist, so gib mir dieses oder jenes.

Was lernen wir aus diesem Evangelium von Christus?

Zuerst die Demut, denn Christus gebot dem Aussätzigen, es niemand zu sagen, dass er ihn geheilt habe.
Man soll durch seine guten Werke nicht das eitle Lob der Menschen suchen, denn dieses verzehrt das Verdienst der guten Werke, wie der Rost das Eisen.
Dann lehrt uns Christus, dass wir die Priester ehren sollen, denn Christus sandte den Aussätzigen zu den Priestern nach der Vorschrift des Gesetzes. Christus befahl ihm auch, dem Priester für seine Heilung die im Gesetze vorgeschriebene Gabe zu entrichten, und lehrt uns dadurch, dass wir Gott für seine Wohltaten dankbar sein sollen.
Ferner lehrt in diesem Evangelium Christus uns die Demut, indem er wegen des armen Knechtes den Weg gehen wollte bis an das Haus, wodurch viele Herren beschämt werden, die sich schämen, um eines kranken Knechtes willen einen Fuß zu bewegen.

Was lernen wir von dem Hauptmann?

Vorerst lernen wir von ihm die Demut, dass er in eigener Person Christum bat, seinen Knecht gesund zu machen, sich aber für unwürdig hielt, dass Christus unter sein Dach eintrete; der Hauptmann war ein Heide und hatte größeren Glauben als die meisten Schriftgelehrte der Juden.
Ferner lernen wir vom Hauptmann, dass die Herrschaften ihre kranken Dienstboten gut verpflegen lassen sollen, falls sie solches nicht selbst tun wollen oder können. Es ist eine unchristliche Tat, arme Knechte oder Mägde. sobald sie krank werden, aus dem Hause zu stoßen. Ebenso sollen die Herrschaften dafür sorgen, dass ihre kranken Dienstboten früh genug mit den heiligen Sterbesakramenten versehen werden.
Dann sollen die Herrschaften auch nur fromme Dienstboten in ihre Häuser nehmen, denn fromme Dienstboten bringen den Segen Gottes ins Haus. So segnete Gott den Laban um des frommen Jakob willen, ebenso das Haus des Putiphar wegen des gerechten ägyptischen Joseph. Lasterhafte Dienstboten sollen Herrschaften nicht aufnehmen, weil Gott oft ganze Haushaltungen der schlechten Dienstboten wegen bestraft.
Die Dienstboten aber sollen von dem Knechte im heutigen Evangelium lernen, gegen ihre Herrschaft demütig und willig gehorsam zu sein, wenn ihnen etwas befohlen wird, damit sich auch die Liebe ihrer Herrschaft erwerben. Der Knecht im heutigen Evangelium war gewiß ein braver Knecht vor seinem Herrn, dem Hauptmann, sehr geliebt, weil dieser sich so viel Mühe gab, ihm wieder zur Gesundheit zu verhelfen.
Endlich lernen wir von diesem Hauptmann, dass wir, wenn wir von Gott etwas begehren, einen festen Glauben haben sollen, das heißt hier, ein festes Vertrauen, dass Gott uns dasjenige schenken werde, um das wir bitten, wenn die Erhörung der Bitte nur nicht unserm Seelenheile nachteilig ist. Jesus der Herr erhörte das Bitten des Hauptmanns für dessen kranken Knecht, weil der bittende Hauptmann so fest im Vertrauen war. Das zeigt uns auch, wie viel die Fürbitte vermag.


Betrachtung vom Aussatz der Todsünde

Der Aussatz, eine so abscheuliche, verderbliche und ansteckende Krankheit, sinnbildet den Zustand der Seele in schwerer Sünde.

1. Der Aussatz entstellt den Leib grauenhaft an Gesicht, Gestalt und Gliedern. Eine einzige Todsünde trägt den Greuel der Verwüstung in die Seele, die Gott durch die heiligmachende Gnade so herrlich zierte.
Die Seele im Gnadenstande erblüht und erglüht in wundersamer und übeirdischer Schönheit. Sie ist ein Abglanz, ein Bild der Schönheit und Herrlichkeit Gottes, gleichwie der Tautropfen, getroffen vom Strahlenglanz der Sonne, deren Bild widerspiegelt. Die Schönheit einer unschuldigen Seele leuchtet im Auge des Kindes, im Leben heiliger Menschen. Würdest du eine mit der heiligmachenden Gnade gezierte Seele sehen können, du würdest sie für Gott selbst halten und vor ihr niederallen wie Daniel vor dem Engel.
Die Todsünde zerstört im Augenblicke Gottes Bild in der Seele, und damit ihre Schönheit; macht sie zum Abscheu vor Gott, zum Bilde des Teufels, der, vordem ein herrlicher Engel, durch eine Todsünde zum Urbild alles Häßlichen und Abscheulichen wurde. - Ein Einsiedler wurde der sichtbaren Begleitung seines Schutzengels gewürdigt. Einst lag am Wege ein halbverfaulter Leichnam; der Einsiedler wandte sich voll Ekel und Abscheu weg, der Engel schien nichts zu zu bemerken. Darauf kam ein vornehmer, wohlgestalteter junger Mann vorbei; der Einsiedler schaute ihm wohlgefällig nach, der Engel wandte sich mit allen Zeichen des Abscheues weg und sagte, gefragt nach der Ursache seines Benehmens: Ihr Menschen urteilt nach dem Äußeren, wir sehen, Gott gleich, auf das Innere; jener Leichnam war nichts Böses, jener junge Mann aber ein unzüchtiger, verdorbener Mensch. - Ja, könnte der Sünder sein Inneres im wahren Zustand erkenne, wie würde er sich entsetzen! Die hl. Katharina von Genua erbat sich von Gott die Gnade, eine Seele in Todsünde zu sehen; Gott offenbarte ihr, dass sie einen solchen Anblick nicht würde ertragen können. Doch zeigte er ihr eine mit läßlichen Sünden behaftete Seele. Darob ergriff sie ein solcher Schrecken, dass sie wie tot hinfiel und später erklärte, sie wolle lieber ihr Leben lang auf glühenden Kohlen gehen, als nochmals solches sehen. - Und doch kann der Mensch in Todsünden vergnügt und guter Dinge sein und sich auf äußern Schein viel einbilden. Welche Verblendung! Welches Erstaunen am jüngsten Tage, wenn die Menschen einander sehen werden in ihrer wahren Gestalt, ihrer wahren Ehre und wahren Schmach!

2. Der Aussatz zerstört den Leib allmählich, aber sicher. Die Todsünde tötet die Seele augenblicklich, raubt ihr das Leben der heiligmachenden Gnade; und wenn sie nicht durch ein Erlösungswunder wieder erweckt wird, verfällt sie dem ewigen Tode der Verdammnis. Eine solche Seele kann nichts wirken für Gott und die Ewigkeit. Im Gnadenstande erwirkt das geringste, was man um Gottes willen tun, ein Trunk Wasser, herrlichen, himmlischen Lohn; jeder Augenblick häuft ewige Schätze. Im Stande schwerer Sünden könnte man sein Vermögen an die Armen austeilen, seinen Leib zum Verbrennen hingeben, für die Ewigkeit wäre alles umsonst; es kann nur Belohnung finden für diese Welt. Welcher Schaden und welches Unglück! Das Leben in Todsünde ist bloß für diese Welt, für die andere Welt aber ein verlorenes Leben. Alles, was du in solchem Zustande tun oder leiden magst, und was dich reich und unaussprechlich glückselig machen könnte für immer, es gilt nichts für die Ewigkeit! - Noch mehr. Dieser geistige Tod zerstört auch sofort sämtliche Verdienstschätze, die im Gnadenzustande gesammelt waren. "Weicht der Gerechte von dien Wegen seiner Gerechtigkeit ab und tut er das Böse, so wird alles dessen, was er Gutes getan hat, nicht mehr gedacht werden" (Ezech 18) - bis er sich bekehrt. - Denke dir einen heiligmäßigen Menschen, der von Jugend auf mit einem hl. Aloisius wetteiferte an Unschuld und Strenge gegen sich selbst; der von heiligem Eifer für Gottes Ehre und die Rettung der Seelen brannte; der Tag und Nacht arbeitete in Werken der Andacht und Nächstenliebe; der Tausende zum Glauben und zur Tugend führte und überall dabei war, wo ein gutes Werk zu verrichten, eine fromme Anstalt zu gründen oder zu unterstützen war. Seine Verdienste sind angewachsen gleich dem Sand am Meere. Und siehe, dieser Gerechte begeht im hohen Alter noch eine schwere Sünde; er übertritt mit voller Überlegung und Freiheit ein Gebot Gottes oder der Kirche in einer wichtigen Sache: so sind im selben Augenblicke zerstört alle seine herrlichen Verdienste. Tot sind sie und nützen nichts für die Ewigkeit; und bekehrt er sich nicht, so ist die Hölle sein Anteil.
Wie beim Aussatz ein Glied nach dem andern abfault, so richtet die schwere Sünde auch eine allmähliche Zerstörung an. Eine gute Gewohnheit nach der andern erstirbt, eine Leidenschaft nach der andern nistet sich ein. Welche auffallende Veränderung bringt in einer jugendlichen Seele oft eine einzige Sünde der Unkeuschheit oder Unmäßigkeit hervor! Die Lust am Beten und Gottesdienste hört auf; Bescheidenheit, Ehrerbietung und Gehorsam gegen die Eltern, liebreiches und zufriedenes Wesen, Aufrichtigkeit, Fleiß und Ehrlichkeit verschwinden, nach und nach und machen dem Gegenteil Platz. Man kennt einen solchen oft kaum wieder; und das Verderben schreitet unaufhaltsam fort, wenn Gottes Gnade nicht Einhalt tut. Welches Unglück ist also die Todsünde. Sollte man sie nicht mehr fürchten als Aussatz und Tod?

3. Der Aussatz ist so ansteckend, dass man seine Opfer aus der menschlichen Gemeinschaft ausschließen muß, wenn sie nicht unaufhaltsames Unheil anrichten sollen. Die schwere Sünde ist eine solche Pest der Seele, ein Krebsgeschwür, das unhaufhaltsam fortfrißt. Wie das Sündengift ringsum Verderben anrichtet, tritt ganz deutlich nur hier und da zutage in den Folgen schlechter Beispiele oder absichtlicher Verführung. "Das ist der Fluch der bösen Tat, dass sie fortzeugend Böses muß gebären!" Wie jede Sünde um sich Verderben verbreitete, das wird der Gerichtstag offenbaren. Welche Überraschungen wird er bringen!
Die schwere Sünde ist ein abscheulicher, verderblicher, ansteckender Aussatz der Seele. Sie ist der Feind auch des irdischen Glückes, alles Elendes Quelle. Kannst du gleichgültig dagegen sein, wenn du Glauben hast? Nein, sie allein sollst du verabscheuen, da sie dich zum Abscheu macht vor deinem himmlischen Vater, dir seine Liebe und Gnade raubt; sie allein sollst du fürchten, da sie schlimmer ist als der Tod, dir das geistige und ewige Leben sowie alle Verdienste raubt und ins ewige Verberben stürzt; sie sollst du mehr als alles andere fliehen, denn die Gefahr der Ansteckung ist so groß in Anbetracht unserer Schwachheit. Denke daran, sooft du betest: Führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Übel.

Gebet. O milder, gütiger Gott, dessen Wille allmächtig ist, ich bitte dich in aller Untertänigkeit bei dem bittern Leiden deines geliebten Sohnes, unsers Herrn Jesus Christus, und bei der Fürbitte deiner lieben Heiligen, du wollest meine Schritte in seine Fußtapfen richten, damit die Lehre seines heiligen Evangeliums die Richtschnur meines Lebens sei. Deswegen bitte ich um Gnade, daß ich Glauben habe, wie der Aussätzige im heutigen Evangelium, dass ich, nach dem Beispiele des Hauptmanns, Demut gegen Gott und Liebe gegen meinen Nächsten übe, nebst allen andern Lehren, die in diesem Evangelium enthalten sind. Durch Jesus Christum unsern Herrn. Amen.


Unterricht für den vierten Sonntag nach dem Feste der heiligen drei Könige

Eingang der heiligen Messe ist derselbe wie vorigen Sonntag

Gebet der Kirche. Gott, du weißt es, dass wir, in so großen Gefahren befindlich, nach der menschlichen Schwachheit nicht bestehen können; gib uns Heil an Leib und Seele, damit wir dasjenige, was wir für unsere Sünden leiden, mit deiner Hilfe überwinden. Durch Jesum Christum...

Lektion aus der Epistel an die Römer XIII, 8-10

Brüder! bleibet niemand etwas schuldig, als daß ihr euch einander lieben sollet; denn wer den Nächsten liebet, der hat das Gesetz erfüllt. Denn das Gebot: Du sollst nicht ehebrechen, du sollst nicht töten, du sollst nicht stehlen, du sollst kein falsches Zeugnis geben, du sollst nicht gelüsten, und jedes andere Gebot ist in dieser Vorschrift enthalten: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses, die Liebe ist also die Erfüllung des Gesetzes.

Erklärung

Die Nächstenliebe ist eine Schuld, die niemals abgetragen werden kann. Manche Verbindlichkeiten, welche die verschiedenen Lebensverhältnisse mit sich bringen, können wir derart erfüllen, daß niemand mehr etwas zu fordern hat. Nur mit der Liebespflicht ist es anders. Da können wir niemals sagen: Nun ist es genug.
Die Liebe ist ja ewiger Natur. Das sagt schon Gefühl und Erfahrung. Sind wir jemand von Herzen zugetan, so können wir uns nicht genug darin tun, ihm Gutes zu erweisen. Und je mehr wir für ihn tun, desto mächtiger wird die Liebe und der Drang nach Wohltun, gleich einer Flamme, die desto mehr wächst, je mehr Nahrung sie bekommt.
Die Liebe Gottes gegen uns ist der Grund und Maßstab unserer Nächstenliebe. Und das Christentum ist deshalb die vollkommene Religion, weil die Vorschriften seines Gesetzes im Geiste der Liebe erfüllt werden müssen. Das ist der Geist, der den toten Buchstaben lebendig macht.
Die Liebe muß also die Seele unserer guten Werke sein. Du kannst aufs beste deine Schuldigkeit tun, für deine Angehörigen sorgen, jedem geben und lassen, was ihm zukommt, reichlich Almosen geben, dich für andere aufopfern - wenn dich hierzu nur Fleisch und Blut treibt, oder eine natürliche Gutmütigkeit, oder gar eine ungehörige Absicht, so hast du zwar den Buchstaben den Gesetzes erfüllt, diese Erfüllung hat jedoch keinen Wert vor Gott, weil du auf ihn keine Rücksicht nahmest und der Geist der wahren Liebe fehlte.

Gebet. O Herr Jesu, gieße doch in unsere Herzen den Geist deiner Liebe, damit, wie du an uns das Gesetz der Liebe vollkommen erfüllt hast, auch wir an unsern Nächsten dasselbe um deinetwillen erfüllen mögen. Amen.

Evangelium Matth VIII, 23-27

In der Zeit, als Jesus in ein Schifflein stieg, folgten ihm seine Jünger. Und sieh, es erhob sich ein großer Sturm im Meere, so dass das Schifflein mit Wellen bedeckt wurde; er aber schlief. Und seine Jünger traten zu ihm, weckten ihn auf und sprachen: Herr, hilf uns, wir gehen zugrunde. Und Jesus sprach zu ihnen: Warum seid ihr so furchtsam, ihr Kleingläubigen? Dann stand er auf, gebot den Winden und dem Meere, und es ward eine große Stille. Die Menschen aber wunderten sich und sprachen: Wer ist dieser, daß ihm sogar die Winde und das Meer gehorchen?

Warum ist Christus in ein Schifflein gestiegen und hat darin geschlafen?

Christus hat seine Jünger zuvor im Vertrauen zu ihm unterrichtet, weil er der wahre Sohn Gottes sein. Damit sie aber noch mehr im Glauben und Vertrauen geprüft und durch wunderbare Rettung befestigt würden, schlief er im Unwetter.

Warum gab Christus seinen Jüngern einen Verweis, daß sie beim Sturm ihn aufweckten?

Das hat er getan wegen ihres schwachen Glaubens; denn wenn ihr Glaube stark gewesen, dass er wahrer Gott sei, so hätten sie auch geglaubt, daß er sowohl schlafend als wachend, sie beschirmen könne. Mißtrauen gefällt Gott nicht. "Verflucht der Mensch, der sein Vertrauen auf Menschen setzt und Fleisch zu seinem Arme wählt, und dessen Herz vom Herrn abweicht! Gesegnet der Mensch, der sein Vertrauen auf den Herrn setzt, und dessen Zuversicht der Herr ist! Er wird sein wie ein Baum, der an Wasser gepflanzt ist und in feuchtem Grunde wurzelt; er fürchtet sich nicht, wenn auch die Hitze kommt, sein Blatt bleibt grün, nimmer höret seine Frucht auf" (Jerem 17,5).
Gott läßt oft, auch wenn wir unschuldig sind, allerlei Trübsal über uns kommen, Armut, Verfolgung, Verleumdung, und es scheint als wenn Gott schlafe und seine Getreuen vergesse. Dadurch aber, dass er der Natur ihren Lauf läßt, will er nur unsere Liebe und Geduld bewähren und uns Gelegenheit geben, nach dem Beispiele der Jünger Christi zu ihm unsere Zuflucht nehmen.
"Habe Gott in deinem Herzen alle Tage deines Lebens, und hüte ich, jemals in eine Sünde zu willigen und die Gebote des Herrn, unsers Gottes, außer acht zu lassen" (Tobias 4).
Wir werden hierdurch auch erinnert, dass wir nie denken dürfen, Christus habe seine Kirche verlassen, wenn Stürme das Schifflein Petri, wie die Kirche genannt wird, kommen, wie Verfolgung, Abfall usw.


Betrachtung von der Versuchung

1. Versuchung ist alles, was zur Sünde anreizt. Sie kommt entweder von der angeborenen Begierlichkeit, oder von unsern Mitmenschen oder vom Teufel. Die Versuchung wird erst dann Sünde, wenn wir mit Überlegung und freiem Willen uns darauf einlassen. Du wirst z.B. von anderen empfindlich beleidigt. Da kocht es in dir auf, es erheben sich zornige, rachsüchtige Gedanken; wenn du nun nicht nachgibst, deinen Zorn unterdrückst, ruhig und geduldig bleibst, so hast du über die Versuchung gesiegt. Oder du mußt unanständige Gespräche hören, es fallen dir dabei unkeusche Gedanken ein, es kommt dann eine Art Freude oder Wohlgefallen daran, ein Vorwitz, weiter darüber nachzudenken. Das ist eine Versuchung. Gibst du dir nun, sobald du es merkst, alsbald Mühe, diese Gedanken auszuschlagen, willst du nichts davon wissen, wendest du dein Herz Gott zu, so hast du nicht gesündigt, mag die Anfechtung auch noch so heftig und langwierig sein. - Sankt Katharina von Siena wurde einst lange von den heftigsten unreinen Versuchungen angefochten, so dass sie ganz trostlos meinte, ihr Herz sein untergetaucht in einen Morast von Unreinigkeit. Darauf erschien ihr Christus; sie beklagte sich bei ihm und sagte: Herr, wo warst du, als ich so bedrängt wurde? In deinem Herzen, antwortete der Herr. Wie, fragte sie, in diesem ganz in Abscheulichkeit versenkten Herzen? Sage mir, versetzte der Herr, waren dir diese Bilder und Begierden angenehm? O nein, versicherte die Heiligen; ich entsetzte mich vor ihnen und rief zu dir um Hilfe. Nun wohl, antwortete der Heiland, ich war es, der dir Abscheu vor der Sünde einflößte und dich vor der Einwilligung bewahrte.

2. Gott läßt es zu, dass wir versucht werden zu unserer Warnung. Er will uns warnen, besonders vor hochmütigem Selbstvertrauen. Der Hochmut ist die Wurzel alles Verderbens, wie die Demut die Grundlage aller Tugend. Die Versuchungen erinnern uns immer wieder, dass wir aus uns selbst nichts sind und vermögen. Wir gleichen den Kindern, die eben gehen lernen an der Mutter Hand; läßt die Mutter einen Augenblick los, so fallen sie. So führt uns Gott durch seine Gnadenhilfe an der Hand; überläßt er nur einen Augenblick uns selber, so fallen wir sofort in Sünde und sind fähig zum Schlimmsten. Und er läßt uns fallen, wenn wir uns an ihm nicht beständig festhalten durch vorsichtigen Wandel, Gebet, Wachsamkeit, Empfang der Sakramente. - David, der Mann nach dem Herzen Gottes, fiel in Ehebruch und Mord, weil er sich sicher glaubte. Petrus, der Apostelfürst, beachtete des Herrn Mahnung, zu wachen und zu beten, nicht und beging eine Sünde, die er nie für möglich gehalten hätte. Die hl. Monika hatte als Kind einen natürlichen Abscheu vor Wein, und doch wäre sie unvermerkt zur Trinkerin geworden, hätte sie die Warnung nicht rechtzeitig beachtet. Oft läßt der Versucher uns lange Zeit in Ruhe, um uns in falsche Sicherheit zu wiegen; plötzlich überfällt er uns mit aller Gewalt und bringt uns zum Falle, wenn wir uns nachlässig machen ließen, Wachsamkeit und Gebet versäumten. Darum lehrt der Herr uns täglich beten: Führe uns nicht in Versuchung! Möchten wir dabei auch täglich überlegen, in welchen Stücken und vor welchen Gelegenheiten wir uns in acht zu nehmen haben, welches unsere schwache Seite ist; dann aber, sobald ein Versuchungssturm losbricht, sofort unser Herz zu dem wenden, der immer über uns wacht, auch wenn er zu schlafen scheint, und der uns nie über unsere Kräfte versucht werden läßt. "Ich vermag alles in dem, der mich stärkt."

3. Die Versuchungen sollen dienen zur Förderung im Guten. Übung macht den Meister. Jeder Fall macht uns schwächer, jeder Sieg stärker. Die Anfechtung zwingt uns, in der Tugend uns zu üben. "Weil du Gott angenehm warst, mußte die Versuchung dich bewähren" (Tob 12). Die größten Heiligen hatten daher die größten Kämpfe zu bestehen, Der ägyptische Joseph, die keusche Susanna, die hl. Agnes wären ohne ihre schweren Anfechtungen nicht solche Muster der keuschheit geworden. Der hl. Franz von Sales hatte von Natur ein sehr aufgeregtes, jähzorniges Wesen; durch beständige Übung und Überwindung wurde er die Geduld und Sanftmut selber. - Auch geben die Versuchungen ebenso viele Gelegenheiten, zu wachsen in der Gnade Gottes und reichere Verdienste für den Himmel zu sammeln. In Friedenszeiten kann der Soldat wenig Ruhm und Auszeichnung erwerben, der Krieg gibt ihm Gelegenheit dazu. "Selig der Mann, der die Anfechtung aushält; denn wenn er bewährt worden, wird er die Krone des Lebens empfangen, die Gott denen verheißen hat, die ihn lieben" (Jak 1). Niemand, sagt der hl. Ambrosius, kann gekrönt werden, bevor er gesiegt hat, und niemand kann siegen, bevor er gekämpft hat. Dürfen wir also einerseits uns nicht mutwillig der Sündengefahr aussetzen, sondern müssen unser Heil wirken in Furcht und Zittern, so sollen wir uns anderseits auch nicht niederschlagen lassen, wenn allerlei Anfechtungen über uns kommen, denn unser Leben ist ein beständiger Krieg, weil eine Zeit der Prüfung. Die Versuchung dürfen wir nicht fürchten, sagt der hl. Augustinus; sie ist die Ursache unserer Glorie und der Grund unseres Triumphes.

Gebet. Gott du hast mich durch deinen Apostel Paulus unterrichtet, daß wir durch viele Trübsale in den Himmel eingehen müssen. Darum bitte ich dich, o Herr! schicke mir zu, was dir beliebt. Verleihe mir dabei nur deine Gnade, daß ich alle Leiden mit standhafter Geduld ertrage und in der Trübsal dich immer liebe. Amen.


Unterricht für den fünften Sonntag nach dem Feste der heiligen drei Könige

Eingang der heiligen Messe wie vorigen Sonntag

Gebet der Kirche. Deine Familie, wir bitten dich, Herr, behüte durch beständige väterliche Güte, damit sie immer unter deinem Schutz beschirmt werde, weil sie sich allein der Hoffnung der himmlischen Gnade vertröstet. Durch Jesum Christum...

Lektion aus der Epistel an die Kolosser III, 12-17

Brüder! ziehet als Gottes Auserwählte, Heilige und Geliebte, herzliches Erbarmen an, Güte, Demut, Sanftmut, Geduld. Ertraget einander und verzeihet einander, wenn einer Klage wider den andern: wie der Herr euch verziehen hat, so auch ihr! Vor allem aber habet die Liebe, die das Band der Vollkommenheit ist. Und der Friede Christi herrsche freudig in eueren Herzen, zu dem ihr auch berufen seid als Glieder eines Leibes. Zeiget euch dankbar! Das Wort Christi wohne reichlich in euch, mit aller Weisheit. Lehret und ermahnet einander mit Psalmen und Lobliedern und geistlichen Gesängen, und singet Gott mit Dankbarkeit in euren Herzen. Alles, was ihr tut in Wort oder Werk, das tut alles im Namen unsers Herrn Jesu Christi, und saget Dank dem Vater, durch Jesum Christum, unsern Herrn.

Erklärung

Die Seele soll christliche Tugenden anziehen wie ein Gewand, worin sie sich sehen lassen kann vor Gott und den Menschen. Der Christ hat eine hohe Würde und Stellung, das erfordert auch eine vornehme Ausstattung an Tugenden. Vor allem sollen ihn schmücken die Gesinnungen und Äußerungen der Liebe, also Barmherzigkeit, Güte, Demut, Sanftmut, Geduld. Darauf kommt ebenso wie der Liebesjünger Johannes auch Paulus immer wieder zurück.

Ein christliches, d.h. barmherziges Herz ist teilnehmend und hilft gern nach Kräften. Diese Caritas, d.h. werktätige Liebe, ist stets das Vorrecht und Kennzeichen des lebendigen Christentums gewesen und wird es immer bleiben. Was sich anderweitig davon findet, ist nur eine Ausstrahlung des Liebesfeuers, das Christus entzündet hat.

Die gültige Gesinnung offenbart sich durch Freundlichkeit, Höflichkeit, Rücksichtnahme und Gefälligkeit im Umgange. Ein gütiges Herz besitzt einen geheimnisvollen Zauber und eine unwiderstehliche Gewalt selbst über bösartige, verwilderte Gemüter.

Die Demut verbreitet einen eigenen Wohlgeruch und erzwingt jene Anerkennung, die Eitelkeit und herrischer Hochmut niemals finden.

Die Sanftmut läßt sich nicht erbittern, erträgt und entschuldigt gern Beleidigungen. Die Geduld ist unüberwindlich in allen Widerwärtigkeiten.

Sanftmut und Geduld zu bewahren ist am schwersten, wenn man Kränkung oder Unrecht erfährt statt Dank. Die Großmut der verzeihenden, barmherzigen Feindesliebe ist das Höchste, was sich im Christentum findet. Die widerchristliche Welt versteht sie nicht und verachtet sie. Und doch ist sie von ihr überwunden und findet nur in ihr ihre Rettung. Welches Geheimnis ist das Kreuz! Und auf das Kreuz weiset der Apostel hin, da er diese schwerste und segensreichste Forderung des Christentums wiederholt: Wie der Herr euch verziehen hat, so verzeihet auch ihr!

Die Liebe ist das Band der Vollkommenheit, weil sie alle anderen Tugenden miteinander verbindet, wie die Seele die Glieder des Leibes zusammenhält und belebt.

Wie die Glieder eines Leibes berufen sind, in Frieden und Eintracht für dessen Wohlfahrt tätig zu sein, so sind die Gläubigen berufen zum friedlichen Zusammenwirken. Ein Hauptmittel dazu ist die Pflege des dankbaren Sinnes. Wer selbst unzufrieden ist, hält auch keinen Frieden mit anderen. Ein unfriedsames Herz aber ist ein undankbares Herz. Wenn wir recht dankbar wären für das Gute, das wir von Gott und den Menschen erfahren, so würde die freudige Stimmung überwiegen trotz allem, was wir zu leiden und zu entbehren haben; wir würden insbesondere, was wir von anderen zu leiden haben, leichter ertragen.

Deshalb soll das Wort Gottes reichlich in uns wohnen, d.h. wir sollen es beständig beherzigen und anzuwenden wissen. Dann werden wir andere erbauen und durch die gute Meinung unser ganzes Leben verdienstlich und zu einem Lobpreis des Herrn machen.

Evangelium Matth. XII, 24-30

In jener Zeit trug Jesus den Scharen dieses Gleichnis vor: Das Himmelreich ist zu vergleichen einem Menschen, der guten Samen auf seinen Acker säete. Als aber die Leute schliefen, kam sein Feind und säete Unkraut mitten unter den Weizen und ging davon. Als nun das Kraut wuchs und Frucht ansetzte, erschien auch das Unkraut. Da traten die Knechte des Hausvaters herzu und sprachen zu ihm: Herr, hast du nicht guten Samen auf deinen Acker gesäet? Woher hat er denn das Unkraut? Und er sprach zu ihnen: Das hat der Feind getan. Die Knechte aber sprachen zu ihm: Willst du, dass wir hingehen und es aufsammeln? Und er sprach: Nein, ihr möchtet sonst, wenn ihr das Unkraut ausraufet, mit demselben zugleich auch den Weizen ausreißen. Lasset beides wachsen bis zur Ernte, dann will ich den Schnittern sagen: Sammelt zuerst das Unkraut und bindet es in Bündel zum Verbrennen, den Weizen aber sammelt in meine Scheune.

Was ist in diesem Gleichnis unter dem Himmelreiche zu verstehen?

Die Kirche Christi auf Erden, die, wie Christus hier lehrt, gute und schlechte Mitglieder hat, Weizen und Unkraut.

Welche meint Christus, wenn er heute von schlafenden Menschen spricht?

Die Vorsteher der Kirche sowie alle Vorgesetzten, die nicht wachen über die ihnen Anvertrauten. Aber auch alle jene schlafen, die den Empfang der heiligen Sakramente, die heilige Messe und Predigt versäumen; dann schleicht der böse Geist in sie hinein und säet in ihre Herzen den bösen Samen der leichtfertigen, hoffärtigen, rachgierigen Gedanken, und daraus erwächst das Unkraut der Unkeuschheit, des Neides, des Geizes, des Hasses usw.

Warum läßt Gott das Unkraut, nämlich die bösen Menschen, von der Welt nicht hinwegnehmen?

Das tut Gott
1. aus Liebe, damit die Bösen noch Zeit zur Buße finden und so gerettet werden, die sich bekehren. Denn auf dem Acker der Kirche kann Weizen zu Unkraut verderben, aber auch Unkraut in Weizen umgewandelt werden;
2. nach seiner allerhöchsten Weisheit, damit nicht auch der Weizen, nämlich seine Gerechten, zugleich ausgerissen, d.h. verkehrt und lasterhaft werden, was geschehen würde, wenn sie nicht in der Liebe, in der Geduld, in der Demut, in der Armut usw. durch ihre bösen Mitmenschen geübt würden.


Betrachtung über das Unkraut der läßlichen Sünden

Es gibt zwei Arten von Sünden. Eine Todsünde begeht man, wenn man ein Gebot in einer wichtigen Sache freiwillig übertritt; eine läßliche Sünde ist die Übertretung in einer geringen Sache oder eine nicht ganz freiwillige in einer wichtigen Sache. Eine geringfügige Sache ist z.B. einige Unandacht beim Beten, eine kleine Verspätung bei der Sonntagsmesse, Ungehorsam in unbedeutenden Dingen, Ungeduld, üble Nachrede, sofern selbe nicht aus Haß entsprang oder schweren Verdruß und Schaden verursachte, eine Lüge ohne schlimme Folgen, ein Diebstahl von geringem Wert. Auch Versündigungen in wichtigen Dingen können nur läßlich sein, wofern die volle Überlegung und Einwilligung fehlt. So z.B. wenn ich jemand weniger aus Bosheit als aus Unachtsamkeit schwer kränke und erzürne. Jede innere Belustigung an unkeuschen Dingen ist an sich wichtig und schwere Sünde; jedoch kann ein unreiner Gedanke auch nur läßlich sündhaft sein, wenn man sich nicht vollkommen darauf einläßt, wenigstens halb dagegen kämpft und also nachlässig ist im Ausschlagen der Versuchung.
Die Todsünde ist etwas Furchtbares; jeder, der etwas Gottesfurcht besitzt, hat Schrecken davor. Die läßlichen Sünden jedoch achtet man selten, hält sie für Kleinigkeiten. Indessen sind auch sie schlimm genug; sie gleichen dem Unkraut, das als Same unscheinbar ist, emporgewachsen aber namhaften Schaden anrichtet, ja, die gute Saat zu ersticken vermag.
Was tut der, welcher eine läßliche Sünde begeht? Er beleidigt Gott ins Angesicht. Gott sagt: Tue das nicht; er tut es doch. Gott sagt: Tue dies, er weigert sich. Ist eine solche Widersetzlichkeit wirklich je eine Kleinigkeit? Wer ist Gott, den du beleidigst? Dein Herr, der dich erschaffen hat und jeden Augenblick am Leben hält. Das ganze Weltall folgt seinem Winke, und du armseliger Wurm im Staube widersetzest dich ihm. Es ist dein Vater, der dich mit väterlicher Liebe liebt und jeden Augenblick mit Gnadengeschenken überhäuft; du vergilst ihm seine Liebe mit Gleichgültigkeit und Beleidigungen. Es ist dein Erlöser, der alles für dich opferte und Unsägliches für dich litt; du willst nicht ein elendes Vergnügen für ihn opfern, eine kleine Kränkung ihm zuliebe geduldig leiden? Wenn wir recht beherzigten, welches Scheusal die geringste Sünde ist, wir würden sie mehr fliehen als Pest und Tod. Wenn wir durch eine Lüge da Leben retten könnten, dürften wir es nicht tun. Belästigt dich eine Mücke, so hälst du dich für berechtigt, sie zu töten. Gott aber ist ein so majestätischer Herr, ein so unbegreiflich erhabenes Gut, der Mensch gegen ihn so gering, dass besser alle Menschen zugrunde gingen, als dass Gott nur die geringste Unbild angetan würde. So dachten die Heiligen, die ein helles Licht in diesen Dingen hatten. St. Augustinus sagt: Besser ist es, dass Himmel und Erde zugrunde gehen, als dass Gott beleidigt wird durch die geringste Sünde. Die hl. Katharina von Genua sagt, sie würde sich in ein Feuermeer stürzen, wenn dies das einzige Mittel wäre, einer Sünde auszuweichen, und lieber darin bleiben, als mit Hilfe einer läßlichen Sünde sich daraus zu befreien. Ein frommer Fürst hatte bei Staatsgeschäften Gewissensbedenken. Seine Räte sagten ihm, es könne höchstens eine geringe Versündigung unterlaufen. Dann werde ich diesen Vertrag nie abschließen, entgegnete er; denn um keinen Gewinn der Welt tue ich nur die geringste Sünde.

Die läßlichen Sünden rauben uns zwar Gottes Liebe und Gnade nicht; allein sie beleidigen Gott, führen eine Erkaltung, eine Entfremdung herbei und verhindern viele Gnadengaben Gottes, die er uns bereit hält für den Fall, dass wir auch im Kleinen treu sind. Wie viele Gnaden mögen wir schon verscherzt, wieviel Segen für diese Welt und welchen Lohn für die andere Welt verloren haben durch die Gleichgültigkeit gegen läßliche Sünden!

Eine weitere Folge ist, dass sie nach und nach zu Todsünden führen. "Wer das Geringe verachtet, wird nach und nach zugrunde gehen" (Sir. 19). Zwischen beiden Sündenarten ist eine so innige Verwandtschaft, dass oft schwer der Unterschied zu machen ist. Die vorsätzliche läßliche Sünde bietet den Todsünden die Hand. Sie vermindert den Schauder davor, macht vertraut mit dem Bösen, schwächt den guten Willen, die Wachsamkeit und den Gebetseifer. Gott verläßt einen solchen immer mehr mit seiner Gnade, und dann darf nur eine heftige Versuchung kommen, so fällt er schwer und steht vielleicht nie wieder auf. Er fällt, ohne es mal recht zu merken, weil er in jenen Schlaf der Lauheit geraten ist, der gefährlicher ist als das grobe Laster. Wer in der Haushaltung Kleinigkeiten nicht achtet, wird bald in Schulden geraten; wer den Feuerfunken nicht achtet, kommt in Unglück. Judas hat zuerst Kleinigkeiten veruntreut, und zuletzt ist er ein Dieb geworden und hat unsern Herrn verkauft. Die Gewohnheit, einen kleinen Groll zu hegen, verleitet zu tödlichem Haß, ein kleiner Eigensinn zu grober Widersetzlichkeit. Wie mancher Trunkenbold hat mit einem Gläschen täglich angefangen, wie manche Frauensperson mit leichtfertigen Scherzen. St. Gregor der Große sagt: "Die Seele bleibt nie da liegen, wohin sie gefallen ist, sondern fällt immer tiefer." Die Sünde ist gleich einem Bleigewicht an der Seele, das sie immer tiefer hinabzieht, wenn es nicht abgelegt wird. "Der Teufel ist zufrieden,wenn er ein Haar von uns bekommt: er macht daraus ein Band, ein Seil, womit er uns zum Untergange zieht", sagt der hl. Franz von Sales.

Weitere Folgen sind die Strafen der göttlichen Gerechtigkeit. So wahr, als es einen gerechten Gott im Himmel gibt, wird jede Sünde ihre Strafe finden, hier oder jenseits. Zwar kann man ihr entgehen durch ernstliche Buße; allein wer die geringsten Sünden nicht achtet, wird dafür auch keine Buße tun. Mag er sie übrigens auch recht bußfertig beichten und nach Kräften genugtun; so wissen wir doch, dass auch nach der besten Beichte meist ein Teil der zeitlichen Strafen zurückbleibt. Kein Zweifel, die meisten Unglücksfälle und Leiden sind Sündenstrafen. Wie auch geringe Sünden in diesem Leben gestraft werden, dafür hat die Heilige Schrift merkwürdige Beispiele.
Moses starb eines vorzeitigen Todes, sein heißester Wunsch blieb unerfüllt wegen eines kurzen Zweifels. Wegen einer Eitelkeit Davids starben Tausende seines Volkes an der Pest. Wegen einer Lüge starben Ananias und Saphira eines plötzlichen Todes. -
Und das ist noch Gnade von Gott, wenn er straft in dieser Welt; denn wer die Züchtigung willig trägt, kann in dieser Gnadenzeit mit Wenigem viel abbezahlen. Weit härter wird gestraft in der andern Welt. Der Gerechteste stürzt seine liebsten Kinder - die Seelen, die in seiner Gnade, aber nicht makellos starben - ins Feuer. Bedenke, was es sagen will: sie leiden Feuerqualen. Mag man sich das vorstellen, wie man will, jedenfalls wird es wohl qualvoller sein als irgendein Leiden dieser Welt. Sie leiden vielleicht Jahre für läßliche Sünden, die sie nicht genug geachtet, nicht sorgfältig gemieden, nicht genug gebüßt haben. Und wenn eine arme Seele zurück könnte, wie würde sie sich in acht nehmen, vorsichtig wandeln, geduldig leiden; sie wüßte jetzt, was eine läßliche Sünde zu bedeuten hat. Gebe Gott, dass auch wir nicht nur die Todsünde fliehen, sondern auch die freiwillige läßliche Sünde. Wenn sie sich auch ohne besonderen Gnadenbeistand nicht ganz vermeiden läßt, so kann man sie doch vermindern. Mögen wir uns das Lob des Herrn verdienen: Wohlan, du guter und getreuer Knecht, weil du in wenigem (im kleinen) getreu gewesen bist, will ich dich über vieles setzen; geh ein in die Freude deines Herrn.

Gebet. O Gott, der du beständig den guten Samen deines Wortes und deiner Gnade in unser Herz ausstreuest, damit er Früchte zum ewigen Leben bringe, behüte uns vor dem bösen Feinde, damit er nicht das Unkraut des Unglaubens und der bösen Leidenschaften ausstreue. Bewahre uns vor dem Schlafe der Lauheit und Gleichgültigkeit, lehre uns wachen und beten, auf dass wir zur Zeit der Ernte mit den Weizengarben eines christlichen Lebens vor dir erscheinen können. Amen.


Unterricht für den sechsten Sonntag nach dem Feste der heiligen drei Könige

Der Eingang der heiligen Messe ist derselbe wie vorigen Sonntag.

Betet Gott an, ihr alle Engel: Sion hört es und freuet sich, und die Töchter Judas frohlocken.
Der Herr regiert, darum frohlocktet die Erde, und sollen sich freuen die vielen Inseln (Ps 96).

Gebet der Kirche. Verleihe uns, wir bitten dich, allmächtiger Gott, dass wir immer, Vernünftiges uns vornehmend, durch Worte und Werke vollziehen, was dir wohlgefällig ist. Durch Jesum Christum...

Lektion aus der Epistel an die Thessalonicher I, 1, 2-10

Brüder! wir danken Gott immer für euch alle und gedenken ohne Unterlaß euer in unsern Gebeten, eingedenk der Werke eueres Glaubens, und der Mühen der Liebe, und der Ausdauer in der Hoffnung unsers Herrn Jesu Christi vor Gott unserm Vater, da wir wissen, von Gott geliebte Brüder, dass ihr auserwählt seid, weil unser Evangelium bei euch nicht bloß in Worten bestand, sondern auch in Kraft und im Heiligen Geiste und in großer Fülle; wie ihr denn selber wisset, wie wir unter euch um euretwillen gewesen sind. Ihr wurdet unsere und des Herrn Nachfolger, indem ihr das Wort unter vieler Trübsal aufnahmet mit Freuden im Heiligen Geiste, so dass ihr das Muster für alle Gläubigen in Mazedonien und Achaja geworden seid. Denn von euch erscholl das Wort des Herrn nicht nur in Mazedonien und Achaja, sondern überallhin ist euer Glaube an Gott kund geworden, so dass wir nicht nötig haben, etwas darüber zu sagen. Denn sie selbst verkündigen von uns, welchen Eingang wir bei euch gefunden, und wie ihr euch von den Götzen zu Gott bekehret habet, um dem lebendigen und wahren Gott zu dienen, und vom Himmel herab zu erwarten seinen Sohn, den er von den Toten auferweckt hat, Jesum nämlich, der uns vom kommenden Zorne erlöste.

Erklärung

Der eifrige Säemann des göttlichen Samenkorns muß hocherfreut sein, dass es so gut bei den Thessalonichern aufgegangen war und so reichlich Frucht trug. Ihr Glaube zeigte seine Lebenskraft besonders in dem Werke der Liebe. Diese erforderten damals, in den Zeiten der Verfolgung, großen Opfersinn. Die frohe Hoffnung auf die Verheißungen des Herrn, die mit dem lebendigen Glauben stets verbunden ist, machte ihnen alles leicht.

Wie traurig sieht es heutzutage in manchen Diasporagemeinden mit dem Glaubensleben aus. Wie ein giftiger Meltau liegt auf dem religiösen Sinn und Leben tödliche Gleichgültigkeit. Die Sorge um das tägliche Brot, die Vergnügungssucht beherrscht das ganze Sinnen und Trachten von Hunderten, Tausenden, deren ganz Religion nur noch darin besteht, dass sie sich ein- oder andermal im Jahre in der Kirche sehen lassen. Opfer zu bringen für ihren Glauben darf solchen nicht zugemutet werden.

Als von Gott Geliebte und Auserwählte bewiesen sich jene ersten Christen durch die Werke des Glaubens, die sie in Kraft des Heiligen Geistes übten, und zwar in großer Fülle. Wenn alle Seelsorger das auch von ihren Gemeinden sagen könnten, dann würde man die Wahrheit und Segenskraft des Glaubens mit Händen greifen können in ihren Früchten.

Paulus konnte von sich sagen: Seid meine Nachfolger, wie ich Nachfolger Christi bin. Sein Beispiel hatte ebensoviel gewirkt wie sein Wort. Und wie der Herr ihm bei seiner Berufung zeigen wollt, wie viel er um seines Namens willen leiden solle, so hatten auch diese Neubekehrten um des Glaubens willen vielerlei Drangsal leiden müssen. Das Feuer der Trübsal hatte ihre Berufung erprobt. Geduldig leiden um der Gerechtigkeit willen ist ein Zeichen der Auserwählung. Dadurch war die Gemeinde überall bekannt geworden. Ihre Belehrung und ihre Standhaftigkeit in vieler Trübsal hatte Aufsehen gemacht und war ein Vorbild für viele geworden.

Nehmen wir es ernst mit den Wahrheiten und Hoffnungen des Christentums, so wird es unser innigster Wunsch sein, dass auch andere den Weg des Heiles finden. Es ist ein gefährliches Zeichen für unsern eigenen Zustand, wenn es uns gleichgültig ist, ob auch unsere Mitmenschen, ob Hausgenossen, Verwandte, Nachbarn, Freunde und Bekannte auf dem rechten Wege sind und getrost die Ankunft ihres Herrn und Heilandes erwarten können. Können auch nicht alle Apostel sein, so können und sollen sie doch eifrige Christen sein, die ihr Licht leuchten lassen und nach Kräften dazu beitragen, dass Religion und gute Sitte verbreitet werden.

Evangelium Matthäus XIII, 31-35

In jener Zeit trug Jesus den Scharen dieses Gleichnis vor: Das Himmelreich ist gleich einem Senfkörnlein, das ein Mensch nahm und auf seinen Acker säete. Dieses ist zwar das kleinste unter allen Samenkörner; wenn es aber aufgewachsen ist, so ist es das größte unter allen Kräutern, und es wird zu einem Baume, so dass auch die Vögel des Himmels kommen und auf seinen Zweigen wohnen.
Ein anderes Gleichnis trug er ihnen vor: Das Himmelreich ist gleich einem Sauerteige, den ein Weib nahm und unter drei Maß Mehl verbarg, bis alles durchsäuert war.
Alles dies redete Jesus durch Gelichnisse zum Volke, und ohne Gleichnisse redete er nicht zu ihnen, damit erfüllet würde, was durch den Propheten gesagt ist, der da spricht: Ich will meinen Mund auftun in Gleichnissen, und will aussprechen,was verborgen war vom Anbeginn der Welt. 1)

1) Ps 77,2


Betrachtung über das Reich Gottes als Senfkorn und Sauerteig

Himmelreich oder Reich Gottes bedeutet im Evangelium ein Dreifaches: das Reich der Seligkeit, wo Gott mit seinen Engeln und Auserwählten regiert; das Reich der katholischen Kirche, in der Christus regiert durch seinen Geist und seine Stellvertreter; das Reich der gnade im Herzen der Menschen, das er sich zur Wohnung und zum Throne machen will, um da zu regieren durch seine Liebe und Furcht. Betrachte, wie die Kirche ein Senfkorn und Sauerteig ist.

Einem Senfkorn gleicht die Kirche 1. durch ihre kleinen Anfänge, 2. durch ihre verborgene Kraft. - Das Senfkorn ist das kleinste unter den Samenkörner. Die Kirche bestand anfangs nur aus zwölf Aposteln, Führern ohne Soldaten, Hirten ohne Herde. Sie waren verborgen, machmal buchstäblich unter der Erde, in den Katakomben, die jetzt in Rom und sonst noch zu sehen sind, unterirdische Gänge, in denen die Christen zur Zeit der Verfolgung sich verbargen. Hundert Jahre später war keine Stadt des weiten Römerreiches, wo nicht eine Christengemeinde blühte. Heute zählt die katholische Kirche gegen 300 Millionen Bekenner, sie sich verteilen über alle fünf Weltteile; sie ist also ein Baum geworden, der seine Äste über Länder und Meere ausbreitet, und viele Völker wohnen unter ihnen; der sich immer weiter ausbreitet in ungebrochener Lebenskraft; und wenn ein morscher Ast vom Sturm abgerissen wird, so wachsen dafür zwei neue nach.

Das Senfkorn besitzt eine verborgene, heilkräftige Schärfe, die aber nur zutage tritt, wenn es gedrückt, zerrieben wird. Welch schönes Bild der Kirche! Ihre Heilkraft erwies sie durch Erneuerung der Welt, die durch das Heidentum in Fäulnis und Zerfall geraten war. Auch eine besondere Schärfe wohnt ihr inne. Beides tritt zutage, so oft sie gedrückt, verfolgt wird. Und das ist ihr gewöhnlicher Zustand, wie Christus schon andeutete mit den Worten: " Ich bin nicht gekommen, den Frieden zu bringen, sondern das Schwert." Deshalb heißt sie die streitende Kirche. Als Paulus an der Küste Italiens landete und sich an seine Stammesgenossen wandte mit der Verkündigung des Evangeliums, da entgegneten ihm die jüdischen Priester: "Wir haben von dieser Lehre schon gehört, als der neuen Sekte, der überall widersprochen wird." So war es damals, so ist es jetzt und wird es immer sein. Nicht wundern dürfen wir uns, wenn Gott zuläßt, dass seine Kirche gedrückt, verfolgt wird; dann entwickelt sie ihre verborgene, heilsame Kraft zur Ehre Gottes und zum Heile der Menschen.

Wie ist die Kirche weiter dem Sauerteige gleich? Durch die Veränderung, die sie in der Welt hervorrief. Die göttliche Weisheit brachte das Christentum unter die ganze Masse der Menschen, nicht nur unter das Judentum, sondern unter alle drei Menschenstämme. Das Christentum ist eben die katholische, d.h. allgemeine Religion. Und welche Veränderung brachte es hervor! Das Angesicht der Erde wurde erneuert. Von der Verkommenheit des damaligen Heidentums gerade bei den gebildetsten Nationen können wir uns heutzutage keinen Begriff mehr machen. Die Verkommenheit in unsern großen Städten ist gewiß himmelschreiend; allein sie gibt doch noch keinen Begriff vom Zustande der damaligen Heidenwelt. Das Christentum hat die Welt verjüngt. Völker, die zähe an die ererbten Irrtümer hingen, zogen eine neue Natur an. Völker, die durch Wildheit der Schrecken und die Geißel ganzer Weltteile waren, beugten sich vor dem Kreuze. Menschen, die vordem allen Lüsten gefrönt und die Demut nicht einmal den Namen nach kannten, wurden Muster der Keuschheit, der Demut, aufpofernder Nächstenliebe. In unsern Tagen erleben wir zwar einen großen Abfall vom Christentum; einerseits offene Feindschaft, andererseits eine tödliche Gleichgültigkeit; indessen, mag die Welt auch noch so unchristlich werden und einem neuen Heidentum sich in die Arme werden - der Einwirkung des christlichen Sauerteiges kann sie sich doch nicht ganz entziehen, christliche Anschauungen, Gewohnheiten und Sitten behaupten doch die Herrschaft in der Welt.

Die Kirche ist ein Senfkorn und Sauerteig - was sagt uns dieses für unser Herz und Leben? Es sagt: Halte dich fest an der Kirche im Glauben. Sie macht denselben so leicht und sicher, wie es nur möglich ist, ohne das Verdienst desselben zu verlieren. In der ersten Zeit, da sie noch dem Senfkorn glich, waren Wunder nötig; heute ist das Wachstum und der Bestand der Kirche das größte Wunder; ein Beweis, dass sie kein Menschenwerk ist. Ein Menschenwerk entsteht und wächst durch menschliche Mittel und kann durch menschliche Gewalt zerstört werden; das Christentum hat sich ausgebreitet, trotzdem die Welt ihm feindselig war, und alle List und Grausamkeit aufgeboten wurde, es zu zerstören. Wollen also Zweifel aufsteigen, so spricht mit Petrus: "Herr, wohin sollen wir gehen? du hast Worte des ewigen Lebens." - Wenn wir der heiligen, katholischen, apostolischen Kirche nicht glauben wollen, wem sollten wir dann glauben? - Halte dich also fest an deiner Kirche in aller Treue. Ein guter Katholik sein, bringt heutzutage weder Vorteil noch Ehre vor der Welt. Die sich gebildet oder aufgeklärt nennen, die Mächtigen, Angesehen, sind nicht auf unserer Seite. Das macht manche wankend. Aber wehe dem, der sich losreißen läßt von diesem Baume, aus seinem Schatten, seinem Schutze sich herauslocken läßt; er verliert die Ruhe und den Frieden der Seele, seine Seele und Seligkeit dazu. "Wer nicht glaubt, wird verdammt werden!" Wenn du betest: "Zukomme uns dein Reich", so ist darunter vor allem das Reich der Kirche zu verstehen - sie soll sich ausbreiten und wirken können; mache dabei auch die Meinung: Herr, lasse mich stets ein gutes, treues Mitglied deines Reiches auf Erden sein, lasse niemals zu, dass ich getrennt werde von deiner heiligen, katholischen Kirche!

Lasse das Christentum einen Sauerteig werden, der auch dein Herz und Leben durchsäuert und umwandelt. Was heißt es, wenn du dich katholisch nennst, aber unchristlich gesinnt bist und lebst? Nicht derjenige, der Herr, Herr sagt, wird ins Himmelreich eingehen, sondern wer den Willen des himmlischen Vaters tut. Was hilft es, wenn du dich in der Kirche katholisch zeigst, aber draußen im täglichen Leben durch nichts von Juden und Heiden dich unterscheidest. Wenn dein Herz noch ein Grab voll Moder der Unzucht ist, dann hat dich der Sauerteig des Christentums noch nicht ergriffen. Wenn deine Zunge voll Lug und Trog, voll Beleidigung und übler Nachrede ist, dann hat dich der Sauerteig Christi noch nicht ergriffen. Wenn dein Handel und Wandel sich nach den Grundsätzen der Weltklugheit richtet und nicht nach Gottes Gebot, den Grundsätzen des Evangeliums, dann hat das Christentum dein Wesen noch nicht durchsäuert, verwandelt. Du betest täglich: Geheiligt werde dein Name. Wie aber, wenn du den herrlichen Christennamen entweihest und ihn zum Spotte der Welt machst durch ein unchristliches Leben? Muß dann Christus nicht dereinst sagen: Ich kenne dich nicht? Du wirst etwa einwenden: ich bin doch jeden Sonntag in der heiligen Messe gewesen, jeden Ostern zu dein heiligen Sakramenten; der Richter aber wird antworten: Weiche von mir, ich kenne dich nicht; denn um deinetwillen ist mein Name gelästert worden, weiche von mir in das ewige Feuer.

Willst du dieses Urteil einmal nicht hören, so arbeite jeden Tag an der Umwandlung, welche die Kirche durch den Sauerteig des Christentums auch in dir hervorbringen will, an der Besserung des Lebens. Das ist das einzig wirklich Notwendige, was du jeden Tag, den Gottes Güte dir schenkt, zu tun hast. Und wenn du morgens betest: geheiligt werde dein Name, so halte ein wenig still und besinne dich, was muß ich heute tun, um wahres Christentum zu üben in Demut, Keuschheit, Nächstenliebe, Geduld? Was will ich tun und meiden, um mich des Christennamens würdig zu beweisen vor dieser Welt, die mich beobachtet, und vor dem himmlischen Vater, der ins Verborgene sieht? Dies, o Gott, soll künftig vor allem meine Sorge sein; dann werde ich mich als ein treues Kind deiner Kirche erweisen und mich immer mehr umwandeln lassen nach deinem Herzen.

Gebet. Gütigster Jesu, deine göttliche Lehre hat schon vielen Millionen Menschen Belehrung, Tost und Heil im Leben und Sterben gewährt. Ich danke dir für die Gnade, dass du mich und so viele andere zu dem wahren Glauben berufen hast. Säe doch immerfort das Senfkörnlein auf den Acker meines unfruchtbaren Herzens, und betaue es mit deiner Gnade, damit ich mit den Schätzen deiner heiligen Liebe recht mitwirke, reich werde an guten Werken, und dereinst die ewige Seligkeit erlange. Dann bitte ich dich noch, erleuchte doch auch die andern Völker, die im Unglauben oder Irrglauben stecken, damit auch sie dich durch den wahren Glauben erkennen und selig werden. Technik. Es gibt hier

HARTMUT GEISLER
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